Nr. 37
Machtmissbrauch im Theater
Zitat
„Ich möchte eigentlich das Recht haben, eine Schauspielerin zu fragen, ob
sie Bock hat, mit mir zu schlafen, und wenn sie Nein sagt, dann ist das
natürlich okay.
Aber wer als Schauspielerin oder Schauspieler in den gegenwärtigen
Machtstrukturen heute Avancen abweist, geht ein Risiko ein.
Das ist der kritische Punkt:
Er oder sie sagt vielleicht Ja, weil die Angst besteht,
sonst nicht
weiterarbeiten zu können.
Es ist in der Machtstruktur angelegt, dass er oder sie so etwas denken kann
oder vielleicht sogar muss. Darin liegt die Berechtigung des wichtigen
heutigen Fegefeuers.“
Zitatende
Quelle:
Siehe Seite 13 - Christoph M. Gosepath in:
https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/theater/volksbuehne-doerr-wer-im-theater-avancen-abweist-geht-ein-risiko-li.147221
Was andere schrieben
3sat – Kulturzeit – 14. Mai
2021
Die Situation an Theater im
deutschsprachigen Raum
Screenshot: 3sat – Kulturzeit – Szenenbild ‚Der Zauberberg‘
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Zitat
Die Zeit der Alleinherrscher ist – zumindest am Theater -
hoffentlich bald vorbei, eines unserer Themen heute in Kulturzeit.
[…]
Die Arbeit auf der Bühne vom Lockdown ausgebremst und die Debatten
hinterm Vorhang kommen wohl auch erst so richtig in Fahrt.
[…]
Bei den Theatern ist ja gerade jede Menge Dampf im Kessel. Die
Arbeit auf der Bühne vom Lockdown total ausgebremst und die Debatten
hinterm Vorhang kommen wohl auch erst so richtig in Fahrt. Immer
neue Berichte über Machtmissbrauch und Rassismus an Bühnen – auch an
Häusern, an denen man so ganz anderes erwartet hätte.
Vom Berliner Gorki Theater etwa. Angetreten mit dem Ziel
progressiver, gleichberechtig-ter, transparenter zu sein, berichten
Mitarbeiter*innen nun von einem Klima der Angst.
Was ist dran, und ist das Theater generell ein krankes System?
Kerstin Edinger hat Theatermacher gefragt, was läuft da falsch und
müssten wir Intendantenmodelle und Machtverhältnisse nicht nochmal
ganz neu denken?Theater: Das sind große Emotionen, die Dramen der
Menschheitsgeschichte werden auf der Bühne verhandelt.
Und jetzt: Das Theater steht still und ist
doch Mittelpunkt gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Die
Dramen, sie finden statt und zwar hinter der Bühne.
An der Berliner Volksbühne zum Beispiel.
Intendant Klaus Dörr tritt Mitte März zurück: Sexismusvorwürfe.
Staatstheater Karlsruhe, Intendant Peter
Spuhler muss gehen, sein autoritärer Führungsstil wird nicht mehr
geduldet und selbst am Berliner vorzeige Theater, dem Maxim Gorki,
Vorwürfe an Intendantin Shermin Langhoff. Ein toxisches Arbeitsklima
soll hier herrschen. Hat das System Stadttheater ein Problem?
O-Ton Mateja Meded, Schauspielerin:
„Unsere ganze Gesellschaft ist sexistisch und rassistisch und
jetzt erst durch Dörr die haben Leute angefangen, ihren Mund zu
öffnen!“
O-Ton Johannes Lange, Sprecher ‘Ensemble
Netzwerk‘:
„Es zeigt sich jetzt, dass die, die im Rampenlicht stehen an den
Theatern was schon immer mehr oder weniger bewusst war, dass die am
schwächsten ausgestattet sind mit Rechten und mit auch dem Gefühl,
diese Rechte umsetzen zu können!“
Auch am Düsseldorfer Schauspielhaus rumort
es seit einigen Wochen. Der Schauspieler Ron Iyamu hat hier während
der Proben zu ‘Dantons Tod‘ rassistische Erfahrungen machen müssen.
Was ist los an deutschen Theatern?
Die Corona zeigt eine Zeit interner
Aufarbeitung?
O-Ton Wilfried Schulz – Intendant
Düsseldorfer Schauspielhaus:
„Wir haben darüber verstanden, dass wir in unseren Strukturen
noch nicht da sind, wo man sein sollte - wie viele andere
gesellschaftliche Bereiche glaube ich auch, aber dass man lernen
kann und die Dinge verändern kann.!“
Manch einer spricht schon von einer
Patriarchen-Dämmerung und sieht strukturelle Probleme hinter den
Vorfällen.
Gerade das System Theater, die moralische
Instanz, die ihre Werte wie eine Monstranz vor sich her trägt, lädt
zum Machtmissbrauch ein.
O-Ton Klaus Lederer – Kultursenator Berlin:
„So unterschiedlich die Vorfälle in den jeweiligen Häusern sein
mögen, sie werfen das Spot auf ein Defizit und dieses Defizit muss
auch strukturelle Ursachen haben und da muss man jetzt ran!“
O-Ton Mateja Meded – Schauspielerin und
Journalistin:
„Das ganze Stadttheater System ist ein Problem, also da gibt es
eine Person die steht ganz oben und die entscheidet, kommst du jetzt
irgendwie zur Guillotine oder wirst du jetzt irgendwie emporgehoben.
Und das geht nicht, das befördert so eine Struktur aus Angst und
Schrecken und Arschkriecherei!“
Kurze Vertragslaufzeiten, prekäre
Arbeitsverhältnisse, die Aussicht auf die nächste große Rolle, das
alles führt zu Abhängigkeiten. Offene Kritik fällt da schwer.
Die Macht am Haus ist auf wenige Köpfe
verteilt, der Regisseur oft Alleinherrscher bei den Proben.
[Bild und Ton-Einschub bei 3sat:
Vom Zuschauer definiert als unzivilisiertes Gebrüll während einer
Probe durch den ehemaligen Facharbeiter bei der Deutschen Reichsbahn
der DDR, dann Intendant an der Volksbühne in Berlin – auch
gelegentlich Regisseur am 'Theater für Oberfranken Bayreuth'.]
Auch wenn die Zeiten und tobsüchtiger
Regie-Götter allmählich vorbei sind, von Gleichberechtigung ist man
noch weit entfernt.
Es braucht einen Paradigmenwechsel, doch es
braucht auch ungebremste Emotionalität auf den Proben. Wie bringt
man das zusammen?
O-Ton Bernd Stegemann – Dramaturg:
„Alle Beteiligten müssen ja in irgendeiner Weise auch in Extreme
gehen können und zu diesen Extremen gehören dann auch alle Ausbrüche
und alle Aggressionen und alle Verliebtheiten und alle romantischen
Gefühle und was man sich alles so vorstellen kann, immer im
geschützten Rahmen der Probe.
Wenn es dann missbräuchlich, dann Missbrauch damit betrieben wird,
dann bin ich komplett dagegen, dann trifft ja das zu, was im Alltag
auch zutrifft, das ist verboten!“
O-Ton Johannes Lange, Schauspieler und
Sprecher ‘Ensemble Netzwerk‘:
„Wir machen den Beruf, weil wir Grenzüberschreitungen suchen. Die
suchen wir auch gerne in uns selbst und brauchen nicht per se
jemanden, der mit der Peitsche knallt!“
Zur Zeit ist vieles in Veränderung. Die
Theater machen sich auf den Weg. So auch das Düsseldorfer
Schauspielhaus. Hier werden die Ereignisse von einer externen Stelle
aufgearbeitet. Es gibt verpflichtende Anti Rassismus Workshops und
einen neuen Verhaltenskodex.
Auch das Maxim Gorki Theater lässt auf
seiner Homepage verlauten:
„Wir sind hoffnungsvoll und entschlossen,
aus Fehlern lernend etwas Neues zu schaffen.“
Ein Miteinander auf gleicher Augenhöhe aller
Künstler*innen und Mitarbeiter*innen am Staatstheater.‘
Auch neue Führungsmodelle werden diskutiert.
Doch wie könnten die aussehen?
O-Ton; Johannes Lange, Schauspieler und
Sprecher ‘Ensemble Netzwerk‘:
„Wir sprechen uns am Ensemble-Netzwerk ganz klar für
Team-Lösungen aus, weil bei den Teams muss man immer Kompromisse
suchen, man muss diskutieren, man muss sich selber hinterfragen, man
kommt einfach mit ganz vielen Sachen nicht einfach durch, viele
würden sagen, das macht Theater langsam, wir sagen das für das
zwingt zur Professionalisierung!“
Die Schweiz macht es längst schon vor.
Am Schauspielhaus Zürich bilden Regisseur Nicolas Stemann und
Dramaturg Benjamin von Blomberg eine Doppelspitze, holten acht feste
Regisseure ans Haus.
Am Theater am Neumarkt teilen sich drei
Frauen die Intendanz und am Theater Basel wird die Schauspiel-Sparte
von einer Viererspitze geleitet.
O-Ton Bernd Stegemann, Dramaturg:
„Es ist nicht einfach damit getan, dass man jetzt statt einem da
drei Leute hinsetzt, wenn die drei Leute autoritär sind, dann wird
es einer, dann wird es dreimal so schlimm wie vorher.
Es ist eine Frage, wie man die Strukturen und zwar von jedem
Einzelnen aus, nutzen kann und verändern kann.“
O-Ton Klaus Lederer – Kultursenator Berlin
„Der Ruf danach, dass nach oben gezeigt wird und jetzt müssen
Köpfe rollen, löst an den strukturellen Problemen in einem solchen
Haus erstmal überhaupt nichts und deswegen glaube ich ist es auch zu
kurz gegriffen das immer nur als bilaterale Geschichte zu
betrachten, sondern man muss dann in der Tat sich schon die Mühe
machen in den Häusern selbst Veränderungsprozesse anzustoßen!“
Ein Transformationsprozess, den auch die
Politik unterstützen muss.
Fingerspitzengefühl bei der Besetzung von
Leitungspositionen ist gefragt und nicht der ständige Ruf nach
Erfolg und ausverkauften Häusern.
Die Veränderungen sind angestoßen, die
Prozesse in den Häusern laufen, ergebnisoffen und individuell,
gemeinsam mit der Belegschaft.
O-Ton Wilfried Schulz – Intendant
Düsseldorfer Schauspielhaus:
„Das wird eine Arbeit sein, das wird kein Schnipsen sein,
irgendwie mit dem Finger und dann, dann ist es anders, aber guckt
natürlich auf Arbeitsstrukturen, man guckt ja auf Gender Pay, jetzt
auf die verschiedensten Aspekte und es bilden sich Arbeitsgruppen
innerhalb des Hauses, wo die Dinge diskutiert werden, auch an die
Leitung herangetragen werden und wir haben erst mal beschlossen,
dass wir uns dem sehr öffnen!“
Prozesse die von allen gemeinsam erarbeitet
werden müssen. Einigen wird das zu schnell gehen, anderen zu
langsam.
Wichtig dabei: Es geht nicht nur um Macht,
sondern auch um Verantwortung für das Theater von morgen.
Genau darum geht es auch mehreren Akteuren
aus der Berliner Theaterszene. Sie planen ein neues Projekt gegen
Diskriminierung ‘fair stage‘.
Das will Arbeitsbedingungen verbessern,
Handlungsempfehlungen erarbeiten und deren Umsetzung gezielt
vorantreiben - teilte die Berliner Senats-Kulturverwaltung jetzt
mit.
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Quelle:
https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit
Was
andere schrieben
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Macht und Ohnmacht -
Rassismusdebatte an deutschen Theatern
Rassismus, Mobbing, Machtmissbrauch:
Die deutschen Theater stehen massiv unter Druck. Seit
Volksbühnen-Intendant Klaus Dörr im März sein Amt wegen
Sexismusvorwürfen aufgeben musste und der Schauspieler Ron Iyamu
ebenfalls im März über rassistische Diskriminierung am
Schauspielhaus Düsseldorf berichtete, wird über Herrschaft und
Machtstrukturen auch an anderen Bühnen diskutiert. ttt hat
nachgefragt und mit Wilfried Schulz, dem Intendanten des
Düsseldorfer Schauspielhauses, der Schauspielerin Mateja Meded und
der Theatermacherin Simone Dede Ayivi gesprochen.
Kein Einzelfall
Die Rassismusvorwürfe am
Düsseldorfer Schauspielhaus haben weite Kreise gezogen und
bundesweit für Aufsehen gesorgt. Ron Iyamu hatte Mitte März in einem
WDR-Fernsehbeitrag seine Erfahrungen mit systematischem Rassismus
beschrieben. Er schilderte mehrere Vorfälle, bei denen er
diskriminiert worden sei, unter anderem bei der Probe zu "Dantons
Tod" in der Inszenierung von Armin Petras. Die Theaterleitung habe
nichts dagegen unternommen. Auf seine Bitte um ein Gespräch habe
Wilfried Schulz zunächst nicht reagiert.
Intendant Wilfried Schulz | Bild: WDR
Mittlerweile hat sich die Intendanz
um Aufklärung bemüht und einen Prozess der Aufarbeitung in Gang
gesetzt. "Die Vorfälle haben uns dahingeführt", so Wilfried Schulz,
"dass wir uns auch Hilfe von außen holen, dass wir das, was passiert
ist, noch einmal von außen angucken lassen."
"Wir haben ein Problem"
Simone Dede Ayivi | Bild: WDR
Die Ereignisse in Düsseldorf
sind kein Einzelfall. "Dass das so wirkt, als hätte das Theater
jetzt ein größeres Rassismusproblem, das liegt einfach daran, dass
überhaupt Menschen in den Strukturen sind, um da – so absurd das
jetzt klingt – Rassismuserfahrungen machen zu können." Für die
Regisseurin und Autorin Simone Dede Ayivi steht außer Frage, dass
wir in einer rassistischen Gesellschaft leben. Wir haben ein
Problem, sagt sie, das sich durch Wegducken nicht lösen lasse. Sie
selbst macht Kunst aus einer schwarzen feministischen Perspektive
und kämpft dafür, die Machtstrukturen am Theater zu ändern. "Ich
habe mich auch immer gefragt bei dieser Antirassismusklausel: Es
gibt so viele Wege, mich am Theater fertigzumachen. Was hilft es
mir, wenn der Grund nicht Rassismus ist?"
Vernichtendes Urteil
Mateja Meded | Bild: WDR
Am Maxim Gorki Theater in
Berlin steht Intendantin Shermin Langhoff in der Kritik. Sie sieht
sich mit dem Vorwurf des Machtmissbrauchs konfrontiert. Von einem
"Klima der Angst" ist die Rede, von Mobbing und Psychoterror. Die
Schauspielerin Mateja Meded hat in mehreren Produktionen des Gorki
Theaters mitgespielt. Sie fällt ein vernichtendes Urteil über die
Szene. "Es läuft eigentlich grundsätzlich alles falsch." Ihre
Vorwürfe richtet sie allerdings nicht allein gegen einzelne
Personen: "Frauen sind ja nicht die besseren Menschen als die
Männer. Es hat ja etwas mit einem System zu tun und nicht, was für
ein Geschlecht du hast oder was für eine Hauptfarbe oder was für
einen Hintergrund du hast." Das Theater ist in ihren Augen ein
"krankes System", organisiert wie Fürstentümer, in denen noch immer
75 Prozent Männer das Sagen haben. Das müsse sich ändern. "Es gibt
Leute, die sind jetzt schon fähig und die sind jetzt schon politisch
und auch handwerklich so weit, bestimmte Theater zu übernehmen und
zu leiten."
Wohin die Debatte führt, ist
offen, aber sie hat einiges in Bewegung gebracht. In Düsseldorf
setzt Wilfried Schulz auf Auseinandersetzung und Transparenz. Und er
möchte das Theater für ein diverseres Publikum öffnen. "Ich glaube,
dass wir eine ganz klare Verabredung treffen müssen: Die
Kunstfreiheit existiert. Aber die Kunstfreiheit darf nicht die Würde
des Menschen verletzen."
Autor des TV-Beitrags: Max Burk
Die komplette Sendung steht am
16. Mai ab 20 Uhr zum Abruf in der Mediathek bereit.
Stand:
17.05.2021 08:20 Uhr
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Was andere schrieben
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Klima der
Angst am Gorki-Theater:
Bühnenschiedsgericht entscheidet in Berlin über Klage einer
Dramaturgin
Wenn stimmt, was beklagt und
berichtet wird, dann hat auch Shermin Langhoff ihre Macht
missbraucht, psychische Gewalt ausgeübt und womöglich auch gegen
arbeitsrechtliche Standards verstoßen. Aber auch die Politik ist in
der Verantwortung, der es eigentlich unbedingt darum gehen müsste,
das große Projekt Gorki vor weiterem Schaden zu bewahren. Ein
Kommentar von Janis El-Bira.
Klima der Angst am
Gorki-Theater: Bühnenschiedsgericht entscheidet in Berlin
Menschliche Fehlbarkeit — auch am Theater
Dass am Theater zwar oft besondere, aber
nicht unbedingt bessere Menschen arbeiten, das sollte sich
inzwischen herumgesprochen haben.
Intendanten, die weder An- noch Abstand
wahren, Regisseure, die nicht eingreifen, wenn sich auf ihren Proben
rassistische Übergriffe ereignen – und drumherum eine Kultur des
Duckmäusertums, das sich lange in Schweigen hüllte.
Aus Angst um den eigenen Job, das nächste Engagement, den nächsten
Karriereschritt.
Nein, es steht nicht gut um das Ansehen der
Theater und manche Kreise fühlen sich direkt bestätigt in ihrem
Ressentiment, dass es im „links-grün versifften“ Kulturbetrieb
sowieso drunter und drüber gehe.
Shermin Langhoff hat das Theater geprägt
Auch die nun in der Kritik stehende
Gorki-Chefin Shermin Langhoff ist ein besonderer Theatermensch. Ihre
Intendanz hat die Stadttheater-Landschaft nicht allein ästhetisch
geprägt wie wenige sonst in den vergangenen 20 Jahren.
Viel mehr noch hat sie jenen eine Stimme
gegeben, die bis dato nicht vorkamen auf deutschsprachigen Bühnen.
Den PoCs, den Roma, den „Menschen mit Migrationshintergrund“, den
Nicht-Binären, Nicht-Identischen, Nicht-Einverstandenen.
Feindbild für manche Kreise
Das allein hat Langhoff schon vor den jetzt
bekannt gewordenen Klagen über ihren Führungsstil zur
Lieblingsfeindin jener gemacht, deren Schadenfreude sich nun nicht
allein in den sozialen Medien ergießt.
Dennoch, und um es ganz klar zu sagen: Wenn
stimmt, was beklagt und berichtet wird, dann hat auch Shermin
Langhoff ihre Macht missbraucht, psychische Gewalt ausgeübt und
womöglich auch gegen arbeitsrechtliche Standards verstoßen.
Machtmissbrauch muss geahndet werden
Letzteres wird nun das Schiedsgericht klären
müssen, aber auch die Vorwürfe unterhalb des Justiziablen sollten
nicht ohne Konsequenzen bleiben. Wie diese aussehen könnten, müssen
jedoch die Beteiligten aller Ebenen unter sich ausmachen.
Und gerade hier ist auch die Politik in der
Verantwortung, der es eigentlich unbedingt darum gehen müsste, das
große Projekt Gorki vor weiterem Schaden zu bewahren.
Politik hat Tatsachen geschaffen
Stattdessen hat sich die Berliner Verwaltung
unter Kultursenator Klaus Lederer für das Schaffen von Tatsachen
entschieden, und den Vertrag mit Langhoff bei kochendem Konfliktherd
eilig und bemerkenswert unauffällig bis 2026 verlängert.
Zu groß schien die Angst, mit einer
öffentlich angezählten Intendantin auch ein Aushängeschild der
deutschsprachigen Theaterlandschaft zu demontieren. Aber mit diesem
Versuch, das Bild vom Mustertheater um jeden Preis sauber zu halten,
hat man niemandem einen Gefallen getan: Weder dem Ansehen der
politischen Kontrollinstanzen, noch Shermin Langhoff oder dem Gorki
selbst.
Übermenschliches Projekt
Überhaupt: Hier ist eine Chance vertan
worden, den „Mythos Gorki“ der Wirklichkeit anzunähern. Offen zu
zeigen, dass an einem Haus nicht alles reibungslos laufen muss, nur
weil es diverser aufgestellt ist. Schließlich arbeiten hier Menschen
mit all ihren Stärken, aber eben auch Schwächen an einem Projekt,
das wahrscheinlich größer ist als sie selbst. Größer auch als die
Intendantin.
aus der Sendung vom
Mi, 5.5.2021 6:00 Uhr, SWR2 am
Morgen, SWR2
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Quelle:
https://www.swr.de/swr2/buehne/klima-der-angst-am-maxim-gorki-theater-heute-entscheidet-buehnenschiedsgericht-in-berlin-ueber-klage-einer-dramaturgin-100.html
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Was
andere schrieben
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Interview mit Thomas Schmidt
über seine Studie zu Macht und Machtmissbrauch an deutschen Theatern
Die One-Man-Show
funktioniert nicht mehr
Thomas Schmidt im
Interview mit Simone Kaempf
11. Oktober 2019. Vor
zwei Jahren fragte die Kulturratsstudie "Frauen in Kultur und
Medien" erstmals nach Repräsentanz von Frauen und Männern im
Kulturbetrieb und stellte eine massive Schieflage fest. Um Ursachen
ging es noch nicht. Diese Lücke füllt nun Thomas Schmidt, ehemals
Geschäftsführer am Deutschen Nationaltheater Weimar und heute
Professor für Theater- und Orchestermanagement in Frankfurt am Main.
Seine repräsentative
Befragung von knapp 2000 Theater-Mitarbeiter*innen gibt detailliert
Auskunft über Theaterstrukturen, Macht und deren Missbrauch. Die
Befragten berichten von verbalem, körperlichem und sexuellem
Missbrauch, ausgeübt zu 65 Prozent durch Intendant*innen und
Regisseur*innen. Schmidt hat aber auch nach Arbeitsbedingungen,
Bezahlung, Arbeitszeiten, sozialem Status gefragt. Im Ergebnis
scheint beides eng miteinander verbunden zu sein. Die Künstler*innen
verdienen im Theaterbetrieb nicht nur am wenigsten, sie werden auch
am schlechtesten behandelt. Macht wird offenbar missbraucht, um
Theater zu steuern. Mit Thomas Schmidt hat nachtkritik-Redakteurin
Simone Kaempf über die Studie gesprochen.
