Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 

 

    Bemerkungen eines voll zahlenden Zuschauers zur szenischen
    Umsetzung

   
von
  
'Lohengrin'
    im Oberpf. Metropol*-Theater Regensburg

       Repertoirevorstellungen 1. und 30. November 2010

     'So zieht das Unheil in dies Haus!'
 


Announcement Theater Regensburg

 

Lohengrin

Romantische Oper in drei Aufzügen
Dichtung vom Komponisten
Musik von Richard Wagner (1813-1883)

Musikalische Leitung: Tetsuro Ban
Inszenierung: Michael Sturm
Bühne und Kostüme: Hannes Neumaier

Die Zeiten sind unruhig. Das Herzogtum von Brabant steht ohne männlichen Thronfolger da. Elsa von Brabant – vom Volk wie eine Heilige verehrt – wird beschuldigt, ihren Bruder Gottfried ermordet zu haben. Doch Elsa schweigt zu den Vorwürfen. Ein Gottesgericht soll ihre Schuld oder Unschuld beweisen. Doch kein Ritter wagt es, sich dem Ankläger, Friedrich von Telramund, entgegenzustellen. Nur ein Wunder kann Elsa noch helfen.

Da erscheint plötzlich der Ritter, den Elsa in einer Vision voraussah, um für sie zu streiten. Er bietet ihr nicht nur die ersehnte Rettung, sondern auch die Ehe an, allerdings unter der Bedingung, dass sie ihn nie nach Namen und Herkunft frage. Ganz Brabant und auch Elsa erliegen dem geheimnisvollen Zauber, der den fremden und siegreichen Ritter umgibt. Fraglos wird der Fremde als neuer Herrscher anerkannt. Nur Telramund und seiner Gattin Ortrud bleiben das Wunder und das Frageverbot suspekt. Ortrud, aus dem Geschlecht der Friesenfürsten, das ehemals in Brabant herrschte, sieht den Thron unrechtmäßig besetzt und entweiht. Sie stachelt Telramund an, vom fremden Ritter die Offenlegung seiner Herkunft zu fordern. In der Spannung zwischen lichter Welt des Wunders und düsterer Wirklichkeit thematisiert sich die Frage, ob der Mensch das Wunder braucht und auch mit ihm leben kann.

Lohengrin“ ist Richard Wagners populärstes Bühnenwerk. Die Musik lässt bereits im Vorspiel die überlieferten Formen der Oper hinter sich und formt die poetische Idee von Erscheinen und Verschwinden des Wunders in schillernde Klänge, die sich später leitmotivisch über das gesamte Werk ausbreiten.

 

Besetzung        
         
Heinrich der Vogler   Ruben Gerson / Sung-Heon Ha    
Lohengrin   Michael Putsch / Enrico Lee    
Elsa von Brabant   Allison Oakes    
Friedrich von Telramund   Adam Kruzel    
Ortrud, seine Gemahlin   Chariklia Mavropoulou    
Der Heerrufer des Königs   Seymur Karimov    
Vier brabantische Edle   Cameron Becker, Michael Berner, Ruben Gerson /
Sung-Heon Ha, Francis Bouyer / Matthias Degen
   
Vier Edelknaben   Theresa Grabner, Ruth Müller,
Jasmin Etezadzadeh, Misaki Ono
   
Herzog Gottfried,
Elsas Bruder
  Melvin Antes / Andreas Koch    

 

       
 
       
 
       
Fotos und Text: Theater Regensburg
 

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'Das deutsche Mittelalter in einer prägnanten Farbe'

meint Richard Wagner - in 'Mein Leben', München, 1989, auf Seite 224 beschrieben - für seinen 'Lohengrin' gefunden zu haben, als er sich sehr sorgfältig mit den ihm zur Verfügung stehenden Quellen für diese romantische Oper auseinandersetzt. Aus der Grimm'schen Sagensammlung übernimmt er die Motive der Halskette, das Verbringen von Kindern in den Wald und die Verwandlung von Menschen in Schwäne. Als Dramaturg erstellt er so aus den mittelalterlichen Dichtungen und tradierten Überlieferungen ein komprimiertes Handlungsgeflecht, das die Figuren in den zeitlichen Rahmen von drei Tagen stellt. Entscheidend ist allerdings, dass die Handlungsstränge ihre Ausgangslage in der Vorgeschichte des Stückes und damit die Entscheidung für den Ablauf in Ortruds realem oder vermeintlichem Anspruch auf das Herzogtum Brabant haben.


Dies ist der Auslöser für das Geschehen auf der Bühne. Ohne die Grundhaltung der Ortrud gäbe es keine Notwendigkeit, Lohengrin erscheinen zu lassen und das Gift des Zweifels in Elsas Herz zu gießen.

Die Figur der Gegenspielerin der weiblichen Lichtgestalt Elsa, 'Die Böse’, ist nicht in allen Quellen zum 'Lohengrin’ gegeben. Sie wird im 'Baierischen Lohengrin' als 'die von Kleve' angeführt:

 

Daz maer in allen was nû zart,
wan der einen, der ir wirt gevellet wart
von im ze Antwerf, dô er quam geslichen
Un valt mit tioste den von Kleven,
daz man in verquetschet ûdem ros muost heven,
wan im sîn zesmer arme was entwichen.

Diu sprach nû gar zühhteclîh 'ich hân erbiten kûû
Daz ich den degen hân gesehen,
dem sô gar diu menige kann des lobes iehen
und wie er in dem strît die dicke rûme.'

Sie sprach: 'er tiurt die kristenheit.
Sicherlîch, als ir uns, vrouwe, habt geseit,
sô hât der kristen geloube sîn genozzen.
Und waer er niur dar zuo geborn,
daz sîn lop niht adelshalbe waer verlorn.
sô ist ot er weizwann dort her gevlozzen,

Dáz niemant gewizzen kann, welh ent sîn adel reiche.'
daz wort der herzoginne gie
in daz herze, dâ von sie ein route gevie,
die nam ir ab ein snellclîchiu bleiche.

(Cramer, Thomas: Lohengrin, München, 1971, Vers 692, Seite 535)


und bei den Brüdern Grimm als Herzogin von Cleve aufgeführt:
 

Es trug sich aber zu,
daß einmal im Speerwechsel den Herzog von Kleve herunterstach,
und dieser den Arm zerbrach;
neidisch redete da die Clever Herzogin laut unter den Frauen:

"Ein kühner Held mag Lohengrin sein, und Christenglauben scheint er zu haben;
schade, daß Adels halben sein Ruhm gering ist;
denn niemand weiß,
woher ans Land geschwommen kam."
Dies Wort ging der Herzogin von Brabant durchs Herz,
sie errötete und erblich.

