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Nr. 27
Nordbayerischer Kurier - 01. August 2019
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Leserbrief
Nordbayerischer Kurier
10. / 11. August 2019
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Ins Moderne, Alberne und Abstruse gezerrt
Thema: Festspiele
Zum Leserbrief „Nur Peinlichkeiten und
Uberflüssiges"
von Heribert A. Bludau, Kurier vom 1. August.
Im Prinzip hat Herr Bludau recht, wenn er
die seit Jahren beobachtete Tendenz der Verfälschung der Werke Richard
Wagners bei den Bayreuther Festspielen ankreidet. Zwar ist das Ändern
und Verfremden von Originalhandlungen nicht nur hier, sondern auch an
anderen Opernbühnen inzwischen ein allseits gängiger Trend (ich verweise
hier auf die „Cafä Op&a II" von Carl Reisinger), doch ist es hier in
seinem ureigensten Haus, das nur für seine Opern gebaut wurde, besonders
schlimm.
Es ist wirklich abwegig, wenn bei einem
klassischen Handlungsstoff oder einem, der wie bei Wagner auf Sagen
beruht, der Text teilweise oder zur Gänze nicht mehr zu den Personen
oder dem Geschehen auf der Bühne passt. Derartige ins Moderne, Alberne
oder gar Abstruse gezerrte Inszenierungen mit entsprechenden
Entgleisungen der Regisseure - Biogasanlage, Rhein(gold)ölTankstelle,
Laborratten und so weiter, um nur einige besonders gelungene zu nennen -
gab es inzwischen zuhauf. Wenn ich auch nicht so weit gehen will wie
Herr Bludau, das entsprechende Premierenpublikum als Berufsjubler zu
bezeichnen, so bleibt doch festzuhalten, dass neben kritischen Stimmen
vieler, auch nicht unbedarfter Besucher leider die meisten Kritiker
solche, am Original vorbei inszenierte Aufführungen noch als geniale
Deutung hochloben, obwohl sie wissen, dass eigentlich jeder, der eine
Oper besucht, das Werk so sehen will, wie der Komponist es geschaffen
hat, und nicht irgend etwas völlig Verfremdetes.
Zum Glück fehlt dieser
Tannhäuser-Inszenierung dieses totale Abdriften. Wenn man mal von der
Schnapsidee des alten Kastenwagens als Lustzentrum statt Venusberg
absieht, die zu einem unlogischen Stilbruch zwischen Moderne und der
werkgetreuen, altertümlichen Handlung im zweiten Akt führt, ist das
Ganze durchaus sehenswert. Dabei ist auch das Auftauchen der Venus mit
ihrer Crew beim Sängerwettstreit ein guter Einfall und durchaus von
ihrer Motivation her stimmig.
Überflüssig jedoch - und hier muss ich
Herrn Bludau recht geben - sind die ständigen Video-Einspielungen.
Entweder Theater oder Kino. Es ist allemal
besser, einen Film über eine Sagengestalt zu machen und mit Wagnermusik
zu unterlegen - so wie ja auch im Vorspiel geschehen - als die
Opernbühne insgesamt artfremd zu missbrauchen. Hier gibt es ein
positives Beispiel, nämlich den Film „Wälsungenblut" von Rolf Thiele
nach einer Erzählung von Thomas Mann, der einen Geschwister-Inzest
thematisiert und die passende Musik aus der Walküre verwendet, an dem
sich durch unpassende Filmeinspielungen auf Opernbühnen fehlgeleitete
Regisseure durchaus orientieren könnten.
Helmut Zachmann, Bayreuth
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Einleitung
Illusionen
Das lateinische Wort 'illusio' bedeutet:
'Täuschung', Verspottung, Sinnestäuschung'.
Für einen unterhaltenden Zauberer ist sie staunenswertes Handwerk, für junge
Menschen ist sie eine existenzgefährdende Falle.
Guter Musikunterricht, die Mitwirkung beim 'Darstellenden Spiel' im
Schülertheater, im Chor, im Kinder- oder Extrachor des Theaters können in
einem jungen Menschen den Wunsch erwecken, Opernsänger zu werden.
Mein eigenes Beispiel auszuführen geschieht nicht aus Eitelkeit, sondern aus
Sorge um junge Menschen, die sich aus Unkenntnis der Realität in Illusionen
verlieren.
Im Umfeld aller Schwierigkeiten der Nachkriegszeit - Kellerräume, Bunker wurde
als Wohnstätten genutzt, auf dem kleinsten Stück Garten baute man Gemüse an -
wuchs ich im Umfeld klassischer Musik auf.
Anfang der 50-er Jahre hörten wir beim Bohnenschnippeln im Radio die
Übertragung der 'Götterdämmerung' aus Bayreuth.
Schulaufführungen dramatischer Werke und eine von uns Schülern geschriebene
und inszenierte Oper 'Rumpelstilzchen' mit mir in der Hauptrolle,
lockten sogar Professoren der Kölner Universität zu uns,. Soli bei
Chorkonzerten, konzertante Opernaufführungen mit unserem unvergesslichen
Musiklehrer, die Qualen des Abiturs, Vorsingen bei befreundeten Dirigenten
meines Vaters und der Entschluss stand fest: "Ich werde Sängerin!"
Stimmbildung, sorgfältige Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung und die Annahme
an die Folkwanghochschule in Essen.
Nach einem bewegten Leben in diesem Beruf und nachfolgender Lehrtätigkeit habe
ich zwar Verständnis für junge Leute, die in Theatern und im Fernsehen
erkennen, dass man Karriere machen kann, somit auch diesen Beruf ergreifen
wollen, weiß aber auch, dass es das Wichtigste - wie Rossini sagte - ist: "voce,
voce, voce" und ich setze hinzu: es muss eine entwicklungsfähige Stimme sein.
Viele entzückende Püppchen singen bei Aufnahmeprüfungen "Batti, batti, oh bel
Masetto" - und den meisten muss man raten, eine für sie bessere Ausbildung zu
einem Beruf zu wählen, die nicht nach einem Anfängerjahr an irgendeinem
Theater in die Arbeitslosigkeit und in die Frustration führt.
Inzwischen ist die Welt der klassischen Oper globaler geworden, und Talente
aus aller Welt drängen in unsere deutschen Hochschulen und Opernhäuser.
Bestens vorbereitet, unendlich fleißig, höflich und bescheiden beschämen die
Asiaten manche unserer anspruchsvollen deutschen Studierenden, von denen es
wegen der alles beherrschenden Pop-Industrie immer weniger gibt. Die
tauglichen Bewerber kommen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken, der Ukraine,
Polen.
Das amerikanische 'belting' - d.h. das Singen mit der Bruststimme der Frauen
und das körperlose Mikrofonsingen der Männer - brach über diese Länder nicht
herein, so dass die Anerkennung des 'belcanto' als hohe Kunst des Gesanges ihr
Ansehen behielt.
Ohne die Sänger aus dem ehemaligen Ostblock und aus dem asiatischen Raum
könnten die Opernhäuser im deutschsprachigen Raum ihren Spielbetrieb nicht
aufrechterhalten.
Man gönnt es diesen sympathischen Leuten, stimmt aber traurig, liest man einen
Besetzungszettel, voller komplizierter russischer / polnischer / bulgarischern
und so weiter Namen lese und ganz unten steht dann:
'Ein Diener des Grafen' - Josef Müller
oder ähnliches.
Schon im Jahr 2004 klingelten Alarmglocken!
Einen Tag lang bei Heiner Gembris und Diana Langner in Münster vor einem Tonbandgerät saß, um über die
Misere des Sängernachwuchses und die katastrophal falsche Beurteilung vieler
Gesangslehrer zu diskutieren. Daraus entstand eine höchst wichtige, inzwischen
umfassende Studie der Bertelsmann-Stiftung mit dem Titel 'Opernsänger mit
Zukunft - Karriereaussichten für Nachwuchssänger im deutschen Kulturbetrieb -
Analysen, Erfahrungen, Empfehlungen (Verlag Bertelsmann-Stiftung -
IKMW-Institut für Kultur- und Medienwirtschaft)
Aus dieser Studie nun einige Zitate:
Zitat
Nur etwa zehn bis 15 Prozent
der Absolventen eines Gesangsjahrgangs finden eine dauerhafte Anstellung.
Es werden zu viele Sängerinnen in den hohen und leichten Stimmlagen
ausgebildet, es herrscht Mangel an Männerstimmen, vor allem im Bass, und
es gibt offene Positionen in den Opernchören. Zudem wird in der Ausbildung
zu wenig Aufmerksamkeit auf die immer bedeutenderen Faktoren
»Persönlichkeit«, »Ausstrahlung« und »Bühnenpräsenz« verwendet.
Dieser Lagebericht zum Musiker- und Sängerarbeitsmarkt zu Beginn des 21.
Jahrhunderts war der Ausgangspunkt einer 2004 vorgestellten Langzeitstudie
über Hochschulabsolventen aus Musiker- und Gesangsstudiengängen von Heiner
Gembris und Daina Langner (Gembris und Langner 2004, 2005).
Zitatende
Prof. Dr. Klaus
Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite 25
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Zitat
Begonnen hat
diese Entwicklung mit der sogenannten Popkultur oder »Kultur des
gesellschaftlichen Konflikts« (vgl. Schulze 2005: 535 ff.) in den
1960er-Jahren, als sich der Kultur- und Kunstbegriff radikal verändert und
ins Soziale hinein erweitert hat. Das neue basale Kulturverständnis findet
seine Materialien und künstlerischen Projektionsflächen nunmehr im Alltag,
in der gesamten Lebenswelt, sodass die tradierten Unterscheidungen von E-
und U-Kultur zunehmend an Bedeutung verlieren. Eine umfassende
Ästhetisierung der Arbeits- und Lebenswelt ändert das Rezeptionsverhalten,
demokratisiert und »verpopt« entsprechend die künstlerischen Formen und
Praktiken.
Zitatende
Prof. Dr. Klaus
Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite
50
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Zitat
Oper heute als Kunstform
Nun sind ästhetische Konzepte und Strategien eines theatralen
Opernverständnisses seit der Nachkriegszeit des 20. Jahrhunderts,
verbunden mit Namen wie Walter Felsenstein oder Wieland Wagner, nichts
wirklich Neues, wenngleich aktuell die Zahl der vom Schauspiel kommenden
Regisseure zur Oper stetig wächst. Die daraus resultierenden erheblich
gestiegenen szenischen Anforderungen an Sängerinnen und Sänger sind seit
geraumer Zeit ein relevantes Thema in der Operngesangsausbildung und in
den Opernstudios.
International werden diese szenischen Herausforderungen und gezielten
Provokationen als ein spezifisch deutsches Phänomen diskutiert. Aber sie
halten nicht das Publikum ab, sind dieser Art Regiekonzepte doch längst
Teil einer gewissen Erlebnisrationalität. Die Publikumsreaktion auf neue,
radikal zeitkritische Interpretationsansätze gerade des traditionellen
Opernrepertoires fällt regelmäßig heftig aus, aber das lautstarke Buh für
die Regisseurinnen und Regisseure wird genauso regelmäßig durch fulminante
Beifallsbekundungen für Sängerinnen, Sänger, Dirigenten und Orchester mehr
als kompensiert.
Zitatende
Prof. Dr. Klaus
Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite
50
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ZitatIn der Sprache der
Marktwirtschaft ist Musiktheater in Deutschland damit ein »meritorisches
Gut«, was impliziert, dass die Wertschöpfung auf zwei Ebenen stattfindet:
in Form des individuellen Nutzens bei den Besuchern (Erlebnis, Freude,
Bildungserfahrung), aber auch in Form eines gesellschaftlichen Mehrwerts
(externer Effekt der allgemeinen »ästhetischen Erziehung«, »kulturellen
Bildung«, gesellschaftlichen Kultivierung), der durch die öffentliche
Förderung bezahlt wird.
Zitatende
Prof. Dr. Klaus
Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite 88
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ZitatAuswirkungen auf den Arbeitsmarkt für
Opernsänger
Die Konsequenzen für das Musiktheater und darüber hinaus für
klassische Musik sind komplex und folgenreich: Auf der Nachfrageseite
nimmt der Bedarf an Sängerinnen und Sängern für Anstellungen in Ensembles
ab, gleichzeitig wächst die Nachfrage nach Gästen, die das genau passende
stimmliche und äußerliche Profil für eine zu besetzende Produktion
mitbringen. Von Neubesetzungen der Ensemblestellen wird erwartet, dass sie
schnell ein breites Spektrum von Partien übernehmen können - häufig auch
im Wechsel zwischen traditionellen Opern- und zum Beispiel Musical-Partien
-‚ die teilweise eine andere Stimmtechnik verlangen, als sie im
Operngesangsstudium vermittelt wird. Für zentrale Partien werden
renommierte Stargäste aus einem überschaubaren Pool besetzt.
Die Situation wird deutlich verschärft durch den Zuzug von Sängerinnen und
Sängern aus dem Ausland. Diese Entwicklung wurde zunächst angetrieben
durch erleichterte Ausreisebedingungen aus Staaten des ehemaligen
»Ostblocks«, von denen viele inzwischen zur Europäischen Union gehören,
sodass ein Wechsel nach Deutschland fast ohne bürokratische Hindernisse
möglich ist. Hinzu kommen Zuzüge aus Staaten, die bereits 1990 zur EU
gehörten. Verstärkt wurde der Effekt durch digitale Technologien:
Informationen über den deutschen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sind in
Minutenschnelle abrufbar und ermöglichen die gründliche Vorbereitung auf
die Anforderungen in Deutschland. Und durch die drastisch gesunkenen
Reisekosten ist internationale Mobilität inzwischen weltweit zur
Normalität geworden. Auslandsaufenthalte mit offenem Zeithorizont und der
Option auf Arbeitstätigkeit im Gastland sind selbstverständlich.
Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für
Arbeit hat für diese Studie eine anonymisierte Liste von Sängerinnen und
Sängern aus Nicht-EU-Staaten zur Verfügung gestellt, die 2017 aufgrund
eines bestehenden Arbeitsverhältnisses eine Arbeitserlaubnis in
Deutschland erhielten.
Zitatende
Prof. Dr. Klaus
Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite 89 - 90
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ZitatDas Bewusstsein der
immer unsichereren Perspektiven selbst als »fest« angestellter
Solist ist bei jungen Opernsängern sehr präsent: »Selbst wenn man eine
>feste Stelle< hat, kämpft man immer ums Überleben. Dein Vertrag läuft
zwei Jahre, drei Jahre, und man wartet immer auf den Richtblock. Was ist,
wenn ich Ärger mache?« Alle an Opernhäusern angestellten Sängerinnen und
Sänger, die an qualitativen Interviews für diese Studie teilnahmen,
beteiligen sich parallel zu ihrer Festanstellung weiter an Wettbewerben,
übernehmen zusätzlich Gastengagements oder treten im Konzert- und
Liedbereich auf.
Dazu kommen sehr bewusste Überlegungen, in welchen Bereichen man
ausgehend von seinen Qualifikationen als Sängerin oder Sänger noch tätig
sein könnte, beispielsweise in der Administration von Kulturinstitutionen,
in der Musikvermittlung oder im körperorientierten, therapeutischen
Bereich.
Zitatende
Prof. Dr. Klaus
Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite 96 |
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ZitatNicht in jedem Fall
kann jedoch von einer strikten Ausrichtung der Studios auf die
Karriereentwicklung des Sängernachwuchses ausgegangen werden. Kritisiert
wird in erster Linie, dass Theater die Gründung von Opernstudios dazu
nutzen, Geld zu sparen, indem die Studios als günstige Alternative zu
regulären Engagements für Anfänger fungieren. »Man hat für eine kleine
Gage junge Sänger geholt und hat ihnen Partien gegeben« (Bernd Loebe, zit.
nach Woll 2014: 225). Eine solche Form der Nachwuchsförderung komme einer
versteckten Ausbeutung gleich. »Eine Menge Studenten landen nach dem
Studium in einem Studio für wenig Geld, das sind verkappte
Anfängerverträge. Viele Opernhäuser haken ihre kleinen Rollen also mit den
Sängern aus den Opernstudios ab, tauschen diese Studioleute alle paar
Jahre wieder aus und brauchen so gar keine Anfängersänger mehr, sondern
gleich die, die das volle Mozart- oder Verdi-Fach singen können.
Zitatende
Prof. Dr. Klaus
Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite 98
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ZitatAus Sicht von
Nachwuchssängern ist der konkrete Nutzen von Wettbewerbsteilnahmen für die
Entwicklung der Karriere schwer zu kalkulieren. Es gebe durchaus
Sängerinnen und Sänger, die durch einen Wettbewerb bekannt geworden seien,
die Me rzahl jedoch verschwinde »umgehend wieder in der Versenkung«.
Zitatende
Prof. Dr. Klaus
Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite 100 |
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ZitatKünstleragenturen und
Konzertdirektionen
Die klassische Aufgabe von Konzertdirektionen und
Künstleragenturen besteht darin, Engagements und Auftrittsmöglichkeiten
für die von ihnen vertretenen Künstlerinnen und Künstler zu vermitteln.
Prof. Dr. Klaus
Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite 10 1 |
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ZitatEs gibt wahnsinnig
viele schwarze Schafe als Agenturen. Ich glaube, viele Agenturen [...]
wissen eigentlich gar nicht, was ihre Aufgabe ist, nämlich dem Sänger zu
helfen oder zu vermitteln oder den ersten Schritt hin zu einem Job zu
ermöglichen. [ ... ] Das Problem ist heute, dass tagtäglich eine Agentur
aufmacht. Jeder meint heute, eine Agentur aufmachen zu können. [ ... ]
Wenn Sie Agenturen haben, die auf der Website 80 Sänger haben, aber von
einer Person geleitet wird, dann wissen Sie: Der kann sich gar nicht um
die Sänger kümmern. Es gibt Agenturen, das habe ich persönlich erlebt, die
mich nach dem Vorsingen anrufen: Wie sieht die Person eigentlich aus, weil
ich hab den eigentlich nie gehört.
Wie schon ausgeführt, gibt es auch Agenturen, die sich dezidiert
in der frühzeitigen Beratung des Gesangsnachwuchses engagieren - und dabei
auch in Hochschulen auf Offenheit für realistische Einschätzungen treffen.
Prof. Dr. Klaus
Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite 103 |
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ZitatIn der Branche ist die Reputation der
ZAV als Teil der BundeJ agentur für Arbeit ambivalent.
Einige Sänger und Häuser betrachten sie als Vertretung der weniger
erfolgreichen und aussichtsreichen Künstlerinnen und Künstler.
Es gibt ja in Deutschland eine wirklich tolle Agentur, die aber
niemand nutzt, das ist die ZAV. Aber bei den großen Häusern, da brauchen
Sie gar nicht die ZAV erwähnen, jeder sagt immer so: >Die haben den
Restpostenmarkt.< Derweil: Das könnte eine richtig fantastische Agentur
sein. Als kleines Haus ist man angewiesen auf diese Agentur«, macht sich
ein Disponent im Experteninterview für die ZAV stark.
Gerade für die angesprochenen kleineren Häuser und den
Gesangs-nachwuchs neben den Hochbegabten stellt die ZAV eine wichtige
Plattform dar. Die Verantwortlichen kommen aus der Branche, sind somit
künstlerisch erfahren und kennen den Markt, die Opernhäuser und die
Musikhochschulen aus langjähriger Praxis, ohne kommerziellen Interessen
folgen zu müssen. Sie organisieren Vorsingen in Kooperation mit
Hochschulen in den von ihnen betreuten Bereichen, oft in Zusammenarbeit
mit Opernhäusern. Auf diese Weise entstehen nicht selten auch erste
Engagements bereits aus den Hochschulen heraus.
Prof. Dr. Klaus
Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite 105 |
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ZitatAn den grundsätzlichen
Trends und Phänomenen der globalisierl Kulturmärkte und ihrer Teilmärkte
wird sich in den nächsten Jahren wenig ändern. Die eingeschlagenen Wege
einer Eventisierung und Kommerzialisierung einerseits, einer
Skandalisierung und politisch-sozialen Instrumentalisierung der Künste
andererseits erscheinen spätestens mit dem Eintritt der asiatischen
Akteure unumkehrbar. Die ordnungspolitischen Besonderheiten des
Kulturbetriebs Deutschlands stellen immerhin noch eine Art Korrektiv dar,
das durch hohe staatliche Zuwendungen und öffentliche Akzeptanz Räume für
künstlerische Experimente und Innovationen auch weiterhin ermöglichen
wird. Aber der internationale Wettbewerb kennt keine nationalen Grenzen,
speziell nicht auf dem Arbeitsmarkt für Opernsänger.
Für Künstlerinnen und Künstler aller Professionen eröffnen sich
durch die fortwährende räumliche Ausdehnung zwar neue Felder und
berufliche Chancen, doch schwinden damit seit Jahrzehnten gleichzeitig
Kontinuität, Verlässlichkeit und materielle Sicherheit.
Zitatende
Prof.
Dr. Klaus Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und
Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite 107 |
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Zitat
Auf den Operngesang herunterdekliniert heißt das: Es
werden sich nicht weniger Frauen in den falschen Stimmlagen oder mehr
Männer in den nachgefragten Stimmlagen an Musikhochschulen in 1
Deutschland bewerben.
Zitatende
Prof.
Dr. Klaus Siebenhaar, Achim Müller, Institut für Kultur und
Medienwirtschaft
Verlag Bertelsmann-Stiftung Gütersloh - 2019 - Seite 108 |
Was ist zu tun?
Es ist gerechtfertigt, dass die Musikhochschulen den Universitätsrang
besitzen.
Die Ausbildung von Musikern, eben auch Sänger, ist eine Berufsausbildung mit
praktischen Fähigkeiten und hängt nicht nur an einem wissenschaftlichen Faden.
Die Ausbildung der Ausbilder und damit die Tätigkeit als Gesangslehrer muss
hier andere, zusätzliche, Kriterien erfüllen.
Fachkompetenz als Sänger, Bühnenerfahrung und pädagogisches Vermögen sind
wichtiger als ein 'großer Name'.
Es gab und gibt fabelhafte Sänger im internationalen Geschäft, die selber
nicht wissen, wie das Singen, das sie selbst praktizieren funktioniert, können
es deswegen auch nicht vermitteln.
Bei der Auswahl der Studenten müssen, neben den Qualitäten und den
voraussichtlichen Weiterentwicklungsmöglichkeiten der vorgestellten Stimmen,
die Gegebenheiten des Marktes beachtet werden. Hierbei ist festzuhalten, dass
in Opern neben fünf Männerstimmen eine Frauenstimmen tätig ist.
Unmengen an noch so entzückenden leichten, hohen Frauenstimmen in die
Arbeitslosigkeit auszubilden, ist - aus menschlicher wie finanzieller Hinsicht
- untragbar.
Es kann in der heutigen Zeit schon garnicht sein, dass Klassen gefüllt werden
mit Studenten - wobei schon ei der Aufnahmeprüfung klar ist, 'dass das mit
einer professionellen Sängertätigkeit nichts wird' - nur um den die Positionen
der Gesangslehrer abzusichern.
Vorschub zu diesem System leistet die Maßgabe, dass die Lehrer gemäß der
Anzahl der Schüler bezahlt werden.
Die Laufbahn des Opernchorsängers muss in der Ausbildung gefördert werden. Das
ist ein vollwertiger, schöner Beruf und keineswegs ein -Abstellgleis für
gescheiterte Solisten.
Während einer Sängerausbildung müssen Schulungen in Pädagogik,
Musikervermittlung, Management, Kontaktpflege zur ZAV und Agenturen müssen
gepflegt, Üben von Vorsingen und Präsentation des Aspiranten selbst müssen
durchgeführt werden.
Sinnvollst wäre daher, wenn eine Ausbildung zum Sänger gekoppelt würde mit
einer Lehre in einem ’vernünftigen’ Beruf, was die Hochschulen zur
Verpflichtung machten. Dann schlösse die Sängerausbildung mit etwas Handfestem
wie einem 'Einzelhandelskaufmann' oder dem ’Helfer in Steuersachen’. ab. Das
sind drei Jahre 'Lehre', verbunden mit der Ausbildung an der Musikhochschule.
Kenntnisse über die Künstlersozialkasse, die Steuergesetze, das Erstellen von
Reiseabrechungen wären integriert.
Musikstudium mit Abschluss Bachelor mit anschließendem Master dauert sogar
länger, so dass 'eine kaufmännische Lehre' sehr gut einpasst werden kann.
Ich hatte das vor Jahren schon einmal an der Hochschule in Hannover auf
freiwilliger Basis angeboten.
Das Ergebnis: Ohne Druck und Verpflichtung funktioniert das nicht.
Bei Lufthansa wurden die Ausbildungen zum Flugingenieur gekoppelt mit einen
Ingenieurstudium. Dauer der Ausbildung Flugingenieur nach Vorgaben des
Luftfahrt-Bundeamtes in Verbindung mit einem Maschinenbaustudium – drei Jahre
entspredchend sechs Semester.
Ging es mit der Fliegerei z.B. aus gesundheitlichen oder konjunkturellen
Gründen (Abschaffung des Flugingenieurs bei Einführung des Zwei-Mann-Cockpits) nicht mehr, war die Erfahrung als Flugingenieur gekoppelt mit dem
abgeschlossenen Ingenieurstudium. Damit war ein Job am Boden immer gegeben.
Das hatte Sinn und müsste auf die künstlerische Ausbildung übertragen werden.
So entstünde eine junge Sängerpersönlichkeit mit umfangreichem Kenntnisstand,
guter Stimmausbildung basierend auf der Qualität und Ausbaufähigkeit der
Stimme, die mit Können und ehrlicher Selbsteinschätzung ihren Weg machen wird,
den die Opernfreunde mit freundlicher Aufmerksamkeit und vielleicht sogar mit
einer aufmunternden Nachricht begleiten sollten.
Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung:
'Opernsänger mit Zukunft' -
Karriereaussichten für Nachwuchssänger im deutschen Kulturbetrieb -
Analysen,
Erfahrungen, Empfehlungen'
gibt bestmögliche Hinweise und ist ein höchstwirksamen Mittel gegen
lebensbedrohliche Illusionen.