Nachtkritik: Sie sind
der Erste, der in einer Studie konkret nach Machtmissbrauch an
Theatern und nach dessen Ursachen fragt. 1966 Mitarbeiter*innen aus
dem deutschsprachigen Theaterbetrieb haben an der Studie
teilgenommen, zu fast drei Vierteln aus dem künstlerischen Bereich,
knapp 62 Prozent arbeiten an Stadt-, Staats- und Landestheatern. Was
sind die wichtigsten Erkenntnisse?
Thomas Schmidt: 55 Prozent
der Befragten haben Machtmissbrauch erfahren. Das ist mehr als ich
erwartet habe. Überrascht war ich auch, dass mehr als die Hälfte der
Befragten so wenig verdient, dass man von prekären
Arbeitsverhältnissen sprechen muss. In den Thesen, die auf
Vorgesprächen basieren, bin ich von 15 bis 20 Prozent ausgegangen.
Es gibt einen strukturellen Machtmissbrauch im deutschsprachigen
Theater, der die Ursache für den psychischen und physischen
Missbrauch ist. Kurz gesagt: Die aktuellen, völlig veralteten
Theaterstrukturen erlauben einer einzigen Person, meist dem
Intendanten oder Regisseur, alle Macht bei sich zu konzentrieren.
Intendanten missbrauchen Macht zu oft nach ihrem persönlichen
Gutdünken, um Theater zu steuern – die Strukturen verleiten sie
dazu. Macht wird so zu einem regulären Management-Instrument. Das
ist eine völlig neue Erkenntnis.
Diagrammserie zu den Zahlen der von Thomas Schmidt veröffentlichten
Studie "Macht und Struktur im Theater" (von Anne Peter /
nachtkritik.de).
Über sexuelle Übergriffe wird seit #MeToo relativ häufig gesprochen.
Welche anderen Formen von Machtmissbrauch tauchen im deutschen
Theaterbetrieb gehäuft auf?
Am häufigsten ist der
psychische Machtmissbrauch. Das fängt an bei Mobbing,
Diskriminierung und gezielten Eingriffen in die Entwicklung junger
Künstler*innen, geht über schlechte und ungleiche Bezahlung,
Bevorzugung bei der Rollenvergabe bis dahin, dass der NV Bühne als
unzureichendes Vertragsmodell immer die Drohung beinhaltet, dass der
Vertrag nicht verlängert wird. Er ist de facto
Künstler*innen-feindlich. Es besteht quasi keine vertragliche und
damit keine soziale Sicherheit. Das ist für mich auch ganz klar eine
Form von Machtmissbrauch. Und eben die sexuellen Übergriffe, 121
Befragte bestätigten in der Studie, dass sie sexuelle Gefälligkeiten
geleistet haben, 284-mal wurde das Angebot von Leitern und
Regisseuren ausgesprochen, Rollen und Engagements gegen sexuelle
Gefälligkeiten bevorzugt zu vergeben.
Die Intendanten kommen
in der Studie bei den Befragten besonders schlecht weg. Sie haben
die Führungskultur der deutschen Theater bereits in der
Vergangenheit kritisiert. Was hat sich jetzt noch einmal
konkretisiert?
Die One-Man-Show des
Intendanten und das auf ihn konzentrierte Führungsmodell
funktioniert so nicht mehr. Die Aufgaben und die Arbeit, die einem
Intendanten obliegen – künstlerische Entscheidungen, Planung,
Organisationsentwicklung, Stakeholder- und Lobbyarbeit,
Personalmanagement, Finanzen, Investitionen, Fundraising,
Kooperationen, Rechtsfragen –, sind nicht mehr von einer Person
allein zu erfüllen. Im Wirtschafts- oder NGO-Bereich gibt es kaum
noch Unternehmen, die mit Ein-Mann-Spitze arbeiten, außer bei
kleineren Familienunternehmen. Unternehmen dieser Größenordnung, die
noch dazu öffentlich sind, müssen von Teams geleitet werden.
2. Bundesweite Versammlung
des ensemble netzwerk im Mai 2017 in Potsdam. Vom 18. bis 20.
Oktober 2019 findet die Versammlung zum vierten Mal statt, diesmal
an der Volksbühne in Berlin. Die Hauptfragen auf der Agenda lauten:
Was hat sich verändert? Wie sollen die nächsten Schritte aussehen? ©
ensemble netzwerk
Es gibt sicher auch
Ausnahmen. Der Theaterbetrieb funktioniert heute jedoch noch viel zu
oft nach dem alten Modell: Die letzten Entscheidungen im Theater
zielen immer wieder auf eine Person, den Intendanten, vor allem
Männer, denen oft die profunde Ausbildung zum CEO fehlt – das, was
ein Intendant de facto sein möchte, aber nicht leisten kann.
Würde eine Frauen-Quote
für Intendant*innen Abhilfe schaffen?
Wenn sich die Situation
nicht bald ändert, brauchen wir vorübergehend eine Quote. Ich war
lange dagegen, aber inzwischen bin ich dafür, Leitungspositionen zu
quotieren. Um – wie etwa bei den "Grünen" – ein neues
Selbstverständnis zu entwickeln, bis sich das eingepegelt hat.
Das würde auch eine
andere Erkenntnis der Studie betreffen: Mehrheitlich geht der
Missbrauch von Männern aus.
Ja, in einer großen
Mehrheit der Fälle, in über 90 Prozent. Die große Gruppe der
Benachteiligten sind Frauen.
Sexuelle Übergriffe
vermischen sich in den Aussagen der Befragten oft mit Mobbing,
Manipulation, psychischem Druck und verbalem Missbrauch, zu 30
Prozent sind Intendanten involviert, zu 35 Prozent Regisseure, also
diejenigen, die in der Regel auf Intendantenposten aufrücken.
Es betrifft allerdings
immer nur einige Intendanten, gelegentlich sind es Mehrfachtäter.
Mit psychologischen Gutachten sollte deshalb zukünftig eine
Anfälligkeit für Machtmissbrauch ausgeschlossen werden. Die Stadt
Zürich handhabt das beispielhaft: Dort müssen sowohl die Intendanten
als auch die kaufmännischen Direktoren ein psychologisches
Assessment Center von einer unabhängigen Personalberatung
durchlaufen. Das finde ich vorbildlich. Wenn man solche
verantwortungsreichen Posten vergibt, auf denen über fünf Jahre oder
länger die Entwicklung von sehr viel Personal verantwortet und
Riesenbudgets verwaltet werden, dann sollte so eine Investition der
öffentlichen Hand gut abgefedert sein.
Man fragt sich, wie
systematisch der sexuelle Missbrauch verbreitet ist. Zum Beispiel
bei der Aussage, wo geforderte sexuelle Gegenleistung für eine
Rolle, einen Regieauftrag oder ein Engagement stattfanden. Auf der
Bühne, im Probenraum, in der Garderobe, aber auch in angemieteten
Hotelzimmern – neun Teilnehmer*innen haben das genannt. Das weist ja
nicht auf ein sich spontan ergebendes erotisches Zusammenknallen,
auf eine Affekthandlung hin, sondern wirkt systematisch und geplant.
Waren das neun unterschiedliche Fälle? Was kann man den Ergebnissen
entnehmen?
Man kann einiges
entnehmen. Die Befragten hatten die Möglichkeit, ein Textfeld frei
auszufüllen. Viele haben das auch gemacht, und man konnte Orte
entnehmen, die wir in der Studie natürlich nicht nennen. Aber hier
handelt es sich um neun unterschiedliche Fälle von sexuellem
Missbrauch.
In der Öffentlichkeit regiert immer noch das Bild des Intendanten
als Vorbild und engagierter Künstler. Warum hält sich das so
hartnäckig?
Die Medien favorisieren
dieses Bild noch immer. Und auch von der Kulturpolitik wird dieses
Image hochgehalten. Das deutet auch auf eine geschickte Lobbyarbeit
einiger Intendanten in eigener Sache hin.
Glaubt der
Theaterbetrieb selbst noch, dass ein erfolgreicher Künstler am Ende
auch ein guter Theaterleiter wird?
Das ist schon lange nicht
mehr so. Die Mär vom Künstler-Intendanten als alleinseligmachendem
Modell hat ausgedient. In vielen Theatern wünschen sich die von
Macht betroffenen Ensembles und Mitarbeiter*innen nicht zwingend,
dass jemand, der künstlerisch arbeitet, auch das Theater leitet. Man
wünscht sich Teams oder neutrale Leiter*innen, die besser
intervenieren können, wenn ein Opern-, Schauspiel- oder
Ballettdirektor seine Arbeit schlecht macht. Wir alle kennen Fälle
aus den vergangenen Jahren – und jeder Krisenfall ist in der
Außendarstellung der Theater insgesamt ein Super-GAU. Darauf sollte
viel mehr geachtet werden.
Und dennoch werden solche
"gebrannten" Theaterleiter, die mitverantwortlich sind für den
schlechten Ruf mancher Theater, immer wieder neugewählt, selbst von
Frauen in Findungskommissionen, und das zeigt mir, dass das System
nicht funktioniert. Oft sind diese Kollegen vielleicht bessere
Künstler, aber weniger gute Manager. Das Selbstverständ-nis, das
vielleicht aus ihrer künstlerischen Arbeit entsteht, darf nicht auf
den Intendanten-posten übertragen werden – für beides braucht es
unterschiedliche Kompetenzen.
Sie beschreiben in
Ihrer Studie den Mechanismus in Findungskommissionen, dass sich
bestimmte Typen durchsetzen und in die Ämter gewählt werden.
Ja, in
Findungskommissionen finden sich ja selbst meist Intendanten, die
vom Bühnenverein entsandt werden. Dort wird nach bestimmten, oft
subjektiven Indikatoren und Fragen entschieden: Wie gut kennt man
den Kandidaten. Wie ähnlich ist er den eigenen Leitmotiven. Passt er
in die Bühnenvereins-Policy. Und wie stark lässt sich der zu
wählende Intendant mit dem eigenen Netzwerk verbinden. Dieser
Mechanismus muss durchbrochen werden. Intendanten sollen nicht
Intendanten wählen, das ist eine verkehrte Welt, erinnert mich an
ein Kurfürsten-System und das hat mit Demokratie im 21. Jahrhundert
sehr wenig zu tun.
Der Bühnenverein
verteidigt dieses System. Wäre vieles einfacher, wenn man sich dort
endlich weiter öffnen würde?
Ganz klar, ja. Der Bühnenverein ist ein Zwittermodell, ein Hybrid.
Arbeitgeber-Verband und Theaterverband in einem, in dem angestellte
Intendanten Mitglieder sind. Jeder Organisationssoziologe würde
vorschlagen, dass man diese Bereiche institutionell trennen muss.
Wenn wir diese Klarheit hätten, könnte man die Aufgaben zwischen den
Gruppen neu verteilen. So bleibt der Bühnenverein ein hermetisches
Gebilde, das sich nicht in die Karten schauen lässt. In Lübeck wurde
im
vergangenen Jahr mit dem Verhaltenskodex
ein erster Schritt getan, aber eher reagierend als
progressiv. Es gibt zudem kein Monitoring, ob und wie die Kodizes
eingehalten werden.
Seit zehn Jahren kommen
immer wieder unterschiedlichste interne Führungskrisen ans Licht.
Sie analysieren im übergeordneten Teil der Studie detailliert die
Strukturen des deutschsprachigen Theatersystem, das ja eigentlich
hochgelobt ist. Aber genau diese als Stärke geltenden Strukturen
scheinen ein großes Problem zu sein. Warum hat sich der Betrieb so
entwickelt?
In den 70er Jahren hat man
Reformchancen verpasst. Damals gab es eine Reformbewe-gung, die aber
noch nicht ausreichend zu Ende durchdacht, organisiert und
strukturiert war, mit der das Intendanten-zentrierte Modell aber
schon stark angezweifelt wurde. Hochgelobt sind heute lediglich die
Dichte des Theatersystems und die künstlerischen Arbeiten.
Struk-turell kann man nicht davon sprechen. Wir diskutieren seit
2015, dass Gefahr in Verzug ist und dass wir dabei sind, das
Theatersystem aufs Spiel zu setzen. In den vergangenen zehn Jahren
gab es 50 Fälle von publik gewordenen Leitungskrisen – das ist nicht
mehr nur punktuell.
Heißt das, dass das
Phänomen flächendeckend ist oder konzentriert sich Machtmissbrauch
doch auf einige wenige Theater oder Personen?
Flächendeckend ist es noch
nicht, und ich möchte nochmal betonen, dass es eine ganze Reihe gut
geführter Theater gibt. Aber die Probleme tauchen keinesfalls nur
punktuell auf. Wenn von 1966 Befragten über fünfzig Prozent
mitteilt, dass sie in der letzten Zeit unmittelbar von
Machtmissbrauch betroffen waren, dann sind das alarmierende Zahlen.
Waren alle
Mitarbeiter*innen an deutschen Theatern aufgerufen, an der Studie
teilzunehmen?
Alle waren aufgerufen. Mit den knapp
2000 haben wir eine sehr repräsentative Auswahl, die auch den
Verteilungen zwischen den Theatertypen, den Regionen entspricht.
Schwer-punkt-Gruppe sind die Künstler*innen. Bezogen auf die
Gesamtzahl der Teilnehmer*innen haben am Ende 38,5 Prozent
Darsteller*innen, 26,4 Prozent künstlerische Mitarbeiter*in-nen, 5
Prozent nicht-künstlerische Mitarbeiter*innen und 5,6 Prozent
Mitglieder der Leitungsebene teilgenommen.
Der Aufruf lief aber allein über die
E-Mail-Verteiler und Facebook-Seiten Ihres Lehrstuhls sowie des
ensemble netzwerks.
Wir haben laut und deutlich zur
Multiplikation aufgerufen. Zudem sind die beiden Medienseiten sehr
stark vernetzt in das gesamte Theatersystem hinein. Über den
Algorithmus ließ sich ermitteln, dass wir etwa 7000 bis 8000 Leute
angesprochen und damit 20 Prozent der Mitarbeiter*innen aller
Theater direkt erreicht haben. Die indirekte Ansprache über
Mund-zu-Mund-Propaganda und Aushänge war noch viel größer.
Entscheidend ist die Zahl der Teilnehmer: 1966. Unsere Erwartung lag
bei 400, damit wäre die Studie bereits repräsentativ gewesen, so ist
sie es noch um einiges mehr und deutlicher. Die hohe Teilnahme ist
insofern auch ein großes Geschenk. Studien in Amerika zu ähnlichen
Themen oder in Deutschland im Wissenschaftsbereich werden mit
weniger Teilnehmer*innen durchgeführt und gelten als repräsentativ.
Man könnte dagegen
halten, dass die geantwortet haben, die schlechte Erfahrung gemacht
haben, dafür ein Bewusstsein entwickeln und sich nun zu Wort melden.
Das ist richtig. Auf der
anderen Seite konnten sich über mehr als 100 Tage auch alle
diejenigen melden, die gute Erfahrung gemacht haben. Hier stellt
sich die Frage, wenn es sie denn gibt, warum haben sie nur in
geringem Umfang reagiert? Ich weiß, dass die Umfrage in der
Intendantengruppe des Bühnenvereins diskutiert wurde, woraufhin dann
mehr Leitungsmitglieder, immerhin 5,5 Prozent, und künstlerische
Mitarbeiter*innen teilnahmen. Andererseits: Jede empirische Studie
weckt vor allem das Interesse derjenigen, die dazu etwas zu sagen
haben.
Die wichtigste Aufgabe war
jedoch, Grundlagen-Material zu sammeln und zu ermitteln, wo der
Notstand liegt. Zahlen, die sich nicht leugnen lassen, wie die 284
Angebote gegen sexuelle Gefälligkeiten, nur um ein Beispiel zu
nennen. Das ist die erste und wichtige Aufgabe dieser Studie, und
das haben wir geschafft. Das Ergebnis darf auch gerne durch
neuerliche Studien überprüft werden. Ich habe einen guten Kontakt
zur
Themis-Vertrauensstelle, der
ich das Ergebnis auch übergeben habe und die auch selbst eine Studie
plant. Die Zusammenarbeit mit dem ensemble-netzwerk hat den
Teilnehmer*innen in unserem Fall aber vor allem zusätzliches
Vertrauen gegeben, sich auszusprechen. Dafür bin ich sehr dankbar.
In den Ergebnissen
steckt auch viel sozialer Sprengstoff. 28 Prozent der Befragten
arbeiten jedes Wochenende. 29 Prozent können nur ausreichend,
lediglich 9 Prozent gut von ihren Gagen leben. Von denen, die immer
wieder täglich mehr als 10 Stunden arbeiten müssen, sind 65 Prozent
Frauen. Niemand wünscht sich solche Arbeitsbedingungen.
Das Buch wird hoffentlich
weiter aufrütteln und dazu führen, dass man erkennt, an welchen
Stellschrauben gedreht werden muss. An den Gagen definitiv, an den
Arbeitszeiten, am Vertragssystem, an der Ungerechtigkeit zwischen
den Geschlechtern, ganz zu schweigen davon, dass unsere Theater
weder divers noch inklusiv sind.
Viele kleine
Puzzlesteine stärken die Strukturen und das Machtgefälle, das macht
Ihre Studie deutlich. Als zentrales Problem nennen Sie immer wieder
den NV-Bühne-Vertrag mit seiner Nichtverlängerungsklausel bei
unzureichenden künstlerischen Leistungen und mit seiner geringen
Mindestgage. Sie schlagen auch ein Umverteilungsmodell vor, um die
Gagen anzugleichen. Was macht die Veränderungen so schwierig? Was
sind das für irrsinnige Widerstände?
Es herrscht die Angst, dass das
ganze Gebäude einbricht, wenn man Zugeständnisse macht. Denn das
System steht auf tönernen Füßen. Der NV-Bühne ist neben der
Leitungsstruktur das Erste, was reformiert werden muss. Die Gagen
müssten zudem wie in der Schweiz nach oben angepasst werden. Dort
liegt die Einstiegsgage bei 4100 Schweizer Franken. Auch wenn die
Lebenshaltungskosten höher sind als in Deutschland, entspricht das
nach Abzug aller Kaufkraftverluste noch immer über 3000 Euro Gage in
Deutschland, also 1000 Euro mehr als unsere Mindestgage. Warum
zahlen die Schweizer mehr? Daraus ließen sich Argumente gewinnen. Im
Prinzip hat man der Politik leider viel zu oft gezeigt, wir machen
es euch auch für das Geld, das wir haben. Die Personalkosten – und
damit die Subventionen für die Theater müssen aber in den kommenden
Jahren dringend etwa 15 bis 20 Prozent nach oben angepasst werden.
Darüber muss geredet werden, denn die Theater sind ein integraler
Bestandteil der Gesellschaft und sollen es auch bleiben. Wir
verlieren sonst Stellen und Substanz der Theater – die müssen
dringend erhalten und weiterentwickelt werden.
Gerade die jungen
Künstler*innen, die am schlechtesten bezahlt werden, scheinen auch
am schlechtesten behandelt zu werden. Es scheint sich ein seltsames
Arbeitsklima an den Theatern eingenistet zu haben.
Das bringt es gut auf den
Punkt. Im sozialen Marketing wird ein Produkt dann mehr
wertgeschätzt, wenn es einen adäquaten Preis hat. Das sehen wir im
Theater, wenn zum Beispiel Karten deutlich unter Preis vergeben oder
verschenkt werden, ist der langfristige Effekt negativ, weil die
Wertschätzung darunter leidet. Wenn ein junger Schauspieler zur
Mindestgage engagiert ist, unbezahlte Mehrarbeit leistet, scheint
das dazu einzuladen, auch ihn wenig zu wertschätzen oder schlecht zu
behandeln. Deswegen kann man nicht oft genug wiederholen: Es muss
angemessen bezahlt werden. Die Mindestgage muss dringend nach oben
angepasst und die jungen Künstler*innen müssen besser geschützt
werden.
Was könnten weitere
Lösungen für all diese Probleme sein?
Das strukturelle
Führungsmodell muss verändert werden, damit steht und fällt alles.
Nur so lassen sich die problematischen Punkte verändern: Abbau von
Hierarchien, die Förderung von Teamstrukturen, das Einsetzen von
Verhaltens-Codizes, und auch eine systematische Aufarbeitung der
Missstände. Viele Künstler*innen stellen sich jetzt erst Fragen.
Auch die Hochschulen müssen viel besser aufklären. Ich berate eine
Reihe von jungen Absolvent*innen aus dem Bereich des Schauspiels und
stelle fest, dass gerade die großen Häuser oft versuchen, junge
Absolvent*innen mit minimalen Gagen abzuspeisen. Und es braucht
einen Einheitstarifvertrag, das bringe ich seit fünf Jahren ins
Spiel, aber der Vorschlag wird immer wieder abgeschmettert mit der
Begründung, dann gingen die Theater kaputt. Dann braucht es auch
Ombudsstellen, unabhängige Ansprechpartner, die nicht von den
Intendanten zur Rechenschaft gezogen werden können. Es sind in der
Studie Fälle genannt, bei denen bereits der Gang zum Betriebsrat,
als Vertrauensbruch empfunden, zur Kündigung führte. Außerdem
Geschlechterparität, Diversität und Inklusion. Die große Gruppe der
Benachteiligten sind in einem sehr hohen Maße Frauen. Und das
bedaure ich am meisten.
Ihre Ergebnisse sind
dazu angetan, den Betrieb aufzurütteln. Erwarten Sie, dass nun
tatsächlich eine Diskussion einsetzt, die etwas verändert?
Ich hoffe es sehr. Das
ensemble-netzwerk hat enorm viel erreicht. Ohne diese Arbeit würde
vieles noch in den Kinderschuhen stecken. Aber es muss jetzt
weitergehen, alle müssen mit anpacken. Es gibt viele junge
Intendant*innen, einige Namen habe ich in der Studie auch genannt,
die vorbildlich sind – und daran muss das Theatersystem sich
orientieren. Ich spüre den Gegenwind auf die Studie, aber ich
erwarte, dass man die Ergebnisse nicht abschmettert, sondern sich
damit auseinandersetzt, auf allen Seiten. Insgesamt ist der Zuspruch
jedoch sehr hoch, und der Dank gilt den Teilnehmer*innen, die sich
so ernsthaft mit den Fragen auseinandergesetzt haben, dem
ensemble-netzwerk und meiner Hochschule.