(Grimm, Jacob: Lohengrin zu Brabant,

 

Diese Herzogin von Kleve gilt Richard Wagner als Vorlage für die Ortrud, als die Initiatorin des Zweifels in Elsa und damit die Auslöserin der Frage nach der Herkunft von Lohengrin und nach seinem Namen.

Der Name Ortrud – in der am 3. August 1845 in Marienbad von Richard Wagner fertiggestellten Inhaltsangabe noch von Ortrude ausgehend - ist offensichtlich eine Erfindung Richard Wagners – wie auch die Senta im 'Holländer' auf ihn zurückgeht. Jedenfalls wurden bisher keine Hinweise gefunden, die eine Ableitung aus anderen Quellen zulassen.

Am 3. August 1872 notiert Cosima in ihrem Tagebuch: "[...] R. Blickt nach dem Frühstück etwas in die Jordan'schen 'Nibelungen' und muß über ein naives Stehlen lachen "die Friesin Ortrud" sagt Jordan, während R. den Namen Ortrud erfunden und seine Gestalt zur Friesin gemacht hat.[...] (Cosima Wagner, Die Tagebücher, Hrsg. Martin Gregor-Dellin und Dietrich Mack, München, 1976, Band I, Seite 557).

Inwieweit Ortrud im Vergleich zu ihrer Zeit, ihrer Männerumwelt, der Zeitgeschichte, der Gesetzgebung im Sinne derer des 10., des 19. und des 21. Jahrhunderts und in ihrem Verhältnis zu Telramund nun als 'die Böse’ zu bezeichnen ist, geht aus den Quellen nicht hervor.
Dass sie Elsa dazu verleitet, den unbekannten Ritter nach dessen Herkunft zu fragen und dem Namen zu fragen, ist zunächst nichts ehrenrühriges.

Für seine Hell-Dunkel-Dramaturgie, für die Gegenüberstellung von christlicher Heiligkeit und heidnischer Dämonie, für die Polarisierung des Weibes in leidende Idealfrau und aktive Anti-Idealfrau, fand RW in den Quellen vielfältige Bausteine.

Aus den Hinweisen lebendige Bühnengestalten zu machen, war die große Leistung des Dichterkomponisten, wobei die Figur der Ortrud durch unsere veränderte Sicht  auf das 'allein seligmachende' Christentum und die von ihr vertretenen Naturgottheiten noch viele interpretatorische Möglichkeiten enthält.

Ganz entscheidend für die persönliche Entwicklung und in Bezug auf die Gestaltung der Frauenfiguren in Dichtungen und Kompositionen Richard Wagners - speziell hier im 'Lohengrin' - ist das Gastspiel, das die damalige Primadonna der Dresdener Oper in Leipzig gab und welches „[...] meinem künstlerischen Gefühle plötzlich eine neue und für das ganze Leben entscheidende Richtung gab.[...]“ (ML S. 44)

Richard Wagner erlebt Wilhelmine Schröder-Devrient 1829 als Fidelio-Leonore und nimmt stärkste Eindrücke von dieser Vorstellung mit. „[...] Wenn ich auf mein ganzes Leben zurückblicke, finde ich kaum ein Ereignis, welches ich diesem einem in betreff seiner Einwirkung auf mich an die Seite stellen könnte.[...]“
Nach diesem Erlebnis zweifelt er an seinem Talent und er glaubt „[...] erkennen zu müssen, dass eine große Verwirrung, welche nun auf längere Zeit in mein Leben, namentlich in meine Arbeiten eintrat, durch die übermäßige Erfülltheit von dem Eindrucke dieser Kunsterscheinung veranlasst wurde.“ Es kommt soweit, dass er nicht weiß „[...] etwas hervorzubringen, was in unmittelbarem Verhältnis zu dem empfangenen Eindrucke stehen möchte.“ Und er hätte gerne ein Werk schreiben mögen, „welches der Schröder-Devrient würdig gewesen wäre. [...]“ (ML S. 44)

Und er bedauert, dass die sängerischen und darstellerischen Fähigkeiten dieser Ausnahmeerscheinung „[...] nicht als Monument allen Zeiten erkenntlich festgehalten und überliefert werden kann.[...]“ (ML S. 113)

RW hatte, nach dem Eindruck den Wilhelmine Schröder-Devrient in seinen Werken als Adriano im 'Rienzi', Senta im 'Holländer' und Venus im 'Tannhäuser' auf ihn gemacht hat, auch die Rolle der Ortrud für diese Sängerin vorgesehen, wäre es zur geplante Uraufführung des 'Lohengrin' in Dresden gekommen. Die Erfahrungen, die RW mit dieser Sängerin in Bezug auf deren dramatischen Ausdruck und deren Wirkung auf der Bühne machte, können nur den Schluss zulassen, dass er ihr - die mit der Partie der Venus nicht sehr zufrieden war - nun wieder die Möglichkeit des dramatischen Auftritts geben wollte.

"[...] In Gemeinschaft wurde die Besetzung der Hauptpartien durchgesprochen. Die Darsteller derselben hatten Wagner wohl beim Schaffen der Oper lebhaft vorgeschwebt.

                                    Lohengrin – Joseph Tichatscheck
                                    Elsa – Johanna Wagner
                                    Telramund
– Anton Mitterwurzer
                                    Ortrud – Wilhelmine Schröder-Devrient
[...]"

(Richard Wagner Briefe, 'Die Sammlung Burrell', Frankfurt/Main, 1953, S. 183)

Ein wichtiger Anstoß für die Form der dramaturgische Gestaltung der Ortrud ist vor allem der Auftrag für Richard Wagner gewesen, in Dresden nach dem Tod des Musikdirektors Rastelli die 'Euryanthe' von Carl Maria von Weber zu dirigieren. (ML S. 264)
Hier stehen dem lichten, aber leidenden und erduldenden Paar Euryanthe (Sopran) / Adolar (Tenor), die aktive Seite, der Bariton Lysiart und seine Mitspielerin, der Mezzosopran, Eglantine gegenüber. Diese Konstellation – bereits aus der opera seria bekannt - ist die typische Schwarz-Weiß-Malerei des gut / böse Schemas der Opernliteratur. Wie im 'Tannhäuser' der Elisabeth die Venus gegenübersteht, so ist im 'Holländer’ das Schema nur insofern eingehalten, als der Senta die Mary als Mutterrolle und als Alt-Partie beigegeben ist.

Auch im 'Lohengrin' folgt Richard Wagner der allgemein gültigen Vorgabe, dass ein Sopran die lichte Heldin als Dulderin und Erlöserin darstellt und der Mezzosopran den Part der aktiv planenden und gestaltenden Gegenspielerin übernimmt, sieht man davon ab, dass Fricka oder Waltraute mit ähnlichen Rollentypisierungen bezogen auf die Stimmlagen belegt wären, denn Fricka und Waltraute sind keine Negativpartien im Sinne der Eglantine, sondern nur die jeweilige Mahnerin. Brangäne ist die Vertraute Isoldes, Magdalene die Amme von Eva Pogner. Kundry beinhaltet in einer Figur das Negative wie auch das Positive der Erlöserin. Eglantine verhält sich gesetzeswidrig, indem sie sich z.B. der Leichenfledderei schuldig macht.