Wichtige Elemente
des deutschen Theatersystems
nach einem Vortrag
von
Christian Schwandt, geschäftsführender Direktor
Theater Lübeck an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover
Zitat
Inklusive
der Festspiele und selbstständigen Sinfonieorchester besuchten in
der Spielzeit 2016/2017 über 35,5 Millionen Zuschauer aller
Altersgruppen die Häuser (Spielzeit 2015/16 39 Millionen Zuschauer,
allerdings noch mit den Zuschauern der Stage Musicaltheater, die dem
Deutschen Bühnenverein ihre Zuschauer nicht mehr melden; Stage hatte
2015/16 noch 3,3 Mio. verkaufte Tickets. Stage hat eine Krise:
Schließung des Theaters am Potsdamer Platz trotz Mietvertrag bis
2022, Sparkurs bei der Musicalschule in Hamburg, Insolvenz eines
Dienstleistungsbetriebes im Januar 2019).
Dennoch: Es gibt nach wie vor ein
ungebrochenes Interesse an Theater und Musik. Das macht deutlich,
dass die Bürger ihre Theater und Konzertstätte als öffentlichen
Denk- und Erlebnisraum, als Ort direkter Kommunikation, als Teil des
öffentlichen Diskurses und somit als unverzichtbaren Bestandteil
urbaner Lebensqualität begreifen.
Zitatende
Christian
Schwandt, geschäftsführender Direktor
Theater Lübeck in einem Vortrag an der Hochschule für Musik, Theater
und Medien Hannover
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Zitat
Das Bild der
Theater- und Orchesterlandschaft in Deutschland wird wesentlich
durch die rund 140 öffentlich getragenen Theater bestimmt, also
durch Stadttheater, Staatstheater und Landesbühnen. Hinzu kommen
rund 220 Privattheater, etwa 130 Opern-, Sinfonie- und
Kammerorchester und ca. 70 Festspiele, rund 150 Theater- und
Spielstätten ohne festes Ensemble und um die 100 Tournee- und
Gastspielbühnen ohne festes Haus. Darüber hinaus gibt es noch eine
unübersehbare Anzahl freier Gruppen. Diese Vielfalt ist
charakteristisch für die deutsche Theater- und Orchesterlandschaft.
An die Stelle eines einzigen, übermächtigen Kulturzentrums - wie
dies beispielsweise Paris für Frankreich und London für England ist
- tritt in Deutschland eine Fülle von Häusern, die sich hinsichtlich
ihrer Qualität häufig in nichts nachstehen. So gibt es überall in
der ganzen Bundesrepublik die Möglichkeit, anspruchsvolles Theater
zu sehen und Konzerte zu besuchen.
Profil
Drei entscheidende
Faktoren prägen das Erscheinungsbild des deutschen Theaters:
Mehrspartentheater, Repertoirebetrieb und Ensemble. Das
Mehrspartentheater bietet unter einem Dach ein breites
künstlerisches Angebot von Schauspiel, Musiktheater (Oper/ Operette/
Musical) und Tanz. Über die genannten Sparten hinaus gibt es noch
das Puppentheater sowie das Kinder- und Jugendtheater.
Die Häuser spielen im Repertoirebetrieb eine Vielzahl verschiedener
Werke in einer Spielzeit. Dieses Repertoire wird durch mehrere neue
Inszenierungen pro Saison (an großen Mehrspartenhäusern zwanzig und
mehr Produktionen) ergänzt. So erhält der Zuschauer die Möglichkeit,
eine große Bandbreite der Theaterliteratur in abwechslungsreicher
Vielfalt kennenzulernen. Größere Opernhäuser gehen allerdings
zunehmend dazu über, ihr Repertoire im sogenannten
Semi-Stagionebetrieb aufzuführen. Einzelne Stücke, dabei aber meist
mehrere parallel, werden in einem überschaubaren Zeitraum en bloc
gespielt.
Das Repertoire-Angebot bedingt die Notwendigkeit, mit einem fest am
jeweiligen Haus engagierten Ensemble zu arbeiten. Anders wäre die
Stückvielfalt des Repertoires nicht zu realisieren. Dieses Ensemble
prägt das unverwechselbare künstlerische Profil des Hauses. Gerade
deshalb sind Aufbau und Erhalt eines Ensembles für ein Theater
besonders wichtig. Vor allem die Stadt- und Staatstheater sowie die
Landesbühnen, aber auch einige Privattheater verfügen über einen
festen Stamm von Schauspielern, Sängern und Tänzern, die meist für
mehrere Jahre engagiert sind. Orchester beschäftigen ebenfalls eine
feste Anzahl von Musikern, deren Zusammensetzung das Profil und den
speziellen Klang des Orchesters prägen.
Ein anregendes und vielseitiges Angebot findet der Zuschauer auch
bei den zahlreichen Privattheatern. Anders als die öffentlich
getragenen Theater zeigen sie oft über mehrere Wochen hinweg ein
einziges Stück, bevor sie wieder eine neue Inszenierung
präsentieren. Diesen En-Suite- oder Stagione-Betrieb findet man
außerdem bei den Musical-Häusern, die ihre Stücke meist mehrere
Jahre unverändert anbieten.
Spielplan
In jeder
Spielzeit werden im Sprech- und Musiktheater in rund 7.300
Inszenierungen etwa 4.000 Werke aufgeführt. Zunehmend werden dabei
die Grenzen zwischen Schauspiel, Tanz und Musiktheater durchbrochen
und neue Spielformen entwickelt. Insbesondere tänzerische Elemente
und Ausdrucksweisen finden eine immer größere Bedeutung. Zu den am
häufigsten gespielten Stücken zählen nach wie vor "Faust" (Johann
Wolfgang Goethe), "Nathan der Weise" (Lessing), "Romeo und Julia"
und "Ein Sommernachtstraum" (William Shakespeare); aber auch Stücke
zeitgenössischer Autoren wie Yasmina Reza ("Der Gott des Gemetzels",
"Drei Mal Leben") oder Die Grönholm-Methode" von Jordi Galceran
belegen Spitzenplätze bei den Aufführungszahlen. Im Kinder- und
Jugendtheater sind es "Der Zauberer von Oz" (Baum), "Ronja
Räubertochter" (Lindgren) und "Pinocchio" (Collodi) deren
Aufführungen die größten Besucherzahlen erzielen.
In der
Beliebtheitsskala der Opernkomponisten ganz oben stehen seit Jahren
Wolfgang Amadeus Mozart ("Die Zauberflöte"), Giacomo Puccini ("La
Bohème"), Giuseppe Verdi ("La Traviata", "Rigoletto") und Engelbert
Humperdinck ("Hänsel und Gretel"). In der Operette bestimmen die
Werke von Johann Strauß ("Die Fledermaus", "Der Zigeunerbaron",
"Eine Nacht in Venedig"), von Franz Léhar ("Im Land des Lächelns")
und von Ralph Benatzky ("Im weißen Rößl)" den Spielplan. Peter
Tschaikowsky ("Der Nussknacker", "Schwanensee") und Sergej Prokofjew
("Aschenbrödel", "Romeo und Julia") verzeichnen im klassischen
Ballett Jahr für Jahr die höchsten Aufführungszahlen. Zugleich
gewinnt das zeitgenössische Tanztheater eine immer größere
Bedeutung. Choreografen wie Sasha Waltz, William Forsythe oder
Joachim Schlömer sind Repräsentanten für viele erfolgreiche
Tanztheater-Produktionen.
Das Interesse
der deutschen Zuschauer an zeitgenössischen Sprech- und
Musiktheaterstücken spiegeln die knapp 600 Ur- und deutschsprachigen
Erstaufführungen wider, die jedes Jahr auf deutsche Bühnen kommen.
Immer wieder gelingt es Autoren, Themen der Gegenwart in eine
spannende theatralische Form zu bringen und so die Zuschauer zur
Reflexion ihrer eigenen Wirklichkeit zu veranlassen (Botho Strauß’
"Der Narr und seine Frau heute abend in Pancomedia", Marius von
Mayenburgs "Parasiten", Elfriede Jelineks "Rechnitz (Der
Würgeengel)", Dea Lohers "Das letzte Feuer" und viele andere). Und
auch in der Oper stößt das zeitgenössische Musiktheater mit
Kompositionen von Helmut Lachenmann, Wolfgang Rihm, Peter Ruzicka,
Adriana Hölszky oder Hans Werner Henze auf immer größeres
Zuschauerinteresse.
Sehr viel
Bewegung gab es in den letzten Jahren im Bereich des Musicals.
Produktionen wie "Der König der Löwen", "We will rock you" und
andere, die an einer Musical-Bühne über Jahre hinweg Abend für Abend
aufgeführt werden, erreichten hohe Besucherzahlen. Der Beliebtheit
von "My Fair Lady" (Frederick Loewe) und "West Side Story" (Leonard
Bernstein), die an Opernhäusern gespielt werden, tut dies jedoch
keinen Abbruch.
Finanzierung
Wegen des
föderalen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland ist die Kultur
vorrangig eine Aufgabe der Länder. Die Theaterfinanzierung wird
daher ungefähr zur Hälfte von den Ländern und Kommunen getragen. Der
Bund beteiligt sich an der Finanzierung der Kultur nur in einem
vergleichsweise geringen Umfang. Insgesamt zahlt die öffentliche
Hand rund 2,6 Milliarden Euro für die öffentlich getragenen Theater
und Orchester. Dieser Betrag entspricht etwa 0,2 Prozent der
Gesamtausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden. Die Eigeneinnahmen
der Theater sind je nach Spielplan sehr unterschiedlich. Mit diesem
verhältnismäßig geringen Budget beschäftigen die Theater und
Orchester direkt etwa 39.700 Menschen und sichern zugleich indirekt
die Arbeitsplätze vieler Betriebe, die auf die Aufträge der Theater
angewiesen sind oder von der Existenz der Kulturbetriebe
profitieren. Ein großer Teil des öffentlichen Geldes fließt so in
Form von Steuern wieder an die öffentliche Hand zurück (sogenannte
Umwegrentabilität).
Mehr und mehr wird
heute gefordert, das Theater und seine Kunst den Maximen der
Betriebswirtschaft zu unterwerfen. Dabei wird oft verkannt, dass im
Theater die öffentliche Finanzierung auch die Freiheit der Kunst
sichert. Dennoch haben sich die Theater und Orchester der
Bundesrepublik längst den Erfordernissen der Zeit angepasst und
durch den Einsatz von professionellem Management ihre Betriebe
modernisiert. Nur so konnten sie die zum Teil drastischen
Haushaltskürzungen bis jetzt ohne ernsthafte künstlerische Einbußen
verkraften. Viele Theater und Orchester werden von Sponsoren
unterstützt. Man muss jedoch wissen, dass die Gelder privater
Förderer nur einen Bruchteil der benötigten Mittel ausmachen und das
Engagement der öffentlichen Hand niemals ersetzen können. Lediglich
ein Prozent der Theaterfinanzierung stammt aus privaten Geldern, mit
denen in der Regel vor allem prestigeträchtige Projekte gefördert
werden.
Zitatende
Christian
Schwandt, geschäftsführender Direktor
Theater Lübeck in einem Vortrag an der Hochschule für Musik, Theater
und Medien Hannover
|

Die
Wirtschaftswoche berichtete seinerzeit:
Zitat
Opernhäuser
Deutschlands
Musiktheater im Wirtschaftlichkeits-Check
Die Lage der
Kulturbetriebe spitzt sich zu. Schwindende Zuschauer und der
Sparzwang der öffentlichen Hand gefährden die wirtschaftliche Basis
und nagen an der Legitimation der riesigen staatlichen Zuschüsse.
Vor allem kleineren Musiktheatern droht das Aus. Der einzige Ausweg
sind neue Geschäftsmodelle, professionelles Management – und
entstaubte Stücke auf der Bühne.
In Shanghai ist alles außergewöhnlich, auch das Grand Theatre. Im
Scheinwerferlicht wirkt das Gebäude mitten in der chinesischen
Mega-City wie ein schwebender Kristallpalast, ein gigantisches Dach
schwingt über einem gläsernen Foyer aus weißem Marmor.
Die Begeisterung der 1800 Operngäste an diesem Abend gilt der
„Götterdämmerung“ von Richard Wagner. „Im ersten Akt hatten wir
schon Applaus auf offener Szene“, erinnert sich Markus Stenz. „Mir
lief ein Schauer über den Rücken.“
Ein Schauer muss auch den Steuerzahlern der Stadt Köln über den
Rücken gelaufen sein, als sie davon in der Zeitung lasen. Denn als
Leiter des Gürzenich-Orchesters gehörte Stenz zu einer 315-köpfigen
Reisegesellschaft der Kölner Oper, die in diesem Herbst fast vier
Wochen durch das Reich der Mitte tourte. Spielort war neben Shanghai
auch die Hauptstadt Peking mit drei Aufführungen von Mozarts „Don
Giovanni“. Zum Gepäck gehörten 30 Container Bühnentechnik, Kostüme
und Instrumente. Fast zwei Millionen Euro verschlangen Tross und
Tender. Obwohl Sponsoren, Bund und Land kräftig zubutterten, fehlten
dem Opernhaus am Ende 800 000 Euro.
Die Lücke schloss Intendant Uwe Eric Laufenberg kurzerhand, indem er
sich der Rücklagen seines Hauses für Betriebsmittel bediente, die
eigentlich für das Amüsement des Publikums in Köln gedacht sind.
„Das ist doch unser Geld“, rechtfertigte der 49-Jährige den
indirekten Griff in den Stadtsäckel, „derartige Investitionen sind
doch selbstverständlich.“
Vollkaskoversorgung durch den Steuerzahler
Aufwendige Auftritte, Vollkaskoversorgung durch den Steuerzahler,
dazu Selbstbedienungsmentalität und Selbstinszenierungen von
Regisseuren und Intendanten ohne Rücksicht auf die Kosten – für
viele im deutschen Opernbetrieb mag das selbstverständlich sein.
Dank der Wirtschafts- und Finanzkrise dürfte damit jedoch bald
Schluss sein. Der Sparzwang der krisengebeutelten öffentlichen
Haushalte werde dazu führen, dass Deutschlands Länder und Kommunen
auch die Zuschüsse für ihre Singtheater herunterfahren,
prognostiziert die Unternehmensberatung A.T. Kearney in einer
aktuellen Studie. Alimentierten die Steuerzahler die 144
öffentlichen Schauspielhäuser hierzulande, darunter 85 Opernbühnen,
bis zuletzt mit zwei Milliarden Euro jährlich, dürften es bis 2020
zehn Prozent weniger sein.
„Damit droht in jedem zehnten Haus der Vorhang für immer zu fallen“,
prognostiziert A.T.-Kearney-Beraterin Claudia Witzemann.
„Insbesondere kleine Häuser, die ausnahmslos am Tropf ihrer Gemeinde
hängen, sind von Schließungen betroffen.“ Ende November etwa steht
in Flensburg die Zukunft des dortigen Musiktheaters zur
Entscheidung. Das Thema bestimmte auch die Wahl des
Oberbürgermeisters an diesem Sonntag.
Die Einschnitte sind überfällig. Zu lange gerieren sich die
staatlichen Opern- und Schauspielhäuser als Parallelgesellschaften
zum übrigen Wirtschaftsleben. Die Chefs der Kulturpaläste, die
Intendanten, fühlen sich vielfach mehr als Schöngeister denn als
Manager. Die meisten von ihnen besitzen allenfalls rudimentäre
betriebswirtschaftliche Kenntnisse, geschweige denn eine
einschlägige Ausbildung.
Statt Einnahmen zu erzielen, um einen möglichst großen Teil der
Ausgaben zu decken, pflegen die meisten von ihnen das Credo
„Management ist der Tod der Kunst“, kritisiert Gerald Mertens,
Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung. Verpackt in den
politischen Anspruch, die Pflege von Oper und Schauspiel zähle zu
den hehrsten Aufgaben des Staates, handeln viele Intendanten nach
dem Motto: Wo man singt, da lass dich ruhig nieder – egal, was dies
den Steuerzahler am Ende kostet.
Zitatende
https://www.wiwo.de/unternehmen/opernhaeuser-deutschlands-musiktheater-im-wirtschaftlichkeits-check/5699158.html
|
Und dabei ist es noch schlechter geworden.
- Die Spielpläne werden ausgedünnt.
- Es wird nicht mehr jeden Tag gespielt.
- Das Musiktheater-Repertoire wird nicht bedient.
- Dem Bildungsauftrag wird nicht entsprochen.
Zeigte man früher in Hannover in einem halben Monat folgende Werke der
Musikliteratur:
26.
März Der Nussknacker
27. März Elegie für junge Liebende
28. März Manon
29. März Ballettabend
30. März Fra Diavolo
31. März Martha
01. April Capriccio
02. April Die Hochzeit des Figaro
03. April Der Rosenkavalier
04. April Ballettabend
05.
April Capriccio
06. April Manon
07. April My Fair Lady
08. April Martha
Quelle: Nds. Landesarchiv
|
…. so
bietet die Nds. Staatsoper Hannover im ganzen Oktober 2019
3 Opernproduktionen mit
'Die Jüdin',
'Die Zauberflöte',
'Tosca'
dazu 1 Ballettproduktion und
2-mal ein Sinfoniekonzert
.... und kommt damit lediglich auf eine Belegung des
Großen Hauses mit 18 Veranstaltungen vor Publikum:
Position |
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Datum |
|
Titel |
Nr. |
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01. Oktober. |
leer |
|
01. |
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02. Oktober |
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Beginning
- Ballett |
02. |
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03. Oktober |
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Die Jüdin |
03. |
|
04. Oktober |
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Die Zauberflöte
(Remake aus der Ära Klügl) |
04. |
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05. Oktober |
|
Beginning -
Ballett |
05. |
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06. Oktober |
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Die Jüdin |
|
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07. Oktober |
leer |
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06. |
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08. Oktober |
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Die Jüdin |
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09. Oktober |
leer |
|
|
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10. Oktober |
leer |
|
07. |
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11. Oktober |
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Die Zauberflöte |
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12. Oktober |
leer |
|
08. |
|
13. Oktober |
|
Beginning -
Ballett |
|
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14. Oktober |
leer |
|
09. |
|
15. Oktober |
|
Beginning -
Ballett |
|
|
16. Oktober |
leer |
|
|
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17. Oktober |
leer |
|
|
|
18. Oktober |
leer |
|
10. |
|
19. Oktober |
|
Beginning -
Ballett |
11. |
|
20. Oktober |
|
Tosca |
|
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21. Oktober |
leer |
|
12. |
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22. Oktober |
|
Tosca |
|
|
23. Oktober |
leer |
|
|
|
24. Oktober |
leer |
|
13. |
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25. Oktober |
|
Die Zauberflöte
|
14. |
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26. Oktober |
|
Tosca |
15. |
|
27. Oktober |
|
Sinfoniekonzert |
16. |
|
28. Oktober |
|
Sinfoniekonzert |
|
|
29. Oktober |
leer |
|
17. |
|
30. Oktober |
|
Tosca |
18. |
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31, Oktober |
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Die Jüdin |
|
|
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Summen |
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13 |
18 |
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Quelle: Spielplan Nds. Staatsoper
Hannover
|
Von 31 Tagen wird im Oktober 2019 das Haus also nur an 18 Tagen für das
klassische Repertoire vor Publikum genutzt.
Subtrahiert man hiervon die 5 Abende mit Ballett und die beiden Abende mit
dem Sinfoniekonzert, ergibt sich - netto gerechnet - von 31 Tagen im Oktober
2019 wird nur an 11 Tagen Oper gespielt.
Dies bedeutet, das Haus Nds. Staatsoper Hannover ist im Oktober 2019 nur zu
35,48 Prozent mit der Sparte Oper vor Publikum -
4-mal Jüdin,
4-mal Tosca,
3-mal Zauberflöte -
belegt.