Thomas Schmidt
ist Professor für Theater- und Orchestermanagement, Direktor des
gleichnamigen Masterstudiengangs an der Hochschule für Musik und
Darstellende Kunst in Frankfurt am Main und Vorstandsmitglied des
ensemble-netzwerks. Er war Mitbegründer, Produzent und Autor am
neuen schauspiel erfurt, von 2003 bis 2012 Geschäftsführer des
Deutschen Nationaltheaters Weimar und in der Spielzeit 2012/13
dessen Intendant. Seine viel beachtete Studie
Theater, Krise und Reform. Eine Kritik des
deutschen Theatersystems erschien 2016, sein Buch
"Programm und Spielplangestaltung im Theater" Im Juni 2019. Das Buch
zur Studie "Macht und Struktur im Theater. Asymmetrien der Macht"
ist seit September 2019 im Verlag Springer VS erhältlich (Leseprobe
auf google Books).
Mehr zum Thema
Ungleichbehandlung im Theatersystem:
Anne Peter schrieb im Mai 2018 über
die Gründe für die strukturelle Benachteiligung von Frauen und
mögliche Lösungsansätze. Und im Februar 2019
interviewte sie die Regisseurin
und Karlsruher Schauspieldirektorin Anna Bergmann über
Geschlechtergerechtigkeit und die Frauenquote im Theater.
Zitatende |
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Was
andere schrieben
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Zitat
Machtmissbrauch im Theater:
Theaterregisseur:
„Wer als Schauspielerin Avancen abweist, geht ein Risiko ein“
Nach dem Fall Dörr: Was
sexuelle Übergriffe und Machtmissbrauch angeht, ist das Theater ein
besonders gefährdeter Raum. Zwei Regisseure erklären, warum.
22.3.2021 - 11:03 Uhr
Foto: Imago
Der Verschwimmen der
Grenze zwischen Arbeit und Privatem ist eines der Standbeine des
Theaters.
Berlin - Eine Woche her
ist es nun, dass
Klaus
Dörr
als Intendant der Volksbühne zurückgetreten ist. Sein Name ist von
der Website des Theaters verschwunden, der Aufklärungsprozess
hinsichtlich der Vorwürfe von zehn Frauen, Dörr sei sexuell
übergriffig gewesen und habe eine Schauspielerin wegen ihres Alters
diskriminiert, geht weiter. Der Vorgang hat erneut ein grelles Licht
darauf geworfen, welch ein gefährdeter Raum das Theater ist, was den
Missbrauch von Macht angeht. Gründe hierfür sind die hierarchische
Struktur, die Abhängigkeitsverhältnisse, die daraus resultieren, und
das Geschlechterverhältnis. In Deutschland sind 80 Prozent der
Intendanten und 70 Prozent der Regisseure Männer, 85 Prozent
derjenigen, die sich hilfesuchend an die Berliner Vertrauensstelle
gegen sexuelle Belästigung und Gewalt, wenden, sind Frauen. Auch die
zehn von der Volksbühne haben sich dorthin gewandt.
Ein weiterer Grund, der
das Theater für Übergriffe so anfällig macht, liegt im Theatermachen
selbst. „Das Verschwimmen der Grenze zwischen Privatem und Arbeit
ist eines der Standbeine des Theaters“, sagt Christoph Gosepath (59)
der Berliner Theaterregisseur und Leiter der Künstlergruppe Club
Tipping Point, der gleichzeitig als Psychiater und Psychotherapeut
arbeitet. Das bestätigt auch der Theater- und Opernregisseur Bernd
Mottl (55), der in Berlin im Tipi „Frau Luna“ inszeniert hat und
zuletzt am Staatstheater Wiesbaden die Oper „Anna Nicole“, auch er
ein Mann, der das System seit Jahrzehnten von innen kennt. „Theater
hat mit Öffnung zu tun, damit, sich zu zeigen. Deshalb redet man auf
Proben schnell über Intimes. Das Senken der Hemmschwelle ist
Programm“, sagt er.
TheaterEnde einer kurzen Ära: Zum
Rücktritt von Klaus Dörr
Auch die 2020
veröffentlichte von Themis ist erhellend. Die Interviews wurden mit
16 in der Film-, Fernseh- und Bühnenbranche tätigen Personen
geführt, 14 Frauen, zwei Männern. Was den Arbeitsalltag angeht,
sagte eine oder einer der Interviewten, die sämtlich anonym bleiben,
„dass wir immer mit unserem Wesen und unserem Körper, aber auch
unserer Seele sehr präsent sein müssen. (…) Das bringt quasi der
Beruf mit sich, das ist ja klar. Aber dadurch entblößen wir uns
auch.“ – „Und das Vermischen der Ebenen. (….) Man geht was trinken,
man unterhält sich, man erfährt viel übereinander. Man hat ja
eigentlich gar kein normales Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis,
wie wenn man im Büro E-Mails schreibt und sich Hallo sagt.“
„Die Arbeit des Regisseurs hat einen
voyeuristischen Aspekt“
Christoph M. Gosepath sagt
über das Verhältnis zwischen Regisseur und Schauspieler:
„Schauspieler spielen die ganze Zeit mit ihrem Körper, nicht aber
der Regisseur. Der sitzt unten im dunklen Zuschauerraum und schaut
zu. Seine Arbeit hat einen voyeuristischen Aspekt. Da passiert eine
Menge, was die Fantasie erregt.“ Fritz Kortner habe zu Peter Stein
gesagt, als dieser sein Regieassistent war: „Stein, Sie sind in die
Schauspielerin verliebt.“ Und als Stein verneinte: „Sie wissen es
bloß noch nicht.“ Dass ein Regisseur sich in eine Schauspielerin
verliebt, passiere häufig, sagt Gosepath. „Dabei das Machtgefälle
auszunutzen, geht natürlich gar nicht. Aber es ist ein schwieriger
Grenzbereich.“
Die Arbeit im
Kulturbereich ist stark von Abhängigkeit geprägt, die Konkurrenz ist
groß, viel läuft auf der Basis persönlicher Empfehlungen oder
Verbindungen. Ein Zitat aus der Interviewstudie: „Premierenfeiern,
private Geburtstage, auf denen über die Arbeit gesprochen wird und
wo auch der Intendant ist oder ein Regisseur. Da merke ich, jetzt
ist hier vielleicht mein privater Raum, aber solche Gegenüber haben
die Macht. Vor allem eben diese künstlerische Macht, dass der
entscheidet, was mein Arbeitsinhalt ist. Ob ich in ‘ner Produktion,
banal gesagt, der Baum XY bin oder die Hauptrolle. (…) Und deshalb,
wenn der sich mit mir unterhalten will, dann unterhalte ich mich mit
dem. Und wenn nicht und ich früher gehe, dann frage ich mich, ob das
jetzt okay war.“
TheaterMeToo: Ensemble der Volksbühne
nimmt Stellung nach Dörr-Rücktritt
Bernd Mottl sagt zu diesem
Abhängigkeitsverhältnis: „Arschlöcher gibt es leider überall, aber
die Kunst ist vielleicht ein besonders gefährdeter Bereich, weil
hier so gut wie keine belegbaren Qualitätsmaßstäbe existieren.
Dadurch gibt es Vorgesetzte, die sagen können: Allein, weil ich
deine künstlerische Befähigung erkenne, kriegst du den Job. So etwas
öffnet Tür und Tor für Unterschwelliges. Manche Schauspieler
versuchen es deshalb mit Anbiederung, Regisseure übrigens
gelegentlich auch.“ Wie er selbst auf Anbiederung reagiert?
„Manchmal denke ich, der/die hat es nötig. Manchmal streichelt es
mein Ego, dann ignoriert man die Abhängigkeit. Letztlich muss sich
jeder selbst auf die Finger hauen. Ich glaube, ich verfüge über ein
sensibles Frühwarnsystem.“
In der Themis-Studie wird,
was sexuelle Übergriffigkeit angeht, am häufigsten von körperlichen
Grenzüberschreitungen berichtet: Sexualisierte Berührungen und
Küssen, ohne dass die Betroffenen einverstanden waren, aber auch
schroffes Anpacken bis hin zu Körperverletzung. Ein anonymes Zitat:
„Und er hat nie gefragt, ob er die Frauen umarmen darf. Also es war
einfach immer so klar, o.k., das mach ich. Und er hat mich so umarmt
und hat dann seine Hände unter mein T-Shirt geschoben und hat dann
so zugegrabscht.“ Bernd Mottl hat selbst auch Erfahrungen mit
Übergriffigkeit gemacht: „Als ich Regieassistent war, hat ein
Regisseur vehement versucht, mich zu verführen. Es hat mich viel
Kraft gekostet, das abzulehnen. Unsere Arbeitsbeziehung war dann
beendet. Gottlob fand ich ihn aber auch künstlerisch nicht mehr so
doll.“
Fall Dörr: Bald brauchen Frauen noch mehr
Mut, sexuelle Übergriffe anzuprangern
Mottl glaubt, einen guten
Intendanten könne man auch daran erkennen, dass sein Spielplan
divers ist, also dass viele unterschiedliche ästhetische Sprachen zu
Wort kommen. Darin seien Frauen meist besser. „Was ich überhaupt
nicht begreife: Theater wirbt um nichts so sehr wie um
Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Empathie. Dass ausgerechnet hier
so ein feudales Gehabe herrscht, hieße ja, dass der aufklärerische
Sinn dieser Kunstform reines Lippenbekenntnis ist. Und so ist es
leider meist.“
Die Grauzone macht es schwer,
sexuelle Belästigung als solche zu erkennen
Was an der Interviewstudie
von Themis am meisten schockiert: Die häufigste Reaktion der
Befragten auf Grenzüberschreitung im Arbeitssetting ist resignierte
Akzeptanz. Als Gründe wurden berufsbezogener Idealismus genannt und
dass man von der eigenen Arbeit oder dem Projekt eben überzeugt
gewesen sei. Grenzüberschreitungen als offenbar unvermeid-bare
Kehrseite von Kreativität und Intensität – eine Grauzone, die
sexuelle Belästigung mehr als nur begünstigt. Die
Präventionsseminare, die Themis anbietet, können hier helfen.
Die Vertrauensstelle
Themis gibt es seit zweieinhalb Jahren, aber es hat in der gesamten
Zeit nur 14 Beschwerdeverfahren gegeben, wie Vorstandsmitglied Eva
Hubert sagt. „Die allermeisten wollen keine Beschwerde gegen den
Arbeitgeber richten, weil sie Angst haben, dann keine weitere Rollen
mehr zu bekommen oder dass sie auch als Regieassistentin oder
Maskenbildnerin verbrannt sind, weil sie als schwierig empfunden
werden. Die Branche ist ja nicht besonders groß.“
„Ich möchte eigentlich das Recht
haben, eine Schauspielerin zu fragen, ob sie mit mir schlafen will“
Auch Christoph M. Gosepath sieht
dieses Problem: „Ich möchte eigentlich das Recht haben, eine
Schauspielerin zu fragen, ob sie Bock hat, mit mir zu schlafen, und
wenn sie Nein sagt, dann ist das natürlich okay. Aber wer als
Schauspielerin oder Schauspieler in den gegenwärtigen
Machtstrukturen heute Avancen abweist, geht ein Risiko ein. Das ist
der kritische Punkt: Er oder sie sagt vielleicht Ja, weil die Angst
besteht, sonst nicht weiterarbeiten zu können. Es ist in der
Machtstruktur angelegt, dass er oder sie so etwas denken kann oder
vielleicht sogar muss. Darin liegt die Berechtigung des wichtigen
heutigen Fegefeuers.“ In der Psychotherapie sei es ähnlich. Auch der
Therapeut sei ein Voyeur, er gebe nichts von sich preis, die
Patientin oder der Patient indessen sehr viel. „Es passiert
zuweilen, dass sich ein Therapeut in eine Patientin verliebt. Die
Radikallösung ist dann, die Beziehung abzubrechen. Oder der
Therapeut begibt sich in Supervision, um sein Begehren abzuarbeiten,
ohne seine Macht zu missbrauchen.“
Eva Hubert
sieht folgenden Ausweg: „Es muss ein Klima geben, in dem es
selbstverständlich ist, dass man sich beschwert, und in dem der
Arbeitgeber verpflichtet ist, der Beschwerde nachzugehen. Aber das
funktioniert nur mit einer ausreichenden Anzahl von Männern und
Frauen, die bereit sind, diesen Weg zu gehen.“
Zitatende |
Quelle:
https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/theater/volksbuehne-doerr-wer-im-theater-avancen-abweist-geht-ein-risiko-li.147221
Was andere schrieben
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Presseschau vom 22. März 2021 –
Schauspieler Ron Ighiwiyisi Iyamu erhebt Rassismus-Vorwürfe gegen
Düsseldorfer Schauspielhaus
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Was
andere schrieben
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Zitat
Hilferuf:
Rassismus-Vorwürfe am
Düsseldorfer Schauspielhaus
22. März 2021, 19:16 Uhr
Aktualisiert am 22. März 2021, 19:18 Uhr
Quelle: dpa
Düsseldorf (dpa) - Nach Rassismus-Vorwürfen gegen das Düsseldorfer
Schauspielhaus haben die nordrhein-westfälische Landesregierung und
die Landeshauptstadt eine konsequente Aufarbeitung der Vorfälle
gefordert.
«Dass ein Schauspieler am
Schauspielhaus
rassistisch behandelt und diskriminiert wird, ist nicht
tolerierbar», erklärten NRW-Kulturministerin Isabel
Pfeiffer-Poensgen (parteilos) und der Düsseldorfer Oberbürgermeister
Stephan Keller (CDU) am Montag in einer gemeinsamen Mitteilung. «Es
ist notwendig, dass das Schauspielhaus die Vorfälle konsequent
aufarbeitet, entsprechende Konsequenzen zieht und Maßnahmen
ergreift, dass sich dies nicht wiederholen kann.»
Die Bühne wird vom Land und der
Stadt getragen, OB Keller ist Aufsichtsratsvorsitzender. Intendant
Wilfried Schulz entschuldigte sich und kündigte einen
Verhaltenskodex an.
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Was
andere schrieben
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„Wir nehmen das sehr ernst“
Schauspieler Ron Iyamu machte bei
Proben in Düsseldorf rassistische Erfahrungen. Regisseur Armin
Petras arbeitet nun in Hannover. Diese Proben sollen besonders
transparent stattfinden.
[…]
Der Probenvorfall über den Iyamu in dem WDR Beitrag berichtet hat,
ereignete sich 2019 bei den Proben zu ‘Dantons Tod‘ von Georg
Büchner. Der Regisseur war Armin Petras.
Er hat […] in Hannover mit den Proben zu ‘Öl der Erde‘ von Ella
Hickson begonnen, das in dieser Spielzeit (geplant ist die Premiere
für Ende Mai) am Schauspiel Hannover als deutschsprachige
Erstaufführung zu sehen sein wird.
Mit kritischer Begleitung
„Wir nehmen das sehr ernst“ sagte Nils Wendtland vom Schauspiel
Hannover über die Rassismus-Vorwürfe die Iyamu in Düsseldorf
geäußert hat. Es habe bereits mehrere Ensembleversammlungen und
Workshops gegeben, in denen man sich mit dem Thema Rassismus
auseinandergesetzt habe. Seit Beginn der Intendanz von Sonja Anders
hat das Staatstheater Hannover eine Diversitätsbeauftragte.
Die Proben von Petras sollen offen und transparent erfolgen.
Wendtland sagte: „Wir werden den Probenprozess eng begleiten.“
Intendantin Sonja Anders betonte, dass die Proben zu ‘Öl der Erde‘
mit kritischer Begleitung von außen stattfinden sollen.
Man wolle eine externe Fachkraft engagieren - eine Dramaturgin
oder eine Wissenschaftlerin, die sich mit dem Thema Kolonialismus,
das in dem Stück auch verhandelt wird, gut auskenne. Wichtig sei
ihr, dass die Proben in einem „angstfreien Raum“ stattfinden könnten«
Zitatende
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Quelle:
HAZ
– Ronald Meyer-Arlt - Dienstag, 12. April 2021 – Seite 23
Was andere
schrieben
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Zitat
Opernkonzert
Klischee und Provokation
Samstag, 08. Mai 2021, 19:00 bis 21:00 Uhr
Opern neu zu
analysieren aus der Perspektive von schwarzen Menschen - das ist ein
Anliegen von Naomi André. Die afroamerikanische
Musikwissenschaftlerin ist Professorin an der Universität von
Michigan. Sie hat zwei wichtige Bücher veröffentlicht: 2018 "Black
Opera" und bereits 2012 gehörte sie zu den Herausgeberinnen des
Aufsatzbandes "Blackness in Opera".
Wer sich mit Rassismus in Opernwerken beschäftigt - auch als
Musikwissenschaftler in Deutschland -, kommt an diesem noch jungen,
multiperspektivischen Forschungszweig nicht vorbei.
Giuseppe Verdis
"Otello" als Schlüsselrolle
Die
Analysekategorie Blackness schärft den Blick dafür, wie die
Identität von afroamerikanischen oder afrikanischen Charakteren
konstruiert und dargestellt ist. Für Naomi André nimmt die Oper
"Otello" von Verdi eine Schlüsselrolle ein, weil die Titelfigur sehr
differenziert gezeichnet ist.
Verdi und sein Librettist Arrigo Boito haben ihrem Titelhelden einen
Auftritt kreiert, wie er effektvoller und glorioser kaum sein
könnte. Das Volk wartet am Hafen von Zypern. Gewitter und Sturm
wühlen das Meer auf. Otello kommt zurück von einem Einsatz als
Gouverneur von Zypern. Er und seine Krieger haben die türkische
Flotte besiegt.
"Später im 1. Akt klärt er den Streit, den Jago angezettelt hat", so
André. "Am Ende des 1. Aktes steht schließlich dieses unglaubliche
Duett zwischen Desdemona und Otello. Seine Stimme ist exponiert mit
dem 'Ancora un baccio'-Thema." Otello erbittet sich "noch einen
Kuss" von Desdemona. Dieses Kuss-Motiv erklingt wieder am Schluss,
wenn Otello sich selbst tödlich verletzt hat und neben der
ermordeten Desdemona niedersinkt.
Nach Ansicht von Naomi André betone Verdi auf diese Weise das
eigentliche Motiv für Otellos Wandel zum Mörder: Er mordet aus
Liebe, die von Eifersucht zersetzt ist. Verdi und Boito
unterstreichen das menschliche Drama. Bewusst haben die beiden den
1. Akt der Vorlage, das gleichnamige Schauspiel von William
Shakespeare, gestrichen, weil er voller rassistischer
Diskriminierungen gewesen ist. Trotzdem bleibt Titelheld Otello, im
Personenverzeichnis mit einem rassistischen Begriff als "Mohr"
bezeichnet, ein Außenseiter wegen der Farbe seiner Haut.
Spätestens Otellos Auftritt im 4. Akt enthülle seine dunkle, wilde
Seite, so Opernforscherin Naomi André. Gleich sein Erscheinen nach
Desdemonas Gebet durch eine Geheimtür zu tiefsten Kontrabass-Klängen
- instrumententechnisch damals noch sehr neu - unterstreiche seinen
Außenseiter-Status.
Forschung zu Aspekten
der kulturellen Identität
Naomi André
betreibt ihre Analysen zu "Blackness" in Opernwerken und im
Opernbetrieb nicht losgelöst von anderen wichtigen Aspekten wie
Gender und Klasse. So wie es international mittlerweile vielfach
Standard ist. Auch in der deutschen Musikwissenschaft spielen Fragen
nach der Ethnizität eine Rolle, also nach der Zugehörigkeit zu einer
religiösen - oder weiter gefasst, zu einer kulturellen Gruppe.
Und so werden in dieser Sendung unter anderem auch Bizets "Carmen",
Mozarts "Zauberflöte" und Ernst Kreneks "Jonny spielt auf"
betrachtet. Zu Wort kommen neben Naomi André auch die
Musikwissenschaftlerin Cornelia Bartsch und der Musikwissenschaftler
Arne Stollberg sowie der Sänger Lawrence Brownlee.
Eine Sendung von
Dagmar Penzlin.
Zitatende
Quelle:
https://www.ndr.de/kultur/epg/Rassismuskritische-Opernforschung-Klischees-hinterfragen,sendung1142568.html
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„Nehmt die Wäsche rein, Komödianten kommen!“
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Screenshot RND
Die Kunst- und Kulturszene leidet: Nun geben Schauspieler mit
ironisch-satirischen Clips persönliche Statements zur deutschen
Corona-Politik ab. © dpa
Unter den
Hashtags
#allesdichtmachen, #niewiederaufmachen und #lockdownfürimmer
kommentierten 52 deutschsprachige
Schauspieler
Ende April 2021 mit
satirisch-ironischen
Videoclips die
Corona-Politik
der Regierungen sowie die Medienberichterstattung zum Thema. Die
Aktion sorgte für mediales Aufsehen und eine kontroverse Debatte.
[…]
Satirische Adaptionen
Der Kampagne
entgegengesetzt stand der Hashtag #allenichtganzdicht, der
u. a. von
Jan Böhmermann
initiiert wurde.
Nora Tschirner
startete den Hashtag #allesschlichtmachen.
Lutz van der Horst
stellte am 23. April ein Video ins Netz, in dem er die Schauspieler
mit sehr ähnlichen Stilmitteln angriff: Zu diesem Zeitpunkt an
COVID-19 erkrankt, stellte er sich im Bademantel dar, bedankte sich
bei seinen Kollegen für seine Erkrankung und mögliche kommende
Komplikationen, lud sie auf ein Glas Wein in seine Wohnung ein und
beendete sein Video mit einem heftigen Hustenanfall.
Antworten aus dem
medizinischen Bereich
Unter dem
Hashtag #allemalneschichtmachen brachte medizinisches
Personal Kritik an der Aktion zum Ausdruck und forderte die
beteiligten Künstler auf, sich für eine Schicht der Realität im
Rettungsdienst oder einer Notaufnahme zu stellen.
