Optimal sehen Sie diese Seite mit einer Auflösung von 1024 x 768 Pixel !

 

 
     Theater Regensburg  - 23. Juni 2006

     'Amelia'
     oder
    'Ein Maskenball' 


   Musik von Giuseppe Verdi
   Text von Antonio Somma

   'Es war eine rauschende Ballnacht'
 
   
         
 

Am 29. März 1792 starb an einer Blutvergiftung der schwedische König Gustav III., geboren am 24. Januar 1746, die er sich durch die Verwundung beim Attentat auf ihn in der Nacht auf den am 17. März 1793 zugezogen hatte.
 
Der Attentäter, Johann Jakob Anckarström, wurde durch die gezielten Recherchen des Stockholmer Polizeichefs Liljensparre sehr schnell ermittelt, er gab den Überfall zu und wurde am 27. April 1792 – nur 30-jährig – enthauptet.
 
Hintergrund dieses Attentates waren die Spannungen, die sich aus Gustav III. Haltung dem schwedischen Adel gegenüber entwickelten, denn er hatte kurz nach dem Tod seines Vaters - am 12 2.1771 - durch einen Putsch kurz nach seiner Thronbesteigung den Adel in Schranken verwiesen, dessen Rechte beschnitten und damit brüskiert, der vorher selber den Status des Königs herabgemindert hatte.

 
Gustav III., ein Schöngeist, Sohn der Luise Ulrike von Schweden – einer Schwester Friedrichs II. von Preußen - und König Adolf I. von Schweden wurde von General Scheffer und Graf Tessin erzogen, wobei sich die Anlagen eines schnellen Verstandes gepaart mit einer großen Eloquenz positiv entwickelten.
 
Diese Fähigkeiten ermöglichten ihm – eine ausgesprochene Höflichkeit und Freundlichkeit kamen hinzu – das Volk und die Soldaten für sich zu gewinnen. Im Falle des Militärs wird sicherlich seine Mutter Königin Luise Ulrike ihren Einfluss geltend gemacht haben, die als Tochter von Friedrich Wilhelm I. sich bereits in der Jugend sehr für die Bewaffnung Preußens interessierte und so zu einer Lieblingstochter des Soldatenkönigs wurde. Die Erziehung der Kinder Friedrich Wilhelms von Preußen war spartanisch, hart – die Jugendfreundschaft des jungen Friedrich mit seinem Freund Hans Herrmann von Katte endete 1730 mit dessen Enthauptung wegen des gemeinsamen Fluchtversuchs aus der Festung Küstrin und somit aus der Aufsicht des Vaters.
 
Königin Luise Ulrike führte auf Schloss Drottningholm seit ihrer – vom Bruder Friedrich II. gewünschten - Heirat am 29. August 1744 kunstsinnige Zirkel, die ihre Auswirkungen auf die Erziehung des Sohnes Gustav haben mussten – so wurde das Theater seine große Leidenschaft.
 
Er heiratete 1770 die Dänische Prinzessin Sophia Magdalena – mit der die Ehe erst 1777 vollzogen wurde – Spekulationen blieben nicht aus und die Berichte vom Hofe zeigten die anderen Interessen des jungen Königs. So war die sehr enge Freundschaft und angebliche homoerotische Liebschaft mit Gustav Mauritz von Armfelt, der nach dem Tod Gustavs nach Petersburg floh und erst unter dessen Nachfolger an den Hof zurückkehrte, bekannt und hinzu kam der ungehinderte Zutritt junger Pagen zum König.

Der schwedische Adel verweigerte sich dem König, die Opposition im Lande wuchs, auch bedingt durch die Ausgabenfreudigkeit des Königs. Gesetze, Gelder dem König zur Verfügung zu stellen, scheiterten im Reichsrat.

Ein von ihm ausgerufener Krieg gegen Russland wurde vom Adel nicht unterstützt, der führte im Geheimen Waffestillstandsgespräche mit der Zarin.

Es kam zum Komplott der Grafen Ringberg und Horn sowie Anckarström, die sich an der den revolutionären Veränderungen in Frankreich orientierten, während Gustav III. die Freundschaft mit Ludwig VI. und Marie Antoniette pflegte und nicht daran dachte, sich seine königlichen Privilegien durch den schwedischen Adel beschneiden zu lassen.


