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"Nicht einmal ein Handtuch
haben die Leute" |
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1905 sah Alban Berg in Wien eine
von Karl Kraus arrangierte Privatvorstellung von Wedekinds 'Die
Büchse der Pandora' - eben die Fortsetzung vom 'Erdgeist'.
1913 verband Wedekind beide Teile, die Fassung, die Alban
Berg der musikalischen Bearbeitung zugrunde legte.
1934 stellte Alban Berg 'Fünf symphonische Stücke aus der
Oper Lulu
- für Sopran und Orchester der Welt vor, die Erich Kleiber
dirigiert.
Erst 1937, zwei Jahre nach dem Tod von Alban Berg, wurde 'Lulu' in einer
zweiaktigen Fassung in Zürich uraufgeführt.
Die deutsche Erstaufführung erfolgte 1953 in Essen.
Die Bruchstücke des dritten Aktes sollten Jahre auf ein Zusammenfügen warten, da die Witwe Bergs die
Einsichtnahme
verweigerte.
Erst 1979, drei Jahre nach ihrem Tod, konnte das von Friedrich Cerha vollendete
Werk in Paris in der heute gültigen Form in der Regie von
Patrice Chereau aufgeführt werden.
Eine Spieldauer von mehr als 4 Stunden übersteigt das
Fassungsvermögen des 'normalen' Publikums, so dass in den meisten
Fällen nur die zweiaktige Fassung gespielt wird.
Die Frage nach den Rechten und den in diesem Zusammenhang
anfallenden Kosten spielen zudem eine Rolle. |
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Gertrud Eysoldt
Tilly Wedekind
Maria Orska |
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Frank Wedekind
'Die Tagebücher'
"30. Mai 1892
Nachdem ich mich von einem gehörigen Katzenjammer rekreiert, suche
ich die Schuppi auf, um sie in den Jardin de Paris zu schleppen.
Sie ist indessen seit drei Wochen zum erstenmal wieder aufgestanden.
Sie leidet an Neuralgie.
Überdies kommt ein Gewitter, während ich bei ihr bin.
Nachdem wir zwei Stunden geschwatzt, gehe ich zu Tisch und nachher
auf die Suche nach einem zwölfjährigen Kinde. Nach langem Umherirren
finde ich eins auf dem Boulevard Rochechouart. das aber leider schon
achtzehn zählt.
Ich führe sie in ein Hotel und befriedige sie auch für 10 frs nur
sehr mangelhaft, obschon sie mir ganz gut gefällt und recht lieb ist.
Ich bin aber zu zerrüttet, Nach dem ersten schwachen Versuch
zerfließe ich in Schweiß.
Ohne mich viel darum zu kümmern, pumpe ich mir soviel Bier wie
möglich in den Magen und trolle mich nach Hause."
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Im Mittelpunkt der
Dramen Wedekinds stehen Menschen, die versuchen, sich der
Verlogenheit und Heuchelei ihrer Epoche zu widersetzen, und sich
meist als deren Opfer erweisen. Er hatte einen untrüglichen Instinkt
für die Möglichkeiten und die Wirkungen der Bühne. Vom Naturalismus
wandte er sich ab, dem Expressionismus bahnte er den Weg und wurde
so eine der zentralen Figuren des modernen Dramas.
"Die Basis unseres gesamten modernen Denkens bilden die
Naturwissenschaften", erklärte Wilhelm Bölsche in seiner Schrift
'Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Poesie' von 1887. Die
Physik und die biologische Evolutionslehre Darwins wurden zur Basis
der naturalistischen Ästhetik. Die Naturwissenschaften sahen die
»Maschine« Mensch vor allem durch Vererbung und Milieu = Umwelt
funktionieren.
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«Die Büchse der Pandora» ist in Deutschland
verboten. Auch in Wien kann das Stück nur als geschlossene
Vorstellung gegeben werden, ohne freien Verkauf, mit schriftlich
vorbestellten Eintrittskarten. Karl Kraus hat das Trianon-Theater im
Nestroyhof an der Praterstraße gemietet und hochkarätige
Schauspieler gewonnen. Als Jack the Ripper wird Wedekind erwartet.
Tilly spielt den Liftjungen Bob, Ida Orloff die Kadidja di Santa
Croce, beides kleine Rollen. Aber als Wochen vor der Premiere noch
keine Lulu gefunden ist, bietet Karl Kraus Tilly die Hauptrolle an.
Tilly tut sich schwer. Wedekinds sperrige Sprache macht ihr zu
schaffen, und Paul Eger, ihr Freund, ist gegen ihre Teilnahme an dem
umstrittenen Projekt. Mehrmals bittet sie, ihr die Rolle des
Liftjungen zu lassen, aber Karl Kraus meint, es ginge schon.