Der Vorstand der
Deutschen Stiftung Patientenschutz
Brysch sagte, wer sich über die Corona-Schutzmaßnahmen lustig mache,
zeige kein Mitgefühl für 80.000 Corona-Tote, ihre Angehörigen und
die Sorgen der Menschen.[
Zitatende |
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Was
andere schrieben
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Zitat
#allesdichtmachen
#niewiederaufmachen
#lockdownfürimmer
Die Aktion #allesdichtmachen
hat Wellen geschlagen. Es wurde bewusst entschieden, die
Videos nicht mit einem “Statement” zu flankieren, denn dann hätten
alle nur über das Statement geredet. Aber das heißt nicht, dass wir
nichts zu sagen hätten. Wir leugnen auch nicht Corona oder stellen
in Abrede, dass von der Krankheit Gefahr ausgeht und Menschen daran
sterben.
Vielmehr geht es uns um die Corona-Politik,
ihre Kommunikation und den öffentlichen Diskurs, der gerade geführt
wird. Wir üben Kritik mit den Mitteln von Satire und Ironie. Wenn
man uns dafür auf massivste Art und Weise beschimpft und bedroht,
ist das ein Zeichen, dass hier etwas ins Ungleichgewicht geraten
ist.
Wir lassen uns auch nicht in eine Ecke
stellen mit Rechten, Verschwörungstheoretikern und Reichsbürgern.
Auch die AfD steht für alles, was wir ablehnen. Wenn man sich nicht
traut, Selbstverständlichkeiten anzumahnen, weil man Applaus von der
falschen Seite fürchtet, dann zeigt das allenfalls, dass der Diskurs
in eine Schieflage geraten ist.
Nicht alle in dieser Gruppe sind Gegner
eines wie auch immer gearteten Lockdowns. Einige schon. Aber darum
geht es nicht. Wir behaupten auch nicht, es besser zu wissen und
auch nicht, dass alle Maßnahmen falsch sind. Es geht nicht um Viren,
Zahlen oder Kurven. Es geht um die Art, wie Staat und Bürger
interagieren, und um die Frage, in was für einer Gesellschaft wir
leben wollen. Es geht darum, dass Kritik am Lockdown ein legitimer
Standpunkt ist, der sich mit Argumenten und Fakten untermauern
lässt. Es geht um den Blick auf die Schäden, die die
Corona-Maßnahmen auf vielerlei Art anrichten. Es geht darum, dass
Kinder und Jugendliche um einen wichtigen Teil ihres Lebens betrogen
werden. Es geht darum, über den eigenen Tellerrand zu schauen. Es
geht um eine Rhetorik von „Wir” und „Gemeinsamkeit”, die schon
deswegen falsch ist, weil offensichtlich nicht “wir alle” da
“gemeinsam” drinstecken, sondern in sehr unterschiedlichem Maße: Die
Schere von Arm und Reich geht immer weiter auf. Es geht am Ende auch
um den bekannten Slogan: Leave no one behind.
Wir sind bei all jenen, die zwischen die
Fronten geraten sind. Den Verängstigten, den Verunsicherten und
Eingeschüchterten und jenen, die verstummt sind. Uns geht es darum,
endlich offen, respektvoll und auf Augenhöhe miteinander zu reden.
Dies ist kein offizielles Statement von
sämtlichen Teilnehmer:innen der Aktion. Die Gruppe hat keinen „Kopf“
und keine gemeinsame Stimme. Das Projekt ist kollektiv entstanden,
die Gruppe ist divers, die Meinungen gehen auch hier auseinander.
Wir halten das aus und pflegen zivilisierten Umgang. Jeder kann in
der Öffentlichkeit sprechen, jedoch immer nur für sich. Einige aus
der Gruppe sind erschrocken über den Shitstorm und haben sich auf
dieses Statement geeinigt. Andere ziehen es vor zu schweigen. Beides
ist legitim und in Ordnung.
Teilnehmer 24.4.2021:
Volker Bruch
Jan Josef Liefers
Kathrin Osterode
Nina Gummich
Miriam Stein
Jörg Bundschuh
Nina Proll
Cem Ali Gültekin
Maxim Mehmet
Samia Dauenhauer
Roland Düringer
Nadine Dubois
Ulrich Tukur
Jens Wawrczeck
Bernd Gnann
Markus Gläser
Wotan Wilke Möhring
Vicky Krieps
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Ben Münchow
Werner Eng
Gianna Valentina Bauer
Joseph Bundschuh
Nadja Uhl
Claudia Rippe
Christian Ehrich
Monika Anna Wojtyllo
Tina Maria Aigner
Dietrich Brüggemann
Karoline Teska
Thorsten Merten
Kea Könneker
Jeana Paraschiva
Ramin Yazdani
Hanns Zischler
Übrigens: #FCKNZS
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Was
andere schrieben
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Zitat
„Größter Erfolg der ‚Querdenker‘-Szene“:
Heftige Kritik an
#allesdichtmachen in den sozialen Medien
·
Rund 50
bekannte Film- und Fernsehschauspieler, darunter viele
„Tatort“-Stars, haben eine gemeinsame Protestaktion gegen die
Corona-Politik der Bundesregierung gestartet.
·
Ihre
kurzen Videos zu #allesdichtmachen gehen viral.
·
In den
sozialen Medien gibt es heftige Kritik, aber auch Zustimmung.
Etwa 50 prominente Film- und
Fernsehschauspieler sorgen mit einer groß angelegten Internetaktion
unter dem Motto #allesdichtmachen für Aufsehen. Künstler wie Ulrich
Tukur, Volker Bruch, Meret Becker, Richie Müller, Heike Makatsch,
Jan Josef Liefers und viele weitere verbreiteten am Donnerstag bei
Instagram und
Youtube
gleichzeitig ironisch-satirische
Clips mit persönlichen Statements zur Corona-Politik der
Bundesregierung.
Wie die Aktion koordiniert wurde, war zunächst nicht
bekannt. Im Impressum der
Website zur Aktion
ist die Münchner Produktionsfirma Wunder Am Werk GmbH als
verantwortliches Unternehmen angegeben. Die Hashtags
#allesdichtmachen, #niewiederaufmachen und #lockdownfürimmer wurden
am Abend binnen kurzer Zeit zu den am meisten verwendeten bei
Twitter in Deutschland.
In den sozialen Medien stieß die Aktion teilweise auf
begeisterte Zustimmung, aber vor allem bei Prominenten auch auf sehr
heftige Ablehnung. „Die Schauspieler von #allesdichtmachen können
sich ihre Ironie gerne mal tief ins Beatmungsgerät schieben“,
twitterte Moderator Tobias Schlegl, der auch Notfallsanitäter ist.
Schauspieler Marcus Mittermeier kommentierte:
„Niemand hat mich gefragt, ob ich bei #allesdichtmachen mitmachen
will. Gott sei Dank!“ Der Pianist Igor Levit twitterte: Die
stumpfste Waffe gegen die Pandemie sei „schlechter, bornierter
Schrumpfsarkasmus, der letztendlich bloß fader Zynismus ist, der
niemandem hilft. Nur spaltet.“
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Was andere schrieben
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Was für ein
schäbiges, menschenverachtendes Theater
Kommentar zu
#allesdichtmachenSchauspieler
aus dem Elfenbeinturm:
Riefen auf zu alles #allesdichtmachen: Ulrich Tukur, Heike Makatsch,
Ulrike Folkerts, Jan-Josef Liefers. -
dpa
Freitag,
23.04.2021, 12:06
Während Menschen an
dem Corona-Virus sterben und die Intensiv-Stationen überlastet sind,
präsentieren prominente deutsche Schauspieler mal kurz einen
Einblick in ihre egomane Innenwelt. Und siehe da: Der künstlerische
Elfenbeinturm von Liefers, Tukur und Co. steht mitten im verminten
Gebiet von AfD und Querdenkern. Na, so was!
Mehr als 81.195
Menschen sind bei uns bisher an und mit
Covid-19
gestorben. Morgen Früh werden es wieder ein paar hundert Männer und
Frauen mehr sein, um die Partner und Kinder weinen und Freunde
trauern. Zugleich ringen tausende Kranke auf Intensivstationen um
ihr Leben und kämpfen zehntausende Ärzte und Pfleger seit mehr als
einem Jahr aufopferungsvoll um das Leben von Corona-Patienten.
Foto: Hugo Müller-Vogg/Laurence Chaperon
Hugo Müller-Vogg
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Dr. Hugo Müller-Vogg ist Journalist, Buch-Autor und ehemaliger
Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Diese traurige Realität, dieses Ausmaß an
menschlichem Leid und an mitmenschlichem Engagement, scheint einer
halben Hundertschaft bekannter Bühnen- und Fernsehstars verborgen
geblieben zu sein. Genau 53 Schauspieler wie Jan Josef Liefers,
Ulrike Folkerts, Nadja Uhl oder Ulrich Tukur beglücken seit
Donnerstagabend das Land mit kurzen Videos, in denen sie höhnisch
über die von Bund und Ländern verhängten Einschränkungen und
Schließungen herziehen. Sie reden von Panikmache, gleichgeschalteten
Medien und einer autoritären Regierung. Ja, sie bedanken sich
überschwänglich und ironisch bei den Regierenden, sie kritisieren
die Medien, die angeblich alles gutheißen. Und sie bereichern die
sozialen Medien mit zynischen Hashtags wie #allesdichtmachen,
#niewiederaufmachen oder #lockdownfuerimmer.
ARD-Stars Tukur und
Liefers schießen blindlinks gegen Medien und Politik
Nun gibt es gute
Gründe, die jetzt von Bundestag und Bundesrat beschlossene
„Notbremse“ mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit mancher Maßnahmen
oder ihre Wirkung zu kritisch zu analysieren. Die Promi-Riege hält
sich indes nicht mit sachlicher Kritik auf. Vielmehr triefen die
Videos von ätzender Verachtung für die politische Klasse und dem
implizierten Anspruch der Schauspieler, besser als Virologen und
Epidemiologen zu wissen, was jetzt Not tut. Dazu zwei Kostproben.
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Tatort-Kommissar Tukur,
appelliert an die Politik: „Schließen Sie ausnahmslos jede
menschliche Wirkungsstätte und jeden Handelsplatz, nicht nur
Theater, Cafés, Schulen, Fabriken, Buchhandlungen, Knopfläden,
nein, auch alle Lebensmittelläden, Wochenmärkte und vor allem
auch all die Supermärkte.“ Denn: „Sind wir erst am Leibe und
nicht nur an der Seele verhungert und allesamt mausetot,
entziehen wir auch dem Virus und seiner hinterhältigen
Mutanten-Bagage die Lebensgrundlage."
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Ein anderer Tatortstar, Liefers,
dankt allen Medien, „die seit über einem Jahr unermüdlich dafür
sorgen, dass der Alarm genau da bleibt, wo er hingehört: nämlich
ganz, ganz oben, und dafür sorgen, dass kein unnötiger,
kritischer Disput uns ablenken kann von der Zustimmung zu den
sinnvollen und immer angemessenen Maßnahmen unserer Regierung.“
#allesdichtmachen:
Wenigstens Heike Makatsch war es peinlich
Gute Schauspieler
können etwas, was der normale Bürger nicht kann: in andere Rollen
schlüpfen, andere Charaktere glaubwürdig verkörpern. Irgendwie
scheinen diese 53 Damen und Herren bei ihrem Ausflug in die Politik
sich Corona-Leugner, Querdenker und Verschwörungstheoretiker zum
Vorbild genommen zu haben. Ihre Videos enthalten Botschaften, wie
man sie von Demonstrationen kennt, deren Teilnehmer bewusst keine
Masken tragen. Von
der AfD jedenfalls kam prompt Beifall
– und von den üblichen Verdächtigen am ganz rechten Rand ebenso. |
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Was andere schrieben
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„Über Monate
hinweg ausgetauscht“
Wer steckt
hinter der Aktion „Alles dicht machen“?
Mehr als 50 Schauspieler
verbreiten Häme über die Corona-Politik der Regierung. Was sie dazu
bewogen hat und wie die Reaktionen ausfallen.
Nina Breher
Joachim Huber
Christiane Peitz
Kurt Sagatz
Selina Bettendorf
Mehr als 50 prominente Film- und
Fernsehschauspieler haben mit einer groß angelegten Internetaktion
unter dem Motto
#allesdichtmachen für Aufsehen gesorgt.
Künstler wie Ulrich Tukur, Volker Bruch,
Meret Becker, Ulrike Folkerts, Richy Müller, Jan Josef Liefers und
viele weitere verbreiteten am Donnerstagabend bei Instagram und auf
der Videoplattform Youtube gleichzeitig ironisch-satirische Clips
mit persönlichen Statements zur
Corona-Politik der Bundesregierung und der Verschärfung der
Maßnahmen.
Die Aufregung am Freitag war groß, manche zogen ihre Videos
zurück, aber viele Fragen blieben offen.
Was ist in den Videos zu sehen?
„Schließen Sie
ausnahmslos jede menschliche Wirkungsstätte und jeden Handelsplatz“,
fordert etwa Tukur die Bundesregierung auf. „Nicht nur Theater,
Cafés, Schulen, Fabriken, Buchhandlungen, Knopfläden, nein, auch
alle Lebensmittelläden, Wochenmärkte und vor allem auch all die
Supermärkte.“ Und er fügt hinzu: „Sind wir erst am Leibe und nicht
nur an der Seele verhungert und allesamt mausetot, entziehen wir
auch dem Virus und seiner hinterhältigen Mutantenbagage die
Lebensgrundlage.“
Richy Müller atmet in seinem Clip
abwechselnd in zwei Tüten und kommentiert ironisch: „Wenn jeder die
Zwei-Tüten-Atmung benutzen würde, hätten wir schon längst keinen
Lockdown mehr.“
„Tatort“-Star Jan Josef Liefers bedankt sich
in seinem Clip mit ironischem Unterton „bei allen Medien unseres
Landes, die seit über einem Jahr unermüdlich verantwortungsvoll und
mit klarer Haltung dafür sorgen, dass der Alarm genau da bleibt, wo
er hingehört, nämlich ganz, ganz oben“.
Wissenschaftlern, die zu anderen Schlüssen
kommen als die beratenden Experten der Bundesregierung, dürfe man
keine Bühne geben, betont Liefers in dem Satirevideo. „Schließlich
wissen nur ganz wenige Spezialisten, was gut für uns ist“, sagt er
weiter.
Wer steckt hinter der Aktion?
Im Impressum
der Aktion stehen die Firma „Wunder am Werk“ und ihr Geschäftsführer
Bernd K. Wunder. Der Münchner Unternehmer, der in der Filmbranche
tätig ist, sagte dem Tagesspiegel jedoch, er sei lediglich einer von
vielen Beteiligten, es gebe keinen Drahtzieher hinter der Aktion,
aus rechtlichen Gründen habe einer im Impressum stehen müssen. „Wir
sind eine Gruppe von Filmschaffenden, die sich über Monate hinweg
ausgetauscht hat“, sagte Wunder am Telefon.
Das
NDR-Medienmagazin „Zapp“ berichtet, dass die Schauspieler Volker
Bruch, Jan Josef Liefers und der Drehbuchautor und Regisseur
Dietrich Brüggemann zu den Initiatoren zählten.
Die Idee sei hingegen „organisch“
entstanden, sagt Wunder, man habe schließlich beschlossen, „Kunst zu
machen, um zu zeigen, dass es uns gibt und dass wir auch kritisch
sein dürfen“. Dafür habe man „bewusst die Stilmittel der
Übertreibung, der Satire, der Ironie und der Zuspitzung gewählt“.
Die Gruppe sei nicht gegen Corona-Maßnahmen, sagte Wunder, und habe
„nicht pietätlos gegenüber Corona-Erkrankten“ sein wollen. Man habe
lediglich eine ergebnisoffene Diskussion über ihre Angemessenheit
anregen wollen. Es handele sich um eine einmalige Sache, weitere
Pläne gebe es nicht.
Die Reaktionen hätten ihn überrascht, sagte
Wunder: „Dass der Gegenwind so heftig ist, hätte ich nicht gedacht.“
Dass die Videos in „Querdenker“-Kreisen gefeiert werden, sei „sehr
schwierig“, das sei „Applaus aus der falschen Ecke“. Und: „Wir
distanzieren uns ganz klar von Pandemieleugnern.“
Auf seinem mittlerweile privaten
Instagram-Account verharmloste Wunder die Gefährlichkeit des Virus
aber bereits zwischen Mai und August 2020. Seine Aussagen dort
erinnern an Parolen der „Querdenken“-Bewegung. In Bezug auf
Befürworter von Eindämmungsmaßnahmen sprach er von „Panikmache“ und
„Coronazis“ und setzte das Virus mit der Grippe gleich. Heute
distanziert er sich von diesen Aussagen.
Wie reagiert die „Querdenker“-Szene?
In Telegram-Gruppen, die der
„Querdenker“-Szene nahestehen, ist die Aktion seit Donnerstagabend
ein großes Thema. Der selbst ernannte Anführer der
verschwörungsideologischen „Freedom Parade“, „Captain Future“ alias
Michael B., schreibt: „Endlich, Künstler nehmen gekonnt die
Maßnahmen auf die Schippe.“ Die Aktion wird in Gruppen und Kanälen
der Szene überwiegend als bewusst provokant und mutig bewertet. „Ein
Beweis, dass ganz normale Menschen Kritik üben“, schreibt ein
Nutzer. In einer anderen Gruppe freut man sich, dass „die
Schauspieler (…) aufgestanden“ seien.
Auch aus der rechtsextremen Szene erfährt
die Aktion Zuspruch. Der rechtsextreme Verschwörungsideologe Oliver
Janich etwa lobte Ulrich Tukurs Auftritt. Tukur sei „einer unserer
Besten“. Die rechtsextreme sächsische Kleinstpartei „Freie Sachsen“
findet, Liefers habe „das Establishment ins Herz getroffen“,
Brambach liefere eine „brillante Satire“ über „Denunzianten“ ab. Und
das rechtsextreme „Compact“-Magazin kommentiert: „Endlich!
Deutschlands Schauspieler wachen auf und setzen ein Zeichen gegen
die Corona-Diktatur.“
Welche Teilnehmer distanzierten sich am
Freitag von der Aktion?
In einem Tweet mehrere Stunden nach der
Veröffentlichung distanzierte sich Jan Josef Liefers von
Verschwörungstheorien und der „Querdenker“-Bewegung. Der 56-Jährige
schreibt: „Es gibt im aktuellen Spektrum des Bundestages auch keine
Partei, der ich ferner stehe als der AfD. Weil wir gerade dabei
sind, das gilt auch für Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker,
Corona-Ignoranten und Aluhüte. Punkt.“
Bei „WDR Aktuell“ erneuerte er am Freitag
aber
seine Kritik an Medien und Regierung. „Ich hätte gerne eine
große Diskussion über die Rolle der Medien in der Pandemie“, sagte
er. Und: „Ich möchte einfach, dass diese Regierungsentscheidungen
transparenter sind und nicht einfach hinter verschlossenen Türen
stattfinden und in Ministerpräsidentenrunden.“
Heike Makatsch schrieb am Freitagmorgen auf
Instagram: „Ich distanziere mich klar und eindeutig von rechtem
Gedankengut und rechten Ideologien.“ Ihr Video zog sie zurück.
Schauspielerin Meret Becker („Tatort“) und ihr Kollege Ken Duken
(„Traumfabrik“) übten Selbstkritik. Kunst müsse Fragen stellen
können, sagte Becker auf Instagram. „Aber diese Aktion ist nach
hinten losgegangen.“
Sie werde das Video runternehmen lassen. „Und ich entschuldige mich
dafür, dass das falsch verstanden werden konnte.“ Becker sagte, sie
lasse sich impfen, trage Maske, halte Abstand und lasse sich
regelmäßig testen. Dass die Aktion instrumentalisiert werde von der
rechten Seite, sei das Letzte, was sie gewollt habe.
Die Schauspielerin Meret Becker
beteiligte sich zunächst auch an der Aktion - distanzierte sich
wenig später jedoch davon.
Sie kritisierte, in der Pandemie sei immer eine Tür für die
Wirtschaft offengehalten worden. Die Theater seien zu, aber die
Flieger voll. Menschen müssten zur Arbeit gehen, damit die Industrie
weiterlaufe. Es gehe auch darum, dass Menschen allein sterben. „Wir
hätten vielleicht mehr das sagen sollen, was eigentlich gemeint
ist“, sagte sie. „Jetzt gibt’s auf die Nase.“
Ken Duken schrieb bei Instagram, er
distanziere sich von rechtem Gedankengut. Die Gefahr, die von der
Pandemie ausgehe, sei ihm mehr als bewusst. Er habe sich nicht über
die Opfer oder ihre Angehörigen lustig machen wollen. „Ich
befürworte sinnvolle Maßnahmen und eine Impfstrategie. Diese Aktion
ist gründlich in die Hose gegangen. Ich entschuldige mich für
jegliche Missverständnisse.“
Wie reagieren andere Schauspieler?
Noch in der Nacht auf Freitag starteten
diverse Schauspielerinnen und Schauspieler unter dem
Twitter-Hashtags #allesschlichtmachen und #nichtganzdicht eine
Gegenaktion. „Tatort“-Darstellerin Nora Tschirner erwiderte mit
ihrem Instagram-Profil: „Echt ja, Leude? Was’ los da? ,Make cynicism
great again‘? (…) Kann halt sein, dass man sich ein büschn schämen
wird in nen paar Jahren (Wochen). Unfuckingfassbar.“
Ihr „Tatort“-Kollege Christian Ulmen schrieb
auf Instagram: „Heute bisschen für Kollegen schämen.
#allesschlichtmachen.“ Elyas M’Barek („Fack ju Göhte“) kommentierte
das Video von Volker Bruch („Babylon Berlin“): „Come on, das ist
doch Blödsinn. Was unterstellst du denn da unserer Regierung? (…)
Mit Zynismus ist doch keinem geholfen.“ Bruch hatte darin die
Bundesregierung ironisch aufgefordert, den Bürgern doch bitte mehr
Angst zu machen.
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Tages". Dazu Kommentare, Reportagen und Freizeit-Tipps. Zur
Anmeldung geht es hier.]
