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04.01.2010 - dradio.de

 

 

 

Damals in Regensburg

Thema des Tages

Theater Regensburg

   11.05.06

  
  '
Stückwerk'

  Andrew Llloyd Webber
'Jesus Christ Superstar'
 

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Regensburg - Theater
im Velodrom
 

Anlässlich der Einführung in das Werk am 7. Mai 2006 stellte Frau Chefdramaturgin Bernau fest, das Theater Regensburg habe sich einen Ruf mit Musical-Produktionen erarbeitet, sowohl bei den Musicals, die man häufig auf den Spielplänen der Stadttheater finde, z.B. 'Anatevka' oder 'Der Mann von La Mancha', 'Cabaret' oder in besonderen Produktionen wie 'Me and my Girl' wie auch in dieser Spielzeit 'Les Misérables'.

Der 'Jesus Christ' sei eine große Produktion, nehme eine Sonderstellung im Spielplan ein und man sei seitens des Hauses gespannt, auf die Reaktionen des Publikums.
Dass man solche Stücke aufführen könne, dass man sich dran wagen könne, hänge von den Regieteams ab, die man verpflichten könne und sie freue sich, dass sie als Regisseur wieder einmal Gerhard Platiel begrüßen könne, der in den letzen Spielzeiten in jeder Spielzeit in Regensburg zugegen gewesen sei.
Dieser kommentierte: Es gebe schöne Theater in hässlichen Städten und in schönen Städten ....
- in RBG müsse man das Stück im Velodrom machen, wo es nur ein nach vorne gebe, aber nicht zur Seite und auch nicht nach oben.
Den 'Jesus Christ', habe er nach eigenem Bekunden schon 12 mal inszeniert. Konzeptänderungen gebe es nicht, nur die Umstellung auf eine andere Bühne machte Überlegungen nötig und er arbeite wieder mit Walter Perdacher als Bühnen und Kostümbildner zusammen.

Die Frau Chefdramaturgin führte weiter aus: Die Möglichkeit, solche Produktionen zeigen zu können, hänge auch damit zusammen, dass im Theater Regensburg Mitglieder eines Ensembles vorhanden seien, die als große Aufgabe, Oper zu singen, Operette zu singen, übernommen hätten und dies in einer Doppelbegabung kombinieren könnten mit wunderbarem Musicalgesang, der sich doch sehr vom Operngesang unterscheide.

Zum Ensemble hinzu engagiert worden sei der Darsteller des Judas: Previn Moore für den Judas und Chris Murry für den Jesus:

Die Vita des Judas-Darstellers wurde von der Chefdramaturgin des Theaters Regensburg dargestellt. Dieser habe in den USA studiert und sei dann von Thomas Bayer - einem ehemaligen Ensemblemitglied in Regensburg, der dann Intendant in Lüneburg war und der Mitte der 90er das Ohnsorg-Theater in hamburg in eine Krise führte - eben von dem nach Lüneburg als Darsteller auch im Musical geholt worden sei und dort schon den Judas interpretiert habe.
Danach habe er am Theater des Westens, St. Pauli-Theater, Bruck an der Laitha und Graz und St. Gallen Musical gemacht.
Herr Murray sei Dozent am Konservatorium in Wien, er unterrichte dort Schauspiel-Gesang außerdem leite er Meisterklassen im Musical-Bereich.

Man habe das Glück, durch Gerhard Platiel, auch Chris Murray in Regensburg als Jesus zu haben. Er werde auch in Tecklenburg und in Schwerin die Rolle spielen.
Auch habe er eine CD aufgenommen, die während der Vorstellungszeit in RBG verkauft werde und die überall in Deutschland und in Amerika und in Österreich angeboten werde.

'Jesus Christ Superstar' im Theater-RBG werde nicht mit dem philharmonischen Orchester gespielt, sondern man greife auf eine Rock-Band, die Piu-Piu-Band zurück und außerdem werde unter Nutzung der deutsche Sprache aufgeführt, da man der Meinung sei, der Zugang zum Stück sei so unmittelbarer.