28. Mai 1905, Generalprobe. Unbemerkt betritt Wedekind mit Karl
Kraus den dunklen Zuschauerraum. Tilly ist auf der Bühne. Am Ende
des Akts flüstert ihr jemand zu: «Es gefällt Wedekind. Er ist
entzückt.» Sekunden später kommt ein mittelgroßer, untersetzter Mann
mit hellen, graublauen Augen auf sie zu. Sie fühlt eine große,
fleischige Hand. Der Schnurrbart, den sie von Fotografien kennt, ist
abrasiert, die Haare sind kurz geschoren.
Am Premierennachmittag scheint die ganze Unternehmung noch einmal
gefährdet: Adele Sandrock hat angeblich erst jetzt bemerkt, dass die
Zuneigung der Gräfin Geschwitz zu Lulu lesbische Liebe ist, und
weigert sich zu spielen. Wedekind bewegt sie zum Einlenken, durch
einen Kniefall, heißt es.
Am Abend sind alle sechshundert Plätze besetzt. Max Reinhardt ist da
mit Felix Holländer, seinem Chefdramaturgen, und Gertrud Eysoldt,
der Berliner Lulu, ebenso Otto Brahm, Weg bereiter Hauptmanns und
Direktor des Berliner Lessingtheaters. Der zwanzigjährige
Kompositionsschüler Alban Berg, der später die Oper «Lulu» schreiben
wird, sitzt im Parkett. Kurz bevor die Türen schließen, schlüpft ein
dreizehnjähriger Bub in den Saal, der den Gedanken unerträglich
findet, das Ereignis ohne ihn stattfinden zu lassen: Fritz Kortner.
Karl Kraus hat vor zehn Jahren einen Reinfall als Schauspieler
erlitten. Seitdem hält er nur noch Vorträge. Das allerdings tut er
meisterhaft. Die Schreibtischlampe als einzige Lichtquelle,
schleudert er Sentenzen in den Zuschauerraum und unterstreicht ihre
Wirkung mit prophetischen Gesten. Natürlich lässt er es sich nicht
nehmen, die von ihm auf die Beine gestellte Aufführung der «Büchse
der Pandora» mit einer Vorlesung einzuleiten. Kernsätze: Die Frau
ist nicht dazu da, dem Egoismus ihres Besitzers zu dienen, sondern
kann nur in Freiheit zu ihrem höheren Wert emporsteigen. [...]Jeder
Mann erträumt sich eine Hetäre, aber degradiert sie unweigerlich zur
hörigen Hausfrau oder zur Mätresse, weil ihm das soziale
Ehrbedürfnis über einen schönen Traum geht. [...] Lulu ist eine
Nachtwandlerin der Liebe, ewige Geberin und ewige Verliererin. [...]
Frank Wedekind ist der Befreier des weiblichen Geschlechts. [...]
Frank Wedekind ist ein neuer Shakespeare.
In den Kulissen warten Frank und Tilly auf ihren ersten
gemeinsamen Auftritt. Der «neue Shakespeare» hat unübersehbares
Lampenfieber. Er tut Tilly Leid, und zur Beruhigung gibt sie ihm
einen Kuss.
Beim anschließenden Souper ist er wieder obenauf. Eine Virginia
zwischen den Fingern, unterhält er sich mit den Gästen.
«Sind Sie noch Jungfrau?», fragt er Tilly. Anscheinend stellt er
jedem jungen Mädchen diese Frage.
«Natürlich!», antwortet Tilly.
Aber nach einer Weile sagt sie: «Übrigens - zu dem, was Sie mich
vorher gefragt haben: Natürlich nicht.»
In seinen Kalender notiert Wedekind: Zwischen Marie Denk und
Ottilie Newes - und meint damit die Sitzordnung.
(Anatol Regnier -
'Du auf deinem höchsten Dach' - Knaus-Verlag - 2003)
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Alban Berg in einem
Gemälde von Arnold Schönberg |
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Alban Berg stammte aus einer großbürgerlichen Familie. Seit einem
schweren Asthmaanfall am 23. August 1901 hielt der Abergläubische
die Dreiundzwanzig für seine Schicksalszahl. Physisch und psychisch
labil, unternahm Berg mit achtzehn Jahren einen Selbstmordversuch.
Nach dem Abitur
arbeitete
er als Praktikant
bei
der Niederösterreichischen Statthalterei, während er
wie Anton von Webern
Kompositionsunterricht von Schönberg erhielt
- später bezeichnete man die drei als 'zweite Wiener
Schule' nach der ersten mit Haydn, Mozart, Beethoven -
und
er
an der Wiener
Universität Vorlesungen in Jura und Musikgeschichte hörte.
