Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 

 



Bemerkungen zu einer Veranstaltung der Uni Hildesheim:

'Transkulturelle Vermittlungskonzepte
mit niederschwelligen partizipativen Ansätzen
bei veränderter Kommunikation'
 

 


InterKulturBarometer Deutchland

Diese Untersuchung - warum da ein Gerät zur Messung des Luftdrucks bezogen auf NN in die Namensgebung einbezogen wurde - wäre zunächst einmal zu klären.

Aufgabe ansonsten war, herauszufinden, ob sich der mit öffentlichen Geldern geförderte Kulturbetrieb auf Deutsche wie Migranten gleichermaßen erstrecken kann.

Eine Erkenntnis ergab sich insofern, als soziale Hintergründe beim Aufwachsen von Migrantenkindern in der zweiten und dritten Generation besonderer Beachtung bedürfen, denn waren die 'Großeltern' noch freiwillig in die BRD gekommen, so sind die nachfolgenden Gruppen zwangsläufig hier, haben sich an die sozialen 'Möglichkeiten' - 'ich will Hartz Vierer werden wie mein Vater' - gewöhnt, sehen die hiesigen kulturellen Angebote für sich selber als nicht zutreffend und - kommen somit einfach nicht. Außer, es handelt sich um Pop oder Film oder Sport.

Beim Theater stellen Schwellenängste ein Hindernis dar, was für Migranten ebenso wie für 'Deutsche mit deutschem Hintergrund' gilt - man versteht die Zusammenhänge nicht, weiß mit dem Dargebotenen nichts anzufangen, kann sich nicht einbringen, man weiß sich nicht zu äußern, da man Regie und/oder Dramaturgie mit ihrer wichtigtuerischen pseudowissenschaftlichen Ausgrenzungssprache nicht versteht.
Kommentar der Zuhörer: 'Was quatscht der/die da?'

Auch wird über die Schulen ganz offensichtlich, qualitativ wie auch vom Umfang her, nicht genügend vermittelt.
Bayerische Einser-Abiturientin zum Thema Schillers 'Kabale' - "ach, da war doch was mit 'ner Limonade".
Bezeichnend dies in Bezug auf Lehrpläne und Vermittlung von Werten.
Der Schlüssel liegt aber immer - vor 40 Jahren wie heute - bei den Schulen und auch den Kindergärten, kulturelle Bildung früh zu vermitteln, ist entscheidend, um Zugang zum Leben in einem anderen Umfeld, als dem bisher gewohnten, zu ermöglichen.

Pforzheim versucht, das Theater auch in Migranten-Kreise - dem diese ja besonders skeptisch gegenüber stehen - zu tragen.
In der Migranten-Gruppe der ersten Generation interessierten sich noch 37 Prozent für die heimische Kultur, aus der sie kamen, in der zweiten Gruppe fanden bereits 75 Prozent Gefallen an der Populär-Kultur und 30 Prozent der dritten Generation steht der Klassik offener gegenüber.

Deutsche wie Migranten-Kinder müssen an die Hand genommen und an Kunst und Kultur herangeführt werden wie an alle anderen Disziplinen - um Neigungen zu erkennen, um sich dann mit Interesse weiterzubilden - ihre Akzeptanz in der Gesellschaft steigt mit der eigenen Entfaltung auf einem Gebiet, das nach dem Talent des Einzelnen von ihm gewählt wurde.
So macht es auch Migranten Spaß, Deutsche/r zu werden.

In Kunst und Kultur ist es besonders wichtig, die Jugendlichen aktiv tätig werden zu lassen und aus dem rein passiven Konsum eines Angebotes herauszuholen.

Pforzheim hat hier ein spezielles Projekt seit vier Jahren im Programm. Über fremdfinanziertes 'stage enter' werden Jugendliche aus bildungsfernen Schichten, aus verschiedenen Nationalitäten und Religionszugehörigkeiten mit Profis zusammengebracht, um sie mit einem hochklassischen Stück über einen längeren Probenzeittraum in ein Abendprogramm zu führen.

Die Teilnehmer wurden nicht nach Talent 'gecastet', sondern nach der Maxime, wem könnte diese Aktion etwas geben, wen könnte man aus dem Täglichen herauslocken.

Der Erfolg bestätigt dem Haus, dass die Bemühungen notwendig sind, denn es ergeben sich aus Multiplikatoren zusätzliche Publikumsschichten, da die Aktiven für das Theater begeistert werden konnten und nun Familien, Freunde und Bekannte mitbringen. Diese integrierten Aktiven wirken positiv auf Außenstehende und entwickeln eine Sogwirkung.
 