Neueste Nachrichten
Zitat
Kultur im Norden
Skandal-Rücktritt
Lübecks Theaterchef Christian Schwandt gibt auf
Paukenschlag am Lübecker Theater:
Direktor Christian Schwandt wirft hin.
Grund: Die Jamaika-Landesregierung spare das Theater kaputt.
Er wirft den Koalitionären sogar Verfassungsbruch vor.
Lübeck
„Ich bin erkennbar an
meine Grenzen gestoßen“, sagt Christian
Schwandt. Am Montagvormittag hat der 56-jährige Chef des
Theaters Lübeck die Konsequenz
aus der Sparpolitik der Kieler Jamaika-Koalition gezogen und seine
Kündigung eingereicht. Zugleich erhebt er noch einmal schwere
Vorwürfe gegen die Landesregierung.
Schwandt: „Das Land lässt uns am ausgestreckten Arm
verhungern.“
Um gerade mal
1,5 Prozent erhöht Kiel den Zuschuss für das
Theater Lübeck pro Jahr. Und das
„bei Personalkostensteigerungen von vier Prozent“, klagt
Schwandt. Seit Jahren hätte das
Theater diese Defizite schon ausgleichen müssen. Immer wieder trug
er in Kiel vor, wie dramatisch
die Situation sei. Und dann das: Die Jamaika-Koalition und ihre
CDU-Kulturministerin Karin Prien
wollen diese Unterfinanzierung
jetzt sogar noch für weitere vier Jahre festschreiben.
Der Theaterdirektor spricht von
Verfassungsbruch
Das brachte
das Fass bei Schwandt endgültig
zum Überlaufen. Ende Juli 2020 ist
für ihn Schluss. Der 56-Jährige wirft der
CDU-Grünen-FDP-Regierung sogar
Verfassungsbruch vor. Sie drücke sich vor ihrer
grundgesetzlichen Zuständigkeit für die Kultur. Das Theater werde
kaputt gespart. Durch die
Unterfinanzierung hätten „die innerbetrieblichen
Verteilungskämpfe in einem Maße an Intensität und Schärfe
zugenommen, die für mich nicht mehr zu tragen ist“, sagt
Schwandt. Und das, obwohl es ihm
gelungen war, die Besucherzahlen von Jahr zu Jahr zu steigern. Die
Stadt Lübeck habe das Theater
immer unterstützt, sagt der Noch-Direktor denn auch. Das Land nicht.
SPD-Opposition sieht
Theater Lübeck in die
Krise rutschen
Der
SPD-Landtags-Kulturpolitiker
Martin Habersaat geht
ebenfalls hart mit der Jamaika-Koalition ins Gericht. Die
CDU
und ihr Ministerpräsident
Daniel Günther hätten
erneut ein Wahlversprechen gebrochen. So habe die Union 2017 mit der
Zusage um Stimmen geworben, die Landesförderung der Theater „jeweils
um das Ergebnis der Tarifverhandlungen“ zu erhöhen. Nur die
Hansestadt
Lübeck aber habe ihren Zuschuss in den letzten zehn
Jahren vorbildlich von 6,3 auf 10,4 Millionen Euro angehoben. Jetzt
müsse auch
Jamaika dringend mehr Geld locker machen. Weitere
Einschnitte im Personalbereich jedenfalls seien „nicht mehr
verantwortbar“. Sie würden sofort weitere Qualitätsverluste nach
sich ziehen. Und das gelte für alle Theater im Land.
Das
Theater Lübeck sieht
Habersaat ohnehin schon tief in
die Krise rutschen. „Nun droht
auch das erfolgreiche und vielfach ausgezeichnete
Theater Lübeck ein Krisenfall zu
werden“, sagt der Sozialdemokrat. Das sei „ein Verlust für die
Kulturszene in Schleswig-Holstein
und ein Alarmsignal an die Kulturpolitik“. Gerade in Zeiten guter
Tarifabschlüsse reichten Steigerungen von 1,5 Prozent einfach nicht
mehr aus, um wachsende Personalkosten aufzufangen.
Günther
und Prien vom Rücktritt offenbar
kalt erwischt
CDU-Kulturministerin Karin Prien
und CDU-Ministerpräsident Daniel
Günther wurden von dem Schwandt-Rücktritt offenbar vollkommen
überrascht. Günther äußerte sich
bislang gar nicht. Prien
bekräftigte in einer Stellungnahme schließlich ihren Kurs: „Wir
wissen, dass die Theater in
Schleswig-Holstein mehr Geld benötigen. Aber richtig ist
auch, dass die Landesregierung das haushalterisch Mögliche
unternimmt.“ Sie setze sich immerhin für eine Dynamisierung der
Zuschüsse von 1,5 auf 2,5 Prozent ein.
Lübeck
droht die Viertklassigkeit
Das
allerdings hält Schwandt für
Augenwischerei: „Frau Prien tut
so, als ob sie sich für uns einsetzt.“ In der Kulturszene habe aber
nicht nur er den Eindruck, „dass die Kulturpolitik in
Schleswig-Holstein den absolut
letzten Stellenwert hat“. Noch spielten die Theater in
Lübeck, Kiel und das
Landestheater Schleswig-Holstein
quasi in der zweiten Liga, jetzt aber „laufen wir in
Lübeck Gefahr, viertklassig zu
werden“. Man sei schon jetzt so runtergespart, dass „wir
anspruchsvolle Opern wie zum Beispiel ’Lohengrin’ kaum noch auf die
Bühne bringen können“. Dazu seien besonders gute Sänger nötig, die
aber mit den vorhandenen Mitteln nicht mehr bezahlbar seien.
Kultursenatorin
Kathrin Weiher: Großes Bedauern
Die Lübecker
Kultursenatorin Kathrin Weiher
bedauert Schwandts Kündigung:
„Ich habe Herrn Schwandt stets
sehr geschätzt und tue dies auch weiterhin.“ Man habe ihm in den
vergangenen Jahren insbesondere im betriebswirtschaftlichen Bereich
eine „außerordentlich engagierte Führung unseres Theaters zu
verdanken“. Er habe sich aber auch stets damit hervorgetan, dass das
Theater in der Lübecker Kulturszene als „der große, vernetzende
Player wahrgenommen wird, von dem viele kleine Theater und andere
kulturelle Events profitieren“. Sie schätze ihn als einen sehr
klaren Menschen und verstehe von daher, dass er auch jetzt mit sehr
klarer Begründung seine Kündigung ausgesprochen habe.
Auch die Lübecker
CDU stellt sich gegen
Prien
Selbst die
Lübecker CDU will
Prien nicht verteidigen. Im
Gegenteil. Ihr Kulturpolitiker Lars
Rottloff fordert SPD-Bürgermeister
Jan Lindenau auf, sich bei der
Landesregierung für mehr finanzielle Mittel stark zu machen. „Lübeck
wird faktisch allein gelassen und muss zum größten Teil die Ausgaben
für Kunst und Kultur alleine stemmen, während andere Städte weit
großzügigere Unterstützung erhalten, als es in
Lübeck der Fall ist“, sagt
Rottloff. Auch viele freie
Theater würden darunter leiden.
Schwandts Entscheidung sei ein „Weckruf an die Politik, sich
stärker für die Lübecker Kultur im Lande einzusetzen“. Die
Theaterlandschaft sei „am Existenzminimum“. Dabei seien blühende und
gute Theater wichtig für eine Großstadt wie
Lübeck. „Sie übernehmen einen
Kultur- und Bildungsauftrag, der für die positive Weiterentwicklung
einer Stadt unabdingbar ist.“
Auch am
Theater selber sind viele erschüttert. „Es ist schade, aber ich kann
ihn verstehen. Er hat mich gebeten, ihn nicht umzustimmen“, sagt
etwa Peter Petereit,
Vorsitzender des Aufsichtsrates des Theaters. Die Zusammenarbeit sei
„ausgezeichnet“ gewesen. „Er hat es verstanden, die wirtschaftlichen
und die künstlerischen Interessen gleichermaßen zu vertreten. Es ist
etwas Besonderes, das er in Lübeck
geschaffen hat.“ Petereit ist
sehr froh, dass Schwandt noch
ein Jahr lang im Amt bleibt und somit einen geordneten Übergang
ermöglicht. Der Aufsichtsrat müsse zeitnah per Ausschreibung oder
auf anderem Wege nach einem neuen Theaterchef suchen.
„Wahnsinnig viele Überstunden“
Betriebsratschef und Posaunist Thomas
Bender spricht von „Fassungslosigkeit“, als
Schwandt am Montag beim
Monatsgespräch seine Entscheidung verkündete. Aber die Gründe seien
nachvollziehbar. In den letzten Jahren habe man Investitionen ins
Haus immer durch Kürzungen beim Personal erwirtschaften müssen. Das
könne es nicht sein. Das Personal gehe jedes Jahr mit „wahnsinnig
vielen Überstunden“ aus der Saison, viele Verträge müssten alle zwei
Jahre verlängert werden, einige Kollegen entlasse man in der
Sommerpause für sechs Wochen in die Arbeitslosigkeit. Es mache sich
Angst um den Arbeitsplatz breit. Und das bei Einstiegsgehältern –
nach einem Studium – von etwa 2000 Euro. In der Kultur dürfe man
keine Kosten-Nutzen-Rechnung führen, sagte
Bender. Aber das sei in der
Politik nicht wirklich angekommen. „Ein Theater dieser Größe gehört
in eine Stadt dieser Größe. Darüber kann es keine Diskussionen
geben.“ Und es könne nicht sein, dass die Politik grundlegende
Aufgaben auf Stiftungen und andere private Initiativen verlagere.
Andreas
Hutzel:
„Ich finde diesen Schritt persönlich nachvollziehbar“
Auch
langjährige Ensemblemitglieder waren am Montag entsetzt.
Schwandts Kündigung komme „zu
einer Zeit, in der wir ihn gerade brauchen“, sagt
Andreas Hutzel. Das sei
dramatisch und brandgefährlich fürs Theater, fürs Schauspiel im
Speziellen. Schwandt habe die
Situation des Theaters bis hierher gesichert. „Ohne ihn stünden wir
besonders im Sprechtheater nicht so da, wie wir es jetzt tun.“ Die
Leitung des Hauses habe es immer wieder geschafft, mit relativ
geringen finanziellen Mitteln einen hohen Standard zu schaffen, sagt
auch Schauspieler Peter Grünig.
Ein Ensemble zu halten und zu motivieren, so konzentriert und mit
hohem künstlerischen Anspruch zu spielen, sei nicht einfach und für
ein Stadttheater nicht selbstverständlich. „Musiktheater und
Schauspiel agieren hier auf einem überdurchschnittlichen Niveau und
finden über die Stadtgrenzen Lübecks
hinaus Beachtung. Herr Schwandt
kämpfte buchstäblich wie ein Löwe um genau diese Qualität.“ Er
bedaure es, diesen kämpferischen Mann für
Lübeck verloren zu sehen.
Landesbühnen-Intendant: Emotionale
Entscheidung
Auch
Peter Grisebach, Intendant der
Landesbühne Schleswig-Holstein,
war „völlig überrascht“ und erstaunt vom Schritt seines Lübecker
Kollegen. Er hält die Rahmenbedingungen der künftigen
Theaterfinanzierung noch gar nicht für ausgemacht. Er hoffe daher,
dass die Kündigung Schwandts
eine „emotionale Entscheidung“ gewesen und das letzte Wort noch
nicht gesprochen sei – zumal man auch fragen müsse, wer sich nach
dem Weggang Schwandts im
kommenden Jahr für seine Nachfolge interessieren und bewerben
sollte.
Kommentar zum Rücktritt von
Christian
Schwandt
Nach
der letzten umjubelten Premiere „La Traviata“ endet die
Lübecker Theatersaison mit einem Trauerspiel:
Christian Schwandt geht.
Das ist ein Verlust für Lübeck.
Der Theaterchef hat dafür gesorgt, dass das Haus mit
spektakulären Projekten überregional wahrgenommen wurde:
Sandra Leupolds
Inszenierung „Don Carlos“
erhielt 2014 den Theaterpreis „Der Faust“, das
Wagner-Mann-Projekt wurde bejubelt, der Konzerthausvergleich
MuK-Elbphilharmonie erregte viel Aufmerksamkeit.
„Man
muss ständig ein Feuerwerk abbrennen“, war
Christian Schwandts
Devise. Das hat das Theater getan und die Zuschauerzahlen
kontinuierlich gesteigert bis zum Rekord von 184 000
Besuchern in der vergangenen Saison. Doch auch die Ausgaben
sind gestiegen. Höhere Tarife müssen – zu Recht – gezahlt
werden. Nur die Zuwendungen vom Land steigen nicht in diesem
Maße.
Christian
Schwandt
ist ein Mann der offenen Worte. Mit seinem Papier zur
Neuverteilung der Landesmittel an die Theater und Orchester
in Schleswig-Holstein
hat er schon 2010 für Krach in der Theaterwelt gesorgt. Er
hat für sein Haus und für seine Leute gekämpft und offenbar
nun Kraft und Lust verloren. Wenn die Jamaika-Koalition sich
zur Kultur bekennt, wie in den Parteiprogrammen postuliert,
dann muss sie mehr Geld für
Lübeck locker machen, bevor sich noch mehr gute Leute
verabschieden.
Von
Petra Haase
|
Ähnlich
äußerte sich der Kieler Intendant
Daniel Karasek. Vom Ministerpräsidenten und Ministerin
Prien habe es bei Gesprächen
Aussagen gegeben, wonach sie hinter den Ansprüchen der Theater
stünden: „Sie haben uns nicht im Stich gelassen.“ Es sei jedoch klar
gewesen, dass vor dem Sommer keine Entscheidung über mehr Geld
fallen werde. Er hoffe daher wie
Grisebach, dass sich Schwandt
noch einmal besinne. Sein Kollege habe in
Lübeck über die Jahre allerdings
auch mehr auszuhalten und schmerzlichere Entscheidungen treffen
müssen als er in Kiel, wo die
Stadt die Tariferhöhungen aufgefangen habe. Da könne man irgendwann
sagen: „So, jetzt reicht’s.“
Deutscher Bühnenverein:
„Ein Warnsignal“
Der
Deutsche Bühnenverein setze sich
seit Langem dafür ein, „dass Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst
durch entsprechende Steigerungen der Zuschüsse aufgefangen werden
und die entstehenden Defizite nicht durch die Häuser ausgeglichen
werden müssen, wie es in Lübeck
offenbar schon seit Jahren der Fall ist“, erklärte dessen
Geschäftsführender Direktor Marc
Grandmontagne. „Bei aller Komplexität des Themas und
finanzieller Zwänge erinnere ich daran, dass wir in den letzten
Jahren sehr intensiv an der Verbesserung der Arbeits- und
Vergütungsbedingungen für Künstler und Mitarbeiter der Theater
gearbeitet haben und substanzielle Verbesserungen erzielen konnten.
Viele Bundesländer und Kommunen haben daraufhin eine Erhöhung der
Zuschüsse ermöglicht. Wenn nun ein erfolgreicher Theaterleiter
aufgibt und dabei eine effektive
Unterfinanzierung anprangert, dann können wir das nur als ein
Warnsignal verstehen. Hier sollten dringend gemeinsame Lösungen
gefunden werden. Wir als Bühnenverein bieten dabei gerne unsere
Hilfe an, wenn sie gewünscht ist.“
Studierter Volkswirt und Japanologe
Christian Schwandt
ist seit 2007 geschäftsführender Theaterdirektor. Der Aufsichtsrat
hatte sich mit großer Mehrheit für ihn ausgesprochen. Er kam auf
Umwegen zum Theater, hatte in Hamburg
und Tokio Volkswirtschaft,
Japanologie und Literaturwissenschaft studiert, war lange
Geschäftsführer einer Hamburger Steuerberater- und
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und in dieser Funktion viel in
Ostdeutschland unterwegs. 1999
bis 2001 hat er das Kammertheater
Neubrandenburg saniert. Als kaufmännischer Direktor des
Landestheaters Mecklenburgische Seenplatte hat
Schwandt später trotz leerer
Kassen erfolgreich gewirtschaftet.
„Es gibt kein
Theater ohne Alltagsärger“, hat
Christian Schwandt einmal gesagt. „Wenn man diesen Ärger
unter zwei Stunden pro Tag halten kann, dann ist man ein glücklicher
Mensch.“ Der Ärger war am Ende wohl zu groß geworden.
Petra
Haase, Wolfram
Hammer,
Peter Intelmann
So
finanziert sich das Theater
Das
Theater Lübeck
hat ein Budget
von 24,4 Millionen Euro in 2018. Davon zahlt das Land 10,537
Millionen Euro. Die Stadt
Lübeck steuert zehn Millionen Euro bei. Das Theater
selbst hat Einnahmen von 3,9 Millionen Euro. Am Lübecker
Theater sind 320 Mitarbeiter beschäftigt.
In
2018 hatte das Lübecker Theater 600 Aufführungen - und 184
000 Besucher. So viele wie lange nicht. Vor 20 Jahren haben
das letzte Mal so viele Menschen das Theater besucht. Als
Christian Schwandt am 1.
August 2007 am Lübecker Theater anfing, lagen die
Besucherzahlen weit darunter. In der Spielzeit 2006/2007
pilgerten lediglich 144 000 Besucher ins Stadttheater.
Der Vergleich:
Das Land
überweist dem Kieler Theater und dem Landestheater mehr Geld
als Lübeck. Eine
Tatsache, die Schwandt
stets kritisiert hat. So hat das Land dem Kieler Theater
2018 satte 14,7 Millionen Euro überwiesen. Das Landestheater
hat 14,3 Millionen Euro erhalten. Die Lübecker nur 10,537
Millionen Euro. Im Detail: Das Geld kommt nicht direkt vom
Land. Sondern es stammt aus einem Topf, in den alle Kommunen
in Schleswig-Holstein
einzahlen.
|
Zitatende
Quelle:
https://www.ln-online.de/Nachrichten/Kultur/Kultur-im-Norden/Luebecks-Theaterchef-kuendigt
|


Mail im Posteingang:
4.
August 2019
Sehr verehrte Frau Professor Gilles,
mit großem Interesse bin ich dabei, Ihre "Mitteilungen" zu lesen. Vielen
Dank für Ihre Post.
Dem Eingangszitat des Herrn GAUCK füge ich das Zitat von VOLTAIRE hinzu,
das ich kürzlich gelesen habe:
"Ich mag
verdammen, was Du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, daß
Du es sagen darfst."
Alle Politiker in Berlin und alle Medienanstalten sollten sich dies
Zitat unbedingt an die Wand hängen.
Herr GAUCK hat recht, die Stigmatisierung nicht politisch korrekt
angepasster, aber berechtigt kritischer Bürger, muss ein Ende haben. Die
überheblichen 68er haben alle positiven Grundmauern eingerissen.
Ihre politischen Ausführungen sind genauso wichtig wie die
musikalischen.
Ich freue mich über Ihren Brief an die CDU Parteivorsitzende, und
wundere mich schon lange, dass die CDU-Basis sprachlos die ideologische
Veränderung ihrer Partei hinnimmt.
Die schon jetzt verbreitet fehlende Bildung und Kultur führen in eine
Katastrophe. Diese Defizite machen Menschen unsensibel, ihr Leben arm,
vernichten Phantasie, s. Regisseure, usw. usw.
An den verantwortlichen Stellen in Politik und Medien scheint das
niemand zu bemerken.
Leider gibt es in keiner Partei Politiker von Format, nur
verantwortungslose Schwätzer, die wie WOTAN in den Absturz - oder
Untergang - führen.
Die wenigen, die Mut haben, die fatale, beängstigende Entwicklung,
Richtung Abgrund in allen Bereichen, anzusprechen, werden auch mit Hilfe
der Medien, niedergemacht, s. SARRAZIN.
[...]
Der neue Bayreuth TANNHÄUSER ist Klamauk mit Wagner-Untermalung.
Am 27. Juli habe ich das erste Mal ausgeschaltet, als während der
Ouvertüre der Polizist überfahren worden war mit Fahrerflucht.
Im 2. Akt ausgeschaltet, als KATHARINA "die Große" eingeblendet wurde,
als sie 110 wählte, und die Polizei auf der Bühne erschien, und
Tannhäuser festnahm.
Im 3. Akt ausgeschaltet, als das zerbeulte Auto auf die Bühne kam.
Die große musikalische Aussage, gekoppelt an den Text, ging durch die
ständigen unnötigen Video-Einblendungen verloren. Wagner hat gesagt,
"Ich bin der Welt noch den TANNHÄUSER schuldig."
Was er nur an seinem großen Werk zu kritisieren hatte ?
Ich finde den TANNHÄUSER - in guter Inszenierung - genial.
Fazit zu Bayreuth: Wie gut, für diesen Mist - Entschuldigung - kein Geld
ausgegeben zu haben.
Wie gern denke ich an den letzten TANNHÄUSER 2015 in Wels zurück,
Regisseur HERBERT ADLER aus Hildesheim mit seinem Team, der mit viel
Phantasie und Können WAGNER inszenierte, und auf die kleine Bühne in
Wels brachte.
Herr ADLER gehört zu den wenigen großen Regisseuren, und wurde in Wels
vom Publikum mit Ovationen überschüttet.
Wels war dank Herrn ADLER und seinem Team ein echtes
RICHARD-WAGNER-FESTIVAL, das es leider auch nicht mehr gibt.
Am 8. Sept. fuhren Herr M. und ich zum 'TANNHÄUSER' auf der Wartburg,
wie schon im letzten Jahr.
Karfreitag waren wir in diesem Jahr in der Dt. Oper Berlin, alte
Inszenierung PARSIFAL, Regisseur Philip STOELZL. Großartig - Schwerpunkt
auf dem christlichen Glauben - doch es war schockierend, wie "toll"
angezogen Berliner in ihr Opernhaus gehen - auch Bermuda-Shorts mit
T-Shirt.
Letztes Jahr waren wir Karfreitag in Mannheim, PARSIFAL, die sehr alte
Inszenierung. Wir erlebten einen sehr beeindruckenden großen Opernabend.
Das sind die wenigen Opernbesuche, von denen man das ganze Jahr zehrt
oder sich darauf freut, wie auf den 8. Sept.
Mit herzlichen
Grüßen
Ihre B aus H
Zitatende
|


Kommentar
'Die Jüdin'
Fromental Halévy (1799
– 1862)
Oper in fünf Akten
Libretto von Eugène Scribe (1791 - 1861)
Zitat
Nds. Staatsoper Hannover
Zitat
Inhalt
Wieviel Offenheit erträgt eine
Gesellschaft in politisch aufgeladenen Zeiten? Der Konflikt, der
sich im ausgehenden Mittelalter zwischen einem Kardinal und einem
jüdischen Goldschmied entfaltet, wird zum gesellschaftlichen
Sprengstoff, der mitten ins Herz der Toleranzvorstellungen auch
unserer Zeit trifft.
Konstanz 1414: Während der verbitterte Jude Éléazar bereit ist,
seine Tochter zu opfern, kommt sein Gegenspieler Kardinal Brogni
schnell an die Grenzen der eigenen Nächstenliebe. Keiner von beiden
wird die Vorgeschichte aus Kränkungen und Schicksalsschlägen los,
denn immer wieder spielt sich ein populistisch gelenktes Volk in den
Vordergrund und verlangt Rechenschaft.
Halévy zeigt in seiner großen, 1835 in Paris uraufgeführten Oper die
Reibung zwischen Menschen, die den Anderen in seiner Fremdheit nicht
mehr gelten lassen können.
Jede Figur ruft Gott an – und jede meint einen anderen. Auf
raffinierte Weise bündelt La Juive diesen Widerspruch in der Musik.
Die Demokratie testet auf der Bühne ihre eigene Toleranz, das
Theater beweist seine Fähigkeit, Ort des politischen Diskurses zu
sein.
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Am Pult des Staatsorchesters leitet Constantin Trinks die opulenten
Chorszenen und virtuosen Arien des Stücks. Der Dirigent ist
regelmäßiger Gast an den großen Opernhäusern der Welt und arbeitete
zuletzt an der Seattle Opera, an der Bayerischen Staatsoper und am
Teatro dell’Opera di Roma. Als Éléazar ist der stimmgewaltige Tenor
Zoran Todorovich zu erleben.
In den Händen des Teams um Regisseurin Lydia Steier entsteht ein
komplexer Bilderbogen mit doppelten Böden. Steier, deren
Inszenierung von Karlheinz Stockhausens Donnerstag aus Licht in
Basel von der Fachzeitschrift „Opernwelt“ zur besten Aufführung des
Jahres 2016 gewählt wurde, zeigt eine anspielungsreiche Zeitreise,
bei der die Uhren rückwärts gehen und von der heutigen Epoche der
Massenmedien bis auf den Grund der Neuzeit führen. Dabei sucht sie
die Brisanz der Geschichte: Wie weit kann die gesellschaftliche
Assimilierung von Menschen aus anderen Kulturen gehen? Wo liegen die
Quellen der Klischeebilder in unserem Kopf? Vom Jahre 1414 aus
stellt sich neu die Frage: Sind sie immer noch darinnen?
Zitatende
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Jan Hus und die Hussiten
Die Hussiten wurden von den
meisten böhmischen Adeligen unterstützt und richteten sich hauptsächlich
gegen die böhmischen Könige, die damals gleichzeitig das Amt des
römisch-deutschen Kaisers bekleideten, und gegen die
römisch-katholische Kirche. Infolge der Auseinandersetzungen kam es in
den Jahren 1419–1434 zu den
Hussitenkriegen.