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Geradezu begeisternd mit welchem Selbstverständnis und nicht der Spur eines Selbstzweifels, die Chefdramaturgin vermied, weiter darauf einzugehen, in welcher Hinsicht Regensburg sich einen Ruf in Bezug auf Musicals erarbeitet habe - also, wie das mit dem Ruf zu verstehen sei.
Dass die Stücke stattfinden, kann ja nicht den Ruf eines Erfolges hervorzaubern.
Dass mit 'erfahrenen' Regisseuren gearbeitet wird, die dem Herrn Theaterdirektor Ernö Weil seit Jahrzehnten bekannt sind und die sicher sein können, dass die Besetzung die Inszenierung schon retten wird - kann nicht den Ruf eines erfolgreichen Theaters begründen.
Regensburg darf wohl davon ausgehen, dass bis ins nächste Jahrzehnt auf die bewährte Altersriege zurückgegriffen wird und so eben dieser Ruf gewahrt bleibt.

Besonders stellte die Chefdramaturgin den 'Sänger' des Herodes heraus, der bei der Kostprobe seiner Kunst anlässlich der Einführung in das Werk am 7.5. schon in der 3. Reihe nicht mehr zu hören, geschweige denn, textlich zu verstehen war. Dass er am privaten Konservatorium in Wien Unterricht gibt, stellt den Beobachter vor das Rätsel Österreich. Dass Josef Köpplinger ihn immer wieder holt, lässt keine besonderen Zweifel aufkommen, hat Herr Moore schon im Theater des Westens bei Herrn Baumann und am Tivoli-Theater bei Herr Littmann gearbeitet - nun, da ist St. Gallen eine entsprechende Schlussfolgerung und Klagenfurt wird wohl folgen.
Ob nun Herr Moore in Kisuaheli oder Taiwanesisch seine Rolle ablieferte, war nicht zu erkennen - das Publikum hörte nur einen Einheitsbrei - mehr oder weniger aufgeschäumt - zu verstehen war nichts.
Auch seine Bewegungen sind nicht weltbewegend, er steht da, schreit wie am Spieß und sieht aus wie 'der Mops im Paletot'.

Auffallend, wie sehr die Stimme von Karsten Münster im Laufe der Zeit des Ernö Weil als Regensburger Theaterdirektor gelitten hat - aber vielleicht gibt es irgendwo einen Platz für ihn, dass er sich nicht "Durch Gewitter und Sturm" herumplagen muss. So jedenfalls geht es nicht weiter für ihn, die Stimme klingt rau, heiser und verbrüllt. Inzwischen hat er ja den Jesus zurückgegeben.

Aber die Chefdramaturgin meinte doch, es sei in Regensburg so toll, wie die Opernsänger auch Musical machen können. Wenn die Stimmen kaputt sind, interessiert das doch die Chefdramaturgin nicht mehr.
Immerhin ist Karsten Münster der dritte Tenor, der in der Weil'schen Regensburg-Zeit, Probleme bekommt, um nicht zu sagen, Schaden nimmt.
An was mag das nur liegen, Herr Direktor oder denken Sie: Ach Gott, "was kümmert's mich?"

Und der nächste Tenor begibt sich schon auf die Abschussliste: unser kleiner Matteo und Ottavio als Petrus - kaum etwas von ihm ist zu vernehmen: war da die analoge Mikroport-Anlage ausgefallen oder hatte man für ihn kein Set. Bedauernswert wie er sich mühte.

Ilonka Vöckel als MM-chen - da denkt man eigentlich an etwas anderes, gewichtigeres und nicht an so ein Pupperl mit den schönen Beinen. Sie wenigstens konnte sie mit ihren Nummern etwas Stimmung ins einheitliche Gedröhne bringen, allerdings geben ihr die Arrangements die Möglichkeit dazu und man ließ sie auch. Da ihr Geschrei erspart blieb, war auch vom Text etwas zu vernehmen.