Eine
Erbschaft ermöglichte Berg die Konzentration auf künstlerische
Fragestellungen; Geldsorgen plagten den Komponisten - der nebenher
die Werke anderer arrangierte, analysierte – erst wieder nach Ende
des Ersten Weltkriegs.
Kurzentschlossen verkaufte er den in Familienbesitz befindlichen 'Berghof'
am Ossiacher See, ohne zu ahnen, daß er 1932 gewissermaßen
ersatzweise das "Waldhaus am Wörthersee erwerben sollte. Er gab
Kompositionsunterricht, arbeitete publizistisch, auch als Juror,
wurde Vortragsmeister- im von Schönberg initiierten 'Verein für
musikalische Privataufführungen'.
Zwar nahm die Wiener Universal Edition seine Werke
an,
er
wurde
Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, bald
aber litt er
unter der kulturpolitischen Situation im Deutschen
Reich;
Schönberg hatte das Land bereits verlassen,
man agitierte
gegen
Alban Berg
über die Presse.
Neben seinen beiden Opern und den drei Orchesterstücken
op. 6 (1914) zeigen viele Gedichtvertonungen, deren Qualität auf die
literarische Intelligenz des Musikers verweist, dass Gustav Mahler
in Alban Berg seinen eigentlichen
'Erben' sah.
Manon Gropius, der Tochter von Alma Mahler und Walter Gropius die im
Alter von achtzehn Jahren an Kinderlähmung starb, widmete Berg
1935
sein
letztes Instrumentalwerk, ein Violinkonzert ('Dem Andenken eines
Engels'), das sich nicht zuletzt aufgrund publikumswirksamer
musikalischer Zitate einen Platz im Repertoire der Geiger erobern
konnte.
Berg schrieb auch mehrere wichtige Werke in kleiner
Besetzung, etwa die Lyrische Suite für
Streichquartett (1926). Zu seinen privaten Kompositionsschülern
konnte sich der später so wichtige Musikphilosoph Theodor W. Adorno
zählen, der ihn 'einen Meister des kleinsten Übergangs' nannte.
Alban
Berg
starb erst 50-jährig an den
Folgen einer
Blutvergiftung.
Seit
1911 war er
mit der gleichaltrigen Sängerin Helene Nahowski
verheiratet, die
ihn um 41 Jahre überlebte.
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"[...] Einige Wochen später schrieb er mir, daß er
von einem Furunkel geplagt würde, das ihn beim
Komponieren störte, obwohl es, wie er scherzte, ihm nur
beim Sitzen wehtat. [...]
Als er im Herbst wieder nach Wien zurückkehrte, schien
er geheilt zu sein. Nach einiger Zeit klagte er wieder
über Schmerzen. Aber wem wäre es eingefallen, daß er,
nunmehr in Wien, wo er mit mehreren Ärzten befreundet
war, keinen zu Rate zog und sich anscheinend mit
Hausmitteln zufrieden gab. Im Dezember war ich bei Alban
und Helene zum Abendessen. Alban sah leidend aus, war
aber guten Mutes, und beide erzählten mir, daß es nun
mit den Furunkeln vorbei sein werde: Helene hatte, wie
sie erzählte, eine Schere in kochendem Wasser
sterilisiert und selbst das Geschwür geöffnet und
ausgedrückt. Nach Hause gekommen, rief ich sofort meinen
Freund Dr. Kasper Blond an, einen vortrefflichen
Chirurgen, und erzählte ihm von der häuslichen
Operation.
Was ich befürchtet hatte, bestätigte er mir: es sei das
gefährlichste, was man mit einem Furunkel anstellen.
Eine Blutvergiftung sei zu befürchten. [...]"