Kalenderblätter
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Franzisco Araiza
... am 04. Oktober 1950 geboren
/
Foto Deutsche Grammophon
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In der mexikanischen Hauptstadt studierte er und dehütierte 1973 als Des
Grieux in Massenets Manon.
Bereits ein Jahr später gab er sein Europadebüt am Staatstheater Karlsruhe.
und ab 1976 folgten Auftritte in Zürich, Düsseldorf, Stuttgart, Brüssel,
München, Berlin, London, Wien und Paris.
Seine Festspieltätigkeit begann ab 1977 in Aixen-Provence als Ferrando in
Mozarts Cosi fa tutte.
1978 sang er in Bayreuth den Steuermann in Wagners 'Der fliegende
Holländer'.
Die bewegliche. klangvolle Rossini- und Mozart-Stimme war auch hei den
Salzburger Festspielen zu hören (z.B. als Taminn in Mozarts Zauberflöte,
Ferrando) und entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem Spintotenor.
Erfolgreiche Gastspiele als Rodolfo in Pucinis 'La Bohème' und der Alvaro in
Verdis 'La forza del destino' an der Wiener Staatsoper.
Die ökonomische Einteilung seines expansiortsfähigen Stimmvolumens führte
ihn bis zum Fach des jugendlichen Heldentenors (Lohengrin in Zürich und
Berlin. Stolzing in Wagners 'Die Meistersinger von Nürnberg' an der Met und
in München. Don Alvaro in Verdis 'La forza del destino' in Wien und München,
Titelpartie in Giordanos 'Andrea Chenier' in Zürich).
Auch als Interpret des französischen Repertoires (Titelrollen in Massenets
'Werther' und Gounods 'Faust') sowie im Lied- und Oratoriengesang ist er
bedeutend und international gefragt.
Seine Mozart-Partien sind ebenso als Einspielung erhältlich wie die
Rossini-Rollen Almaviva in 'Il Barbiere di Sivigila', Don Ramiro in 'La
Cenerentola' und Il Conte di Libenskof in 'Il Viaggio a Reims'.
Im Internet gibt es eine Reihe von Adressen, die sich mit Francisco Ariza
beschäftigen.
Hier z.B.
https://www.capriccio-kulturforum.de/index.php?thread/236-francisco-araiza-ein-stern-der-zu-fr%C3%BCh-vergl%C3%BChte/
und seine
eigene Website:
http://www.franciscoaraiza.com/

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Irmgard Seefried
…. am 9.
Oktober 1919
geboren /
Foto:
Deutsche
Grammophon |
Sie gehörte zum legendären Mozart-Ensemble der Wiener Staatsoper, wo sie 1913
als Eva in Wagners 'Die Meistersingr von Nürnberg' debütierte.
Richard Strauss vertraute ihr den Komponisten in seiner 'Ariadne auf Naxos'
in der Festvorstellung anlässlich seines 80. Geburtstages 1944 an.
Mit ihrem beseelten Sopran und der emphatischen Darstellung galt sie dafür
als Idealbesetzung.
Die Rolle ihres Lebens fand sie jedoch mit der Susanna in Mozarts 'Le Nozze
di Figaro' - sie sang sie bereits 1946 und danach bis 1953 regelmäßig hei
den Salzburger Festspielen.
Beim Gastspiel der Wiener Staatsoper 1947 an der Londoner Covent Garden
Opera sowie bei ihrem Debüt an der Mailänder Scala 1949 und an der New
Yorker Met 1953.
Als Marie in Bergs 'Wozzeck' verkörperte sie 1966 am Staatstheater Stuttgart
ihre erste Charakterrolle: in Leoš Janáčeks 'Káťa Kabanová' gab sie 1976 auf
der Bühne der Wiener Staatsoper ihren Abschied.
Durch ihren innigen und sehr musikalischen Vortrag auch eine geschätzte
Lied- und Konzertinterpretin.
Verheiratet war sie mit dem bekannten Geiger Wolfgang Schneiderhan.
Ihre Tochter Mona spielte jahrelang in der Nachmittags-Soap 'Sturm der Liebe'
die Charlotte von Saalfeld, nachdem sie an der Deutschen Oper Berlin die 'Öffentliche
Meinung' in Offenbachs 'Orpheus in der Unterwelt' sang.

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... Reiner Goldberg
... am 17. Oktober 1939 geboren
/
Foto Sony |
War er es nun oder die gesamte musikalische Welt, die sich am Fach des
Heldentenors entfachte. Zumindest wurde deutlich, dass Tenor alleine nicht
reicht, um einen Siegfried oder einen Tannhäuser zu gestalten.
Allzu häufig sah man den gewünschten Entwicklungsstrang vom Tamino zum
Parsifal oder dem Otello als einen steinigen Weg mit Schotter in unwegsamen
Gelände.
Der eigene Wunsch vom Buffo zum lyrischen Tenor zum italienischen Spinto
oder dem deutschen Heldentor aufzusteigen, mag verständlich sein, endet und
endete meist im Abseits.
Natürlich kommen auch die Wünsche der Agenturen und der Theaterleitungen
hinzu, eine schweren Helden auf den Markt zu bringen.
Leider meist nur ein kurzes Aufflammen, selten eine beständige bzw.
zumindest langfristige Entwicklung.
Der Tamino bei Peter Hofmann die Einstiegsrolle, so auch bei Reiner
Goldberg.
Nach dem Studium in Dresden ging er 1973 vom sächsischen Landestheater in
Radebeul nach Dresden an die Staatsoper und 1981 an die Staatsoper nach
Berlin.
Georg Solti wollte ihn für eine Schallplattenaufnahme des 'Ring' als
Siegfried haben. Es kam zu diesem Unternehmen nicht. Dafür aber sang er
Wagners Held in der Aufnahme von Levine und den Siegmund bei einer
CD-Einspielung mit Haintink.
1981 war er Parsifal bei einer Aufnahme unter der Leitung von Armin Jordan.
Hier war noch der Ursprung seiner Stimme zu hören.
Mit zunehmender Zeit und Betätigung in einem Fach, das nicht erfüllbar war,
zeigten sich die Probleme.
Dass immer wieder die gleichen Fehler gemacht werden, betrübt und lässt am
Urteilsvermögen der Sänger - und muss auch die Sängerin erwähnt werden -
zweifeln.
Araiza als Lohengrin, Hofmann als Stolzing, Schager als Tristan - es kann -
und schon garnicht auf lange Sicht - gut gehen.
Auch bei Stephen Gould - auch 2019 in Bayreuth
-
hörte man, dass er nicht erst seit gestern die schwersten Partien Tannhäuser
und Tristan singt.
Zitat
Reiner Goldberg
Geboren in Crostau/Oberlausitz, studierte er bei Arno Schellenberg an
der Hochschule für Musik »Carl Maria von Weber« in Dresden. An den
Landesbühnen Sachsen in Radebeul erhielt Reiner Goldberg 1967 sein
erstes Engagement. 1973 wechselte er an die Sächsische Staatsoper
Dresden (Semperoper). Dort wurde er 1977 zum Kammersänger ernannt.
Seit 1981 ist er Ensemblemitglied der Staatsoper Unter den Linden in
Berlin, wo er zuvor schon seit 1977 als Gast engagiert war. Als Gast
wurde er an nahezu alle großen Opernhäuser in Europa und Übersee
verpflichtet, so u. a. als Tannhäuser an die Wiener Staatsoper und an
die Bayerische Staatsoper München, als Erik (»Der fliegende Holländer«)
zu den Osterfestspielen in Salzburg 1982 und 1983 unter der Leitung von
Herbert von Karajan und bei den Bayreuther Festspielen 1990, 1991 und
1994 unter Giuseppe Sinopoli, als Florestan, Siegfried und Tannhäuser an
die Metropolitan Opera und als Max (»Der Freischütz«) ans Opernhaus
Zürich. Außerdem arbeitete er mit bedeutenden Dirigenten wie Lorin
Maazel, Sir Colin Davis, Herbert Blomstedt, Sir Georg Solti, Bernard
Haitink, Nikolaus Harnoncourt, Claudio Abbado, James Levine und Giuseppe
Sinopoli.
Neben seiner Bühnentätigkeit hat sich Reiner Goldberg auch einen Namen
als Konzertsänger geschaffen. Mit der »Schönen Magelone« (Tieck/Brahms)
gab Reiner Goldberg sein Debüt als Liedsänger an der Staatsoper Unter
den Linden. Im Februar 1999 sang er mit großem Erfolg an diesem Haus,
unter Daniel Barenboim, die Titelpartie in »Lohengrin«. Mehrere seiner
Partien hat er auf Schallplatte eingespielt, u. a. den Siegfried im »Ring«-Zyklus
unter James Levine und den Siegmund unter Bernard Haitink. An der
Staatsoper Unter den Linden war Reiner Goldberg in den großen Partien
seines Fachs u. a. als Siegfried (»Siegfried«, »Götterdämmerung«),
Aegisth (»Elektra«), Herodes (»Salome«) und Stolzing (»Die Meistersinger
von Nürnberg«), Max (»Freischütz«), Florestan (»Fidelio«) und in den
Titelpartien von »Tannhäuser« und »Die Verurteilung des Lukullus« zu
hören. An der Hamburgischen Staatsoper war er in der Spielzeit 2004/05
als Aron in einer Neuproduktion von Arnold Schönbergs »Moses und Aron«
zu hören, sowie in der darauffolgenden Spielzeit am Gran Teatro del
Liceu in Barcelona als Tambourmajor in Alban Bergs »Wozzeck«. Große
Erfolge feierte Reiner Goldberg bei den Opernfestspielen an der
Bayerischen Staatsoper in der Saison 2014/15 als Hauk-Šendorf (»Die
Sache Makropulos«).
Zitatende
Quelle: Deutsche Staatsoper unter den Linden
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Erna Berger
... am 19. Oktober 1900 geboren
/ Foto
Deutsche Grammophon |
Eine ungewöhnliche Kindheit durchlebte sie. In Cossebaude bei Dresden
geboren, blieb 1914 bei Verwandten in Sachsen, da der Vater als Ingenieur
beim Eisenbahnbau beschäftigt war. Er geriet dort in Gefangenschaft,
kam frei und ging als Auswanderer nach Paraguay. Hierhin folgte die kleine
Erna den Eltern.
Nach der Schule arbeitet sie als Kontoristin und als Sprachlehrerin, um die
Eltern finanziell zu unterstützen.
Schon da war ihre Stimme aufgefallen, so dass
die Eltern sich entschlossen, die Tochter mit ihren 23 Jahren allein nach
Dresden zurückgehen zu lassen, damit sie dort eine Stimmausbildung
wahrnehmen konnte.
Mit 25 sang sie an der Semperoper den ersten Knaben in der Zauberflöte und
1928 den Hirtenknaben in Bayreuth.
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1934 wechselte sie an die Berliner Staatsoper.
Dort sang sie das, was ihrem soprano lyrico leggero zukam.
Sie sang u.a. Zerlina, Zerbinetta, Sophie, Gilda, Königin der Nacht, Olympia
und die Konstanze - blieb in diesem Fach bis zum Ende ihrer Karriere.
Die Stimme veränderte sich nicht, blieb mädchenhaft bis ins hohe Alter.
1949 sang die knapp 50-Jährige an der Met die Sophie und nahm neben Leonhard
Warren als Rigoletto die Gilda für die Schallplatte auf.

1954 war sie in der legendären 'Giovanni'-Aufnahme unter
Furtwängler noch einmal die Zerlina mit Cesare Siepi in der Titelrolle.

https://www.youtube.com/watch?v=lmkSuMyLHDA
1959 erhielt sie einen Ruf an die Musikhochschule in
Hamburg.
'Die rote Rita' war ihre
Schülerin. Erna Berger entwickelte die Stimme von Rita Streich weiter und
die gab dann an der Folkwang-Hochschule in Essen als Professorin ihr Wissen
weiter.
Erna Berger, die sich noch im hohen Alter gelegentlich engagieren ließ,
hatte sich ihre fast kindliche Stimme bewahren können, die Konstanze war die
Rolle, mit der sie über Jahre in allen namhaften Opernhäusern auftrat.
Von ihr sind Aufnahmen erhalten und noch immer im Handel:
- Marie in 'Die verkaufte Braut' -
http://youtu.be/cN8h5CG0oUI
- Nancy in 'Martha'
- Gretel in 'Hänsel und Gretel'
- Königin in 'Die Zauberflöte' -
http://youtu.be/5aSQ62_fGWo
- Olympia in 'Hoffmanns Erzählungen'
- Sophie in 'Der Rosenkavalier'
- Gilda in 'Rigoletto' -
http://youtu.be/nUpKdrT55Gg
Der geradezu keusche Klang ihrer Stimme war allerdings für die Kurtisane
Violetta nicht unbedingt geeignet.
http://youtu.be/1Q5MNPK64C0
Viele Aufnahmen sind auf Tonträger erhalten geblieben, die von der
Stimmkultur der Erna Berger zeugen.
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https://www.jpc.de/s/erna+berger

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Sena Jurinac
... am 29. Oktober 1921 geboren
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Foto:
His Masters Voice |
In der ehemals k. und k. Monarchie war nur
der Platz für Studium in Zagreb, 1942 eine Mimi am dortigen Stadttheater,
dann Vorsingen in München - nicht erfolgreich.
1944 Engagement an die Wiener Staatsoper, das wegen des Krieges nicht
zunächst nicht angetreten werden konnte.
1945 dann der Beginn mit Cherubin in Mozarts 'Nozze' in der Volksoper.
Fiordiligi in Glyndebourne unter Fritz Busch.
Danach Elvira und Ilia.
Weiterentwicklung zur Marschallin, dann auch Desdemona, Carlo-Elisabeth,
Butterfly und ganz vorsichtig in der Zahl der Aufführungen dosiert, die
Fidelio-Leonore.
Hier mit Jon Vickers.
https://www.youtube.com/watch?v=1DMi4ubHXGI
Und die Wozzeck-Marie, wie auch Küsterin in Jenufa.
Zu Wagner fand sie nicht, bedingt wohl durch eine verunglückte
Zusammenarbeit mit Wieland Wagner.
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https://www.jpc.de/s/sena+jurinac

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Jon Vickers
... 29. Oktober 1926 geboren
/ Foto: EMI |
Auf Tonträgern blieb sein Talent der Nachwelt gleich
mehrfach erhalten:
4 Mal
Die
Walküre (Wagner),
Hans Knappertsbusch,
Erich Leinsdorf,
Herbert von Karajan
und
Berislav Klobučar
3 Mal
Tristan und Isolde (Wagner), Herbert von Karajan,
Karl
Böhm und
Horst Stein
3 Mal
Fidelio
(Beethoven),
Otto Klemperer 2 Mal und Herbert von Karajan
2 Mal
Medea (Cherubini),
Nicola Rescigno und
Thomas Schippers
2 Mal
Otello (Verdi),
Tullio Serafin und Herbert von Karajan
Diese Aufnahmen spiegeln auch
sein hauptsächliches Repertoire wieder.
Das schwere Ternorfach.
Zitat

Heute, einen Tag nachdem
Tenorlegende
Nicolai Gedda 90 wurde, ist ein andere, mindestens genauso
legendäre Tenorgröße des 20. Jahrhunderts – im wahrstens Sinne des
Wortes – nicht mehr: Jon Vickers. Der kanadische Überheldentenor
starb bereits am Freitag im Alter von 88 Jahren an den Folgen seiner
Alzheimer Krankheit. Das teilte seine Familie mit, die noch einmal
an seinen“ warmen, stets freundlichen und generösen Charakter“
erinnerte.
Jonathan Stewart Vickers
wurde am 29. Oktober 1926 in Prince Albert geboren und in Toronto
ausgebildet. Er debütierte 1956 am Royal Opera House in London, sang
dort kurz darauf neben Maria Callas in Cherubinis „Medea“ und
glänzte 1958 bei den
Bayreuther Festspielen als Siegmund – lange eine seiner
Paraderollen. In den Sechziger und Siebzigerjahren galt er als der
international gefragteste Sänger seines Fachs. Seit mehr als drei
Jahrzehnten war er auch als Lehrer tätig, zu seinen bekanntesten
Schülern gehört sein kanadischer Landsmann Ben Heppner.
Jon Vickers’ kraftvolle und
nuancenreiche, stählerne, aber auch berührende Stimme, sein
stämmiges, muskulöses Aussehen sowie seine große Fähigkeit zur
dramatischen Darstellung machten ihn in den Augen vieler Dirigenten,
Regisseure und Kritiker zum idealen Siegmund, Tristan, Otello,
Samson sowie Aeneas. Er war unter Herbert von Karajan ein
erstklassiger Florestan und ein so ungehobelter wie sensibel humaner
Peter Grimes.
Allerdings tendierte er gelegentlich zum „Knödeln“, und seine
Beherrschung der deutschen Sprache war nur sehr mäßig. Vickers wurde
auch als eigensinnig und besserwisserisch beschrieben – jedenfalls
von seiner gelegentlichen Partnerin Birgit Nilsson, neben der er in
den Siebzigerjahren eine feste Wagner-Größe an der Metropolitan
Opera war.
Aus religiösen und
philosophischen Gründen weigerte sich der Tenor, den Tannhäuser
darzustellen. Auch den Siegfried wollte er nicht interpretieren. Zu
einer Aufnahme der gleichen Rolle in der Götterdämmerung, zu der er
sich nach langem Überlegen schließlich bereit erklärte, kam es
ebenfalls nie.
Während Jon Vickers im angloamerikanischen Raum als einer der
größten, vielleicht als der letzte echte Heldentenor gefeiert wird,
war er Deutschland nur allzu selten zu hören.
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Victoria de los Angeles
... am 01. November 1923 geboren
/ Foto: VAI Audio |
1946 - also mit 23 Jahren - sang sie am
Liceo in ihrer Vaterstadt Barcelona die Figaro-Gräfin. Die beginnenden 50-er
Jahre aber lenkten sie von Mozart ab, bei dem sie hätte bleiben sollen.
Sie sang bald an der Met ein breites Repertoire: Ariadne, Mimi und
Marguerite.
In den Sechzigern kehrte sie nach Europa zurück und war angeblich plötzlich
die Wagner-Sängerin. So blieb Bayreuth nicht aus, wo sie die
Tannhäuser-Elisabeth sang.
Offensichtlich fühlte sie sich aber wohl, denn sie wandte sich auch dem
deutschen Lied zu. Hier ist nun eine große Sprachbeherrschung notwendig, die
sie sich aber zueigen machte.
Zitat
von Julia Kuzmina
Sie ist eine der größten
Opernstimmen des 20. Jahrhunderts und hat auf den Bühnen der
Metrolopolitan Opera in New York und der Mailänder Scala in Rosen
gebadet.
Mit dem Tenorkönig Jussi Björling hat sie der Nachwelt eine Aufnahme
von Puccinis „La Bohème“ hinterlassen, die bis heute als
unübertroffen gilt. Doch im realen Leben war Victoria de los Ángeles
keine launische Diva, sondern eine bodenständige Frau mit starken
katalanischen Wurzeln. Am liebsten saß sie bei Konzerten mit der
Gitarre auf dem Deckel eines Flügels und sang spanische Volkslieder.
Shootingstar aus Barcelona
Victoria de los Ángeles López García (nach anderen Quellen Victoria
de los Angeles Gómez Cima) kommt am 1. November 1923 in Barcelona
zur Welt. Ihre Familie ist zwar musikalisch, trotzdem muss Victoria
kämpfen, um am Conservatorio de Liceo in Barcelona studieren zu
dürfen. Das hat sich gelohnt: Sie schließt das Konservatorium in
drei statt der vorgesehenen sechs Jahren ab und gewinnt buchstäblich
jeden Preis für Opernnachwuchs. Ihr Debüt gibt sie 1941 im Alter von
18 Jahren als Mimi in Puccinis „La Bohème“ – eine Partie, die sich
wie ein roter Faden durch ihre gesamte Karriere zieht.
BBC macht sie zum Star
Ruhm erlangt Victoria 1947, als sie den ersten Preis des
Internationalen Gesangswettbewerbs in Genf gewinnt. BBC wird auf das
junge Ausnahmetalent aufmerksam und lädt sie 1949 ein, de Fallas
Oper „La Vida Breve“ aufzunehmen. Und prompt geht es für sie steil
nach oben. 1948 unterzeichnet sie einen Exklusiv-Plattenvertrag mit
dem Label EMI, wo sie innerhalb der folgenden drei Jahrzehnte 21
Opern-Gesamtaufnahmen, 25 Soloplatten und Beiträge auf 40
Sammelplatten aufnimmt. Im selben Jahr debütiert sie an der Pariser
Oper, ein Jahr später am Londoner Covent Garden und an der Mailänder
Scala. Sie tritt bei den Salzburger Festspielen auf, es folgt eine
Südamerika-Tournee. 1951 applaudiert ihr das Publikum der
Metropolitan Opera in New York als Marguerite in Gounods „Faust“ –
die Figur des goetheschen Gretchens ist ihr Durchbruch zum Weltruhm.
Jussi Björling – der Partner ihres Lebens
Zehn Jahre lang steht Victoria de los Angeles auf der berühmten New
Yorker Bühne, 13 Partien in 103 Vorstellungen hat sie dort gesungen.
An der „Met“ trifft sie auch den Bühnenpartner ihres Lebens– den
schwedischen Tenor-Star Jussi Björling. Jussi und Victoria werden
das absolute Opern-Traumpaar, glamourös und begehrt. Ihre Stimmen
verschmelzen miteinander wie zwei Flammen, sie fließen ineinander
über wie zwei Wellen eines Stromes, sie brausen auf wie schwere
Brandung und explodieren wie ein Vulkan. Das Publikum tobt, schreit,
wirft Blumen und bricht in Ekstase zusammen. Als armes Pariser
Studentenpärchen Rodolfo und Mimi schreiben Victoria de los Angeles
und Jussi Björling Musikgeschichte. Die Konserve ihrer gemeinsamen
Aufnahme von Puccinis „La Bohème“ gilt als eine der größten
Musikproduktionen des 20. Jahrhunderts. Die Zeitzeugen geben zu
Protokoll, die Platte gibt noch nicht einmal annähernd wieder, was
tatsächlich von der Bühne zu hören war.
Meisterin der Geheimhaltung
Ob die beiden Stars, wie so oft im Musikgeschäft, auch ein
Liebespaar waren? Dazu schweigt die Geschichte. Victoria war stets
Meisterin der Geheimhaltung. Bekannt ist allerdings, dass sie
bereits 1948 einen Mann namens Enrique Magriñá heiratete und mit ihm
zwei Söhne bekam, von denen heute noch einer lebt. Der andere starb
bereits 1998.
Die Fachwelt schwärmt von der
Stimme Victoria de los Ángeles. Sie erreicht in ihren Sopran-Partien
die hohen Töne mit einer Klarheit, die einem Brillant gleicht.
Die mittleren Lagen ihrer Stimme sind samtig-weich und schmeicheln
dem Ohr, wie ein Stück Milchschokolade der Zunge schmeichelt. Ihre
Tiefen erreicht kein normaler Sopran, und so fragen sich manche, ob
sie nicht ein verkappter Mezzo ist. Sie beherrscht perfekt eines der
schwierigsten Dinge im Operngesang: die Piani – die Kunst, die
leisen Töne so gefühlvoll und schön ausklingen zu lassen, dass auch
dem letzten Zuhörer in der hintersten Reihe der Atem stockt.
Mimi, Violetta, Marguerite – alles gelingt
Victoria kann alle Partien ihres Stimmfaches, doch ihre schönsten
Rollen sind diejenigen, die ihren wahren Charakter durchschimmern
lassen: Mimi aus Puccinis „La Bohème“, Violetta aus Verdis
„Traviata“ und Marguerite aus Gounods „Faust“. Alle sind Frauen, die
offenherzig lieben, immer zu sich selbst stehen und Integrität über
alles stellen. Victoria verleiht diesen Figuren menschliche Wärme,
die das Publikum anrührt. „Sie macht buchstäblich gar nichts, um im
gewöhnlichen Sinne des Wortes Effekt zu erzielen… Eine
Persönlichkeit, die immer dieselbe bleibt, und doch das Publikum
dazu bringt, an ihre Figur zu glauben“, schreibt 1954 ein
Opernkritiker.
Die Kunst, rechtzeitig zu gehen
Victoria de los Ángeles beherrscht die Kunst, die den meisten ihrer
Zunftkollegen verwehrt bleibt: Den Abgang zur richtigen Zeit. 1961
beschließt sie, den Trubel der Opernbühne zu verlassen. Sie steht
konsequent dazu und widmet sich fortan ausschließlich ihrem
Lieblingsgenre – dem Kunstlied. Ihre Darbietungen der spanischen
Lieder in Begleitung der Pianistin Alicia de Larrocha werden
legendär. Der deutsche Opernpapst Jürgen Kesting schreibt ungewohnt
pathetisch: „Welche andere Sängerin hätte diese Musik wie sie mit
dem Feuer einer innerlich lodernden Leidenschaft zu singen gewusst?“
Stimmgewaltig bei der Olympiade
Nur für eine einzige Rolle macht Victoria eine Ausnahme und kommt
wieder auf die Opernbühne: natürlich für Carmen, die einzige Rolle
aus den großen klassischen Opernstücken, die durch und durch
spanisch ist. Ihre Stimme erklingt auch noch 1992, als sie zum
allerletzten Mal im Alter von 68 Jahren bei der Schlusszeremonie der
Olympischen Spiele in Barcelona singt. Beim leisesten Zittern in der
Stimme würde sie sofort den Laden dichtmachen, sagt sie selbst. Sie
wird 81 Jahre alt, am 15. Januar 2005 weint Spanien und die Welt um
ihren Opern-Engel.
Stimmgewaltig bei der Olympiade
Nur für eine einzige Rolle macht Victoria eine Ausnahme und kommt
wieder auf die Opernbühne: natürlich für Carmen, die einzige Rolle
aus den großen klassischen Opernstücken, die durch und durch
spanisch ist. Ihre Stimme erklingt auch noch 1992, als sie zum
allerletzten Mal im Alter von 68 Jahren bei der Schlusszeremonie der
Olympischen Spiele in Barcelona singt. Beim leisesten Zittern in der
Stimme würde sie sofort den Laden dichtmachen, sagt sie selbst. Sie
wird 81 Jahre alt, am 15. Januar 2005 weint Spanien und die Welt um
ihren Opern-Engel.
Die Frau mit dem Strickzeug
In den 60ern übrigens wird Victoria de los Ángeles oft auf der
Treppe eines Flugzeuges fotografiert, in derselben Manier wie ihre
divenhaften Kolleginnen Maria Callas und Renata Tebaldi. Doch als
sie endlich im Flieger sitzt, holt sie ihr Strickzeug hervor – und
ist wieder sie selbst.
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angeles" ergab 200 Treffer
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Joan Sutherland
... am 07. November 1926 geboren /
Foto: Decca Records |
Ihr musikalisches Leben begann bereits als kleines Mädchen, das neben ihrer
Mutter Muriel Sutherland, einer hoch angesehenen Amateur-Altistin, auf der
Klavierbank saß, während Muriel Gesangsübungen machte.
Ihr Vater, William, ein schottischer Immigrant, starb, als Joan 6 Jahre alt
war, die Familie zog bei ihren Großeltern ein, und ihre Mutter und ältere
Halbgeschwister aus Williams früherer Ehe gingen zur Arbeit.
Nach der High School arbeitete sie als Schreibkraft, konnte aber dank des
Unterrichts, den sie in einem Wettbewerb gewonnen hatte, eine Stimmbildung
absolvieren. Der Sieg bei einem anderen lokalen Wettbewerb verhalf ihr, eine
Reihe von Engagements in kleinen Städten in New South Wales zu bekommen.
Diese Einnahmen und ein größerer Geldpreis aus einem nationalen
Stimmwettbewerb sorgten dafür, dass sie mit der Mutter nach London ziehen
konnte, wo sie mit ihrer Mutter lebte.
Am Royal College of Music studierte sie und fing an, für die Royal Opera in
Covent Garden vorzusingen. Sie schaffte es bei ihrem dritten Versuch, 1952.
Sieben Jahre war sie in dem Unternehmen und machte sich in einer Vielzahl
von Rollen einen Namen, bis die perfekte kam.
1959 erlangte sie dann Ruhm in der Titelrolle von Gaetano Donizettis "Lucia
di Lammermoor" an der Londoner Royal Opera.
Der Zeitungskritiker Martin Bernheimer schrieb über ihr Konzertdebüt 1966 im
Dorothy Chandler Pavillon:
"Man hört nie auf, erstaunt zu sein, wie Miss Sutherland ein im Grunde
genommen großes Gesangsinstrument manipuliert, als wäre es so schlank und
von Natur aus flexibel wie die Koloratursoprane." Es war "noch seltener",
fügte er hinzu, dass sie es nicht überwältigend, sondern mit ungezwungener
Leichtigkeit, Musikalität und Geschmack führte. Sutherlands einziger Fehler
war für die meisten Kritiker das, was Bernheimer "ihre matschige....
Diktion" nannte.
Seit ihrem 18. Lebensjahr trat sie professionell auf, und seit ihrem 16.
Lebensjahr widmete sie sich ständig der Erweiterung ihres Stimmraums und der
Perfektionierung ihrer Technik.
Nach einem Artikel in der Los Angeles Times.
Eine ganze Reihe von Tonträgern gibt es bei JPC.
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https://www.jpc.de/s/joan+sutherland