Die Schauspielerinnen Alexandra Maria Lara,
Sandra Hüller und Laura Tonke wandten sich ebenfalls gegen die
#allesdichtmachen-Aktion. Der Schauspieler Kida Khodr Ramadan („4
Blocks“) erklärt in einem Video auf Instagram, dass er auch für die
Aktion angefragt worden sei. Er habe aber abgelehnt, weil er sich
von den Machern nicht richtig über die Ziele aufgeklärt gefühlt
habe.
Was sagen die TV-Sender zu der Aktion?
Die
betroffenen ARD-Sender hatten ihre Reaktionen abgesprochen.
RBB-Sprecher Justus Demme sagte dem Tagesspiegel: „Wir treten im RBB
für Meinungsvielfalt ein. Die beteiligten Künstlerinnen und Künstler
sprechen für sich selbst und auf einer eigenen Plattform. Das
respektieren wir und kommentieren es deshalb auch nicht.“
[Lesen Sie auch:
So leben Berliner in der Grauzone der Corona-Vorschriften (T+)]
Für den RBB
arbeitet Meret Becker als „Tatort“-Kommissarin. Nicht anders fielen
die Reaktionen von MDR (Martin Brambach/„Tatort“ Dresden) und SWR
(Felix Klare und Richy Müller/beide „Tatort“ Stuttgart) aus.
Das ZDF
wollte die Aktion gar nicht kommentieren. Garrelt Duin,
Ex-SPD-Politiker und Mitglied im WDR-Rundfunkrat, forderte in einem
Tweet, der WDR möge die Zusammenarbeit mit Liefers „schnellstens
beenden“. Den löschte er wieder, nachdem ein Shitstorm über ihn
hereingebrochen war, und twitterte dann: „Der Tweet heute Morgen war
Mist. Inhaltlich überzogen und meiner Rolle als Mitglied im
Rundfunkrat nicht angemessen.“.
Was sagt die Politik zu der Aktion?
„Auch mir blutet das Herz wegen der
Schließungen im Kulturbereich“, sagt Kulturstaatsministerin Monika
Grütters (CDU). Sie habe großes Verständnis dafür, dass Betroffene
darauf hinweisen. Aber: „Ich hätte mir von den Schauspielerinnen und
Schauspielern deutlich mehr Empathie für die Menschen gewünscht, die
vom Coronavirus betroffen sind oder im Gesundheitssystem harte
Arbeit leisten.“
Berlins Kultursenator
Klaus Lederer (Linke) sagte, er teile manche Kritik „an der
Pauschalität der sogenannten Notbremse, die uns Wege verschließt, zu
lernen, wie unter Pandemiebedingungen kulturelles Leben ermöglicht
werden kann“. Gleichzeitig sagte er: „Wenig Verständnis habe ich für
Ignoranz gegenüber den massiven Gefahren und den Folgen, die Covid
für unsere Gesellschaft bedeutet. Zynismus und Hohn sind
unangebracht."
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Was andere
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Aktion #allesdichtmachen:
Geschmacklos zynisch
Screenshot: ARD
Kommentar
Aktion #allesdichtmachen
Geschmacklos zynisch
Stand:
23.04.2021 16:26 Uhr
Die gespielte
Gleichgültigkeit, mit der die Aktion "#allesdichtmachen" über die
Corona-Toten hinweghumort, ist bemerkenswert - und völlig
unangebracht. Sachliche Kritik an der Corona-Politik geht anders.
Ein Kommentar von Martin Schmidt,
ARD-Hauptstadtstudio
Es ist ein Video, das unter
die Haut geht: Ein schwer kranker Mann hat den Hörer nur kurz am
Ohr. Er telefoniert noch einmal mit seiner Frau. Sie sprechen das
letzte Mal für einige Wochen, erklärt die Ärztin auf der
Intensivstation und fügt hinzu: "Vielleicht für immer." Der
60-Jährige muss ans Beatmungsgerät, schon vier Tage später braucht
er eine künstliche Lunge. Überlebenschance: gering.
Martin Schmidt
ARD-Hauptstadtstudio
@SchmidtLev
Es sind solche Szenen, die
dem kurzen Internetclip von Tatort-Kommissar Richy Müller
entgegenstehen. Auch der bekommt darin nur schwer Luft, weil er sich
abwechselnd zwei Mülltüten vors Gesicht hält. Ein Virenschutz, um
die Corona-Pandemie zu besiegen, sagt er. Es soll Satire sein, doch
es ist nur geschmacklos zynisch - wie auch die anderen Videos seiner
Schauspielkolleginnen und -kollegen für die Aktion #allesdichtmachen.
Nicht wundern, wenn Extremisten
applaudieren
Nein, die Betroffenheit ist es
nicht, die Politiker, Journalisten oder auch die Öffentlichkeit
allein in der Bewertung der Corona-Maßnahmen leiten sollte. Aber die
gespielte Gleichgültigkeit, mit der über die Corona-Toten in den
kurzen Videos hinweghumort wird, ist bemerkenswert. Der Sarkasmus:
völlig unangebracht, in einer Zeit, in der die Zahl der
Corona-Kranken, die intensivmedizinisch betreut werden müssen, neuen
Höchstständen entgegengeht.
Es muss selbstverständlich möglich
sein, kritisch zu hinterfragen, wie die Politik der Pandemie
begegnet - auch mit einer solchen Internetaktion. War das Vorgehen
der Regierenden immer fehlerfrei? Sicher nicht. Wer aber in einer
solchen Überheblichkeit über jegliche Maßnahmen herzieht, der
signalisiert kein Interesse am Diskurs. Vor allem nicht unter den
Hashtags #allesdichtmachen, #niewiederaufmachen, #lockdownfürimmer.
Konstruktive Ansätze kommen von den
Schauspielerinnen und Schauspielern keine. Die Videos schreien
schlicht: "Alles aufmachen! Sofort! Lockdown beenden!" Wer mit
Extremen bedenkenlos um sich schmeißt, darf sich nicht wundern, wenn
Extremisten applaudieren.
Zitatende |
Quelle:
https://www.tagesschau.de/kommentar/kommentar-allesdichtmachen-101.html
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Richy Müller
atmet in Plastiktüten, Ulrich Tukur fordert die Schließung aller
Lebensmittelgeschäfte und Jan Josef Liefers bedankt sich bei den
Medien, die seit einem Jahr den Alarm ganz weit oben halten. Drei
von zahlreichen Videos, die Schauspielerinnen und Schauspieler unter
dem #allesdichtmachen hochgeladen haben, um sich ihrem Ärger gegen
die Coronamaßnahmen Luft zu machen.
Einige, wie Heike Makatsch, haben ihre Teilnahme schon wieder
zurückgezogen. Dietrich Brüggemann, Regisseur, Drehbuchautor und
Mitinitiator, verteidigt die Aktion und erklärt, sie sei in einer
Gruppe zustande gekommen. Wer genau dazu gehört, sagte er allerdings
nicht. „Diese Gruppe will mit dem verengten Diskursraum in diesem
Land aufräumen, in dem wir ihn packen und schütteln.
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Was
andere schrieben
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Regisseur Brüggemann zu
#allesdichtmachen
„Kritik muss
wehtun“
Richy Müller, Meret Becker und
Ulrich Tukur haben mit anderen Prominenten in ironisch-satirischen
Videos die Corona-Politik der Bundesregierung kritisiert. „Die
Gruppe ist dabei, den verengten Diskursraum in diesem Land
aufzurütteln“, sagte Regisseur und Mitinitiator
Dietrich Brüggemann im Gespräch mit
Mascha Drost im Dlf
Der Regisseur Dietrich Brüggemann ist einer der Mitinitiatoren des
#allesdichtmachen (picture alliance/Geisler-Fotopress)
Menschenverachtendes Vokabular
Der
kolossale Shitstorm zeige, so Brüggemann im Dlf, „dass es nötig ist.
Man wird beschimpft in einem Vokabular, das zynisch und
menschenverachtend ist. Wenn hier überhaupt jemand rechts ist, dann
ist dieser Shitstorm faschistoid.“
Kritik an
den Coronamaßnahmen gebe es seit einem Jahr, sagte Brüggemann, aber
„sie wird entweder gar nicht gehört oder in die Schwurbler- und
rechte Ecke gestellt.“ Das dagegen sein sei eine Phantomdebatte.
„In einer
Situation wie dieser muss Kritik wehtun. Wenn man lieb und brav ist,
bringt es nichts. Was diese Aktion macht: Sie hält dem
besserverdienenden, bessergestellten Medienbürgertum, der
Twitterblase, die die ganze Zeit Lockdown fordert, aber völlig
übersieht, was mit dem Rest der Gesellschaft passiert, den Spiegel
vor.“
Applaus aus der rechten Ecke
Dietrich
Brüggemann fordert, dass man auch über Kollateralschäden reden
müsse. Er habe sein ganzes Leben lang das gesagt und getan, was er
für richtig halte. „Jetzt tue ich das weiterhin. Auf einmal kommt
Applaus von der AfD und plötzlich sagen alle, du bist jetzt rechts.
Wenn man damit nur noch den falschen Leuten in die Hände spielt, was
ist das für ein Diskurs.“
Die Medien, erklärt Brüggemann, würden oft
vorgefertigte Meinungen liefern, Journalisten wüssten schon vorher,
was richtig und falsch sei.
Die Debatte um Corona und die Maßnahmen will
er erweitern. „All das muss man satirisch überhöhen, überspitzen und
zum Abschuss freigeben.“
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Quellen:
https://www.deutschlandfunk.de/regisseur-brueggemann-zu-allesdichtmachen-kritik-muss-wehtun.691.de.html?dram:article_id=496205
Was
andere schrieben
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Zitat
#AlleNichtGanzDicht
"
In Sachen Selbstzerstörung neue Maßstäbe gesetzt" – Böhmermann und
Co. reagieren auf #AllesDichtMachen
Rund 50 prominente Schauspieler sorgen mit der
großangelegten Internetaktion #allesdichtmachen für Aufsehen.
Künstler wie Ulrich Tukur, Volker Bruch, Wotan Wilke Möhring, Ulrike
Folkerts, Jan Josef Liefers und viele weitere äußern sich in den
Clips ironisch-satirisch zur Corona-Politik der Bundesregierung. Und
dafür hagelt es nun heftige Kritik.
Schauspielerin Heike Makatsch hat ihr Video mittlerweile löschen
lassen. Hinter der Aktion steckt die Münchner Firma Wunder Am Werk
GmbH. Viele Prominente äußern sich kritisch zu der Aktion.
Satiriker Jan Böhmermann schreibt auf Twitter: „Das ist das einzige
Video, das man sich ansehen sollte, wenn man Probleme mit
Corona-Eindämmungsmaßnahmen hat“ und teilt eine Dokureihe des RBB,
die den schweren Alltag auf der Intensivstation der Berliner Charité
zeigt. Dazu schreibt er das Hashtag #allenichtganzdicht und tritt
damit eine Gegenbewegung zur #allesdichtmachen-Aktion los.
Österreicherin Julia Seidel arbeitet in einem
Covid-19-Quarantänequartier und nimmt die Schauspieler ebenfalls
satirisch aufs Korn:
Auch Twitternutzer Nellski reagiert zynisch auf die Aktion. Er hat
im Januar seine Mutter und ihren Freund wegen einer
Covid-19-Erkrankung verloren.
„Deswegen haltet euch nicht an die Coronamaßnahmen, denn Todesfälle
in der Familie sind die Erfrischung im grauen Lockdown-Alltag“
Weitere Twitteruser schreiben:
Die
#allesdichtmachen-Videos sind der absolute Tiefpunkt der
Pandemie! 80.000 sind allein in Deutschland an Corona gestorben.
Aber die privilegierten Schauspieler:innen haben nur Hohn und Spott
für die, denen das nicht egal ist.
#allenichtganzdicht
Also eines muss man ihnen lassen - in Sachen Selbstzerstörung haben
die deutschen Schauspieler heute neue Maßstäbe gesetzt. Da
schlackern selbst der CDU die Ohren.
#allenichtganzdicht
Während
#Ärzte und
#Pfleger sich mit aller Macht gegen die 3. Welle stemmen, haben
wohlsituierte
#Schauspieler:innen nichts besseres zu tun als sich mit
vermeintlicher Ironie den
#Leerdenkern anzudienen.
23.04.2021, 16:29 Uhr
Rund 50 prominente
Schauspieler sorgen mit der Protestaktion #allesdichtmachen für
Aufsehen. Doch die satirische Lockdown-Kritik stößt bei vielen auf
Unmut. Auf Twitter reagieren Nutzer jetzt unter #allenichtganzdicht
– allen voran Jan Böhmermann.
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Was
andere schrieben
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"ZDF Magazin Royale"
"Danke, dass du fragst, Professor
Boerne" – Böhmermann nimmt Liefers aufs Korn
https://www.stern.de/kultur/tv/jan-boehmermann-nimmt-jan-josef-liefers-und--allesdichtmachen-aufs-korn-30508668.html
Er kann es nicht lassen:
Jan Böhmermann teilt im "ZDF Magazin Royale" gegen Jan Josef Liefers
aus. © ZDF 01.05.2021, 09:27 Uhr
Jan Böhmermann kritisiert
im "ZDF Magazin Royale" die deutsche Filmförderung. Vor allem aber
teilt er aber gegen Jan Josef Liefers und die Aktion
#allesdichtmachen aus.
Vor ein paar Tagen wurden in Los
Angeles die Oscars verliehen. Ein deutscher Film wurde nicht
bedacht. Es war nicht mal einer nominiert. Doch warum bekommen so
wenige deutsche Produktionen einen Oscar, obwohl so viele gedreht
werden? Dieser Frage ging
Jan Böhmermann
am Freitagabend in seiner Sendung "ZDF Magazin Royale" nach. Seine
These: Die deutsche Filmförderung könnte schuld sein. Seitenhiebe
auf Jan Josef Liefers und die Aktion #allesdichtmachen konnte sich
der Satiriker ebenfalls nicht verkneifen.
Quelle:
https://www.stern.de/lifestyle/leute/jan-josef-liefers--keine-schicht-auf-essener-intensivstation-30506816.html
"Deutsche Schauspieler waren in
diesem Jahr nicht bei den Oscars, die hatten Besseres zu tun", sagte
Böhmermann, um dann einen Ausschnitt aus den
#allesdichtmachen-Videos zu zeigen – darunter mit Volker Bruch und
Jan Josef Liefers.
Nur einer von vielen Gags, mit denen das "ZDF Magazin Royale" die
umstrittene Aktion aufs Korn nimmt. Auch als es um die deutsche
Filmförderung und darum geht, dass die Gelder nicht transparent
verteilt werden, blendete Böhmermann Liefers ein. "Ich möchte gerne,
dass diese Regierungsentscheidungen transparenter sind", hatte der
in einem Interview zu Corona gesagt.
"Danke, dass du fragst, Professor Boerne", sagte Böhmermann. Denn
die Forderung nach mehr Transparenz passe auch zur Finanzierung
deutscher Kinofilme.
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- Aktualisiert 5.5.2021aktualisiert 05.05.2021 - 15:42 Uhr
Prozess gegen
das Gorki-Theater endet mit einem Vergleich
Die klagende Dramaturgin
erhält vom Theater eine Zahlung von 15.000 Euro als Ausgleich für
den Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Berlin - Am Mittwoch wurde
am Bühnenschiedsgericht Berlin der Bühnenrechtsstreit einer
Dramaturgin gegen das Maxim-Gorki-Theater mit einem Vergleich
beigelegt. Das Theater zahlt der Dramaturgin Johanna Höhmann demnach
15.000 Euro als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes. Brutto
wohlgemerkt. Das Arbeitsverhältnis endet entsprechend der
umstrittenen Nichtverlängerungsmitteilung am 31. Juli 2021.
Die Dramaturgin hatte sich dagegen gewandt, dass ihr befristeter
Arbeitsvertrag nicht verlängert wurde. Ihrer Ansicht nach habe dies
gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB verstoßen und im
Zusammenhang mit einem Beschwerdebrief mehrerer Beschäftigter gegen
die Intendantin wegen Machtmissbrauch und Mobbing gestanden. Zudem
sei sie in ihrer Elternzeit als Frau diskriminiert worden.
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Nach
Diskriminierungsvorwürfen
Staatsballett Berlin
einigt sich mit Ballerina auf Vergleich
Ein Ensemblemitglied hatte dem
Berliner Staatsballett Rassismus vorgeworfen. Nun hat sich die
Tänzerin vor Gericht mit dem Haus geeinigt: Sie kehrt in die
Compagnie zurück und erhält eine Entschädigung.
22.04.2021, 11.51 Uhr
Nach
Rassismusvorwürfen und einem nicht verlängerten Vertrag haben sich
die Balletttänzerin Chloé Lopes Gomes und das Berliner Staatsballett
vor dem Bezirks-Bühnenschiedsgericht in Berlin auf einen Vergleich
geeinigt. Demnach wird der Vertrag der Tänzerin um ein Jahr
verlängert, zudem erhält sie einmalig 16.000 Euro.
Der SPIEGEL hatte im vergangenen
Jahr als Erstes über Vorwürfe des Ensemblemitglieds Lopes Gomes
berichtet.
Sie habe wiederholt rassistische Kommentare von der
Trainingsleiterin gehört. »Sie sagte, das Staatsballett hätte mich
nicht engagieren sollen, weil ich eine Schwarze bin«, sagte die
Französin. Eine Schwarze in einem »Corps de ballet« sei nicht
ästhetisch, nicht homogen. Für eine »Schwanensee«-Vorstellung sei
sie aufgefordert worden, sich weiß zu schminken.
Lopes Gomes,
deren Vertrag nach der aktuellen Spielzeit auslaufen sollte, hatte
gegen diese Nichtverlängerung geklagt. Weil sie aus rassistischen
Gründen benachteiligt worden sei, hatte die Ballerina eine Rückkehr
in die Compagnie für zwei Jahre und eine Entschädigungszahlung
gefordert.
Das Staatsballett hatte wegen der Rassismusvorwürfe bereits
Konsequenzen
angekündigt;
jegliche Form von Diskriminierung und Rassismus seien in der
Compagnie nicht tragbar, hieß es.
Die Verhandlung musste mehrmals unterbrochen werden, damit sich die
Parteien auf eine Lösung des Konflikts einigten. Unruhe kam im Saal
auf, als Interims-Intendantin Christiane Theobald der Ballerina
vorschlug, sich an dem neuen »Diversity-Projekt« des Staatsballetts
als Expertin zu beteiligen. Worin genau das bestehe, wurde nicht
weiter ausgeführt. Das Haus befinde sich in einer Umstrukturierung,
so Theobald. Lopes Gomes sei Tänzerin, keine
Anti-Diskriminierungs-Trainerin, hieß es aus den hinteren Reihen des
Gerichtssaals. Schließlich fand sich der Vorschlag nicht in dem
Gerichtsvergleich wieder.
Ob und wie Lopes Gomes weiterhin mit der Balletttrainerin
zusammenarbeiten müsse, der sie Rassismus vorwirft, wurde nicht
geklärt. Vor Gericht hieß es, die Trainingsleiterin habe die von
Lopes Gomes geschilderten Situationen anders dargestellt, sich aber
dennoch entschuldigt. Ihr Arbeitsverhältnis sei nicht beendet
worden.
Diskriminierungsvorwürfe gegen Berliner Staatsballett
Für Schwanensee war sie nicht weiß
genug
Chloé Lopes Gomes war die erste
schwarze Ballerina des Staatsballetts Berlin. Nächstes Jahr hört sie
auf. Jetzt hat sie nichts mehr zu verlieren und macht öffentlich,
worüber sie lange geschwiegen hat.
Zitatende |
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Premierenkritik –
Wagner mit Jonas Kaufmann an der Wiener Staatsoper Parsifal im
Doppelpack
19.04.2021 von Johann Jahn
Nach wie vor darf
Regisseur Kirill Serebennikow seine Heimat Russland nicht verlassen,
nachdem er in einem international scharf kritisierten Prozess wegen
Veruntreuung von Staatsgeldern verurteilt wurde. Das hindert ihn
allerdings nicht, weiterhin an den Großen Häusern in Europa zu
inszenieren. Jetzt hat er sein Debüt an der Wiener Staatsoper
vorgelegt: Wagners "Parsifal" mit Starbesetzung, darunter Jonas
Kaufmann als Titelheld und Elīna Garanča im Rollendebüt als Kundry.
Bildquelle: Wiener
Staatsoper / Michael Pöhn
Gleich zu Beginn ahnt man, wohin die Reise
geht: Während des Vorspiels nimmt ein übergroßes Foto von Parsifal
(Jonas Kaufmann) die Leinwand am oberen Bühnenrand ein. Stück für
Stück wird näher hineingezoomt, bis nur noch die Augen zu sehen
sind. Dann geht die Fahrt wieder zurück, aber ein anderer Mann kommt
zum Vorschein. Parsifal in älter und jünger. Dann Vorhang auf:
Gitterstäbe, wohin man blickt. Ein trostloses Gefängnis mit Zellen,
die links und rechts auf zwei Ebene abgehen, und in der Mitte einen
Platz zum Raufen, Hantelheben und Essenfassen bieten. Die Botschaft
von Regisseur Serebrennikow ist schnell klar: Die Gralsgemeinschaft
wird zu Gefangenen ihrer eigenen Regeln und Rituale. So weit, so
altbekannt.
Die Inszenierung in Bildern
Tipp: Die komplette Oper gibt es auf
arte.tv im Videostream.
Ungewohnt aber ist die Art, wie die
Geschichte erzählt wird. Nämlich als Rückschau – mit einem stummen
Schauspieler, der Parsifal als jungen Haudrauf mimt. So kann Jonas
Kaufmann in den ersten beiden Aufzügen als Geläuterter seine Reise
Revue passieren lassen, mal abseits der Szene, mal mittendrin, immer
aber mit sich (also seinem früheren Ich) hadernd. Das funktioniert
erstaunlich gut, weil man auch dann mitgenommen wird, wenn man von
all dem religionsphilosophischen Unter- und Überbau keine Ahnung
hat. Für Serebrennikow steht das Mitgefühl im Mittelpunkt – durch
diese Erzählebene gibt er uns Bilder zur Hand, die das nicht gerade
leicht verständliche Libretto plausibler machen. Und das hängt auch
(wie so oft bei guten Parsifal-Inszenierungen) mit einer fulminanten
Kundry zusammen.