Die Opposition loste, wer den König beseitigen sollte, die Wahl fiel auf Anckarström. Dieser war nie der Freund Gustavs, sondern immer sein Gegner, vor allem seit er der Hinrichtung eines Verschwörers aus einem Attentatsversuch im Winter 1791/92 zusehen musste, beschloss er König Gustav III., den er als blutrünstig wohl auch wegen dessen Krieges gegen Russland ansah, umzubringen.
Der Anschlag gelang und der schwedische König starb an den Folgen der Schussverletzung, die ihm vom Attentäter während des Maskenballs in der Nacht vom 16. auf den 17. März 1792 zugefügt wurde.

 

Eugène Scribe (1791 - 1861) nahm als Textdichter diese historischen Vorgaben auf und schrieb ’Gustave III. ou le Bal masqué’. Er übertrug die Freundschaft im Äußeren des von Armfeldt auf Anckarstöm mit Gustav III. und erfand die Liebesgeschichte von Gustav und Amelia, der Frau von Anckarström.

Scribe machte sich die französische Geschichtsbegeisterung zu nutze, die aus den Romanen von Sir Walter Scott resultierte und durch die Ausstattung der Werke auf den Pariser Bühnen das Publikum in Euphorie versetzte.
Als Librettist zahlreicher Opern erfand er die Texte für ’Fra Diavolo’, ‘Die Stumme von Portici’, ‘Die weiße Dame’, ‘Robert der Teufel’ und eben zum ‘Maskenball’ wie auch ‘Die Jüdin’, ‘Die Hugenotten’.
In den beiden letztgenannten zeigt er auf der einen Seite die Progromsituation auf der anderen das Morden der Bartholomäusnacht.
Der Mensch wird als Alleinverantwortlicher gezeigt in leidenschaftlichen Situationen, ausgelöst durch unterschiedliche Auffassungen bei den Religionen, Rassenkonflikten oder gesellschaftlich - herrschaftlichen Auswüchsen.

In seinem Bureau beschäftigte er eine Reihe von Schriftstellern, wobei jede Gruppe innerhalb des Gesamt-Teams bestimmte Aufgaben für die 'Story' übernahm. 150 Theaterstücke sind allein für das Gymnasetheater entstanden und in einer Sammlung 'Repertoire du Théâtre de Madame' zusammengefasst.
Von seinen Sprechstücken ist lediglich 'Das Glas Wasser' ein heute noch gegebenes Werk - verfilmt mit Gustav Gründgens, Hilde Krahl, Liselotte Pulver als Königin Anna und Horst Janson.
Selbst wenn Scribe auf Schauspielbühnen nicht mehr so präsent ist, so hat die 'Erfindung' der Tantiemenzahlung ihre nachhaltige Wirkung nicht verloren.

Scribes Bühnenerfolge ließen auch schon 1837 Richard Wagner Kontakte zu ihm aufnehmen, indem er versuchte, über den französischen Autor seine Werke der französischen Oper zuzuführen „“[...] und suchte mich mit Scribe in Paris wegen eines von mir entworfenen, einem Roman von H. König entnommenen Sujets ‘Die hohe Braut’ in Verbindung zu setzen. [...]“
Damit nicht genug, ließ er später den szenischen Entwurf ins französische übersetzen und sandte ihn während seine Aufenthaltes in Königsberg mit der Partitur des ‘Liebesverbots’ an Scribe, um den “[...] den berühmten Operntextdichter [...]“ davon zu überzeugen, dass er der Richtige und Wert zur Vermittlung sei. Er überlasse ihm die Rechte am Entwurf, wenn er, Scribe; ihm den Auftrag zur Komposition verschaffe.
Seinen Schwager Eduard Avenarius, der die Filiale des Brockhaus’schen Verlages in Paris übernommen hatte, bat er von Riga aus mit Scribe Kontakt aufzunehmen. Der große Meister erinnerte sich mühsam an ‘Die hohe Braut’ und dass darin eine ‘joueunse de harpe’ vorgekommen sei. Richard Wagner klammerte sich fortan bis zu seinem persönlichen Kennenlernen, dass Scribe sich mit ihm beschäftige und selbst Minna wurde positiv gestimmt, als ein Brief des Schwagers Avenarius eintraf mit einem beigelegten Schreiben Scribes, eben wegen der hohen Braut. Sie meinten beide, nun nach Paris ins Glück aufbrechen zu müssen, um sich an Scribe zu hängen.
Dort allerdings musst er erleben, dass Kostproben aus ‘Das Liebesverbot’ Scribe nur ein vornehmes Lächeln hervorriefen er aber bereits sei „[...] sofort einen Text für mich zu arrangieren, sobald die Administration der Oper mir die Komposition desselben aufgetragen würde [...]“. Der kommissarische Leiter der Pariser Oper, Eduard Monnaie, allerdings machte Wagner keine Hoffnungen, einen solchen Auftrag erteilen zu können und so musste Richard Wagner einsehen, Scribe hatte sich nur aus Artigkeit ihm zugewandt.