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Thomas Tipton
... am 18. November 1926 geboren
/
Foto: rbm |
Er stammte aus einer eingewanderten
polnischen Familie, sein eigentlicher Name war Thomas Max Pointkowski.
In
der Schule wurde seine Stimme und sein schauspielerisches Talent entdeckt.
Er studierte später zunächst am Michigan State College bei Herbert Swanson.
Kurz vor Ende des Studiums gewann er einen Wettbewerb, der ihm u.a. ein
Engagement an der New York City Central Opera einbrachte. Dort gab er sein
Bühnendebüt in „The old Maid and the Thief“ von Menotti.
An diesem Opernhaus
blieb er von 1951-1953. Das ruinierte seine Stimme. Man riet ihm wieder von
vorn anzufangen, was bei Chase Baromeo an der University of Michigan in Ann
Arbor geschah.
1956 kam er durch ein Fulbright Stipendium nach München an die
Musikhochschule. Während eines Vorsingens wurde er dort vom GMD des
Nationaltheaters Mannheim entdeckt und sofort engagiert, zunächst für die
Spielzeit 1957/58.
Daran schloss sich ein Jahr Hagen und wieder Mannheim von 1960-1963 an.
Von 1964-1966 wirkte er an der Stuttgarter Staatsoper und war dann Mitglied
der Bayerischen Staatsoper München, wo er 1977 zum Bayerischen Kammersänger
ernannt wurde.
Regelmäßige Gastspiele gab er an der Wiener Staatsoper, an der Deutschen
Oper Berlin, sowie an der Staatsoper Hamburg (1966). Ebenfalls 1966 wurde er
von den Salzburger Festspielen verpflichtet für „La finta giardiniera“.
1967 sang er in Bayreuth den Wolfram im „Tannhäuser“ und den Heerrufer im
„Lohengrin“.
1972-1974 war er für eine aufwändige Neuproduktion von „Rigoletto“ an der
Covent Garden Opera London engagiert.
Sein großer Erfolg begann mit dieser Rolle in München. Premiere war am 11.
Februar 1966. Er sang diese Partie in München mit wechselnden Partnerinnen
und Partnern. Mehrmals davon war ich seine Maddalena. Die letzte Vorstellung
war am 20.2.1972. Der Rigoletto war immer seine Lieblingspartie und er sagte
dazu folgendes:
Zitat
„Als das Angebot aus München für 'Rigoletto' kam, probte ich gerade in
Stuttgart für die 'Spanische Stunde'. Günther Rennert, der Regisseur, wollte
mich nicht freistellen. Ich flehte ihn auf Knien an, mir diese Chance nicht
zu nehmen. Da ließ er sich erweichen und wir konnten die Proben so
einteilen, daß ich München und Stuttgart parallel proben konnte.
Das war aber nicht das einzige Hinderniss. Der Dirigent von „Rigoletto“,
Giuseppe Patané, wollte einen jungen unerfahrenen Italiener für die Rolle
haben. Aber zu meinem Glück setzte sich Herbert List, der Leiter des
Betriebsbüros durch und so kam ich doch zu meiner Traumrolle, die ich auf
deutsch schon oft gesungen hatte und jetzt auf italienisch lernen musste.
Der Erfolg war überwältigend und entscheidend für meine weitere Karriere.“
Zitatende
Thomas Tipton gastierte auch oft an nord- und südamerikanischen
Operntheatern und war nicht zuletzt ein gesuchter Konzert- und
Oratoriensänger.
Auf der Bühne schätzte man ihn vor allem im italienischen Repertoire und in
komischen Rollen wie Bartolo in 'Barbier von Sevilla', 'Die spanische
Stunde', 'Viva la Mamma' und natürlich auch als 'Falstaff'.


Zwischenbemerkung
'Artenschutz dringend
erforderlich!'
Niemand von uns wird etwas dagegen haben, wenn wir uns für den erhalt
gefährdeter Tiere oder Pflanzen einsetzen und die seriösen, damit befassten
Organisationen, unterstützen.
Auch die innerhalb der Spezies 'homo erectus' erwächst die Notwendigkeit, eine
immer seltener werdenden Gattung unter Artenschutz zu stelen.
Die auf der 'Erde Rücken' inzwischen sehr zahlreich vertretene Gattung
'Mensch' lernte anfänglich auf der afrikanischen Steppe das Laufen auf zwei
Beinen, breitete sich überall aus, wozu sie je nach Klima unterschiedliche
Haut und Harrdarben entwickelte.
Die nunmehr aufrecht gehenden Zweibeiner erfanden nützliche Dinge:
das Rad, die Beherrschung des Feuers, die Herstellung von Werkzeugen aller
Art, den Ackerbau, die Zähmung von Haustieren, Musikinstrumente, die Schrift,
Zahlungsmittel, aber auch sehr viel Übles wie Massenvernichtungswaffen und das
Allerschlimmste:
die Religion.
Als die Menschen die Naturgewalten noch überirdischen Wesen, so genannten
Göttern, zuordneten, war die himmlische Gesellschaft in ihrer Vielfalt
noch mit Phantasie zu ertragen und hat wundersame Geschichten hervorgebracht.
Als dann aber die Idee aufkam, es gebe nur einen männlichen Gott, da wurde es
schlimm.
Die Frauen disqualifizierte 'mann' und führte im Namen Gottes grausame Kriege.
So ist es bis heute.
Es gab aber auch eine kleine Gruppe von Menschen, die Gebrauch von ihrem Hirn
machten.
Sie erfanden keine Tötungsinstrumente, sondern Verfahren, mithilfe derer Töne
aufgeschrieben werden konnten. Instrumente und Stimmen können so entsprechend
diesen Notierungen - mit den Noten - zum Klingen gebracht werden und kluge,
gebildete Menschen hören dem zu.
Wenn zu diesen schönen Klängen auch noch auf einem Podium, einer Bühne
entsprechend der vom Autor vorgegebenen Handlung agiert wird, erlebt man ein
Schauspiel oder eine Werk des Musiktheaters.
Deren Schöpfer haben mit viel Sorgfalt und Können Werke geschaffen , die über
Jahrhunderte zur Ergriffenheit und Erhebung der Herzen der Zuhörer und Zuseher
beitrugen.
Da der Mensch aber dazu neigt, denen, die am lautesten schreien und die
plumpesten Vergnügungen anbieten, nachzulaufen, haben Diktatoren und
Eventmanager großen Erfolg. Sie tun sich mit Regieteams zusammen, versprechen
den Theaterdirektoren großen Erfolg und erheblichen Zuspruch durch das
Ersetzen feinsinniger Kultur durch 'Sex and Crime' aus der untersten
Schublade.
Das Publikum begibt sich entweder auf dieses
'Reeperbahn-Niveau' oder bleibt weg. In jedem Fall ist es aber 'gezwungen',
mit seinen Steuergeldern diesen Sche.... zu finanzieren.
Die Opernfreunde, die gebildet sind, leiden nur so lange vor sich hin, wie es
unbedingt nötig ist, dann aber verweigern sie sich.
Herr Dr. Klügl wollte nach eigenen Aussagen an der Nds. Staatsoper auf hohem
Niveau scheitern.
Er ist nicht dort, sondern gänzlich, mit Billigung der entsprechenden
politischen Institutionen, gescheitert.
Die Auslastungszahlen sprechen für sich.
Leuten mit Durchblick, die stattdessen für 29.90 Euro Standardpreis ins
Cinemaxx gehen, um Vorstellungen aus der New Yorker Metropolitan Oper
oder der Londoner Covent Garden Opera zu sehen, statt die heimischen Stadt-
oder Staatstheater zu besuchen, muss wie Fledermäusen oder Wanderkröten
Artenschutz gewährt werden.


Tagesthemen
Nationaltheater in München
... am 12. Oktober 1818 eröffnet
Von seinen Bauten blieb kaum etwas übrig, entweder wurden sie abgerissen
oder fielen dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer.
Karl von Fischer - geboren 1782 in Mannheim - war ein talentierter
Architekt, der in Wien studierte und als junger Mann den Auftrag bekam, ein
Palais in München für Pierre de Salberts zu bauen, woraus sich weitere
Bauaufträge ergaben.
Unter anderen das Nationaltheater, für das er von König Maximilian I. Joseph
- kurz: Max I. - den Auftrag erhielt. Dem bayerischen König hatte das Odeon
in Paris so gut gefallen, dass er etwas ähnliches in München haben wollte.
1811 wurde begonnen, aber nur mühsam ging der Bau voran. Die Bevölkerung
sollte sich mit Aktien an der Erstellung beteiligen - die Münchner dachten
aber nicht in der nötigen Form daran, so dass immer wieder finanzielle
Engpässe entstanden und sonstige Schwierigkeiten den Baufortschritt
behinderten. 1813 brannte zum Beispiel im Lager der nicht aufgerichteten
Dachstuhl ab.
Der König beschloss dann, die Baumaßnahmen über die Staatskasse zu
finanzieren und konnte so die Eröffnung am 18. Oktober 1818 mit Ferdinand
Fränzls Oper 'Die Weihe' feiern.
1823, drei Jahre nach Fischers Tod, brannte das Haus ab. Ein Vorhang hatte
Feuer gefangen, das nicht zu löschen war, da das hierfür vorgesehene Wasser
sich durch Frost in Eis verwandelt hatte, somit stand es nicht zur Löschung
zur Verfügung.
Angeblich soll man versucht haben, mit Bier das Feuer zu bekämpfen -
insoweit vergeblich, als das Haus niederbrannte.
Zur Finanzierung des Neubaus von Leo von Klenze trug der als Abgabe erhobene
Bierpfennig bei.

Politisches Theater
14. Oktober 1920
Mit Erwin Piscator begann eine Demontage der Klassiker, die von Herbert Ihring
als 'Klassikertod' bezeichnet wurde. Schon Piscator versuchte durch
Aktualisierung, z.B. Schillers 'Räuber' an das proletarische Publikum
der Volksbühne in Berlin heranzuführen.
Er nahm einen Wechsel in der Auslegung der Rollen vor, Spiegelberg war
nicht mehr der Bösewicht schlechthin, sondern der 'Held' einer neuen
Zeit, der sich nicht von eigenem Ehrgeiz oder Familientümelei
beeinflussen lässt, sondern als Mann des Verstandes in einer
Trotzki-Maske auftritt. Die Mitgliedschaft Piscators in der KPD wirkte
sich aus.
 |
Damals wurde auch der Leitung der Volksbühne klar, dass sich das
Piscator-Theater aus einer überparteilichen Position wegzubewegen drohte
- Piscator blieb nur, sein eigenes Theater am Nollendorfplatz
aufmachen, um derartigen Zwängen entgehen zu können. Doch schon 1928
meldete er allerdings Konkurs an, Nachfolgeprojekte scheiterten
ebenfalls 'mangels finanzieller Masse'.
Dies nun anders als heute, wo den Stücken irgendetwas übergestülpt wird,
was mit der Idee des Autors und seinem Werk nichts zu tun hat, oder
durch Weglassen von Rollen - siehe
Ostermeiers Schaubühne in Berlin, bei
der in 'Kabale' der Hofmarschall von Kalb dem Rotstift zum Opfer fällt
oder am Deutschen
Theater der Ferdinand kopfüber-kopfunter die Wände beklettert, um dem
Publikum durch zirzensische Mätzchen irgendetwas Außergewöhnliches zu
bieten. Schiller allein reicht denen nicht.
Die Leute im Zuschauerraum nehmen es in Unkenntnis der Werke hin und
juchzen vor Vergnügen.
Es wäre zu empfehlen, z.B. Wagners Urenkelin Subventionen zu
entziehen. So müsste sie sich ihr Publikum suchen, das sich dann
unter anderem Baumgartens 'Tannhäuser oder die Kläranlage in
Oberfranken' wie auch 'Lohengrin oder der Rattenfänger von
Bayreuth' auf eigene Kosten, ohne staatliche Unterstützung,
antut.