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Die Theater haben sich schon in den siebziger Jahren den 'Ausländern' mit Stücken wie 'Ein Fest bei Papadakis' geöffnet, in den Achtzigern kamen die Frauenrechte auf die Bühne und nun schreibt John von Düffel, Dramaturg am DT in Berlin, ein Stück nach Goldoni 'Diener zweier Herren - Hunger integriert', Migranten sind so einbezogen.

Dass nicht mehr getan werden könne, liege an den Zwängen des heutigen Kulturbetriebes, man mache weniger Theater, sondern verwalte Geld, nach der Maßgabe, wie könne man sparen und wie die Zuschauerzahlen akzeptabel halten. Die Sicherheit, die das subventionierte 'Weiße Rössl' mit 98 Prozent Platzauslastung gibt, führt dazu, dass wie in der Bundesliga auf gewonnene Spiele geachtet wird, beim Theater die Menge der Zuschauer den Ausschlag gibt, denn sonst müsse der Trainer, sprich Intendant, gehen.
Die Konsequenz sei ein sehr vorsichtiges Agieren bei den Theatern.

Leider handelt es sich aus Sicht der Steuerzahler oft um ein weniger zurückhaltendes Vorgehen, denn es werden hier Steuergelder verschwendet und zudem noch der Bildungsauftrag nicht erfüllt.

Fraglos im Sinne der Integration ein sinnvolles Unterfangen, Besetzungen so anzulegen, dass z.B. eine 'Ausländerin' die Luise übernimmt und ein Deutscher den Ferdinand in 'Kabale' spielt, um hier ein gesellschaftliches Gefälle aufzuzeigen. Allerdings sind die Vorgaben des Autors zu berücksichtigen.

Wenn wie am Braunschweiger Staatstheater das Publikum mit Steuergeldern bei Laune gehalten werden soll und die dortige 'Kabale' dann nichts mit den Schiller'schen Intentionen, nämlich den Absolutismus im 18. Jahrhundert, das Verkaufen von Soldaten in den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zur Generierung von Geldern für die Mätressenwirtschaft in Württemberg aufzuzeigen, zu tun hat, dann ist es egal, wer welche Rolle spielt, jeder Besucher, der sich für das Stück interessiert, sieht, dass die Produktion zu Lasten des Steuerzahlers 'vermurkst' ist - 'Freiheit der Kunst' - hin oder her.
Jungendliche sitzen im dritten Rang und spielen mangels Interesse an dem auf der Bühne Gebotenen mit ihrem Smartphone.
 

 

Staatstheater Braunschweig

'Kabale und Liebe'
von Friedrich Schiller

Bemerkungen eines Vollzahlers zur szenischen Umsetzung von

'Luise und Ferdinand im Irgendwo'
Schauspiel von Katrin Breschke und Daniela Löffner

Eventuelle Ähnlichkeiten mit
'Kabale und Liebe'
von Friedrich Schiller
wären rein zufällig
 


Somit bekommt bei dieser Produktion - ob Deutscher oder Migrant - einen völlig falschen Eindruck vom Stück und den Überlegungen des Autors.

Des Braunschweiger Staatstheaters 'Giovanni' war ein Witz:
http://www.heerrufer.de/Bemerkungen_zu_'Don_Giovanni'_im_'Staatstheater_Braunschweig'.htm

und des Braunschweiger Staatstheaters 'Tristan' war ebenso völlig daneben:
http://www.heerrufer.de/Bemerkungen_zu_'Tristan_und_Isolde'_im_'Staatstheater_Braunschweig'.htm

Wobei man sich Deutscher und Migrant streiten können, über welche der Braunschweiger Inszenierungen man lachen oder wegen der Respektlosigkeit dem Autor gegenüber bei gleichzeitiger  Zerstörung des Stückes - mithilfe öffentlicher Gelder - weinen sollte.

Leider fehlt die kulturelle Bildung bei Schülern wie auch den Erwachsenen, die sich nur selten gegen solche Verfälschungs-Exzesse auflehnen wie ausnahmsweise jetzt beim 'Woyzeck' in Hannover.

In Berlin am DT jubelte das Publikum in Unkenntnis des Stückes dem Ferdinand zu wie er sich kopfüber, kopfunter die Wände rauf und runter hangelte.

http://www.heerrufer.de/Bemerkungen_zu_'Kabale_und_Liebe'_Deutsches_Theater_Berlin.htm

oder an Ostermeiers Berliner Schaubühne gleich die Rolle des 'von Kalb' gestrichen ist.

http://www.heerrufer.de/Kritik_'Kabale_und_Liebe_-_Schaubuehne_Berlin_01.11.09.htm

 

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Transkulturelle Vermittlungskonzepte mit niederschwelligen partizipativen Ansätzen bei veränderter Kommunikation müssen angedacht werden, wobei sich hier auch der Vertrieb der Eintrittskarten verändern muss - man bietet beispielsweise ein Kartenkontingent beim türkischen Gemüsehändler an, um Migranten den Weg zur Theaterkasse mit seinen Unannehmlichkeiten zu ersparen.

Ausgelagerte Migranten-Projekte finden selten Abnehmer, selbst wenn Zuschauer an die Hand genommen werden - scheitert ein solches Unterfangen.
Wegen mangelnder Akzeptanz sind die Theater dann in den seltensten Fällen bereit, weitere Aktionen aufzulegen, da sie zu sehr risikobehaftet sind, die Auslastung betreffend, die Quote vermiesen, was sich bei der Frage nach einer Verlängerung des Vertrages negativ auswirken kann.
Gerade hier litt Pforzheim 2002/2003 besonders, als bereits wenige Monate nach Dienstantritt die Theaterleitung 'Schaden nahm'.

Trennung zwischen deutschem Kanon und speziellen Projekten für 'Berufs-Migranten' ist der  Eingliederungsidee abträglich und damit auch negativ auszuweisen. Wertevermittlung bedeutet auch die Antwort auf die Frage:
'Was bringst du mit - an was können wir uns im Hinblick auf ein erweitertes Weltbild orientieren, ohne dass wir uns etwas klaglos überstülpen'.
Eine Reduzierung auf eine, die jeweils heimische, Dimension ist fatal.

Immerhin stünden doch 'immense Mengen' an Steuergeldern für Integrationsprojekte zur Verfügung - (man hört den 'Bund der Steuerzahler' laut aufstöhnen) -, die für derartige interkulturelle Projekte genutzt werden könnten, ohne wie im Buch 'Der Kulturinfarkt' vorgeschlagen, die Hälfte der Kultur-Einrichtungen in Deutschland zu schließen, um die Gelder dann frei zu verteilen.

Grundsätzlich ist die möglichst frühe Beschäftigung der Menschen mit den kulturellen Bewegungen in ihrem jeweiligen Lebensraum wichtig.

Deswegen, raus mit den Kindern in die Kitas, ob Deutsche, ob Migranten, weg vom Rockzipfel der Mütter, nicht da hängen bleiben, nur weil den Hausfrauen bei Koalitionsverhandlungen eine 'Herdprämie' versprochen wurde und mit dem Geld zu Hause geblieben werden kann.
 

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Dass die Moderatorin der Podiumsrunde - Publikum wurde vom Gespräch ferngehalten, 'sie können sich ja in den Gesprächspausen austauschen' - die neueste Inszenierung von Goethes 'Iphigenie' ans 'Stadttheater Meiningen' verlegt, dürfte Ansgar Haag nicht freuen, steht er doch dem Südthüringischen Staatstheater als Intendant vor - man sieht wie weit Wissenschaft von Praxis entfernt ist. Auch weiß die Dame nach eigenem Bekunden nicht, ob Theater Auflagen zu erfüllen haben, ein bestimmtes Repertoire zu spielen.

Dass Spielpläne Rücksicht auf Lehrpläne nehmen sollen, scheint hier unbekannt zu sein.

Wie meinte ein allseits bekannter Besucher nach Vorstellen der Studie zur Mittagspause vor seiner abrupten Abreise:
'Das machen wir doch schon alles!
- Rausgeschmissenes Geld - Studie wie auch Symposium.
Ich lass mir doch nicht so in den Spielplan reinreden.'

Und Lars-Ole Walburg, Schauspielintendant am Staatstheater Hannover, ließ am 2. April 2012 in der HAZ feststellen:
"Wir haben Angebote, die sich auch oder gezielt an Migranten und Menschen aus sozial schwachen Milieus richten, schon immer im Programm."
 

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Um 'Missverständnisse zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing
im Bund der Steuerzahler Bayern

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