 

Schon bald nach der Fertigstellung der Urfassung Scribes vertonte Daniel Francois Esprit Auber die Vorlage des Maskenballs, die so am 27. Februar 1833 den Weg auf die Bühne des Théatre de l'Acâdémie Royale de Musique in Paris fand.

Im Stile der Grand Opéra stellte sich diese fünfaktige Fassung vor, wobei der letzte Aufzug - die Ballszene - mit großer Opulent präsentiert wurde.
Mit Bestechungsgeldern verschaffte sich die Pariser haute volée Zugang zur Vorstellung und mischte sich unter die Gäste des Balles am Hofe des schwedischen Königs. Nach einigen Vorstellungen wurde wegen der zeitlich ausgedehnten und festlichen Produktion nur noch der letzte Akt gespielt, damit die Herrschaften den Ball unmittelbar und ausgiebig miterleben konnten. Musikalisch blieb den Parisern der 'Galoppe Gustave' im Ohr - man pfiff ihn auf den Boulevards.

Aber auch in Hamburg wollte man am 29. Oktober 1834 den Parisern nicht nachstehen und so schlängelte sich das Publikum für den fünften Akt durch die Kulissen auf die Bühne und man feierte den Maskenball wie die übrigen Darsteller.

 

Das Werk fand wegen der Anstößigkeit eines Mordes an einem gekrönten Haupt besonders im Ausland nicht immer genügend Beifall, so dass z.B. für die Erstaufführung in Wien am 26. September 1835 eine bearbeitete Fassung 'Die Ballnacht' gewählt wurde.
Aus dem König wurde ein Herzog Olaf, aus Anckarström ein Graf Reutersholm, aus Amélie die Amalie und aus der Arvedson eine Kartenschlägerin, namens Adverson, der Page hieß nun Gustav - die übrigen Figuren bekamen ebenfalls andere Namen, Ort war eine nordische Seestadt und am Ende sollte das Ehepaar nach Finnland als Botschafter nebst Gattin gehen.
Das Finale war völlig anders angelegt: die Arvedson kommt auf den Ball, tritt dazwischen, als gegen den König der Mörder das Messer erhebt. Dieser sieht den Plan, den König zu ermorden, als gescheitert an und stößt sich selbst das Messer in die Brust.

Bedingt durch die familiäre Nähe zu Gustav III. - Herzogin Alexandrine war die Urenkelin Gustavs III. - wählte man in Coburg am 25. Januar 1852 eine abgemilderte Fassung.
Der König hieß Edmund, der Vertraute des Königs wurde Axelson genannt, dessen Gattin führte den Vorname Melanie, der Page hieß Ivar - nur die Arvedson stimmte wieder - ein Ort der Handlung war gar nicht angegeben.

Auch die Bezeichnung der Rollen für eine südeuropäische Fassung für Palermo ist interessant.
Hier wird aus dem schwedischen König ein Don Pedro, Herzog von Taragona, Vizekönig von Neapel und Sizilien - der Vertraute des Königs nennt sich Graf Alesi, dessen Frau heißt Bianca, die Arvedson nun Avarda, der Page nannte sich Carlo.

In der ersten deutschen Übersetzung hieß Ankarsröms Gattin Malvine und der Liebhaber des Königs war als Kriegsminister mit im Spiel und hieß wie die reale Person: Armfeldt.

 

1859 stellte Giuseppe Verdi seine Original-Version des ’Ballo in Mascera’ in Rom vor, die in Neapel von der Zensur verboten wurde und erst in der so genannten Bostoner Fassung 1859 in Rom gespielt werden durfte.

Gegenüber dem Originalwerk Scribes wird bedingt durch die neapolitanische Zensur aus dem König von Schweden der Gouverneur von Boston, Richard Graf von Warwick, aus Anckarsröm der Sekretär René, um den gesellschaftlichen Abstand und die Emotionalität Renés zu steigern aus dem schwedischen Grafen, ein Kreole, also ein Mischling aus Mohr und Weißem, erhalten bleibt die Wahrsagerin, allerdings ähnelt sie mehr der Tituba in Hexenjagd von Arthur Miller besonders in Bezug auf die Teufelsbeschwörung.