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Fahr heim! Fahr heim, du stolzer Helde

Während der Entstehung des 'Tannhäuser' – im Mai 1843 hatte er diese Dichtung vollendet – hielt  sich Richard Wagner, nun als wohlbestallter sächsischer Hofkapellmeister in Teplitz zur Kur auf. Hier vernachlässigte er die eigentlichen Kuranwendungen und hatte immer die 'Deutsche Mythologie' von Jacob Grimm bei sich. Die Lektüre belastete ihn durch die Intensität der Darstellung, da “sein ungemein reicher, von jeder Seite her angehäufter und fast nur für den Forscher berechneter Inhalt auf mich  wirkte [...]”, kam er auch nicht dazu “[...] etwas von der Musik des Tannhäuser zu entwerfen [...]”. (ML S. 273)

Er bildete sich ein, krank zu sein, blieb tagelang im Bett “[...] las die deutsche Sagen von Grimm, nahm immer wieder die unbequeme Mythologie vor und war froh [...]” durch eine Reise nach Prag sich ablenken zu können. (ML S. 273)

1845 ist Richard Wagner in Marienbad in Böhmen zur Kur. “[...] Sorgsam hatte ich mir die Lektüre hierzu mitgenommen: die Gedichte Wolfram von Eschenbachs in den Bearbeitungen von Simrock und San Marte, damit im Zusammenhang das anonyme Epos vom ‚Lohengrin’ mit der großen Einleitung von Görres.[...]” (ML S. 315)

Jedoch “[...] gewann die an ihm so bedeutungsvoll haftende Schwanensage durch alle um jene Zeit vermöge meiner Studien mir bekannt gewordenen Züge dieses Mythenkomplexes einen übermäßigen Reiz für meine Phantasie.[...]” (ML S. 315)

Nach der Kenntnisnahme der Quellen Wolframs sowie des anonymen so genannten baierischen Lohengrins und auch der Sage durch die Gebrüder Grimm “[...] erwuchs mir eine bald beängstigend sich steigernde Aufregung: “der Lohengrin stand plötzlich vollkommen gerüstet mit großer Ausführlichkeit in der dramatischen Gestaltung des ganzen Stoffes vor mir. Namentlich gewann die an ihm so bedeutungsvoll haftende Schwanensage durch alle um jene Zeit vermöge meiner Studien mit bekannt gewordenen Züge dieses Mythenkomplexes einen übermäßigen Reiz für meine Phantasie.[...]” (ML Seite S. 315)

Richard Wagner geht zwar nicht weiter darauf ein, um welche Studien es sich handelt. So stellt sich die Frage, ob und inwieweit er über die erwähnte Lektüre hinaus, die er zum Teil schon 1841 in Paris kennen gelernt hatte, er weitere Quellen nach Marienbad mitnimmt.

Um sich vom Stoff des 'Lohengrin' abzulenken, entwirft Richard Wagner zunächst das Konzept für die 'Meistersinger', “[...] dass ich, weil dies ein besonders heitres Sujet war, es für erlaubt hielt diesen weniger aufregenden Gegenstand trotz des ärztlichen Verbotes zu Papier zu bringen. (ML Seite 316) und um den Erfolg der Kur nicht zu gefährden, wehrt sich Richard Wagner förmlich dagegen, sich näher mit dem Stoff des 'Lohengrin' weiter zu befassen.

Wie stark er den Stoff aber bereits verinnerlicht hatte, zeigt die Tatsache, dass er “[...] von solcher Sehnsucht, den 'Lohengrin' aufzuschreiben ergriffen ward, dass ich, unfähig, die für das Bad nötige Stunde abzuwarten, nach wenigen Minuten bereits ungeduldig heraussprang [...] und wie ein Rasender in meine Wohnung lief, um das mich Bedrängende zu Papier zu bringen. Dies wiederholte sich mehrere Tage, bis der ausführliche szenische Plan des 'Lohengrin' ebenfalls niedergeschrieben war.[...]” (ML Seite 316)

Richard Wagner beschreibt selbst, dass er nach dem fragwürdigen Publikums-Erfolg des 'Tannhäuser' nicht zu innerer Ruhe kam, denn danach rief es ihn mit “[...] Macht auf mich selbst zurück, um schnell etwas zu schaffen, worüber ich einzig die beruhigenden und peinigenden Aufregungen, die mir der 'Tannhäuser' verursachte, loswerden konnte.[...]” (ML Seite 339)

Bereits nach den ersten Vorstellungen des 'Tannhäuser': “[...] führte ich das vollständige Gedicht des 'Lohengrin' aus.[...]“ (ML Seite 339 )

Es ist kaum nachzuvollziehen, dass Richard Wagner sich immer wieder noch weitere Quellen zu der Schwanrittersage, gerade auch noch während der Proben und den Aufregungen der ersten Vorstellungen des 'Tannhäuser', zum Fertigstellen des Textes zum 'Lohengrin' erschließen konnte.

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Dass die von RW für den 'Lohengrin' gemäß den Quellen gewählte Folie des Mittelalters heutzutage kaum in eine Opern-Produktion übertragen wird, ist klar erkennbar, stellt aber die Richtigkeit der Vorgehensweise in Bezug auf das Überstülpen einer absurden Szenerie in Frage.

Einem Regisseur werden ja heute kaum noch Hinweise seitens einer Theaterleitung - oder bekam Neuenfels Vorgaben für seine Bayreuther Rattenplage? - gegeben. Wie sah es mit dem Zimmermannsgesellen in MUC aus?
Die Konwitschny-Inszenierung des 'Lohengrin' an der Hamburgischen Staatsoper zeigte – bis auf die überkommentraditionelle Personenführung innerhalb dieser Präsentation – nicht einen schlüssigen Ansatz. Es ging bei der Inszenierung doch nur darum, die Leute so oder so aus den Sitzen zu reißen. Und entsprechend laufender Entwicklung im deutschsprachigen Theater auf dem europäischen Kontinent spielen Intendanten hierbei mehr und mehr mit, um die Auslastung zu sichern, wobei der gebotene Unsinn möglichst immer noch unsinniger gemacht wird.

Solange sich die Präsidentin von 'Richard-Wagner-International' anlässlich einer Veranstaltung in Hannover hören lässt, sie liebe 'modische Inszenierungen' (Zeugen stehen mit ihren Aussagen gerne zur Verfügung), gestaltet gerade sie den Boden für inszenatorische Exzesse wie sie allenthalben zu sehen sind.
Interessanterweise ist der  RWV Regensburg in der Auflistung der im RWV-International zusammengefassten RW-Verbände nicht aufgeführt.