Weniger oft mehr
Die ist hier zunächst erfrischenderweise
eine Journalistin in beigem Trenchcoat, die als Einzige "von außen"
Zugang zu den Verlorenen hat und ihnen immer mal wieder was
zusteckt, wenn sie nicht gerade Fotos von deren Tattoos macht.
Apropos Tattoos: Parallel zum Bühnengeschehen bespielt Serebrennikow
die anfangs erwähnte Leinwand – überwiegend mit Videos in
schwarz-weiß von böse oder traurig dreinschauenden Männern (offenbar
russischen Gefangenen). Auffallend sind deren wilde Tattoos, die
alle irgendwie mit der mystischen Parsifal-Symbolik zu tun haben:
Kelch, Kreuz, Lanze. Abgesehen davon, ob es das überhaupt gebraucht
hätte, welche vermeintlich versteckten (politischen) Botschaften
darin liegen mögen, ist es wie so oft bei Videoarbeiten: weniger
wäre mehr gewesen.
Elīna Garanča mit Oscar-reifer Leistung
Elīna Garanča gibt in Wien ihr
Rollendebüt als Kundry. |
Bildquelle: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
N
Nach einer Stunde erschöpfen sich die Bilder und lenken
schlimmstenfalls ab. Zum einen von der sängerischen, aber in diesem
Fall auch von der schauspielerischen Leistung der Beteiligten. Allen
voran von Elīna Garanča, die ein grandioses Rollendebüt hinlegt und
eine zutiefst menschelnde Kundry gibt. Hier ein Wimpernzucken, dort
ein kurzes Innehalten, hier ein Abtasten, dort ein Gehenlassen.
Garanča spielt ihre verschiedenen Rollen oscarreif, durchlebt eine
Wandlung von der Klatschfotografin im ersten über die vermeintlich
gefühlskalte Business-Frau im zweiten hin zur zerfahrenen Bettlerin
im letzten Aufzug. Elīna Garanča legt das alles in ihre warm
ausbalancierte Stimme, die ihr mühelos folgt in alle Lagen,
dramatisch in der Höhe wie brodelnd-fokussiert in der Tiefe.
Jonas Kaufmann in der Titelrolle
Da kann ihr Jonas Kaufmann in der Titelrolle
nur bedingt das Wasser reichen – stimmlich hat er zwar keine Mühe
mit der Partie, glänzt wie gewohnt durch Kraft oder Mezza-Voce.
Darstellerisch bleibt er überwiegend an der Oberfläche altbekannter
Operngestik. Die Latte der Textverständlichkeit legt (einmal mehr)
Georg Zeppenfeld am höchsten. Als souveräner Gurnemanz mit seinem
weit ausholenden, sehr schmiegsamen und nicht zu dunklen Bass
beweist er ein feines Gespür für mimische Details. Die kennt auch
Wolfgang Koch bestens als altbewährt durchschlagskräftiger Klingsor,
der als schmieriger Medienmogul im schnöden Büroraum daherkommt –
was den düsteren Gefängnis-Ecksätzen ein schönes Gegenlicht schenkt.
Ludovic Tezier kann als Amfortas ruhig noch an Klarheit und Atem
gewinnen, sein Rollendebüt ist jedoch allemal gelungen.
Der Dirigent Philipp Jordan geht die
Partitur insgesamt sehr schnell an, nur vier Stunden dauert sein
"Parsifal", was aber nicht negativ auffällt. Eher schon missfallen
die Dynamik-Schattierungen, der manchmal zu dick aufgetragene Pinsel
– wobei das Urteil nur bedingt zulässig ist bei einem Stream über
mittelprächtige Boxen und einer voraufgezeichneten und
gegebenenfalls vom Tonmeister noch abgemischten Premiere.
Sendung:
"Allegro" am 18. April 2021
ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Zitatende
Quelle:
https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/kritik-parsifal-staatsoper-wien-premiere-kirill-serebrennikow-100.html
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Was andere schrieben
‘Bund der
Steuerzahler‘ - Aus dem Schwarzbuch
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Die
öffentliche Verschwendung
Sanierung der Kölner Bühnen
wird teurer und dauert länger
Die Kölner Bühnen haben sich
mittlerweile einen Stammplatz im Schwarzbuch gesichert. Auch im Jahr
2020 macht die Großbaustelle mit Kostensteigerungen und
Verzögerungen von sich reden.
Köln (NW). Im letzten Jahr fragten wir „Knackt die Oper in Köln die
Milliarden-Marke?", in diesem Jahr ist die Stadt diesem
unerwünschten Ziel wieder ein Stück nähergekommen.
Seit Sommer 2012 wird am Offenbachplatz in Köln umfangreich saniert.
Damals hieß es, dass die Oper und das Schauspielhaus im November
2015 wiedereröffnen werden. Doch im Juli 2015 musste die Stadt Köln
bekanntgeben, dass der Zeitplan nicht zu halten sei. Seitdem
prasseln die Hiobsbotschaften und negativen Schlagzeilen auf die
Großbaustelle ein: Der Eröffnungstermin verschob sich immer weiter
nach hinten, immer neue Pannen auf der Baustelle wurden bekannt,
gleichzeitig explodierten die Kosten.
War man zunächst von 253 Mio. Euro ausgegangen, wurde das Budget auf
347,8 Mio. Euro, dann auf 349 Mio. erhöht (März bzw. August 2016).
Im Sommer 2017 mussten die Sanierungskosten dann noch einmal nach
oben korrigiert werden: Nun rechnete man schon mit 554 Mio. Euro -
maximal mit 571 Mio. Euro-, und als Fertigstellungstermin wurde Ende
2022 genannt. Damit sicherte sich die Kölner Sanierung einen Platz
im Schwarzbuch.
Im September 2019 veröffentlichte die Stadt die erste transparente
Rechnung, in der auch die Kreditzinsen aufgeführt wurden. Insgesamt
stehen mittlerweile stolze 841 Euro im Raum, allein die Zinsen für
die Darlehen sind höher als laut erster Planung die ganze Sanierung
hätte kosten sollen. Über die nächsten 40 Jahre werden 244,9 Mio.
Zinsen abgestottert: durchschnittlich 20,5 Mio. Euro pro Jahr!
Trotzdem lobte sich die Stadt selbst. Die reinen Baukosten hätten
sich sich nicht weiter erhöht, und man
zeige sich nun besonders transparent, indem man auch die Zinsen
nenne. Mit dieser Aussage schaffte es die Stadt erneut ins
Schwarzbuch.
Im Sommer 2020 verkündete die Stadt, dass die Angebote auf neue
Ausschreibungen deutlich über den Kostenerwartungen der Bühnen
liegen. Man habe deshalb das Vergabeverfahren verlängert, und die
Schlüsselübergabe solle nun im dritten Quartal 2023 erfolgen. Die
Stadt sieht als „größte Risiken nach wie vor die Pünktlichkeit und
die Qualität der Ausführungsplanung sowie das laufende
Vergabeverfahren". Deshalb wurden die Kosten neu prognostiziert:
inklusive der Risikokosten lautet die Summe jetzt 600 Mio. Euro -
die bisherige Maximalgrenze von 571 Mio. Euro kann also doch noch
gesprengt werden.
Zum Hintergrund
Ursprünglich sollte die Oper saniert und das angrenzende
Schauspielhaus komplett neu gebaut werden. Damals wurde das Budget
auf 230 Mio. begrenzt. Bei der Ausschreibung gewann jedoch ein
Entwurf, bei dem schnell klar war, dass dessen Umsetzung die Kosten
sprengen würde: 355 Mio. Euro, so hieß es damals. Die Bürger liefen
Sturm, und der Rat forderte 2009 eine „abgespeckte" Version, um
unter der 300-Millionen-Marke zu bleiben. Schließlich wurde der
Neubau sogar ganz gekippt und beide Spielstätten sollten „nur"
saniert werden.
DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT
Die Kölner Sanierung ist ein teures Mahnmal, das bei allen folgenden
Bauprojekten in Köln und ganz Deutschland daran erinnert: Erst die
Substanz prüfen, dann das gesamte Projekt durchplanen und erst dann
mit der Sanierung beginnen. Alles andere wird eine Wundertüte, die
für den Steuerzahler teuer wird.
Janine Bergendahl
bergendahl@steuerzahler-nrw.de
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Bonner
Beethovenhalle bleibt Baustelle
Auch im Jahr 2020 reißen die Hiobsbotschaften aus der Bonner
Beethovenhalle nicht ab.
Die denkmalgerechte Instandsetzung und Modernisierung der
Beethovenhalle beschäftigt Bonn nun schon einige Jahre. Wann sie
öffnet, ist noch ungewiss. Im Beethovenjahr 2020 jedenfalls nicht.
Bonn (NW). Ludwig van Beethoven soll beim Komponieren seiner Werke
gelitten haben. Es heißt, er hätte um jede Note gerungen und immer
wieder und wieder nachgebessert. Ähnlich langwierig gestaltet sich
die Sanierung der Beethovenhalle.
Ihre denkmalgerechte Instandsetzung und Modernisierung hat Bonn nun
schon einige Jahre fest im Griff. Ende 2016 wurde das
Veranstaltungsgebäude geschlossen, und die Bauarbeiten begannen. Für
die grundlegende Sanierung waren ursprünglich rund 61 Mio. Euro und
gute zwei Jahre Bauzeit geplant. Das größte Bauprojekt der Stadt
sollte nämlich pünktlich zum Beethovenjahr 2020 fertig sein und für
die Proben ab Ende 2019 zur Verfügung stehen.
Schnell wurde jedoch klar, dass hier weder das Budget noch der
Zeitplan gehalten werden können. Bauen im Bestand birgt immer das
Risiko von Unvorhersehbarkeiten und auch in Bonn wurde man eiskalt
erwischt: In Lüftungsrohren wurde Asbest entdeckt, der Baugrund
verursachte Statikprobleme - und bei der Kampfmittelsondierung stieß
man auf ein undefinierbares Metall, das aufwendige
Spezialuntersuchungen erforderlich machte. Die Kosten stiegen immer
weiter.
Im Sommer 2019 wurde eine verbindliche Kostenprognose aufgestellt,
die den Worst-Case auf 166,2 Mio. Euro brutto bezifferte. Der
Fertigstellungstermin wurde nun vorsichtig auf „Mitte 2022"
geschätzt. Mittlerweile sind auch diese Zahlen hinfällig: Die Stadt
prognostiziert als Fertigstellungstermin das zweite Halbjahr 2024.
Dass zusätzliche 2 Jahre Bauzeit sich auch in den Kosten
niederschlagen werden, ist höchst wahrscheinlich. Aktuell rechnet
die Stadt mit einer Bausumme von schlimmstenfalls 164,6 Mio. Euro -
allerdings netto.
Und als ob die sich nach oben schraubende Kostenspirale nicht
ärgerlich genug wäre, berichtete der Bonner General-Anzeiger im
Sommer, dass der Stadtverwaltung das Ausmaß der Schwierigkeiten sehr
viel früher bewusst war als bisher dargestellt. Demnach sei schon
kurz nach Beginn der Arbeiten im Frühjahr 2017 klar gewesen. dass
die Halle nicht rechtzeitig zum Beethoven-Jubiläumsjahr fertig sein
würde. Dabei waren die Verteuerungen der Sanierung gerade auch dem
Zeitdruck geschuldet, den sich die Stadt selbst auferlegt hatte, um
die Beethovenhalle als Spielstätte im Beethovenjahr nutzen zu
können.
DER BUND DER STEUERZAHLER KRITISIERT
Zeitdruck ist ein schlechter Berater, wenn es um Entscheidungen geht
- vor allem, wenn es um Projekte in Millionenhöhe geht. Außerdem
hätte die Stadt viel früher Transparenz schaffen müssen.
Janine Bergendahl
bergendahl@steuerzahler-nrw.de
Schwarzbuch 2020/21 Nachlese Seite 173
ALTERNATIVE INVESTITION
Für 100 Mio. Euro könnten für 25 Jahre die laufenden Ausgaben für
die Bonner Musikschule gezahlt werden.
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Die Kosten für die Sanierung des Augsburger
Staatstheaters steigen permanent. Der Bund der Steuerzahler
fürchtet, dass es am Ende weit mehr als 320 Mio. Euro werden.
Sanierung des Augsburger Staatstheaters
Die Kostenexplosion bei der Sanierung des Augsburger
Staatstheaters erhitzt die Gemüter. Schon in der Planungsphase sind
die Kosten von Jahr zu Jahr gestiegen. Dies setzt sich auch während
der Bauausführung fort. Die Kosten für das Großprojekt werden sich
fast verdoppeln. Der Bund der Steuerzahler befürchtet, dass das
Theater zu einer Kostenfalle und am Ende weit mehr als 320 Mio. Euro
verschlingen wird.
Augsburg (BY). Die Sanierung des Augsburger Staatstheaters wird zu
einem Mammutprojekt werden. Im Jahr 2016 hat der Stadtrat die
Theatersanierung - Großes Haus mit Bühne, Zuschauerraum und
Garderoben sowie Erweiterungsneubau mit Probebühnen, Werkstätten und
Büros - mit einem Kostenrahmen von 186,3 Mio. Euro beschlossen.
Seitdem hat sich vieles geändert. Es sind nicht nur die
Sanierungskosten stetig angestiegen, auch die Organisation des
Theaters wurde umgestaltet. So ist das Theater Augsburg zum 1.
September 2018 ein Staatstheater geworden. Die Stadt Augsburg bleibt
aber weiterhin Eigentümerin der Theatergebäude. Betrieben wird das
Augsburger Staatstheater von einer neu errichteten Stiftung.
Somit müssen die Betriebskosten des Theaters nicht mehr allein von
der Stadt Augsburg getragen werden. Sie werden zwischen dem
Freistaat Bayern und der Stadt Augsburg jeweils hälftig aufgeteilt.
Die Verstaatlichung hat aber keine Auswirkung auf die
Generalsanierung. Diese bleibt in städtischer Hand.
Seit dem Jahr 2016 sind der Stadt Augsburg allerdings die
Sanierungskosten davongelaufen. Diese sind allein durch
Baupreissteigerungen auf inzwischen 215,5 Mio. Euro gestiegen.
Zuletzt hat die Preissteigerung bei etwa 5 Prozent jährlich gelegen.
Da die Generalsanierung des Augsburger Staatstheaters jedoch bis ins
Jahr 2026 andauern wird, werden die Kosten weiter steigen.
So ist bei dem Erweiterungsneubau, in dem unter anderem Verwaltung
und Werkstätten untergebracht werden sollen, die bisherige Schätzung
nicht einzuhalten. Sie war erst mit 72 Mio. Euro angesetzt worden,
ging dann im Zuge von Erschwernissen (Brandschutz, hoher
Grundwasserstand) auf 125 Mio. Euro hoch und sollte schließlich
durch Umplanungen auf 92 Mio. Euro eingedämmt werden. Geklappt hat
das allerdings nicht.
Mittlerweile rechnet man für einen funktionsfähigen
Erweiterungsneubau mit Kosten in Höhe von mindestens 115 Mio. Euro.
dann läge die Gesamtsanierung für Großes Haus und Neubau bei 246
Mio. Euro. Rechnet man die Baupreissteigerungen für die kommenden
Jahre ein, käme man bestenfalls auf 283,1 Mio. Euro (2,5 Prozent
Steigerung) beziehungsweise auf bis zu 321,4 Mio. Euro 5 Prozent
Steigerung).
Warum werden die Kosten für die
Sanierung des Augsburger Staatstheaters so in die Höhe schnellen?
Jeder private Bauträger würde in die Insolvenz gehen, wenn er so
planen und so mit den Kosten umgehen würde. Ursachen für die
erheblichen Mehrkosten sind neben allgemeinen Kostensteigerungen
auch bauseitige Erschwernisse bzw. Überraschungen. Allein beim
ersten Bauabschnitt, dem Großen Haus, bestehend aus Bühne.
Zuschauerraum und Garderoben, werden die Kosten höher ausfallen.
Zwar hat man bei Planungsbeginn im Jahr 2016 einen Kostenpuffer in
Höhe von rund 22,7 Mio. Euro eingeplant, der allerdings schon
komplett aufgebraucht ist, da noch vor Beginn der eigentlichen
Bauarbeiten bei Untersuchungen am Gebäude Erschwernisse aufgetreten
sind. So ist zum Beispiel das Fundament schwächer als angenommen. Es
muss verstärkt werden, indem Zement mit Hochdruck in den Untergrund
gespritzt wird. Zusätzliche Kosten für archäologische Ausgrabungen
sowie für die Interimsspielstätte sind hinzugekommen.
Auch wenn die Sanierung des
Augsburger Staatstheaters in Höhe von 75 Prozent der förderfähigen
Kosten aus staatlichen Mitteln bezuschusst wird, bedeutet das wenig
Trost für die Steuerzahler. Denn gleich aus welchem
Finanzierungstopf die Mittel fließen, handelt es sich dabei stets um
das Geld der Steuerzahler. Diese werden in jedem Fall die gewaltige
Kostensteigerung zu schultern haben.
DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT
Angesichts der bisherigen Kostenentwicklung bei der Sanierung des
Augsburger Staatstheaters steht zu befürchten, dass am Ende weit
mehr als 320 Mio. Euro gleichsam „verspielt sein werden. Zu hoffen
bleibt, dass das Theater nicht zu einer „Lechphilharmonie" ausarten
wird. Auf welch ein finanzielles Abenteuer hat man sich da
eingelassen?
Maria Pitch
maria.ritch©steuerzahler-bayern.de
Mehr auch auf:wwvv.schwarzbuch.de
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Miese Vorstellung
Wuppertal hat ein Problem mit seinen
Führungskräften.
Am Ende zahlt der Steuerzahler
Die Intendantin des Tanztheaters Wuppertal wurde nach gut einem Jahr
von der Stadt fristlos gekündigt. Von Gerichten wurde dies als
unwirksam erklärt. Den Schaden hat der Steuerzahler.
Die Stadt Wuppertal hat einmal mehr eine Führungskraft achtkantig
rausgeworfen. Schon 2017 hatten wir im Schwarzbuch berichtet, dass
sich die Stadt nach nur einem Jahr Amtszeit von ihrem Dezernenten
für Bürgerbeteiligung getrennt hatte. Jetzt traf es die Intendantin
des Tanztheaters Wuppertal, der vor Ablauf ihres Vertrags gekündigt
wurde. Wieder einmal zahlen das die Bürger.
Wuppertal (NW). Mitte Juli 2018 wurde der Intendantin des
Tanztheaters Wuppertal nach nur gut einem Jahr im Amt fristlos
gekündigt. Der Vertrag lief eigentlich bis Ende Juli 2022. Nach
Darstellung der Stadt, die zu 100 Prozent am Tanztheater Wuppertal
beteiligt ist, hatte es erhebliche Konflikte zwischen der
Intendantin und weiteren Leitungskräften des Tanztheaters gegeben.
Zudem warf man der Intendantin Versäumnisse bei der Planung der
Spielzeit 2018/2019 vor. Doch diese setzte sich zur Wehr und klagte
auf Wiedereinstellung und Zahlung ihres Monatsgehalts von 11.500
Euro brutto seit ihrer Kündigung.
Zwischen Sommer 2018 und Dezember 2019 gab es mehrere Verhandlungen
vor dem Arbeitsgericht Wuppertal, dem Landesarbeitsgericht NRW und
dem Bundesarbeitsgericht. In allen Verfahren wurde die Kündigung als
unwirksam erklärt, die angeführten Gründe reichten für eine
fristlose Kündigung nicht aus. Nach dem eindeutigen Urteil des
Arbeitsgerichts Wuppertal ging die Stadt dennoch in Berufung: „Die
Auffassung des Arbeitsgerichtes Wuppertal wurde damals seitens der
Tanztheater Wuppertal Pina Bausch GmbH und der Stadt Wuppertal nicht
geteilt." Dass die Kündigung der Intendantin unrechtmäßig ist,
stellte das Landesarbeitsgericht auch in zweiter Instanz fest. Das
Gericht merkte zudem an, dass es nicht einmal eine „wirksame
kündigungsvorbereitende Abmahnung" gegeben habe. Eine Revision gegen
dieses Urteil wurde nicht zugelassen. Dagegen reichte die Stadt
Wuppertal dann beim Bundesarbeitsgericht Beschwerde ein, die
abgewiesen wurde.
Obwohl die gerichtlichen Auseinandersetzungen über eine
Weiterbeschäftigung der Intendantin noch liefen, wurde zum 1. Januar
2019 ihre Stelle neu besetzt. Im Januar 2020 kam es dann zu einer
außergerichtlichen Einigung. Die Intendantin verzichtete auf eine
Wiedereinstellung, und die Parteien einigten sich über die
finanziellen Ansprüche; über die Summe wurde Stillschweigen
vereinbart. Für welchen Zeitraum die Intendantin
Gehaltsfortzahlungen erhält, ob weitere Zahlungen wie Abfindungen.
Prämien oder Schadenersatz vereinbart wurden - zu alldem erfahren
die Bürger nichts. Nach WDR-Berichten handelt es sich um
Gesamtkosten im siebenstelligen Bereich. Hinzu kommen - Prozess-
und Verfahrenskosten für Tanztheater, zu denen die Stadt eben keine
Angaben macht. Die Rechnung wird aber wohl der Steuerzahler
begleichen. Vorfälle rund um die fristlose Kündig wurden auch intern
geprüft. Über den Inhalt dieser Besprechungen wurde allerdings
Verschwiegenheit vereinbart.
Das Landesarbeitsgericht stellte fest, dass es seitens der Stadt des
Tanztheaters an Versuchen gefehlt habe, die Streithähne an einen
Tisch zu bringen und zu einer Klärung und Deeskalation der Situation
beizutragen.
DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT
Beim Tanztheater und bei der Stadt scheint-niemand in der Lage zu
sein, bei Konflikten frühzeitig gegenzusteuern. Stattdessen setzten
die Verantwortlichen auf eine teure Kündigung, langwierige
Rechtstreitigkeiten und darauf, dass die Bürger für diese miese
Vorstellung zahlen.
Andrea Defeld
defeld@steuerzahler-nrw.de
Zitatende
Quelle: Das Schwarzbuch - Bund der Steuerzahler – 2020/2021 |
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Was andere schrieben
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Zitat
Schrift sei „nicht inklusiv“:
Frankreich verbietet schriftliches Gendern
an Schulen
Der französische
Bildungsminister hat die Verwendung geschlechtsneutraler
Schriftsprache an Schulen per Erlass verboten. Die in Frankreich
verwendeten Pünktchenwörter behinderten das Lesen.