Verdi und sein Librettist Antonio Somma übernahmen die Figurenkonstellation und bezogen auch Wahrsagerin und Pagen mit ein, reduzieren aber das Geschehen auf die Amoure zwischen dem Gouverneur Richard und der Frau des Sekretärs René, das Verhältnis mit Amelia, die sich daraus ergebende Eifersuchtsepiosde Anckarströms und somit eines seiner Motive für die Ermordung des Gegenspielers.

Dass es bei den Gegenspielern Tom und Samuel auch über politische Notwendigkeiten bei der Beseitigung Richards geht, kann kaum bemerkt werden. Der eine beklagt den Tod des Bruders, der andere die Requirierung des Schlosses durch den Gouverneur. Im Vordergrund steht René, als angeblich betrogener Ehemann.
Gerade in der Bostoner Fassung lässt sich die politische Situation der Abhängigkeit von der britischen Krone und die Unabhängigkeitsbestrebungen aufzeigen. Hinzu kommt die Situation im puritanischen Osten der damals noch nicht vereinigten Staaten von Nordamerika.

 

 

 

 

 

 
                                                      Theater Regensburg  23.06.06
Ein Maskenball
Die Schwarzen
Musikalische Leitung
  Georgios Vranos
Inszenierung
  Gregor Horres
Bühne und Kostüme
  Frank Lichtenberg
Chöre
  Karl Andreas Mehling
Licht
  Klaus Herbert Welz
Dramaturgie
  Christina Schmidt
   

Die Personen und ihre Darsteller, der am 23. Juni 2006 besuchten Vorstellung
gemäß Besetzungszettel als Beilage zum Programmheft
 
   
Riccardo, König Jung-Hwan Choi
Renato, sein Vertrauter Jin-Ho Yoo
Amelia, Renatos Frau Christina Lamberti
Ulrika Jordanka Milkova
Oscar Ilonka Vöckel
Silvano, Matrose Seymur Karimov
Samuel Martin-Jan Nijhof
Tom Jóhann Smári Saevarsson
Richter Karsten Münster
Diener Amelias Arpad Vulkan
   
   

What a woman - Christina Lamberti - es braucht nicht gesagt zu werden: "Alles Licht auf sie" - Regensburg leuchtet durch einen neuen jugendlich-dramatischen Sopran.
Endlich mal etwas handfestes - nichts gegen Katarina Leitgeb - aber diese Dame als Elvira - armer Don Gionvanni und auch Donna Anna muss sich vorsehen. Frau Lamberti ist einfach da, das ist Tosca, das ist Troubadour-Leonore - spannend, nochmals sei es ausgeführt, werden ihre Vitellia oder Desdemona.
Nun hat sie es leicht in diesen opulenten Lichtenberg-Kleidern. Aber wie sie sich darin bewegt - raunte sie jetzt: "Der Wind hat mir ein Lied erzählt!" - jeder sähe Zarah Leander vor sich.

Leider hat sie nun aber z.B. "Hier ist der grauenvolle Ort" von sich zu geben, was ja nun übers b aufs hohe C führt. Und da zeigt sich, dass sie eben nicht den tonfreundlichen Rundkopf der Gattin des RBG-Theaterdirektors hat, sondern im schmalen Kopf die Töne relativ schmal führt. Das ist in der unteren wie oberen Mittellage rund und kein Problem, aber dann so ab dem g wird's halt eng, zumal wenn sie Druck macht. Das c³ hat sie zwar, aber eben nicht eingebettet in ein sattes Timbre.
Das verhaltenere "Der Tod sei mir willkommen" gelingt ihr zweifelsohne besser, muss sie nicht so powern.

Völlig überraschend nach einer unterbelichteten Carmen in Pforzheim in der Regie des RBG- Theaterdirektors nun die Ulrica von Jordanca Milkova. Hier ist es nicht so sehr die Bühnenpräsenz - sie steht ziemlich verlassen von der Regie in einem 'ring of fire' - die das Publikum anspricht, sondern eine gleichmäßig durch die Register geführt Stimme, mit einem Sättigungsgrad, der verblüfft. Immerhin geht es bis aufs as und alles kommt ohne Spur von Enge oder gar von Schärfe - frappierend.
Der Jubel des Publikums war ihr gewiss.

Der neue Tenor, ein Koreaner, ganz ohne Knödel, ohne nasal zu klingen, etwas eng nach oben, locker, selbstverständlich im Spiel als machte er seit der Wiege nichts anderes als sich auf einer Bühne zu bewegen, der Richard von Jung-Hwan Choi. Ein 28-Jähriger unverkrampft agierender Tenor. Natürlich kann er in dem Alter nicht die Fülle in der Stimme unten wie in der Mittellage haben, wie es sein sollte, aber Regensburg muss nun mal nehmen was zu bekommen ist - einen Mexikaner hatte man nach Bonn gehen zu lassen, weil der Oberbürgermeister Regensburgs - Kultur ist Chefsache - lieber eine Stadthalle am Donaumarkt bauen will, als dem Theater entsprechend Geld zu geben, dass jeden Abend Jubel am Bismarckplatz herrscht.
Da wird dem Schlingensief Geld irgendwo hinein geschoben - "ich würde es wieder machen", meinte der OB nach dem vom Chaoten versprochenen 'ich mach dich fertig Regensburg' - es ist nicht zu fassen. Leider kann sich der RBG-Theaterdirektor nicht durchsetzen, obwohl er doch jetzt auf den Putz hauen könnte, ist er doch bis 2012 verlängert und Clubmitglied, das hat ja schon mal genutzt, nur der OB ist in demselben Verein und da ist das mit dem Erfolg schon nicht so gewiss.

Der zweite Koreaner - Jin-Ho Yoo - durfte nun doch Renato singen, da Adam Kruzel eine Magenverstimmung nahm. Eigentlich war Herrn Yoo ja der RGB-Theaterdirektor gram, denn Korea lockte den Bariton mit Geld und Papageno, aber hier hätte er im 'Medium' tätig sein müssen. "Wie alles sich fügt", konnte er doch so seine Renato-Rolleninterpretation dem Regensburger Publikum in der Premiere darlegen - dieses war entzückt. Wenn auch die Stimme dem Beobachter etwas zu wenig Kern hat und damit wattig klingt, spielte er sich als fast gehörnter Ehemann in die Herzen.
Nun wechselt er an die Staatsoper nach Hannover - er wird zu beobachten sein. Der Laves-Bau am Opernplatz ist doch um mehr als das doppelte größer.

Wie gewohnt, reizend: Ilonka Vöckel - hier als Oscar. Es fällt auf, dass die Stimme runder geworden ist, wo es früher gelegentlich piepsig klang. Wie Soubretten so sind: beschwingt in Ton und Bewegung, stimmig, selbst wenn das Tongebilde im letzen Bild arg ins Wanken geriet, weil das Rührwerk des Kapellmeisters Irritationen auf der Bühne hervorrief.
Aber was soll's: Die Dresdener Staatsoperette wartet auf sie.

Stimmlich und darstellerisch überraschend, der Silvano von Seymur Karimov. Bewährt Jóhann Smári Saevarsson als Tom und - so richtig schmierig wie er da zur Seite geht, da steht, das gezogene Los in der Hand hält und weiß, wer der Mörder sein wird: Martin-Jan Nijho als Samuel.

Unverkennbar mit seinen typischen Übertreibungen in der Körpersprache nach dem Motto "schon wieder Klamotte" Karsten Münster als Richter.

War noch am Premierenabend Amelias Diener im Internet mit Arpad Vulkan ausgewiesen, fehlte er gänzlich auf dem roten Besetzungszettel, der Beilage zum Programmheft. Spricht alles für sich.

 

Die ganze Darstellung der Dramaturgie, alles war in den letzten Wochen und ist auch jetzt - sehr merkwürdig.
Im Internet gab es erst nur Gouverneur, dann König, Matrose, Richter und Diener - am Besetzungszettel im Programmheft gibt es nun plötzlich zur Premiere einen König, seinen Vertrauten, die Frau des Vertrauten, dann den Matrosen und plötzlich zwei Verschwörer und natürlich hier auch den Richter - wie oben gesagt, der Diener Amelias fehlte.

Der Interessierte fragt sich natürlich während der Vorstellung: was ist da los ?
Gesungen wird immerfort vom 'Conte' und auf der Göhring'schen Übertitelungsanlage steht immer was von 'König'. Bei Verdi und Somma gibt es aber keinen 'König Riccardo'. Also, wie erwartet, Verwirrung durch die Dramaturgie mit ihrer Regensburger Mischfassung, zu der die Schriften an der Wand durch die Übertitel beitragen.
Wo kämen wir denn hin, wenn wir konsequent wären.

Ganz schlecht, reduziert der Regisseur die Geschichte auf die Amoure des Hauptabteilungsleiters mit der Frau des Gruppenleiters - grundsätzlich muss das schief gehen.
In diesem Maskenball wird aber in der Urfassung eben der schwedische Adel eingespielt, der sich durch Gustav III. in seinen Privilegien reduziert sieht.
Schon in der Boston-Fasssung funktioniert das nicht mehr, wenn dass Volk auf der Straße einen Gouverneur nämlich den der englischen Krone in Boston bejubelt, ist schon schwer nachzuvollziehen. Die beiden, Tom und Samuel, könnten nach Unabhängigkeit strebende Freiheitskämpfer sein. Nur stimmt dann der Text nicht mehr, wenn von erschlagenem Bruder und weggenommenen Schloss der Ahnen die Rede ist.
In Regensburg entschied sich die oberste Leitung dann für einen 'König Riccardo' von Irgendwo, blieb aber beim Conte im italienischen Text der Boston-Fassung.

 

Das Beste des Abends: das Lichtenberg'sche Bühnenbild und die Kostüme. Nebenbei bemerkt, den Horres hätte man sich sparen können, die paar Gänge hätte Lichtenberg als Regisseur auch hinbekommen.
Mit den Bauten auf der Drehbühne werden Bilder vorgeführt, die den Charakter der jeweiligen Szene unterstreichen: die fallgefährlichen Treppen bei Hofe - hübsch der Fundus unter der Treppe mit den Fischerkleidern - der Untergrund mit der vorziehbaren Gasring-Schublade bei Ulrica, das imaginäre Raum-Etwas des Galgenbergs mit der Rampe für die Titanic-Assoziation, die Studierstube Renatos mit der lächelnden Amelia in besseren Zeiten, das Schlussbild mit dem bodenlägrigen Theater.

Immer nimmt sich Gregor Horres der Sänger an - mag Lichtenberg hinten auch noch so viel Bauten drehen und wenden - die Sänger stehen vorne am Graben, am Dirigenten - was in dem Zusammenhang zwar nicht hilft, aber sie sind dran am Publikum.
Kein Portal oben, kein Portal an den Seiten hindern bei der Tonentfaltung, nach vorne und eben direkt und so alles nach vorne.
Leider wird es bei anderen Produktionen eben nicht so sein und dann ist das Gejammer der Protagonisten wieder groß.

Der Chor ist meist hinten, füllt die Drehbühne - gut studiert von Karl Andreas Mehling. Der kann aber auch nicht verhindern, dass ein deutliches Notenaufrühren von einem Herrn, der nicht genannt sein soll, Durcheinander hervorruft.

Zum Schluss bekommt der Affe szenisch Zucker: der Kronleuchter fährt runter, das Licht im Zuschauerraum geht an, der Chor steht im dritten Rang und singt und unten auf der projizierten Fürstenloge stirbt Graf / König / Riccardo - dass Publikum gerät ob des Effektes aus dem Häuschen.

Der Jubel - groß an diesem Abend im Theater der Metropole der Oberpfalz - wäre genug Geld da, hätte man erstklassige Kräfte, könnte es immer ein Fest sein.
Die Außenwirkung für die Stadt Regensburg wäre entsprechend groß, irgendwelche Raketen in Berlin wie im September 2004 vom OB im Rahmen der 2010-Bewerbung gefordert, könnten unterbleiben. Aber da hatte man ihn ja missverstanden - wie so oft, wenn es in eine nicht kalkulierte Richtung geht - dann heißt es eben seitens des OB: "Ich bin missverstanden worden!"
Von wegen !

 


 


Als Premieren-Abonnent Theater Regensburg und Abnehmer von Karten aus dem freien Verkauf veröffentliche ich auf dieser privaten Homepage meine Meinung.
Ich
verstehe die Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf nach meiner Auffassung zu Geglücktem oder Misslungenem.
Neben Sachaussagen enthalten die Texte auch Überspitztes und Satire.
Für diese nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5 Grundgesetz in Anspruch.
In die Texte baue ich gelegentlich Fehler ein, um Kommentare herauszufordern.
Dieter Hansing