(Soma Morgenstern, 'Alban Berg und seine Idole' - ATV -
1999) |
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Theater Regensburg
Premiere 03.03.2007
'Lulu'
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Die
Schwarzen |
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Musikalische Leitung |
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Raoul Grüneis |
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Inszenierung |
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Ernö Weil |
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Bühne |
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Daniel Dvorák |
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Kostüme |
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Daniel Dvorák |
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Licht |
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Martin Stevens |
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Dramaturgie |
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Schmid |
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Die Personen
und ihre Darsteller, der am 18.03.2007 besuchten
Vorstellung
gemäß Besetzungszettel als Beilage zum Programmheft |
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Lulu |
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Gesche Geier |
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Gräfin Geschwitz |
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Jelena Bodrazic |
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Der Maler |
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Kalle Koiso-Kanttila |
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Theatergardobriere / Gymnasiast |
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Mira Ores |
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Medizinalrat / Clown |
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Zbigniew Cieslar |
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Dr. Schön |
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Adam Kruzel |
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Alwa Schön |
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Jung-Hwan Choi |
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Rodrigo / Athlet |
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Seymur Karimov |
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Tierbändiger / Theaterdirektor |
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Martin-Jan Nijhof |
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Schigolch |
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Berthold Gronwald |
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Prinz / Kammerdiener |
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Karsten Münster |
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Zweite Vorstellungen sind meist nicht das, was sich alle erhoffen,
zumal dann, wenn zwischen der Premiere und der nächsten Vorstellung
zwei ausgefallene Abende in zwei Wochen liegen -
alles lahmt und ist froh, über die Runden gekommen zu sein,
besonders wenn es sich um ein so sperriges Werk wie die Berg'sche
'Lulu' handelt.
Die Vorstellung vom 10. März fiel aus, wird am 26. Mai wiederholt,
die vom 13. März ersatzlos gestrichen und die am 18. März hatte man
wohl mit Publikum aufgefüllt.
Die nun kamen, folgten einer arrangierten, aber seelenlosen
Produktion - es war, aus welchen Gründen auch immer, nichts zu
spüren.
So weit der Zuschauer es beurteilen kann, funktionierten die Gänge,
keiner verlief sich - aber es war nicht mehr als das Schauen in ein
Kaleidoskop, das Fallen von Glassplittern bei Licht betrachtet.
Zu diesem trug vor allen das Nichtverstehen der Worte bei.
Hier hätte wohl zuerst ein VHS-Lehrgang 'Deutsch für Ausländer'
eingerichtet werden müssen.
Dass die 'Lulu' in der hohen Lage nicht noch textverständlich singen
kann, ist nachvollziehbar, aber was 'der Maler' von sich gibt
oder der 'Alwa' oder - ganz schlimm - 'die Geschwitz', nichts zu
verstehen und so sitzt der noch so Interessierte da und schaut dem
Treiben zu, versucht sich einen Reim zu machen - aus, das war's.
Die überzogen aufgeladene Atmosphäre Wedekind'scher Texte stellt
sich nicht dar.
Gesche Geier schwenkt zwar ihre überlangen Beine, schließt
sie, breitet sie aus, stöckelt in roten Pumps auf dem Catwalk herum
- ist allenfalls im ersten Bild die 12-jährige Göre von der Straße.
Entscheidend zum Eindruck, der vermittelt wird, tragen die Kostüme
bei, denn je weniger 'Lulu Geyer' anhat, desto weniger erotisch
wirkt sie. Der Mantel mit Silberfuchskragen, der große Hut, das
Kleid der Tänzerin - alles bringt mehr 'Stimmung' als der nackte
Hintern aus dem Schaum.
Nicht Doris Day oder Marilyn Monroe, sondern 'Madonna' ist 'Lulu
Geyer'. Auf diese Weise ist kühle, erotische Arroganz dieser Figur
nachvollziehbar. Identifiziert sie sich mit der, hat auch die Figur
die Überzeugungskraft. Dass die Monroe durch die Betten der Kennedys
zog - what shalls - 'Madonna heißt das Losungswort.'
Beim 'Alwa' von Jung-Hwan Choi fällt die stereotype Gangart
auf - ob 'Riccardo', ob 'Titus' - alles so wie er die Gesandtenstraße
hinunterschlendert. Ob nun schwedischer König oder der von Rom -
oder der Sohn von Dr. Schön - es sind immer die gleichen Bewegungen.
Dass eine Figur schon über die Körperhaltung, wie er geht wie er
steht, erschlossen wird, hat sich noch nicht rumgesprochen - Herr
Choi ist immer Herr Choi und in jeder Rolle. Und der 'Ernesto' wird
nicht anders sein.
Dass der 'Alwa' für Herrn Choi eine schier endlose Quälerei ist, war
von Anfang an klar. Er ist zwar gut anzusehen in seinem Kostüm, aber
stimmlich geht es über die Grenze hinaus.
Viel zu unausgereifte Stimme, die Höhe wird dünn, ist ohne Timbre,
die Töne auf dem letzten Loch gepfiffen. Hoffentlich übersteht er
die Vorstellungen ohne Schaden - der Ehrgeiz des Regensburger
Theaterdirektors macht ja vor nichts Halt.
Der Börsenmakler Dr. Schön von Adam Kruzel ist auch belastet
von der permanenten Zählerei, um nicht auszusteigen, zumal aus dem
Graben vom GMD undefinierbare Zeichen mal kommen und dann wieder wegbleiben
- ja, was nun, selber zählen oder sich auf das Dirigat verlassen.
Unnötige Unruhe breitet sich aus, wenn einer nicht absolut
sattelfest ist, und wer ist das schon bei dem Werk, das wohl keiner
mehr singen wird in seinem Leben.
Adam Kruzels Dr. Schön holt das Kind aus der Gosse, wird sich der
'Lulu' nicht sicher und so führt es zwanglos zum "Die Pest im Haus"
und zum "Nicht einmal ein Handtuch haben die Leute" des 'Jack the
Ripper' - ist es nur ein
kurzer Weg.
Kalle Koiso-Kanttila quält sich in einem unmöglichen Kostüm,
weder als Anstreicher im ersten Bild, noch als arrivierter
Kunstmaler-Ernst-Fuchs-Verschnitt wirkt er überzeugend und ein Tenor
mit runtergelassener Hose, wo jeder weiß, dass auch ein
hochstimmiger Mann so schnell kaum 'parat' ist, sieht komisch
aus. Der Mann kann einem Leid tun, zumal stimmlich das Ganze,
über diese spröde Musik, für ihn ein rechtes Ärgernis ist.
'Der kesse Vater' Geschwitz von Jelena Bodrazic ist nur ein
Zylinder, stimmlich kann sie in der Mittellage ausladen, die Tiefe
ist indiskutabel - vom Text ist nichts zu vernehmen. Sie bleibt
Beiwerk, kann die Verbindung zur Hauptfigur nicht darstellen - auch
hier wieder die zusammengewürfelten Eindrücke - ein durchgängiger
ist auch bei dieser Figur nicht zu erkennen.
Bertold Gronwald, der tatelige Schigolch immer zu
einem Gläschen bereit, und Karsten Münster können sich der deutschen
Sprache erfreuen und Charakterstudien abliefern.
Der trottelige Mohren-Prinz und der zickige Kellner -
Karsten
Münster in bewährter Form.
Neben den beiden auch in der Darstellung der Figuren stark, weniger
in Bezug auf sein Deutsch, Seymur Karimov - als Athlet ohne
und mit angefressenem Bauch, ein großes Spieltalent mit
ausbaufähigem Stimmmaterial.
Mirna Ores,
Zbigniew Cieslar,
Jan-Martin Nijhof stehen ihre Frau bzw. ihren Mann und sind wie
die anderen wohl froh, wenn das Ganze vorüber ist.
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Eine 'Lulu' hängt zweifelsohne an den SängerInnen, aber auch an der
Szenerie.
Entweder, reduziert wie im letzten Bild auf ein Nichts und dann die
Sänger die Ausstrahlung besorgen lassen, wie es hier mit der 'Nutte
Lulu', dem 'Buchhalter' Jack the Ripper, der 'Geschwitz' geschieht und
auch gelingt oder - große Opulenz.
Letzteres ist auf der kleinen Bühne kaum möglich und wäre der Raum
größer, hätte der Bühnenbildner Daniel Dvorák wahrscheinlich noch
mehr Samt-Aushang verfügt, dass die Stimmen noch mehr geschluckt
werden.
Der Regensburger Theaterdirektor hat nun seine 'Regensburger
Lulu', kann sich die zum 60. Geburtstag auf die Fahne schreiben und
warten auf den - für den
Kultur Chefsache wird.
Ob 'Schaidinger's Liste' sich durchsetzt oder es heißen wird: 'Keine
Chance Schaidinger', wird sich bald zeigen.
Wer sich dann um das Theater kümmert und hier investiert, statt in
kostenspielige, blamable Schlingensief-Aktionen und noch trotzig
aufstampft: "ich würde es wieder machen" - steht erstmal in den
Sternen.
Das 'Theater Regensburg' wird in den nächsten Wochen und Monaten
überlagert werden vom Theater in Regensburg.
Jetzt wird erstmal der Slogan ausgegeben:
'Ich mach dich fertig Schaidinger!'
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Als Premieren-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Karten aus
dem freien Verkauf gebe ich hier meine subjektive Meinung zu den
gehörten und gesehenen Theatervorstellungen zur Kenntnis.
Ich
verstehe diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik
um der Kritik
willen, sondern als Hinweis auf nach meiner Auffassung zu
Geglücktem oder Misslungenem. Neben Sachaussagen enthält diese
private Homepage auch Überspitztes und Satire. Für diese nehme
ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5 Grundgesetz in Anspruch. In
die Texte baue ich gelegentlich Fehler ein, um Kommentare
herauszufordern. Dieter Hansing
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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