Frankreichs
Bildungsminister Jean-Michel Blanquer hat die Nutzung der
gendergerechten Schriftsprache an Schulen und in seinem
Ministerium verboten. Zur Begründung hieß es in seinem am Donnerstag
in Kraft getretenen Erlass, die „inklusive“ Schrift stimme nicht mit
den in den Lehrplänen vereinbarten Regeln überein. Gleichzeitig aber
sollen demnach Berufe und andere Funktionen, wenn sie von Frauen
ausgeübt werden, künftig in der weiblichen Form genannt werden.
Vor dem
Bildungsausschuss der Nationalversammlung verteidigte Blanquer am
Donnerstagabend die Maßnahme. Die Pünktchenwörter zur Umsetzung der
geschlechtergerechten Sprache seien zu komplex und behinderten damit
das Lesen sowie das Erlernen der französischen Sprache, sagte er.
Zuvor hatte der Minister bereits darauf hingewiesen, wie schwierig
die Vermittlung von Französisch sei, wenn in der Mitte von Wörtern
Punkte gesetzt würden. Vor allem Schüler mit einer
Lese-Rechtschreib-Schwäche würden sich damit schwertun.
Ziel der
gendergerechten Sprache ist es, alle Geschlechter in gesprochener
und geschriebener Sprache gleichzustellen. Während im Deutschen
dafür oftmals ein Sternchen genutzt wird, wie etwa in
„Politiker*innen“, verwenden die Franzosen mit Pünktchen versehene
Begriffe wie „député.e.s“ (Parlamentarier*innen) oder
„électeur.rice.s“ (Wähler*innen). Das Thema spaltet Gesellschaft und
Politik. Die französische Bildungsgewerkschaft SUD warf Blanquer
vor, der „pädagogischen Gemeinschaft seine eigene Rückständigkeit
aufzuzwingen“.
Bereits im November 2017
hatte der damalige Premierminister Edouard Philippe die
französischen Ministerien angewiesen, keine genderneutralen
Konstruktionen zu verwenden, nachdem ein Schulbuch mit
geschlechtsneutralen Ausdrücken für heftige Debatten gesorgt hatte.
Auch die Académie française als oberste Hüterin des Französischen
hatte sich damals gegen die „inklusive Sprache“ ausgesprochen.
Damals hieß es ebenfalls, es gehe um die „Verständlichkeit und
Klarheit“ der Sprache.
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Was andere
schrieben
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Zitat
Liebes ZDF,
du hast es immer noch nicht geschafft, Großbritannien aus Europa
auszugliedern. Die Hintergrundgrafik der Sendung "heute" zeigt u. a.
Norwegen und die Schweiz eindeutig als nicht Teil der EU. Warum
schaffst du es nicht, die Grenze zu Nordirland zu markieren?
Merkwürdig!
Dann: In der Sendung "heute" vom 14. Mai 2021 um 19:00 Uhr war die
Rede von "jüdischen Synagogen". Muslimische, christliche oder
hinduisitische Synagogen gibt es nicht, so what?
Für was wird der Rundfunkbeitrag verwendet? Offensichtlich nicht für
Qualität, Gründlichkeit und Genauigkeit.
P.S.: Wenn Frau Gerster wieder einmal von Ministerpräsident * Innen
spricht: Wer von den 16 Herrschaften ist trans oder inter*? Das
Sternchen - gesprochen oder geschrieben - steht für alle
Geschlechter ZWISCHEN Mann und Frau, nicht aber für Mann UND Frau.
Wenn man denn dieser inoffiziellen Regelung folgen will, die der Rat
für deutsche Rechtschreibung nicht anerkennt. Leiten Sie mein
Statement bitte an die Ansagerin Gerster weiter. Sollten etwa Frau
Dreyer oder Herr Bovenschulte ... Habe ich da was verpasst?
mfg - P.L.
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Was
andere schrieben
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Peter Eisenberg:
Die Zerstörung der Sprache durch die Gender-Ideologie
Der
Linguist Peter Eisenberg lehrte zuletzt an der Universität
Potsdam. In einem
heute erschienenen Aufsatz kritisiert er
Versuche, die deutsche Sprache im Sinne der Gender-Ideologie
umzubauen. Diese Versuche seien von sprachlicher Unkenntnis
geprägt, grammatikalisch sinnlos und ästhetisch hässlich. Sie
beschädigten zudem die Ausdruckskraft der Sprache und erschwerten
das Verständnis von Worten und Texten soweit, dass dies zu
„kognitiven Schäden vom Typ Realitätsverlust führen“ könne. Die
eigentlichen Motive der entsprechenden Aktivisten seien der Wille zur
Unterwerfung anderer und die Demonstration von Macht.1
Der sog. „Genderstern“ etwa solle nach dem
Willen von Genderaktivisten das Vorhandensein sexueller
Orientierungen wie „lesbisch, trans, queer, bi, schwul, inter,
divers“ in der Gesellschaft sichtbar machen und dadurch soziale
Gerechtigkeit herstellen. Tatsächlich jedoch mache der Stern „nichts
sichtbar als den Stern“, weil eine sprachliche Abbildung „zumindest
irgendeine Art von Ikonismus“ voraussetze. Auch andere Symbole, die
dem genannten Zweck dienen sollten, würden „sprachlich dasselbe
leisten, nämlich nichts“.
-
Der Genderstern habe zudem
erklärtermaßen keine sprachliche bzw. grammatikalische Funktion,
sondern eine politische Funktion. Er solle eine ideologische
Botschaft vermitteln, weshalb die Forderung nach seiner
Verwendung „das Einfordern einer Unterwerfungsgeste“ sei. Er sei
„ein sprachlicher Gesslerhut, mit dem signalisiert wird, dass
sein Träger einer von den Proponenten vertretenen
Geschlechterideologie folgt“.
-
Der Genderstern widerspreche in
seiner Verwendung auch der Sprachlogik, wenn er in Formen wie
„Antragsteller*innen“ verwendet werde. Dies sei keine
geschlechtsneutrale, sondern eine weibliche Form, da im
Deutschen die Gesamtform vom letzten Suffix bestimmt werde.
Das
substantivierte Partizip I (etwa „Lesender“) anstelle des Nomens
(etwa „Leser“) sei ebenfalls sprachlich unzulänglich, weil es in
vielen Fällen nicht funktioniere, etwa in Formen wie
„Einwohnender“, oder „Lieferierender“. Hier solle nach dem Willen
von Genderaktivisten „ein unproduktiver Typus einen hochproduktiven
ersetzen“. Zudem gebe es einen Bedeutungsunterschied zwischen
„Leser“ und „Lesender“. Der Leser vollziehe eine Tätigkeit
allgemein, während der Lesende sich dabei befinde, eine konkrete
Tätigkeit auszuüben. Goethe habe beide Formen in diesem
unterschiedlichen Sinne verwendet. Sie seien nicht austauschbar,
weshalb durch gendergerechte Sprache eine
Differenzierungsmöglichkeit verschwinde und die Sprache ärmer würde.
Mit dem
generischen Maskulinum verfüge das Deutsche bereits über eine
geschlechterneutrale Form. Aktivisten, die dies bestritten, hätten
nicht verstanden, dass das Deutsche voll von unbestimmten Formen
sei, die sich weder auf ein bestimmtes Geschlecht noch auf eine
bestimmte Zeit oder Zahl bezögen. Die Sprachwissenschaft habe dies
bereits vor langer Zeit erkannt, aber die Genderlinguistik ignoriere
dies und „befindet sich nicht einmal auf dem Stand von vor hundert
Jahren“. Das generische Maskulinum sei für eine funktionierende
Kommunikation, die nicht bei jeder Nennung Geschlecht, Zeit und Zahl
des Benannten bezeichnen will, unverzichtbar, und alle von
Genderaktivisten vorgeschlagenen Alternativen seien daran gemessen
untauglich:
„Die
Genderlinguistik verhält sich zu großen Teilen wie ein Schlosser,
der seinen Hammer wegwirft und versucht, ihn durch einen Feldstein
zu ersetzen. Damit kommt er nicht zurecht, so wie die
Genderlinguistik viele untaugliche Versuche unternimmt, sich
geschlechterneutral auszudrücken, obwohl wir das generische
Maskulinum haben. Wenn etwa die Präsidentin der Universität Leipzig
Anreden wie Herr Professorin einführt, etabliert sie nicht ein
generisches Femininum, sondern ungrammatische Ausdrücke. Es sind
Oxymora vom Typ Contradictio in adjecto, deren häufige Verwendung zu
kognitiven Schäden vom Typ Realitätsverlust führen kann.“
Genderaktivismus richte sich durch seine Versuche, seine
sprachlichen Vorstellungen von oben herab durchzusetzen, außerdem
gegen den Geist der Sprache. Eine Sprache entwickele sich, „aber
eben nicht nach dem Willen sprachunkundiger Herrinnen, die meinen,
sie wären Träger gesellschaftlicher Veränderungen und wüssten es
deshalb besser als eine tausendjährige Sprachgeschichte“.
Hintergrund und Bewertung
Ein Anlass für die Stellungnahme Eisenbergs
ist die
Entscheidung der Duden-Redaktion, das Wörterbuch der deutschen
Sprache im Sinne der Gender-Ideologie zu überarbeiten und dabei
unter anderem das generische Maskulinum faktisch zu eliminieren. Die
Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Leiss kritisierte dies als
„grotesk und unverantwortlich“. Die Duden-Redaktion sei offenbar dem
„Gender-Unsinn“ verfallen. Die Sprachwissenschaftlerin Ewa
Trutkowski kritisierte, dass die im Sinne der Ideologie geänderten
Definitionen keinen Bezug mehr zur sprachlichen Realität hätten und
wesentliche Bedeutungsaspekte von Hauptwörtern unterschlagen würden.
Die Duden-Redaktion missbrauche die ihr zugeschriebene Deutungs- und
Definitionshoheit über die deutsche Sprache, um aus
sprachwissenschaftlicher Sicht fragwürdige Ansichten zu propagieren.2
Sprache ist eine der Grundlagen der Kultur.
Sie stiftet über die Generationen hinweg Gemeinschaft und ermöglicht
die Weitergabe des geistigen und kulturellen Erbes sowie die Pflege
des Wahren, Guten und Schönen in einer Kultur. Hochwertige Gedanken
und Konzepte können nur in einer hochentwickelten Sprache
ausgedrückt werden.
Der
chinesische Philosoph Konfuzius betonte die Bedeutung der Sprache
für die Kultur mit diesen Worten:
„Dsï Lu sprach: ‚Der Fürst von We wartet auf den Meister, um die
Regierung auszuüben. Was würde der Meister zuerst in Angriff
nehmen?“ Der Meister sprach: „Sicherlich die Richtigstellung der
Begriffe. […] Wenn die Begriffe nicht richtig sind, so stimmen die
Worte nicht; stimmen die Worte nicht, so kommen die Werke nicht
zustande; kommen die Werke nicht zustande, so gedeiht Moral und
Kunst nicht; gedeiht Moral und Kunst nicht, so treffen die Strafen
nicht; treffen die Strafen nicht, so weiß das Volk nicht, wohin Hand
und Fuß setzen. Darum sorge der Edle, daß er seine Begriffe unter
allen Umständen zu Worte bringen kann und seine Worte unter allen
Umständen zu Taten machen kann. Der Edle duldet nicht, daß in seinen
Worten irgend etwas in Unordnung ist. Das ist es, worauf alles
ankommt.“3
Wo die
Sprache verfällt, bricht eine der Voraussetzungen höherer Kultur
weg, weil Sprache Wirklichkeit vermitteln soll. Durch die Zerstörung
der Sprache wird sowohl der Zugang des Menschen zur Wirklichkeit
beeinträchtigt als auch seine Fähigkeit, diese zu erkennen und
darüber zu sprechen, also Wahrheit mitzuteilen. Die Korrumpierung
der Sprache führt ab einem gewissen Grad dazu, dass unabhängig von
der Absicht des Sprechers nur noch Unwahrheiten bzw. Lügen
mitgeteilt werden können.4
Postmoderne
Ideologie lehnt die Möglichkeit, dass Sprache Wirklichkeit
wiedergeben könne oder solle, hingegen ab. Sprache wird stattdessen
ausschließlich als Ausdruck der Interessen dominanter
gesellschaftlicher Akteure bzw. (in Anknüpfung an neomarxistische
Ideologie) als Werkzeug zur Ausübung von Macht verstanden. Jede
Bedeutung impliziere eine Abgrenzung und Unterscheidung und diene
der Ausübung und Festigung von Macht. Dies müsse im ersten Schritt
durch Auflösung der Sprache unterbunden und im zweiten Schritt durch
Umgestaltung der Sprache im Sinne der eigenen Ideologie zur
Festigung der eigenen politischen Macht genutzt werden.
Dies wird an den von Eisenberg beschriebenen Beispielen deutlich
sichtbar. Aktivisten unterstellen der deutschen Sprache, ein Werk
zur Unterdrückung bestimmter sexueller Identitäten zu sein, wobei
die Vorschläge zur vorgeblich geschlechtergerechten Umgestaltung der
Sprache vor allem dazu dienen, die aus ideologischen Gründen
unerwünschte Tatsache der Zweigeschlechtlichkeit des Menschen
unsichtbar zu machen, um sie dadurch auch aus dem Denken
verschwinden zu lassen und zur Durchsetzung von Gleichheitsutopien
beizutragen. Konformität mit den geforderten Sprachregelungen wird
zudem zur Voraussetzung dafür gemacht, weiter an der Debatte
teilnehmen zu dürfen.
Der entsprechende Aktivismus stellt deshalb
insgesamt nicht nur eine Bedrohung für die Kultur, sondern auch für
die politische Ordnung dar. Hannah Arendt sah im Wirken
zivilisationsmüder Eliten, welche der Ansicht anhingen, dass die
gewachsene Kultur der Unterdrückung und Ausgrenzung der
Unterprivilegierten diene und sich am Spektakel der Zerstörung
dieser Zivilisation im Namen der Gerechtigkeit erfreuten, einen der
Ursprünge totalitärer Herrschaft.5
Quellen
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Was
andere schrieben
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Zitat
Bayreuther Festspiele
Holger von Berg: „Das ist
so in Ordnung“
Roman Kocholl, 11.03.2021
Ein Blick zurück mit gemischten Gefühlen: Im
Kurier-Interview spricht Holger von Berg, der nach fünf Jahren als
Geschäftsführer den Grünen Hügel verlässt, über die Sanierung des
Festspielhauses, das Risiko von Chor-Opern in Corona-Zeiten und die
Zusammenarbeit mit Katharina Wagner. Wobei: Letzteres tut er
eigentlich nicht.
Bayreuth -Herr von
Berg, als Sie vor fünf Jahren als Geschäftsführer auf dem Grünen
Hügel angefangen haben, sagte Sie, es müsse sich im Festspielhaus
einiges ändern. Viele Mitarbeiter seien noch in alten Strukturen
verwurzelt aus der Zeit, in der die Festspiele ein
Familienunternehmen waren. Was hat sich inzwischen geändert?
Holger von Berg: Es hat sich gar
nicht viel geändert, weil die zentrale Verwurzelung in
Familienstrukturen und in dem, wie man arbeitet, natürlich auch an
die Festspielleiterin gebunden ist. Deswegen ist da nicht viel
anders geworden. Das zeigen die positiven, aber auch die
problematischen Seiten, die es gibt.
Was sehen Sie in ihrer
Bilanz auf der Haben-Seite?
Von Berg: Wir hatten ein schwieriges
Jahr 2016 mit dem Sicherheitskonzept und seinen Kosten. Dann haben
wir uns finanziell wieder konsolidiert. Auch im Corona-Jahr 2020
werden wir vermutlich eine hellschwarze Null schreiben. Ich kann
meinem Nachfolger genug Rücklagen hinterlassen, so dass das
„Ring“-Projekt im nächsten Jahr finanziell gestemmt werden kann.
Außerdem haben wir in Teilbauabschnitten Maßnahmen zur Sanierung des
Festspielhauses im Rahmen des 30-Millionen-Euro Finanzierungsrahmens
umgesetzt. Alle Abschnitte waren im Kostenrahmen oder darunter.
Hätte die Sanierung nicht schneller
vonstattengehen können?
Von Berg: Die Umsetzung lag nicht an
den Festspielen, sondern an den politischen Entscheidungsträgern.
Wir haben vor der letzten Bundestagswahl 2017 innerhalb von wenigen
Monaten den Architekten quasi „mit der Peitsche“ dazu gezwungen, das
Gesamtprogramm vorzulegen. Leider ging es dann bis zum letzten Jahr
2020 in der Frage der Gesamtfinanzierung nicht weiter. Man hätte
auch angesichts der ausgesetzten Festspiele 2020 und der Problematik
für dieses Jahr 2021 intensiver prüfen können, ob man nicht die
Schließzeiten bis circa 2024 besser für die Gesamtsanierung an einem
Stück hätte nutzen können. Aber diese Entscheidung wurde nicht
getroffen, deshalb ging es nicht.
Hätte man im Bayreuther Rathaus aktiver sein
müssen?
Von Berg: Die Stadt Bayreuth hat an
den Festspielen ihre ureigensten Interessen. Insbesondere der
jetzige Oberbürgermeister Thomas Ebersberger setzt sich für die
Festspiele aus eigenem innerem Antrieb noch viel mehr ein, als seine
Vorgängerin. Man spürt, ihm liegen die Festspiele am Herzen und
dienen nicht nur dazu, einmal im Jahr bei der „Süddeutschen“ auf der
Titelseite zu sein.
Wie denken Sie über den bevorstehenden
Sommer?
Von Berg: Es wird
Festspiele geben und wir tun alles dafür, die Durchführung für
Mitwirkende und Besucher so sicher wie irgend möglich zu machen. Ich
finde es persönlich zwar schwierig, dass in diesem Jahr der neue
„Ring“ nicht ausgeführt wird, der von der Dekoration her fertig ist.
In Zeiten von Corona große Chor-Opern aufführen zu wollen, ist in
meinen Augen ein sehr hohes Risiko. Davor hatte ich immer gewarnt,
aber Frau Wagner wollte es so, auch dafür gab es gute Argumente. Und
dann ist es jetzt so.
Wo wird der Chor in den Chor-Opern singen?
Im Festspielhaus oder außerhalb?
Von Berg: Das
wissen wir am 25. Juli.
Das wäre ein bisschen
knapp.
Von Berg: Es gibt zur Zeit
keine andere Entscheidung. Es läuft alles darauf hin, die
Spielfolge, die schon vor der Krankheit von Frau Wagner von ihr
festgelegt wurde, durchzuführen. Meine Position war: Lasst uns doch
versuchen, Risiken zu minimieren. Und gerade der Chorgesang auf der
Bühne ist leider ein Risiko. Wie das Gesundheitsamt hier bestätigt
hat, ist es nicht nur deswegen ein Risiko, weil die Sänger
Corona-Viren über Aerosole verbreiten können. Für die Sänger selbst
besteht das Risiko, dass, weil sie besonders tief einatmen, im Falle
einer Infektion besonders schwere Verläufe zu erwarten sind. Daher
sah ich mich in meiner Haltung erneut bestätigt, ein Programm mit
möglichst keiner oder geringer Beteiligung des Festspielchores
anzubieten. Im „Ring“ haben wir zumindest in drei Teilen keinen Chor
und im vierten Teil könnte man eine Lösung, zum Beispiel mit Video,
finden. Aber die Entscheidung wurde anders getroffen.
Also wird der Chor in diesem Sommer von
außen zugespielt werden.
Von Berg: Das wird
vermutlich nicht anders gehen. Das ist ja auch der Grund, warum eine
ursprünglich geplante Produktion, der „Lohengrin“, wieder gestrichen
werden musste. Nur so besteht die zeitliche Möglichkeit für
technische und künstlerische Proben.
Außerdem ist schwer
vorstellbar, dass Christian Thielemann davon begeistert gewesen
wäre, dass der Chor im „Lohengrin“ außerhalb des Festspielhauses
singt.
Von Berg: Dazu gibt
es Äußerungen von Frau Wagner in der „FAZ“, dass dies Herr Sense
entschieden hätte. Das kann aber nicht sein, denn im Sommer 2020
stand eine Chorübertragung noch nicht zur Diskussion. Es ist eine
künstlerische Entscheidung gewesen, welche Produktion gestrichen
wurde. Ob Frau Wagner zuvor Herrn Thielemann kontaktiert hat,
entzieht sich meiner Kenntnis.
Wie viele Zuschauer pro Aufführung halten
Sie in diesem Sommer für realistisch?
Von Berg:
Zurzeit dürften keine Zuschauer in Aufführungen. Das ändert sich
meines Wissens ab dem 22. März 2021. Allerdings: Wenn der
Inzidenz-Wert über 50 liegt, können nur Besucher rein, die einen
negativen Test vorweisen können. Wie das organisatorisch umgesetzt
werden soll, ist mir derzeit noch schleierhaft. Die Politik sagt:
Ihr könnt doch spielen, aber ihr müsst testen. Wie das funktioniert,
weiß ich derzeit noch nicht.
In der
Vergangenheit haben mehrere Mitarbeiter in leitenden Positionen das
Haus verlassen. Wie wirkt sich das aus?
Von Berg:
Mir macht Sorgen, dass die Personaldecke insgesamt sehr dünn ist. In
vielen künstlerisch-technischen Bereichen wie Kostüm, technische
Direktion oder Maske gibt es keine Abteilungsleitungen, die die
Festspiele selbst schon mitgemacht haben. Die bisherigen
Stelleninhaber sind gegangen, die Festspiele in diesem Sommer müssen
andere stemmen. Das wird nicht einfach.
Ein Teil der erwarteten Risiken sind minimiert. Die Festspiele
verfügen über ausreichend Finanzierungszusagen zum Ausgleich von
pandemiebedingten Einnahmeausfällen. Das sichern dankenswerterweise
die vier Gesellschafter der Festspiele GmbH ab. Aber man muss sehen,
wie sich die Kostenbereiche für das, was wir durch Corona on top
brauchen, entwickeln. Der Bereich Testungen, Sicherheit, Abstände
einhalten und auch die Nebenveranstaltungen, bedeuten finanziellen
Aufwand.
