Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften 
zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 


Damals in Regensburg

09. Juli 2006

Thema des Tages

 

 Theater Regensburg
   
Repertoire-Vorstellung
'Ein Maskenball'
am 9.7.06

  
"König des Abgrunds, zeige dich"

 

Pausengespräch

Griast' eahna Frau Doblinger - san's aloans do?

Ja, mei Mo is dahoam bliem, weg'n Fußball.

So a Schmarrn, die spiel'n doch wieder so lang, bis oaner g'wunna hot.
Wie g'fallt eahna denn heut omds ?

Jo mei, ganz schee is, wie die Bühne sich oallerweil draht und damit die Sänger net oabi fall'n, stellt's der Regisseur vorn hi, so san's sicher. Viel umeinander renna brauchn's net - des is scho sehr angenehm, wissn's mit die lange Kleider, do bleim's vielleicht irgend wo hänga und falln's vielleicht a no hi. Na, so is guat.

Song's a mol Frau Doblinger, hom's scho Paganini g'habt?

Jo freilich, scho zwa Mal, aber i hob mer denkt, wen ham's denn do engagiert, des nette Manschkerl do als Geiger. Letzt Joahr woar oana do, der hoat den Text net kennt und is mit am Zedl auftret'n und da hob i g'hört, do hoams no oan g'habt, so a großer mit blonde Locken aber der is hoam g'fahrn, der hot nimmer bleib'm wolln.

Und heut Omd?

Jo, i waos ja net, scho wieder a Chines' - ober ma derf nix sog'n.

Sog'ns nix, Frau Doblinger, gegen die Ausländer - die brauch mer, wer soll denn in Rent'n-Kassa einzohl'n, mir hob'n ja kein Leut mehra do, die zohln. Do ko ka Rent'n sicher san. 
 

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Leider war von den Damen nicht mehr zu erfahren, wie sie den Abend fanden.

Vielleicht ist ihnen aber doch aufgefallen, dass von 'Riccardo' und vom 'Conte' die Rede war und es auf der Übertitelung "Der König kommt " heißt. Solche Ungereimtheiten irritieren und lassen ein Licht besonderer Art auf die Leitung des Hauses und die Dramaturgie werfen.

Recht haben die Damen aus dem Parkett, dass der Regisseur unnötige Gänge für die Solisten vermeidet, sie stehen vorn am Graben und singen das Publikum direkt an, der Blick zum Dirigenten ist so auch besser gewährleistet und das ist, da Herr Vranos wieder dirigiert, auch dringend geraten. Musikalisches Unheil kann so vermieden werden - wurde aber trotzdem nicht.

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Nun, nach der Premiere ist die Spannung nicht mehr so groß, es spielt sich ein und nicht immer wird einem hohen Ton entgegengebangt.

Melanie Schneider zeigte als 'Oscar' eine außergewöhnlich souveräne Leistung, ist die Koloratur doch ihr Fach und je höher die Töne, desto lieber singt sie sie. Aber ihr ganzes Tongebäude steht sicher, sitzt, ohne irgendwelche Schärfen.
Das Spiel ist bei ihr nie ein Problem gewesen - wenn sie auch gelegentlich etwas deutlich wird.
Aber besser so, als langweilig rumgestanden.

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Das Liebespaar Jung-Hwan Choi der 'Riccardo' - König von Irgendwo - auf der Übertitelung und dem Besetzungszettel - im gesungenen Text 'Conte' - die Damen hatten es richtig beobachtet - sang heute etwas unbeteiligt und belegt, wie es schien, nicht so dabei wie bei der Premiere - der Arie 'Wohl kam im sichren Heime' blieb so der Beifall versagt.
Die Regensburger Opernbesucher haben feine Ohren, wenn auch sonst behauptet wird, mit dem Intellekt sei es so eine Sache, wenn es den Wunsch des Oberbürgermeisters nach einer Stadthalle am Donaumarkt betrifft.

Christina Lamberti als 'Amelia' hat auch in die Rolle und Inszenierung gefunden.
Dem Paar gelang das hohe C am Ende des Duetts so, dass es auch von beiden im selben Moment beendet wurde, obwohl es bei ihm das hohe C gar nicht sein müsste.

Frau Lamberti könnte es sich erlauben, zu reduzieren und verinnerlichter zu singen, die Sorge, nicht 'drüber' zu kommen, ist unbegründet. Es gelingen ihr nämlich schöne Phrasen. Bei der ganz hohen Lage ist das natürlich so eine Sache, da ist Kraft auch notwendig - aber die Gefahr für einen 'Schrei' ist dann auch groß.
Warum die beiden sich nun am Galgenberg zum Duett in den Dreck legen müssen, wird ungeklärt bleiben.
Eigenartig auch, ohne überhaupt hinzuschauen, weiß Riccardo, dass Renato naht - auch albern, dass Amelia sich das Kopftuch nicht übers Gesicht ziehen darf. So weiß doch jeder, 'who is who' und ein Bariton ist nie so dämlich, das nicht sofort zu durchschauen.
Ganz klar sagt Renato auch zu Amelia: "stützet euch nur auf mich." In der Regensburger Inszenierung denkt sie natürlich nicht daran, was ihr empfohlen, zu tun, steht meilenweit von ihm weg und gerät natürlich unter die Verschwörer.

Jordanka Milkowa füllt die 'Ulrica' sängerisch wieder fulminant aus, unter der besonderen Schwierigkeit, aufpassen zu müssen, nicht in den Gasflammen aufzugehen.
Warum sie von den Verschwörern umgebracht wird, ist schleierhaft. Natürlich kann sich der Zuschauer da viel zusammenreimen. 

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Adam Kruzel mit seinem satten und wohl tönendem Bariton, heute als 'Renato'. Dezent markiert er die Alkoholszene - ohne eben besoffen herumzutorkeln. Verzweiflung und Rachegedanken sind die Auslöser für die Arie 'Ja, nur du hast dies Herz mir entwendet' - die er hier vor dem Konterfei seiner Frau singt - wen meint er nun mit dem, 'nur du hast dies Herz mir entfremdet?'
In der nächsten Spielzeit wird er dann Renato wieder sein, vielleicht bekommen wir bis dahin heraus, warum die Szene mit der Alkoholfahne vor dem Bild Amelias zu absolvieren ist.

 

Wackler wieder im Orchester, schaut da überhaupt keiner zum Dirigenten oder rührt der die Noten jeden Abend anders auf ?
Das schwere Blech gelegentlich daneben - die Sänger bei den Tempi irritiert.

Und so auch das Publikum - sehr deutlich waren die Abstufungen beim Beifall zu hören.
Ein Gast für den 'erkrankten' Herrn Saevarsson - zwei Sängerkollegen aus Passau im Zuschauerraum mit dabei - was werden die über das Gefuchtel im Graben denken.

Aber das Metropol-Theater der Oberpfalz zu Regensburg hat ja einen Direktor für's Allgemeine und einen Generaldirektor für die Musik, die Abhilfe schaffen könnten.

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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