Einigermaßen Format zeigten die Bässe, Martin-Jan Nijhof und Jóhann Smári Saevarsson, die aus dem Stimmcharakter und ersterer auch in der Erscheinung eine Figur vermitteln konnten, bei letzterem war gelegentlich ein Endkonsonant zu vernehmen..
Herr Saevarsson durfte mit seinen beiden Bimbitzen durch die Mitte auftreten und auch dort wieder abgehen, nur einmal kamen alle drei von rechts. Und was für ein Einfall: der eine durfte mit einem Jojo spielen - einfach genial und Herr Nijhof rollte mit einem Motorradl rein und raus - wie verwegen.

Chris Murray als Jesus ist ein agiles Manderl, das kraftvoll ohne die Spur von Heiligkeit die Rolle angeht. Wie der allerdings 'Jünger' gewinnen soll, bleibt schleierhaft, so dynamisch ist er eher der Vorspieler einer Fußballmannschaft oder Turnerriege, den Body hat er und den darf er auch zeigen. Stimmlich bringt er die Rolle dem Publikum zu Gefallen über die Rampe. Ein wilder Revolutionär, der die antiautoritäre Erziehung erfunden haben könnte - zumindest aber ihr Promotor war. Von Beseelung der Figur keine Spur. Lauthals kloppt er Sprüche und stöhnt orgiastisch, dass es auch alle mitbekommen - "das war's."

Der Chor durfte gelegentlich über die Bühne schreiten, sich im Takt wiegen, seitlich abgehen, die Podesttreppen besteigen, die Arme heben und wieder senken, aber sonst teilnahmslos rumstehen.
Ach nein doch, auch durfte mal einer einem anderen den Arm um die Schulter legen.
Nun gut, Karl Andreas Mehling war nur für die musikalische Einstudierung zuständig.

Olaf Schmidt sandte seine Balletttruppe ins Rennen, diese sorgte für gezielte Bewegung - Atmosphäre schuf sie auch nicht.

Die ganze Produktion macht den Eindruck einer Wäscheleine, auf die Einzelstücke gehängt wurden, aber nicht zwei Teile mit einer Klammer aneinander, sondern schön jedes Teil wenigstens einen halben Meter entfernt vom anderen.
So reihte der Regisseur auch Stück für Stück - mit Pausen - nebeneinander. Es hätte einiger Fantasie bedurft, eine Rahmenhandlung mit den Massen von Leuten auf der Bühne zu erfinden, ohne Herrn Webber ins Gehege zu kommen, aber die war nicht gegeben. So fehlte die Bindung zwischen den einzelnen Nummern völlig - man trat auf, stand im Licht, ging ab, das Licht ging aus und so weiter.
Trotz alledem - oder gerade deswegen verließen die Regensburger in der Pause das Haus, die Empore leerte sich.
Die Multiplikatoren der Statisten und Sonstigen auf der Bühne schrieen sich die Kehlen aus dem Hals und sorgten für den Eindruck eines Erfolges.
Hoffentlich hat Herr Falcón nicht aus falsch verstandener Kollegialität mitgebrüllt und sich die Voce verrenkt. Bei dem Tenorverschleiß unter der Leitung von Theaterdirektor Ernö Weil geht es um jede noch funktionierende Stimme.

So gelangweilt wie in der Einführungsmatinee stand der Solotänzer von 1971 - er nannte sich damals noch Gerhard Platièl, den accent grave ließ er später weg - während des ersten Teils auf der Empore im Velodrom, schaute sich sein Stückwerk an und raunte dem Regiepult zu: "... im September komme ich wieder!"

Es bleibt einem als Abonnent am Theater Regensburg und damit als zahlender Kunde der Stadt unter der Direktion von Ernö Weil auch nichts erspart.
Und das bis 2012?