'Wo der Rubel hinrollt'
(Irr)wege der
finanziellen Förderung von Kunst und Kultur
In einer öffentlichen Diskussionsreihe widmen sich Mittelbayerische Zeitung
und Theater Regensburg verschiedenen Themen der Stadtgesellschaft, die im
Bezug zu Theater, Presse und Medien oder zu aktuellen Fragen der
Stadtpolitik stehen.
In Kooperation mit der Mittelbayerischen Zeitung
mit:
Oberbürgermeister Joachim Wolbergs
Prof. Dr. Armin Klein (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)
Martin Eich (freier Journalist, u.a. Die Zeit, FAS)
Marianne Sperb (Leitung MZ-Kulturredaktion)
Insa Wiese (Künstlerische Leitung Internationale Kurzfilmwoche Regensburg)
Jens Neundorff von Enzberg (Intendant Theater Regensburg) im
MZ-Medienhaus
Prof. Dr. Armin Klein sei es als einem der Autoren des Buches 'Kulturinfarkt', das seinerzeit
so viel Aufsehen erregte, darum gegangen, kein 'Theaterbashing' zu
betreiben, sondern dazu beizutragen, dass es das Theater, so wie man es
heute gewohnt sei, auch in Zukunft geben werde.
Somit:
Wohl der Stadt, die ein Theater hat,
Wehe der Stadt, die kein Theater hat!
Fluch und Segen lägen nahe beieinander.
Schon das Theater als Bau sei ein Ankerpunkt in der Stadt. Ein Theater sei
aber auch in der Gesellschaft ein Ankerpunkt, weil in seinen glücklichsten
Momenten sich die Stadtgesellschaft treffen könne, wo diskutiert werde, wo
das öffentliche Leben zur Sprache komme.
Schon im alten Griechenland habe die Diskussion über die damalige
Globalisierung des Stadtstaates über seine Grenzen hinaus - bis nach
Kleinasien, nach Ägypten - über deren Probleme auf dem Theater
stattgefunden.
Das bürgerliche Trauerspiel, eine typisch deutsche Erfindung, der Bürger
präsentiere sich auf der Bühne, er sei nicht mehr wie im französischen
Theater der Tölpel, der als Edelmann gelten wolle, das Bürgertum bringe
seine eigenen Werte auf die Bühne, positioniere sich politisch, während in
England und in Frankreich ökonomische bzw. politische Revolutionen
stattgefunden hätten, habe sich in Deutschland die Revolution auf der Bühne
abgespielt. Daher habe das Theater in Deutschland immer noch einen so hohen
Stellenwert.
Hier sei an Schillers Aufsatz erinnert: 'Die Schaubühne als eine moralische
Anstalt betrachtet' - mit anderen Worten, die Schaubühne sei mehr als jede
andere öffentliche Einrichtung des Staates, eine Einrichtung der praktischen
Weisheit, ein Wegweiser durch das bürgerliche Leben. Ein Schlüssel zu den
geheimsten Zugänge der menschlichen Seele.
Oder in seiner Entwicklung das dokumentarische Theater wie Peter Weiss 'Die
Ermittlung' oder andere, die vehement in die politische Entwicklung
eingriffen und zur Absetzung des Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg
führten.
Hier habe das Theater eine politischen Funktion gehabt, hier seien
politische Stücke auf die Bühne gebracht worden.
Aktuell sei das Stück 'Terror', das kontrovers diskutiert und nicht von
allen angenommen werde, aber wieder habe es das Theater geschafft, sich
eines aktuellen Themas anzunehmen.
Dies Beispiel zeige, wie sehr das Theater ein Ort der bürgerlichen
Öffentlichkeit sei.
Dagegen sei auszuführen, dass das Theater sehr viel Geld koste. Dies müsse
jedem Kommunalpolitiker klar sein, das Theater nehme einen großen Posten im
öffentlichen Haushalt ein.
Hinzu kämen die Tarifverträge, die Lohnsteigerungen - und wenn eine Stadt
auch noch ein Museum und eine Volkshochschule, eine Musikschule habe, dann
dürfte der größte Posten an diese Häuser gebunden sein.
Wer sich also entschließe, Theater zu machen, dem müsse klar sein, dass er
viel Geld ausgebe.
Dies sei früher nicht anders gewesen, damals hätten sich die deutschen
Landesfürsten als zuständig für die Theater gezeigt, die auch ihre
Landeskinder zur Finanzierung der Theater als Soldaten nach Amerika verkauft
hätten.
1918, mit dem Ende des Absolutismus bzw. des Feudalismus hätten die Kommunen
oder der Staat die Trägerschaft der Institutionen Theater übernommen, woraus
sich das Problem 'Das Theater als Behörde' ergeben habe.
Jahr für Jahr werde das Budget erhöht, um Eventualitäten abzufangen, damit
der Dampfer Theater am Schwimmen gehalten werden könne und damit er nicht
als Dinosaurier aussterbe.
Noch in den 70/80er Jahren gab es in den kommunalen Kulturhaushalten
Steigerungen im zweistelligen Bereich - für 1979 sei bundesweit eine
Steigerung von 27 Prozent nur im Kulturbereich dokumentiert.
Damit gab es ein 'Und' und nicht ein 'Oder' - Lohnsteigerungen konnten mit
der linken Hand ausgeglichen werden.
Es habe immer genügend Geld gegeben, um auch die freie Theaterszene, die
Soziokultur, die Stadteilkultur, die Rockszene zu finanzieren. Es konnten
auch neue 'Einrichtungen' unterstützt werden.
Geld sei da gewesen, um neue Strukturen zu schaffen, die noch heute
bestünden. Nun aber seien die Finanzmittel seit Jahren für die 'Großen
Pötte' festgeschrieben, dass für Neues kaum noch Mittel zur Verfügung
stünden.
Welche Anstrengungen müssten also unternommen werden, damit das Theater
nicht auf lange Sicht als unbewegliche, überholte, unstrukturierte Masse,
als Dinosaurier aussterbe?
Nichts sei für das Theater gefährlicher, wenn die Leitung des Theaters so
gestellt sei, dass Fehlbeträge sie nicht weiter berührten und sie so in der
sorglosen Gewissheit hinlebten, dass das was fehle, auf irgendeine Weise aus
der Gesamtkasse der Kommune oder des Staates wieder ausgeglichen werde.
Dies alles treffe auf Regensburg nicht zu, so der hiesige Theaterdirektor.
Man habe schließlich im letzen Jahr 181.000 Zuschauer bei einer
Einwohnerzahl von 140 / 150.000 Einwohnern gehabt und die könnten sich ja
nicht alle irren. Und das wären ja nicht alles Idioten, die da kämen.
Die Antwort hierauf gab Prof. Dr. Klein als er auf die Statistiken des
Deutschen Bühnenvereins als 'heiliger Institution', die ja nicht lügen
könne, verwies. Nach dessen Statistik seien die Besucherzahlen seit Jahren
rückläufig. Die Zuschüsse aber stiegen seit Jahren an. Waren es mal 112
Euro, so seien es jetzt 120 Euro pro Karte. Die veröffentlichten
Auslastungszahlen seien irreführend. Wenn in Karlsruhe Studenten drei Tage
vor einer Vorstellung an die Kasse kämen, würde ihnen freier Eintritt
gewährt. So könne man auch die Zuschauerräume auffüllen.
Man könne z.B. in einen großen Zuschauerraum mit 270 Plätzen einen Vorhang
hängen und die Platzzahl so auf 170 Plätze reduzieren - auch schließen von
Rängen ist schließlich ein beliebter Trick die Auslastungszahlen
'aufzubereiten' (Anmerkung des Autors aus gegebenem Anlass.)
Aufschlussreich auch die Zahlen des Deutschen Bühnenvereins, die darstellen,
ob und wie viele Ehrenkarten, Pressekarten oder sonstige Freikarten gewährt
werden. Die Zahl dieser unbezahlten Karten stiege seit Jahren an.
99 Prozent des Kulturgesamtbudgets ginge beispielsweise in Baden-Württemberg
in den Betrieb der etablierten Institutionen, nur ein Prozent verbleibe zur
freien Verfügung.
Vom Regensburger Gesamtbudget in Höhe von 800 Millionen Euro würden für
Kultur 65 Millionen Euro ausgegeben. Das sei eine ganze Menge - so der OB
von Regensburg.
Eine ganze Menge der Gelder sei an Institutionen gebunden, etwa 3 Millionen
flössen in die freie Szene. Die gewählten Vertreter im Stadtrat beschlössen,
was mit den Geldern zu geschehen habe. Es ginge um den Zusammenhalt in der
Bevölkerung. Die Kommune mit ihren Institutionen sei kein
Wirtschaftsbetrieb. Reisepässe müsse die Stadt ausstellen, Jugendhilfe müsse
betrieben werden, aber ansonsten entschieden die Volksvertreter, wofür Geld
verwendet werde.
Es gebe in Regensburg ein Bekenntnis z.B. zum Theater oder zur Sing- und
Musikschule. Die Arbeit hier wolle man mit öffentlichen Mittel durchführen,
'das ist unser Wille'.
So habe er als OB und Verwaltungsratsvorsitzender auch dafür gestimmt, dass
das Anfangsgehalt NV Bühne von 1.650 auf 1.900 Euro steige. Dieser erhöhte
Aufwand komme nicht von außen, werde also nicht durch 'Extras' ausgeglichen,
sondern sei aus dem Gesamtbudget des Theaters zu bestreiten.
Das Theater Regensburg sei als eine eigene kommunale Gesellschaft
organisiert. So müsse das Theater mit den vom Stadtrat vorgegebenen
finanziellen Rahmenbedingungen auskommen. Das, was früher möglich war, das
Budget zu überschreiten und dann von der Stadt zur Abdeckung des Defizits
zusätzliche Gelder zu bekommen, sei vorbei.
Die Erhöhung der Gagen sei ein so lächerlich kleiner Betrag, der aus dem
Gesamtbudget des Theaters getragen werden könne. Man habe aber sehr wohl
auch Gelder in die Hand genommen, um Orchester-Planstellen zu schaffen.
Diese Kosten müssten dann im Kapitaleinlagenbegrenzungsvertrag aufgefangen
und dieser neu bestimmt werden.
'Weil es uns das Wert ist' - 'Weil wir das so wollen', so der OB mit
Nachdruck. Er erhob hierzu die Stimme, um seinen Aussagen eben dieseb
Nachdruck zu verleihen.
Und Regensburgs Theaterdirektor warf ein, man habe im letzten Jahr Einnahmen
von 3.2. Millionen eingenommen, was einen Eigenanteil von 20 Prozent
bedeute.
Als Gegenbeispiel, in Bezug auf Kostenkontrolle, wurde Trier seitens Martin
Eich, Journalist bei der 'Zeit' und der 'FAS', genannt, wo das Budget des
laufenden Jahres um 1,3 Millionen Euro überschritten ist. Die Zahlen wurden
inzwischen korrigiert, nun seien es 2,3 Millionen Euro.
Der Gästeetat war vereinbart auf 570.000 Euro, nun aber bereits bei 1,34
Millionen liege. Dies ein Beispiel für den häufig lässigen Umgang mit
öffentlichen Geldern.
Die deutschen Bühnen werden - so die Meinung von Martin Eich zur Zeit von
zwei Seiten mit einem Legitimationsdruck unterzogen.
Nicht wegdiskutieren dürfe man, dass die Zuschauerzahlen insgesamt
rückläufig seien. Vergleiche man die Zuschauerzahlen der ersten Spielzeit
nach der Wiedervereinigung, also 1990/91 mit denen von heute, so sei die
Zahl der Besuche (nicht der Besucher) um 1,2 Millionen zurückgegangen.
Theaterleute behaupteten nun, es läge an der Veränderung der Gesellschaft,
keiner ginge mehr aus dem Haus. Man begnüge sich mit Youtube, keiner habe
mehr an Kultur Interesse.
Hier müsse man von den Theaterleuten verlangen, dass sie Auskunft geben,
warum im gleichen Zeitraum Museen die Besucherzahlen von 95 Millionen auf
116 Millionen steigern konnten.
Dass die Theaterlandschaft in Deutschland überhaupt noch funktioniere, läge
nur daran, dass man den Euro habe.
Durch den Euro gebe es eine Niedrigzinsphase, die es so noch nie gegeben
habe. Die Kommunen, in der Regel überschuldet, zahlten zur Zeit kaum noch
oder überhaupt keine Zinsen.
Als Beispiel sei Berlin anzuführen, das mit 60 Milliarden Euro 'in der
Kreide' stehe. An Zinsen fielen heute nur 600 Millionen an.
Der Gesamtetat für Kultur und Religion betrage in Berlin 540 Millionen Euro,
340 Millionen für die Theater. Das bedeute, dass bei steigenden Schulden,
steigenden Zinsen und sinkenden Besucherzahlen, geriete das Theater in eine
Legitimationsfalle. Dann käme es sehr darauf an, wie sich das Theater
verhalte, ob dieses System des deutschen Theaters reformfähig ist. Woran man
gesunde Zweifel haben könne.
Das Buch 'Kulturinfarkt' spricht von Veränderungen, die notwendig seien, um
eine Neuausrichtung zu ermöglichen und um zu vermeiden, dass die alten
Institutionen mit ihren Strukturen erhalten bleiben und dann letztendlich
nicht mehr finanziert werden können. Hinzu kämen auch die Notwendigkeiten
der Überarbeitung der Hauser in baulicher, Feueralarm oder sonstiger
technischer Hinsicht. Hier Augsburg oder dort Düsseldorf, wo sich die Städte
nicht einig seien, ob und wie renoviert werden soll.
Im Falle von Gesamtkosten wurde die Fusion der Rundfunkorchester in
Stuttgart und Baden-Baden angeführt. Anfänglich verteufelt, kam sie dann
doch, mit dem Erfolg, dass jetzt 180 Musiker bezahlt werden, obwohl man nur
110 braucht.
Die Struktur wurde zusammengelegt, blieb aber zum Teil erhalten und kostet
unnötig Geld.
Die Konsequenz hieraus die Aufforderung, entweder man bewege sich in
Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz als strukturschwachen Länder oder
es gebe dort die eine oder andere Struktur in Bälde nicht mehr.
“Das kostet uns richtig viel Geld.
Mit welchem Recht sagen wir, die Infrastruktur-Einrichtung Theater ist
wichtiger als die Infrastruktur-Einrichtung Stadion?”, fragte er rhetorisch
in den Saal,
der mit großem Applaus antwortete."
Regensburger Wochenblatt am 16.11.2010 über eine Aussage von Bürgermeister
Wolbergs während einer Podiumsdiskussion zum Neubau eines Fußballstadions in
Regensburg.
|
In Regensburg wolle man fördern, was einen Wert für die Stadt darstelle.
Entweder in der Binnensicht, im Hinblick auf die Bevölkerung oder was die
Unverwechselbarkeit der Stadt nach außen betreffe. Theater in Regensburg
bedeute aber in jedem Falle kommunale Daseinsfürsorge - so der OB.
Gehe es aber der Kommune schlechter, aufgrund der gesamtwirtschaftlichen
Situation, dann müsse auch das Theater seinen Betrag leisten.
Und dann werde in Regensburg im Zweifelsfalle auch eine Sparte dichtgemacht
- so der Oberbürgermeister der Stadt Regensburg an diesem 25. Oktober 2016
im Haus der MZ vor dem anwesenden Publikum als Zeugen.
Die Frage nach der Subventionierung:
Stelle die sich nicht auch in Bezug auf die 'Freiheit der Kunst', brauche
das Theater nicht diesen Freiraum, in dem es sich bewegen könne, um das
Innovative, das Anstößige, das, was Zeit brauche, zu entwickeln und den
Menschen nahe bringen könne?
Die 'Freiheit der Kunst solle die Möglichkeit schaffen, Kunst ohne
staatlichen Eingriff zu zeigen. Jedoch werde Entwicklungen nicht Rechnung
getragen bzw. verhindert, alles werde unter dem Begriff 'Freiheit der Kunst'
untergeordnet und sanktioniert.
Da müsse man auch über Zahlen und Gagen sprechen. Schauspieler gingen mit
1.175 Euro nach Hause.
Die deutschen Intendanten träfen sich einmal jährlich in Hofgeismar, um über
das Theater zu sprechen. 2010 sei beschlossen worden, man brauche einen
Moralkodex bezüglich der Bezahlung von Intendanten und sonstigem
Bühnenpersonal. Auch jetzt 2016 habe sich nichts getan, den Moralkodex gebe
es immer noch nicht.
In einem Gespräch, das Herr Eich mit Rolf Bolwin, dem Geschäftsführer des
Deutschen Bühnenvereins vor einem Jahr führte, konnte Martin Eich anhand
seiner Strichliste festhalten, dass Herr Bolwin acht Mal 'die Freiheit der
Kunst' bemühte, um all das zu rechtfertigen, was in diesem System passiert.
Das sei nicht haltbar, es könne nicht sein, dass alles, was geschehe mit dem
Deckmantel der 'Freiheit der Kunst' verbrämt werde. Das System müsse sich
selber reformieren, sonst werde es von außen verändert.
Die Reformfähigkeit im Bühnensystem sei aber nicht ausgeprägt, da der
Reformwille nicht vorhanden sei.
.
Wieviel der Gelder, die nach Budget zur Verfügung stehen, fließen auf die
Bühne und wieviel schluckt der 'Apparat Stadt- oder Staats-Theater'?
Fest stehe, dass der Anteil der für die Szene vorhanden Gelder immer mehr
schrumpft, während das 'System Theater' immer mehr verbrauche.
Natürlich hätten viele Menschen Arbeit und Brot im Theater, aber wird das
Publikum über Subventionen erreicht?
Da müsse man ja auch Autoren zu subventionieren, was ja der Fall war, dass
Verlage unterstützt wurden, die Autoren unter die Arme griffen.
Wären 'Die Räuber' 2012 in Regensburg aber von Freien, ohne Unterstützung
von Staat, Stadt oder Sonstigen produziert worden, gäbe es diese Truppe mit
ihren Schauspielern heute nicht mehr.
Das 'Theaterhaus Stuttgart' spiele mit Unterstützung der öffentlichen Hand,
das Publikum gleiche dem des Staatstheaters, das für den Betrieb 80 Prozent
der Gelder vom Staat erhalte, das Theaterhaus bekomme 20 Prozent
Unterstützung und müsse den Fehlbestand selbst erwirtschaften.
Warum könne es in Zukunft nicht ein ähnliches System geben, das die Gelder
gleichmäßiger verteilt, um Exzesse im Rahmen der 'Freiheit der Kunst' und
die Verschwendung der Subventionen zu Lasten der Steuerzahler vermeidet?
Man solle Ziele setzen, die erfüllt werden müssen.
Das Buch 'Kulturinfarkt' sei kein Angriff auf die Theater, sondern ein
Angriff auf die Kulturpolitik.
Fazit:
- Klare Aussagen, deutlich artikuliert, von den externen Gästen.
- Zum Teil unverständliches Genuschel des Theaterdirektors, der mit viel
Worten - wenn er denn durfte - wenig sagte, sich nur zu rechtfertigen
suchte.
- Unangenehme Rechthaberei, gereizt in Stimmung bei Wort und Ton des
OB.
Sorgen wegen der Spendenaffäre müssen in einer solchen
Veranstaltung wie an
diesem Abend ausgeklammert werden.
Somit kein Zeichen von Souveränität.
Wieder wies der OB auf das Mandat des Stadtrates hin. Hatten wir doch schon
alles, da es am Donaumarkt um RKK (auch unter der ausgeschriebenen Form:
'Reichskulturkammer' in der Bürgerschaft bekannt) ging.
Jetzt will man doch die Bevölkerung befragen, ob eine Stadthalle am
Ernst-Reuter-Platz stehen solle.
Hat er Angst vor wiedererstarkenenden Bürgerinitiativen?
Heute wie damals:
Wo ist die Kosten-/Nutzenanalyse für dieses Bauwerk?
Möge er doch mal bei seiner ehemaligen Parteigenossin Christa Lärm, die
jetzt das Monstrum des Museums vor die Tür bekommt, nachfragen.
Die sagt ihm sicher und deutlich die Meinung.

Wiener
Staatsoper
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Am 05. November 1955 |
sang Martha Mödl die Leonore, Anton Dermota war Florestan,
Irmgard Seefried die Marzelline - damit wurde die Wiener
Staatsoper mit Beethovens 'Fidelio' wieder eröffnet.
Die Theaterferien standen bevor - am 30. Juni 1944 hatte
die letzte Vorstellung mit der 'Götterdämmerung'
stattgefunden, sie war bis 1955 die letzte im Haus am
Ring in Wien.
Zum 1. September 1944 verfügte
Reichspropagandaminister Joseph Goebbels im Zuge des
'Totalen Krieges' die Schließung aller Theater des
Deutschen Reiches.
Am 12. März 1945 fielen Bomben auf die Oper, die
eigentlich der Raffinerie in Floridsdorf galten.
Die Vorderfront des Hauses, schon vorsorglich vermauert,
die Haupttreppe, das Foyer im ersten Stock, die Loggia
und die elektrische Anlage blieben erhalten.
Zuschauerränge, Bühne und Archive wurden ein Raub der
Flammen.
Die Oper stand einen Tag und eine Nacht in hellem
Feuerschein - die Bühnenbilder von 120 Opern mit 160.000
Kostümen verglühten durch Spreng- und Brandbomben.
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Schon 1946 wurde der Plan geboren,
die Oper wieder an gleicher Stelle aufzubauen.
Ein Architektenwettbewerb wurde ausgeschrieben.
Die abgegebenen Vorschläge reichten von einer völligen
Neugestaltung des Zuschauerraums bis zu einer
Wiederherstellung nach den Originalplänen.
Um eine gute Akustik zu erreichen, wurde – unter anderem
auf Anregung von Arturo Toscanini – vor allem Holz
verwendet.
Außerdem erhielt das Parterre weniger Sitzplätze und der
zuvor mit Säulen versehene vierte Rang wurde offen
gestaltet. Die Akustik wurden dadurch wesentlich
verbessert.
Das Opernhaus bietet heute ca. 1.700 Sitzplätze sowie
etwa 560 Stehplätze.
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Eröffnung der Oper in
Charlottenburg
... am 07. November 1912
Die Oper an der Bismarckstraße sollte durch Bürgerinitiative ein
Gegengewicht zur Hof-Haltung an der Lindenoper darstellen.
Das Haus, von Heinrich Seeling erbaut, verfügte über 2300 Plätze und war
einer der Renommierbauten, die Seeling realisieren konnte.
Er schuf u.a. auch die Theaterbauten von Gera, Rostock, Nürnberg und in
Berlin das Theater am Schiffbauerdamm - heute 'im Volksmund' auch als
'Peymanns bunte Bühne' bezeichnet.
Mit der 1920 erfolgten Eingemeindung von Charlottenburg in die Kapitale
ging auch die Umbenennung in 'Städtische Oper' einher. 1933 wurde es
wieder in Deutsches Opernhaus zurück benannt.
In der Nazizeit unterstand das Theater direkt dem
Reichspropagandaministerium und spielte nur art- und rassereine
Komponisten, alles 'fremdartige' musste unterbleiben, somit kein
Offenbach, kein Meyerbeer - weil sie Juden waren und auch kein Weill,
der entartet und der ja mit Brecht in die Emigration gegangen war.
Am 23. November 1943 wurde das Haus durch Bomben zerstört.
1962 wurde die Deutsche Oper an der Bismarckstraße in West-Berlin als
Gegengewicht zur Lindenoper in Ost-Berlin mit 'Don Giovanni' unter
Ferenc Fricsay eröffnet.

Max-Reinhardt-Seminar
...
am 13. November 1928 eröffnet
Seine Theater in Berlin - eines davon von Otto Brahm übernommen - hatte
er schon 1920 abgegeben und sich nach Österreich orientiert, wo er -
auch 1920 - in Salzburg die ersten Festspiele veranstaltete und 1922 das
Theater in der Josefstadt eröffnete.
Um eine Vereinheitlichung der Ausbildungen für die Darsteller in seinen
Produktionen zu gewährleisten, war er bestrebt, die Schauspieler in
einem Institut zusammenzufassen.
So gründet er in den Räumen von Schloss Schönbrunn eine eigene
Schauspielschule.
Der Lehrplan basierte auf einem Lehrgang für 'Declamation und Mimik',
der schon aus dem Jahr 1852 stammte.
Die Tätigkeit des Max-Reinhardt-Seminars beinhaltete aber nicht nur die
Ausbildung von Schauspielern, sondern auch von Dramaturgen,
Bühnenbildnern und Regisseuren.
Viele namhafte Dozenten waren am Seminar für Reinhardt tätig, die dann
nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich als Juden das Land
verlassen mussten, wollen sie nicht in ein Konzentrationslager
deportiert und der Endlösung der Judenfrage ausgesetzt werden.
Ihm selber war von den Nazis die Form eines Ehren-Ariers angeboten
worden, um ihn im Land zu halten - er lehnte das ab, ging ins Exil und
verlor seinen gesamten Besitz wie das Schloss Leopoldskron und sein
Theater in der Josefstadt.

Theater
am Schiffbauerdamm
...
am 19. November 1892 eröffnet
Heinrich Seeling baute nicht nur dieses Theater, in Berlin war auch die
Oper in Charlottenburg nach seinen Plänen entstanden.
Das Haus, in der Nähe des Bahnhofs Friedrichstraße an der
Weidendammer Brücke, war 1892 mit Goethes 'Iphigenie auf Tauris'
eröffnet worden, es folgte 1893 die Uraufführung von Hauptmanns 'Die
Weber'.
Max Reinhardt war am Theater am Schiffbauerdamm von 1903 bis 1906
Intendant, es kamen hier Hofmannsthals 'Elektra' und Wildes 'Salome' erstmalig heraus.

Nach Max Reinhardt spielte man bis 1925 Operette, dann wurde wieder
Schauspiel gegeben, am 31. August 1928 fand die Uraufführung der
'Dreigroschenoper' von Brecht/Weil hier statt, die erste
Gründgens-Inszenierung war hier der 'Orpheus' von Cocteau.
Durchhaltestücke wurden während der Nazizeit gespielt, das
Gebäude überstand den Krieg, steht unter Naturschutz und ist
seit 1954 Spielstätte des Berliner Ensembles, damals unter
Brecht, heute unter Peymann, der auch der einzige Gesellschafter
der Berliner Ensemble GmbH ist, das ein Nutzungsrecht an der
Immobilie am Schifferbauerdamm hat, die wiederum Eigentum der
von Rolf Hochhuth gegründeten Ilse-Holzapfel-Stiftung ist.
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Die
deutschen Musiktheater
Staatstheater Augsburg

Foto: Анна Кудрявцева
Das musikalische
Repertoire des Augsburger Theaters bringt an rund 200 Spieltagen im
Stammhaus und etwa 25 weiteren auf der Freilichtbühne am Roten Tor
alljährlich Neuinszenierungen von Opern, Operetten, Musicals und
Ballettabende. Die Saison dauert von Ende September bis Anfang Juni;
anschließend wird die Freilichtbühne am Roten Tor bespielt.
Das Große Haus befindet sich in einer Generalsanierung. Es fasst zuvor
947 Zuschauer, für die Freilichtbühne stehen 2245 Plätze zur Verfügung.
Das Orchester setzt sich aus 70 Musikern, das Ballett aus neun
Solotänzerinnen, acht Solotänzern zusammen. Dem Chor gehören 15 Damen
und 16 Herren an.

Das Theater wurde 1877
durch die Architektengemeinschaft Ferdinand Fellner (1847-1916) und
Hermann Helmer (1849-1919) als Rangtheater im Stil der »Neorenaissance«
erbaut und mit Beethovens Fidelio (sowie Lessings Minna von Barnhelm)
eröffnet.
Nach kriegsbedingter Zerstörung im Jahre 1944 wurde es von 1954-1956
wieder aufgebaut und am 10.11.1956 mit einem Festakt (Prolog von
Schiller, Ouvertüre zur Zauberflöte und erster Satz aus Mozarts
Jupiter-Symphonie) sowie einer Neuinszenierung von Mozarts Oper Die
Hochzeit des Figaro durch Hans Meissner und unter der musikalischen
Leitung von Anton Mooser wiedereröffnet.
Der Bühnenraum des Stadttheaters hat eine Breite von 24,50m und eine
Tiefe von 16m; die Portalhöhe kann zwischen 8,50m und 2,50m, die
Portalbreite zwischen 13,25m und 9m verändert werden. Der Orchesterraum
bietet Platz für 75 Musiker.
Die Intendanten:
Moritz Krüger |
(1877-1880) |
August Grosse |
(1880-1882) |
|
(1883-1886) |
Louis Ucko |
(1882/83) |
Franz Deutschinger |
(1886/87) |
Ludwig Ubrig |
(1887-1896) |
Karl Schröder |
(1896-1903) |
Carl Häusler |
(1903-1928) |
Karl Lustig-Prean |
(1928-1931) |
Erich Pabst |
(1931-1936) |
Leon Geer |
(1936-1938) |
Willy Becker |
(1938-1945) |
|
(1949-1953) |
Hans Meissner |
(1953-1958) |
Karl Bauer |
(1958-1968) |
Peter Ebert |
(1968-1973) |
Rudolf Stromberg |
(1973-1981) |
Helge Thoma |
(1981-1992 |
Peter Baumgardt |
1992–1997 |
Helge Thoma |
1997–1999: |
Ulrich Peters |
1999–2007: |
Juliane Votteler |
2007–2017: |
André Bücker |
seit 1. September 2017 |
Nach der festlichen Eröffnung des neuen
Stadttheaters ging Direktor Moritz Krüger, der bereits das alte Theater am
Lauterlech geleitet hatte, daran, Augsburgs Theaterleben auf eine solide
Grundlage zu stellen. Er erweiterte den Spielplan durch zahlreiche Novitäten,
baute das Ensemble aus und engagierte prominente Gäste. 1878 kam auf seine
Veranlassung die erste Augsburger Aufführung der 'Meistersinger von Nürnberg'
zustande.
Doch Krüger
resignierte nicht nur angesichts finanzieller Schwierigkeiten (das Theater
war ein privatrechtliches Unternehmen und wurde nach dem Pachtsystem
betrieben), sondern auch in Anbetracht mangelnden Bürgersinns. Denn als die
Stadt sich 1880 zu einer »ausnahmsweisen« Erhöhung der Subvention
durchgerungen hatte, erhob sich aus der Bürgerschaft lauthals Protest - die
Zusage wurde rückgängig gemacht.
Auch Krügers Nachfolgern war kein besseres Los beschieden; die finanziellen
Probleme und die Interesselosigkeit des Publikums nahmen eher zu, die
Direktoren wechselten immer häufiger. Trotzdem erlebte Augsburg in jener
Zeit eine Reihe respektabler Aufführungen, so auf dem Gebiet des
Musiktheaters 1883 erstmals Bizets Carmen und Millöckers Bettelstudent.
Eine grundlegende Besserung der Theatersituation begann sich jedoch erst
unter der Leitung von Carl Häusler abzuzeichnen. Der in künstlerischen wie
geschäftlichen Dingen gleichermaßen erfahrene Mann verstand es, zum
erstenmal einen Gewinn zu erzielen. Auch gelang es ihm, das Interesse eines
breiten Publikums zu wecken. Neben den Hauptwerken Wagners, Mozarts, Verdis
und der Romantiker tauchten im Spielplan alle wichtigen Neuerscheinungen
jener Jahre auf, u.a. Wolf-Ferraris 'Die neugierigen Frauen', Puccinis
'Madame Butterfly' und 'Tosca', Strauss' 'Salome' und 'Rosenkavalier'.
Unter Carl Häusler (dem kurz vor seiner Pensionierung als erstem der
offizielle Titel 'Intendant' verliehen wurde) war das Musiktheater so
dominierend, dass man sich nach dem Ersten Weltkrieg (das Theater war 1919
endgültig in städtische Regie übernommen worden) unter dem Zwang zu
finanziellen Einschränkungen entschloß, das Schauspielensemble ganz
aufzulösen und sich beim Sprechtheater auf Gastspiele zu beschränken. Erst
1929 wurde wieder ein eigenes Ensemble engagiert.
Aus dem vielfältigen Programm der Zwischenkriegszeit, das Werke von Mozart,
Händel und Strauss, von Janäek, Schreker, Pfitzner und Krenek vereinte, sind
einige Theaterereignisse besonders hervorzuheben: Im November 1928
dirigierte Siegfried Wagner seine Oper 'Der Bärenhäuter' selbst, einen Monat
später fand in Anwesenheit des Komponisten die Erstaufführung von Kienzls
Oper 'Der Kuhreigen' statt. Im Januar 1929 erlebte Augsburg als Geburtsstadt
Brechts die Aufführung der 'Dreigroschenoper'. Im März wurde erstmals
Mussorgskys 'Boris Godunow' vorgestellt. Im Bereich der Operette sei die
Uraufführung von Edmund lyslers 'Das Amulett der Pompadour' erwähnt.
Auch in der Zeit des Dritten Reiches gelang es den Augsburger Intendanten,
einen abwechslungsreichen Spielplan mit zahlreichen Erstaufführungen zu
bieten, bis im Februar 1944 ein Bombenangriff das Theaterleben der Stadt für
viele Jahre lahmlegte.
Erst 1952 beschloss der Stadtrat den Wiederaufbau des Theaters, 1954 war
Baubeginn, zwei Jahre später die Eröffnung mit Mozarts 'Hochzeit des
Figaro'.
Neben der Pflege des traditionellen Opernrepertoires waren die
Nachkriegsintendanten, ebenso wie ihre Vorgänger aus den zwanziger und
dreißiger Jahren, bemüht, die Werke zeitgenössischer Komponisten
durchzusetzen. Dazu zählten Honeggers 'Johanna auf dem Scheiterhaufen'
(1959), Poulencs 'Gespräche der Karmeliterinnen' (1960), Bergs 'Wozzeck'
(1963/64) und ein Jahr später Egks 'Verlobung in San Domingo'. 1969 wurde in
Anwesenheit des Komponisten erstmals Einems 'Der Prozess' (nach Kafka)
aufgeführt. 1972 fanden im Rahmen des anlässlich der Olympischen Spiele
veranstalteten Weltkongresses der »Jeunesses Musicales« innerhalb von acht
Tagen gleich zwei Uraufführungen statt: Die erste war am 15.8. 1972 Rafael
Kubeliks Tizian-Oper 'Cornelia Faroli' unter der Leitung des Komponisten, in
der Inszenierung von Wilm ten Haaf und in den Bühnenbildern von Hans-Ulrich
Schmückle; die zweite war am 23. 8. 1972 Joachim Ludwigs Oper Rashomon,
inszeniert von Steffen Tiggeler, musikalisch geleitet von Reinhard Peters.
In der folgenden Saison erlebte Augsburg als erste europäische Stadt die
Aufführung von Carlisle Floyds Oper 'Von Mäusen und Menschen', und auch die
folgenden Spielzeiten warteten sowohl im Bereich der Oper als auch des
Schauspiels mit einer Reihe von Premieren und Neuinszenierungen auf.
Namhafte Dirigenten wie Heinz Wallberg, Istvan Kertesz, Hans Wallat und
Wolfgang Sawallisch begannen in Augsburg ihre Laufbahn, und auch bekannte
Gesangssolisten wie Marion Lippert, Hans Hopf, Benno Kusche und Max Pröbstl
sind aus dem Augsburger Stadttheater hervorgegangen. Dass die Sopranistin
Norma Sharp, die 1972 in der Oper 'Cornelia Faroli' noch eine kleine Rolle
zu singen hatte, auf großen Bühnen Karriere gemacht hat, zeigt, das Augsburg
nach wie vor eine Pflegestätte junger Talente ist.
Nicht zu vergessen
Gerhard Siegel und Arnold
Bezuyen die beiden Augsburger Tenöre nun im Charakterfach unterwegs.
Nach Hannover war
Nicola Tiggeler - die Tochter von Steffen Tiggeler, der Mann mit dem
fabelhaften Gedächtnis - in Augsburg engagiert, wo sie mit ihrem späteren
Ehemann Timothy Peach
gemeinsam auftrat. Populär wurde sie durch die Rolle der Barbara von
Heidenberg in der Telenovela 'Sturm der Liebe'.

Rund um das Große Haus haben
die Sanierungsarbeiten begonnen und hinter den Kulissen arbeitet man daran,
Augsburg nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Ausrichtung in den
nächsten Jahren zum Staatstheater zu formen.


Zeitlich schon weit vor dem Reinfall
mit dem 'Tannhäuser' in Paris im Januar 1863 wollte Richard Wagner das Werk
nicht mehr ungeleitet und unkommentiert der Öffentlichkeit zur Aufführung
überlassen.
Daher gab er schon 1952 eine entsprechende Anleitung heraus, wie er sich
eine Aufführung seiner großen romantischen Oper vorstellte.

Als Link die
Aussagen von
Richard
Wagner: Über Tannhäuser



Screenshot: 3sat - 27.7.2019 - BT-Festspiele
Ganz unten!
Günter Wallraff, der mutige Journalist,
mischt sich unter die Ausgebeuteten, die aus Not dem kapitalistischen System
ausgeliefert sind. die führenden Herren des Systems sind gut organisiert -
in Männerbünden.
Das sind exklusive Sportclubs, Burschenschaften, Kirchen, vornehme
Gesellschaften, Wohltätigkeits-Clubs - man kennt sich - man hilft
sich.
Unter der Regenbogenfahne versammelt sich der inzwischen mächtigste
Männerbund und beherrscht die Theater mit absoluter Befehlsgewalt, sa dass
die Hannoversche Neue Presse titelte:

Dass die Mitglieder des Regenbogenbundes über viel Phantasie verfügen, kann
man bei den Aufmärschen der 'Christopher-Street-Paraden' vielerorts
bewundern.
Viel Phantasie und szenisches Können beweist auch das Team um Tobias
Kratzer beim diesjährigen 'Tannhäuser' in Bayreuth und liefert eine Parodie
(griechisch: παρῳδία parōdía) von Richard Wagners großer romantischer Oper,
die in ihrem Einfallsreichtum in der Übertragung in einen heutigen Krimi
keine Langeweile aufkommen lässt.
Da das heutige Publikum keine fundierte Bildung mehr vermittelt bekommt,
amüsiert es sich ausgiebig und bemerkt nicht, was an Werten verloren geht,
wenn die Intentionen des Autors 'Die irdische und die himmlische Liebe' - so
wie sie Tizian gemalt hat, durch zweifellos geistvollen Klamauk überrollt
werden.
Den Darstellern hat das muntere Treiben auf der Bühne des Festspielhauses
sicher Spaß gemacht - nur, auf einen Backgroundsound reduziert, ist die
Musik von Richard Wagner zu schade.
Schaltet man den Ton bei der 3sat-Aufzeichnung ab, dann sieht man einen
amüsanten Krimi,
Titel: 'SoKo Bayreuth'.
In der Werkstatt Bayreuth wird also mal wieder gesägt, gekackt, geschraubt -
das Publikum und die Förderer strahlen, denn diese Parodie ist für sie die
gültige Aufführung.
Auf der gleichen Linie lagen in unserem bis zum Leerstand experimentierten
Opernhaus Hannover der ekelhafte 'Freischütz' mit den gleichen
deutschlandfeindlichen Versatzstücken: Rammelhase, Stinkefinger,
Gartenzwerg, Märchenverspottung, Polizei, Clownerien, die als Probe
ablaufend, mit Widerwärtigkeiten z.B. 'Damen-Schlamm-Ringkampf' und vielem
mehr gespickte 'Aida', die 'Salome', mit dem unausweichlichen Tuntenball des
Judenquintetts, ansonsten zum Gähnen langweilig die Personenführung - und
wir Steuerzahler sind gezwungen, das zu finanzieren.
Zurück zum 'Tannhäuser 2019' in Bayreuth.
Während des Vorspiels zum ersten Aufzug zeigt man uns mittels eines
Drohnenflugs die Welt von oben, dabei viel Wald und mitten drin die
Wartburg.
Sehr voll von besonderer Stimmung und spannend.

Screenshot: 3sat - 27.7.2019 - BT-Festspiele
Dann verfolgen wir - immer noch von oben - die Fahrt eines in die Jahre
gekommenen Citroen-Lieferwagens über eine endlose Strecke. Dann biegt man
links ab.

Screenshot: 3sat - 27.7.2019 - BT-Festspiele
Dieses Vehikel
ist ein 'Love-Mobil' wie sie an den Ausfallstraßen der Städte stehen, wo die
unterste Kategorie des Sexarbeiterinnen den Vertretern der 'Krone der
Schöpfung' Erleichterung verschaffen.
Am Steuer sitzt eine kesse Blondine, neben ihr ein buntgeschminkter Clown,
vor ihr wippt der Stinkefinger und auf dem Dach hockt der Rammelhase.

Screenshot BT-Festspiele - 3Sat - 27.7.2919
Es muss getankt werden - natürlich mit dem
Schlauch aus einem anderen Fahrzeug geklaut, Tüten mit Essen gehen mit - und
der Polizist, der einschreitet, wird von der kessen Blondine überfahren - er
kommt so zu Tode. Jedenfalls bleibt er liegen.
Nun erreicht man eine Rast-Station - ein Knusperhaus.

Screenshot 3sat Kulturzeit 25.7.2019
Frau Holda-Holle mit Plumeau, Klapperstörche und Gartenzwerge.
Ja, ist das Deutschland?

Screenshot BT-Festspiele - 3Sat - 27.7.2919
Die kesse Blondine im Glitzerbody und dicksohligen Kampfstiefeln wirft
stimmgewaltig und sängerisch gekonnt dem armen Clown ihre Vorwürfe an den
Kopf.
Ha! Was vernehm ich? Welche tör'ge Klagen!
Bist du so bald der holden Wunder müde,
die meine Liebe dir bereitet? - Oder
wie? Reut es dich so sehr, ein Gott zu sein?
Hast du so bald vergessen, wie du einst
gelitten, während jetzt du dich erfreust?
Die beiden anderen Insassen des Lieferwagens sind eine
schwarze 'drag-queen' und ein Kleinwüchsiger, die sich permanent durch
ausgelassenes Gehabe um gute Stimmung bemühen.
Aber der Clown hat die Schnauze voll.
O Königin, Göttin! Laß mich ziehn!
Die Fahrt geht weiter. Ziel ist das Festspielhaus in
Bayreuth.
Unterwegs sah man einen, der auf ein Plakat Vergasungsanlage einen Störer
klebt, mit dem Hinweis, dass diese wegen mangelndem Interesse geschlossen
sei.

Screenshot BT-Festspiele - 3Sat - 27.7.2919
Während der Fahrt schildert die kesse
Kampfsportlerin dem armen Clown, wie das ist, wenn alle Türen verschlossen
sind und was ihn unter den Menschen und ihrem
blödem, trübem Wahn
erwartet und sie lockt
Kehr wieder, schließt sich dir das Heil!
Der Clown aber ist bockig und erklärt
Mein Heil! mein Heil ruht in Maria!
und steigt mit seinem Seesack - über die Schulter geworfen -
aus.
Es erscheint das Festspielhaus in der Projektion.
Eine äußerst wohltuend klingende, saubere, angenehme Stimme bringt unseren
lärmgeplagten Ohren mit ihrem
Frau Holda kam aus dem Berg hervor,
zu ziehen durch Flur und Auen
eine helle Freude.
Ein nettes Mädel schiebt ein Fahrrad - bei Richard Wagner: ein junger Hirte.
Es ist Katharina Konradi. Ihr wünschen wir das Beste für ihr Leben als
Sängerin.
Eine Gruppe Menschen - elegant gekleidet - strömt von rechts in die
Bühnenmitte und geht nach links, den Pilgerchor intonierend, ab.
Als letzte gut gewandete Nachzügler den Anschluss an den Hauptchor gefunden
haben und auch links abgegangen sind, ertönen kieksfrei Hörner und eine
Gruppe wohlgestalteter Männer - unter ihnen ein körperlich
ansehnlicher Landgraf - betreten den Rasen vor dem Festspielhaus.
Als Häufchen Elend liegt Tannhäuser am Boden noch immer im Clownskostüm,
wobei die Jungs bei der Bemerkung Biterolfs
Nach seiner Tracht ein Ritter.
in schallendes Gelächter ausbrechen.
Neugierig durchsuchen sie seinen Seesack, finden den Klavierauszug des
'Tannhäuser' und stellen fest: Na, das ist doch der Heldentenor, den wir für
den Sängerkrieg brauchen!
Also weg mit dem albernen Clows-Fummel und hört Wolframs Aufforderung
Bleib bei Elisabeth!
Diese erscheint hier schon völlig überraschenderweise, haut dem Tannhäuser
eine runter und geht ab.
Es folgt das Sextett,
Landgraf und die Sänger
Er kehrt zurück, den wir verloren!
Ein Wunder hat ihn hergebracht.
Die ihm den Uebermut beschworen,
gepriesen sei die holde Macht!
Nun lausche unsren Hochgesängen
von neuem der Gepries'nen Ohr'!
Es tön in frohbelebten Klängen
das Lied aus jeder Brust hervor!
Die Herren stürmen nach hinten in Richtung Festspielhaus.
Links vorn am Portal
erscheint, gelenkt von Frau Venus, das Love-Mobil. Mit ihm fährt sie
das Absperrungsgitter um.

Screenshot BT-Festspiele - 3Sat - 27.7.2919
Beide Begleiter, die Tütü-Tunte vom
Dienst, die 'Oscar Matzerat-Nachbildung', und sie steigen aus und hasten den
Hügel hinan zum Festspeilhaus.
Der erste Aufzug ist vorbei.

Das Vorspiel zum zweiten
Aufzug wird in der 3-Sat-Aufzeichnung mit einem Blick in die Garderobe
begonnen.
Elisabeth bereitete sich auf den Auftritt vor, wirft bei Gehen zur Bühne
einen Blick in die Garberobe von Stephen Gould. Der hat inzwischen seine
Clows-Maske abgeschminkt,
Der Inspizient gibt ihr ein Zeichen zum Auftritt. Sie bekreuzigt sich und
betritt die Bühne.
Ihre leuchtende, große Stimme erklingt, von der sie sabt, sie sein für die
Wagner-Partien gemacht.
Die 'teure Halle' ist ein mit dunkelbraunem Holz getäfelter Raum, in der
Mitte ein erhöhter und indirekt von unten beleuchteter Laufsteg, auf dem ein
großer Kronleuchter liegt. Seitlich angeordnet dunkelgraue Sitzbänke für die
Gäste des Landgrafen.
Immer wieder in die 3sat-Aufzeichnung eingeblendet das Inspizientenpult und
die Sängerkollegen, auf ihren Auftritt wartend.
Auf der Szene kniet Tannhäuser vor
Elisabeth.
So stehet auf!
Nicht sollet hier Ihr knien, denn diese Halle
ist Euer Königreich. O, stehet auf!
Nehmt meinen Dank, daß Ihr zurückgekehrt! -
Wo weiltet ihr so lange?
Sie wundert sich, dass sich in ihr etwas regt - ein Wunder -, dass sie nicht
deuten kann.
Bald wollt'es mich wie Schmerz durchbeben,
bald drang's in mich wie jähe Lust:
Gefühle, die ich nie empfunden!
Verlangen, das ich nie gekannt!
Verwirrungen in der Pubertät, Regungen der Hormone.
Beunruhigt kann sie sie Berührung der Hand Tannhäusers nicht ertragen.
Sie zeigt ihren Arm mit einer Narbe.
Eine selbstherbeigeführte Ritzung?
Wolfram nimmt sie tröstend in die Arme, zieht die Ärmel des Kleides über die
Narbe.
Dann gemeinsam
Elisabeth
Gepriesen sei die Stunde,
gepriesen sei die Macht,
die mir so holde Kunde
Tannhäuser
Gepriesen sei die Stunde,
gepriesen sei die Macht,
die mir so holde Kunde
Überwältigt vom Gefühl
fallen sich beide in die Arme.
Elisabeth ringt einen Moment mit sich, wie ihr das passieren konnte.
Wolfram, immer wieder von Eifersucht geplagt, verlässt die Szene und wird
per Video in der Gasse mit sich ringend gezeigt, während um ihn herum der
Chor sich auf seinen Auftritt vorbereitet.
Fleißige 'Stricklieseln' haben für die Chordamen hübsche Haarnetze gehäkelt.
Der Landgraf betritt die Halle.
Sein gewaltiges an Josef Greindl orientiertes Bass-Organ ertönt mit
Dich treff 'ich hier in dieser Halle, die
so lange du gemieden?
Trompeten künden den Einzug der Gäste, der Kronleuchter wird emporgezogen,
die Chorgesellschaft nimmt die Plätze ein.
Im Jahr 1972 war in der Inszenierung von Götz Friedrich der 'Einzug der
Gäste' ein unvergessliches, ästhetisches, aber hochpolitisches Ereignis.
In einer anderen Bayreuther Inszenierung gab es nach dem
Thüringens Fürsten, Landgraf Hermann,
vor dem unmittelbar nachfolgenden
Heil!
eine bedeutungsvolle Generalpause durch den Dirigenten.
Jetzt aber vertraut der Regisseur mehr in einer Außenszene und im Video
gezeigten, im Takt des Einzugsmarsches, wackelnden Pobacken der Venus im
Glitzerbody,

Screenshot BT-Festspiele - 3Sat - 27.7.2919
die mit ihren Genossen,
dem Kleinwüchsigen und der in einen Tüll-Tuff gehüllten drag-queen, den
Balkon des Festspielhauses mittels einer Leiter entern, die 'zufällig' auf
dem Vorplatz - dem 'Wolfgang-Wagner-Platz' - herumliegt.
Sie gelangen so ins Festspielhaus, schleichen durch die Gänge.
Frau Venus sperrt eine Chordame ins Klo, fesselt sie, bemächtigt sich deren
Perücke, stülpt diese über ihre eigenen blonden Haare, so dass die unter der
Perücke herausschauen, zwängt sich in das Kostüm und erscheint so in der
Sängerhalle, wo sie in der ersten Reihe Platz nimmt und kräftig mitsingt.

Screenshot BT-Festspiele - 3Sat - 27.7.2919
Jetzt nutzt Elena
Zhidkowa die Gelegenheit, alles, was geschieht, aufs Köstlichste zu
kommentieren.
Ihre beiden Mitstreiter geistern durch die Untergeschosse des
Festspielhauses. In einem Verbindungsgang hängen die Fotos aller bisher
beschäftigten Dirigenten.
Vor den Bildern von James Levine und Christian Thielemann macht sie/er
bezeichnenderweise liebevoll Halt.
Eine schöne Harfenistin an ihrem Instrument Platz, das auf dem Laufsteg
eingerichtet ist. Die Sänger positionieren sich davor.
Der Landgraf erörtert die politische Lage mit den 'grimmen Welfen' und der 'song
contest' mit dem Thema 'Liebe' kann beginnen.
Frau Venus drängelt sich in das 'Quartett der Edelknaben' - ein kleiner
Unfug von ihr ist selbstverständlich, auch ihre mimischen Kommentare während
Wolframs feierlichem
Blick' ich umher in diesem edlen Kreise,
welch hoher Anblick macht mein Herz erglühn!
sind ein Auftritt für sich.
Auch Tannhäuser ist auf der Hinterbühne so viel Feierlichkeit suspekt. Er
stürzt auf den Laufsteg, greift ein und preist eine handfeste Art von Liebe.
Walther von er Vogelweide weist ihn zurück. Daniel Behle mit jugendlichem
Charme kann sich dem harten Griff Tannhäusers nicht entziehen, auch die
schöne Harfenistin wird herbeischleppt und Bitterolf sogar vom Laufsteg
geworfen.
Frau Venus steigt auf der Bühne bei Wolframs
Du nahst als Gottgesandte,
ich folg' aus holder Fern', -
so führst du in die Lande,
wo ewig strahlt dein Stern.
aus dem Chordamenkostüm, klettert auf die Sitzbank. schmeißt die
Chordamenperücke nach hinten 'ins Volk', verteilt Flyer als Werbung für ihr
Etablissement und tanzt im Rhythmus zu
Tannhäuser [in höchster Verzückung]
Dir, Göttin der Liebe, soll mein Lied ertönen!
Gesungen laut sei jetzt dein Preis von mir!
Dein süßer Reiz ist Quelle alles Schönen,
und jedes holde Wunder stammt von dir.
Wer dich mit Glut in seinen Arm geschlossen,
was Liebe ist, kennt er, nun er allein: -
Armsel'ge, die ihr Liebe nie genossen,
zieht hin, zieht in den Berg der Venus ein!
Tannhäuser entledigt sich der Oberbekleidung, der Tüll-Tuff und der
Kleinwüchsige geistern über die Bühne und Elisabeth macht mit einem
strahlenden hohen H auf dem
Haltet ein!
dem Spuk ein Ende.
Sie erläutert als reine Jungfrau den Willen Gottes: Sühne und Buße.
Die Gauditruppe Frau Venus mit Tüll-Tuff und der Kleinwüchsige steigen nach
vorne aus dem Rahmen. Venus lockt Tannhäuser zu sich,

Screenshot BT-Festspiele - 3Sat - 27.7.2919
küsst ihn wild, der
Tüll-Tuff wirft Gold-Flitter über sie.
Wolfram versucht, Elisabeth zu trösten.
Großes Ensemble, das zu Tannhäusers
Erbarm dich mein
und zum
Nach Rom!
führt.
Zwei Welten stehen sich in Elisabeth und Venus gegenüber.
An der Stelle lässt der Regisseur die Chefin, Katharina die Grobe,
einblenden. Sie wählt die 110 und schon fahren vier Polizeifahrzeuge den
Hügel hinauf. Am Festspielhaus lesen sie die Aufforderung Richard Wagners

Screenshot BT-Festspiele - 3Sat - 27.7.2919
und sie staunen lange.
Frau Venus versucht Tannhäuser von sich zu überzeugen, ich bin die Richtige.

Screenshot BT-Festspiele - 3Sat - 27.7.2919
Dann heißt es 'Zugriff' und wie im richtigen Krimi stürmt die
Polizeimannschaft den Tatort, hier das Festspielhaus mit seiner Bühne. Sie
reißen den hinten Dekovorhang herunter und warten mit der Maschinenpistole
im Anschlag auf dass Zeichen des Landgrafen, das beim
Nach Rom!
gegeben wird, Tannhäuser zu verhaften und gefesselt abzuführen.
Warum dieses geschieht, bleibt im Unerfindlichen verborgen.
Frau Venus eilt besorgt über die Bühne, setzt sich erschöpft auf die Bank,
während der Tüll-Tuff die Regenbogenfahne über die Harfe zieht.

Screenshot BT-Festspiele - 3Sat - 27.7.2919
Dritter Aufzug
Während der Einleitung zeigt der Regisseur den Kleinwüchsigen vor einem
demolierten 'Love-Mobil' am Boden vor einer Kochstelle. Eine Konservendose
wird geöffnet und das Gericht in der Blechtrommel zubereitet.
Elisabeth tritt auf und irrt verlegen in all dem Müll herum, schaut fragend
in das Autowrack, dann hockt sie sich neben den Kleinwüchsigen und isst den
von ihm angebotenen Brei von seinem Löffel.
Wolfram beobachtet sie
Wohl wußt' ich hier sie im Gebet zu finden,
wie ich so oft sie treffe, wenn ich einsam
aus wald'ger Höh' mich in das Tal verirre.
Elisabeth erwartet hier die Rückkehr der Pilger aus Rom.
Während Wolfram von
o heil'ger Liebe ew'ge Macht!
spricht, sieht er einen Haufen zerlumpter Gestalten sich über die Szene
verteilen, Erleichtert, denn
Beglückt darf nun dich, o Heimat, ich schauen,
und grüßen froh deine lieblichen Auen.
lassen sie sich auf der Bühne nieder.
Elisabeth sucht ihren Tannhäuser, aber
Er kehret nicht zurück!
Es bleibt ihr nur Weinen und der Hilferuf
Allmächt'ge Jungfrau, hör mein Flehen!
und
Mach, daß ich rein und engelgleich
eingehe in dein selig Reich!
Sie rupft sich das Festgewand vom Leibe. Der prächtige Zopf
ist Zottelhaaren gewichen.
Im Unterrock ist sie "nur ein arm Weibsbild!"
Wolfram holt das Clownkostüm aus dem Love-Mobil, das Tannhäuser im
ersten Aufzug anhatte, stülpt sich dessen rote Perücke auf den Kopf.
Da überkommt Elisabeth ein Gefühl. Sie küsst Wolfram heftig, zerrt ihn ins 'Love-Mobil'
zu einer eindeutigen Nummer.
Er steigt voller Scham heraus, zieht sich die Perücke herunter und tröstet
sich mit
O du, mein holder Abendstern,
wohl grüßt' ich immer dich so gern
Markus Eiche singt mit perfektem Legato.
Elisabeth verkriecht sich in eine Ecke, der Kleinwüchsige streichelt und
tröste sie.
Während des Nachspiels dreht sich die Bühne und zeigt nun eine Plakatwand
mit einer Darstellung einer goldenen Armbanduhr und einem Portrait der 'Drag-Queen'.
Ein Penner mit langen, zotteligen, ungewaschenen Haaren mit Plastiktüten in
der Hand fragt mit kläglicher Stimme
Ich hörte Harfenschlag - wie klang er traurig!
Der kam wohl nicht von ihr.
dann energisch
Doch such' ich wen,
der mir den Weg wohl zeige,
den Weg, den einst so wunderleicht ich fand --
Wolfram
Und welchen Weg?
Tannhäuser [mit unheimlicher Lüsternheit]
Den Weg zum Venusberg!
Er stellt seine Plastiktüten ab und beginnt
seinen Bericht aus Rom.
Es fasziniert, wie viele Farben der Stimme Stephen Gould besitzt und mit
welcher starker Emotion er den Text gestaltet.
Wolfram hört engagiert zu.
Er kramt in den Tüten und findet den Klavierauszug der großen romantischen
Oper, das wertvollste Dokument von Tannhäusers Identität. Dort steht, was er
verbrach.
Er wirft das teure Stück von sich, der ordentliche Wolfram sammelt die von
rausgefetzten Seiten wieder zusammen, während Tannhäuser erschütternd von
der Reaktion und Ablehnung durch den seelenlosen Papst berichtet.
Da erscheint ein Arbeiter:
Frau Venus als Plakatkleber verkleidet, sucht Werbung anzubringen und lockt:
Willkommen, ungetreuer Mann!
Schlug dich die Welt mit Acht und Bann?
Und findest nirgends du Erbarmen,
suchst Liebe nun in meinen Armen?
Tannhäuser wendet sich ab, geht zum Love-Mobil.
Er hebt mit Wolfram die Leiche Elisabeths heraus, die nach der 'Nummer' mit
Wolfram Selbstmord begangen hat.
Sie legen die blutige Leiche auf den Boden und bedeckcn sie mit dem
Festkleid.
Der Chor verkündet 'maestoso':
Alle [in höchster Ergriffenheit]
Der Gnade Heil ist dem Büßer beschieden,
er geht nun ein in der Seligen Frieden!

Nachwort
Einschließlich der Pausenclownerien im
Park des Festspielhauses muss festgestellt werden, dass die Inszenierung des
'Tannhäuser' durch Tobias Kratzer mit seinen Teamkollegen Rainer Sellmaier,
Bühnenbild und Kostüme und Manuel Braun, Video - eine spannende, geistvolle,
einfallsreiche Produktion ist. Man staunt, man amüsiert sich, so etwas gab
es noch nie.
Aber ist die Parodiejetzt dr Weg, die Oper lebendig zu erhalten?
Oder wird sie durch der Vorgabe, alles ins Lächerliche zu ziehen,
vernichtet?
Wir alle wissen, dass Macht und Sex den Lauf der Geschichte bestimmen.
Aber haben wir nicht auch den Auftrag, uns zu kultivieren, zu erziehen, zu
veredeln?
Geist und Verstand über die Funktion der Hormone zu erheben?
Sie zu leugnen führt zur Frustration und den scheußlichen Übergriffen, wie
sie aus den Kirchen bekannt wurden.
Heuchelei will niemand von uns, aber jeden Impuls der Aggression und
Sexualität nachzugeben führt nach ...
... ganz unten!


Kommentar
Am 18. August 2019 fand im Europasaal
des Internationalen Jugendkulturzentrums in Bayreuth das diesjährige
Internationale Stipendiatenkonzert statt.
Die
Statuten geben folgendes vor:
Zitat
Stipendienstiftung
Das Stipendium erhalten angehende, begabte Sänger, Musiker oder sonstige
Bühnenschaffende, die als Nachwuchs für Bühne oder Orchester der
Bayreuther Festspiele in Betracht kommen.
1991 wurde in Lyon der Richard-Wagner-Verband International gegründet.
Seither unterstützen nicht nur alle Ortsverbände des deutschen
Richard-Wagner-Verbandes, sondern auch Verbände des Auslands die
Richard-Wagner-Stipendienstiftung und vermitteln jungen Künstlern aus
ihren Städten das Bayreuth-Stipendium.
Die Richard-Wagner-Verbände zahlen seit 1996 in einen "Osteuropapool" so
viel Geld ein, dass alljährlich etwa 25 junge Künstler aus Ost- und
Mitteleuropa der Besuch in Bayreuth ermöglicht wird. Bisher waren dies
rund 300 Stipendiaten.
Heute kommt rund die Hälfte der Stipendiaten aus dem Ausland, meist aus
rund 40 Ländern.
Zitatende
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Von den am Sonntag teilnehmenden
Sängerinnen und Sänger wird wohl niemand jemals auf der Bühne des
Festspielhauses als Solist oder Solistin stehen.
Es gibt genügend RW-Ortsverbände, die über ein größeres Sänger-Potential
verfügen, als das, was hier vorgestellt wurde.
Fragen ergeben sich auch bei der Wahl der vorgetragenen Stücke.
Warum singt ein junger Mezzo aus St. Petersburg die Szene der ‘Pique
Dame‘-Gräfin, eine Altersrolle mit der Martha Mödl oder Anny Schlemm
brillierten? Warum – wenn sie denn als Mezzo so gut für Bayreuth sein soll -
nicht die Waltrauten-Szene aus der ‘Götterdämmerung‘ oder, wenn die Höhe
noch nicht stabil genug ist, die Erda-Szene aus dem ‘Rheingold‘?.
Warum quält sich ein junger Bariton aus Turku mit dem Ford aus dem ‘Falstaff‘.
Eine Rolle, die nach einem ‘ausgewachsenen‘ Charakterbariton verlangt. Warum
singt er nicht den Abendstern vom ‘Meister‘ aus dem ‘Tannhäuser‘?
Und warum singt die ganz junge Dame aus dem Saarland nicht die Szene des
Waldvogels aus dem ‘Siegfried‘ oder den jungen Hirten aus dem ‘Tannhäuser‘?
Und ob die Instrumentalisten, der Pianist oder der Percussionist - beide
übrigens merkwürdigerweise aus Bayreuth - jemals am Grünen Hügel engagiert
werden, ist offen.
Es ist unklar, nach welchen Kriterien die Auswahl getroffen wird, nach der
eine Teilnahme am Internationalen Stipendiatenkonzert stattfinden darf.
So jedenfalls war das ganze Unternehmen fragwürdig und diente nicht der
Sache.


Aus
den Medien
Zitat
Konstruierter
Konflikt
Mit vielen guten Ideen, Witz, Klamauk und zutiefst melancholischen und
rührenden Momenten fantasiert Kratzer seine Geschichte. Er nimmt dafür
aber manche Ungereimtheiten in Kauf, sogar Fehler. Auch dem Dirigenten
Valery Gergiev gelingt vieles nicht mehr. Wenn es kompliziert wird,
gerät manches aus den Fugen.
Und die Inszenierung von Tobias Kratzer ist zwar anspielungsreich: Der
Plastikhase auf dem Autodach erinnert an das Hasenmotiv in Christoph
Schlingensiefs „Parsifal“-Inszenierung in Bayreuth und die Trash- und
Videoästhetik an die Arbeiten von Frank Castorf. Doch bei allem
Zeichenaufwand konstruiert die Regie einen Konflikt, den es gar nicht so
recht gibt. Die realen Probleme wie politische, soziale und klimatische
Verwerfungen auf globaler Ebene rührt Kratzer nicht an. Dieser
„Tannhäuser“ wirkt letztlich wie eine Spiegelfechterei – aber mit
Unterhaltungswert.
Zitatende
DLF - 26.7.2019
https://www.deutschlandfunk.de/bayreuther-festspiele-tannhaeuser-im-kleinbus.691.de.html?dram:article_id=454886
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Zitat
Netrebkos Absage in Bayreuth
„Das Nein ist manchmal unabdingbar“
Die
Star-Sopranistin wird nicht im „Lohengrin“ singen. Ist Netrebkos
kurzfristige Absage ein Super-Gau? „Ich weiß, dass ganz viele Menschen
rotieren in so einem Moment“, sagte Künstleragentin Verena Vetter im Dlf.
Doch sie zeigte auch volles Verständnis für die Operndiva.
Verena Vetter im
Gespräch mit Maja Ellmenreich
Maja Ellmenreich:
Im richtigen Moment nein zu sagen – das ist eine Kunst für sich.
Davon können auch Sängerinnen und Sänger ein Liedchen singen –
denn kurz vor dem großen Auftritt auf die innere Stimme zu hören
und womöglich Fans und Veranstalter mit einer Absage zu
enttäuschen, das ist wahrlich nicht die leichteste aller
Übungen.
Opernstar Anna Netrebko hat genau
das jetzt gemacht: Mit großem Bedauern sehe sie sich leider
gezwungen, ihre beiden „Lohengrin“-Aufführungen Mitte August
erschöpfungsbedingt absagen zu müssen. Ihre Stimme sei nicht
angegriffen, jedoch folge sie dringlichem ärztlichem Rat zu
einer dreiwöchigen Pause, um sich vollständig regenerieren zu
können. So haben es gestern die Bayreuther Festspiele
mitgeteilt.
Jahrelang herbeigesehnt –
doch nun wird aus Netrebkos Bayreuth-Debüt vorerst nichts. Ihre
Sopranistinnenkollegin Annette Dasch wird einspringen – sie
kennt Bayreuth, sie kennt die Rolle der Elsa im „Lohengrin“; die
aktuelle Inszenierung von Yuval Sharon – die muss sie allerdings
jetzt auf die Schnelle noch kennenlernen.
Über das Phänomen des
Einspringens im Opern- und Konzertbetrieb möchte ich mit der
Künstleragentin Verena Vetter sprechen. Sie ist eine von drei
Geschäftsführerinnen des „Künstlersekretariats am Gasteig“, das
vom Netrebko-Dasch-Deal zwar unberührt ist, aber andere namhafte
Sängerinnen und Sänger vertritt: Christian Gerhaher zum Beispiel
oder Christiane Karg, auch André Schuen.
Ich habe Verena Vetter
gefragt: Aus der Perspektive eines Künstlersekretariates, einer
Agentur gesehen: Ist die kurzfristige Absage einer solch
renommierten Künstlerin so etwas wie der Super-Gau?
Verena Vetter:
Man denkt dann natürlich viel an alle möglichen Menschen, die
jetzt damit zu tun haben. So eine Absage von so einem Namen –
das wünscht man niemandem. Und ich weiß, dass da ganz viele
Menschen rotieren in so einem Moment.
Ellmenreich:
Wer rotiert da? Bei wem klingeln da die Telefone? Wer muss für
Ersatz sorgen?
Anna Netrebko fast
unersetzbar
Vetter:
Als allererstes rotiert das Künstlerische Betriebsbüro bei so
einer Absage. Und die müssen dann gucken: Wer singt die Rolle?
Aber nicht nur, wer singt die Rolle, sondern wer kann diesen
Platz ersetzen? Und der ist bei so einem Namen wie Anna Netrebko
natürlich fast unersetzbar. Und dann als nächstes klingelt es
bei den Agenturen, wer eventuell einspringen kann. Wer hat das
schon gesungen? Und wer hat Zeit?
Ellmenreich:
Das sind jetzt erstmal das Künstlerische Betriebsbüro und die
Agenturen, die Sie genannt haben. Dann fallen aber noch eine
ganze Reihe anderer Planänderungen an: das Bühnenkostüm, die
Reisepläne, andere Konzertzusagen, die man womöglich absagen
muss. Was will alles noch geändert und umgeplant werden bei
solch einem Besetzungswechsel?
Vetter:
Sie haben da schon die wichtigsten Sachen genannt. Marketing ist
natürlich auch extrem betroffen: Wie kommuniziert man einen
solchen Ausfall? Gerade wenn so ein Name wie Anna Netrebko
absagt, dann sieht man einen Sturm von enttäuschten Leuten auf
sich zukommen. Je nachdem, wie man das formuliert, wie man das
macht, versucht man natürlich, den so gering wie möglich zu
halten. Wie geht man mit dem Publikum um, das speziell
ihretwegen gekommen ist? Das sind so feinpsychologische
Geschichten, die dann auf einen zukommen. Die Sache mit dem
Kostüm und all diesen Geschichten – das sind eher die „daily
business“-Geschichten bei einem Opernhaus. Das sind die so
gewöhnt, das macht denen am allerwenigsten aus.
Ellmenreich:
Das macht denen am allerwenigsten aus, sagen Sie. Annette Dasch
hat zwar in Bayreuth die Elsa schon gesungen, allerdings in der
Inszenierung von Hans Neuenfels. Kann sich überhaupt jemand auf
die Schnelle jetzt so eine andere Inszenierung – in diesem Fall
von Yuval Sharon – so schnell draufschaffen?
Andere Sänger helfen dem
Einspringer
Vetter:
Für das Opernbusiness ist eine Absage für Mitte August zum
heutigen Tag ja fast ein langfristiger Einspringer. Man kann
sich ein Video angucken, man kann sich richtig darauf
vorbereiten. Der Einspringer funktioniert ja sogar, wenn Anna
Netrebko einen Tag vorher absagt oder im schlimmsten Fall sogar
noch am Tag selber. Und in den meisten der Fälle schaffen es die
Opernhäuser und die Sänger es so hinzukriegen, dass sie trotzdem
nicht von der Seitenbühne singen müssen, sondern auf der Bühne
stehen. Da helfen dann ganz viele Kollegen, schieben den Sänger
von rechts nach links. Und das Tolle ist: Meistens merkt das
Publikum dann gar nicht unbedingt, dass der Sänger die
Inszenierung nicht gelernt hat. Das ist ein unglaubliches
Phänomen, das man da immer wieder beobachtet, wie gut so etwas
funktioniert und wie toll die Sänger da in ihrem Bereich Profis
sind und so etwas sofort übernehmen können.
Ellmenreich:
Nun hat Anna Netrebko schon in der vergangenen Woche eine Absage
erteilen müssen, in Salzburg nämlich. Da wurde als Grund eine
Erkältung angeführt. Gibt es eigentlich eine Faustregel für Sie
als Agentin, dass Sie einem Künstler bzw. einer Künstlerin
lieber einmal zu viel dazu raten abzusagen als letztendlich den
eigenen Ruf zu ruinieren durch einen nicht perfekten, nicht
guten Auftritt?
Vetter:
Ja, gar nicht mal unbedingt wegen des nicht perfekten oder nicht
guten Auftritts, sondern wegen der Gefahr, sich mit einem
solchen Auftritt, wenn man krank singt – und die Partien, die
diese Sänger zu singen haben, das sind nie kleine Partien, mit
denen man sich nicht gefährdet – sondern wenn da das Stimmband
irgendwie affiziert ist und man singt drauf, dann kann man die
berühmten Äderchen, Ödeme, sonstwas mit einem Auftritt bekommen.
Und das dann wieder zu korrigieren und wieder wegzubekommen, ist
eine ganz, ganz langwierige Geschichte und würde oft einen
monatelangen Ausfall bedeuten. Und insofern ist das eine Nein
manchmal unabdingbar und ganz, ganz wichtig. So schwierig es
ist, wenn man den Ruf einer Anna Netrebko hat, muss man es
manchmal dann doch machen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene
Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen
seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu
eigen.
Zitatende
DLF -
06.08.2019
https://www.deutschlandfunk.de/netrebkos-absage-in-bayreuth-das-nein-ist-manchmal.691.de.html?dram:article_id=455644
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Kündigung von Intendantin
nicht wirksam
Das Landesarbeitsgericht in Düsseldorf hat die Kündigung der Intendantin
des Wuppertaler Tanztheaters, Adolphe Binder, für unwirksam erklärt. Das
Arbeitsverhältnis mit der Kulturmanagerin war vom Tanztheater Wuppertal
Pina Bausch im Juli 2018 nach nur einem Jahr beendet worden. Begründet
wurde dies vor allem mit dem Fehlen eines umsetzbaren Spielplans für das
von Pina Bausch gegründete Tanztheater.
HAZ - 21. August 2019
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DLF - 16.08.2019
Zitat
Salzburger Festspiele - Mit dem Smartphone
gegen Verdi
Andreas Kriegenburg
gehörte einst zu den wichtigsten Schauspielregisseuren, mit einer
ungeheuren Fantasie erzählte er alte Stoffe neu, animierte sein Ensemble
häufig zu darstellerischen Höchstleistungen. In den letzten Jahren
inszeniert er zunehmend Oper an großen Häusern – und enttäuscht
regelmäßig.
Von Jörn Florian Fuchs
2017 inszenierte
Andreas Kriegenburg in Salzburg Dmitri Schostakowitschs „Lady Macbeth
von Mzensk“ mit allerlei biederem Sexgehampel und ziemlich
schwerfälliger Personenführung. Jetzt folgte Giuseppe Verdis „Simon
Boccanegra“, ein dunkles Stück, in dem der Zweikampf zwischen dem
Titel(Anti)Helden und Fiesco im Zentrum steht, auf politischer wie
privater Ebene. Das Stück spielt in Genua, bei Kriegenburg marschieren
Heere von Businessanzugträgern herum, mit Smartphone und Tablet
bewaffnet, man twittert und postet Stupendes wie „Make Genoa great again“.
In einer riesigen Halle mit vorwiegend leeren Räumen, ein paar Pflanzen,
einem Konzertflügel und Büromobiliar möchte die Regie – laut
Programmbuch – einen „Vulkan unter Hochdruck“ zeigen. Tatsächlich wirken
viele Auftritte eher unfreiwillig komisch. Die Menschenmassen agieren
entweder statisch oder verstolpert, den Solisten glaubt man ihre
Emotionen vor allem dann, wenn sie einfach an der Rampe stehen und man
sie in Ruhe lässt. Lediglich die Schlussszene, als der sterbende
Boccanegra seinem Widersacher Fiesco eröffnet, dieser habe eine Enkelin,
geht wirklich unter die Haut. Der Rest wird leider zum Fiasko.
Zitatende
https://www.deutschlandfunk.de/salzburger-festspiele-mit-dem-smartphone-gegen-verdi.691.de.html?dram:article_id=456560
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16.08.2019
Zitat
Salzburger Festspiele - Mit dem Smartphone
gegen Verdi
Andreas Kriegenburg
gehörte einst zu den wichtigsten Schauspielregisseuren, mit einer
ungeheuren Fantasie erzählte er alte Stoffe neu, animierte sein Ensemble
häufig zu darstellerischen Höchstleistungen. In den letzten Jahren
inszeniert er zunehmend Oper an großen Häusern – und enttäuscht
regelmäßig.
Von Jörn Florian Fuchs
2017 inszenierte
Andreas Kriegenburg in Salzburg Dmitri Schostakowitschs „Lady Macbeth
von Mzensk“ mit allerlei biederem Sexgehampel und ziemlich
schwerfälliger Personenführung. Jetzt folgte Giuseppe Verdis „Simon
Boccanegra“, ein dunkles Stück, in dem der Zweikampf zwischen dem
Titel(Anti)Helden und Fiesco im Zentrum steht, auf politischer wie
privater Ebene. Das Stück spielt in Genua, bei Kriegenburg marschieren
Heere von Businessanzugträgern herum, mit Smartphone und Tablet
bewaffnet, man twittert und postet Stupendes wie „Make Genoa great again“.
In einer riesigen Halle mit vorwiegend leeren Räumen, ein paar Pflanzen,
einem Konzertflügel und Büromobiliar möchte die Regie – laut
Programmbuch – einen „Vulkan unter Hochdruck“ zeigen. Tatsächlich wirken
viele Auftritte eher unfreiwillig komisch. Die Menschenmassen agieren
entweder statisch oder verstolpert, den Solisten glaubt man ihre
Emotionen vor allem dann, wenn sie einfach an der Rampe stehen und man
sie in Ruhe lässt. Lediglich die Schlussszene, als der sterbende
Boccanegra seinem Widersacher Fiesco eröffnet, dieser habe eine Enkelin,
geht wirklich unter die Haut. Der Rest wird leider zum Fiasko.
Zitatende
https://www.deutschlandfunk.de/salzburger-festspiele-mit-dem-smartphone-gegen-verdi.691.de.html?dram:article_id=456560
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Schlussbemerkung
Diese Mitteilung, die
Nr. 26, ist recht politisch geraten und das kann uns nicht wundern in
Anbetracht der zu lösenden Probleme:
- Klimawandel
- Gewässerverschmutzung, Luftverschmutzung, Tierquälerei
- Überbevölkerung
- Flüchtlingselend
- Bildungsnotstand
- Verrohung
- Kriege
- religiöser Fanatismus
- Korruption
Noch gibt es in
Deutschla der freien Meinung, wenn sie nicht gegen
sonstige Bestimmungen der Gesetzgebung und der Rechtsprechung verstößt.
ML Gilles

Impressum

- erscheint als nichtkommerzielles Beiblatt zu

- ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt
Regensburg -
kulturjournal.de -
Holzländestraße 6 - 93047 Regensburg
Ersterscheinung der Ausgabe Regensburg am 27.07.2007
Erscheinungsweise: kulturjournal-regensburg zehn Mal pro Jahr von Februar bis
August und Oktober bis Dezember
Verteilung Regensburg:
Direktversand, Hotels, Theater, Galerien, Veranstaltungsorte, Tourist-Info,
Bahnhöfe
Verteilung Hannover u.a.:
Direktversand an ausgewählte Leserschaft - wie Mitglieder der
Bürgerinitiative-Opernintendanz.de
Niedersächsischer Landesrechnungshof,
Niedersächsische Landesregierung,
Staatsanwaltschaft Hannover,
Politische Parteien im Nds. Landtag,
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover,
Bund der Steuerzahler,
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger,
Richard-Wagner-Vereine,
Feuilletons von Tageszeitungen
RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover
Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der
Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung - Geglücktes
oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes
und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.
Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen, aus dem
Internet u.a. Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der
Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..
Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich gemacht.
Fotos wurden Buch- und CD-Einbänden entnommen.
Gender-Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir meist auf
Differenzierung und geschlechtsneutrale Formulierung. Entsprechende Begriffe
gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die
verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

www.bi-opernintendanz.de
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