Solange aber die bekannten Signale ausgehen und RW-Verbände für sich festlegen,


Unsere Satzung weist als Zwecke des Verbandes aus

- das Verständnis für das Werk Richard Wagners zu wecken und zu vertiefen,
- die auf Anregung Richard Wagners gegründete Richard-Wagner-Stipendienstiftung zu unterstützen,
- sich für die Bayreuther Festspiele einzusetzen,

 

statt sich in der heutigen Zeit auf die Fahne schreiben, die Werke RWs vor unqualifiziertem Zugriff bewahren zu wollen und die Bayreuther Festspiele nicht mehr zu unterstützen, gerade weil, was, wie dort geboten wird, so steht es um das RW-Gesamtkunstwerk schlecht. Oder geht es den Verbänden bei diesem 'Mund halten' um die Zuweisung von BT-Karten, zumindest für die Vorstände?

Dass die Ausführungen der Dramaturgie des Theaters Regensburg mit Bezug auf die 'Lohengrin'-Produktion im Internet wie auch im Programmheft wieder einmal auf Irreführung des Publikums abzielen - da wird gleich am Anfang der Darstellung behauptet, das Herzogtum Brabant stehe ohne männlichen Thronfolger da - passt in diese Fehlentwicklung.
Diese Vorgehensweise des Verschweigens der Regensburger Bühnenrealität lässt vermuten, dass sich die Dramaturgie nicht in Verbindung mit den Ungereimtheiten der Regensburger 'Lohengrin'-Inszenierung bringen lassen will und deswegen bei den RW-Vorgaben des Inhalts bleibt. Oder will man das Publikum nicht verschrecken, wenn man die tatsächlichen Abläufe auf der Bühne ins Internet stellte?
Dem Publikum wird dort wie auch im Programmheft mit seiner Handlungsbeschreibung vorgegaukelt, es gehe um die Zeit von Heinrich dem Vogler, der auch in der Besetzungsliste genannt wird, so dass die Handlung nach dem Waffenstillstand Heinrich I. mit den Ungarn um 933 einzuordnen ist.
Gespielt wird in Regensburg in einer völlig anderen Szenerie und anderem Zeitrahmen mit schwerwiegenden dramaturgischen Fehlgriffen gegenüber der Sage vom 'Lohengrin', von den Brüdern Grimm in einer Prosafassung aufgezeichnet und in zwei Bänden 'Deutsche Sagen' 1816 und 1818 veröffentlicht.
Die Niederschrift geht auf verschiedenste Quellen zurück und gerade in den Jahren nach der Uraufführung der romantischen Oper von Richard Wagner im Jahr 1850 sind der 'Lohengrin’ und die 'Schwanrittersage’ bis heute Bestandteil von Untersuchungen und wissenschaftlichen Arbeiten wie von Rückert, Panzer, Elster und auch im Rahmen der RW-Gesamtausgabe von Döge und Voss.

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Das Vorspiel zum 1. Akt läuft in RBG bei offenem Vorhang hinter einer Gaze ab, auf die ein sich drehender Kringel projiziert wird.
Man sieht aus dem Dunkel eine weiße Gestalt - ob Herr oder Dame ist nicht auszumachen - mit dem Rücken zum Publikum und aus der Bühnentiefe, auf einem erhöhten Podest ebenfalls weiß gewandet - nach vorne auf das Publikum zuschreitend,
ein Wesen, hier allerdings klar als ein  weibliches einzustufen.
Links erfreut sich durch entsprechende Bewegungen ein Kind an dem Vor-und-zurück eines Schaukelpferdes.
Von links hinten nähert sich dem reitenden Nachwuchs eine - vom Äußerlichen her - Respekt gebietende Person, auch hier ist nicht klar ob Mann, ob Frau, die das Kind anspricht, ihm plötzlich den Mund zuhält, das Kind zappelt, schlägt mit dem Armen um sich, wird von jener Hintergrundfigur mit großer Geste das Schwingens eines Gegenstandes musikalisch auf den Punkt genau wohl erstochen und dann durch eine Öffnung im Bühnenboden entsorgt.


Hierzu meint Herr oder Frau K.-F. Schulter im 'Opernglas' Nr. 12 /2010
 

'Im Regensburger 'Lohengrin' gibt es eine fast immer ausgeblendet bleibende Deutung der Vorgeschichte zu sehen: Während des Vorspiels schleicht Ortrud zu dem auf einem Schaukelpferd sitzenden Knaben Gottfried, ersticht ihn und verscharrt den Leichnam in einer Bodenluke. Danach überträgt sie das Blut an ihren Händen auf Elsas Kleid, sorgt dafür, dass die Rivalin den Dolch nimmt und viele es beobachten. Fertig ist die Mordanklage, es bedarf nur noch des Königs, um sie zu richten. [...]'
 

Woher weiß der Korrespondent des 'Opernglas', dass es sich um Gottfried handelt?
Woher wird die Erkenntnis genommen, dass es Ortrud ist, die heranschleicht?
Wieso wird das Kind verscharrt, dazu müsste doch zu scharrender Bodenbelag vorhanden sein?
Der König richtet ja eben nicht, sondern stützt sich auf das Gottesgericht.

Jetzt gehen nicht nur Inszenierungen fehl, nun wird auch bei den Berichten hierüber Unfug geschrieben. Und dieses 'Opernglas' soll man abonnieren?

Die in dem Journal beschriebene Vorgehensweise der Regie wie auch der übrige Ablauf des Bühnengeschehens stehen nicht im 2- Euro-teuren Programmheft des Theaters Regensburg, für das die Musiktheaterdramaturgin Christina Schmidt die Verantwortung trägt und für das die Mitarbeiterin jeden Monat von der Stadt Regensburg Geld in Form eines Gehaltes aus Steuergeldern bekommt.

Hätte sich der Neugierige
nicht
aus dem Internet die 'Donaukurier'-Bemerkungen von Herrn Dr. Koch gezogen, wäre ihm in keiner Form aufgegangen, dass es sich bei dem Schaukelpferd-Kind um Elsas Bruder Gottfried handeln könnte, der von Ortrud, die ist also nach Dr. Koch diejenige, die von links kam und nun die Leiche durch einen Deckel im Bühnenboden, der wohl noch aus der Regensburger Gürbaca-'Cavalleria'-Inszenierung übrig geblieben ist, als aus der Bühnentiefe der Chor auftrat, nachdem er die dort unten angelegte Champignonzucht bearbeitet hatte, entsorgt.
Übrigens: diese Dame, die den 'Holländer' unter der Gesamtleitung der Frau Harms an der DOB in den Sand setzte, wird jetzt Operndirektorin in der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz.
Überschrift:
'Kein Kommentar!'

Das also soll nun Ortrud sein, die als von links Gekommene sich in die Bühnenmitte begibt und die Hände an dem Kleid, das die auf dem Podest nach vorne Geschrittene, die die Arme in dramatischer Geste hebt, anhat, abwischt.  Nun ist Schmiererei auf dem schönen Gewand.
 
Erschrocken über diese Untat springt die nun Befleckte von dem Podest und eilt nach links hinten. Wohin die Kindermörderin und von der die Schmiererei Ausgehende verschwindet, lässt sich bei der Finsternis, die auf der Bühne herrscht, nicht feststellen - wohl nach rechts.
Mehrere Gestalten, die im Dunklen und somit kaum erkennbar waren, bewegen sich gemächlich nach links hinten, als gingen sie der fliehenden Gestalt im weißen Gewand nach.

 

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Das Vorspiel ist zu Ende und die sänger-un-freundliche Gaze wird nach oben weggezogen.
Auf der Bühne ein großer Raum, ein holzgetäfelter Saal, man wähnt eine Art  Paukboden - jedenfalls sind links an der Wand eine ganze Reihe von Bi-Händern aufgereiht. Eine Gruppe Männer setzt sich beim Beginn der Ansprache des Heerrufers um einen langen Tisch - dieser ist das Podest, das man in der Dunkelheit des Vorspiels nicht zuordnen konnte - der bis weit in die Bühnentiefe reicht. Der Herrenchor ist burschenschaftlich uniformiert gewandet und gibt sich im Spiel so kreuz und quer über den Tisch hin ausgesprochen heiter gestimmt und jovial.

Der Raum verfügt über eine Kassettendecke mit großflächiger Verglasung. Im Hintergrund eine in einem Goldrahmen die Rückwand einnehmende mittelalterlicher Herrscherdarstellung. Rechts ein Rednerpult mit einem darauf stehenden mit Wasser (das darf wohl angenommen werden) gefüllten Glas.

Nach Herrn Dr. Koch
im 'Donaukurier' unter der Headline 'Denkwürdiges Opernspektakel' habe der Regisseur die Handlung in die Gründerzeit verlegt,  womit nach seiner Meinung ausgetretene Pfade eingeschlagen wurden.
Wohl hat er recht, so es zu nennen.
Aber auch Herr Dr. Heldt meint in der 'MZ', es handle sich um ein Geschehen
"im großbürgerlichen Ambiente der Gründerzeit."

Betrachtet man die ganze Produktion, scheint es sich hier eher um eine sonderbare 'Festveranstaltung' der schlagenden Verbindung 'Nothungia e.V.' zu handeln, die anlässlich eines bestimmten Datums in eigenen Festsälen, nach eigenem Gusto und entsprechenden Eingebungen meint, die romantische Oper 'Lohengrin' zur Aufführung bringen zu müssen.
Verstärkt wird dieser Eindruck, da man für alle Arten von Gefechten unter den Mitgliedern und um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein, auch Krankschwestern verpflichtet hat, die die Szene beleben und die hier im 1. Akt links 'an der Wand lang' postiert sind.

Dass die Situation auf der Bühne nichts mit dem historischen Umfeld der eigentlichen 'Lohengrin'-Story gemein hat, fällt auch dem Unerfahrendsten auf.
Immerhin bleibt der Regisseur den ganzen Abend bei der Linie 'Festveranstaltung' der schlagenden Verbindung im Saal der Burschenschaft.
Was er auf die Bühne bringt,
stimmt nämlich nicht mit dem überein, was RW inhaltlich vorgab, stand am Ende der vom Regisseur angepeilten Periode Wilhelm zwei, aber nicht Heinrich eins,
um
zur Heeresfolg' nach Mainz euch zu entbieten,
und der jetzt eben von
der Ungarn Wut
spricht und mit
der Drangsal Grund ich weiss. -
fragt, was da in Brabant los ist.


Friedrich Graf von Telramund erzählt, Elsa, die Tochter des verstorbenen Herzogs von Brabant habe ihren Bruder Gottfried im Wald gelassen als die mit ihm spazieren ging. Nun sei der Knabe unauffindbar. Er, Telramund,  habe, weil die Sache nicht aufgeklärt werden konnte, auf Elsa, die für ihn als Gattin ausersehen war, verzichtet, da diese wohl am Verschwinden Gottfrieds schuld sei.

Rechts aus der Kulisse war inzwischen jemand getreten, den/die - da Telramund - dem/derjenigen die Hand auf den Text
Ortrud, Radbods, des Friesenfürsten Spross
reicht, wohl als die Angesprochene zu identifizieren ist. Sie trägt einen dunklen Hosenanzug mit einem langen roten Schal.
Da diese Produktion nach Herrn Dr. Koch in der Gründerzeit spielt, kann es sich bei der Dame mit dem langen roten Schal unter den Umständen um ein Mitglied der SPD oder ihrer Vorläuferorganisation SPDAP handeln. Noch heute schmückt
dieses Teil die Hälse mancher SPD-Granden.


Alle sind sich einig:
Nicht eh'r zur Scheide kehr' das Schwert,
bis ihm durch Urteil Recht gewährt!


Elsa wird vom Heerrufer herbeizitiert.
Sie kommt von links, geht einmal um den Tisch mit dem Männerchor herum, ersteigt denselben von hinten in der Mitte und kommt auf ihm schrittweise nach vorne an die Tischkante. Der Chor ist stehend erstaunt über diese Tischbesteigung
Wie wunderbar! Welch seltsames Gebaren!


Die Jugendlichdramatische kniet sich hin und gibt leider durch
In lichter Waffenscheine
wenig zielgerichtet Auskunft.


Friedrich von Telramund erinnert in seiner Anklage den König an seine Kämpfe mit den Dänen - da ja das ganze Regensburger burschenschaftliche Festspektakel nach Dres. Koch und Heldt in der Gründerzeit spielt, muss es sich bei dem von Telramund angesprochen Gefechten als er
den wilden Dänen schlug
um den Deutsch-Dänischen Krieg von
1848 bis 1851 oder den 1864 handeln.

Auf der Bühne, im Stück wird man sich einig, ein Gottesgericht, diese dubiose Sache, soll entscheiden, wer nun wie Schuld ist, wer Bruder Gottfried beseitigt hat. Da für Elsa zu kämpfen zunächst keiner bereit ist, muss der Ruf nach einem Kämpfer vom Heerrufer wiederholt werden und Elsa bittet:
Lass mich ihn sehn, wie ich ihn sah,
mit freudig verklärter Miene
wie ich ihn sah, sei er mir nah!

Krankschwestern eilen höchstvorsorglich herbei und stehen neben Elsa: 'Gewehr bei Fuß'.

Da, plötzlich drehen sich alle auf der Bühne Anwesenden mit dem Gesicht nach vorne und singen in Richtung auf die Fürstenloge im 1. Rang:
Seht! Seht! Welch ein seltsam Wunder! Wie?

Mancher im Parkett des Zuschauerraums dreht sich um, schaut in den Rang hinauf und wähnt, jemanden von der Familie T und T dort entdecken zu können.
Als es aber im Text weitergeht mit:
Ein Schwan?
Ein Schwan zieht einen Nachen dort heran!


erkennt jeder, dass es auch bei ausgefeiltester Bühnentechnik kaum möglich ist, ein Schwan habe mitsamt einem Boot dort oben angelegt und das Gehabe muss als lächerlicher Regieeinfall gewertet werden. Dass dem Chor Gelegenheit gegeben werden soll, auf den Dirigenten schauen zu können, ist die eine Sache - den Blickkontakt zu sichern, kann szenisch auch anders gelöst werden.


Das Publikum erkennt rechtzeitig, dass nicht der Fürstenloge, sondern dem Heldenbild an der Rückseite der Bühne ein Herr in einem weißen Anzug barfuss, also ohne Fußbekleidung, entstiegen ist. In der Hand hält er eine weiße Feder und mit einem Winken derselben bedankt er sich mit dem wohl für alle Zeiten gültigen Spruch
'Mein lieber Schwan'
bei etwas, was man nicht sieht.

Interessant für das Publikum ist nun die Frage, wie reagiert Ortrud auf das, was alle gesehen und gehört haben.  Erkennbar ist nichts. Sie bleibt mit dem Rücken zum Auditorium. Weiß sie, dass der fremde Mensch kommen würde und nun da ist? Hat sie ihn herbeigezaubert?
Was meint der Regisseur hierzu?
Für Interpretationen bleibt alles offen und das Programmheft der Musikdramaturgin Christina Schmidt gibt in der Handlungsbeschreibung keinerlei Auskünfte, dass man meint, mit dem Frageverbot sei sie selber bzw. das Publikum gemeint:
Nie sollst Du mich befragen!

Auffallend bei der Gebets-Szene
Mein Herr und Gott, nun ruf ich dich
ist, dass auch Ortrud kniet.

Folgte man dem, was RW vorgab, dann vertritt ja Ortrud noch die alten heidnischen Gottheiten, die von der christlichen Kirche verdrängt werden sollen.  Kniete man vor Wotan und Freia auch?

Zum Schluss des großen Ensembles hängt der Heerrufer Elsa das Schild 'Mörderin' um, das soll wohl die Anklage noch einmal untermauern, obwohl ja keiner weiß, ist Gottfriedchen nun tot oder wie es in den Sagen heißt, die RW als Quellen verwandte, in einen Schwan verwandelt worden.

Der Zweikampf soll beginnen, die Chorherren stampfen mit den Schwertern auf den Boden und nun geschieht etwas völlig Unglaubliches:
Telramund kniet sich hin und hält dem Herrn in Weiß sein Schwert 'in der Vorhalte' entgegen, der haut mit dem seinem drauf, Telramunds Schwert fällt und

Durch Gottes Sieg ist jetzt dein Leben mein:
Ich schenk' es dir, mögst du der Reu' es weihn!


Im Programmheft behauptet Christina Schmidt, die Regensburger Musikdramaturgin, Lohengrin sei der 'Bezwinger' Telramunds.
Wie kommt sie dazu, Friedrich sei 'bezwungen' worden?
Hat er doch freiwillig sein Schwert zum Vernichten hingehalten.


Telramund hat somit überhaupt nicht gekämpft, Ortrud hat ihren Mann auch garnicht bestärkt, mit
Ich baue fest auf seine Kraft,
die, wo er kämpft, ihm Sieg verschafft!
 
loszuschlagen. Während des von RW vorgegebenem Schlagabtausch stand sie regungslos am rechten Portal und blieb da auch in das Finale des 1. Aktes hinein.

Völlig unverständlich - vor allem dieses Fehlverhalten Ortruds - das alles für das gebildete Regensburger Publikum, es stellt fest:
'nichts stimmt!'
 

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2. Akt
Der Bilderrahmen, aus dem der Herr im weißen Anzug während des 1. Aktes entstieg, bildet nun vorne die Bühnenbegrenzung.
Rechts sitzt Ortrud, links Telramund in seiner Uniform auf dem unteren Querbalken des Bilderrahmens und so fallen sie bildlich gesehen, aus demselben - meint wohl der Regisseur.

In der Mitte die hohe Lehne eines Sessels mit dem Rücken zum Publikum, der große Tisch aus dem 1. Akt erstreckt sich wieder bis in die Bühnentiefe in dem holzgetäfelten Festsaal.


Vor dem 
Nennst du deine Feigheit Gott
ist Ortrud aufgestanden und zur Mitte der Bühne auf Telramund zu gegangen, hat ein Tuch - (später stellt sich heraus, dass es ihr und ihres Gatten Umhang ist), das mehr oder weniger zufällig am Bilderrahmen lag, aufgehoben, um dieses nun kraftvoll zu Boden zu schleudern.
Ihre Adjustierung unterstreicht, dass sie dominiert. Sie trägt - soweit erkennbar - das Unterteil ihres Hosenanzuges, eine helle Bluse und der Oberkörper ist geformt durch ein strenges ärmel- und trägerloses Lederwams.

Man diskutiert über den Tisch hinweg.

Die Regensburger Ortrud ist in der Hauptsache damit beschäftigt, Töne zu produzieren und wild zu agieren wie z.B. - wie oben beschrieben - sich beim Gespräch mit Telramund quer über den Tisch zu hangeln, der Text aber geht unter.
Von klarer Diktion und von Endkonsonanten kann keine Rede sein.
Und so geht es den ganzen Abend.
Eine derartige Vorgehensweise darf vom Vollzahler nicht geduldet werden, auch nicht in Regensburg und auch nicht unter dem Aspekt:
'Passt scho - merkt e koaner!' -
So läuft das Ganze ab, unter der Entschuldigung und um bei RW zu blieben:
'ich bin ein Kind und weiß nicht, was ich singe!'
Tonproduzentinnen gibt es wie Sand am Meer, hier aber geht es um die Handlung bestimmenden Texte in deutscher Sprache.

Ortruds Aufforderung gegenüber ihrem Mann, er solle ein Kleines sich von hier entfernen, befolgt Telramund nicht, sondern bleibt am Bilderrahmen unterhalb der Sessellehne sitzen, was den aufmerksamen Beobachter an die Szene im 'Figaro' erinnert, wenn sich Cherubin hinter dem obligaten Sessel vor dem Grafen Almaviva zu verbergen sucht.

Auch szenisch unglücklich das Gespräch Elsa/Ortrud, da beide nur ca. drei Meter, Elsa oben auf dem Tisch, Ortrud unten am Tisch, voneinander stehen und bei voller Bühnenbeleuchtung bei dem
Ortrud! Bist du's?
sich nicht erkennen sollen.

Entweihte Götter
in diesem Ambiente der Regensburger Bühne lässt das Publikum an den Auftritt von ewig nach hinten gewandten Evangelikalen in Amerika gemahnen. 
RW bezeichnet Ortrud, diese seine 'seconda donna' in seinem Brief an Franz Liszt vom 18. Januar 1852 als 'eine nur auf das Alte bedachte und deshalb allem Neuen Feindgesinnte' - passt heute im weitesten Sinne zur Galionsfigur der konservativen Tea-Party-Bewegung.
 

Die quasi 'Versöhnungsszene' der beiden Damen spielt sich auf dem Fußboden ab, Elsa wickelt Ortrud in den Brautschleier und
Es gibt ein Glück, das ohne Reu'!
wie
durch ihren Hochmut werd' ihr Reu'!
flüstert man sich gegenseitig ins Ohr - ohne dass die andere es verstehen soll.
Nun, ja !?

Verwandlung bei geschlossenem Vorhang.

Wenn sich dieser wieder öffnet, ist das Publikum geblendet.
Der gesamte Herrenchor stehend in schneeweißen Umhängen.


Um für den Zug der Damen-Chorgemeinschaft  den Boden zu bereiten, legen die Herren ihre weißen Gewänder ab, auf dass Elsa mit ihren Frauen über einen weißen Teppich schreiten kann.

Ein erkaltender Effekt folgt sogleich, als nämlich auf einer langen Stange ein Lampion in Form eines Schwanes hereingetragen wird, dessen Inneres mit vielen leuchtenden Glühbirnchen illuminiert ist.
Unwillkürlich ist man an St. Martin mit 'Laterne, Laterne' oder an Inszenierungen der 'Meistersinger', als im dritten Akt
die Zünfte auf der Festwiese mit ihren Standessymbolen Einzug hielten, erinnert. Das war allerdings zu Zeiten als man in BT die Stücke spielte, ohne ihnen eine unsinnige Szene überzustülpen und das Werk zu verhunzen.

Der Streit der beiden Damen - Ortrud übrigens zur Tarnung im gleichen weißen Umhang wie die übrigen Chorbrüder - um den Vortritt zum Münster, nimmt interessante Formen an.
Ortrud wickelt sich beim
Kannst du ihn nennen, kannst du uns es sagen,
mit großen Bewegungen schwingend die Zipfel des Umhangs um die Arme, zupft an den Blüten des Brautstraußes und knallt diesen dann auf den Boden.

Das
Gesegnet sollst du schreiten!

ermöglicht, die Bühnenrückwand zu öffnen, um sich
vor Gott.
zu begeben.

Doch nein, Überraschung - wieder ein Regiestreich des Michael Sturm.
Sobald das 'Nie sollst du mich befragen - Motiv' erklingt, sieht man Elsa auf das Publikum zuschreiten, als habe sie sich in der Richtung geirrt oder es sich mit dem Hochzeitsfest doch anderes überlegt und will die Ehe mit dem Fremden nicht eingehen.

Den am Boden liegenden Braustrauß nimmt sicherheitshalber mal der Heerrufer an sich.
Das Publikum bleibt ratlos zurück.
Vornehm kommentiert es:
's'ist seltsam, sehr seltsam!'

Auf bayerisch: 'A rechter Schmarrn is des!
 

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Der/die geneigte Zuschauer/in ist erstaunt, dass der Abend nach der Pause mit dem 3. Akt weitergeht, hatte man angenommen, das Stück sei erledigt, da Elsa nach dem Willen von Regisseur Michael Sturm am Ende des 2. Aktes vor dem Altar floh und nun nach dem Vorspiel zum 3. Akt und dem Brautzug Elsa doch im Brautgemach anzutreffen ist.

Als Szenerie zeigt sich der holzvertäfelte Saal, die Rückwand ist wieder geschlossen, mit dem nach vorne gefallenen und nun auf dem Boden liegenden Bilderrahmen,  auf den der Chor ein Linnen legt.
Unter dem Gekicher des Publikums werden vom Chor Kissen auf die Fläche gehäuft, es werden Blütenblätter gestreut, man stürzt auf die Knie, singt aus bereitliegenden Liederbüchern
Treulich bewacht bleibet zurück
 

Die beiden ersten Protagonisten treten auf und bei
Höchstes Vertraun
sind Elsa und der Fremde auf das Lotterbett gestiegen. D
ie beiden steigern sich ins fragen wollen und dieses abwehren.
Aber der Informierte weiß, es kommt zum
Unselig holder Mann,
hör, was ich dich muss fragen!
Den Namen sag mir an!


Elsa schwant etwas und so schaut sie zur Fürstenloge im 1. Rang und wähnt, den Schwan auf der Wasserflut heranschwimmen zu sehen. Eigentlich müsste sie aus dem 1. Akt wissen, dass in Regensburg der Schwan, wenn überhaupt, dann immer von hinten, aus der Bühnentiefe kommt.

Mit seinen Mannen versucht
Telramund, die beiden Hochzeiter zu überrumpeln, er steigt auf das Bett, schwing sein Schwert, Elsa besinnt sich und warnt den weiß Gewandeten
Rette dich! Dein Schwert, dein Schwert!

und wie gerufen erscheinen von allen Seiten Krankenschwestern, die allerdings in größerer Entfernung erkennen, nichts mehr ausrichten zu können, der Mann in Weiß war schneller, er schlug zu, Telramund fällt auf das Bett.

Langsam erholt man sich, das Licht in den drei linken Fenstern wird zusehend heller und beleuchtet so die grauenvolle Szene, Elsa beugt sich über Telramund, versucht eine Herzmassage - ohne Erfolg, bis der Herr im weißen Anzug bestimmt
Tragt den Erschlagnen vor des Königs Gericht!

Unter dem Aspekt, dass Elsa am Ende des 2. Aktes quasi vor das Hintreten den Traualtar floh, stellt sich nun die Frage, ist es zum Vollzug der Ehe doch noch gekommen, denn der fremde Mensch in Weiß spricht mit

Sie vor den König zu geleiten,
schmückt Elsa, meine süsse Frau!
Dort will ich Antwort ihr bereiten,
dass sie des Gatten Art erschau'.


von 'Frau' und 'Gatte'.
Über diesen Fragen, die sich zwangsläufig aus den gezeigten szenischen Ungereimtheiten ergeben, schließt der Vorhang für die Verwandlung.