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Die Personen und ihre Darsteller,
der am 11. Mai 2006 besuchten Vorstellung
 
Jesus von Nazareth Chris Murray
Maria Magdalena Ilonka Vöckel
Judas Ischariot Previn Moore
Pontius Pilatus Martin-Jan Nijhof
Kaiphas, Priester Jóhann Smári Saevarsson
Hohepriester Annas Arpad Vulkan
Hohepriester Ananias Marek Marzecki
Simon Petrus Kalle Koiso-Kanttila
Herodes Karsten Münster
Simon Zelotes Brent L. Damkier
Maid by the fire Anna Dohnicht-Pruditsch
   
Regie Gerhard Platiel
Musikalische Leitung Joseph L. Trafton
Bühne und Kostüme Walter Perdacher
Choreographie Olaf Schmidt
Chor Karl Andreas Mehling
Licht Klaus Herbert Welz

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'Jesus Christ' Theater-RBG

Maria Magdalena cremt Jesus vorsichtig-zärtlich das Gesicht ein, während beide am Boden kauern. Dann betritt ein wütender Judas die Szene, schnappt sich die Cremedose und schleudert sie weg. Nach dieser "Heldentat" stemmt er mit Mühe die Töne des folgenden Songs über einen viel zu breit wuchernden Klangteppich.
Eine kurze Szene nur, irgendwann aus dem ersten Teil dieses "Jesus Christ Superstar", und doch symptomatisch für eine Aufführung, die fast alle ihre Chancen auslässt. Denn auch wenn Webbers Erfolgsmusical inzwischen etliche Jährchen auf dem Buckel hat 'Jesus Christ' und auch die Hippie- und Flowerpower-Bewegung nur noch, entweder sentimentale oder verhasste Erinnerung ist, so könnte doch die Geschichte dieses Menschen aus Nazareth immer noch interessieren, vielleicht auch faszinieren, wenn sie denn erzählt würde.

Genau das aber verweigert die Inszenierung von Gerhard Platiel. Stattdessen bietet sie eine Nummernrevue ohne nennenswerte Übergänge oder Verbindungen. Ist zu Beginn, nach dem ein wenig dem Tempo der Musik hinterherhinkenden Auftritt des Balletts, noch so etwas wie eine Einführung zu ehen: In einem Tor hinten auf der scheußlich kargen stahlgrauen Bühne (Walter Perdacher, auch Kostüme) lange blonde Haare, vor dem allein schon die Gottesanbeter zu Boden sinken. Dann erscheint Jesus, ganz in weiß mit bunter Strickweste, und lässt die Knieenden sich wieder erheben. Ah ha, gut, eine Geschichte von Anbetung soll erzählt werden. Doch dazu bleibt leider nicht die Zeit, denn ein Song muss gesungen werden. Für eine Handlung, ein Schauspielen bleibt da kein Raum.

Nun ist ein Musical kein differenziertes Kammerspiel, der Texter Tim Rice ist kein Shakespeare und Andrew Lloyd Webber nicht Mozart.

Aber ein klein wenig Logik und Geschichte möchte doch schon sein. Nicht aber hier: Die Musical-Nummern werden an- und wieder ausgeknipst, manchmal sogar im Wortsinn: Dunkle Bühne, stumme Lautsprecher, ehe es weitergeht. Hier werden Songs, Hits wie auf dem Klemmbrett abgearbeitet, Haken dran, der nächste, das Dazwischen interessiert nicht.

Und wenn Platiel dann einmal Regie führt, kommt dabei ein Pontius Pilatus auf der Harley Davidson heraus (blaues Licht und Motorröhren inklusive), die Szene mit der Cremedose oder schulterklopfende Jünger, die sich um Jesus scharen.

Warum Jesus mit wahrhaft heiligem Zorn die Lasterhöhle leerfegt, bleibt hier völlig unverständlich: Bustier und knielanger Seidenunterrock sind schon das Verruchteste. Manchmal ist auch nur unsinnig, was da vorgeht: Ein Hohepriester führt ein rotblinkendes Jojo spazieren, gerne werden auch mächtige, mit Lämpchen dekorierte Säulen umhergefahren, Nebelschwaden sind auch unterwegs. Wie unsinnig und unstimmig solche Szenen werden können, zeigt die Festnahme Jesu: Zwei wie Sondereinsatzkommando Soldaten Vermummte packen Jesu, schleifen ihn einmal durch die Menge rund um die Bühne, Maria Magdalena prallt kurz gegen den Gefangenen, der dann fast an derselben Stelle wieder abgelegt wird, wo man ihn hergeholt hat. Das ist purer Aktionismus, um Handlung vorzutäuschen, wo keine geboten wird. Und so wird der Blitz-und-Pulverdampf-Abgang des wohlbeleibten Judas denn im Publikum mit einem trockenen "Jetzt isser geplatzt" kommentiert. Doch selbst solche Aktivitäten die Ausnahme, meist stehen die Sänger rum und singen sich oder die Rampe an. Das tun sie in deutsch, aber es wäre auch völlig egal, wenn sie in englisch oder einer anderen Sprache singen würden: Man versteht kaum ein Wort, manchmal nicht mal eine Silbe.

