"In Länge, aber doch knapp in inhaltlicher Kürze"
erläuterte die Produktionsdramaturgin Bernau das Leben
Hebbels, von seinen Anfängen in der engen Welt von
Wesselburen, dem Elternhaus, in einem kleinen armen,
engen Rahmen – Vergnügungen waren dem Vater zuwider,
Freude auf den Gesichtern der Kinder konnte er nicht
leiden, Appetit der Kinder verdarb ihm den seinen.
Friedrich Hebbel als Laufbursche, als Schreiber beim
Kirchenvogt, bei diesem die Nutzung dessen Bibliothek
möglich, erste Gedichte, das Stipendium der Amalie
Schoppe – was den Zuzug nach Hamburg ermöglichte, mit
der Auflage ein Tagebuch über sein Leben zu führen.
Gerade dieses lässt Einblicke in Hebbels Dasein und die
Gesamtsituation der Bevölkerung im 19. Jahrhundert zu.
Dort wohnt er bei einem Zimmermann Ziese, dessen
Stieftochter, fast ein Jahrzehnt älter als Hebbel,
findet Gefallen an dem jungen Mann und alsbald stellt
sich Nachwuchs ein und es bleibt nicht bei dem einen
illegitimen Kind mit Elise Lensing.
Unterstützt durch die Einkünfte der kleinen Schneiderin
geht er nach Heidelberg, um Jura zu studieren, zieht
weiter nach München, wohnt bei einem Tischler Anton
Schwarz und beginnt eine Beziehung zu dessen Tochter
Josepha, die sich davon die Ehe mit dem jungen Künstler
verspricht. In der Münchener Zeit entstehen Novellen –
1839 'Judith', 1841 'Genoveva' und
'Der Diamant'.
Von Dänemarks König erhält er ein Reise-Stipendium,
durch das er nach Paris, wo er "sich sehr wohlgefühlt
hat, wo er eine geistige Freiheit gespürt hat, in der er
sehr gut leben konnte, wo er sein dichterisches Schaffen
auch spürte, ausbauen zu können, denn einen Beruf zum
Broterwerb zu erlernen, was z.B. in Heidelberg mit Jura
als Ziel gestanden hat, das war nicht sein Ziel und
nicht sein Wunsch – er wollte tatsächlich als Dichter
arbeiten und eben nach und nach in den Stand kommen,
sich als Dichter auch finanzieren zu können" - so die
Produktionsndramaturgin.
Über Rom und Neapel zieht er weiter nach Wien, wo er
erfährt, dass er als Dichter Anerkennung findet. Durch
Begüterte erhält er Einblick in Luxusleben, eine bessere
Kleidung trägt er und lernt die erfolgreiche
Burg-Schauspielerin Christine Enghaus kennen, die zu
seinen Werken etwas sagen kann und er zu ihren
schauspielerischen Tätigkeiten, sie heiraten, es ist
"eine
sehr glückliche Verbindung." Er erkennt das Verlassen
der ihn bisher umgebenden Enge, "des-keinen-Platz-habens
in der Gesellschaft."
Viele Eindrücke aus dieser zurückliegenden Lebenszeit
seien in die Werke Hebbels eingeflossen.
Regisseurin Wüllenweber gab bekannt, dass Hebbel auf
Anraten seines Verlegers das Stück von 'Klara' aus
Gründen der tatsächlich dann auch gut funktionierenden
'Verkaufsstrategie' in 'Maria Magdalena' umbenannte, ein
Bezug auf die biblische Figur könne nicht hergestellt
werden.
Sie glaube, "dass seine Elise, die Frau aus Hamburg,
eine große Vorlage war" und er die 'Klara' von vielen
Seiten gut beleuchte. Diese Figur habe alle
Möglichkeiten vor sich, aber aus Schuldgefühlen, aus
Verantwortung, die sie auf sich nimmt, sich alle
Lebensfreude nehmen lässt, scheitert.
Neben ihr sei der 'Meister Anton' eine zentrale Figur –
eine Mischung aus dem Schreinermeister Anton, "den er in
München kennen gelernt hat, wo er zwei Jahre lebte, und
seines Vaters vom Charakter her". Hebbel habe eben sehr
unter der emotionalen Kälte gelitten, unter dem
Verneinen der Lebensfreude und "dem Nicht-Liebe-schenken
können."
Das Verhalten des Tischlermeisters zeige auch, wie dies
"Auswirkungen auf seine Kinder" gehabt habe."