Danach die Szenerie mit holzgetäfeltem Festsaal wie im ersten Akt, die Chorherrschaften schauen gebannt ins Publikum, während sie
Für deutsches Land das deutsche Schwert!
So sei des Reiches Kraft bewährt!

anstimmen.

Die Mannen des Telramund tragen die Bahre mit dem angeblich darunter liegenden Friedrich herbei, dem Zug folgt Elsa
Wie ist ihr Antlitz trüb und bleiche!

Alles ist betroffen von dem Anblick, auch dass der Unbekannte nun in einem dunklen Anzug mit Schuhen an den Füßen, erscheint, Elsa sich ihm an den Hals wirft, auf dass sich die Chordamen mit dem Gesicht zur Wand drehen, es naht die 'Gralserzählung'.

Nach Aufklärung der Identität des Herrn in Schwarz springt alles auf, singt nach vorne, zeigt in Richtung Fürstenloge und behauptet wieder einmal fälschlicherweise, es nahe von dort aus dem
1. Rang der schon aus dem 1. Akt bekannte Schwan.

Lohengrin ist an der Bühnenrückwand vor das Bild mit der mittelalterlichen Fürsten-Darstellung getreten, hat nun eine schwarze Feder in der Hand. Er spricht die für alle Zeiten und für alle Fälle des Lebens gültigen Worte aus
Mein lieber Schwan!

steigt auf den Tisch und kommt bis ganz nach vorne an dessen Kante. Da ihm die im Text von RW vorgegebenen Requisiten Horn, Schwert, Ring - möglicherweise aus Gründen drohender Budgetüberschreitung - nicht mitgegeben werden, wedelt Lohengrin mit der schwarzen Feder in der Luft herum und deutet diese Insignien an.

Ort
rud betritt regelgerecht die Bühne und verkündet
Am Kettlein, das ich um ihn wand,
ersah ich wohl, wer dieser Schwan:
Es ist der Erbe von Brabant!


Also weiß sie, wer der Schwan ist, wieso aber hat sie im 1. Akt ein Kind 'gemeuchelt' - wie sich Herr Dr. Koch im 'Donaukurier' ausdrückt?
Oder ist das Kind garnicht tot, sondern hat durch großes schauspielerisches Talent begünstigt, das Publikum in die Irre geführt und lebt vielleicht noch. Aber da war doch Blut abgewischt am Kleid der Elsa. 

Während
Ortruds

Nun gibt der Schwan ihm Heimgeleit:
Der Held, wär' länger er geblieben,
den Bruder hätt' er auch befreit!
 

erscheint an der Bühnenrückwand in dem Bild mit der Fürsten-Darstellung ein junger Mensch in Schwarz.
Ortruds Worte
Erfahrt, wie sich die Götter rächen,
von deren Huld ihr euch gewandt!


hängen im Zusammenhang mit diesem Regensburger Regiekonzept völlig in der Luft  oder soll wieder an Frau Palin erinnert werden?

Elsa kommt auf dem Tisch nach vorne, schwingt Lohengrins schwarze Feder - Lohengrin steigt
von der Bühne in das Bild - vielleicht soll das der Nachen sein, von dem im Text geredet wird - der junge Mensch in Schwarz begibt sich hinter Elsa an die Tischkante.

Auf das
Seht da den Herzog von Brabant!
Zum Führer sei er euch ernannt!


verlischt das Licht im Bild/Nachen des Lohengrin, Elsa hebt die Arme, lässt ein
Mein Gatte! Mein Gatte!

ertönen, kniet vor dem jungen Menschen nieder, der ja nun der lebendige Herzog von Brabant sein soll - und wird - von ihm auf das allgemeine
Weh!

des Chores erstochen.
Der junge Mörder geht auf dem Tisch nach hinten ab, Ortrud steht feixend daneben.

Wieso ersticht der junge Herzog von Brabant sein Schwester Elsa?

Das Stück ist aus -

Re
sultat: Konfusion total - das Publikum im Parkett fragt:
'was soll der Quatsch?'

In diesem Zusammenhang
ist zu bemängeln, dass der Regisseur offensichtlich für die Ränge und nicht für die teueren Plätze unten arbeitete. Gänzlich andere Einsichten lassen sich aus dem 3. Rang gewinnen und man sieht Regieeinfälle, die aus den ersten Reihen des Parketts nicht erkennbar sind.
Auch ist nur aus dem Rang sichtbar, dass die Mannen des Telramund von Burschenschaftlern
erschlagen werden und dann bis zum Ende des Stückes links herumliegen, so dass man dunklere Schuhsohle und Absatz wie hellen Zwischenteil - dort wo meist der Preis klebt - sehen kann.
Diese Problematik, dass man aus dem Parkett nicht alles erkennt, gilt auch für das Schlussbild mit dem Kind, auf den Armlehnen des Sessels stehend, den Arm hebend, als wolle es zeigen:
'Heil'-Kräuter, so hoch sans g'standen',
den Arm dann senkt, auf dass der Chor sich setzt.

Beginn eines totalitären Systems unter Führung von Ortrud oder was soll das werden?
Nach gut unterrichteten Kreisen habe die Musikdramaturgin anlässlich der 'Lohengrin'-Premierenfeier keine schlüssigen Information zu diesem Fragenkomplex geben können oder wollen.

Schlimm, dass die Regensburger und Angereiste sich das alles gefallen lassen und applaudieren. Oder verstehen sie nicht, was die da oben tun?

Mit Gottfried als Mörder der eigenen Schwester Elsa kann der erlösende kindliche Herrscher wie er von Vergil bis zu Hugo von Hofmannsthals in der ersten Fassung von 'Der Turm' die Literatur durchzieht, nicht Realität werden.
 
Fazit:
Und solche Arbeiten des Regensburger Theaters werden nun massenhaft subventioniert.

Wie kommt der Regisseur Michael Sturm dazu, das Geld der Stadt auf diese Weise auszugeben, warum fällt ihm die Musikdramaturgin und vor allem der Theaterdirektor nicht in den Arm, den ja irgendeiner vor Jahren engagiert hat.

Kein Wunder, dass SPD-Bürgermeister Wolbergs die Existenz 'Theater Regensburg' zugunsten des Fußballvereins 'Jahn Regensburg' infrage stellt.

Es wird sich das Drama im Rahmen der jetzt abgelaufenen Ausschreibung für eine neue Intendanz und ein ebensolches Generalmusikariat des Theaters Regensburg ja wohl nicht wiederholen, denn Frau SPD-Neuner ist ja mit von der Partie, nämlich in der Findungskommission.


DH
 


*17.3.2005
Oberbürgermeister Johannes Schaidinger:
"Wir wollen mehr sein, als die Metropole der Oberpfalz!"

 

 

 
   

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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