1.  


    Thema des Tages
     

    23. September 2017

    Bemerkungen eines Vollzahlers
    zu
    'Der fliegende Holländer'

    im Oberpf. Metropol-Theater Regensburg *
     

       
       Bekanntmachung Theater Regensburg
     

     


    Der fliegende Holländer


    Romantische Oper in drei Aufzügen

    Dichtung und Musik von Richard Wagner (1813–1883)
     
    „Ich bin vor ungefähr 12 Tagen nach einer gräßlichen, sehr gefahrvollen Reise von beinahe 4 Wochen auf einem Segel-Schiffe in London angekommen.“ So beschrieb Wagner 1839 seine Schiffsüberfahrt nach London, wohin er aus Riga flüchtete, nachdem er dort seine Anstellung verloren und einiges an Schulden angehäuft hatte. Kurz vorher hatte er die Sage von einem verfluchten Seefahrer durch die „Memoiren des Herren von Schnabelewopski“ von Heinrich Heine kennengelernt. Seine Phantasie war entzündet. Wagners dramatische Eindrücke auf stürmischer See und sein privates Dilemma fanden ihre künstlerische Übersetzung in seiner Oper „Der fliegende Holländer“.

    1843 wurde das Werk mit mäßigem Erfolg in Dresden uraufgeführt und in der Folge von Wagner überarbeitet. Dennoch hat er mit dem „Holländer“ zu seinem eigenen Stil gefunden. Selbst aus der rückblickenden Distanz betrachtete er die Oper als sein erstes vollgültiges Werk. Die Verstrickung von Fluch, Erlösung, Treueeid und Verrat sind hier zum ersten Mal in einer Konstellation angelegt, wie es sich später durch das Werk Wagners ziehen wird.

    Der Stoff der Oper sei „der Natur, der wir alle angehören, abgelauscht und nicht etwa Speculation eines düster süchtigen Schwärmers“. Die Titelfigur trägt keinen Namen und kommt somit zugleich wie ein Mythos als auch wie ein fluchbeladener Jedermann daher.

    Der Fluch besagt, dass der Holländer bis in alle Ewigkeit die Meere durchsegeln muss. Alle sieben Jahre darf er an Land gehen, um dort seine Erlösung zu suchen, die er nur in der bedingungslosen Liebe einer Frau finden kann. Und diese Liebe scheint sich in Senta, der Seefahrertochter, einzulösen. Sie lebt auf der anderen Seite des Mythos. Sie ist mit der Geschichte vom „bleichen Seemann“ aufgewachsen und ist der Überzeugung, dass sie es sein wird, die ihn erlösen kann. Als sich Senta und der Holländer endlich begegnen, finden zwei Außenseiter jenseits gesellschaftlicher Konventionen in einer erlösenden Liebes-Utopie zueinander.

    Wagners wohl populärstes Werk, „Der fliegende Holländer“, ist zugleich romantisches Liebesdrama, Gespensteroper und Ideendrama. Das Toben des Meeres, Sentas Ballade und nicht zuletzt die Seemanns-Chöre geben der Oper eine unverwechselbare Farbe, die den Zuschauer vom ersten Ton an in ihren Bann zieht.

     

    Termine (Theater am Bismarckplatz)

    Besetzung

    Spielstätte Theater am Bismarckplatz
    Premiere 23.09.2017

     

    to top

    Die grundsätzliche Problematik einer Inszenierung liegt in der  Umsetzung. Besonders bei einer romantischen Oper.

    Lösungsmöglichkeiten für Bühnenausstattung und Personenführung sind:
    - naturalistisch
    - abstrahiert
    - verfremdet.

    Beispiel für die drei Möglichkeiten gibt es genug.
    Gerade in Bezug auf den 'Fliegenden Holländer'
    tun sich die Theater besonders beim Verfremden leicht.

    Da war das Stück
    - an der DOB in einem Börsensaal,
    - in Würzburg, inszeniert von der Urenkelin
    - in Freiburg in einem Sandkasten,
    - in Essen als 'Irre von Sandwike'
    - in BT packten die Spinnerinnen Ventilatoren in Kartons ein,
    - in Regensburg war bei der letzten Inszenierung der Holländer ein
       Superman und Senta las in einem Comicheft vom Umherirrenden.

