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04.01.2010 - dradio.de

 


Damals in Regensburg

14.04.2007

Theater Regensburg
 

'Kleiner Mann, was nun?'

 
Premiere
 


 
'Junge Frau, jetzt los!'
 


1932 erschien der Roman 'Kleiner Mann, was nun?' von Hans Fallada, eigentlich
Rudolf Ditzen, den Tankred Dorst und Peter Zadek 1972 am Bochumer Schauspielhaus bearbeiteten und als Revue herausbrachten.

Nun inszeniere der Oberspielleiter Schauspiel Michael Bleiziffer mit fast dem kompletten Schauspielensemble und dem gesamten Ballettensemble diese Revue für Regensburg. Hinzu komme eine Life-Band.

Friederike Bernau, die Produktionsdramaturgin, gab am 8.4.07 Details während einer Einführungs-Matinee dem Publikum bekannt. Danach wurde Hans Fallada 1893 als Sohn eines Landrichters in Greifswald geboren, wuchs im Geburtsort und in Leipzig auf – schon als Jugendlicher mit Krankheiten geplagt, ein Fahrradunfall fesselte ihn für fast ein Jahr ans Bett, in einem Duell, das als Doppelselbstmord geplant war, tötete er einen Freund, der anschließende Selbstmord gelang nicht, es blieb bei einer schweren Verletzung, dem folgte ein Aufenthalt in einem Nervensanatorium.
Fallada hatte Zeit seines Lebens mit Süchten zu kämpfen, Rauschgifte, wobei Alkohol
und Nikotin noch die harmlosesten Rauschgifte darstellten.

Nach Lehren in der Landwirtschaft – der Futtermittelfabrikant Kleinholz im Stück korrespondiert mit den Kenntnissen über Kartoffelanbau -
konnte der Dichter nach Auskunft der Frau Produktionsdramaturgin dreihundert verschiedene Kartoffelsorten vom ausschließlichen Ansehen unterscheiden und
namentlich benennen.

Das Pseudonym wurde Rudolf Ditzen 1920 nahegelegt, die Vergangenheit um das Duell vergessen zu machen und den Schutz der Angehörigen zu ermöglichen wie auch den Verkauf seiner ersten Veröffentlichung nicht zu erschweren.

Die Problematik seiner Jugend lag auch in Schwierigkeiten zwischen Vater und Sohn – meinte die Produktionsdramaturgin, immer wieder Einbrüche in die Morphium-Sucht, finanzielle Probleme durch Beschaffungskriminalität, Unterschlagungen – was alles einen festen Halt unter den Füßen zu finden nicht sehr zuträglich gewesen sein soll, meinte Frau Bernau. In eine Ruhephase sei er gekommen, als er Ende der 20-er Jahre seine Frau ’Suse’ kennenlernte und in ihr diejenige fand, die ihm Partnerin wurde, eine kleine Familie als Ruhepool schaffte und das Vorbild der Figur des 'Lämmchens' im ’Kleinen Mann’ ergab.

Wieder trifft er Rowohlt, den Verleger, mit dem er schon Anfang der 20er Jahre zusammenarbeitete und der ihm jetzt eine Halbtags-Stelle im Verlag direkt anbietet, so dass Fallada in der zweiten Hälfte des Tages seine literarischen Arbeiten ausführen und den ’Kleinen Mann’ schaffen konnte.

In diesem Stück zeichnet er die Menschen der Zeit mit ihren Problemen durch Arbeitslosigkeit, Geldwertverlust, die versuchen, sich eine kleine Welt aufzubauen – ohne großes politisches Engagement. Diese Auslegung des Stückes traf auch den Nerv der Menschen in anderen Ländern, so dass das Buch bereits ein Jahr nach seinem Erscheinen in zehn verschiedene Sprachen übersetzt wurde.

Bei den Spielplan-Besprechungen sei man auf dieses Stück gestoßen, da man ein Werk suchte, das in die heutige Zeit passt und deren Problematik mit Arbeitslosigkeit, Stellensuche, Ausgrenzung aufzeigt. Trotz dieser Parallelen werde die Regensburger Inszenierung das Stück in den 30er-Jahren zeigen.

Fallada – meinte die Frau Produktionsdramaturgin – sei mit seinem Gesamtwerk immer gerade so an den Schwierigkeiten, die sich durch die Naziherrschaft der Jahre ergaben, vorbeigekommen, ohne besondere Repressionen zu erfahren. Zwar sollte der ’Kleine Mann’ in den 30-er Jahren verfilmt werden, Kurt Weil sollte die Musik zum Film schreiben, Kaspar Neher war für die Ausstattung vorgesehen – der Umsturz nach dem Reichstagsbrand vereitelte das Vorhaben.

Fallada sei es laut der Frau Produktionsdramaturgin gelungen, durch das Verfassen von Kinderbüchern auf Nebengebieten tätig zu sein und sich zu arrangieren – doch das
3. Reich habe sein Schaffen zunehmend abgelehnt.
Damit fand er keine Anerkennung seines Wirkens mehr, was für ihn psychisch belastend war und ihn wieder in die Drogenabhängigkeit führte.

In einem Streit mit seiner Frau Suse sei ein Schuss gefallen, der seine Frau wohl nicht töten sollte, ihn aber durch die Einschaltung eines Arztes in eine Heilanstalt brachte.
Später heiratete er die morphiumabhängige Ursula Losch, so dass für ihn kein Wegkommen von der Sucht gegeben war.

 

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Thematisiert werde der aufkommende Nationalsozialismus nicht sonderlich, führte die Produktionsdramaturgin aus, deutlicher werde in der Inszenierung die Weltwirtschaftskrise und die damit im Zusammenhang stehende Arbeitslosigkeit, in der fast alle Szenen verankert und linear nach unten gerichtet seien.
Immer wieder komme Hoffnung auf, man könne sich noch etablieren und am Schluss stünde doch die Arbeitslosigkeit und damit einhergehend der Verlust des Selbstwertgefühls, was einer Beziehung im Lauf der Entwicklung nicht gut tue.

Dies sei die Geschichte, mit der man als Grundstory zu tun habe.
Da sie über sehr viel dramatisches Potential verfüge, sei sie schon sehr früh verfilmt worden wie auch z.B. durch die DEFA von 1967. Hier werde der DDR-Zeigefinger erhoben, der Zeitbezug zur Inflation deutlich herausgestellt, aber die Geschichte sei doch sehr schön erzählt.

Auch für die Bühne sei das Stück mehrfach eingerichtet worden, so erging auch der Auftrag an Tankred Dorst, 'Kleiner Mann' für die Wiedereröffnung des Bochumer Schauspiels zu dramatisieren.
Sie, Dorst und Zadek, verbanden die Spielszenen mit Musik aus den 20e / 30er Jahren. Vergleichbar sei das dem Stück ’Cabaret’ – meinte die Produktionsdramaturgin und oberste Öffentlichkeitsarbeiterin des Theaters der Metropole der Oberpfalz in ihrem Einführungsvortrag. Mit der Musik werde der Blick auf die große Welt geöffnet und der ’Tanz auf dem Vulkan’ angedeutet.

Der Kotau vor dem Regensburger Theaterdirektor folgte dann durch den Oberspielleiter Schauspiel.
Er habe anfänglich nicht gedacht, dass die Produktion so groß werden könne. Der Intendant habe aber frühzeitig gesagt, dass ’Kleiner Mann’ das umfangreichste Projekt dieser Spielzeit sein werde.

“Da dachte ich, das kann doch wohl nicht sein, das ist doch nur eine kleine Geschichte, aber ich bin jetzt zwei Wochen vor der Premiere der Meinung, dass er absolut recht hatte.“

(Na, also, wer würde denn auch wagen, den Überblick und die große Erfahrung in allen Theaterangelegenheiten des Regensburger Theaterdirektors in Zweifel zu ziehen.)

Die beteiligten Ensembles Schauspiel und Ballett seien nicht überfordert, aber es sei doch hart, was im Moment geleistet werden müsse. Ihn, Bleiziffer,  habe schon immer interessiert, seit er in Regensburg an einen Drei-Sparten-Betrieb sei (was ja nur möglich wurde, weil gezielte Informationen an die seinerzeitige Theaterleitung gelangten, einen anderen Oberspielleiter Schauspiel einzusetzen als den damaligen  - Anmerkung des regionalen Beobachters) “wie man es wohl hinbekommt“ ein spartenübergreifendes Projekt zu realisieren.
Es sei immer gut für Schauspieler, Tänzern zuzugucken wie sie arbeiten und für Tänzer sei es auch gut zu sehen wie Schauspieler arbeiten, obwohl alle das gleiche Umfeld hätten und das sei die Bühne.

Was ihn konzeptionell an diesem Werk besonders interessiert habe, sei es gewesen, ein Schauspiel mit Musik zu machen, er wolle das Unternehmen nicht unbedingt als ’Revue’ bezeichnen.
Er wolle eine ganze klare Gesichte um zwei junge Menschen erzählen, sie werden ein Kind bekommen, das Leben scheine ganz bunt zu sein, aber es gehe immer weiter abwärts und das Leben werde dann immer schwarz / weißer.

Inhaltlich sei es eine nachvollziehbare, anrührende Geschichte, formal ergebe sich eigentlich die Herausforderung dadurch, wie man das Ganze in einen Fluss bekomme, die Revue-Ebene und die Geschichte der beiden Menschen, ohne dass dabei Umbauten stattfinden müssten, durch die der Abend fünf / sechs Stunden dauern würde. Er schätze so auf 2-einhalb Stunden Spielzeit, da eben heute andere technische Voraussetzungen zur Verfügung stünden, wie die Drehbühne, Hubpodien, so dass in dieser Produktion alles, was sich heben, drehen und fahren könne, dies auch tun werde.

 
 

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Man wolle aber keine Technik-Show abziehen, sondern fließend von einer in die andere Spielsituation kommen, um die Geschichten in 50 Szenen linear zu erzählen, in den von Uschi Hauck entworfenen Kostüme, die immerhin auch an und ausgezogen werden müssten.

Spartenübergreifendes Projekt sei des Herrn Oberspielleiters Steckenpferd - schloss er seine Ausführungen und die Produktionsdramaturgin ergänzte, es sein eben ein Zusammenfließen von Schauspiel, Ballett und Gesang wie dies ja auch schon bei Kinderproduktionen der Fall gewesen sei.
Schauspieler hätten ja zwar ein anderes Darstellungspotential gegenüber dem Ballett - und dieses aber wieder das große Bewegungsprogramm, gesteuert durch ein fabelhaftes Gedächtnis.

Bei dieser Produktion komme das Element der Life-Musik hinzu - den Tänzern und Schauspieler vertraut, aber es handle sich eben um Musiker im lebendigen Zusammenspiel mit den Darstellern.

Jochen Kilian habe die Musikstücke ausgewählt, basierend auf der Dorst/Zadek-Urfasssung, Kompositionen von Erwin Bootz - er war 72 an der Uraufführung in Bochum beteiligt - wie auch Songs von Friedrich Holländer.
Maßgeblich für Jochen Kilian sei es gewesen, die Musik nicht auf das Schauspiel zu setzen, sondern, dass sich die 18 Musikszenen aus den Spielszenen ergeben und auch einen innerlichen Bezug zu einander haben.

Eine durchgehende Linie solle geschaffen und nicht Revue-Nummern gegen das Sprechtheater gestellt werden - so jedenfalls Jochen Kilian, der Arrangeur.

 

   
 

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Umschrift eines Beitrags des Ballungsraum-Bewegtbild-TV-Senders TVA am 12.4.07

Sprecherin
'Kleiner Mann, was nun?' - das Stück ist eigentlich schwere Theaterkost, doch Michael Bleiziffer hat die 30er-Jahre-Revue neu inszeniert - mit viel Tanz, Musik und der Kraft der Liebe.

Sprecherin
Deutschland in den 30ern - die Weltwirtschaftskrise prägt die Jahre nach dem ersten Weltkrieg, eine Zeit der Entbehrung, aber auch eine vergnügungssüchtige Zeit, voll Glanz und Glamour.
Das Stück zeigt das Leben zweier Liebender, die gemeinsam gegen Armut und Arbeitslosigkeit ankämpfen.

O-Ton Bleiziffer
Zu diesem Stück ist es gekommen, weil wir nach einem Thema, nach einem Stoff gesucht haben, der für uns heute relevant ist - auf jeden Fall und so sind wir drauf gekommen, dass 'Kleiner Mann, was nun' wahrscheinlich der richtige Stoff wäre, in diesem Zusammenhang jetzt, weil es um Existenzängste geht, aber auch um Bewältigung dieser Existenzängste.

Sprecherin
Die Inszenierung von Michael Bleiziffer basiert auf dem gleichnamigen Roman von Hans Fallada aus dem Jahre 1932, doch entgegen des düsteren Bildes, das der Autor zeichnet, setzt Bleiziffer auf die positive Kraft der Liebe.

O-Ton Bleiziffer
Wir wollen das heute nicht dem Publikum zeigen, um Angst zu machen, sondern ganz im Gegenteil, wir wollen Mut machen dahingehend, dass Liebe eine Energie ist, die dazu führen kann, dass also auch solche Existenzängste überwunden werden können.

Sprecherin
Das Stück ist ein spartenübergreifendes Projekt des Schauspielensembles mit dem Ballettensemble des Theaters Regensburg.
Premiere hat es am kommenden Samstag. Informationen zu weiteren Vorstellungen erhalten Sie im Internet unter theaterregensburg.de
 
 

 

 

 


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  'Das Stück'  
     
 
Mutter Mörschel keift von ihrem Herd herunter, beide, auch Vater Mörschel, sind sauer, dass der Bräutigam Johannes Pinneberg nicht Arbeiter ist, sondern nur Angestellter - also keine Überstunden bezahlt bekommt. Mutter passt es, dass Töchting Emma 'einfach' bleiben wird, bedingt durch das kümmerliche Gehalt des jungen Mannes - man ist ja schließlich Proletarier. Und hübsch, meint Emma, sei sie garnicht - und 'Pinni' zweifelt schon einmal.
Große Vorsätze haben sie ja, die beiden - sich nicht gegenseitig zu belügen - das Übliche halt am Anfang. Und matte Ringe wollen sie - und aus dem weitgehend abgedeckten 'Graben' erschallt aus einem Schlitz, der gerade mal die Band atmen lässt, 'La Paloma' - wieso eigentlich ?

Und Mutter Mörschel lässt die beiden jungen Leute zueinander - ist schon egal. Emma ist eh schon schwanger.
So was kommt von so was !

Die erste Unterbrechung der Handlung ist fällig - so eine Art 'Hans Albers' gibt zum Besten, dass in Hamburg an der Elbe gleich hinter dem Ozean ein Mädel von St. Pauli irgendwas vorhat - leider spricht dieser Hans-Albers-Verschnitt so schlecht, dass der Charme des Textes nicht rüberkommt.
Was der Song an der Stelle soll - erschließt sich nicht, den anwesenden Regensburgern und Bürgern des Umlands gefällt es auch ohne Antwort auf die Frage, wo liegt Ducherow, denn da spielt der Anfang des Stückes und der Gebildete weiß natürlich, dass der Ort nicht in der Nähe der Elbe liegt, sondern in MeckPom.
 
   

Emma Mörschel findet die neue Wohnung nicht sonderlich doll - die im unpassenden Moment schlagende Standuhr wird beiseite geräumt, die Vermieterin, Frau Scharrenhöfer, klagt über das Geld mit den vielen Nullen, die jemand hinter die Zahlen im Haushaltsbuch setzte, um den Diebstahl des Haushaltsgeldes zu vertuschen.

   

Wer hat nun wem, was versprochen von den beiden - jedenfalls steckt 'Pinni' die Hand in die Tasche, damit niemand seinen Ring am Finger sieht und das Dach der Droschke muss auch geschlossen bleiben - denn da ist ja die Schickse Marie Kleinholz, die verheiratet werden soll und die soll ja nun nicht sehen, dass Emma schon den Johannes genommen hat. Und das Trinkgeld für den Taxler war auch zu hoch. Sie schmollt.
Und er klagt unmotiviert musikalisch "Was ist denn mit dir los mein Schatz" und dass man kein Träne im Knopfloch trage.

   

Eigentlich war Jungchen 'Pinni' ja bei Bergemann in der Herren-Konfektion als Verkäufer, aber wegen eines Zoffs, wer nun morgens die Post holen soll, geht er da weg zu einem arischen Düngemittelhändler, von der Schickse Marie Kleinholz ihrem Vater - einem üblen Typ, spielen kann den nur einer.

   

Büro Kleinholz, herum - hereingedreht - man amüsiert sich über die Tochter Marie Kleinholz. Er, Vater Emil Kleinholz, trägt sich mit Personal-Abbaugedanken - wen soll er rausschmeißen - keiner will seine Marie.

   

In Wohnung-Jung-Ehepaar-Pinneberg wird Erbsensuppe serviert, die aus Wasser besteht. 5 Liter für ein halbes Pfund Erbsen - kochen kann Emma auch nicht.
Konspirativ wird überlegt, wie man eine Heirat und auch eine Kündigung wegen verweigerter Heirat von Marie Kleinholz vermeiden kann.

   

Auf der Tenne bei Kleinholzens wird Weizen abgefüllt - die Füllschläuche hängen aus dem Schnürboden, die Mengen stimmen nicht - der Weizen ist laut Kube am Weg in der Hitze eingetrocknet. Kleinholz behauptet, Betriebsrat Kube habe Weizen geklaut, der setzt sich zur Wehr, aber keiner hat gehört, dass Kleinholz Kube bezichtigt hat, Weizen geklaut zu haben. Jeder hat Angst um seinen Job.
Heiß ist es, staubig ist es, Pause darf keine gemacht werden, Kube besteht als Betriebsrat auf Einhaltung der Vesper. Es wird überlegt, was man gegen die Schikanen Kleinholzens machen kann.
Pinneberg steht unter Druck wegen der Marie Kleinholz, die er nach Vater / Schinder Kleinholz noch immer heiraten soll, Lauterbach ist Nazi und unerschrocken, Schulz zögerlich - man beschließt, sich solidarisch zu verhalten. Wenn Kleinholz einen von den Dreien kündigt, wollen die beiden anderen auch weggehen.
Nun besteht willkommene Gelegenheit, das Lied anzustimmen, dass 'ein Freund ein guter Freund' sei. Das Regensburger Publikum ist glücklich, kennt es doch das 'Liedl'.

Da erscheint Emil Kleinholz, Pinneberg müsse am Sonntag Dienst machen, weil er, Emil, dem Nazi Lauterbach schon freigeben habe, 'Pinni' hat aber seiner Emma schon versprochen, mit ihr aufs Land zu fahren. Pinneberg weigert sich hartnäckig, Kleinholz meint, sich in Pinneberg getäuscht zu haben.

   

Drei Schwarzgewandte erscheinen, die heben an zu singen und singen, dass 'tralala' alle Vögel schon da seien  - wie äußerst passend zu der schwierigen Situation, in der sich 'Pinni' befindet und erst noch befinden wird, denn kaum spielt er mit seiner Emma im Grünen Federball, kommen Kleinholzens im Automobil vorbei und der alte Schikanör Kleinholz sieht nun, warum 'Pinni' nicht an diesem Sonntag Dienst schieben wollte.

   

Montag im Büro - Marie Kleinholz wischt Staub, legt das Tuch in 'Pinni's' Schreibtisch
und behauptet später, schon wieder sei ein Tuch weg.
Tochter wie Vater - und mit was für einer Angemalten man Pinneberg gestern auf der Wiese getroffen habe, Emma kommt auch noch vorbei und Marie zieht über Emma her. 'Pinni' wird ausfallend. Mutter Kleinholz schießt über die Bühne, man wolle doch mangeln - und so könnte hier schön passen: "Komm hilf mir mal die Rolle dreh'n" - aber das unterbleibt.

   

Es kommt wie es kommen muss, Johannes 'Pinni', das Jungchen wird gekündigt, keiner bleibt bei dem Versprechen, auch zu gehen, wenn einer gekündigt wird.
Er steht auf der Straße - die Gewerkschaft will ihm nicht helfen, aber das erfährt das Publikum nicht, denn die Szene gibt es nicht. Doch wohl nicht etwa aus Rücksicht auf die GDBA, aber mit Herrn Dr. Herdlein hat ja die Leitung des Hauses am Strand der Donau unter dem grünen Dach Europas kaum was zu tun.

   

Emma kauft Lachs, hat so einen Japp auf Lachs, geht selber ihn kaufen - und isst den Fisch während des Rückwegs auf. 'Pinni' geht leer aus.

   

Dass Johannes 'Pinni' noch einen Versuch macht, wieder im Konfektionsgeschäft Bergmann unterzukommen, da wo er wegging, weil er morgens die Post nicht holen wollte, wird in Regensburg an der Donau nicht gespielt, die Szene gibt es nicht. Und dabei gibt Bergmann ihm einen so wichtigen Spruch mit auf den Weg, einen Spruch,
der damals die Runde machte, als eine Frau gemäß Dr. Paul Julius Möbius 'Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes' und Dr. Otto Weininger 'Geschlecht und Charakter' nur als Gattung angesehen wurde:
"Seien Sie immer freundlich zu ihrer Frau, denken Sie immer, sie ist nur 'ne Frau, sie
hat den Verstand nicht so."

   

Den Verstand hat aber Mia Pinneberg, Mutter von Johannes 'Pinni', eine Diseuse, die 'komische Alte', sie schrieb nach Ducherow, dass sie einen Job für Ihren Sohn bei Mandel - Konfektionshaus in Berlin - habe - Holger Jachmann, ihr Liebhaber, habe ihn besorgt.
Der weiß aber davon nichts, will aber was tun.

   

'Pinni' verkauft - versucht es wenigstens - Hosen, Jacketts. Drei exaltierte Weiber quatschen auf einen Mann ein, der sich einen Abendanzug kaufen soll - er will garnicht, aber die Weiber wollen, zumindest teilweise. Pinneberg findet den Dreh nicht zu den Kunden - plötzlich durch die Klamotten hindurch erscheint Joachim Heilbutt, Kollege-Verkäufer, "groß, dunkel, bräunlich, elegant" - "eine sanfte, aber bestimmte Stimme:" - "Die Herrschaften haben gewählt? Unser elegantestes Abendjackett!"

Heilbutt hat für 'Pinni' verkauft und lobt ihn auch noch, ihn, 'Pinni', den guten Verkäufer.
'Pinni' weiß, dass er das nicht ist. Er lädt Heilbutt zu sich nach Hause ein.
Heilbutt kommt wirklich, gerade in dem Moment, als 'Jungchen Pinni' mit der neu erstandenen, viel zu teuren und überflüssigen Frisierkommode in seinem Heim auftaucht.

   

Vor Wonne kreischende Weiber kreuzen die Szene in Mia Pinnebergs Wohnung.
Emma soll ihm, 'Pinni' - dem Jungchen,  verzeihen, wegen dessen unnötiger und teurer Frisierkommode - man kommt sich näher - da erscheint wieder mal Mutter Mia
und stört.

Sie mahnt die Miete an, sie braucht das Zimmer für ihre Logiergäste.
Holger Jachmann hilft mit Geld aus, ob er nun der Mia das Geld gleich gibt, oder das Geld als Miete über die beiden läuft, ist Jachmann gleich, aber er hat Friede und Ruhe und die vor Mia.
Die entdeckt das Geld - greift zu, geht - Jachmann ihr nach, will sehen, wie sie nach
der Geldgabe drauf ist.

Mia Pinneberg ist über die gezahlte Miete bestens gelaunt und sie fragt trällernd das Publikum, warum wohl eine Frau kein Verhältnis haben solle. Da die 'komische Alte' zu kehlig singt, versteht man kaum in Wort - besser auf dem Typ liegen als kein 'Fräulein von Zahnd' und keine 'Courage' zu sein. 'Frau Marte' wäre ja gegangen, hätte man ihr wenigstens zur Entfaltung den ganzen Text gelassen.

   

Ein Inserat in der Zeitung macht die Runde - Kessler zeigt die Anzeige von Mia Pinneberg und deren Amüsierbetrieb herum, Verkäufer-Kollege Heilbutt kommt wieder einmal 'Pinni' zu Hilfe.

   

Emma sucht ‘ne Wohnung für wenig - betteln und beten nutzt wenig, weil immer schon einer drin wohnt - Text geht bei dem Genuschel unter und unterwegs wird ihr schlecht.

   

Mann mit Hund am Arm, Angestellter, nach seiner Meinung sollte es 'Angeschissener' heißen. Frau fragt, ”Weßte nischt ?” Doch, Puttbrese fällt ihr ein. Der kichert meckernd vor sich hin, den Dachboden hinter dem Kino noch vermieten zu können.

   

Zur Erinnerung und um den Umbau zu überbrücken, intoniert die Life-Band den Song vom kleinen Mann.
'Pinni' hat einen Weihnachtsbaum mitgebracht, nächstes Jahr werde das Kind den Baum schon selber sehen können.
Mandel-Konfektion wird umorganisiert, jeder Verkäufer hat ein ‘Soll’ zu erfüllen.
Die Pinnebergs verständigen sich darauf, beim nächsten Mal - gegen den Trend - Kommunisten zu wählen.

   

Die Wehen setzen bei Emma ein - Jungchen 'Pinni' wird es schlecht, zur Freude des Regensburger Publikums.
Kommentierende Alte auf der Bank im Park: ”Frieda guck dir det ruhig an, so jeht det, wenn du dir mit Männer einlässt.”

   

Auftritt 'Bund Deutscher Mädel', ein Lied zwei, drei - zwei, drei im Publikum klatschen - hören auf, man könnte ja meinen, sie applaudieren wegen der unbewiesenen Rechtslastigkeit von Dr. Fürst oder so - also lieber aufhören mit dem ‘In-die-Hände-schlagen’.
So kommen die Mädels um ihren Beifall.

   

Heilbutt mit 'Pinni' im öffentlichen Bad, er solle sich ruhig alles ansehen wegen der Freikörperkultur.
Moabit Krankenhaus meldet 'Pinni' Ruhe vor der Geburt, er bleibt ungerührt, die Verwechslung mit Pallenberg entfällt - wer kennt in Regensburg schon Pallenberg?

   

Joachim Heilbutt, völlig unbekleidet zur Freude des Regensburger Publikums - bei dem Body kein Wunder - strebt dem Badebecken zu, fragt nach der Lage der Geburt - es werde noch Stunden dauern, bekommt er von 'Pinni' zu hören.
Zweiter Nackter, ohne sich dem Volk von vorne zu zeigen - Publikum ist enttäuscht, als er einfach so, ohne sich rumzudrehen ins Wasser hüpft.
Frau Nothnagel weiß auch nicht, ob sie dem Verein Freikörperkultur beitreten soll - obwohl sich Geschäfte machen ließen mit BHs und Miedern (“Mein Hüfthalter macht
mich wahnsinnig”) sieht man sich die Damen an, in diesem Bade. Aber sie verkauft nichts, die Leute sehen die Jüdin in ihr und beschimpfen sie. Antisemiten sollten sich Schilder an die Tür machen: “Wir kaufen nicht bei Juden” - dann würde man die erst garnicht behelligen. Zaghafter Beifall der Regensburger.
Die Sache mit ihrem Geschäft und der zerflossenen Schokolade kommt nicht vor.

   

Herr Jänecke verkündet Johannes 'Pinni' Pinneberg, dass man Joachim Heilbutt wegen des Verkaufs von eigenen Akt-Fotos bei Mandel geschasst hat. Es ist den Kunden nicht zuzumuten, dass evtl. sogar Kundinnen diese Fotos in die Hand bekommen haben -
"bei dem markanten Gesicht."

   

Jachmann kommt mit 'Pinni' in die Dachwohnung, er ist mit der ‘komischen Alten’ Mia Pinneberg verkracht.
Die Dachwohnung bei Puttbrese hintern Kino ist für Jedermann so unbekannt, dass Jachmann sich da versteckt halten will. Er schaut beim Windel-Wechseln zu, ist vom noch nie wundgelegenen Kind und dessen Mutter - und so begeistert von Emma.
Stellt fest, was er alles falsch gemacht und singt behauptend dazu, dass jeder 'eine kleine Sehnsucht' brauche.

   

Mia Pinneberg erscheint überraschend am Söller, Emma quasi als Elsa oben, Mia quasi als Ortrud unten, sie sucht Jachmann, klagt, dass Emma als Haushaltshilfe nach deren Auszug weggefallen ist - sie selber spülen muss.
”Wann kommt Jachmann”, jammert sie, entdeckt Jachmanns Koffer. 'Pinni' verweigert die Herausgabe des Gepäcks - sie will die Polizei schicken.
Emma lobt ihr Jungchen 'Pinni', sein Verhalten hätte sie nicht von ihm erwartet.

   

Franz Schlüter, Schauspieler, gibt vor, sich einkleiden zu wollen - 'Pinni' führt unter dem Druck der Quote ein Verkaufsgespräch, Schlüter aber wollte nur seinem Ausstatter im Theater zeigen, was er eigentlich anziehen sollte - er wolle nur mal sehen.
Pantomime mit Klamotten an, Klamotten aus.
'Pinni' bittet, fleht um den Kauf - kniet, fasst Schlüter an, Heuberger wirft Pinneberg raus, weil der Schlüter angefasst hat.
Fälschlicherweise und damit völlig irreführend behauptet das Ensemble an dieser Stelle auf Weisung des Regisseurs, dass davon die Welt nicht untergehe.
'No comment' des regionalen Beobachters.

   

Jungchen 'Pinni' soll den ausstehenden Lohn für zwei Tage eintreiben - Emma hat bei Rusch genäht und das Geld noch nicht.
Er schiebt los mit dem Kinderwagen, klingelt in der Gartenstraße, wird rüpelhaft abgewiesen, letztlich wird ihm das Geld zugeworfen.
Er dankt auch schön.

   

Emma bittet ihr Jungchen 'Pinni' , gute Butter aus der Stadt mitzubringen, wenn er Joachim Heilbutt die Miete für die Laube bringe, der Sohn bekomme die Zähne so schlecht, Margarine sei da wohl nichts.

   

Leider fehlt diese Szene in Heilbutts Villa in der Regensburger Fassung:
Joachim Heilbutt hat aus seinem Faible für Nackte ein Geschäft gemacht. Er ahnte, was in der Zeit - aber eigentlich immer - die Leute für Bedürfnisse haben.
Er handelt mit Aktfotos, er mischt im Porno-Geschäft mit und macht Geld. Er kann Pinnebergs die Laube überlassen. Pinneberg teert das Dach, damit es nicht reinregne. Heilbutt bittet Pinneberg auch tüchtig durchzuheizen, damit sich kein Schwamm in dem Holzhaus ansetze, schenkt ihm die Miete. Der Grobschlächtige mit guter Seele hilft dem Jungchen von Emma Mörschel.
Heilbutt berichtet auch, dass Direktor Lehmann bei Mandel abgesägt wurde.

Gerechtigkeit?!

   

Jungchen Pinneberg in der Friedrichstraße zwischen Leipziger Straße und 'Unter den Linden'. Er hat vergessen, die Butter für das Kind zu kaufen.
Drückt sich an Schaufenstern die Nase platt - kein Geschäft hat mehr offen.
Ein Schupo vertreibt ihn - jagt ihn vom Bürgersteig runter auf die Fahrbahn, in die Gosse.
Die umstehenden Passanten amüsieren sich über den Vorfall.

   

Jachmann hat die Laube gefunden, holt seine Koffer. Emma zweifelt, ob es richtig ist, dass die Männer zu Hause bleiben und die Frauen das Geld verdienen. Jachmann meint, dass die Menschen nicht dazulernen, die Frauen haben im Krieg auch die Arbeit gemacht und die Männer haben sich erschossen.
Immer wieder machen die Menschen die gleichen Dummheiten - er gehe ja auch wieder zu Mia zurück, auch wenn es saudumm sei.
Vielleicht finde er eine Arbeit für Jungchen - aber ganz ohne Schwindel werde es wohl nicht geben.

Jachmann fährt weg, das Auto wartet die ganze Zeit schon - Emma wartet auf ihr Jungchen 'Pinni'.

Der steht da, der Busch zwischen Büschen - einsam, ihr ist kalt, sie geht rein.

Sie wird eine Nähmaschine bekommen von Krämers, bei denen sie gestopft hat, sie
wird Jungchen über die Runden, durch die Nazi-Zeit, durch den Krieg bringen, wird als Trümmerfrau arbeiten, wird mit der alten Nähmaschine von Krämers aus Decken,
Mäntel nähen.
Jungchen wird, wenn er alles überlebt, daneben stehen und mit seinen Armen und Händen nicht wissen, wohin mit ihnen beim Spiel.

 

 
     
 
Im Repertoire-Betrieb wird sich zeigen, wie sich die Inszenierung einspielt.

'Einmal ist keinmal' - hier gilt's.

Somit, nochmal hingehen.
Die Beurteilung wird damit vertagt - Fortsetzung folgt!
 
 
     
  Die Produktion
Kritik_'Kleiner_Mann_was_nun'_Repertoire.htm
 
     
     
 

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Als Premieren-Abonnent und Abnehmer voll bezahlter Karten aus dem freien Verkauf gebe ich hier meine subjektive Meinung zu den gehörten und gesehenen Theatervorstellungen zur Kenntnis.

Ich
verstehe diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik
um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf nach meiner Auffassung zu Geglücktem oder Misslungenem.
Neben Sachaussagen enthält diese private Homepage auch Überspitztes und Satire.
Für diese nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5 Grundgesetz in Anspruch.
In die Texte baue ich gelegentlich Fehler ein, um Kommentare herauszufordern.
Dieter Hansing

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