Von Beginn an sind die Klänge der (unsichtbaren) Musiker so laut aufgedreht, dass der Boden des Velodrom vibriert. Dagegen kämen nicht mal gute Sängerstimmen an. Ein lauter Klangbrei wird da serviert, der musikalische Leiter Joseph L. Trafton als Taktgeber auf die Hallenrückwand projiziert. Gegen diesen Dauerlärm haben die Sänger (Darsteller sind sie kaum) wenig Chancen. Bei Previn Moore (Judas Ischaroit) ist manchmal zu ahnen, dass er wohl eine ganz gute Soul-Stimme und ein Gefühl für Gospel hat. Doch meist ist er viel zu sehr damit beschäftigt, seine Töne über den Musiklärm zu stemmen.

Nur manchmal, etwa am Ende in der Trauer und Reue über Jesu Tod, bekommt man eine Ahnung, was dieser Sänger vielleicht könnte, wenn man ihn denn ließe. Und das geht den meisten Solisten so, der Chor ist kaum besser dran (obwohl dieser von Karl Andreas Mehling offenbar gut einstudiert wurde). Ob der Chor live oder aus dem Off singt, er klingt immer wie vom Band, gleichförmig, undifferenziert, breiig. Schade um die jungen Sänger. Ilonka Vöckel als Maria Magdalena, natürlich in "sündiges" Rot gewandet, gelingt es immerhin, sich Ansätze einer Figur, einer Person zu erspielen und zu ersingen. Die Geradlinigkeit ihrer Gefühle, das Mitleiden und Mutmachen kommt trotz der oft klischeehaften Texte gut an. Und auch Johann Smari Saevarsson, mit tiefschwarzem, sonorem Bass, gelingt es, seinem Kaiphas soetwas wie eine, wenn auch finstere, Geschichte mitzugeben.

Damit kann Chris Murray als Jesus von Nazareth leider selten dienen. Natürlich, auch er hat an der undifferenzierten Lautstärke der Musik zu leiden, muss allzuoft stemmen statt zu singen und zu gestalten. Wenn mal nur das Klavier oder eine sachte Gitarre begleitet, ist etwas von seinem Stimmvermögen zu ahnen (in "Scarlett Pimpernell" in Halle war er sehr überzeugend). Hier in Regensburg aber liefert der routinierte und reisende Jesus-Darsteller ein Spiel der Klischees ab, das auch in jeder anderen Inszenierung stattfinden könnte. Sein Repertoire bewegt sich in Standardgesten und -bewegungen: flehend ausgestreckte Arme, mal knieend, mal stehend. Warum dieser langmähnige Hippie-Typ seine Jünger so fasziniert, seine Gegner zu so tödlichem Hass provoziert, bleibt unerklärlich und ungeklärt. Und dann passieren am Ende einer musikalisch wie szenisch völlig unbefriedigenden Aufführung noch drei Peinlichkeiten, die irgendwie in den Rahmen passen. Mitten in der Sterbeszene bimmelt da im Publikum ein Handy.

Karsten Münster zieht als Herodes (ganz in Weiß mit Borsalino) eine tuntige "Cabaret"-Nummer ab. Und der wiedererstandene (?) Judas, also Previn Moore, nun als Traumschiff-Kapitän gewandet, macht aus dem Titelsong eine Gospelshow, so mal eben zwischen Geißelung und Kreuzigung - da swingt dann sogar Kaiphas.

U.G.
(Ute Grundmann, Leipzig, schreibt auch für 'Die Deutsche Bühne' und 'Mannheimer Morgen')

 

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing