|
Nr. 36
|
|
Zitat
Theater
»Ein
gewisser Korpsgeist«
Nachdem
mehrere Mitarbeiterinnen der Berliner Volksbühne dem Intendanten
Klaus Dörr Machtmissbrauch und übergriffiges Verhalten
vorgeworfen haben, trat dieser Anfang der Woche zurück. Sarah
Waterfeld, Jahrgang 1981, vom Künstlerkollektiv »Staub
zu
Glitzer«, das während des Aufruhrs um
Dörrs Vorgänger
Chris
Dercon die Volksbühne besetzt hatte, hat für Dörrs Rückzug
gekämpft.
SPIEGEL: Frau
Waterfeld, immer wieder wird Machtmissbrauch an Theatern
aufgedeckt. Warum sind gerade Bühnen so anfällig?
Waterfeld: Machtmissbrauch geschieht natürlich nicht nur an
Theatern. Zwei Dinge sind allerdings besonders: Theater sind
strikt hierarchisch organisiert, und es herrscht ein gewisser
Korpsgeist.
SPIEGEL: Was heißt das?
Waterfeld: Das konnten wir an der Volksbühne beobachten: Als
die Mitarbeiterinnen sich gegen Klaus Dörr zu wehren begannen,
gab es große Angst, später der Nestbeschmutzung bezichtigt zu
werden. Zunächst schreckten einige deswegen davor zurück, sich
zu organisieren. Dass sie es nun doch taten, war ein
Befreiungsschlag.
SPIEGEL: Klingt, als hätte an manchen Theatern die
Feudalherrschaft überlebt.
Waterfeld: Das Theater ist monarchischer Mikrostaat. Es ist
von der Willkür der Person an der Spitze abhängig. Mal hat man
Glück mit einem sanften König, aber oben stehen eben auch
Tyrannen. Strukturen, die zu solchem Machtmissbrauch einladen,
müssen schnell zerschlagen werden.
SPIEGEL: Und wie? Durch mehrere Menschen an der
Spitze? Das wird gerade an Theatern in Zürich versucht.
Waterfeld: Dass ein Kollektiv Machtmissbrauch verhindert, ist
eine Illusion. Wenn dort eine Clique waltet, kann sie genauso
unterdrücken. Der ganze Betrieb muss vergesellschaftet werden,
basisdemokratische Strukturen müssen entstehen.
SPIEGEL: Also die Mitarbeitenden wählen, wer die
Leitung übernimmt? Wie bei den Berliner Philharmonikern?
Waterfeld: Alle, auch die Menschen hinter der Bühne, sollten
eine Stimme erhalten und Delegierte wählen. Außerdem sind wir
für eine harte Frauenquote in allen Abteilungen und eine
egalitäre Gesprächskultur, die nicht von sogenannten
Alphamenschen dominiert wird.
SPIEGEL: Aber Theater
soll ja auch ein freier Raum sein.
Je mehr Regeln es gibt, desto unfreier, langweiliger wird die
Kunst, oder nicht?
Waterfeld: Dann fragen Sie doch mal die
Mehrheitsgesellschaft, ob heute an Theatern große Kunst
stattfindet.
Ich fürchte, die Antwort wird zeigen, dass auch die derzeitigen
Strukturen kein Garant dafür sind.
EVH
Zitatende |
Quelle: Der Spiegel – Nr. 12 – 20.3.2021 –
Seite 117
|
|
Zitat
Ich hasse Regisseure, die
kommen und sagen:
Ich habe für »Hamlet« noch keinen Einfall,
ich weiß nicht, was ich aus dem Stück machen soll.
Meine Antwort ist dann:
Lesen Sie.
Lesen Sie das Stück.
Und inszenieren Sie, was da geschrieben steht. —
Anstatt das Stück zu inszenieren, wollen halt viele nur sich
selbst in Szene setzen.
Sie müssen unverständlich sein, denn sonst käme ja jeder schnell
dahinter, was für ein Scharlatan sich da in Szene gesetzt hat.
Man muss nicht nur gegen die Everdings vorgehen, sondern auch,
vor allem! gegen die jungen Schwindler, die nur angeblich
progressiven Theaterleute.
Therese Giehse
Zitatende |
Quelle: „Gelebt für
alle Zeiten – Schauspieler über sich und andere“ -
Hsg. Renate Seydel – Henschelverlag Berlin 1986 – Seite 313
Jetzt inszenieren!
Aber wie?
werktreu
werkgerecht
interpretieren
verfälschen
zerstören
Das sind die Möglichkeiten, die eine Theaterleitung hat, wenn sie ein
Regieteam für eine Opernproduktion engagiert.
Scharfsinnige Überlegungen sind hoffentlich vorausgegangen, welche
Presse, welches Publikum man ansprechen will. Oder man macht sich
keinerlei Gedanken, denn die Steuerzahler finanzieren ja sowieso alles
und man engagiert irgendwen, der oder die gerade sich einen Namen machen
wollen oder schon gemacht haben. Sei es auch mit dem größten Unfug.
Und da liegt nun das ‘Werk‘ wie ein schönes totes Tier und kann sich
nicht wehren. Viel Sorgfalt und Arbeit vom Komponisten und Librettisten
wurden aufgewendet, um es großzuziehen. Gesund und prachtvoll sollte es
für immer auf den Bühnen der Welt stehen, sorgfältig gepflegt von
kundigem Personal wird ein wertvolles Tier - aber nein unser Werk fällt
in die Hände von Metzgern, die sich mit Anatomie nicht auskennen. Alles
wird zerhackt, falsch gewürzt bis es ungenießbar ist, und wenn es
niemand mag, dann sind die Konsumenten eben blöd. Hauptsache man hatte
seinen Spaß, macht sich einen Namen, subventioniert wird die ganze
Kunst-Metzgerei ja sowieso.
Selbstverständlich habe ich großen Respekt vor jedem Metzgermeister und
seinen Angestellten, aber diese Leute vergreifen sich ja auch nicht an
einer Oper.
Die Zerstörung der Oper geschieht aus Hass auf eine Kunstform, die
angeblich mit ihrem süßlichen Orchestergesäusel und unrealistischem
Gesinge die harte Wirklichkeit nicht abbildet und darum nach den
Gesetzen des Sozialismus in die proletarische Realität versetzt werden
muss.
Jegliche differenzierte Gefühlsregung wird platt gemacht und alles auf
Sex and Crime reduziert.
Natürlich kann man alle Bühnenwerke von der Antike bis heute darauf
zurückführen aber “in dem wie da liegt der ganze Unterschied“ so sagt
die Marschall im ‘Rosenkavalier‘.
Das Elend, das Unrecht, das sich Menschen zufügen, zu schildern ist
Aufgabe des Theaters auch des Films. Aber es ist auch die Aufgabe, den
Suchenden Auswege aufzuzeigen. Das hat nichts zu tun mit den
marktschreierischen Heilsversprechen evangelikaler Schreihälse oder den
auf ein irreales ewiges Leben ausgerichteten Glaubensgemeinschaften.
Die Mittel, derer sich die Opernzerstörer bedienen sind Ekel, Schock,
Quälerei.
Alle
Körperflüssigkeiten, die in der zivilisierten Welt in verschlossenen
Räumen hervortreten, haben sich in deutschen Opernhäusern über die Bühne
ergossen.
Riesige Grimassen werden projiziert, um Arien zu stören.
Widerliche Aktionen zum Beispiel ein Schlammringkampf in der
Hannover‘schen ‘Aida‘, permanente Schmierereien auf Wände, hässliche
Kleidung, die Bühne mit Kloschüsseln vollstellen - gesehen in
Braunschweig -, um zu zeigen, dass ‘Don Giovanni‘ ein Scheissstück ist
alles das dokumentiert eine Pornographierung der Oper auf unterster
Stufe.
Wenn die 68-er forderten „macht kaputt, was euch kaputt macht“ wird wohl
kaum jemand zu finden sein, den Oper kaputt macht.
Ich denke an Zuschauer, aber auch an bedauernswerte Mitwirkende!
Gibt es wirklich die deutsche Lust an der Selbstzerstörung?
Es ist wohl so!
Aber das Coronavirus hat den Opernintendanten die Arbeit abgenommen.
Alles zurück aufs Minimum!
Mit großem Aufwand an dreidimensionalen Bühnenbildern, die mit dem Werk
nichts zu tun haben, waren ja die Künstler der Zerstörung überall mit
enormen Kosten für die Steuerzahler am Werk.
Die Verfälschung der Oper wird von Regie-‘Künstlern betrieben`, die uns
mit ihren politischen und sexuellen Problemen behelligen.
Der Zeitrahmen, in dem ein Werk angesiedelt ist und aus dem sich seine
Problemstellung und die musikalische Aufarbeitung ergibt, wird platt
gemacht unter dem Vorwand der neuen Sicht auf die altbackene Oma-Oper.
Die Methoden der Verfälschung sind simpel.
Es wird radikal verheutigt, die Charaktere werden in ihr Gegenteil
gedreht. Der Böse, der Verbrecher wird zum armen Opfer seiner Kindheit
und zum bedauernswerten Sympathieträger.
Der ehemals aufrecht tapfere Held wird zum blöden ‘Softie‘.
Hat sich der Pressewirbel genug gedreht, springen die Agenturen auf und
erleichtern den Ministerien das sowieso ungewohnte Denken, indem sie
ihre Klienten hineinschieben.
Die Aufsichtsräte der Theater, die größtenteils aus völlig fachfremden
Juristen oder altgedienten Verwaltungsintriganten bestehen, sind froh,
wenn ihnen irgendwer empfohlen wird.
Das bisschen Klassik ist ja sowieso nur Ballast, und das Klassikpublikum
als geringe Anzahl der Bevölkerung unerheblich als Wähler.
Also runter mit dem Niveau!
Das Interpretieren - lateinisch ‘interpres‘ ist der Ausleger.
Dolmetsch, einer, der uns etwas erklären und nahebringen soll.
Die Interpretation einer Oper ist der nebulöse Raum, in dem die
‘Künstler‘ von Regie und Bühnenbild in unseren kulturentwöhnten Zeiten
ihre linksradikalen Ideen unterbringen.
Mit brutalen Mitteln der Verhässlichung wird jede Figur zum Ausbeuter
oder Ausgebeuteten.
Eigentlich dient die Interpretation dazu, aus dem Text und der Musik
herauszulesen und zu hören, welche Gefühle eine Figur beherrschen:
Liebe oder Hass, Freundschaft oder Feindschaft, Mitleid oder
Herrschsucht, Ehrlichkeit oder Intrige.
Hinzu kommt die Umgebung, in der sich das Bühnengeschehen abspielt, Ist
es ein Palast, ein Schloss, eine reiche Villa oder ein bürgerliches
Haus, eine arme Hütte oder eine schmutzige Straße?
Wichtig ist auch die Epoche, in der ein Werk spielt. Große Dichter und
Komponisten können sich in sie hineinversetzen oder das Werk stammt aus
der dargestellten Zeit.
Das soziale Gefälle zwischen Mächtigen und Ohnmächtigen, Reichen und
Armen, Gebildeten und Unwissenden, Glaubensfanatikern und Vernünftigen
ist der Kampfplatz der Gefühle im Theater.
Da die unterschiedlichen Epochen ihre eigentümlichen Grundströmungen
hatten, sollte ein Regieteam einen Blick auf die bildenden Künste und
die Äußerungen der Philosophen, Theologen und Pädagogen tun.
Dass dies möglich ist, habe ich in der Zusammenarbeit mit hoch
gebildeten Studienleitern und gut geschulten Repetitoren erlebt.
An der Führung der Gesangslinie, der auf- oder abwärts geführten
Intervalle lässt sich der Gefühlsinhalt klar ablesen. Hören wir Taminos
Sexte aufwärts bei “Dies Bildnis“ erkennen wir sofort, wie verliebt er
ist-
Hören wir Mimes Tritonus abwärts bei “Wer helfe mir“ bemerken wir seine
trostlose Verzweiflung.
Das Tempo, die Tonart, die Instrumentation, die Führung der
Gesangslinien geben uns vielfältige Mittel an die Hand ein Werk mit
Respekt und Sensibilität so zu interpretieren, dass das Publikum
bereichert wird und einen solchen Opernabend lange und lebendig im
Gedächtnis behält.
Werkgerecht mit einem Stück umzugehen, trifft sich mit dem, was auch
über eine gute Interpretation gesagt wurde.
Werkgerecht soll auch die Verwendung unserer heutigen technischen Mittel
sein.
Sie sollen vermitteln, erhellen, bereichern, keineswegs aber zum
albernen Selbstzweck werden. Man denke an die völlig unsinnige
hochgetürmte Pappkartonszenerie bei Wolfgang Trojahns ‘Was ihr wollt‘ an
der Nds. Staatsoper Hannover.
Eine Farce, eine Komödie, ein bürgerliches Trauerspiel, eine Tragödie
und alle die dazu gehörigen Mischformen die große Oper, die romantische
Oper, die Spieloper, die Operette davon sollten Regieteams schon mal
etwas gehört haben, um nicht jedes Werk zum Pornoschmuddelstück
verkommen zu lassen, sondern werkgerecht zu interpretieren.
Ich bedauere alle Kollegen, die so viele sinnlose Aktionen ausführen
müssen, um Geld für die Familie zu verdienen.
Eine werkgerechte Inszenierung geht mit Respekt und fundiertem Wissen,
klarer Bildvorstellung und Achtung vor den Leistungen der Sänger an die
Arbeit. das Ergebnis beglückt das Publikum, macht die Mitwirkenden
zufrieden, füllt die Opernhäuser und entlastet das Budget.
Eine
werktreue Inszenierung, die so sein will, wie die Autoren und
Komponisten sie zu ihrer Zeit praktiziert haben, ist nahezu unmöglich
darzustellen.
Kerzenlicht oder Gaslampen würden die Feuerwehr zur Verzweiflung bringen
und auch die szenischen Angaben wörtlich zu nehmen, ist nicht ratsam,
obwohl sie gelesen werden sollten.
Hat also die Kunstform Oper noch eine Überlebenschance?
Dazu schreibt Gerard Mortier, der international anerkannte Theaterleiter
Zitat
Mehr als je zuvor gibt uns heute die Oper die einzigartige
Möglichkeit wieder Gefühle zu vermitteln und diese mithilfe von Gesang,
Tanz neu zu bewerten und zu deuten - dank einem Theater in dem getanzt
und gesungen wird, um Geschichten zu erzählen.
Zitat
Quelle: Gerard Mortier - Das Theater, das uns verändert –
Bärenreiter/Metzler 2019 - Seite 55
Marie-Louise Gilles
Leserbrief
|
|
Zitat
Liebe Marie-Louise,
diesmal gab es ja wieder jede Menge zum Lesen. Die Auszeichnung
der Oper Hannover habe ich auch absolut nicht verstanden. Das
ist schon sehr ärgerlich. Ansonsten möchte ich noch etwas
ergänzen:
BOLESLAW BARLOG
Die Tosca, Deutsche Oper Berlin, steht immer noch auf dem
Spielplan des Hauses, zuletzt 2019 und mußte da wegen Corona
ausfallen. Ich selbst sah die Aufführung am 9. Dezember 2018 in
einer wunderbaren Besetzung: Sondra Radvanovsky in der
Titelpartie und zur Zeit meine Lieblings-Tosca. Scarpia war Ivan
Inverardi und Cavaradossi Massimo Giordano. Die Aufführung war
keineswegs verstaubt, kein Rampensingen, sondern es war viel los
auf der Bühne, teilweise ein richtiger Krimi. Und fürs Auge
bietet diese Inszenierung auch eine Menge. Man ging beglückt und
erfüllt aus dieser Aufführung raus.
THORNTON WILDER BZW PAUL HINDEMITH
"Das lange Weihnachtsmahl" - die Premiere war am 17. Dezember
1961 in Mannheim und Hindemith dirigierte selbst. Mein Mann
gehörte auch zu der Besetzung und verstand sich wunderbar mit
Hindemith, der ihm eine sehr schöne persönliche Widmung schrieb,
die sich immer noch in meinem Besitz befindet.
Vielleicht sind die Ergänzungen für Dich noch interessant.
Vielen Dank für die viele Mühe, die Du Dir immer machst und
liebe Grüße aus München sendet
R.
Zitatende |
Leserbrief
|
|
Zitat
Liebe Marie-Louise, lieber Herr Hansing,
heute betätige ich mich als Gscheidhaferl in Sachen Alfred
Andersch.
Er war nicht der Organisator der Gruppe 47. Das war allein Hans
Werner Richter. Die beiden kannten sich aus der
Kriegsgefangenschaft und gründeten zusammen als Nachfolger der
Gefangenenzeitschrift den "Ruf".
Hier kamen junge Autoren bzw. solche, die es werden wollten, zu
Wort, vor allem mit Beiträgen zur gegenwärtigen Lage im
Nachkriegsdeutschland.
Als der "Ruf" dann von den Amis verboten wurde und in
entschärfter Weise an Erich Kuby als Herausgeber ging,
beschlossen Richter und Andersch, eine neue Zeitschrift für den
neuen Zeitgeist zu gründen, die sie "Der Skorpion" nannten.
Allerdings kam die über eine Nullnummer nie hinaus.
(Das einzige Exemplar hatte die Witwe von Andersch, ich habe
damals für Richter (und mich) eine Kopie gemacht.) Doch "Der
Skorpion" bekam keine Lizenz.
Da die jungen Autoren aber irgendetwas machen wollten, lud Hans
Werner Richter im September 1947 17 Leute an den Bannwaldsee
nach Füssen ein, wo ihnen die Schriftstellerin Ilse
Schneider-Lengyel ihr kleines Haus zur Verfügung stellte. und
bat, Manuskripte der Beiträge mitzubringen, die sie verfasst
hatten.
Drei Tage wurde gelesen und kritisiert und man war sich einig,
dass man das weiter machen sollte. Bei diesen Treffen war
Andersch nicht dabei, er arbeitete in Hamburg für die "Hamburger
Nachrichten". Zum zweiten Treffen lud ihn Richter ein. Er bekam
wie die anderen eine handgeschriebene Postkarte. Und an dieser
Form der Einladung änderte sich
bis zum Ende der Gruppe 47 nichts.
Bei der Namensfindung orientierte man sich an einer spanischen
Gruppe, die sich Gruppe 98 genannt hatte. Richter wollte auf
keinen Fall einen Verein, Club oder Ähnliches, und so blieb die
Gruppe 47 eine Zusammenkunft von Autoren, Kritikern,
Dramaturgen, etc., die jeweils von Hans Werner
Richter eingeladen wurden.
Das alles weiß ich von HWR, der lange Jahre bei der
Nymphenburger mein Autor war. Ich habe viele Manuskripte für ihn
geschrieben und hatte zu ihm und seiner Frau Toni bis zu beider
Tod noch eine freundschaftliche Verbindung.
Langer Rede, kurzer Sinn, und daher höre ich auf, aber nicht,
ohne zu sagen, dass ich wieder ganz begeistert von Ihren
Mitteilungen samt Anhang bin.
Viele Grüße nach Hannover
GG
Zitatende |
Leserbrief
|
|
Zitat
Zur vermeintlichen „Gendergerechtigkeit“
der deutschen Sprache
Zur Verteidigung der vermeintlich
„gendergerechten“ Sprache wird oft ins Feld geführt, dass
Sprachen sich im Laufe der Zeit verändern. Solche Veränderungen
kommen aber nur über lange Zeiträume zustande, über
Jahrhunderte. Und zwar von innen heraus, ganz wichtig, also von
jenen, die diese Sprache sprechen, von unten nach oben. Seit
meinem Abitur 1971 kann ich keine wirklich nennenswerten
Änderungen der deutschen Sprache erkennen, weder in der
Großschreibung noch in der Wortwahl (bis auf mehr Anglizismen,
die auch technologiebedingt sind wie IT etc.) noch in der
Interpunktion. Das war vor fast 50 Jahren, also einem halben
Jahrhundert. Seit 20 Jahren bin ich selbst journalistisch tätig
in der internationalen Opernrezension. In der Literatur hat sich
auch nichts geändert, auch hat hier die sog.
„Gendergerechtigkeit“ nicht Einzug gehalten. Das finden Sie in
kaum einem in Deutschland oder Österreich verlegten Buch.
Die eigentlich nur mit einer
Aufsetzung zu vergleichende sog. „gendergerechte“ Sprache ist
Ausfluss eines politischen Willens, der seit relativ kurzer Zeit
um sich greift. Es ist ein politisch-bürokratisches Oktroyieren
von Änderungen auf die deutsche Sprache, die von einer
Minderheit als wünschenswert gesehen und fast ausschließlich von
Moderatoren von TV-Sendungen verwendet werden und über
Gleichstellungsbeauftragte in staatlichen und privaten
Institutionen gewissermaßen „von außen“ durch Verordnungen und
Vorschriften durchgesetzt werden. Also eine diskretionäre
Sprachänderung von „oben“ statt von unten. Und dabei entspricht
das nicht einmal dem Wunsch der Mehrheit der Bevölkerung in
Deutschland. Dort ergab eine Infratest Dimap Studie 2020, dass
56 Prozent der Befragten gegen das „Gendern" sind. Und dabei
waren auch Frauen, die sicher auch Bücher lesen.
Moderatoren „gendern“ vornehmlich in
den Nachrichtensendungen, aber auch jene in Talkshows, immer nur
die Moderatoren. Interessant ist nämlich, dass die in
Dokumentationen und Interviews Befragten, und seien sie auch aus
der avantgardistischen Kulturszene, nahezu nie „gendern" – nur
die Moderatoren. Man hat oft das Gefühl, Moderator und
Interviewter sprechen verschiedene Sprachen - so wie es
Zerbinetta von Ariadne in der Oper „Ariadne auf Naxos“ von
Richard Strauss vermutet… Man könnte aber auch meinen, es
handele sich um ein Moderatorenkartell zu Gunsten der
vermeintlichen sprachlichen „Gendergerechtigkeit“ gegen den
semantischen Mainstream.
Die Sprache wird durch das „Gendern"
auch (in ihrer Aussage) verfälscht, was gravierend, aber
besonders im Fall der deutschen Sprache auch leicht belegbar
ist. Ich habe das schon in meinem Aufsatz zum Thema 2019
geschrieben, den ich hier anhängen darf.
https://www.klaus-billand.com/deutsch/betrachtungen/zu-politischen-themen/gendergerechtigkeit-in-der-deutschen-sprache-maerz-2019.html
Mittlerweile ist dazu noch ein
interessanter Artikel erschienen, vom Dichter Reiner Kunze, den
ich ebenfalls hier anhänge und sehr zu lesen empfehle.
https://www.pnp.de/nachrichten/kultur/Dichter-Reiner-Kunze-Sprachgenderismus-ist-eine-aggressive-Ideologie-2971049.html
Kunze ist eine seriöse Kapazität auf
dem Gebiet der Dichtung und natürlich Sprache, also eine gute
Referenz. Und er hat einiges im Leben mitgemacht, hier seine
Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Reiner_Kunze
Es ist in seinem Aufsatz eigentlich
alles erklärt und auf die Konsequenzen hingewiesen, was das
„Gendern" in der deutschen Sprache bewirken wird: Ihre
Verarmung. Ich würde sogar sagen, ihre Verhunzung!
Immer wieder stellt man nun fest,
dass Moderatoren in einer Nachrichtensendung ein Substativ, das
sowohl Frauen wie Männer umfasst, mit der Endung -innen
gebrauchen, ohne die Sprechpause zu machen. Damit wird ein
klarer Verständnisfehler produziert. Es wird damit versucht, das
Gendersternchen auszusprechen, was nicht geht, womit das auf
„-innen“ endende Substantiv wie ein durchgehendes Wort
gesprochen wird. Damit unterstellt der Moderator automatisch,
dass mit der Aussage nur Frauen gemeint sind. Es ist aber aus
dem Zusammenhang offensichtlich, dass Frauen und Männer gemeint
sind (was im Schriftbild durch das Gendersternchen im Prinzip
sichtbar wäre). Diese Formulierung ist also eine ernstzunehmende
Verfälschung der Sprache und ihrer Ausdrucksfunktion. Wenn das
weiter um sich greift, muss man annehmen, dass Dinge oder
Sachverhalte nur noch Frauen betreffen und die Männer
ausgeschlossen sind. Schlichte Fehlinformation! Ein möglicher
Fall zum Nachdenken: „Die Soldatinnen wurden auf der ganzen
Front zurückgeschlagen.“
Dabei ist es doch ganz einfach. Im
Gegensatz zu anderen Sprachen kennt die deutsche die markierte
Form bei der weiblichen Ausdrucksweise. Diese wird dadurch
dokumentiert, dass bei der weiblichen Form des Substantivs immer
ein -in oder im Plural ein -innen als Suffix anhängt. Die
männliche Form hat eine solche Markierung nicht. (Bei: „Ich gehe
zum Arzt“ oder „die Ministerpräsidenten“ kann es sich sowohl um
Männer wie auch Frauen handeln; es wäre reiner Zufall, wären es
nur Männer). Man könnte deshalb sogar sagen, das männliche
Geschlecht ist in der deutschen Sprache benachteiligt. Wegen der
fehlenden Markierung des männlichen Geschlechts kommt es zur
Verwechslung mit der unmarkierten, vermeintlich männlichen Form,
der generischen Form, die geschlechtslos ist. Wer also unbedingt
das …-in und …-innen anhängen will, oder Binnen oder Ähnliches
wie das sog. Gendersternchen * einbringt, um vermeintlich
„gendergerecht“ zu formulieren, beweist, dass er die deutsche
Sprache nicht vollumfänglich versteht. Und das kann und darf bei
einem weitreichenden Medium doch nicht sein.
Wenn man es etwas überspitzt
formulieren wollte, wäre sogar zu sagen, dass sich jene, die auf
„Gendergerechtigkeit“ pochen, mit dem zwanghaften Anhängen von
-in und -innen an die von ihnen vermeintlich für biologisch
maskulin gehaltene Form - von zumeist Berufsbezeichnungen - auf
-er (die aber de facto eine generische ist) gar keinen Gefallen
tun. Denn sie formulieren wieder nicht gendergerecht: Das
Weibliche wird lediglich zum semantischen Anhängsel des
(vermeintlich) Männlichen, also einem Suffix...
Ich möchte aber auch einen Vorschlag
zur Güte machen: man könnte bei der ersten Gelegenheit einfach
…-er und …-innen beim ersten relevanten Substantiv sagen (aber
bitte ohne die Sprechpause, die ohnehin mit der Zeit wieder
verschwinden wird, weil niemand eine solch mechanistische
Sprachkonstruktion auf die Dauer aushält und sprechen wird) bzw.
schreiben und bleibt dann im Rest des Beitrags bei der bisher
üblichen, auch in der Literatur maßgebenden Ausdrucksform. Denn
ein ständiges, gewissermaßen durchkomponiertes Enden auf …-in
oder …-innen würde Zuhörer und Leser in den semantischen
Wahnsinn treiben und mehr Text und damit Platz kosten, ohne dass
Wesentliches hinzukäme.
Womit wir bei einer weiteren Regel
wären, gegen die die vermeintlich „gendergerechte“ Sprache
ebenfalls verstößt, die Sprachökonomie. Sprachen entwickeln sich
nach der Regel, so ökonomisch wie möglich zu sein. Das „Gendern“
mit in der Regel erhöhter Wortzahl spreizt den Text signifikant
auf, ja bläst ihn auf, ohne Substanz hinzuzugewinnen. (Das wird
auch einer der Gründe sein, warum es in der Literatur nicht
gemacht wird). Allein von daher wird das „Gendern“ auf lange
Sicht im allgemeinen Sprachgebrauch wohl wieder erodieren
zugunsten einer ökonomischeren Sprache. Einfach durch den
täglichen Sprachgebrauch. Am Ende könnte man dann frei nach
Shakespeare sagen: „Viel Lärm um nichts.“
Und haben sich die Befürworter des
„Genderns“ einmal gefragt, wie ein Ausländer dann die deutsche
Sprache lernen soll?! Wir leben in der Staatengemeinschaft der
EU und sollten auch darauf erpicht sein, dass die deutsche
Sprache erlernbar bleibt. Deutsche und Österreicher führen
überall die Touristenstatistiken an…
Es gibt aber noch etwas ganz
Verblüffendes:
Das alte Englisch, das wesentlich
komplexer war, hatte drei Geschlechter wie heute das Deutsche.
Die altenglische Endung - ere für
jemanden, der etwas macht, war maskulin. Daraus wurde später -er
(teacher, singer, lover etc.) oder Deutsch; Lehrer, Sänger,
Liebhaber. Die altenglische Feminin-Endung dazu war – estre, die
später fast komplett verschwnad, abgesehen von wenigen Ausnahmen
wie z.B."seamstress", so dass im heutigen Englisch nur noch die
Maskulin-Endung -er existiert oder -or bei Wörtern, die aus dem
Französischen bzw. Lateinischen kommen (professor, actor, doctor
etc.).
Das moderne Englisch hat also bei
Berufsbezeichnungen, (um die es ja im Genderdeutsch im
Wesentlichen geht), nur noch eine Maskulin-Endung, die für alle
gilt und auch generell akzeptiert ist.
Andererseits legen die englischen
Schauspielerinnen Wert darauf, als "actor" angeredet zu werden
und nicht als "actress", was als abwertend gilt.
Es ist also nicht so, wie vielfach
positiv herausgestellt wird, dass das moderne Englisch kein
Gender hätte und damit gerechter wäre, ganz im Gegenteil, es hat
nur das Maskulinum!
Im Deutschen ist das Weibliche mit
einer eigenen Feminin-Endung (-in), mit der sog. Markierung,
also privilegiert. Auch in den romanischen und slawischen
Sprachen haben sie diesen Vorzug.
https://en.wikipedia.org/wiki/Old_English_grammar
Es geht bei dieser Thematik um etwas
ganz Wesentliches: Die Beibehaltung der Schönheit und Klarheit
der deutschen Sprache, so wie sie sich über viele Jahrzehnte
entwickelt hat. Und da wirkt die Oktroyierung einer
vermeintlichen „Gendergerechtigkeit“, die de facto gar keine
ist, sowie die verschiedenen Erscheinungsformen, wie
Gendersternchen * und etliche andere, wie ein krasser
Fremdkörper an der Sprache.
Ich möchte in dem Zusammenhang noch
an den Turmbau zu Babel im Alten Testament erinnern, eine schöne
und hier durchaus passende Geschichte. Die Menschen wollten im
Stile einer Selbstüberhöhung mit einem immer höheren Bau des
Turms Gott gleichkommen. Bekanntlich strafte er sie durch die
babylonische Sprachverwirrung, die dazu führte, dass sie sich
nicht mehr verstehen konnten....
Dr. Klaus Billand
10. Februar 2021
Zitatende |
Der Genderstern
geht noch nicht auf
|
|
Zitat
Geschlechtergerechte Sprache:
Rat für Rechtschreibung
verschiebt Empfehlung
Von Stefan Arndt
Hannover. Hannovers Stadtverwaltung schreibt weiterhin regellos:
Der Genderstern, den die Landeshauptstadt 2019 mit dem Ziel der.
geschlechtergerechten Schreibweise eingeführt hatte, wird
vorerst nicht in das amtliche Regelwerk der deutschen Sprache
aufgenommen. Dies geht aus einem Zwischenbericht hervor, den der
Rat für deutsche Rechtschreibung am Freitag in Mannheim
beschlossen hat. Explizit regelwidrig ist das Zeichen damit aber
auch nicht: Das Expertengremium will die Entwicklung des
Schreibgebrauchs zunächst weiter beobachten.
Der Rechtschreibrat will sich in seiner künftigen Bewertung von
verschiedenen Schreibweisen an der Lesbarkeit und
Verständlichkeit orientieren.
Außerdem sei es das Ziel, „einem unkontrollierten Nebeneinander
unterschiedlichster Variantenschreibungen entgegenzuwirken“ und
„die Einheitlichkeit der Rechtschreibung in allen
deutschsprachigen Ländern zu erhalten.“
In ihrem Bericht. bekräftigen die' Experten ihre Auffassung,
dass allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet
werden soll und sie sensibel angesprochen werden sollen.
Eine Lösung, wie das zu erreichen sei, bietet der Rat aber nicht
an. Das sei eine gesellschaftliche und gesellschaftspolitische
Aufgabe, die „nicht allein mit orthografischen Regeln und
Änderungen der Rechtschreibung" gelöst werden könne.
•
Konkreter wird der Bericht in der Beschreibung von Problemen,
die aktuelle Lösungsversuche mit sich bringen: Die Verwendung
von Sonderzeichen wie dem Genderstern („Student*innen") oder dem
Unterstrich („Bürger_innen") könne zu sprachlichen
„Folgeproblemen" und - grammatisch nicht korrekten Lösungen"
führen: Darum sollten sie „zu diesem Zeitpunkt" nicht in das
Regelwerk aufgenommen werden.
Seit 2004 ist der Rat für deutsche Rechtschreibung die
maßgebliche Instanz in Fragen der Orthografie. Er hat 40
Mitglieder aus Deutschland; Österreich, der Schweiz, dem
Fürstentum Liechtenstein, der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol
und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. Seine
Empfehlungen gelten für Schulen sowie für Verwaltung und
Rechtspflege.
Noch kein Thema für die Schüle*rinnen und Schüler:
Die Verwendung des Gendersterns im Unterricht.
Zitatende |
Quelle: HAZ – Ausgabe 27./28.
März 2021 – Seite 1
Was andere schrieben
|
|
Premierenkritik: "Der Freischütz" an der Bayerischen Staatsoper
Im
Leben geht mancher Schuss daneben
14.02.2021 von Bernhard Neuhoff
Niemand, nicht mal der böse und mächtige Samiel, trifft
immer ins Schwarze. Aber so komplett daneben wie dieser szenisch
verschossene "Freischütz" gehen zum Glück dann doch nicht viele
Inszenierungen. Mitleid und Respekt verdienen die durchweg
guten, teils phantastischen Sängerinnen und Musiker –
erstaunlich, wieviel sie, rein musikalisch, dem szenischen
Vakuum abtrotzen können.
Klar, der Freischütz gilt als schwer zu machen, ebenso wie die
"Zauberflöte". Opern, die viele aus der Kindheit kennen.
Melodien, die man nicht mehr aus dem Kopf kriegt, wenn sie
einmal drin sind. Nur halt verbunden mit einer Geschichte, die
man einigermaßen wohlbehalten hindurchnavigieren muss durch ein
sehr biedermeierliches Bermudadreieck zwischen Märchennaivität,
Schauerromantik und Frömmigkeit.
Perverses Firmenritual
Keine Spur von hilfloser Frömmigkeit:
Golda Schultz in ihrem Rollendebüt als Agathe, Anna Prohaska als
Ännchen.
Regisseur Dmitrij Tscherniakow gibt sich allergrößte Mühe, den
Figuren jede treuherzige Betulichkeit auszutreiben. Aus dem
dunklen deutschen Wald verlegt er den Freischütz in eine
aseptisch moderne Firmenzentrale. Erbförster Kuno ist der fiese
Chefbonze einer fiesen Kapitalistentruppe. An Stehtischen stößt
die Belegschaft im Businessdress mit Champagner auf das perverse
Firmenritual an: Durchs offene Fenster soll Max, der Juniorchef
in Spe, zufällige Passanten abknallen. Viel zu diskutieren gibt
es nicht über diese wackere, wenn auch eher holzschnittartige
"Kapitalismuskritik".
Die fromme Försterstochter Agathe und ihre naseweise Zofe
Ännchen will uns der Regisseur als zwei sehr zeitgenössisch
emanzipierte Frauen nahebringen. Und weil er dafür kein anderes
szenisches Mittel und nach Lage der Dinge auch keinen
Anknüpfungspunkt im Text findet, tauschen die Figuren
gelegentlich ein paar müde, fürs Bühnengeschehen eher
irrelevante Textbotschaften aus.
Hilfloser Gegenwartsrealismus
Aus der Firmenzentrale mit ihrem hilflosen Gegenwarts-Realismus
kommt Tscherniakow nicht mehr raus. Wie ein Löschblatt saugt die
triste Einheitsbühne alle Imagination auf. Konsequent treibt die
Inszenierung dem Freischütz das Beste aus, was er zu bieten hat:
Traum, Phantasie, Unbewusstes und Ambivalenz. Logisch wird die
Geschichte trotzdem nicht, die hier mühsam kolportiert wird.
Warum der böse Kaspar den ängstlichen Max gefesselt in die Firma
zieht, wo er sowieso die ganze Zeit rumhängt, warum er beim
Kugelsegen planlos im Foyer rumballert, und warum zum Teufel
sich der weise Eremit als Oberkellner des Cateringteams getarnt
hat, das alles will man eigentlich gar nicht mehr wissen.
Zitatende
Quelle:
https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/kritik-freischuetz-staatsoper-muenchen-tscherniakow-manacorda-100.html
|
Was andere schrieben
Gedanken zum Rosenkavalier - 23. März 2021 - Thomas Prochazka
|
|
Zitat
Etikettenschwindel auch in München. Diesmal sogar
zwiefach: Denn am Nationaltheater verhebt sich nicht nur Barrie
Kosky am Hofmannsthalschen Text, nein, man hebt auch Eberhard
Klokes auf 43 bis 50 Musiker reduzierte, 2019 entstandene
Partiturfassung aus der Taufe und meint, Rosenkavalier-Stimmen
auf den Pulten liegen zu haben.
In München wird solches Tun, das
immerhin unter der Schirmherrschaft von Strauss’ langjährigem
Partner Boosey & Hawkes vonstatten geht, mit den Notwendigkeiten
von »Sie wissen eh« argumentiert. Eberhard Kloke schreibt, er
wollte »eine klangliche Lösung für ein Konversationsstück […]
finden«. Auch sei es ihm »um eine Veränderung des Klangbildes
und damit der Klangstruktur innerhalb des Orchesters sowie der
Balance zwischen Bühne und Orchester« gegangen. Als bestünde
irgendeine Notwendigkeit, Richard Strauss’ großartige
Instrumentation verbessern zu müssen. Um den Komponisten selbst
zu zitieren: »Wann i net wollen hätt, daß man’s spielt, hätt’
i’s net komponiert.«…
[…]
Barrie Koskys zentrales Thema ist die Zeit. Das ist zwar
nicht das zentrale Thema der Oper, doch was tut das schon zur
Sache? So gibt es alle Arten von Uhren. Sogar Schwager Kronos
tritt auf. Ihn sucht man zwar in Hofmannsthals und Strauss’
Personenverzeichnis vergeblich, doch dafür gehen einige der 13
Schläge der Uhr in der Marschallin Schlafzimmer im
Orchesterrauschen unter. Ausgleichende Gerechtigkeit…
Allerdings: Ist das
zentrale Thema im Rosenkavalier nicht vielmehr die Liebe
(oder, besser: die Lust) in all ihren Spielarten? Der
schwärmerische Jüngling, die mit ihren 35 Jahren auch noch junge
Feldmarschallin Fürstin Werdenberg, die halbwüchsige
Sophie, der seiner Lust lebende Landedelmann Baron Ochs
auf Lerchenau… Ist es nicht die Ironie des Stückes, daß nach
dem Fallen des Vorhangs alle weiter tun werden wie bisher? Der
Lerchenauer wird weiterhin hinter dem Gesinde her sein.
Die Feldmarschallin wird sich binnen Wochen mit einem
anderen Jüngling trösten: »Einmal…« Und die Jungen?
Sophie wird über kurz oder lang zur neuen Marschallin
werden…
Regieanweisungen sind, so scheint’s, Barrie Kosky herzlich
gleichgültig, wenn es darum geht, einem Werk seine
übersprudelnden Phantasien und unzähligen Ideen überzustülpen.
Immer wieder stolpert man über Schlüpfrigkeiten, welche vielen
seiner Produktionen gemein sind: Man merkt die Absicht, und man
ist verstimmt.
Aber wer liest denn
heute noch das Kleingedruckte? Hätten’s die Verantwortlichen
gelesen, es wäre ihnen nicht entgangen, daß in Richard Strauss’
Partitur für Ort und Zeit der Handlung »In Wien, in den
ersten Jahren der Regierung Maria Theresias« geschrieben
steht. Hugo von Hofmannsthal schuf eine Kunstsprache, die es so
natürlich im Rokoko nie gegeben hat. Die sich jedoch, wie jetzt
in München, jeder szenischen Aktualisierung erfolgreich
widersetzt. So wirkt es nur mehr albern, wenn der Baron Ochs
im Anzug und die Feldmarschallin im
1920-er-Jahre-Abendkleid eingewienerte italienische und
französische Redewendungen verwenden.
Diese Inkongruenz
setzt sich im unglaubwürdigen Verhalten der Personen und ihren
Kostümen (Victoria Behr) fort: Octavian auf der
Sofalehne sitzend, während die an ihn geschmiegte
Feldmarschallin mit dem Ochs »parliert«? Seit wann
trägt man Degen zum Smoking (mit ausgestellter Marlene
Dietrich-Hose)? Die Feldmarschallin, die nach dem
Frühstück das Abendkleid im Stil der 1920-er Jahre anlegt, um
damit »in die Kirch’n« zu gehen? Sophie, die im
Cocktailkleid in ihrem Bett herumturnt?
Auch sonst ging
handwerklich einiges daneben: Wenn man die Livree hinten in die
Kutsche einsteigen sieht, nur damit sie auf der vorderen Seite
wieder herausklettert, verliert man das Vertrauen in die
Handwerkskünste des Arrangeurs. Und was, bitte, soll das
Herumgeturne von Octavian und der Marschallin im
ersten Aufzug, während anstelle des Frühstücks, wie’s in der
Partitur steht — und komponiert wurde! — Kübelpflanzen auf die
fast dunkle Bühne gerollt werden? (Übrigens in völliger Ignoranz
der Spielanweisung, wonach der erste Aufzug im Schlafzimmer der
Feldmarschallin spielt.) Fiel denn niemandem auf, daß der
Friseur an diesem Morgen nicht erschienen war, der
Feldmarschallin Klage daher ins Leere lief? Einzig
Galeano Salas als Sänger im an Ludwig XIV.
gemahnenden Kostüm war wenigstens eine Augenweide…
Vladimir Jurowski,
der designierte Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper,
ergab sich bereits vor Amtsantritt: Es scheint kaum vorstellbar,
daß er nicht weiß, daß Strauss sowohl die Frühstücksszene als
auch den Auftritt des kleinen Mohammed minutiös in der
Partitur schildert. Nicht nur hier wäre Widerstand zu leisten
gewesen gegenüber den Begehrlichkeiten des Spielvogtes.
Auch gegen die
Klokesche Fassung wäre bis zuletzt Einspruch zu erheben gewesen,
die sich erschreckend weit vom Original angesiedelt anhörte. Die
in keinem Moment jene musikalische Farbenpracht des Orchesters
der Ariadne auf Naxos erreichte. Dabei weiß man ja in
München sehr gut, wie man Richard Strauss spielt. Daß man
derzeit ein bisserl aus der Übung zu sein scheint, war nicht nur
beim Violinsolo im Finale des ersten Aufzuges zu hören: Ein
wenig anämisch klang das alles; leidenschaftslos; eintönig. (’S
wär’ hoch an der Zeit, daß die Theater wieder spielen.)
Marlis Petersen
wird wohl all die nächsten Jahre die Feldmarschallin Fürstin
Werdenberg in München geben. Denn kaum eine andere
Interpretin dieser Partie wird es sich angelegen sein lassen, in
des Spielvogt Kosky freizügiger Inszenierung mit Octavian
noch vor dem Frühstück zwischen den Kübelpflanzen Fangerl zu
spielen… Petersen singt die Feldmarschallin mit flacher
Stimme. Säuselt oft, ohne Tiefe. Man will sich gar nicht
ausmalen, wie sie forcieren wird müssen, sollte man nach »Sie
wissen eh« wieder zur originalen Orchesterbesetzung
zurückkehren. Petersen bot eine gesanglich uninteressante
Darbietung, weit entfernt vom Strauss’schen »Silberton« der
Großen der Vergangenheit. Jene mögen uns entschwunden sein; doch
schmälert das weder ihre Leistungen noch macht es die Tatsache
ungeschehen, daß sie über eine viel bessere Gesangstechnik
verfügten: Wer kritisch dergleichen billigt, ist ein
Niveau-Schänder.
Um den Octavian
der Samantha Hankey war es nicht viel besser bestellt:
Zweiter Preis beim Operalia-Wettbewerb 2018 hin oder her,
gesangstechnische Mängel bleiben gesangstechnische Mängel.
Hankey verfügt über schönes Material, weiß auch die untere
Stimmfamilie einzusetzen. Allerdings läßt ihre Stimme bereits
jetzt, falscher Technik geschuldet, ein übergroßes Vibrato
hören. Man achte auf die Zungenstellung und den (zu) weit
geöffneten Mund: Vergeudung der Kräfte, wohin man blickt.
Katharina Konradi
hinterließ mir als Sophie einen günstigeren Eindruck als
noch vor einigen Wochen bei ihrem Abend mit Schubert-Liedern.
Aber auch ihr fehlt es an jener Körperspannung, die doch die
Grundlage bildet für die notwendige Komprimierung des Tons über
den gesamten Stimmumfang. Operngesang ist Schwerarbeit.
Und Christof
Fischesser, der Baron Ochs auf Lerchenau? Auch der
mühte sich nach Kräften — ich will’s ja niemandem absprechen —,
aber mehr als ein »Oxerl« wurd’ es nicht. Zu farblos, zu
wenig eindringlich hörte sich das für mich an. Und ohne ein
sauberes tiefes ›e‹ im Finale des zweiten Aufzuges bleibt es
halt nur eine halberte G’schicht’. Gewiß, nett, daß man den
Strich im ersten Aufzug geöffnet hatte, somit einmal die gesamte
Lerchenauische Tirade zu hören bekam. Doch macht das schon einen
Ochs?
München bekam mit
dieser Produktion eine Stagione-Inszenierung, die sich im
Repertoire bewähren soll. Das wird, fürchte ich, nicht
funktionieren. Im mindesten nicht, was den Kassenreport
betrifft. Betrüblich stimmt, daß auch die musikalische Seite
dieses Nachmittages nicht überzeugte.
(Man ist dazu da, die Wahrheit zu sagen.)
Zitatende |
Was andere schrieben
|
|
Zitat
Heillos
Inkonsequentes gegen Romantik
–
Die „Freischütz“-Neuproduktion der Bayerischen Staatsoper
München
Ein besonderer
Abschied wäre möglich gewesen: In der 1970 heillos gescheiterten
„Freischütz“-Neuinszenierung donnerte im Nationaltheater der
damalige Schauspieler Klaus Bachler die tödlichen
„Freikugel“-Bedingungen Samiels ins Theaterrund. Jetzt hätte der
gerne als Erzähler oder Vorleser auftretende Intendant Nikolaus
Bachler in seiner letzten Saison nochmals… Doch der von ihm
engagierte Regisseur sah alles anders.
14.02.2021 - Von
Wolf-Dieter Peter
Der weiße Schimmel
„Regietheater“ führt in seinen besten Auftritten bestürzende,
faszinierende und horizontbereichernde Werksichten vor. Dafür
stand Dimitri Tcherniakow lange Zeit. Als Künstler im 21.
Jahrhundert lehnt er „Freischütz“-Gegebenheiten wie Gottesglaube
und Eremiten, Teufelspakte und Samiel ab. Er siedelt die
Handlung um Probeschuss, treffsichere Kugeln und allerlei
Spuk-Brimborium im Hier und Heute an – und muss also viel „in
die Moderne übersetzen“.
Als sein eigener
Bühnenbildner hat er als Einheitsbild den hochgelegenen
Veranstaltungssaal eines schicken Hotels gewählt. Dessen hintere
Holzlamellenwand lässt durch Drehen der Segmente in einen
weiteren Saal blicken, dahinter Hochhausfassaden. Im Saal feiert
ein Oligarch oder Boss (imposant mit dicker Havanna Bálint
Szabó) mit einer Business-Society ohne Masken und Abstand
(tapfer klangschön der Staatsopernchor; Einstudierung: Stellario
Fagone), bedient von Hotelpersonal mit Maske; man säuft Bier aus
der Flasche. Der Probeschuss besteht darin, aus dem Hotelfenster
wahllos einen Passanten abzuknallen. Dafür kommt Tcherniakows
zweite Neuheit zum Einsatz: auf einer schwarzen Leinwand blicken
wir mit Max durchs Zielfernrohr und sehen dann bei Kilians
Schuss das Gehirn des Getroffenen spritzen – erst nachher wird
vorgeführt, dass das ein Fake-Filmchen war.
Damit wir auch
verstehen, dass Max ein Weichei ist, läuft er in einer ärmlichen
Strickjacke herum, Typ Oberbuchhalter. Diesen panischen Normalo
schleift Kaspar, ein wohl traumatisierter Kriegsheld, später in
den abgedunkelten Saal als „Wolfsschlucht“ in einem Plastiksack
herein. In einer Ölsardinendose mixt er diese speziellen Kugeln
und ballert damit lustvoll herum. Da fehlt jegliche
Horror-Atmosphäre. Einzig beeindruckende Regie-Idee für Kaspar,
die der kernig-böse Bariton Kyle Ketelsen auch bewundernswert
umsetzt: aus seinem Trauma heraus antwortet er als „Samiel“ mit
gepresst abgedunkeltem Bass sich selbst und beschwört sein Ende.
Nach dieser szenischen Enttäuschung zieht sich aber Agathe in
eben diesem Saal und nicht in einer Luxus-Suite zur Hochzeit um.
Woher Ottokar kommt, bleibt unklar, erst recht der Auftritt des
Eremiten – doch all das spielt in halbhellem Nacht-Blau – also
wohl nur in Maxs neuem Trauma … doch da war schon klar, dass
Tcherniakows Werksicht völlig inkonsequent und verkorkst
modernisiert war. So retteten auch die auf die Filmleinwand
projizierten neuen Zwischentexte nichts.
Trost für die
pausenlos gestreamte Aufführung kam aus dem auf Abstand
sitzenden Staatsorchester unter Antonello Manacorda. Die auf
gute Übertragungsqualität zielende Aussteuerung ließ die
Besonderheiten der Orchesterfassung von Eberhard Kloke nicht so
recht erkennen. Doch Manacorda vermied alle spätromantische
Aufladung der Emotionen, sondern bezog den Gesamtklang auf die
damals lebenden Beethoven und Schubert: schlank, klar, straff,
melodieselig wo angebracht. Darin folgte ihm ein exzellentes
Solistenensemble: neben dem fiesen Kaspar von Ketelsen der
tenoral fast zu gesund strahlende Max von Pavel Čhernoch; aus
Ännchen hatte Tcherniakow eine zweite Tilda Swinton geformt, die
auch noch eine lesbische Beziehung zu Agathe andeuten musste -
aber Anna Prohaska sang das einfach strahlend weg. Sie alle
überragte Golda Schultz: ihre Agathe klang nach
Sopran-Sonnenschein-Gold, dabei weich, mühelos formbar und
herzenswarm – eine Verneigung wert. Ansonsten:
Auf Nimmerwiedersehen!
Zitatende
Quelle:
https://www.nmz.de/online/heillos-inkonsequentes-gegen-romantik-die-freischuetz-neuproduktion-der-bayerischen-staatsope
|
Was andere schrieben
|
|
Zitat
THEATER „Hau ab, du
Arsch!“
Sie lassen stöhnen,
schuften, koitieren und auf der Bühne Notdurft verrichten.
Klassiker sind allenfalls Material. Jungdeutsche Regisseure sind
dabei, die üppigste Theaterlandschaft der Welt mit ihren
abgelatschten Schocks endgültig zu ruinieren.
Von Joachim Lottmann - 06.03.2006
Düsseldorf, vor dem
Theater. Draußen lungern diese seltsamen Schüler herum, die mit
der Leseschwäche, aus der "Die Milch macht's"-Werbung. Sie
kicken mit Bierdosen, spielen sich Handytöne vor, gucken
unsicher und lämmchenhaft. Innen zu Hunderten jene Frauen, die
ich zuletzt vor 20 Jahren in Hamburg als Helga Schuchardt
identifizierte. Ich habe zwei erstaunlich unbequeme Holzsitze,
dünn überspannt mit Samt. Jemand von links liest alles mit, was
ich in meinen gefährlichen Stadelmaier-Spiralblock schreibe.
Genau so einen hat er gehabt, von der hochpreisigen Markenfirma
Landré, ich habe ihn mir zeigen lassen. Lappig, biegsam,
trotzdem unhandlich, und an der Seite die berüchtigte geringelte
Stahlfeder, mit der man sich leicht verletzen kann, wenn man um
das Blöckchen kämpft. Wer hatte da recht? Der Kritiker oder das
Regietheater? Ich bin hier, um mir ein Bild zu machen. Im
Theater war ich die letzten 20 Jahre nur gelegentlich. Ich bin
nicht als Kritiker unterwegs, sondern als Stiftung Warentest.
„Hau ab, du Arsch!“
Als Erstes also
Shakespeares "Macbeth" in Düsseldorf, von Jürgen Gosch.
Macbeth, nackt. Es ist
Ekeltheater von Anfang an. Die minderjährigen Lämmer haben sich
noch nicht richtig hingesetzt, als ihnen schon meterhoch der
Dreck entgegenspritzt. Was mag in ihnen nun vorgehen? Der Lehrer
hat etwas anderes versprochen. Auch die Mädchen hatten
eigentlich Shakespeare erwartet. Nun sehen sie Blut und
Schlimmeres. Aber sie kotzen nicht, das tun ja schon die
Schauspieler.
Von der ersten Sekunde
an stehen alle nackt auf der Bühne. Nur der König trägt etwas,
eine verrutschte Papierkrone auf dem Kopf, damit man ihn
erkennen kann. Der Zuschauerraum ist hell ausgeleuchtet, damit
niemand unbemerkt fliehen kann.
Die Pause fällt aus, aus demselben Grund. Gäbe es eine, wäre
anschließend das Haus leer - bestimmt hat man das schon oft
ausprobiert. Von da aus ist es nicht mehr weit, dem letzten
Kritiker mitten in der Vorstellung das Blöckchen zu entreißen
und ihn mit derben Worten wie "Hau ab, du Arsch! Verpiss dich!"
einzuschüchtern.
Aber der westliche
Mensch ist liberal. Gott sei Dank. Er relativiert gern. Könnte
nicht auch die andere Seite recht haben? Musste Stadelmaier
unbedingt ein Blöckchen mitbringen? Hätte er seine Eindrücke
nicht auch nach der Vorstellung aufschreiben können? Hätte er
nicht weiter hinten und unbemerkt sitzen können? Und überhaupt:
Warum kritisiert er so viel?
Während ich darüber
meditiere, wird minutenlang auf der Bühne gepinkelt. Erst der
eine, dann der andere, dann noch einer, dann furzen sie (Tonband
aus dem Off), dann scheißen sie einen halben Akt lang und so
weiter. Im Publikum ist nun echtes Unbehagen. Kopfschütteln,
Frauen verziehen das Gesicht. Einer Schülerin ist schlecht, sie
will raus. Auch andere wollen raus, trotz der gnadenlosen
Scheinwerfer.
Ein Rinnsal von
Flüchtenden bildet sich, Vertriebene aus dem Theaterland, Alte,
Gebrechliche, Enttäuschte, manche weinen. Etwa ein Drittel des
zahlenden Publikums verlässt das Haus vorzeitig, trotz der
Schikane.
Die Inszenierung wurde
von der Kritiker-Jury des Theatertreffens als eine der zehn
besten Inszenierungen der Saison nach Berlin eingeladen. Was
geht in Kritikern vor?
Der Großkritiker in
seiner Burg. Der Kritiker Stadelmaier lehnt es ab, in dieser
Jury mitzuwirken. Sein Raum besteht fast nur aus Büchern, manche
hat der gefürchtete Herr selbst geschrieben. Buschige dunkle
Augenbrauen, ein bohrender Blick. Ein atypisch aussehender
Kritiker, nicht klein und bebrillt, sondern wuchtig, kolossal,
angriffsbereit. Der ist auf dem Pausenhof nie verprügelt worden,
der musste sich nie in die Bücher flüchten, vor dem hatten
selbst die Lehrer Angst. Ich nehme mein Herz in die Hände und
frage: "Herr Stadelmaier, wie konnte dieser lächerliche
Happening-Stil aus den Siebzigern so lange überleben?"
"Dieses Theater wird
verschwinden", antwortet er, "weil irgendwann das Publikum
wegbleibt."
Ich frage, warum er noch immer
hingeht. Sich das antut. Seit über zehn Jahren leidet er
darunter, hört man doch. Er ignoriert die Frage, ganz
Pflichtmensch alter Schule, spricht ein paar Minuten über seine
Kinder, denen er sein Theater in Erzählungen und sogar
Kinderbüchern nahegebracht hat. Seine Kohleaugen glühen, und ich
spüre, was ihn noch aufrechthält.
Dann redet er vom "Rübenrauschtheater": Alles, was dem Regisseur
während der Proben durch die Rübe rauscht, werde umgesetzt. Ohne
dass es durch den Text überprüft werden könne. Es handle sich
folglich um völlige Beliebigkeit. So beliebig wie das Zeug, das
Menschen normalerweise nachts träumen. "Genau deswegen langweilt
es immer so, wenn einem die Freundin ihre Träume erzählt beim
Frühstück", pflichte ich ihm eifrig bei.
Goethe in Frankfurt. Nächster
Versuch: Goethes "Egmont" in der Goethe-Stadt Frankfurt. Das
dortige Theater hat die Sprachverhunzung schon im Namen, wie ein
Programm: "schauspielfrankfurt", kleingeschrieben und zusammen.
Da ahnt man die offene Bühne, den Verzicht auf Werktreue, auf
Kostüme und Bühnenbild bereits beim Kauf der Karte.
Von außen sieht das Haus aber wunderschön aus. Dieses
zukunftsfrohe Leuchten und Glitzern der echten Moderne, die noch
keine Postmoderne ahnte. Glas, Stahl, von diesem Tempel inmitten
der Stadt wird der Theaterbesucher bestimmt angezogen. Und umso
schrecklicher enttäuscht.
Denn wieder sehe ich diese
selbstgeschnitzten Blödmannszenen, dieses Punk- und Rock-Zeug,
alles vom Regisseur geschrieben, von Goethe nur die Stichworte,
das sogenannte Material. Der Regisseur hat das Wort "Vaterland"
im Goethe-Text entdeckt. Hey, Mann, "Vaterland"! Das heißt
natürlich: Pflichtprogramm. Nämlich 35 Minuten lang
"patriotische" Stellen von allen deutschen Klassikern und
Nichtklassikern ins Publikum schreien. Die circa 40 Schauspieler
bilden einen Chor und brüllen los. Am deutschen Wesen soll die
Welt genesen. Brüll! Kreisch! Donner! Schepper! Mein lieber Herr
Gesangsverein, heil Hitler aber auch, denke ich.
Da hat der Regisseur den
verlogenen Goethe mal wieder so richtig schön "dekonstruiert".
Als latenten Nazi? Den Geheimrat, echt? All die hässlichen
deutschtümelnden Sätze waren doch von anderen!
Das Kritikerblöckchen im Einsatz. Dass auch wieder "die Sau
rausgelassen" wird, interessiert mich kaum noch. Der Schock hat
sich durch den "Macbeth" am Vorabend verbraucht. Nachdem ich
nackten, meist alten Männern beim Kacken auf dem Donnerbalken
zugeschaut habe, kann mich jetzt das wilde Beischlafgestöhne des
Campino-Lookalike mit dem Punk-Klärchen im nassen Schlamm nicht
mehr erreichen. Ich langweile mich.
Das Klärchen zieht sich aus, der
Egmont zieht sich aus, aber Klärchen finde ich hässlich, und
Egmont ist ein Mann. Warum isst Wilhelm von Oranien einen
Joghurt von Ehrmann? Wieso wird immer nur geflüstert oder
geschrien? Warum stecken die Beine vom Prinzen von Gaure in
einem Teddysack? Oder war es der Herzog von Alba, als Penner
verkleidet? Und wozu muss er mit einem Klebeband vom Baumarkt
zugepflastert werden, und die Kalaschnikow fällt aus dem Koffer,
und Pink Floyd spielt dazu?
Ich notiere mir diese
entscheidenden Fragen gerade in mein Blöckchen, als eine
Schauspielerin auf mich zutritt und mich ins Stück
miteinbeziehen will. Natürlich: Sitze ich nicht genau auf dem
Platz, auf dem Stadelmaier, der größte und letzte deutsche
Theaterkritiker, körperlich angegriffen wurde?
Wie in einem Reflex halten meine beiden Hände mit größtmöglicher
Kraftentfaltung das geliebte Blöckchen fest. Wenn die Frau jetzt
trotzdem stärker ist, reißt es mir die Innenhaut der Hand auf!
Also, wenn sie zugreift. Aber sie tut es nicht, sondern hält mir
einen Luftballon hin. Ich ergreife ihn. Die Zuschauer erstarren.
Dann fordert sie das Publikum auf, in der Pause mit den
Schauspielern zu diskutieren. Über Stadelmaier, denke ich
sofort. Aber dann höre ich, es solle über das Stück gehen, über
die Möglichkeit einer Revolution im heutigen Deutschland. Daraus
wird dann nichts, denn die Zuschauer denken nicht daran. Ich
halte mich an meine Schauspielerin, wir lernen uns kennen und
treffen uns nach dem Stück in der Theaterkantine.
Die gemütliche Theaterkantine. Hier geht es gemütlich zu, in so
einer typischen Kantine eines deutschen Subventionstheaters.
Hier sind die Theaterleute unter sich, und auch sonst sind sie
ja immer unter sich. Sie haben den schönsten Beruf der Welt. Sie
sind sich selbst eine große Familie. Sie agieren sich aus, bei
den Proben, auf der Bühne, aber auch sonst, und paaren sich
untereinander und trennen sich untereinander und haben ganz,
ganz viele ganz, ganz liebe Freunde überall untereinander.
Außerhalb des Theaters kennen sie niemanden.
Eine Unterschriftenliste wird von Tisch zu Tisch gereicht.
Genervt unterschreiben die Leute. Irgendeine Petition. Sicher
wichtig, denke ich und frage die Frau, die damit herumläuft; es
ist die Intendantin. Sicher eine politische Resolution gegen
Stadelmaier. Er ist jetzt der große Feind. Er bedroht irgendwie
durch seinen "Fall" das ganze staatlich geschützte Biotop, und
das "wehrt" sich jetzt bestimmt. Ich frage: "Politische Sache,
wie?" "Ja, es geht um die neue Raucherverfügung." Nichtraucher
und Raucher sollen besser oder anders voneinander getrennt
werden. Auf der Petition lese ich: "Vor dem Hintergrund, dass
diverse Gespräche mit dem Betriebsrat, der Frauenbeauftragten,
der Schwerbehindertenvertretung sowie auch dem Arbeitskreis
Betrieblicher Gesundheitsförderung ..."
Da kommt die Intendantin wütend an meinen Tisch und fragt, was
ich in der Kantine zu suchen hätte. Hier kämen grundsätzlich
keine theaterfremden Leute rein!
"Kann ich mir denken", murmele ich.
Bloß schnell weg. Auf nach
Hamburg, auf zu Horváths Menschen-im-Hotel-Stück "Zur schönen
Aussicht". Das wird sicher keine Ferkelei! Nicht in diesem
schönsten aller deutschen Theaterhäuser. Mit dem die Hamburger
ihren Größten, nämlich den Theaterkritiker und Dramaturgen
Gotthold Ephraim Lessing, ehrten, und zwar dadurch, dass sie es
im Stil des wunderschönsten Hochbarock ausschmücken ließen.
Die Hamburger Bürger kommen auch heute in tadelloser Garderobe
und füllen die Plätze. Ich atme tief durch. Zu früh gefreut. Ein
dicker Mann zieht sich aus, stellt sich nackt und breitbeinig
mit gezogenem Glied vor den Kopf einer liegenden jungen Frau,
schreit sie an, sie solle seinen Pimmel in den Mund nehmen und
so weiter, steigert sich dabei in einen Schreikrampf, und das
als "verklemmt" bekannte Hamburger Publikum buht. Skandal,
Skandal. Gewagt, gewagt. Theater muss "gewagt" sein. Grenzen
überschreiten. Leider ist diese Aufführung dann noch viel
schlechter als die anderen beiden. Die Schauspieler berserkern.
Manchmal denke ich, es müsste
bestürzend oder komisch sein, wenn man plötzlich keine Popmusik
mehr hören könnte. Wenn sie einfach nie mehr gespielt würde.
Und stattdessen gäbe es nur noch
falsch imitierte Zwölftonmusik. Nicht die echte von Schönberg,
sondern beliebiges, selbstgebasteltes Dröhnen, Ächzen und
Klingeln. Und man würde
10, 20, 30 Jahre nur noch diesen kranken Lärm hören. Und wer
sich noch an die Beatles, die Strokes oder an Tokio Hotel
erinnerte, wäre ein Spießer, ja der Feind! Und Diedrich
Diederichsen würden sie das Blöckchen zerreißen ...
Ich wachte auf. Immer noch war
ich in der so faden wie deprimierenden "Zur schönen Aussicht".
Wie schön es wäre, die von Horváth angelegten Konflikte nicht
von völlig verrohten, entstellten, karikierten Menschen
ausgetragen zu sehen, sondern von echten! Wenn nicht alle Männer
Schweine und Proleten, nicht alle Frauen Schlampen wären!
Bochum, Schauspielhaus. Das
deutsche Theater, denke ich, ist verloren. Doch anderntags sitze
ich im Bochumer Schauspielhaus und erlebe ein Wunder. Auf dem
Programm steht Oscar Wildes Komödie "Ein idealer Gatte". Und ich
sehe - Oscar Wilde.
Regisseur Armin Holz macht kein
"Gleichheitszeichentheater" wie alle anderen, nach dem Motto
Faust = Gerd Schröder, Macbeth = Angela Merkel als Mann,
Wallenstein = Boris Becker, gespielt von einem transsexuellen
Zwillingspärchen.
Er lässt sein Stück tatsächlich
dort stattfinden, wo es geschrieben wurde, im Jahr 1895, mit
entsprechenden Dandy-Kostümen. Holz brachte das Haus offenbar
sogar dazu, einen Vorhang anzuschaffen, und lernte, wie man ihn
auf- und zuzieht. Er erzählte mir in dem Lokal "livingroom" in
der Fußgängerzone von Bochum, dass es tatsächlich keinen Vorhang
am Theater gab. Eine völlige Überrumpelung also jetzt: Es gibt
vier Akte und eine Pause! Und einen Vorhang. Wahnsinn!
Die Schauspieler sprechen den Text von Oscar Wilde, und zwar
nicht in einer verballhornten Übersetzung, sondern einer
exakten. Die Paradoxa Wildes werden in ihrer ausdrucksstarken
Schwebe gelassen und nicht in sexuelle Eindeutigkeiten
überführt. Die Schauspieler können sprechen, man versteht in der
letzten Reihe jedes Wort. Die Zuschauer lachen oft und
freundlich. Armin Holz braucht keine Video-Einspielung, keine
Rockmusik und nicht das Kino. Ihm reicht der Text, und er
bewundert seine Schauspieler. Und die spielen so glänzend, dass
einem das Herz aufgeht.
Sebastian Koch, bekannt aus
"Speer und Er", gibt einen wunderbar verkommenen, liebenswerten,
aufregend präsenten und doch immer leisen Lord Goring, und
Markus Boysen ist viril, unfassbar viril, und man hat schon ganz
vergessen, dass Männlichkeit so aussieht, etwa wie Marcello
Mastroianni in seinen ersten Filmen. Margit Carstensen ist von
hochbürgerlicher "Lieblichkeit", und die größte Überraschung ist
die 25-jährige Claude de Demo, die neben der Carstensen nicht
verblasst. Premierenbeifall: 13 Minuten. Ich kämpfe mit den
Tränen.
"Wer heute als Schauspieler noch eine Figur richtig spielen und
nicht dekonstruieren will, muss normalerweise zum Film gehen",
sagte mir Armin Holz vorher. Bei ihm dürfen sie sprechen. Wie
schön!
Oscar Wilde und die Vogelgrippe
Ach, hätte Stadelmaier das miterleben können! Aber er
verbarrikadiert sich wohl besser in seiner Frankfurter
Redaktionsstube. Denn die argwöhnische
Raucherverordnungs-Intendantin Elisabeth Schweeger hat nun zur
großen Gegenattacke geblasen. Die "Süddeutsche Zeitung"
schreibt: "Der Skandal ... geht in eine neue Runde. Nun hat sich
das Theater zur Wehr gesetzt. Man werde es nicht hinnehmen, dass
so ein bedauerlicher Vorfall wie dieser dazu genutzt wird, den
Kunstraum Theater und die künstlerische Freiheit der dort
tätigen Künstler einzuschränken', heißt es in einer Erklärung."
Sicher wird es nun zu vielen
Solidaritätsaktionen kommen, zu Podiumsdiskussionen,
Lichterketten und umgedichteten Singspielen an der Berliner
Volksbühne. Claus Peymann hatte dem Schauspieler Lawinky, der
Stadelmaier so nachhaltig medienwirksam den geliebten
Spiralblock entriss, in seinem Ensemble "Asyl" gewährt.
Überhaupt sind sich so ziemlich alle einig in dieser verdorbenen
Branche, dass Stadelmaier "nun wirklich" zu weit gegangen ist.
Auch die anderen Theaterkonformisten werden sich nicht lumpen
lassen und irgendein Crossover von Stadelmaier, Bayreuth und
Vogelgrippe aufführen. Und irgendwann dann wird der letzte
Zuschauer zum Mitspielen animiert. Und das wäre dann das Ende
von 250 Jahren deutscher Theatergeschichte.
Debatte ums moderne Regietheater
Der Streit begann mit einem entrissenen Notizblock:
Während der Premiere von Sebastian Hartmanns Interpretation des
Ionesco-Stücks "Das große Massakerspiel oder Triumph des Todes"
auf einer Nebenbühne des Frankfurter Schauspiels riss der
Darsteller Thomas Lawinky, 41, Mitte Februar dem Kritiker
Gerhard Stadelmaier, 55, den Schreibblock aus der Hand - mit den
Worten: "Mal sehen, was der Kerl geschrieben hat."
Zwar gab Lawinky den Block sogleich zurück, "FAZ"- Chefkritiker
Stadelmaier aber stand auf und verließ das Theater, während ihm
der Schauspieler nachrief: "Hau ab, du Arsch!"
Folge des Eklats:
Der Schauspieler Lawinky wurde aus seinem Gastvertrag in
Frankfurt entlassen, die Frankfurter Aufführung musste umbenannt
werden, weil der deutsche Verlag Ionescos befand, Hartmanns
Inszenierung (neuer Titel "Being Lawinky") nutze allenfalls zehn
Prozent der Stückvorlage.
Vor allem aber löste die Attacke, die Stadelmaier als Angriff
auf die Pressefreiheit wertete, eine heftige Debatte um die
Auswüchse des modernen Regietheaters aus. Während viele deutsche
Theatermacher im aktuellen Bühnen-Kulturkampf ihr Recht auf
künstlerische Freiheit betonen, sehnen sich einige Kritiker nach
werktreueren Inszenierungen.
Für den SPIEGEL beschreibt in dieser Woche der Schriftsteller
Joachim Lottmann einige aktuelle Aufführungen aus der Sicht
eines gelegentlichen Theaterbesuchers. In der nächsten Woche
folgt von Wolfgang Höbel ein kritisches Loblied auf das
zeitgenössische Regietheater.
Zitatende
Quelle:
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46160414.html |
Was andere schrieben
|
|
Zitat
Richard-Wagner-Verband Ortsverband Chemnitz e.V.
Vorsitzender Matthias Ries-Wolff,
Ricarda-Huch-Straße 5, 09116 Chemnitz
Liebe Mitglieder des Chemnitzer RWV, ganz still ist das neue
Jahr gestartet; man hat kaum mitbekommen, dass schon Januar war:
Keine Premiere, keine Kulturnachrichten, Funkstille.
Aber Nicht-Nachrichten können auch interessant sein:
So ist z.B. der Vertrag von Christian Thielemann als
Musikdirektor der Bayreuther Festspiele zum Jahresende 2020
ausgelaufen.
Einer Verlängerung scheint also irgendetwas entgegenzustehen...
Apropos Thielemann:
An der Semperoper tobt mal wieder ein Machtkampf. Der GMD wollte
mit der Staatskapelle eine symphonische Dichtung von Richard
Strauss proben und der Intendant Peter Theiler hat's verboten.
100 Musiker in einem Saal, das ginge gar nicht.
Nun ist das Landesarbeitsgericht Chemnitz mit dem Fall
beschäftigt, denn fünf Musiker klagen darauf, dass sie arbeiten
dürfen.
Theiler hat gesagt, Thielemann solle mit kleinem Orchester
proben.
Na dann, frei nach Mozart: Eine Gute-Nachtmusik!
Im Dezember wurde an der Staatsoper Berlin LOHENGRIN in einer
Neuinszenierung von Calixto Bieito aus der Taufe gehoben.
Das Publikum durfte dies nur zu Hause vor dem TV oder Computer
verfolgen.
CB hat nicht enttäuscht und Fragwürdiges geliefert:
Der Kampf zwischen Lohengrin und Telramund läuft so ab, dass
sich der Chor teilweise entkleidet und mit roter Farbe
einschmiert, während Telramund allein durch den knallharten
Blick von Lohengrin niedergezwungen wird, während ein stark an
Parkinson leidender König Heinrich zusammen mit seinem
Hofnarr-Heerrufer zuschaut.
Wie man hier, wie Teile der Presse lobten, einen „packende
Politthriller" erkennen kann, ist nicht nachvollziehbar.
Ich habe ja eine hohe Toleranzschwelle, aber im zweiten Akt
hatte der Impuls des Abschaltens gesiegt. Hinzu kommt, dass
musikalisch nur die beiden Damen, Ekaterina Gubanova als Ortrud
und Vida Mikneviciute als Elsa überzeugen konnten. René Pape als
Heinrich erschien müde. Am Pult der Staatskapelle stand Matthias
Pintscher, der "eine Rekonstruktion des Klangs der Weimarer
Hofkapelle" geschaffen habe. Die Musik klingt, als würde ein
Kammerorchester spielen. Und trotz der kleinen Besetzung hatte
Roberto Alagna hörbar Mühe, der Titelpartie gerecht zu werden.
Sollte dieses eines Tages auf CD oder gar DVD erscheinen, ich
könnte Ihnen die Anschaffung nicht empfehlen.
Was kommt demnächst?
Man weiß es nicht, weil die Damen und Herren Politiker auf die
1., 2., 3., ... erwartbare Mutation des Virus mit einer
Lockdown-Verlängerung reagieren?
Man braucht keine vertieften Kenntnisse der Evolution, um zu
wissen, dass die Überlebensstrategie eines jeden Lebewesens
darin besteht, sich zu verändern und anzupassen. Dies gilt auch
für einen kleinen Virus. Wie viele Mutationen wollen wir denn
abwarten? Aus der sächsischen Staatsregierung hört man, dass es
einen 4-Stufen-Plan gebe, der als größtes Zugeständnis an die
Bevölkerung vorsieht, dass Veranstaltungen bis 1000 Personen
zugelassen werden könnten, wenn die Inzidenz unter 35 liegt. Ein
Leben ganz ohne Beschränkungen und Masken ist hingegen nicht
geplant. An diesem Wochenende hätten einige Fasching gefeiert
und andere hätten die Koffer gepackt, um nach Berlin zufahren:
An der Staatsoper steht die Premiere von Jenufa unter der
musikalischen Leitung von Simon Rattle mit drei tollen Damen auf
dem Programm, aus aktuellem Anlass unter Ausschluss von
Publikum: In der Titelrolle Camilla Nylund, als Küsterin Evelyn
Herlitzius und als alte Buryjovka Hanna Schwarz. 3Sat übertrug
am 13.02. ab 20.15 Uhr. Falls Sie vorsichtshalber keine Bilder
mochten, war Ihnen das Radioprogramm von BR-Klassik am 14.02. ab
19.05 Uhr empfohlen.
Auf keinen Fall sollten Sie sich auf der Webseite der
Staatsoper Hannover die Corona-Version von Carmen anschauen: Im
Finale wurde der Chor eingespart, stattdessen schreien
Balletttänzer den Text.
Kopfschütteln bereitet das Begleit-Filmchen mit dem Titel "Worum
geht es eigentlich in ...Carmen".
Im Namen des Vorstandes grüße ich Sie sehr herzlich!
Matthias Ries-Wolff
Zitatende
Zitat
Richard-Wagner-Verband Ortsverband Chemnitz e. V.
Vorsitzender Matthias Ries-Wolff, Bauernweg 90, 09117Chemnitz,
den 05.03.2021
Liebe Mitglieder des Chemnitzer RWV, anstatt sich über den
kommenden Frühling zu freuen, sind noch immer Corona, Covid-19
und seine Mu-Tanten das beherrschende Thema. Sofort fiel mir der
„Vetter aus Dingsda" ein, bei dem es heißt: "Onkel und Tante, ja
das sind Verwandte, die man am liebsten nur von hinten sieht!"
Ganz so einfach scheint es bei Corona nicht zu funktionieren,
aber neben der wiederholt angesprochenen Unzulänglichkeit der
Politiker müssen auch einmal Defizite in den Medien angesprochen
werden:
Warum wird nicht unterschieden zwischen den Infizierten und den
tatsächlich Erkrankten? Und warum wird die Impfungsquote nur
beiläufigen die Bewertung der Gefährdungslage mitaufgenommen?
Und was in dieser Woche als Ergebnis des Kabinetts bestehend aus
der Bundeskanzlerin und den Länderchefs (gibt's eigentlich eine
staatsrechtliche Legitimation dafür, dass dort Beschlüsse
gefasst werden?) für die Kultur in Aussicht gestellt wurde, ist
so vage, dass weder die Intendanten noch wir Zuschauer planen
können. Wir hungern nach Kultur! Aber das, was von den Plänen
bekanntwird, kann manchmal nur als grober Unfug bezeichnet
werden: In Hamburg soll demnächst an der Hochschule DAS
RHEINGOLD stattfinden, allerdings in 75 Minuten und nur in
Begleitung von zwei Klavieren. Das kann man doch ernstlich
niemandem empfehlen! Natürlich gibt es auch Menschen, die noch
nie diesen Vorabend des RINGs gesehen oder gehört haben, aber
denen empfiehlt man zunächst eine Werkeinführung von Stefan
Mickisch und danach eine der vielen wunderbaren Gesamtaufnahmen
auf CD oder DVD, zum Beispiel den Jahrhundertring von Patrice
Chéreau und Pierre Boulez aus Bayreuth.
Stefan Mickisch, der kongeniale Musikerklärer, ist am 17.02.2021
den Folgen seiner Depression erlegen. Das ist sehr traurig! Er
wurde 58 Jahre alt.
Im Namen des Vorstandes grüße ich Sie alle sehr herzlich,
Matthias Ries-Wolff
Zitatende |
|
Was andere schrieben
Leoš Janáček
- Jenufa
Wie der Vater sollte er Lehrer werden,
studierte in Brünn, legte dort die Lehrereignungsprüfung ab und
unterrichtete an der Lehrerbildungsanstalt.
Sein Wissen erweiterte er durch Studien in Leipzig und Wien, kam aber
schnell zu der Erkenntnis, dass er sich als Lehrer an einer Schule nicht
eignete.
Durch pädagogische Aktivitäten außerhalb eines Schulbetriebes verdiente
er den Lebensunterhalt und nutzte die übrige Zeit zum Studium und
Sammeln von Volksliedern.
Selbständig machte er sich mit der Wortmelodie einer Sprache vertraut
und richtete seine Opern-Kompositionen nach dem Sprachfluss des
Tschechischen aus.
Als Max Brod seine 'Jenufa' ins Deutsche übersetzte, stand er vor dem
Problem der Anpassung dieser Sprache an die Komposition.
Das schlaue Füchslein', 'Die Sache Makropulos', 'Katja Kabanowa', 'Aus
einem Totenhaus', 'Jenufa' - alle auf den Spielplänen der
internationalen Theater.
Weniger populär sind 'Der Beginn eines Romans', 'Die Ausflüge des Herrn
Broucek', 'Sarka' und 'Schicksal'.
Jenufa' 1994 am Theater Regensburg in der Inszenierung von Saskia
Kuhlmann.
Susan Salms-Moss in der Titelrolle, Christian Franz als Laca und die als
Elektra international bekannte Pauline Tinsley als Küsterin.
Ein großer Publikumserfolg in dem heißen Sommer war es nicht, Janacek
hat noch immer seine Probleme - diejenigen, die aber damals ins Theater
Regensburg kamen, fanden es gut.
Heute läuft die ‘Jenufa‘ an der Lindenoper.
Die Bühne ein Glaskasten, von allen Seiten einsehbar und - auch indirekt
- beleuchtet.
Minimale Ausstattung, Symbole, die den Inhalt der Handlung sichtbar
machen sollen.
|
|
Zitat
Damiano Michieletto schafft in seiner Neuinszenierung an
der
Staatsoper Unter den Linden Berlin mit der als Live-Stream
im Internet sowie als Fernsehübertragung bei 3SAT gefeierten
Premiere eine fast schon rar gewordene Mischung von
Theatertugenden: Seine präzise, psychologisch ausgefeilte
Personenregie zeugt von absoluter handwerklicher Beherrschung
und sie lauscht dabei jeder Nuance der Partitur und ihrem Ton
der Empathie für all die menschlichen Abgründe, die sich in
dieser Geschichte auftun. So wenig Leoš Janáček über die
Doppelmoral der Küsterin richtet, so wenig muss es der Regisseur
tun. Komponist und Regisseur leiden gleichsam gemeinsam mit.
Michieletto und seine Ausstatter finden Bilder, die im
Archetypischen das Aktuelle aufspüren, etwa wenn sie das Eis,
unter dem der tote Knabe im Frühling auftaucht, zur zentralen
Bühnenmetapher des finalen Aktes machen: Ein umgekehrter Eisberg
drückt sich mit der Spitze nach unten langsam durch die Decke,
immer mehr Wasser tropft daraus am Ende auf die Küsterin hinab –
als ein dialektisch doppeltes Zeichen: Die Wahrheit ihres
Verbrechens kommt ans Licht. Und die vereisten Seelen der
Dorfgemeinschaft erhalten nach all den Verkrustungen der
Vergangenheit die Chance auf Verflüssigung, womöglich gar
Auflösung, Erlösung.
Poetischer
Realismus
Poesie und Realismus gehen hier
fruchtbar Hand in Hand. Und Michieletto beweist, dass es einen
klugen dritten Weg zwischen deutschem Regietheater mit seinem
Dekonstruktionsfuror und italienischer Opernbebilderung mit
seiner sängerischen Statik gibt. Michieletto hat in der Tat in
beiden Opernwelten Erfolg – nicht als Kompromisskandidat,
sondern als ein Künstler, der Kunst kann, will sagen, der aus
Werk-Kenntnis und Werk-Respekt heraus seine Deutungsfantasie
gebiert, die er dann mit enormer Detailgenauigkeit zu
realisieren weiß.
Sängerdarsteller von Weltformat
Grandios, wie er mit ganz starken
Sängerdarstellern die Figuren formt. Camilla Nylund, die als
Jenufa mit langen blonden Haaren zu Beginn der Handlung eine
rote Decke für ihr bald geborenes Baby strickt, darf sich in den
zwei spannungsprallen Stunden vom unbedarften Mädchen und Opfer,
das sich in den komplett Falschen verguckt hat, zu einer ihrer
selbst bewussten jungen Frau entwickeln, die ihr Leben selbst in
den Griff kriegt und ihm die entscheidende positive Wendung
verleiht. Mit ihrem anrührenden Marschallinen-Sopran vollzieht
Nylund diese Wandlung kontinuierlich nach. Ladislav Elgr ist mit
seinem fast immer eine Spur übersteuert gefährdetem, enorm
vehementen Heldentenor ihr präpotent toller Hecht Steva, der
über ein Übermaß an Gewaltpotential und Reizbarkeit wie an
Hormonen verfügt. Das männliche Gegenbild gibt Stuart Skelton
mit seinem deutlich anschmiegsameren jugendlichen Heldentenor
und leiht Laca, der Jenufa am Ende in ein neues Leben und eine
in einer besseren Welt auch wirklich möglichen Liebe führt, den
sympathisch tumben Charme eines Parsifal.
Evelyn Herlitzius gibt der Küsterin die konzentriert intensive
Sopranschärfe einer kalt gewordenen, strengen oder doch einfach
nur prinzipienfesten Frau, die durch die Moral der Kirche ein
Leben lang geprägt wurde.
Zitatende
Quelle:
https://www.concerti.de/oper/staatsoper-berlin-jenufa-13-2-2021/
|
|
Was andere schrieben
|
|
Zitat
Großversagen:
Warum muss der Karlsruher
Theater-Generalintendant Spuhler jetzt erst gehen?
Sein Vertrag endet nun zum Saisonende: Peter Spuhler. Foto: dpa
Karl Georg Berg -
Birgit Möthrath - Sonntag, 20. Dezember 2020 - 18:01 Uhr
Die Kritik an
seinem autoritären Führungsstil wollte nicht verstummen, die
Krise ließ sich nicht einfach aussitzen: So hat der
Verwaltungsrat des Badischen Staatstheaters in Karlsruhe
beschlossen, zum Sommer den Vertrag mit seinem
Generalintendanten Peter Spuhler aufzulösen. Es wird jedoch
nicht reichen, nur die Person auszutauschen.
Es muss für die Verwaltungsratsmitglieder ein Spießrutenlauf
zu ihrer Sitzung im Juli gewesen sein, dieses Spalier von rund
300 Beschäftigten mit Protestplakaten vor dem Saal. Schon zuvor
hatte sich Außergewöhnliches zugetragen: Schwere Vorwürfe von
Operndramaturg Boris Kehrmann, der – nicht als einziger – um
vorzeitige Vertragsauflösung gebeten hatte, haben eine wahre
Palastrevolution entfacht. Der Personalrat stellte sich hinter
Kehrmann mit einem offenen Brief, in dem er ein „toxisches
Arbeitsklima“ anprangert. Von „Kontrollzwang“ Spuhlers war die
Rede, von rüdem Umgangston, beständigem Misstrauen,
„cholerischen Ausfällen“.
Doch der
Verwaltungsrat, an dessen Spitze die baden-württembergische
Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne) und der Karlsruher
Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) stehen, scheint den Ernst
der Lage nicht erkannt zu haben. Wie schon ein Jahr zuvor, als
trotz vielfacher mahnender Gespräche die Intendanz Spuhlers für
fünf Jahre verlängert worden war – vielleicht, weil man einem
Neuling nicht die anstehende Generalsanierung des Hauses
zutraute. Vielleicht, weil man sich selbst nicht glaubte,
jemanden zu finden, der sich die Leitung eines Spielbetriebs bei
laufenden Bauarbeiten zumutet.
Zögern kostet Geld, es heißt:
1,4 Millionen Euro
Das Zögern wird Stadt
und Land nun teuer zu stehen kommen. Denn nachdem der Skandal
nicht einfach auszusitzen war, hat der Verwaltungsrat Ende
November doch noch die Reißleine gezogen und beschlossen, mit
Spuhler über eine Vertragsauflösung zu verhandeln. Und der hat
Ministerin Bauer zufolge auch schon grundsätzlich zugestimmt –
jetzt geht es noch um die Höhe der Abfindung für einen Vertrag,
der Insidern zufolge ein Volumen von 1,4 Millionen Euro hat.
Neben der Trennung vom
umstrittenen Generalintendanten ist nun auch die Entscheidung
gefallen, dessen Stelle nicht einfach neu zu besetzen. Eine
Kommission soll zunächst eine Interimslösung ausarbeiten. Eine
weitere Kommission soll sich mit der Frage der künftigen
Leitungsstruktur befassen. Denn der hausintern zaghaft
gestartete Reformprozess soll mit professioneller Begleitung
fortgesetzt werden.
Der Personalrat hat bereits gefordert, dass die hierarchischen
Strukturen aufgebrochen werden, mehr Teilhabe und Transparenz
ermöglicht werden müssen. Wenn nicht, bekomme man unter einem
neuen Generalintendanten im schlechtesten Fall das gleiche
Problem, heiß es. Die kulturpolitische Sprecherin der Karlsruher
SPD-Gemeinderatsfraktion Elke Ernemann sprach gar von einem
Modell Sonnenkönig, das nicht mehr zeitgemäß sei.
Stattdessen ist nun
das Stuttgarter Modell im Gespräch. Karlsruhe hat eine
bundesweite Diskussion angefacht, wie problematisch die längst
überholten autokratischen Strukturen an deutschen Theatern sind.
In Stuttgart hatten sich die drei Sparten bereits 1992 darauf
geeinigt, die Generalintendanz abzuschaffen zugunsten
gleichberechtigter künstlerischer Intendanten von Oper,
Schauspiel und Ballett. Die Gesamtleitung hat ein
geschäftsführender Intendant. Das Modell diente auch dem
Mannheimer Nationaltheater als Vorbild, als 2012 die damalige
Generalintendantin Regula Gerber mit Burn-out ausschied.
Sprungbrett Karlsruhe, die
Deutung hat Spuhler allein
Doch dem Karlsruher
Personalrat schwebt eine noch weiterreichende Wandlung der
Strukturen vor: ausdrücklich nicht nur eine Zerstückelung in
Spartenintendanzen. „Die Lösung kann nicht sein, die Macht
einfach auf fünf Sparten zu verteilen. Und wir müssen aufpassen,
dass es keine Verteilungskämpfe gibt“, sagt die Vorsitzende
Barbara Kistner. Die Selbstfindung in der Belegschaft nach der
Intendantendämmerung steht hier aber noch ganz am Anfang.
Kistner zufolge tauschen sich die Sparten gerade erst über ihre
Bedürfnisse aus.
Wenn Wertschätzung, Motivation und Vertrauen die Währung für
eine funktionierende Kommunikation sind, und die Leidenschaft,
ohne die am Theater kein Funke aufs Publikum überspringen kann,
dann hat Peter Spuhler sehr viel sehr gründlich in den Sand
gesetzt. Ohne verbindende Kraft kann sich auch keine gemeinsame
Handschrift entwickeln – mit diesem Vorwurf würdigen Kritiker
das Badische Staatstheater zuweilen auf die Stufe eines
Stadttheaters herab.
Eine Linie war in der
Tat schwer auszumachen – auch angesichts der hohen Fluktuation
am Haus. Dramaturg Kehrmann war beileibe nicht der Erste, der
dem Haus den Rücken kehrte. Zuletzt sind die Dramaturgin Deborah
Maier, die jetzt am Nationaltheater in Mannheim arbeitet, und
der Erste Kapellmeister Daniele Squeo, jetzt
Generalmusikdirektor am Pfalztheater Kaiserslautern, gegangen.
Patric Seibert, Stellvertreter von Operndirektorin Nicole
Braunger, hat gar um eine vorzeitige Auflösung seines Vertrags
gebeten. Oberdirektor Joscha Schaback schmiss wie Kehrmann sogar
ohne Folgevertrag das Handtuch. Spuhler interpretiert die
Fluktuation öffentlich gerne als Zeichen, dass das Staatstheater
Sprungbrett sei und große Talente für Höheres empfehle. Um eine
Deutung von Fakten in seinem Sinne war Spuhler selten verlegen.
Doch gerade eine Kritik des Operndramaturgen Kehrmann trifft ins
Mark: Auf der Opernbühne kamen ein paar Altgediente immer wieder
zum Zug, andere Positionen waren nicht besetzt. Das Ergebnis:
Hatte Vorgänger Achim Thorwald noch einige Sänger, die sich auch
nach Bayreuth empfahlen, gibt es aus der Ära Spuhler kaum einen
Sänger oder eine Sängerin, der oder die Karriere gemacht hat.
Mehr Frauen, weniger Zuschauer
Es war jedoch nicht
alles schlecht in Spuhler zehnjährigen Intendanz. So muss man
ihm zugute halten, dass er die von seinem Vorgänger noch
angestoßene Sanierung und Erweiterung durch persönliche
Fürsprache in der Politik kräftig vorangetrieben hat. Auch
inhaltlich hat der 55-Jährige, der seine Laufbahn 1991 als
Dramaturg am Schauspielhaus in Wien begonnen hat, neue Akzente
gesetzt: Er hat als neue Sparten das Junge Staatstheater und das
Volkstheater gegründet, mit dem sich das Haus in die Karlsruher
Bevölkerung öffnen wollte.
Auch in der
Spielplangestaltung hat Spuhler das Theater zu modernisieren
versucht mit neuen, oft aktuellen Themen und ungewöhnlichen
Inszenierungen. In der Oper – Flaggschiff allein schon durch die
Händel-Festspiele – gab es große Erfolge mit „Tannhäuser“ in der
außergewöhnlichen Bildsprache der Lichtkünstlerin rosalie.
Politische Stücke tauchten auf wie die multimediale Oper „Doctor
Atomic“. Und die vier Teile von Wagners „Ring der Nibelungen“
ließ Spuhler von vier international renommierten Regisseuren
inszenieren – gefeiert wurde vor allem die „Götterdämmerung“ von
Tobias Kratzer. Der Opern-Spielplan mit „Wahnfried“, „Peter
Grimes“ und den „Trojanern“ war durchaus interessant.
Im Schauspiel gab es
zum ersten Mal eine der begehrten Einladungen zum Berliner
Theatertreffen: mit dem Stück „Stolpersteine Karlsruhe“ über die
Verfolgung jüdischer Künstler am Staatstheater während der
NS-Zeit. 2017 wurde der Theatervorplatz nach dem jüdischen
Hofkapellmeister Hermann Levi, einem Zeitgenossen Richard
Wagners, benannt.
Eine weitere Duftmarke
setze Spuhler mit der Besetzung der Chefetage durch etliche
Frauen. Im Schauspiel kam Anna Bergmann, die bewusst einen
emanzipatorischen Gegenentwurf zur noch immer stark männlich
geprägten Theaterlandschaft propagiert.
In der ersten Spielzeit wurden beispielsweise ausnahmslos
Regisseurinnen verpflichtet. Theoretisch und politisch liest
sich das genussvoll, praktisch künstlerisch jedoch zuweilen
weniger. „Die radikalen Setzungen müssen wohl erst ihr Publikum
finden“, kommentierte Spuhler einen massiven Einbruch bei den
Zuschauerzahlen.
Spuhler scheint ein
sicheres Gespür für Schlagzeilen zu haben. Ob dabei auch etwas
im Repertoire hängen bleibt, wie es sich für ein Staatstheater
gehört, scherte ihn offensichtlich wenig. Fast alle
Inszenierungen seiner Ägide verschwanden schnell wieder von der
Bühne. Sie waren einfach nicht zugkräftig genug. Das Publikum
wurde dann mit Produktionen aus der Ära Thorwald und Pavel
Fieber bei Laune gehalten.
Ein Fall von sexueller
Belästigung, auch das noch
Wie sich die Sparten
bei diesem Erbe zusammenraufen, dürfte spannend werden. Zumal
Opernchefin Nicole Braunger, über die schon länger Gerüchte die
Runde machten, sie habe um vorzeitigen Vertragsauflösung
gebeten, das Haus definitiv 2021 verlassen wird. Ihre Stelle ist
schon ausgeschrieben.
Das Ballett
schließlich hat gerade erst begonnen, sich neu zu erfinden. Der
Schweizer Choreograf Pierre Wyss hatte zu Beginn des
Jahrtausends mit einem sehr modernen, auf Tanztheater
basierenden Ansatz das Karlsruher Publikum verschreckt und den
Job schließlich hingeschmissen. Ihm folgte Birgit Keil –
klassisch, aber mit Klasse. Jetzt ist sie nach 16 Jahren mit 75
Jahren in Rente gegangen. Ihre Nachfolgerin Bridget Breiner
konnte im Corona-Shutdowm noch nicht so recht zeigen, welchen
Weg sie einschlagen will.
Und wären das nicht
schon genug Turbulenzen, hat das Badische Staatstheater auch
noch mit einem Fall von sexueller Belästigung zu kämpfen. Viel
Stoff für ein großes Drama.
Zitatende |
Quelle:
https://www.rheinpfalz.de/kultur_artikel,-gro%C3%9Fversagen-warum-muss-der-karlsruher-theater-generalintendant-spuhler-jetzt-erst-gehen-_arid,5148214.html?reduced=true
Was andere schrieben
|
|
Zitat
Bühne
Karlsruher Zustände kein
Einzelfall:
Intendant Peter Spuhlers Zeit in Heidelberg
Marie- Dominique
Wetzel
„Kann und wird
Generalintendant Peter Spuhler seinen autoritären Führungsstil
ändern oder nicht?“
Die verantwortlichen Politiker*innen
stellen sich weiter hinter ihn. Doch viele
Mitarbeiter*innen am Badischen Staatstheater haben nach mehreren
gescheiterten Mediationsversuchen den Glauben daran verloren.
Außerdem wurde jetzt bekannt, dass Spuhler ähnliche Probleme
bereits am Theater Heidelberg, seiner vorherigen Wirkungsstätte,
hatte.
Karlsruher Zustände
kein Einzelfall: Intendant Peter Spuhlers Zeit in Heidelberg
Badisches Staatstheater
Karlsruhe:
Intendant Peter Spuhler ist bereit aufzuhören
Generalintendant Peter Spuhler hat
sein Einverständnis erklärt, seine Dienstzeit als
Generalintendant am Badischen Staatstheater Karlsruhe vorzeitig
zu beenden.
Wie das Kunstministerium am 18.11. mitteilte, werden Ministerin
Theresia Bauer und der Karlsruher Oberbürgermeister Frank
Mentrup dem Verwaltungsrat Ende des Monats vorschlagen, den
Dienstvertrag mit Spuhler ab September 2021 aufzulösen.
(18.11.2020)
Ein bekanntes Muster
Die Berichte aus
Heidelberg erinnern deutlich an die Zustände, die zur Explosion
der Lage am Badischen Staatstheater in Karlsruhe geführt haben:
Spuhlers ehemalige
Assistentin in Heidelberg, Iris Rüsing, und deren Kollegin
Annette Schiffmann berichten in SWR2 von einem schwungvollen
Beginn der Zusammenarbeit mit Peter Spuhler 2005, allerdings sei
schnell klar geworden, dass der junge Intendant extreme
Anforderungen an seine Mitarbeiter*innen stellte – Einsatz rund
um die Uhr, Wunsch nach permanenter Kontrolle, keine kreativen
Spielräume und Wutanfälle, wenn etwas nicht 1:1 seinen
Vorstellungen entsprochen habe. Schiffmann, die 2007 in der
Presseabteilung tätig war, erzählt außerdem von Sitzungen, in
denen Spuhler andere Mitarbeiter*innen für Kleinigkeiten vor
allen anderen abgekanzelt habe. Rüsing und Schiffmann verließen
das Theater wenige Monate später.
Brief ehemaliger
Mitarbeiter*innen aus Heidelberg
Auf Rüsings Posten
habe es nach ihr keine persönliche Assistentin länger als zwei
Jahre ausgehalten, so steht es in einem Brief, den dreizehn
ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Theater
Heidelberg unterzeichnet haben.
Sie seien „sprachlos
und verletzt“, dass Peter Spuhler in Heidelberg weiterhin
„glorifiziert“ werde. Und sie bedauern es, damals nicht den Mut
gefunden zu haben, die Missstände öffentlich zu machen.
Mi, 21.10.2020 6:00 Uhr, SWR2 am Morgen, SWR2
Zitatende |
Links zu weiteren Quellen:
https://www.swr.de/swr2/buehne/staatsanwaltschaft-ermittelt-gegen-weitere-mitarbeiter-des-badischen-staatstheaters-100.htm
Professor für Theatermanagement: An vielen Theatern regiert die Angst -
SWR2
Debatte um die Leitungsstrukturen an Theatern | 16.10.2020 - SWR2
Deckel drauf und weiter so? Große Sorgen am Badischen Staatstheater vor
Spielzeiteröffnung - SWR2
Mutmaßliche Vergewaltigung im Badischen Staatstheater kommt vor Gericht
- SWR Aktuell
Hinter den Kulissen – Das raue Klima am Arbeitsplatz Theater - SWR2
https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/heikle-machtfuelle-der-intendanz-das-theater-als-arbeitsplatz-100.html
https://www.swr.de/swr2/buehne/mitarbeiter-innen-am-staatstheater-karlsruhe-wenig-beeindruckt-von-entschuldung-des-intendaten-spuhler-100.html
https://www.swr.de/swr2/buehne/ministerin-theresia-bauer-zum-streit-am-staatstheater-karlsruhe-es-hilft-nur-eins-klarheit-und-transparenz-herstellen-100.html
https://www.swr.de/swr2/buehne/neues-in-der-causa-badisches-staatstheater-karlsruhe-kunstministerin-theresia-bauer-aeussert-sich-erstmals-zur-sache-100.html
Was andere schrieben
|
|
Zitat
Machtmissbrauch?
Intendant
der Berliner Volksbühne hört auf
16. März 2021
Klaus Dörr (picture alliance /
dpa-Zentralbild / Jens Kalaene)
Nach Vorwürfen mehrerer
Frauen gibt der Intendant der Berliner Volksbühne, Klaus Dörr,
seinen Posten ab.
Er werde seine Tätigkeit zum Dienstag beenden, heißt es in einer
Erklärung des Theaters. Darauf habe sich Dörr mit Kultursenator
Klaus Lederer (Linke) geeinigt. Die Senatskulturverwaltung
bestätigte die Angaben. Für die gegen ihn erhobenen Vorwürfe
übernehme er die komplette Verantwortung, wurde Dörr in der
Mitteilung des Theaters zitiert. „Ich bedaure zutiefst, wenn ich
Mitarbeiter*innen mit meinem Verhalten, mit Worten oder Blicken
verletzt habe.“
Die „Tageszeitung“ hatte berichtet, dass sich mehrere Frauen
über das Verhalten des Intendanten beschwert haben. Dem Bericht
zufolge hatten sie sich an die Vertrauensstelle Themis gewandt,
die nach dem #MeToo-Skandal in Deutschland eingerichtet worden
war.
Mitarbeiter hätten „von Vorfällen des Machtmissbrauchs, des
Mobbings, verbaler Gewalt und sexueller Belästigung“ berichtet,
sagte Lederer im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses. Ein
Gespräch mit den betroffenen Frauen habe am 21. Januar
stattgefunden. Ein Gespräch mit Dörr von Anfang März werde noch
ausgewertet.
Die Berliner Volksbühne gehört zu den bekanntesten Theatern des
Landes. Das Haus am Rosa-Luxemburg-Platz hat in den vergangenen
Jahren mehrfach Schlagzeilen gemacht. Es stand lange unter der
Leitung von Frank Castorf. Als nach ihm der belgische Kurator
Chris Dercon übernehmen sollte, gab es Proteste in der
Kulturszene. Vorübergehend wurde das Haus auch besetzt. Nachdem
Dercon seinen Posten vor drei Jahren aufgab, übernahm Dörr die
Leitung. Er sollte das Theater vorübergehend führen. In diesem
Jahr war nun ohnehin ein Wechsel geplant – dann soll wie
vorgesehen der Regisseur René Pollesch übernehmen.
Diese Nachricht wurde am 16.03.2021
im Programm Deutschlandfunk gesendet.
Zitatende |
Was andere schrieben
|
|
Zitat
Machtstrukturen im Theater
Die
Alleinherrschaft der Intendanten abschaffen
Thomas Schmidt im
Gespräch mit Vladimir Balzer
Der Rücktritt des
Volksbühnen-Intendanten Klaus Dörr verdeutliche das Problem des
„Ein-Personen-Regimes“ am Theater, sagt
Theatermanagement-Professor Thomas Schmidt. Gremien mit
Beteiligung der Mitarbeitenden seien der Zukunftstrend.
Nachdem ihm mehrere Frauen sexualisierte
Grenzüberschreitung vorgeworfen hatten, hat der Intendant der
Berliner Volksbühne, Klaus Dörr, seinen Posten abgegeben. Für
die gegen ihn erhobenen Vorwürfe übernehme er die komplette
Verantwortung und gebe sein Amt im Einvernehmen mit der
Senatsverwaltung für Kultur und Europa auf, wurde
Dörr in einer Mitteilung zitiert.
Zu viel Macht für eine
Person
Für Thomas
Schmidt, Professor für Theatermanagement an der Hochschule
für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt, zeigt sich in dem
Fall ein strukturelles Problem:
„Die grundlegende Machtstruktur ist ja die des
Einzelintendanten, der einzelnen Intendantin, die so viel Macht
auf sich konzentrieren , dass es kaum noch jemanden gibt von den
Mitarbeiterinnen, die sich wagen, irgendetwas zu sagen“.
Dabei seien normalerweise die Mitarbeitenden in Unternehmen die
„ersten Kontrollinstanzen“. Schmidt hatte 2019 in seinem Buch
„Macht und Struktur im Theater. Asymmetrien der Macht“ eine
Studie zu Macht im Theater mit 2000 Teilnehmenden ausgewertet.
Leider würde in solchen Fällen auch eine
Einrichtung wie "Themis"
für die Opfer von sexueller Belästigung und Gewalt in Theater,
Film und Fernsehen nicht wirklich helfen. Denn: „Themis steht
auf staatlichen Füßen, und eine solche Institution muss absolut
unabhängig sein. Wenn der Bühnenverein hier mitwirkt als eine
Trägerstätte, dann ist mir das einfach viel zu nah am Geschäft“,
erklärt Schmidt.
Vielfältigkeit des
Theaters repräsentieren
Vielmehr
müssten solche Anlaufstellen und auch die Theater selbst wie
NGOs aufgebaut werden. „Die Handschrift des Theaters ergibt sich
aus der Summe, aus der Vielfalt der musikalischen, der
tänzerischen, der Regie-Handschriften im Schauspiel“, so
Schmidt.
„Und wenn all das zusammenkommt, wird es durch eine kluge
Dramaturgie und eine kluge Theaterleitung, die aus mehreren
Köpfen bestehen sollte, zusammengebunden und präsentiert.“ Das
sei die Lösung aus der Sackgasse des „Ein-Personen-Regimes“.
Ein
Modell eines solchen „Direktoriums“ könne vier- bis achtköpfig
sein, je nach Größe des Theaters, und würde sich „aus einem
geschäftsführenden Direktor, einer Chefdramaturgin, einer
künstlerischen Leiterin, die sozusagen das Gesamtkonzept
zusammenhält, der technischen Leitung, dem Marketing und PR und
dann einer Vertretung der Mitarbeitenden“ zusammensetzen.
Kontrolle der
Theaterarbeit durch die Mitarbeitenden
„Ich
denke, das ist ganz, ganz wichtig in dieser Phase, dass die
Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, an den Tagesentscheidung
des Theaters teilzuhaben und somit auch die Arbeit der Theater
zu kontrollieren“, sagt Schmidt, und es gebe auch schon
erfolgreiche Beispiele:„Schauen Sie sich das Schauspielhaus in
Zürich an oder das Theater Gessnerallee oder das Theater am
Neumarkt: jeweils drei Direktorinnen, die übrigens die besten
Programme machen, die ich überhaupt seit Langem erlebt habe.“
Das sei
ein Trend, der sich fortsetzen werde – mit „Intendantinnen einer
jüngeren Generation, die vielleicht selbst gelitten haben unter
diesen Alleinherrschern“.(kpa)
Geschlechtergerechtigkeit und
Nachhaltigkeit im Theater – „Practice what you preach!“
(Deutschlandfunk, Kulturfragen, 7.3.2021)
Studie über Machtstrukturen im
Theater –
Ein System aus Unterdrückung und emotionaler Erstarrung
(Deutschlandfunk Kultur, Rang I, 12.10.2019)
Zitatende |
Was
andere schrieben
|
|
Zitat
MeToo-Vorwürfe an der Volksbühne
Die
Pubertät des Theaters ist am Ende
Ein Kommentar von André Mumot
Übergriffe jenseits der Bühne: Sitzt das Theater dem eigenen
Mythos auf, dass große Kunst so manche Grenzüberschreitung
rechtfertigt? (Unsplash / Nikolas Noonan )
Intendant Klaus Dörr
verlässt die Berliner Volksbühne nach Vorwürfen sexualisierter
Grenzüberschreitung. Nicht der erste Fall von MeToo an
deutschsprachigen Bühnen. Sind Theater besonders anfällig für
ein Klima der Angst und Übergriffigkeit?
Es ist schon keine Überraschung mehr: noch ein MeToo-Skandal an
einem großen deutschsprachigen Theater. Wir hatten das
beispielsweise schon an der
Wiener Burg. Diesmal ist es die Berliner Volksbühne. Am 13.
März erst hat die
taz über die Beschwerden von zehn Mitarbeiterinnen gegenüber
der Berliner Kulturverwaltung berichtet. Klaus Dörr, der als
Intendant 2018 eingesprungen war, nachdem der glücklose Chris
Dercon das Haus verlassen hatte, wird sexistisches,
übergriffiges, altersdiskriminierendes Verhalten vorgeworfen.
Latent sexualisiertes
Arbeitsklima
Am 15. März dann tritt er selbst zurück. Ganz schnell. Das ist
ein Schritt, der durchaus Respekt verdient. Auch Kultursenator
Klaus Lederer lässt wissen: „Durch die Freistellung kann der
Aufklärungsprozess fortgeführt werden.“ Gut so – bis der
abgeschlossen ist, sollten sich Außenstehende mit der
Beurteilung des Falles zurückhalten.
Nur hoffen kann man, dass gründlich aufgeklärt wird, fair – und
mit einem Blick für die Strukturen des Theaterbetriebs, die
offenbar nach wie vor so hervorragend geeignet sind für ein
latent sexualisiertes, mit beruflichen Existenzängsten
unterfüttertes Arbeitsklima. Wenn der alleinige Chef an der
Spitze der Hierarchie über die Verlängerung kurzer
Arbeitsverträge entscheidet und gern einen möglichst
persönlichen Umgang mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
wünscht, ist es eben immer besonders schwer, ihn mit klar
gezogenen Grenzen womöglich vor den Kopf zu stoßen.
Erstaunlich ist nur: Die MeToo-Diskussionen sind nun wirklich
nicht neu. Trotzdem: immer wieder solche Vorwürfe. Das Theater
hängt immer noch seiner eigenen Vergangenheit als
Bürgerschreckinstitution nach. Auf der Bühne sollten die Spießer
jahrzehntelang mit radikaler Hemmungslosigkeit geschockt werden.
Gerade die Volksbühne hat dieses anarchische Theater
repräsentiert: Schauspielerinnen und Schauspieler, die den
Exzess auf den Brettern leben, sich in jeder Hinsicht nackt
machen. Und immer dabei dieser Mythos: Hinter den Kulissen geht
es bestimmt genauso zu – Sex und Drogen und Ausschweifungen, nur
damit kann man doch radikale Bühnenkunst zustande bringen.
Zeit
für eine neue Ethik
Anscheinend hat sich dieser Mythos auch bei einigen
Theatermachern und -macherinnen bis heute gehalten. Aber viele
Aktivistinnen und Verbände wie etwa Pro Quote begehren schon
seit längerem auf. Die endlos verlängerte Pubertät des
deutschsprachigen Theaters kommt an ihr Ende, der Ernst des
Lebens beginnt: Das Theater muss begreifen, dass es auch ein
Arbeitsplatz ist, an dem Regeln gelten müssen, an dem
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschützt sind und respektiert
werden – auch wenn es auf der Bühne wild zugeht.
Es wird Zeit, dass aus den großen moralischen Worten der Theater
gelebte Praxis wird. Was wir brauchen? Eine neue ernst gemeinte
Ethik der Theaterarbeit.
Zitatende
|
|
|
Zitat
KOLUMNE
Die Impfstoffe gegen Covid-19 bieten für jede und
jeden früher oder später Perspektiven zur Rückkehr in ein
normales Leben - und zugleich vielleicht auch zur mindestens
teilweisen Öffnung von Kultureinrichtungen. Der Start der
Impfungen in Deutschland hat sich mittlerweile einigermaßen
zu-rechtgeruckelt; notwendig ist jetzt und in den nächsten
Monaten Solidarität.
Aber auch für Kulturschaffende ergeben sich Fragen und
Unsicherheiten bleiben. Inzwischen sind schon 1,6 Millionen
Menschen mit der ersten Dosis geimpft worden, angesichts
größerer Produktionskapazitäten und der Zulassung zusätzlicher
Impfstoffe wird diese Zahl in den kommenden Monaten noch
deutlich ansteigen. Dass innerhalb eines knappen Jahres gleich
mehrere Impfstoffe gegen das Virus entwickelt und zugelassen
werden konnten, die nun perspektivisch Licht am Ende des Tunnels
bedeuten, darf sicher als eine tolle Nachricht gelten in einer
Zeit, die von aktuell katastrophalen Covid-Nachrichten
gekennzeichnet wird.
Wer wird wann geimpft?
Anfangs laufen Fertigungskapazitäten und Nachschubwege
der Impfstoffe noch nicht auf Hochtouren und in manchen
Bundesländern hakt es auch bei der Logistik. Deshalb hat die
Bundesregierung mit der Impfverordnung geregelt, wer sich zuerst
gegen das Virus impfen lassen kann - eine Impfpflicht soll es
ausdrücklich nicht geben. Besonders von Covid bedrohte
Bevölkerungsgruppen stehen dabei in der Rangfolge ganz vorne.
Danach sollen Menschen mit höchster, hoher und erhöhter
Priorität Impfungen angeboten werden - schließlich folgen in
einer vierten Gruppe alle anderen. Bundesgesundheitsminister
Jens Spahn (CDU) hat mehrfach angekündigt, nach aktuellem Stand
sei mit Impfungen dieser vierten Gruppe ab Ende Juni zu rechnen.
Bekanntermaßen wird aktuell zunächst in Alten- und Pflegeheimen
geimpft, auch das Personal mit hohem Risiko in medizinischen
Einrichtungen bekommt ein entsprechendes Angebot. Dazu sind
mobile Impfteams unterwegs. Parallel arbeiten in den meisten
Bundesländern auch schon stationäre Impfzentren.
Zunächst stehen dort Menschen über 80 Jahren auf der Liste. Die
Impfung dieser Gruppen soll laut Gesundheitsministerium
mindestens bis Ende dieses Monats dauern. Danach folgt die
zweite Gruppe: Menschen ab 70 Jahren sowie Menschen mit einem
hohen Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Auch Ärzte
und Personal mit unmittelbarem Patientenkontakt werden in dieser
Kategorie genannt. Die dritte Stufe umfasst laut Impfverordnung
alle Menschen ab 60 Jahren oder mit erhöhtem Risiko für einen
schweren Krankheitsverlauf aufgrund von Vorerkrankungen. Auch
Personen in besonders relevanten Positionen in staatlichen
Einrichtungen, wie etwa bei der Feuerwehr oder Polizei, sollen
dann eine Impfung erhalten können.
"Normalisierung durch
frühe Impfungen"
Die Diskussion um die Impfreihenfolge, auch innerhalb der
einzelnen Gruppen, ist damit aber keineswegs beendet: So will
zum Beispiel Peter Dabrock, Theologe an der Universität
Erlangen-Nürnberg, und bis 2020 Vorsitzender des Deutschen
Ethikrats, weg vom Kriterium der in den Pandemie-Monaten
überstrapazierten Systemrelevanz. Diese sei auch von Egoismus
gekennzeichnet, so Dabrock gegenüber dem
Focus: „Immer wieder hört
man von Vertretern einzelner Gruppen, warum ausgerechnet die
eigene Gruppe unbedingt mit als erste geimpft werden sollte:
Abgeordnete, Rechtspfleger, Lehrerinnen."
Die Systemrelevanz werde erkennbar von gesellschaftlichen und
politischen Machtstrukturen geprägt und habe wenig mit
Gemeinwohl-Orientierung zu tun. Tatsächlich gibt es immer wieder
Diskussionen über die anzustrebende Reihenfolge. Nach seinem
Vorschlag sollte vielmehr das konkrete Infektionsrisiko zur
Grundlage der Impfungen werden. An dieser Stelle kommen
Künstler"innen ins Spiel: Die Unfallkasse NRW, die seit
Pandemiebeginn immer wieder wertvolle Hinweise zum Umgang mit
Corona für Bühnenangehörige erstellt hat, geht davon aus,
dass „alle Personen der darstellenden Kunst (etwa Sänger*innen,
Musicaldarsteller*innen, Schauspieler*innen, Musiker*innen)
erfahrungsgemäß zu den Berufsgruppen mit einem erhöhtem
Infektionsrisiko gehören oder dem Risiko besonders
schwerwiegender beruflicher Einschränkungen aufgrund einer
Infektion durch den SARS-CoV-2- Erreger ausgesetzt sind."
[…)
Demzufolge wären raschest mögliche freiwillige Impfungen
angeraten, um ein konkretes Risiko zu minimieren. Die letztlich
fruchtlose Diskussion, ob Kultur nun systemrelevant ist oder
nicht, wäre so umgangen. Beispiel Tänzerinnen: ta.med, der
Verein für Tanzmedizin, wies schon Ende November darauf hin,
dass diese Berufsgruppe mit Tätigkeit mit keinen beziehungsweise
geringen Abständen, hohen Belastungen für Herz und Lunge,
Tätigkeiten in Innenräumen und in Gruppen einem stark erhöhten
Infektionsrisiko ausgesetzt sei. Deshalb könne der
„Normalisierungsprozess in der szenischen Darstellung" nur durch
frühzeitige Impfungen der betroffenen Gruppen ermöglicht werden.
Wäre hierzulande ein Verfahren wie in Russland oder Israel
denkbar, wo Kulturbeschäftigte vorrangig geimpft werden oder
jedenfalls darüber diskutiert wird? In Israel wird es wohl einen
„Grünen Pass" geben, der Geimpften den Zugang zu Restaurants,
Veranstaltungen und Theatern ermöglicht - wenn der harte
Lockdown aufgehoben ist, unter dem das Land jetzt leidet.
Theater mit
Impfausweis?
Eine solche Lösung eines digitalen Impfausweises hätte
den Charme - neben den persönlichen Vorteilen -‚dass Ensembles
gemeinsam und ohne Sicherheitsabstand auftreten: Der Bühnenkuss
wäre wieder erlaubt. Auf diese Weise könnte auch ein positiver
Beitrag zur irgendwann kommenden Debatte über die Öffnung von
Theatern und Opernhäusern geleistet werden. Einige Intendanten
von Theatern glauben jedenfalls daran und beteiligen sich mit
Statements an der laufenden Impfkampagne des
Gesundheitsministeriums („Ich lasse mich impfen, weil das
Theater dann wieder aufmachen kann"). Vorläufig bleiben aber
noch Fragen zu beantworten: Können Geimpfte die Infektionen
nicht mehr weitertragen oder sind sie nur selbst vor schweren
Verläufen geschützt?
Und wann wird die Zahl der Geimpften groß genug für solche
Öffnungsaktionen sein? Diskutiert wird jedenfalls darüber, auch
auf europäischer Ebene, wo noch in diesem Monat ein
entsprechender Vorschlag Griechenlands und Portugals besprochen
werden soll. Die Länder wollen so unter anderem ihren Tourismus
wieder ankurbeln. Politische und juristische Bedenken aufgrund
einer Ungleichbehandlung zwischen Geimpften und Nichtgeimpften
scheinen indes nicht tragfähig zu sein. Auch eine Mehrheit der
Jurist*innen vermag offenbar keine unvertretbaren „Privilegien"
für immune Menschen zu erkennen — nicht mit Verboten belegt zu
werden, sei kein „Privileg", sondern der Normalfall. Die
weitreichenden Beschränkungen während der Pandemie waren
erforderliche Grundrechtseingriffe, für die die Grundlage
wegfällt, wenn Immunität nachgewiesen werden kann. Mit
Schnelltests könnte im übrigen der Zugang zu Theatern oder
Restaurants auch für Nichtgeimpfte ermöglicht werden — den
politischen Willen dazu vorausgesetzt. An diesem scheint es aber
mindestens dort zu fehlen, wo die Theater gleich bis Ostern
geschlossen wurden.
Impfbereitschaft
steigt
Seit Monaten haben Deutschland und Europa der
Entwicklung eines Impfstoffs entgegengefiebert. Impfen galt als
das Ticket zurück in die Freiheiten aus der Zeit vor der
Pandemie — vorausgesetzt, dass genügend Menschen bereit sind,
sich impfen zu lassen, um die berühmte Herdenimmunität zu
erreichen.
Nun ist dieses Ziel der Vakzinentwicklung spektakulär erreicht.
Trotzdem war anfangs die Impfbereitschaft nicht so ausgeprägt
wie erwartet; inzwischen steigt sie aber deutlich an. Nach den
Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen für das „Politbarometer" des
ZDF gaben Mitte Januar 67 Prozent der Menschen an, dass sie sich
gegen das Coronavirus impfen wollen. Ende November des
vergangenen Jahres waren es noch 51 Prozent. Zehn Prozent lehnen
derzeit eine Impfung ab, im November waren es 20 Prozent. 22
Prozent sind sich noch nicht sicher, im November gab es noch 29
Prozent Unentschiedene. Aber auch wenn wir die Rückkehr zum
Alltag herbeisehnen, weil die Pandemie für alle zunehmend eine
psychische, soziale und ökonomische Zumutung darstellt: Man darf
aus guten Gründen zögern, sich impfen zu lassen. Die Impfstoffe
wurden in beschleunigten Verfahren zugelassen, manche Risiken
konnten bisher nicht so umfassend getestet werden, wie das bei
regulären Überprüfungen neuer Arzneien außerhalb des
Pandemie-Ausnahmezustands Pflicht ist, von Allergien bis
Langzeitfolgen.
Es ist verständlich, wenn Menschen nach der Devise „je später,
desto sicherer" nicht zur ersten Gruppe gehören wollen und
lieber abwarten — in der Hoffnung, dass potenzielle
Nebenwirkungen im Zuge der Massenimpfungen erkannt und beseitigt
werden. Solches Verhalten ist rational und legitim. Trotzdem
wäre solches Abwarten im Ernstfall für die Gesellschaft
kontraproduktiv. Die amerikanische Gesundheitsbehörde
CDC hat ausgewertet, wie oft es nach den knapp 1,9
Millionen bisher in den USA verabreichten Biontech-Impfungen zu
schweren allergischen Reaktionen gekommen ist. Die Antwort ist:
21 mal. Der Solidarität steht nichts im Wege.
Jörg Rowohlt
Zitatende |
Quelle:
FACHBLATT DER GENOSSENSCHAFT DEUTSCHER
BÜHNEN-ANGEHÖRIGER 2/21 – Seite 7 – 9
|
|
Zitat
INTENDANTENFINDUNG
Vor Headhuntern wird gewarnt!
Die Neubesetzung von
Intendantinnenposten ist diffizil.
Verfahren und Ergebnis sind oft genug kritikwürdig.
Ein altbekannter Headhunter droht jetzt, die Letzten Reste an
Transparenz zu zerstören.
Unter anderem in Regensburg,
Annaberg-Buchholz und Schwerin stehen Leitungswechsel an. Der
promovierte Jurist Oliver Scheytt mit seiner Firma
„Kulturexperten" hat bei der Kandidatenfindung offenbar ein
entscheidendes Wörtchen mitgeredet - die jeweiligen kommunalen
Rechtsträger haben ihr ureigenes Recht, das eigentlich auch eine
Pflicht ist, outgesourct und auf einen privaten Headhunter
zurückgegriffen. Dieser hat sich zwar als Kulturmanager einen
nicht immer guten Namen gemacht, Kritiker werfen ihm aber
darüber hinaus vor, „keine Expertise im künstlerischen Bereich"
zu haben.
Dabei sollte es genau
darum gehen. Was den kommunalen Entscheidungsträger offenbar
gleichgültig war: Sie hatten, etwa im Fall Regensburg, keine
Neigung, die viele Dutzend Bewerbungen für die Theaterleitung
selbst zu lesen und heuerten für eine Vorauswahl Oliver Scheytt
an. Problem dabei: Wenn das reine Management gegenüber der Kunst
an Übergewicht gewinnt, wird es schwierig. Eine Verknüpfung in
einer Person ist nicht unbedingt der Königsweg. Es gibt aus der
jüngsten Vergangenheit Beispiele für erfolgreiche
Generalintendanten - es gibt aber auch Beispiele für grandios
gescheiterte Generalintendanten. Reicht nicht ein künstlerischer
Intendant? Reicht es nicht, wenn der Verwaltungsdirektor Manager
ist? Selbst der frühere Bühnenvereinsgeschäftsführer Rolf Bolwin
warnt: „Von Headhuntern oder Agenturen welcher Art auch immer
ist dringend abzuraten." Das gilt wohl erst recht, wenn der
Headhunter wie in diesem Fall ein, vorsichtig gesagt,
zwiegespaltenes Verhältnis zur Institution Stadttheater hat.
Normalerweise werden Findungskommissionen einberufen, wenn es um
die Besetzung solcher Spitzenposten geht. In denen sitzen
Experten*innen aus der Kulturszene, (Ex-)Intendant*innen,
Vertreter*innen des Bühnenvereins, auch Journalist*innen,
idealer-weise auch Arbeitnehmervertreter* innen. Wenn von diesem
Procedere jetzt mehr und mehr abgerückt wird, muss wohl
fehlendes kulturpolitisches Verständnis und Engagement der
Rechtsträger an einem aufwändigen Bewerbungsverfahren
diagnostiziert werden - unter Umständen gilt es, eine Vielzahl
von Interessenten einzuschätzen. Eine Vorauswahl durch externe
vermeintliche Expertinnen reduziert die Möglichkeiten und
schadet der Transparenz: Niemand weiß, welche Bewerber *innen
aussortiert worden sind. Unklar bleibt naturgemäß auch, auf
welcher Grundlage die Entscheidungsprozesse einer Privatfirma
und wie die Rekrutierungen der Kandidat*innen ablaufen - im
schlimmsten Fall steht der Vorwurf verdeckter
Günstlingswirtschaft im Raum. Oliver Scheytt und seiner Firma
wird jedenfalls vorgeworfen, mit seiner Firma auch für die
Fortbildung möglicher Kandidat*innen zu sorgen und doppelt am
Auswahlverfahren zu verdienen. Problematisch sehen Beobachter
auch, dass Scheytts Unternehmen einstweilen als Monopolist
unterwegs ist und - so sagte es ein ungenannter Insider dem
Münchner Merkur - „bestimmte Leute protegiert".
Juristisch ist die Auslagerung an Private
ebenfalls nicht unumstritten: Wolfgang Schwaninger, Sänger,
Rechtsanwalt und auch für die GDBA tätig, betont, die
Rechtsträger müssten von Anfang bis Ende die Kontrolle über das
Auswahlverfahren behalten. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts stelle auch die Auswahl der geeigneten
Bewerber für diese Stellen als „amtliches Handeln mit
Entscheidungscharakter" als Ausübung von Staatsgewalt dar. Daher
müssten die Auswahlverfahren von Leitungspositionen wie
Intendanzen, Verwaltungsdirektoren und GMD Stellen in einer
ununterbrochenen Legitimationskette in der Hand der Rechtsträger
bleiben und transparent erfolgen, dies erfordere das
Demokratieprinzip. Das sei nicht mehr gewährleistet, wenn die
Vorauswahl ganz an Private ausgelagert und dem Rechtsträger nur
noch eine enge Auswahl von Bewerbern präsentiert würden. Das
Problem liege nicht in der Hinzuziehung von privaten Beratern an
sich, sondern darin, dass diese die originären Pflichten,
nämlich die eigentliche Entscheidungsfindung der Verwaltung
übernähmen.
Wenn sich durchsetzt, was an einigen
Theatern schon zu beobachten war, wären die Folge rein
technokratische Personalentscheidungen: Dabei sollte es doch
genau anders sein. Der Sonntags viel beschworene Stellenwert der
Kultur könnte sich auch darin zeigen, dass die
Entscheidungsträger sich selbst professionalisieren und über die
Kulturszene informieren. Sich auf Privatfirmen zu verlassen,
reicht nicht.
Zitatende |
Quelle:
FACHBLATT DER
GENOSSENSCHAFT DEUTSCHER BÜHNEN-ANGEHÖRIGER 2- 2021 – Seite 23
|
|
Zitat
KULTURPOLITIK
LANDESVERBAND NORD
Intendanzwechsel und
Nichtverlängerungen
Der frisch gewählte Vorsitzende des
GDBA-Landesverbands Nord und seine Stellvertreterin müssen sich
mit zahlreichen Nichtverlängerungen aufgrund Intendanzwechseln
in gleich drei Theatern des Landesverbands beschäftigen. Dazu
haben sie offene Briefe formuliert.
Konkret geht es um das Mecklenburgische
Staatstheater Schwerin, das Theater Osnabrück und das Theater
Vorpommern. In einem vierten Theater des Landesverbands scheint
es dagegen trotz Wechsel der Leitung keine Probleme zu geben.
Hier sieht der designierte Intendant offenbar genug
Möglichkeiten, seine neue künstlerische Ausrichtung umsetzen zu
können, ohne alle Möglichkeiten des Tarifvertrags auszuschöpfen.
In ihren Schreiben an die (künftigen)
Theaterleiter weisen Volker Röhnert und Claudia Reimer
daraufhin, es bleibe unklar, „wie eine neue Intendanz momentan
das Profil eines Theaters schärfen oder einen neuen Stil
einführen" wolle: „Angesichts der erschreckenden Lage,
epidemiologisch wie finanziell, sollte man als Theaterleitung
aber gerade alles tun, um zusätzliche und unnötige Kosten zu
vermeiden. Das ist auch gegenüber den Rechtsträgern
verantwortlich gehandelt. Nichtverlängerungen aufgrund von
Intendanzwechsel ziehen Abfindungen in Höhe von drei bis sechs
Monatsgagen nach sich. Nicht verlängerte Beschäftigte dürfen
nicht in Kurzarbeit geschickt werden. Wird der Vertrag hingegen
verlängert, kann die Restarbeitszeit der Beschäftigten auf
mindestens 20 Prozent abgesenkt werden, was große Einsparungen,
vermutlich in Höhe eines mittleren sechsstelligen Betrags,
bedeutet."
Darüber hinaus sollte
eine Theaterleitung je nach Infektionslage daran interessiert
sein, möglichst viele Stücke des Repertoires zu spielen, um alle
potentiell interessierten Zuschauer*innen zu erreichen. Da durch
die bisherigen Beschränkungen viel weniger Zuschauer eine
Vorstellung sehen konnten als üblich, ist es sinnvoll, jedes
Stück viel öfter als gewohnt zu spielen. Wenn man aber nun einen
Großteil des Solo-Ensembles nicht verlängert, ist diese
Möglichkeit für die Spielzeit 2021/22 verloren. Neue
Solist*innen in bestehende Inszenierungen einzuarbeiten, ist mit
größerem Aufwand verbunden.
Die Kosten für eine Neuinszenierung sind
deutlich höher als für das Spielen von Repertoirestücken. Im
gleichen Zeitraum, in dem ein neues Stück probiert wird (4-6
Wochen), könnten ca. 10-20
Vorstellungen stattfinden, die Einnahmen generieren, anstatt nur
Kosten zu verursachen.
In dieser durch SARS-CoV2 ausgelösten Lage
an dem Recht eines designierten Intendanten zur
Nichtverlängerung von Künstler*innen festzuhalten, ist daher
finanziell höchst fragwürdig.
Das Recht von nichtverlängerten Solist*
innen auf „Ansehrollen" (zwei Premieren zwischen Oktober und
Ende März einer Spielzeit) ist nicht einzuhalten, so dass auch
hier Schadenersatz fällig wird. Aus all diesen Gründen sollten
die ausgesprochenen Nichtverlängerungen rückgängig gemacht
werden.
Ohne eine Diskussion über die Kunstfreiheit
beginnen zu wollen, zitieren der Vorsitzende und seine
Stellvertreterin die Bundeskanzlerin: Freiheit sei nicht, dass
jeder tut, was er will, sondern Freiheit sei gerade jetzt
Verantwortung.
Kunstfreiheit bedeute auch nicht, alle
tariflichen Rechte zu nutzen, sie bedeute auch, Verantwortung
für die einem anvertrauten Beschäftigten zu übernehmen und
Vorbild zu sein für eine Gesellschaft: „Sollte nicht zumindest
die Kunst diese Utopie einer perfekten Welt zeigen, anstatt der
Gesellschaft lediglich einen Spiegel vorzuhalten?"
Zitatende |
Quelle:
FACHBLATT DER
GENOSSENSCHAFT DEUTSCHER BÜHNEN-ANGEHÖRIGER 2- 2021 – Seite 24
„Wir müssen nicht sein, was
wir spielen":
Cover des SZ-Magazins vom 5.
Februar
|
|
Zitat
#ACTOUT
Jeder hat das Recht, alles zu
spielen
Allein die Zahl ist beeindruckend:
185 Lesbische, schwule, bisexuelle, queere, nicht-binäre und
trans* Schauspielerinnen haben sich im Magazin der
Süddeutschen Zeitung vom 5. Februar geoutet.
Die Idee zu der Aktion hatten Karin Hanczewski und Godehard
Giese, beide Theater- und Film-Schauspieler*innen anlässlich
eines Filmfestivals: „Ich hatte meine Freundin dabei", erzählt
Hanczewski: „Ich wusste, es wird einen roten Teppich geben, es
werden Fotos gemacht." Ihre damalige Agentin habe geraten, die
Freundin nicht mit auf den roten Teppich zu nehmen. Die beiden
sprachen über ähnliche Erfahrungen aus ihrem Berufsleben. Daraus
erwuchs schließlich der Gedanke, sich zu outen — aber eben nicht
nur zu zweit, es sollten viele Menschen solidarisch in eine
Gruppe geholt werden. Entsprechend trägt das schließlich
entstandene #ActOut-Manifest die Überschrift „Wir sind viele".
Was die 185 Beteiligten darin fordern, ist mehr Anerkennung in
Theater, Film und Fernsehen. Zu den Prominentesten unter ihnen
gehören Ulrich Matthes, Mavie Hörbiger, Mark Waschke, Udo Samel,
Georg Uecker und Maren Kroymann. Ein bisher einmaliger Schritt,
gerade weil er über die individuellen Coming-Outs
der letzten Jahre weit hinausweist und so die Gesellschaft
insgesamt voranbringen könnte.
Was Karin Hanczewski und Godehard Giese
erlebten, waren offenbar keine Einzelfälle: In ihrem Manifest,
dass parallel zur Veröffentlichung in der SZ online gestellt
wurde, begründen die schließlich 185 Künstler*Innen ihren Gang
an die Öffentlichkeit: „Bisher konnten wir in unserem Beruf mit
unserem Privatleben nicht offen umgehen, ohne dabei berufliche
Konsequenzen zu fürchten." Zu oft hätten viele die Erfahrung
gemacht, dass ihnen geraten wurde — „sei es von Agent*innen,
Caster*innen, Kolleg*innen, Produzent*innen, Redakteur*innen,
Regisseur*innen usw." — die eigene sexuelle Orientierung,
Identität sowie Gender geheim zu
halten, um Karrieren nicht zu gefährden.
So werde behauptet, „dass, wenn wir gewisse
Facetten unserer Identität, nämlich unsere sexuelle sowie
Geschlechtsidentität offenlegten, wir mit einem Mal bestimmte
Figuren und Beziehungen nicht mehr darstellen könnten. Als wäre
deren Sichtbarkeit unvereinbar mit unserer Fähigkeit, Rollen
überzeugend und glaubhaft für das Publikum zu verkörpern." Diese
Unvereinbarkeit gebe es aber gar nicht: „Wir sind
Schauspieler*innen. Wir müssen nicht sein, was wir spielen.
Wir spielen, als wären wir es
— das ist unser Beruf."
Darüber hinaus hätten die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt,
dass sich die bestehenden Sehgewohnheiten erweitern und
verändern. Es gibt weitaus mehr Geschichten und Perspektiven als
nur die des heterosexuellen weißen Mittelstands, die angeschaut
und gefeiert werden. Diversität ist in Deutschland längst
gesellschaftlich gelebte Realität — was sich aber zu wenig in
kulturellen Darstellungen widerspiegele: „Unsere Gesellschaft
ist längst bereit. Die Zuschauer*innen sind bereit." Unsere
Branche soll für ein Miteinander stehen und in ihrer
Vielfältigkeit die Gesellschaft abbilden.
Die #ActOut-Unterzeichnerinnen wollen
Verantwortung übernehmen „für ein freies und offenes
Zusammenleben und Zusammenarbeiten". Sie „solidarisieren (sich)
mit allen Menschen, die Stereotypisierung und Marginalisierung
durch Ableismus und Altersdiskriminierung, Antisemitismus,
Klassismus, Rassismus und anderen Formen von Diskriminierung
ausgesetzt sind". Initiatorin Karin Hanczewski: „Es wird einem
als Frau in der Branche oft das Gefühl gegeben, dass es vor
allem darum geht, 'fuckable' zu sein. Also sexy zu sein für die
Redakteure, Produzenten und Regisseure." Von einem Regisseur,
der erfahren hatte, dass sie lesbisch ist, sei sie mit einer
abwinkenden Geste begrüßt worden. „Ich bin also aus dem Pool der
für Männer begehrenswerten Frauen oder Frauenrollen raus. Und
exakt das ist die große Angst für lesbische Schauspielerinnen:
dass es da keine Fantasie mehr zu ihnen gibt und sie nicht mehr
besetzt werden."
Immerhin scheint es einen Unterschied zu
geben: Gegenüber der Zeit äußert sich Ulrich Matthes, ebenfalls
an #ActOut beteiligt: „Im Theater ist es einfacher, in der Film-
und Fernsehbranche ist es schwerer, zu seiner Sexualität zu
stehen" - dort herrsche ein fürchterliches Schubladendenken:
„Ich weiß von sehr prominenten Kollegen, die sich deshalb an der
Aktion nicht beteiligt haben — es gibt da doch eine echte
Furcht."
Schockiert angesichts dieser Zustände zeigte sich auch der offen
schwule UFA-Chef Nico Hoffmann: „Ich
finde es falsch, zu sagen nur schwule Männer dürfen schwule
Männer spielen. Ich bin für eine komplette Öffnung dieser
Fantasien. Wenn am Ende eine Rollenbesetzung nicht aufgrund von
Talent stattfindet, sondern aufgrund gewisser äußerlicher
Merkmale, wäre das fatal." Allerdings ist die UFA bisher auch
selbst eher nicht durch Abweichungen vom Mainstream aufgefallen
— was in der Debatte wohl mit ‘das Publikum nimmt das nicht an'
bezeichnet wird. Immerhin hat sich das Unternehmen eine
Selbstverpflichtung auferlegt: Sie will in ihren Produktionen
die Diversität unserer Gesellschaft abbilden. Ziel soll sein,
die Position von Frauen, People of
Color, Menschen mit Beeinträchtigungen und der
LGBTIO-Community zu stärken. Bis dato spielt in der Traumfabrik,
vor allem bei denjenigen, die als traumhaft und irreal schöne
Heldinnen besetzt werden, wohl tatsächlich eine Rolle, ob Fans
sich in Tagträumen in deren Arme sehnen können, und sich trotz
des gesunden Menschenverstands vorstellen, dass sie und ihr Star
garantiert eine wunderbare Beziehung führen würden.
Für ein diverseres Bild der Gesellschaft Sorge zu tragen, ist
auch Aufgabe der Nachwuchsförderung: Wer wird aufgenommen, wer
abgelehnt? Es sind gesellschaftspolitische Entscheidungen.
„Sexuelle Präferenz und ethnische Zugehörigkeit spielen als
Aufnahmekriterien keine Rolle — sondern, dass jemand über die
Gabe der Verwandlung verfügt", sagt Franziska Kötz, die die
Schauspielschule Stuttgart leitet, der ‘Zeit‘.
Jeder müsse das Recht haben, alles zu spielen. Tödlich hingegen
sei für die Kunst jede Art von Ideologisierung — wenn ein
moralisches Argument alle anderen Argumente schlägt. Kunst lebe
ja von Übertretung, wenn das nicht mehr möglich sei, drohe
moralischer Populismus und gibt ein Beispiel: „Vor Jahren sagte
mir ein Chefdramaturg: „Ich kann dem Abo-Publikum kein
dunkelhäutiges Käthchen vorsetzen!“ In letzter Zeit hingegen
bekam ich zwei Anrufe von Theatern und wurde gefragt, welche
Männer mit sichtbarem Migrationshintergrund wir denn an der
Schule hätten.
Nach Talent wurde überhaupt nicht gefragt." Die
#ActOut-Unterzeichner*innen sprechen dieses Thema umfassend an —
das Publikum muss lernen, besser zwischen Schauspieler*in und
Rolle zu unterscheiden. Das ist nicht zu viel verlangt.
Schließlich gibt es Theater und Traumfabrik lange genug.
Zitatende |
Quelle:
FACHBLATT DER
GENOSSENSCHAFT DEUTSCHER BÜHNEN-ANGEHÖRIGER 3- 2021 – Seite 20 – 21
|
In
einer Publikation informierte ein Hannover‘scher Immobilien-Verein im
Februar 2021 seine Mitglieder darüber, dass die Staatsoper Hannover
nicht mehr vor leeren Bänken spiele, was ehemals an umstrittenen
Produktionen gelegen habe.
Diese Aussage mutet etwas verwunderlich an, denn das Haus wurde in 2020
kaum bespielt und ist seit Oktober 2020 bis auf weiteres wegen Corona
geschlossen.
Welcher Zeitraum wurde also betrachtet, um zu einer solchen Aussage zu
kommen, die angeblich ein ganzes Jahr betrifft?
Umstrittene ehemalige Produktionen sollten auf den Spielplan:
‘Fledermaus‘, ‘Aida‘, beide Wiederaufnahmen verhinderte Corona,
’Die Jüdin’ und ’Der Barbier von Sevilla’ fielen als neue Produktionen
der Pandemie zum Opfer.
Wieder aufgewärmt werden soll z.B. ’Der Freischütz’ aus der Ära Klügl.
Auch ‘Der Liebestrank‘ aus vergangenen Zeiten ist zum Wiedererscheinen
eingeplant.
Was also soll den angeblichen Aufschwung gebracht haben und worin hat er
sich manifestiert?
Dass unter diesen Umständen auch noch ein Preis vergeben wurde, ließ
Viele staunen und man kommentierte:
„Da lachen doch die Hühner!“
’Opernhaus des Jahres’ – welches Jahr denn und für was?“
Hat der Hannover’sche Immobilien-Verein einen Pressetext ohne
detaillierte Prüfung übernommen und musste man Rücksicht auf Mitglieder
und ihr Umfeld nehmen?
Der doch ach so wertvolle Preis wurde nicht öffentlich verliehen,
sondern kam in einem ordinären Postpaket in Hannover an.
Wie sich die Frau Geschäftsführerin der Nds. Staatsoper Hannover GmbH
sich bei Entgegennahme und Öffnen des Paketes aufführte, zeigt eine
Dokumentation im Netz unter
https://staatstheater-hannover.de/de_DE/mediathek
Screenshot: Nds. Staatstheater Hannover GmbH
Es wird am Nds. Staatstheater Hannover – egal ob Oper, Ballett oder
Schauspiel - wohl noch mehr auf ein ‘anything-goes‘ hinauslaufen.
Klassiker werden kaum auf den Spielplan kommen, weil die Theaterleitung
nicht in der Lage ist, die Rollen adäquat zu besetzen und damit die
Stücke – dem Autor gemäß – zu spielen.
Was ohne Kontrolle passiert, sah man in Trier und sieht man jetzt in
Karlsruhe.
Dort werden - von der nun wachgewordenen Politik - mal eben mehr als
eine Million Euro ausgezahlt, um einen Intendantenvertrag aufzulösen.
Es kann nicht sein,
dass hundert Prozent der Bevölkerung öffentliche Einrichtungen
finanziert, die dann nur von einem Bruchteil genutzt werden, weil sie
den Ansprüchen in Bezug auf Erfüllung des Bildungsauftrages nicht
gerecht werden.
Für das viele Geld müssen Aufträge, ja sogar Zielvereinbarungen
mit Kultureinrichtungen abgeschlossen werden.
Die können nicht machen, was sie wollen!
|
|
|
Zitat
Pfarrer Sebastian Kneipp
Zum 200. Geburtstag
des aquantischen Heilbehandlers
von Dr. Ullrich
Westerhagen
(Dieses historische Bild wurde
freundlicherweise
von der Kurdirektion Bad Wörishofen zur Verfügung gestellt)
Sebastian Kneipp wurde
am 17. Mai 1821 im bayerisch-schwäbischen Stephansried (heute
ein Ortsteil von Ottobeuren) in eine kinderreiche und sehr arme
Hausweberfamilie hineingeboren. Damals wäre niemand auch nur im
entferntesten an seiner Wiege auf die Idee gekommen ein
Preislied anzustimmen, in welchem eine künftige Ikone eines
Naturheilverfahrens besungen wird, der zur Heilung zigtausender
Menschen beitragen und dadurch zu Weltruhm gelangen wird.
Kneipp war nicht nur
ein Hydrotherapeut, der die Kraft des Wassers zur Anwendung und
Heilung der verschiedensten Erkrankungen entdeckt und angewendet
hat. Er hat darüber hinaus diese Heilbehandlung zu einer
Wasserkur entwickelt und systematisch ausgebaut, die aufgrund
der damit einhergehenden großen Heilerfolge schließlich auch
nach ihm benannt worden ist: der „Kneippkur“.
Doch dieser
charismatische Heiler, den eine besondere Aura umgab, war weit
mehr, denn er war auch Erfolgsautor, der seine diesbezüglichen
Beobachtungen später in Büchern (die Millionenauflagen
erreichten) niedergeschrieben hat. Und nur zur
Vervollständigung: er war ein begeisterter Imker, der hierüber
auch einige Sachbücher schrieb. Niemand hätte damals auch nur
erahnen können, dass 200 Jahre nach seiner Geburt in Deutschland
ein Bundesland wie Niedersachsen einen „Bienenführerschein für
Hobbyimker“ einführen könnte! –
Er war auch
Pneumatiker sowie Pneumograph und beschäftigte sich innerhalb
seiner konzipierten Wasserkuren auch mit Atemwegserkrankungen
und Atemtechniken, mit denen diese begleitet wurden. Techniken,
welche die Kneippkuren insbesondere auch für Berufsstände
interessant machen, die bei ihrer Berufsausübung auf
Atemtechniken angewiesen sind wie Logopäden, Schauspieler und
insbesondere Opernsänger.
Diese bilden auch die
Grundlage, auf denen Extremsportler individuelle
Trainingsmodelle aufbauen, verfeinern und vervollkommnen können;
von der Schnapp- bis hin zur pneumatischen Langatmung.
Exemplarisch sei der niederländische Extremsportler Wim Hof
genannt, der diese Atemtechniken mit der tibetischen
Meditationspraxis „Tummo “ („Inneres Feuer“) verquickt hat,
wodurch sich für den Menschen extreme Temperaturen aushalten
lassen.
Der auch als „The
Iceman“ bekannte Holländer hat auf diese Weise 26 internationale
Rekorde bewältigt in Verbindung mit dem Ertragen extremer Kälte
(z. B. 2 Stunden bis zum Hals im Eiswasser stehen). Oder bei
Hitze die Durchführung eines Marathonlaufs in der Wüste Namib
(ohne einen einzigen Schluck Wasser während dieser Zeit zu
trinken) sowie auch einen Marathonlauf nördlich des Polarkreises
(ausschließlich mit Schuhen und Shorts bekleidet).
Ein Sänger benötigt
eine gediegene Atemtechnik und kann ohne eine solche lediglich
ein schlechter oder mittelmäßiger sein! Dass der Wasser- und
Pflanzendoktor sowie Cholera-Kaplan und Wunderheiler, wie er im
Volksmund bald genannt wurde, auch auf dem Gebiet der
Atemtechnik quasi Grundlagenforschung betrieben hat, ist weithin
unbekannt.
Dass der am 6. August
1852 im Augsburger Dom von Bischof Peter von Richarz zum
Priester geweihte und als Kaplan in Markt Biberach, Boos und
Sankt Georg in Augsburg tätige Geistliche in seinen Gemeinden
als „Wasserdoktor“ nach Aussagen von etlichen behandelten
„Schäfchen“ wahre Wunderheilungen bewirkt haben sollte, das war
den Kirchenoberen mittlerweile nicht verborgen geblieben und
bekannt.
Doch sowohl diese
Sachverhalte als auch die Begrifflichkeiten, die mit „pneuma“ in
Verbindung gebracht wurden (pneuma, griechisch = der Heilige
Geist) elektrisierte die Kirchenoberen. Und erst recht als Ihnen
zusätzlich zugetragen worden war, dass Sebastian schon während
der Studienzeit auf dem Georgianum in München an Tuberkulose
erkrankte Kommilitonen erfolgreich behandelt hatte; und nicht
nur diese, sondern selbst eine an Cholera erkrankte Magd. Den
Gipfel insbesondere für die katholische Kirche bedenkliche
Entwicklung stellte schließlich ein Bericht von Augenzeugen dar,
wonach der Wunderdoktor sogar eine an der Maul- und Klauenseuche
erkrankte Rinderherde eines Bauern mit verschiedenen
Wassergüssen geheilt hatte!
Die Überbringer dieser
„vertraulichen Nachrichten“ konnten natürlich nicht wissen, dass
diese Behandlungen eine evaluierte Grundlage hatten. Denn
natürlich war ihnen unbekannt, dass Sebastian seit 1846 an einer
Lungenerkrankung, vermutlich an der damals fast unheilbaren
Tuberkulose, litt, sich im Selbststudium durch die aktuellste
Fachliteratur mit möglichen hydrotherapeutischen Therapien
vertraut und sich selbst erfolgreich behandelt hatte. So z. B.
mit verschiedenen kalt-heißen Wechselgüssen sowie durch Bäder in
der winterlich eiskalten Donau.
Da die Erfolge ganz
schlicht nur mit Wasseranwendungen und nicht per Schulmedizin
gezeitigt worden waren, schrillten alle Alarmglocken im Bistum.
Denn dieser Sachverhalt hatte einerseits in der Ärzteschaft, bei
Apothekern und den Verfechtern der Schulmedizin Kritik, Neid und
Konkurrenzkampf hervorgerufen. Andererseits jedoch wurde Kneipp
von Patienten aller Schichten aufgesucht, die das hohe Preislied
über die medizinischen Künste dieses auch – wegen seiner
sozialen Einstellung (arme Patienten und Kinder wurden kostenlos
von ihm behandelt) – beliebten „Arztes ohne Approbation“ in
allen Tonarten sangen.
Und da waren
zusätzlich gegen den „geistlichen Quacksalber“ die vielen
Anfeindungen mit Anzeigen wegen Kurpfuscherei, Vergehens gegen
das „Kurierverbot“, Scharlatanerie, Gewerbebeeinträchtigung,
Geschäftsschädigung etc. bei dem zuständigen Bischof sowie
amtlichen Stellen.
Noch unangenehmer war
jedoch die Tatsache, dass die Wallfahrtsorte mit ihren
Wunderheilungen unliebsame Konkurrenz bekamen. Nimmt man
exemplarisch den französischen Marienwallfahrtsort Lourdes, bei
dessen Wunderheilungen die heilige Maria den Kranken vor deren
Heilung erschienen sein soll, so war das nach Interpretation der
katholischen Kirche als ein persönliches Geschenk Gottes und als
Zeichen seiner Gnade zu betrachten. Damals (und wohl auch noch
heute) überwog bei solchen Einordnungen Gottesglauben sowie
Frömmigkeit und dabei oft auch gepaart mit einer Portion
Einfältigkeit.
Ein gewisses
Verständnis für diese Einstellung muss man jedoch haben. Denn
wissenschaftlich unbekannt und natürlich auch nicht bewiesen war
in der damaligen Zeit die Tatsache, dass besagte Quelle in
Lourdes und Umgebung das stärkste je gemessene Magnetfeld
unserer Erde aufweist. Besonders stark magnetisiertes Wasser
kann besondere Heilwirkungen entfalten. Dieses wirkt sich auf
sämtliche Organe aus und kann selbst Knochenbrüche schneller als
gewöhnlich heilen. Welche bedeutende Rolle Magnetfeldern bei
Lebewesen zukommt, wird immer deutlicher durch die Wissenschaft
belegt. So finden z. B. Zugvögel ihre Orientierung aufgrund
eines im Schnabel befindlichen Magnetiten, der sich am
Magnetfeld der Erde orientiert.
Der Bischof und seine
Berater waren in Erklärungsnot und eine Zwangslage geraten. Wie
sich daraus befreien? Damals wie heute löste man ein derartiges
Problem, indem man eine solche Person „nach oben“ weg
beförderte, was aus guten Gründen in diesem Fall nicht möglich
war. Also sah man den Königsweg darin, den nunmehr allseits
bekannten und geschätzten „Wunderheiler“ an einen Ort zu
versetzen, wo er – so meinte man – aus dem Blickfeld verschwand
und wenig Schaden in der Öffentlichkeit und für die katholische
Kirche anrichten konnte. So wurde Kneipp im Mai 1855 als
Beichtvater und Hausgeistlicher in das abgelegene ländliche und
betuliche Kloster Wörishofen zu den Dominikanerrinnen versetzt.
Dort setzte sich jedoch sein therapeutischer Siegeszug mit
ungeahnter Wucht und Wirkung fort und zog Patienten nicht nur
aus der Region, sondern weit darüber hinaus im deutschsprachigen
Raum an.
Im Laufe der Zeit
hatte der „Wasserdoktor“, wie er jetzt oft respektvoll tituliert
wurde, seine Wasserkur immer weiter auf der Grundlage aktueller
Forschungsergebnisse in der einschlägigen Wissenschaftsliteratur
der Mediziner Johann Siegmund Hahn, Heinrich Friedrich Franck
und Richard Russell durch eigene Erkenntnisse verfeinert und
vervollkommnet. Seine 5-Säulen-Philosophie mit dem Zusammenspiel
von Wasser-Heilpflanzen-Bewegung, ausgewogener Ernährung und
innerer Balance (Ordnung) in Kombination verschiedenster
aquantischer Anwendungen von zuletzt über 100 verschiedenen
„Kneipp‘schen Güssen“ (z. B. Knie- und Schenkel- sowie Oberguß)
von heiß bis kalt, mit unterschiedlichen Wickeln wie Bein-,
Arm-, Waden- und Halswickeln machten Kneipp nicht nur bekannt,
sondern diesen Naturheilkundler auch berühmt. Davon profitierte
auch der ländlich geprägte Ort Wörishofen, der immer stärker und
schneller prosperierte.
Hatte Kneipp anfangs
viele Gegner und große Widerstände in Berufsgruppen der
Schulmedizin und Behörden zu überwinden mit Rufmord, Anzeigen,
Verleumdungen und Gerichtsverfahren, so kippte diese Stimmung,
erst allmählich und dann geradezu galoppmäßig ins Gegenteil.
Auch die katholische Kirche versteckte ihren erfolgreichen
geistlichen Bruder und Wunderheiler nun nicht mehr länger hinter
Klostermauern.
Vom Richter und
Staatsanwalt bis hin zum Geld- und Hochadel rekrutierten sich
seine immer wachsenderen Patientenscharen. Der Durchbruch dieser
letztgenannten Klientel war das Jahr 1871, als Wilhelm von
Preußen, deutscher Kaiser, aufgrund vorangegangener
erfolgreicher Behandlungen seiner Gicht auch Kneipps Freund und
Förderer wurde.
Seine Stellung als
Geistlicher mit der mittlerweile erfolgten Berufung zu einem
Monsignore erhielt nun auch noch eine Krönung, denn Papst Leo
XIII. ernannte ihn zum „Päpstlichen Geheimkämmerer“ und lud ihn
zu sich nach Rom in den Vatikan ein. Natürlich verbunden mit dem
Wunsche, von diesem an seiner Gichterkrankung behandelt zu
werden.
Als dies von Kneipp
erfolgreich abgeschlossen wurde, schenkte Papst Leo diesem auch
noch eine wertvolle Goldmedaille. Der Monsignore aus Wörishofen
war somit quasi auch der temporäre Leibarzt des Papstes
geworden. Nur zur Vervollständigung sei erwähnt, dass ihm auch
noch die Verleihung „Komtur des Ritterordens vom Heiligen Grab
zu Jerusalem“ durch den dortigen lateinischen Patriarchen zuteil
wurde.
Mit diesem Renommee im
Rücken schnellten die Besucherzahlen und Heilbehandlungen in
Wörishofen kometenhaft in die Höhe. Waren es 1989 erst 4.000
Patienten die Linderung und Heilung für ihre Schmerzen suchten,
waren es ein Jahr später 6.000 und 1893 sogar 33.100 Kurgäste.
Mit den sie begleitenden Angehörigen – damals als „sonstige
Zuläufer“ und „Passanten“ (Gäste) bezeichnet – ergab das die
unglaubliche Zahl von über 100.000 Personen, die nun auch in den
benachbarten Ortschaften untergebracht werden mussten. Der
Siegeszug des außergewöhnlichen Pfarrers war nicht mehr
aufzuhalten.
Quasi über Nacht
spielte nun das gerade erst aus seinem Dornröschenschlaf
aufgewachte dörfliche Wörishofen mit in der obersten
Gesundheitsliga wie den weltbekannten Kurorten im böhmischen
Bäderdreieck Karlsbad, Marienbad, Franzensbad sowie Baden bei
Wien und Baden-Baden, wo fürstliches Flair und Luxus mit den
Kuranwendungen verschmolzen. Natürlich steht Sebastian Kneipp im
Mittelpunkt dieses gleißenden Erfolgslichtes. Ihn und seine
erfolgreichen hydrotherapeutischen Heilerfolge machen ihn – und
damit auch Wörishofen – weltbekannt.
Sein Name hat
insbesondere auch in Skandinavien bis heute einen guten Klang.
So gibt es im schwedischen Norrköpping den nach ihm benannten
Stadtteil Kneippbaden oder Kneippen und außerhalb von Visby die
Freizeitanlage Kneippbyn.
1975 entschied eine
internationale Historikerkommission, die Bedeutung Kneipps sei
so herausragend, dass seine Büste in der „Münchner Ruhmeshalle“
aufzustellen sei, was dann auch geschah. Seit 2010 wird der
Geburtstag Sebastian Kneipps unter den Namen
„Sebastian-Kneipp-Tag“ als Gesundheitstag bei der
„Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ geführt und am
4. Dezember 2015 wurde Kneipp sozusagen postum geadelt. Denn die
deutsche UNESCO-Kommission gab bekannt, dass das „Kneippen“ als
„traditionelles“ Wissen und Praxis nach der Lehre Sebastian
Kneipps in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen
Kulturerbes aufgenommen worden ist.
Wie hoch dieser
Hydrotherapeut auch heute noch in der Gunst von Patienten und
Therapeuten steht und welche Hochachtung ihm entgegengebracht
wird, machte auch die Deutsche Bundespost deutlich, die sowohl
1953 eine Briefmarke „Kneipp als Helfer der Menschheit“ als auch
1997 anlässlich des 100. Todestag von Kneipp herausgegeben hat.
Kneippen hier –
Kneipen dort: auch an den deutschen Stammtischen wusste man den
Pfarrer auf eine individuelle pointierte Art zu würdigen, indem
man den Geistlichen Monsignore um ein „P“ erleichterte und nicht
zum „Früh- oder Dämmerschoppen, sondern zum „Kneipen“ ging.
Ein humorvolles
Gedicht von Peter G. Schuhknecht verdeutlicht dies wie folgt:
Sebastian Kneipp
Der eine macht `ne
Kneipentour,
Der andre macht bei
Kneipp `ne Kur.
Sebastian Kneipp,
sei hier vermittelt,
Hat viele Leute
eingewickelt.
Entspannung haben
sie gefunden
Obwohl in Tüchern
eingebunden.
Ins Wasser wird man
erst getaucht,
Wozu man die
Patienten braucht.
Und wenn man aus
dem Wasser steigt,
Stets Zeit noch für
ein Bierchen bleibt.
Und so sind Kneipp
und Kneipentour
Doch immer noch die
schönste Kur.
Die Hautevolee von
bekannten Persönlichkeiten aus Adel und Politik, Musik, Kunst
und Kirche, die sich an der Geburtsstätte des Kneipp’schen
Naturheilverfahrens einer Kuranwendung unterzogen, wird aus den
beiden Gästebüchern in der Gemeindeverwaltung sowie im
Dominikanerkloster deutlich.
Die Eintragungen sind in 18 Sprachen mit selbst exotischen wie
Indischer-, Togolesischer sowie Zulusprache geschrieben.
Exemplarisch seien
erwähnt:
*
Erzherzog Joseph von
Österreich-Ungarn mit seinem
Sohn Josef Augustin
*
Herzog und Herzogin Paul von
Mecklenburg
*
Maharadscha von
Baroda Sayaji Rao Gayakwad III.
*
Dr. med. Shamsshuiddin Suleman, der
Leibarzt des
Maharadschas
*
Josef Karnicki, Senator des
russischen Kaiserreichs
*
Don Carlos, Infant von Spanien;
Herzog von Madrid
*
Prinz Heinrich von Bourbon
*
Franz, Abt von Marianhil, Natal
(Südafrika)
*
Dr. Simeon Volonteri, apostolischer
Vikar der Provinz Ho-
nou, Guin
*
Seine Eminenz Kardinal Domenico
Agostini, Patriarch von
Venedig
*
Pascha Strecker aus Konstantinopel
*
Prinz Neriman Khan, persischer
Gesandter in Wien
Und auch die Garde der
Künstler ist bei den Kurenden erstklassig:
*
Geza Anda, internationaler Pianist
*
Heli Finkenzeller, Schauspielerin
*
Irmgard Seefried, Opernsängerin
*
Maria Wolf, Kammersängerin
(Staatsoper München)
*
Grace Bambry, US-amerikanische
Opernsängerin
*
Ivo Pogorelich, internationaler
Pianist
Und es taucht mit „Kálmán“
auch der Name eines überaus bekannten Operettenkomponisten auf,
doch nicht etwa Imre, bzw. Emmerich, sondern dessen Sohn Charles
Kálmán, der in die Fußstapfen seines Vaters
hinein geschlüpft aber nicht annähernd so bekannt geworden ist.
Er vollendete die letzte Operette seines Vaters, die
„Arizona-Lady“, und komponierte neben Orchesterstücken und
Konzerten auch einige erfolgreiche Operetten, von denen seine
erste „Wir reisen um die Welt“ große Resonanz fand.
Oft erblickt man bei
den Eintragungen auch besinnliche oder geistig-spritzige
Anmerkungen wie z. B. die des „hochwürdigsten Herrn Bischofs
Cselka aus Budapest“ vom 11. August 1894:
„Die Kneipperei
ruiniert die Gesundheit,
die Kneipperei
stellt sie wieder her
und erhält sie.
Also!“
Als Pfarrer Sebastian
Kneipp nach einem sehr abwechslungsreichen, aufregenden und
erfüllten Leben am 17. Juni 1897 in Wörishofen die Augen
schließt, kann er auf ein großartiges, abgeschlossenes
Lebenswerk blicken. Er hinterlässt eine große Trauergemeinde
weltweit. Ein großartiger und erfolgreicher Hydrotherapeut,
Erfinder der Kneipp’schen Wasserkur und Wasser-Papst; er ist
eine Ikone der Heilkunst. Sein 200. Geburtstag stellt deshalb
mehr als nur ein rundes Jubiläum dar, das lediglich die
zeitgenössischen Annalen füllt und wieder schnell der
Vergessenheit anheimfällt. Denn die große Familie derjenigen,
die sich den Naturheilverfahren verschrieben haben und sich in
dieser Gesundheitsbewegung engagieren, erlebt eine Renaissance.
Die ab 1890
gegründeten Kneippvereine sowie der Kneippbund und Kneipp –
Ärztebund sind weltweit aktiv. Allein in Deutschland existieren
über 600 Kneippvereine mit knapp 160.000 Mitgliedern und 78
Kneipp-Kurorte. Im Jahre 1920 wird Wörishofen das Prädikat „Bad“
verliehen, was den staatlichen Ritterschlag für einen Ort
darstellt, der sich um erfolgreiche Heilbehandlungen
auszeichnet.
Und wenn im
Jubiläumsjahr Sebastian Kneipp mit vielen – auch hochkarätigen –
Veranstaltungen in Bad Wörishofen gedacht wird, dann findet in
den Programmen etlicher Veranstaltungen auch ein Brückenschlag
zu einer großen deutschen Opernsängerin statt. Diese war eine
begeisterte überzeugte Kneippianerin und ständiger Kurgast, eine
Opernsängerin von Weltformat. Ihr zu Ehren benannte die Stadt
Bad Wörishofen ihre städtische Musikeinrichtung.
Es ist die deutsche
lyrische Sopranistin Irmgard Seefried (9.10.1919–24.11.1988),
die sowohl als Opern- als auch Liedsängerin Weltruhm genoss.
Auch die „Irmgard Seefried Sing- und Musikschule“ wird sich
dabei sowohl mit Vokal- als auch Instrumentalgruppen aller
Altersklassen konzertant einbringen, um den großen
„Lebensreformer und Erfinder des Europäischen
Naturheilverfahrens“ zu ehren.
Zitatende
|
|
Am 2.3.2021 erschien in der Hannoverschen Allgemeinen
folgender Artikel:
|
|
Zitat
Das Schauspiel Hannover
präsentiert demnächst ein neues Format.
In der Reihe „Bei Anruf Wort“ können Zuschauerinnen und
Zuschauer
mit Ensemblemitgliedern
telefonieren.
Bei den Eins-zu-eins-Gesprächen am Telefon wollen die
Theaterleute den Anrufern und Anruferinnen Gedichte und
literarische Texte vorlesen.
Am 16. März um 17 Uhr geht die neue Reihe los. Danach können die
Theatertelefonate jeweils dienstags, donnerstags und sonnabends
geführt werden.
In der ersten Woche geht es um das Thema „Wunder“, in den
weiteren Märzwochen sollen die Themen „Fernweh“ und „Lust“
behandelt werden.
Interessenten können sich unter der Nummer (0511) 99 99 11 11
einen Termin geben lassen. ‚
Die Theaterschaffenden rufen dann zurück.
Jedes Gespräch soll etwa 15 Minuten dauern.
Das Ganze hat drei Vorteile:
1. |
Der Einsatz von Theaternebel ist
hier nicht möglich. |
|
2. |
Es gibt keine Pausengespräche. |
|
3. |
Es ist nicht schlimm, wenn man
keinen Euro für die Garderobe dabei hat, denn man kann ja hübsch zu Hause im Sessel
sitzen bleiben. |
|
Die Telefoniererei mit den Theaterleuten
hat aber auch drei Nachteile:
1. |
Man bleibt hübsch zu Hause im Sessel
sitzen. |
2. |
Die Schauspielerin und der
Schauspieler stellen am Ende womöglich die Frage:
„Und, wie war ich?“
|
3. |
Es gibt keine Theaterkritik. |
Ui, Theater
ohne Theaterkritik.
Wie soll
das denn bitte schön funktionieren?
Niemand, der sagt, dass die Sache nach der Pause ein bisschen
durchhing? Keiner, der anmerkt, dass da Falten im Rundhorizont
waren?
Und dass die Textverständlichkeit nicht immer gegeben war?
Das geht doch nicht.
Vielleicht
sollten wir es so machen:
Wer nach der Telefoniererei mit den Schauspielerinnen und
Schauspielern das Bedürfnis nach – einer Antwort auf die Frage
„Was sollte das jetzt?“ hat,
kann die HAZ-Nummer (0511) 5 18 18
36 anrufen.
Da gibt es dann die Theaterkritik.
Eine Viertelstunde dürfte die sicher nicht beanspruchen.
Ronald Meyer-Arlt
Zitatende |
Quelle: HAZ vom 2. März 2021, Seite 23
●
Am 18. März 2021 berichtete
Ronald Meyer-Arlt auf Seite 23 der Hannoverschen Allgemeinen, dass er
tatsächlich einen Anruf eines Schauspielers erhielt, der ihm einen Text
aus einem Roman vorlas.
Er habe
|
|
Zitat
...
„ganz still gehört und nur ein paarmal gehustet, weil
etwas in meinem Hals kratzte und damit der Schauspieler merkt, dass ich noch da bin und nicht
das Gefühl hat, ins Leere zu sprechen.“
Zitatende |
Zum Schluss
|
|
Zitat
... „habe ich applaudiert und ein bisschen ‚Huuu‘ gerufen.
Was man im Theater so macht, wenn’s besonders gut war.“
Zitatend |
Quelle: HAZ vom 18. März 2021, Seite 23
●
Beim Besuch der Vorstellungen
‘Der
zerbrochne Krug‘
http://www.telezeitung-online.de/Thema_des_Tages_02._Maerz_2021_'Krug'_in_HAJ.htm
und ‘Don Karlos‘ am Staatsschauspiel Hannover, hatte man keine
Veranlassung “Huuu!“ zu rufen, weil‘s besonders gut war. Eher “Bu!
Bu,hu,hu!“, denn beide Produktionen waren grottenschlecht. Aber die
zurückhaltenden Hannoveraner applaudierten pflichtschuldigst.
Was soll also das Telefonieren jetzt?
Es führt nur zu Irritationen!
Man nutzt Plänkeleien, um im Gespräch zu bleiben und um vom Eigentlichen
abzulenken.
Die jetzige Geschäftsführerin der Nds. Staatsschauspiel Hannover GmbH
war vordem am Deutschen Theater in Berlin bei Herrn Khuon als
Dramaturgin engagiert und damit zuständig und verantwortlich für diese
verheerende Produktion von Schillers ‘Kabale und Liebe‘.
Man lese nach und mache sich ein Bild:
http://www.telezeitung-online.de/
Bemerkungen_zu_%27Kabale_und_Liebe%27_Deutsches_Theater_Berlin_4.4.2010.htm
Es
kann nicht sein, dass hundert Prozent der Bevölkerung öffentliche
Einrichtungen finanzieren, die dann nur von einem Bruchteil genutzt
werden, weil sie den Ansprüchen in Bezug auf Erfüllung des
Bildungsauftrages nicht gerecht werden.
Für das viele Geld müssen
Aufträge, ja sogar Zielvereinbarung mit Kultureinrichtungen
abgeschlossen werden.
Die können nicht machen, was sie wollen!
|
|
|
|
30. März 2021, 16:57 Uhr
Theater und Macht:
Welche Intendantinnen
hätten Sie gern?
"Der Intendant ist nicht Gott. Wir
arbeiten mit euch, nicht unter euch":
Der Machtmissbrauch von Klaus Dörr an der Berliner
Volksbühne hat mal wieder Strukturfehler am Theater
gezeigt. Und nun? Ein paar Vorschläge. - Von
Christiane Lutz
Für die Welt
ist es eine kleine Meldung, für Theaterdeutschland eine
große: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Theaters
Krefeld Mönchengladbach haben vor Kurzem einen neuen
Schauspieldirektor gewählt. Richtig: gewählt.
Demokratisch. Das mag wenig originell klingen, kommt in
der Szene aber einer Revolution gleich. Schließlich wird
am
Theater niemand in Leitungspositionen gewählt.
Intendanten werden ernannt, sie werden geholt,
installiert, als Alleinherrscher. Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter haben da nichts mitzureden.
Michael Grosse
hält diese Art der Ernennung für unmodern, obwohl er
selbst Intendant ist, eben am Theater Krefeld
Mönchengladbach. So beschloss er, das Ensemble, die
Souflierenden und die Inspizienten einfach zu fragen,
wen sie denn gern hätten, als Schauspieldirektor. An
sechs Kandidaten schickte das Theater einen
Fragenkatalog. Etwa: Wie gehen Sie mit Krisen um? Wie
lassen Sie Mitarbeiter an Entscheidungen teilhaben? Drei
wurden eingeladen, ihre Ideen zu präsentieren. Dann
wurde abgestimmt. Es wird Christoph Roos, derzeit noch
Oberspielleiter am Landestheater Tübingen. Hinter diese
Idee der Abstimmung, das ist Intendant Grosse klar, kann
er künftig nicht mehr zurück. Ob solch eine Wahl der
Weisheit letzter Schluss ist, ist natürlich fraglich.
Der Versuch aber zeigt, wie dringend der Wunsch vieler
Theaterbeschäftigter ist, selbst ihre Arbeitsbedingungen
mitzugestalten, das veraltete System zu entkalken. Der
Fall Klaus Dörr an der Berliner Volksbühne hat der
Diskussion über allmächtige, zu Übergriffen neigende
Intendanten zudem neuen Zunder gegeben.
"Für 2000 Euro kriegst du alles von den Schauspielern"
Das Ensemble-Netzwerk setzt sich seit seiner Gründung
2018 für die Interessen von Künstlern am Theater und für
faire Arbeitsbedingungen ein. Lisa Jopt und Thomas
Schmidt sind im Vorstand und legen seitdem den Finger in
die strukturellen Wunden des Theaters und machen
Vorschläge, wie es denn besser gehen könnte. Für sie ist
klar: Das Theatersystem, so, wie es ist, begünstigt
Machtmissbrauch jeglicher Art. Das liege zum einen an
der Position des Intendanten, der oder die im Endeffekt
alleiniger Entscheider in künstlerischen und personellen
Fragen ist. Zum anderen an den prekären
Arbeitsverhältnissen, in denen vor allem Schauspieler am
Theater beschäftigt sind, festgehalten im Tarifvertrag
NV-Bühne (NV steht für "Normalvertrag"). Also müsse
beides weg.
Den NV-Bühne
nennt die Schauspielerin Jopt nur "NV-Flatrate", denn
"für 2000 Euro kriegst du alles von den Schauspielern".
Dieser Vertrag kann jedes oder jedes zweite Jahr einfach
nicht verlängert werden aufgrund von "künstlerischen
Gründen". Schauspieler müssen also ständig Angst haben,
gehen zu müssen. Der Spielraum, was diese
"künstlerischen Gründe" sind, reicht von persönlichen
Antipathien über offene Streitereien. Bei
Intendantenwechseln ist es üblich, Teile des Ensembles
auszutauschen. Künstlerische Gründe. Wenn eine
Schauspielerin älter wird und scheinbar weniger Rollen
für sie zur Verfügung stehen: künstlerische Gründe. So
etwas wie Kündigungsschutz gibt es nicht mal automatisch
für Menschen in Elternzeit oder den Personalrat.
Undenkbar in anderen Unternehmen.
"Man kann
Leute sehr leicht loswerden", sagt Lisa Jopt. "Jeder,
der sich gegen bestehendes Unrecht stark macht, muss mit
Bestrafung rechnen." Da ist es kein Wunder, dass
Menschen sich fürchten, den Mund aufzumachen gegen
Regisseure und Intendanten. Diese betreiben ihren
schlechten Stil oft über Jahre weiter, an den
verschiedensten Häusern.
Vor allem für
junge Schauspielerinnen sei es hart, sich überhaupt am
Theater zu etablieren. Da ist einerseits ein stark
umkämpfter Markt, gleichzeitig wird noch immer sehr viel
klassischer Kanon inszeniert, in dem es weniger
interessante Rollen für Frauen gibt. Man kommt voran,
indem man mit den richtigen "Namen" und an den richtigen
Häusern arbeitet. "Man schlägt keine der wichtigen Türen
zu, das könnte sich herumsprechen", sagt Jopt dazu,
warum so viel ertragen wird, was eigentlich
unerträglich ist.
"Schrei-Intendanten" setzen ihren Willen über Lautstärke
und Dominanzgesten durch
Viele Facetten des Machtmissbrauchs sind inzwischen
bekannt: Ältere Spieler werden nicht selten aus den
Ensembles gedrängt, sexistisches, teils rassistisches
Verhalten wird geduldet. Nicht von ungefähr wurde extra
fürs Theater der Titel des "Schrei-Intendanten"
erfunden, für einen, der seinen Willen über Lautstärke
und Dominanzgesten durchsetzt. Gift für das Klima, wie
in jedem anderen Unternehmen auch. Diese Art der
Betriebsführung kostete zuletzt Peter Spuhler vom
Staatstheater Karlsruhe seinen Generalintendantenjob.
Ein guter Künstler zu sein, qualifiziere jemanden noch
lange nicht zum Chef eines Theaters, sagt Jopt. Zu viel
laufe bei der Ernennung der Intendanten über
Beziehungen. Die Städte und Ministerien entscheiden, der
Deutsche Bühnenverein berät. So geht es seit Jahren. Das
Ensemble-Netzwerk fordert Qualitätskriterien. "Jeder
Fußballspieler, der Trainer werden will, muss doch auch
einen Trainerschein erwerben", sagt Jopt.
Zitatende
Quelle:
https://www.sueddeutsche.de/kultur/theater-und-macht-welche-intendantinnen-haetten-sie-gern-1.5251566 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Zitat
Albtraum Opern-Sanierung:
Kosten-Explosion in Köln
Ursprünglich sollte die Modernisierung der Oper Köln 253
Millionen Euro kosten - jetzt wird mit mindestens 618 Millionen
Euro gerechnet - und der Zeitplan ist ohnehin ins Wanken
geraten. Das dürfte auch einige bayerische Projekte
überschatten.
Das Projekt wird immer beängstigender: Einst soll die marode
Kölner Oper abgerissen und neu gebaut werden, dann sorgte ein
Aufstand der Bürger dafür, dass die Stadt sich für eine
Generalsanierung entschied.
Die erweist sich nun als Albtraum. Statt wie ursprünglich einmal
berechnet 253 Millionen Euro zu kosten, verdoppelten sich die
Ausgaben im Rekordtempo, und selbst das wird nicht reichen. Nach
dem neuesten Stand, den Oberbürgermeisterin Henriette Reker und
der Technische Betriebsleiter Bernd Streitberger verkünden
mussten, wird es unter 618 Millionen Euro nicht zu machen sein,
auch 644 Millionen Euro sind durchaus denkbar - "bei Eintritt
aller bekannten Risiken".
Die "Kölner Rundschau" rechnete
vor, dass die
Milliarden-Grenze überschritten wird, wenn auch die Kosten für
die Ausweichquartiere und die Finanzierung dazu addiert werden.
Da hilft es auch wenig, dass die Stadt den Aufwand für die
Finanzierung inzwischen geringfügig nach unten korrigiert hat,
schließlich ist das Zins-Umfeld weiterhin günstig.
"Das sind die schlechten, die schmerzlichen Nachrichten“, stellt
Oberbürgermeisterin Reker in einer Pressemitteilung der Stadt
Köln fest: "Sie sind Folge dessen, dass wir 2015 alles auf null
stellen und im Prinzip komplett von vorn beginnen mussten. Die
gute Nachricht heute aber ist: Wir sind mit der Planung, einem
durchaus auch nervenaufreibenden Prozess, auf der Zielgeraden.
Ab März/April wird der Baubetrieb wieder hochgefahren, Mitte
dieses Jahres soll wieder mit voller Kraft gebaut werden."
Mindestens neun Jahre
Verspätung
Der Technische Betriebsleiter Bernd Streitberger nennt als
Hauptgründe für die Verlängerung der Projektlaufzeit
"Nachlieferungen, Nacharbeiten und den intensiven Prüfprozess".
Mit der Übergabe der sanierten Oper an die Künstler wird jetzt
für das erste Quartal 2024 gerechnet, also neun Jahre später als
zunächst ins Auge gefasst. Daneben gibt es aktuell auch Zoff um
die Noch-Intendantin Birgit Meyer, deren Vertrag im Sommer 2022
ausläuft und nach zehn Jahren Amtszeit nicht verlängert werden
soll. Henriette Reker wünscht sich ohne Angabe von näheren
Gründen für die Wiedereröffnung der Oper eine "neue
Handschrift". Gerüchteweise war von einem Zerwürfnis zwischen
Intendantin Meyer und Generalmusikdirektor François-Xavier Roth
die Rede, was dieser jedoch öffentlich nicht bestätigt hat.
Bayerische Projekte laufen
ebenfalls aus dem Ruder
Für bayerische Großprojekte ist
die Entwicklung in Köln einmal mehr ein Menetekel. In Augsburg
läuft derzeit eine Theatersanierung, gegen die momentan sogar
ein Bürgerbegehren vorbereitet wird. Auch am Lech verdoppelte
sich bereits die Kostenschätzung, von zunächst kalkulierten 186
auf 321 Millionen Euro - bei ungewisser Zukunft. Das Opernhaus
in Nürnberg muss ebenfalls baldmöglichst generalsaniert werden,
derzeit werden dringend notwendige Arbeiten am Brandschutz
durchgeführt. Konkrete Kosten wurden noch nicht genannt, im
Finanzplan bis 2030 allerdings schon 500 Millionen Euro
eingestellt. Das Festspielhaus in Bayreuth wird ebenfalls auf
Vordermann gebracht. Dort ist von 170 Millionen Euro die Rede,
von denen etwa die Hälfte der Bund schultern will. In Würzburg,
wo das Mainfrankentheater saniert und teilweise neu gebaut wird,
stiegen die Kosten von 72 auf aktuell 85 Millionen Euro.
Zitatende
Quelle:
https://www.br.de/nachrichten/kultur/alptraum-opern-sanierung-kosten-explosion-in-koeln,SNDEGf2
|
Impressum
…. erscheint als
nichtkommerzielles Rundschreiben zu
-
ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg
kulturjournal – Büro 93047 Regensburg – Holzländestraße 6 –
info@kulturjournal-regensburg.de
Verteilung:
Direktversand an ausgewählte Leserschaft u.a.
Mitglieder der
Bürgerinitiative-Opernintendanz -
http://bi-opernintendanz.de/
Niedersächsischer Landesrechnungshof,
Niedersächsische Landesregierung,
Staatsanwaltschaft Hannover,
Aufsichtsrat der Nds. Staatstheater Hannover GmbH,
Politische Parteien im Nds. Landtag,
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover,
Bund der Steuerzahler,
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger,
Richard-Wagner-Vereine,
Feuilletons von Tageszeitungen
RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover
RA Markus von Hohenhau, Fachanwalt für IT-Recht, Regensburg
RA Prof. Dr. Ernst Fricke, Fachanwalt für Bühnenrecht, München/Landshut
Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der
Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung -
Geglücktes oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte
auch Überspitztes und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach
Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.
Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen vom
Regionalfernsehen Regensburg, telezeitung-online.de und aus dem Internet
u.a. den Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der
Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..
Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich
gemacht.
Fotos wurden Buch- und CD-Einbänden entnommen. Beiträge aus der Rubrik
‘Musiktheater‘ wurden als Zitate aus dem Hermes Handlexikon übernommen.
Leserbriefe stellen die Meinung des jeweiligen Verfassers dar.
Gender-Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf
Differenzierung und geschlechtsneutrale Formulierung. Entsprechende
Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle
Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und
beinhaltet keine Wertung.
|
Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
|
|