Neben den beiden Hauptfiguren - Vater und Tochter -
stehen der Liebhaber 'Leonhard' – bezeichnenderweise dem
Namenspatron der Wöchnerinnen zugeordnet - von dem
'Klara' schwanger wird und die Jugendliebe und der
'Sekretär Friedrich'. Er gibt also der Figur seinen
Namen, der durch einen Aufenthalt auf einer Akademie
sich der Frau entziehende Mann – ähnlich Hebbel, durch
seine Reisen nicht zu Elise Lensing findend.
Dann gebe es noch den 'Karl', den Sohn des
Tischlermeisters, der wie er selber seinerzeit, sich
gegen den Vater auflehnt, er also sich "auflehnt gegen
ein Leben, das einem vorgeschrieben wird."
Zur Mutter wollte Frau Regisseuren nicht so viel
verraten.
Beim 'Gerichtsdiener Adam' als weiterer Figur mutmaßte
Frau Regisseurin, dieser habe etwas mit Kleist’s
Dorfrichter zu tun - es blieb unklar, wie sie das
gemeint haben könnte, aber das Auditorium wollte sich
wohl keine Blöße geben und fragte lieber nicht nach, wie
sie nun gerade darauf komme, zumal die Aussage so
bestimmt vorgetragen wurde, dass Widerspruch auch gar
nicht geduldet worden wäre.
Viele biografische Züge habe das Stück, die
Zusammenhänge erkenne man erst beim Lesen des
Lebenslaufes, gab Frau Regisseurin zur Kenntnis aller.
Frau Produktionsdramaturgin fragte sich und die
Anwesenden, warum man das Stück jetzt noch spiele, da
doch die Schwangerschaft heute - bis auf wenige Familien
in besonderen Gesellschaftsstrukturen - außerhalb einer
Ehe kein Problem mehr darstelle wie zu Hebbels Zeit.
Obwohl es auch damals in der Dichtung schon ein
'Gretchen' gegeben habe - auf das 'Käthchen' ging sie
nicht ein.
Aber das Stück beschreibe darüber hinaus Situationen,
die auch heute die Menschen - innerhalb einer Familie -
fordern.
Man setze sich mit den Darstellern zusammen und frage
sich, welche Themen man in einem Stück aufspüre.
Frau Regisseurin meinte, ihr Hauptthema sei das der
Schuld, es gehe um Schuld haben, um Schuld annehmen, um
Schuld vergeben - wie gehe ich mit meinen Mitmenschen
um. Hebbel behandle die Familie als Kosmos.
Global heiße Schuld haben, Verantwortung zu haben für
einen Planeten, auf dem man lebe - wie eben
Umweltverantwortung - Hebbel unter dem Aspekt
'Klimaschutz' - könnte man folgern.
Bühnenbildner Frank Lichtenberg ergriff unvermittelt das
Wort und meinte, es sei für ihn interessant gewesen,
dass man sich im Hause des Tischlermeisters Anton
befinde, der ein sehr positiver Charakter sei und hohe
Standards habe, nicht nur gegenüber sich selbst, und
Ansprüche eben auch an seine Arbeit und sein Leben und
er sei nicht in der Lage, für sich festzulegen, wo ein
Ende damit sei und wann es notwendig sei, Güte und Liebe
walten zu lassen.
Nach seiner Auffassung treibe der Tischlermeister die
Dinge immer weiter, immer weiter - das habe er ganz
interessant gefunden und er habe überlegt, "wie ist das,
wenn einer einfach nicht umkehren kann, jemand einfach
seinen Weg weitergeht, egal was passiert."
Und wenn man überlege, "wie reagiert so ein
Handwerksmeister darauf und ich hab's eben umgesetzt,
der baut einfach etwas, baut es immer weiter - er zieht
einen Gedanken durch, bis ins Extreme."
Das Bühnenbild sei sehr wuchtig und habe somit schon
eine Aussage, es gebe nur einen Aufgang, durch den sich
jeder bücken müsse.
In Bezug auf die Kostüme erläuterte die Regisseurin, sie
habe mit der Kostümbildnerin Susanne Ellinghaus
konzipiert, die Enge der Figuren zu zeigen, in der sie
sich befinden, die sie aber auch zum Teil selber
annehmen und so habe man mit dem Thema 'Schnürung'
gearbeitet, die Vorlage seien die Mieder, die Korsetts -
die engen Krägen - das sei die Grundstruktur der
Kostüme, dies seien dann enge Körperräume, mit denen man
dann auch umgehen wolle.
Den Text habe sie gekürzt, der sei im Original sehr,
sehr lang, um Platz zu schaffen für Bilder, um Momente
zu finden, die dann auch etwas erzählen können "und das
machen wir eben zusammen mit Bühnenbild und Kostümen."
Durch die Striche sei der Abend nur ca. 1 Stunde und 40
Minuten lang, annoncierte die Produktionsdramaturgin.
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