    In Oberammergau war die Bühne leer und Stückl spielte das Stück mit seinen Sängern.

    Was nun tun?
    Regensburg entschied sich jetzt für eine Mischung aus allem, Kitsch und Kunst.
    Bühnenaufbauten wie auf einem Schiff oder an der Hafenkante.
    Ein Rettungsboot, Projektionen von Meereswogen, Sitzgelegenheiten für den Damenchor auf großzügigen Couchgarnituren, Tourismusprospekte, Nagelfeilen und Bierflaschen von einer norddeutschen Brauerei.
    Die Darsteller im Dirndl oder im großformatigen Ölzeug oder im kleinformatigen Friesennerz. Die Schiffs-Crew im vier- bzw. dreigestreiften großen Blauen.

    Die Aktionen dem Stück angepasst:
    der Steuermann klettert am Mast hinauf, prüft, stellt fest, dass der Wind nicht aus Süden weht, bei
    Von des Südens Gestad', aus weitem Land -
    ich hab' an dich gedacht!

    erscheint links aus dem Hintergrund der Bühne ein Hulamädchen und umtanzt den auf der Bordkante eingeschlafenen Steuermann, versucht, sich an ihm durch Öffnen der Hose zu vergreifen, die Musik aber geht ja weiter, es droht der Auftritt des Holländers und so lässt sie das Ungeheuerliche sein und enteilt nach hinten.

    Die Bühne dreht und aus dem rechten Bausegment - nun in die Mitte gedreht - tritt der Holländer für sein
    Die Frist ist um,
    und abermals verstrichen sind sieben Jahr'.


    Um dann für das
    Dich frage ich, gepriesner Engel Gottes,
    von der Bordkante herunterzutreten an den Strand auf der Vorderbühne und fällt beim
    Um ew'ge Treu' auf Erden - ist's getan!
    vornüber.

    Für das
    Nur eine Hoffnung soll mir bleiben,
    erhebt er sich wieder, nimmt das Tau des Rettungsbootes und versucht dieses nach links zu ziehen - es misslingt.

    Die Bühne dreht nach rechts und aus dem nun wieder eingedrehten Mittelteil erscheint von hinten Daland und mahnt
    He! Holla! Steuermann!

    Nach seinem
    Zum Teufel auch!
    Verzeiht mir, Kapitän!

    schwingt sich der Junge behände den Mast hinauf und hält Ausschau
    Wer da?
    singt er, dann
    Gebt Antwort! Schiff und Flagge?

    Daland spricht nach dem
    Laß ab!
    das geflügelte Wort, das auch in der deutschen Luftfahrt beim Erscheinen des Viergestreiften Anwendung findet

    Mich dünkt, ich seh' den Kapitän!
    und
    He! Holla! Seemann!
    Nenne dich! Wess' Landes?


    Der Holländer antwortet rechts aus dem Bühnen-/Hafensegment
    Weit komm' ich her;
    und trifft sich vorne an der Kante zum Orchestergraben mit Daland.

    Der Holländer fragt
    Vergönne mir auf kurze Frist dein Haus,
    und deine Freundschaft soll dich nicht gereu'n.

    und lockt
    Die seltensten der Schätze sollst du sehn,
    kostbare Perlen, edelstes Gestein.

    Blick hin, und überzeuge dich vom Werte
    des Preises, den ich für ein gastlich' Dach dir biete.


    und dann fällt er mit der Tür ins Haus:

    Hast du eine Tochter?

    Daland
    Fürwahr, ein treues Kind.

    Holländer
    Sie sei mein Weib!

    Daland

    Wie? Hör ich recht? Mein Tochter sein Weib?
    Er selbst spricht aus den Gedanken . . .

    Der Handel ist perfekt.

    Holländer
    Hab' Dank! Werd' ich die Tochter heut' noch sehn?

    Daland
    Der nächste günst'ge Wind bringt uns nach Haus;
    du sollst sie seh'n, und wenn sie dir gefällt . . .

    Holländer
    So ist sie mein . . .

    Daland versucht immer wieder die Hand des Holländers zu ergreifen, der aber geht daran vorbei, übersieht die Geste.
    Aus dem Bühnenuntergeschoss steigen Matrosen in ihren Friesennerzen in den Mittelteil der Szene und der Steuermann stellt fest
    Südwind! Südwind!

    Der Holländer zieht sein Ölgewand wieder über und der Aufzug schließt mit Dalands Hoffnung
    Leb' wohl! Mögst heute du mein Kind noch sehn.
    und dem Ziehen der Taue durch den Chor als könnten sie dadurch den Fortgang der Handlung beeinflussen
    Ach lieber Südwind, blas' noch mehr.
    Mein Mädel verlangt nach mir.

    Die Bühne dreht.

    Vorhang, Nachspiel und Unterbrechung, wieso eigentlich.
    Es wird doch die einaktige Fassung gespielt.

    to top

    Vorspiel - Spinnstube
    Zwei großformatige Couchen, über Eck gestellt.
    Der Damenchor auf ihr sitzend.
    Man wippt mit den Beinen, man feilt an den Fingernägeln herum -
    Senta im Hintergrund im Rahmen eines großformatigen Bildes lehnend.

    Mary erscheint aus dem Bühnenuntergrund und sammelt die Nagelfeilen ein, während sie
    Ei! Fleißig, fleißig! Wie sie spinnen!

    von sich gibt, was allerdings nur in Bezug auf geistige Verfassung des Damenchores interpretiert werden kann, denn handwerklich im Sinne von spinnen tut sich garnichts.
    Senta geht derweilen im Hintergrund im Bilderrahmen auf und ab.

    Mary erscheint wieder und verteilt Gläser von einem, von ihr mitgeführten Tablett, während sie meint
    Du böses Kind, wenn du nicht spinnst,
    vom Schatz du kein Geschenk gewinnst.


    Senta spinnt im übertragenen Sinne
    Was hast du Kunde mir gegeben,
    was mir erzählet, wer er sei?
    Der arme Mann!

    Um der Hänselei ein Ende zu bereiten fordert sie
    Hört, was ich rate;
    Frau Mary singt uns die Ballade.

    und die denkt nicht daran
    Bewahre Gott! Das fehlte mir!

    Mit dem
    Ich spinne fort
    geht Frau Mary in das Untergeschoss der Bühne und Senta kann nicht umhin nun selber zu singen
    Traft ihr das Schiff im Meere an,
    blutrot die Segel, schwarz der Mast?

    Sie kniet vorn an der Rampe, wo ein Modellschiff aufgestellt ist
    Durch mich sollst du das Heil erreichen!

    Der Damenchor springt auf, alle werfen die ihnen vorher von Mary ausgehändigten Prospekte auf den Boden zum
    Ach, wo weilt sie

    Auftritt Erik aus der Unterbühne mit Käscher und sonstigem Gerät -
    Senta! Willst du mich verderben?

    Die Damen sammeln eiligst die auf dem Boden liegenden Prospekte auf, Senta hat sich wieder in den Hintergrund in den Bilderahmen zurückgezogen.

    Mit dem rhythmisch sehr heiklen
    Ach! Wie viel hab' ich ihn zu fragen!
    Ich halte mich vor Neugier nicht.
    Schon gut! Sobald nur aufgetragen,
    hält hier aus länger keine Pflicht.
    - vor allem dann, wenn die Dirigentin hetzt - eilen die Chordamen über die Treppe hinunter in die Unterbühne.

    Erik
    Bleib', Senta! Bleib' nur einen Augenblick!

    Mein Herz, voll Treue bis zum Sterben,
    mein dürftig Gut, mein Jägerglueck;
    darf so um deine Hand ich werben?

    Wenn dann mein Herz im Jammer bricht,
    sag, Senta, wer dann für mich spricht?


    Das Gespräch findet in der Mitte der Bühnen statt, mal er, mal sie hinter einer der Couchen, auch mal eine Umarmung, er kniet vor ihr .....

    Senta
    Ich bin ein Kind und weiß nicht, was ich singe.

    Eriks Traumerzählung - er auf der Couch rechts, Senta hinter der Couch links
    bis zum
    Sie ist dahin! Mein Traum sprach wahr!
    er eilt hinab auf die Unterbühne

    Senta
    kniet vorne am Schiffsmodell
    Auftritt Holländer hinten im Bilderrahmen
    Ach, möchtest du,
    bleicher Seemann, sie finden!
    Betet zum Himmel, daß bald ein Weib
    Treue ihm . . .
    Ha!

    Auftritt Daland herauf aus der Unterbühne zum
    Mein Kind, du siehst mich auf der Schwelle . . .

    Er umarmt sie beim
    Mögst du, mein Kind, den fremden Mann willkommen heißen?

    Zum
    Mögst du den edlen Mann gewinnen!
    Glaub' mir, solch' Glück wird immer neu.
    ohrfeigt er sie, versucht ihr einen roten Schal umzulegen und hochhackige Schuhe anzuziehen, malt ihr die Lippen an. Es misslingt und mit dem

    Ich geh' von hinnen.
    Glaubt mir, wie schön, so ist sie treu!
    geht er die Treppe hinunter auf die Unterbühne.

    Der Holländer steigt hinten aus dem Bilderrahmen.
    Wie aus der Ferne längst vergang'ner Zeiten
    spricht dieses Mädchens Bild zu mir:
    wie ich's geträumt seit bangen Ewigkeiten,
    vor meinen Augen seh' ich's hier.


    Der Zwiegesang in der Mitte der Bühne bis zu

    Senta

    Hier meine Hand! Und ohne Reu'
    bis in den Tod gelob' ich Treu'!

    Holländer
    Sie reicht die Hand! Geprochen sie
    Hohn, Hölle, dir durch ihre Treu'!

    to top

    Vorhang -
    es dürfte nicht sein, wenn ich die einaktige Fassung spiele.

    Und dann stimmt das Orchester auch noch nach.
    Was soll denn das???

    Soll das die neue GMDeuse sein, die am Pult steht und das akzeptiert. Oder ist die nur froh, dass sie mal pinseln darf und sagt deswegen nichts???

    Lange Pause, dann Vorhang und

    3. Aufzug
    Hafenkneipe

    Der Steuermann zappelt über der Bühne in einem Netz.
    Ein präparierter Fisch baumelt von der Oberbühne.

    Der Chor vorn an der Reling trinkt Flensburger Pils aus der Flasche statt des
    Steht euch nach frischem Wein der Sinn?
    Euer Nachbar dort soll auch was haben!
    und winkt ins Publikum, die Bühne dreht links, die Untoten, jetzt vorne auf der Drehbühne in glänzendem Ölzeug, werden geneckt.
    Ha ha!
    Wahrhaftig, sie sind tot:
    sie haben Speis' und Trank nicht not!

    Der Steuermann wird mit seiner 'Hängematte' heruntergelassen und befreit,
    Wie? Kommt ihr denn nicht selbst an Bord?

    Die Schlussszene

    Erik
    Was mußt ich hören? Gott, was muß ich sehen?
    Ist's Täuschung? Wahrheit? Ist es Tat?

    Willst jenes Tags dich nicht mehr entsinnen,
    als du zu dir mich riefest in das Tal?

     

    dazu dann der Holländer von links
    Verloren! Ach! verloren!
    Ewig verlor'nes Heil!

    Mary, Erik, Daland und Chor - von den Seiten, schauen auf die Spielfläche in der Mitte mit ihrem
    Senta! Senta! Was willst du tun?

    Senta
    Preis' deinen Engel und sein Gebot!
    Hier steh' ich, treu dir bis zum Tod!


    Holländer und Senta gehen nach hinten durch die Mitte ab.
    Gemeinsam zu neuen Ufern?

    to top

    Fazit:

    Eine muntere Inszenierung einer romantischen Oper in einem zum Stück passenden Bühnenbild im ersten und dritten Akt.
    Man spielt das Stück, niemand muss sich - bis auf die danebengegangene Spinnstube - grämen.

    Der Erik eine 'Scheißpartie', ewig die hohe Lage, dass man Mitleid hat und froh ist, dass der Abend nicht für länger für ihn dauert.

    Die Senta muss aufpassen, dass sie nicht vor Begeisterung, die Rolle in Regensburg singen zu dürfen, übertreibt und sich festsingt.

    Der Daland sollte auf eine gepflegte Stimmführung achten.

    Nett die Mary und der Steuermann.

    Über alle Zweifel erhaben der Holländer von Adam Kruzel.

    Das Dirigat teilweise hetzig, dass es klappert.

    Einige der Blechbläser sollten mehr üben.

     

    to top

     


    Um 'Missverständnisse zu vermeiden:


    Ich verstehe diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

    Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

    Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

    Dieter Hansing

     

    to top