Sehen Sie die Zukunft der Bayreuther
Festspiele mittelfristig als gesichert an?
Von Berg:
Ja, sicher, aber es wird nicht problemlos vonstattengehen. Die
Bayreuther Festspiele sind ein ganz wichtiger Leuchtturm im
Kulturleben der Bundesrepublik Deutschland. Ob und wie die von Frau
Staatsministerin Grütters angeregten Strukturveränderungen nötig
sind, ist Entscheidung der Gesellschafter. Auch wird die Zukunft der
Festspiele von den finanziellen Ressourcen und der Besuchernachfrage
abhängen.
Sie sagten
vor fünf Jahren, dass sie im Festspielhaus warmherzig aufgenommen
wurden. Wie lange hielt diese warmherzige Phase an?
Von Berg:
Das war von Person zu Person unterschiedlich und dauert in vielen
Fällen noch immer an. Doch: Dass ich Bayreuth wieder verlassen
werde, war relativ schnell klar. Es hat sich manifestiert dadurch, dass Frau
Wagners Grundeinstellungen andere waren als meine. Aus dieser
fehlenden inhaltlichen Zukunftsperspektive heraus habe ich schon
sehr früh die Entscheidung getroffen, dass es keinen Sinn macht, mit
der Familie nach Bayreuth zu ziehen.
Ich habe mit Freude meine Aufgaben erfüllt und bin mit meiner Arbeit
und deren Ergebnissen zufrieden. Deshalb blicke ich nicht weinend
zurück. Aber die Zeit im Festspielhaus war auch sehr anstrengend und
das Arbeitsklima innerhalb des Festspielhauses nicht immer
warmherzig, sondern auch schwierig. Deshalb gab es von meiner Seite
auch keine Widerstände, als der Vertrag beendet wurde. Das ist so in
Ordnung. Es ist auch mir nicht gelungen, für ein anderes
Arbeitsklima zu sorgen.
Wie würden
Sie die Zusammenarbeit mit Katharina Wagner beschreiben?
Von Berg:
Dazu will ich mich inhaltlich nicht äußern.
Ihr
schönstes Erlebnis in Bayreuth?
Von Berg:
Die vielen erlebten fantastischen Aufführungen im Festspielhaus,
insbesondere szenisch die „Meistersinger“ von Barrie Kosky,
musikalisch diejenigen mit Christian Thielemann am Pult.
Werden Sie
künftig noch Premieren in Bayreuth besuchen?
Von Berg:
Nein.
Überwiegt
das Positive oder das Negative?
Von Berg:
Wenn ich das Glas als halbvoll ansehe, waren die fünf Jahre eine
schöne Zeit, eine Bereicherung meines Lebens. Es gab vier tolle
Festspielzeiten. Auch wenn es in der Zusammenarbeit mit Frau Wagner
viele problematische Punkte gab, blicke ich trotzdem positiv auf
Bayreuth und die Festspiele zurück. Für sie ist es auch nicht
einfach: Frau Wagner hat durch eigenes Erleben eine patriarchalische
Arbeitsform entwickelt, die ich nicht teile. Außerdem haben sich die
wirtschaftlichen Verhältnisse der Bayreuther Festspiele verändert:
Herr Wolfgang Wagner als der persönlich haftende Gesellschafter war
für die Finanzen der Gesellschaft alleine verantwortlich. Diese
Zeiten haben sich geändert. Aber ich glaube, es war und ist für
diejenigen, die noch aus der alten Wolfgang-Wagner-Zeit kommen,
schwer diesen Turnaround mental nachzuvollziehen zu können. Dafür
muss man Verständnis aufbringen.
Wie viele
der Getreuen sind denn noch an Bord?
Von Berg:
Es werden immer weniger. Leider verlieren wir sie, wie Peter
Emmerich, auch durch Tod, nicht nur durch Ruhestand.
Zitatende
Quelle: Nordbayerischer Kurier vom 12.3.2021
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Leserbrief
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Zitat
Liebe Frau Gilles,
welche Freude, wieder Ihre "Mitteilung an meine Freunde" mit den
vielen Kommentaren über die Verunstalterregisseure zu lesen,
besonders auch beachtenswert ist der Brief vom RWV Chemnitz.
Diese "moderne" Art der Inszenierungen sind Ausdruck der
Respektlosigkeit gegenüber unserem kulturellen Erbe. Geben wir
unsere Hoffnung nicht auf, von Aufführungen auf der Bühne emotional
berührt zu werden durch die Musik, den Gesang, die Darstellung, die
Kulisse, und ehren damit den Schöpfergeist.
Mit großem Dank für Ihren unermüdlichen Einsatz wünsche ich Ihnen
viel Freude an den Wundern, die uns die Natur besonders in dieser
Jahreszeit jeden Tag schenkt.
Herzliche Grüße - Ihre B aus H -
Zitatende |
Leserbrief
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Zitat
Betrifft: Rassismus/Straßennamenumbenennungen
Lieber Musik- und Opernfreund,
es ist Sonntag (11. April) und gerade (8:35 Uhr) habe ich auf
Klassik-Radio
zu oben angegebenem Thema etwas gar gewaltiges von dem Moderator
Brüggemann
(einem ausgewiesenen Opernfachmann) vernehmen müssen!!
Denn in England sollen an einer Hochschule Beethoven und Mozart aus
dem
Lehrplan genommen werden.
Warum?
Mozart war zum Beispiel Rassist wegen der „Zauberflöte“ und der
Figur des
Sarastros, des Monostatos der die Bastonade erteilen lässt! Und da
ist ja auch
noch Papageno der gleich ziemlich am Anfang die Krähen/Raben mit
schwarzen
Menschen vergleicht! –
Die Erde scheint sich immer schneller zu drehen, da immer mehr
Verrückte an
ihrer Achse drehen und diese aus ihrem Gleichgewicht bringen.
Ergo dürfte damit auch der Wunsch der selbsternannten Antirassisten
einhergehen, alle mit diesen Namen beschmutzte Straßennamen zu
eliminieren
und auch ein Aufführungsverbot der „Zauberflöte“ tangiert sein.
Da Sie sich ja mit Glinka, Heinrich Heine, Hindenburg und diesem
Themenkomplex beschäftigen, dürfen Sie innerhalb dieser Diskussion
auch den
Reformator Martin Luther nicht vergessen, der ja mehr als nur ein
Judenkritiker war.
Na, dann kommt noch viel Arbeit auf diese Gutmenschen zu und auf die
Bürger,
die in „rassistischen Straßen“ wohnen. –
Am 20. April werde ich eine diesbezügliche Abwehrschlacht zugunsten
von dem
100-jährigen Rolf Zick und dem 1. Vorsitzenden unseres Presse Club,
Jürgen
Köster, gegen OB Onay und die Redaktionsspitze der HAZ führen
müssen.
Mit musischen Sonntagsgrüßen an meine Mitkämpfer vom Fehrsweg bin
ich
Ihr UW
Zitatende |
Leserbrief
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Zitat
Lieber Kämpfer für Straßenumbennungen und das Durchsetzen der
„political
correctness“, sicherlich werden auch Sie am 15.04. in der HAZ vom
„Mythos“
der Staatsoper in Hannover gelesen haben.
Unabhängig davon, dass die nach dem Kometen Haily benannte
amerikanische
Sopranistin weltweit die einzige zu sein scheint, die gern gut
vorbereitet
in ein Konzert geht, bin ich über eine andere Meldung tief
beeindruckt. Das
ist die rassistische Grenzüberschreitung. Ein schwarzes Theaterhaus
für
schwarze Künstler bzw. Menschen, ist die einzige sowie ideale
Lösung, den
institutionellen Rassismus zu verbannen! Natürlich ist das etwas
ganz
anderes als die Apartheid, die man aus Südafrika kennt! Und man muss
dies
noch ganz schnell realisieren denn wenn demnächst der Begriff
„Rasse“ aus
unserem Grundgesetz entfernt wird, gibt es automatisch ohnehin kein
Rassismus mehr in Deutschland! – Ergo: ab mit den Weißen ins Ghetto
und raus
mit den Schwarzen und Mulatten aus selbigen!
Als Anlage nur ein Gedicht, dass gewisse Probleme aufgreift. Wir
leben auf
einer fast runden Kugel in derselben Blase mit dem Blick auf eine
unendliche
Weite. Und dennoch hat jeder einen anderen Horizont. Der erfährt
jetzt eine
Vereinheitlichung und die lautet „schlicht und einfach: „political
correctness für alle!“ Das bedeutet letztendlich auch, dass in
Bayern die
Begrüßungsformel „Grüß Gott“ abgeschafft wird. Denn damit werden
Juden,
Moslems und andere Religionen zutiefst gekränkt, beleidigt und
herabgewürdigt. Das stellt eben Rassismus in Reinkultur dar.-
Zu den laufenden und künftigen Straßenumbenennung noch ein weiterer
Artikel
als Anlage zu Mozart und Beethoven als Vertreter einer
„rassistischen,
kolonialen Kultur“. Pfui Teufel, was wir Deutsche auch in der Musik
für
Unholde haben bzw. hatten!
Mit nachdenklichen Grüßen
Ihr W aus H
Zitatende |
Leserbrief
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Zitat
Verehrte Frau
Gilles,
25.04.2021
Gratulation, Respekt und ein großes Dankeschön
für diese großartige Ausarbeitung zur Entstehung des
Lohengrin-Librettos.
Dieses beinhaltet nicht nur eine gewaltige
Fleißarbeit, sondern stellt quasi auch nachträglich zu Ihrer
Ernennung zur Musikprofessorin die entsprechende Habilitation dar.
Nun ist mein Wissen um meine Lieblingsoper, mit der ich so viele
(mindestens über 50 mal) Aufführungen neben Ihnen als hervorragende
Interpretin der „Ortrud“ auf den Bühnenbrettern stehen durfte,
erheblich ergänzt worden. –
Und diese Bereicherung, die ich regelmäßig
durch Ihre „Mitteilungen“ erfahre, erhalte ich sogar kostenfrei! Ich
empfinde das als ein Privileg.
Mit großem musischen Dankesgruß bin ich
Ihr Dr. W aus G
Zitatende |
Leserbrief
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Zitat
Sehr geehrte Frau
Gilles,
30.04.2021
bitte denken Sie in Zukunft an die
neue deutsche Sprache:
- Ober*innen eilten durch das gut besuchte Restaurant
- Oberbürger*innenmeister*in
- Bürger*innensteig
- Neandertaler*innen
- Naziverbrecher*innen
- Kinderschänder*innen
- Triebtäter*innen
- Römer*innentopf
- Freelancer*innen
-
In der Hacker*innen-Szene rumort es ...
Die Sieger*innenmächte haben ...
Ein wahres Meister*innenstück gelang ….
Befreit euch von allen Unterdrücker*innen!
Chirurg*innenstahl
Führer*innenschein
Einwohner*innenmeldeamt
Beachtenswert:
Wörter mit der Endung "-ing" lassen sich nicht gendern:
Flüchtling, Lehrling, Zwilling, Liebling,
Säugling
Beste Grüße Ihr
PL aus R.
Zitatende |
Leserbrief
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Zitat
Meine liebe "verehrteste" Frau
Gilles,
25.04.2021
MANCHE SPRACHE MACHT UNS ALLE SPRACHLOS
Die Körpersprache der Menschen ist schon sehr
ausdrucksstark. Die phonetische Sprache aber ist als Element der
bewussten Kommunikation der Menschen untereinander bekannt. Man
zitiert oft "Wir sind ein Volk der Dichter und Denker". Sind wir
noch ganz DICHT und DENKEN wir? Betrachten wir das mal mit einigen
Fehlentwicklungen in unserem täglichen Sprachgebrauch:
ANGLIZISMEN haben, wie bei der Computersprache
und internationalen Kommunikationen, natürlich ihre Berechtigung.
Eingeschlichen haben sie sich allerdings in unseren Alltag. Statt
Fahrkarten und Eintrittskarten gibt es fast nur noch Tickets.
Gebrauchsanleitungen an Fahrkartenautomaten sind überflüssigerweise
mit derartigen Begriffen angereichert. Besonders ältere Menschen
sind dabei verunsichert, ob sie sich noch auf heimischem Boden
bewegen oder sich bereits im Ausland befinden.
Kommen wir zum Standardwerk deutscher Sprache,
dem DUDEN. Hier frage ich mich "Was machst DU DENN"? Es werden
aktuell Begriffe der Neuzeit integriert, bei denen man sich fragen
darf, ob es sich um eine evolutionäre Weiterentwicklung unserer
Sprache handelt oder doch nur um deren fehlerhaften Gebrauch.
Auffällig ist weiterhin die FEHLNUTZUNG von
Worten. Das ist beispielhaft der Fall bei der vertauschten Nutzung
von "OBWOHL" und "TROTZDEM". Wer seine eigene Sprache liebt,
für
den muss das schmerzhaft empfunden werden. Gleiches trifft für die
Begriffe „ALS“ und „WIE“ zu. Mit ALS und vorangestellter Steigerung
beschreibt man den Unterschied beim Vergleich zweier Dinge, mit WIE
betont man deren Gleichheit.
Eine Aufblähung der Sprache ohne Bereicherung
der inhaltlichen Aussage stellen die sogenannten FÜLLSEL dar.
Beispielhaft sind dabei zu nennen: „QUASI, SOZUSAGEN“ und
„IRGENDWIE“ Auffällig war vor einiger Zeit, dass isoliert in einem
Versicherungsunternehmen bei sprachlichen Äusserungen oft das Wort
„HIER“ erschien. War es der unverständliche Wille, dieselbe
Ausdrucksweise wie die des Vorgesetzten zu verwenden? Das
verbreitete sich in kurzer Zeit als Gruppendynamik im ganzen Haus.
Ver- gleichbar wird bei manchen Menschen sehr häufig das Wort „HALT“
in ihre Sätze eingeflochten. Hier wäre HALT geboten. Die Phantasie
lässt sogar Redewendungen zu in Form von „ES KOMMT DARAUF AN“ und
„ICH SAGE MAL“. Mit „GRUNDSÄTZLICH“ vermeidet man risikobehaftete
Festlegungen.
In einer Zeit, in der die demokratische
Redefreiheit sich leider zu oft auf derbe Kritiken beschränkt, ist
man erleichtert, auch Dinge positiv bewertet zu erleben. Wie aber
geschieht das nun wieder? Vorwiegend bei Jugendlichen, inzwischen
aber auch in anderen Altersklassen, erschöpfen sich die sprachlichen
Kommentierungen mit „GEIL, AFFENGEIL, SUPER“ und vor allem „COOL“.
Ein besonderes Phaenomen sind die GEDICHTE.
Kaum eine Feier in Deutschland vergeht, ohne dass sich ein
Familienmitglied oder ein Gast mit einem Gedicht in Positur wirft.
„Es gibt zu viele Hauspoeten, die grausam unsre Sprache kneten“.
Eine Anekdote drängt sich hier auf. Als ein bekannter Komödiant in
Windeln als Säugling auf dem Arm seiner Mutter lag, spürte die
plötzlich feuchte Hände. Das verleitete sie zu dem Ausspruch:
„Heinz, du musst DICHTER werden“. Das Versmaß bleibt bei derart
Selbstgereimtem meistens auf der Strecke. Da mache auch ich mir
keinen Reim drauf. Wenn ich mich je- doch selbst einmal zu einem
solchen Epos hinreißen lasse, dann entschuldige ich mich wenigstens
mit den Worten: „Seh‘n Sie mich jetzt in deren Reihen, so mögen Sie
mir das verzeihen“.
Faszinierend erscheint, wie bei Jugendlichen
die beidseitigen Daumen über die Tastatur flitzen und so ihre
HANDYSPRACHE produzieren. Was dabei rauskommt, sind Kurzbegriffe,
neue Wortschöpfungen und letztlich unvollständige Sätze. Ursächlich
liegt es sicher nicht nur an einer vereinfachten Handhabung der
Neuzeittechnik, sondern wesentlich auch an dem Bedürfnis, sich mit
einer Gruppendynamik zahlreich und oft mit anderen zu verständigen.
Der Gebrauch des KONJUNKTIVS kann ebenfalls als
Unsitte gelten. Warum taucht der so oft auf mit Formulierungen wie
"Ich würde sagen", "Man hätte sollen" und "Man müsste". Dahinter
stecken die unseligen Tendenzen, sich sprachlich nicht festzulegen,
andere Personen nachträglich zu kritisieren oder spektakulär
Handlungsweisen für die Zukunft zu fordern, zu denen man selbst
nicht bereit ist.
Mit einem Redeschwall hat die LANGATMIGKEIT
eines Redners schon früher ganze Generationen gelangweilt, Inhalte
verwässert und auch Entscheidungsprozesse empfindlich gestört. Wo
die korrigierende Empathie fehlt, gibt sie dem Redner aber das
narzistische Hochgefühl, den Zuhörern etwas Besonderes und
Unverzichtbares zu bieten.
Die RECHTSCHREIBUNG gilt als Produkt einer
gelungenen und qualitativ wertvollen Bildung. Zählt das noch? Im
Digitalzeitalter gibt es zwar Softwareprogramme, die bei dem
Vermeiden von Fehlern behilflich sind. Das hindert aber sehr oft
Printmedien nicht daran, sogar in fetten Schlagzeilen grobe
Schnitzer in das Volk zu streuen. Wenn beispielsweise in einem
Artikel für dieselbe Person drei- mal deren Namen anders gedruckt
wird, spricht das nicht unbedingt für eine sprachliche Sorgfalt und
für eine akzeptierte Form des Journalismus. Ist Grund dafür die
Hektik unserer Zeit oder die Zeitersparnis aus ökonomischen Gründen?
Sehr gern und häufig und da besonders in der
Politik werden SCHLAGWORTE gebraucht. Assoziationen und Emotionen
lassen sich damit bei den Angesprochenen schneller erreichen, und
sie haben darüber hinaus den Hauch der Modernität. Kaum zu vermeiden
scheint, dass Politiker im Rahmen eines Interviews die Abmoderation
mit einem „GERNE“ abschließen. Besonders aber kursiert zur Zeit
überall der Begriff NACHHALTIGKEIT. Eigentlich von der Definition
her etwas Selbstverständliches. Es bedeutet bei Themen und bei
Problemen inhaltlich nicht anderes, als dass das Denken und Handeln
konsequent weiterverfolgt und damit zu einem gezielten Abschluss
gebracht wird. Genau das aber ist in diesem Zusammenhang meistens zu
vermissen. Da suche NACH HALT ICH. Schlagworte prägen aber auch
bisweilen den Alltag. Wenn man auf einem stillen Örtchen mit dem
Gegenteil beschäftigt ist, muss um die Mittagszeit ein markiges
„MAHLZEIT“ eines Kollegen doch sehr verwundern.
Letztlich verbleibt mir nur ein Traum, nämlich
dass die Bürger sich auf das Denken besinnen und mit
Zusatzinformationen differenzierter Kenntnisse erlangen, um
schließlich die so gewonnenen intellektuellen Errungenschaften auch
mit dem Reichtum unserer Muttersprache kommunizieren zu können.
Ihr Dr. K aus H
Zitatende |
Leserbrief
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Zitat
Mit großer Sorge verfolge ich
seit langem die Situation am Niedersächsischen Staatstheater
Hannover.
Seit fast 2 Spielzeiten haben wir hier eine neue Intendantin, die
mit großen Worten, aber mit sehr wenigen Taten alles erneuern wollte
und nach meiner Meinung bis jetzt kläglich gescheitert ist. Es ist
verständlich, dass die Coronapandemie sicherlich viel verändert hat
und der Start daher sehr schwierig war und auch noch immer ist. Aber
außer regelmäßigen Anzeigen in der lokalen Presse, für die viel Geld
investiert wird, mit den immer gleichen Ankündigungen ziemlich
uninteressanten Ballett- und Opernabenden, passiert hier in Hannover
nichts. Andere Opernhäuser (Beispiel Zürich, Hamburg, Karlsruhe,
Berlin) zeigen im Internet Premieren im sog. Free Stream des
italienischen, französischen oder deutschen Fachs. Das Opernhaus
hier in Hannover will Opernhaus des Jahres sein (wer auch immer
diesen Titel vergeben hat) schafft es aber nicht, einen für alle
Opernliebhaber/ innen interessanten Opernbesuch und sei es auch nur
per sogenanntem Stream im Internet anzubieten.
Ich hatte schon vor langer Zeit (das Problem der Fehlbesetzung der
Intendanz wurde ja schnell sichtbar) diverse Briefe an die Presse
sowie an die politischen Fraktionen geschickt, die sich zuerst sehr
interessiert an diesem Thema zeigten, aber passiert ist bis jetzt
leider nichts. Inzwischen musste ich leider feststellen, dass es
den verantwortlichen Gremien scheinbar egal zu sein scheint, wofür
das Steuergeld ausgegeben wird. Für Kultur scheint es in Hannover
kein Interesse zu geben.
Ich wünsche mir, dass die für das Niedersächsische Staatstheater
zuständigen Verantwortlichen endlich den dringenden Handlungsbedarf
erkennen, die Intendantin des Opernhauses zu einer Änderung ihrer
Handlungsweise zu bewegen. Ich befürchte, dass auch nach
Coronazeiten die Auslastung des Opernhauses noch geringer sein wird
als es sich schon vor der Coronazeit gezeigt hat.
Wozu brauchen wir ein Opernhaus, wenn keiner hingeht?
RR
Zitatende |
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Kalenderblätter
Gustav Mahler
... am 07. Juli 1860 geboren
Foto: de.wikipedia.org |
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Bevor Mahler nach Wien ging, war es dort
mit der Hofoper schlecht bestellt. Jeder lebte nach seiner
Bequemlichkeit und eine das Unternehmen gefährdende
Disziplinlosigkeit riss ein.
Da berief man Mahler, als Opern-Chef in Hamburg und als harter
Arbeiter bekannt.
Seine Kontakte zu den damals maßgeblichen Produzierenden und
Reproduzierenden von Musik und Szene, formten ihn. |
Hans von Bülow, Richard Strauss, Bruno Walter, Felix Mottl, Hans Richter -
und gelegentliche besondere Kontakte zu Rosa Papier oder Anna von
Mildenburg, er kannte sie schon von Hamburg - und dann Alma, die seine
Ehefrau wurde.
Sein Vater - Besitzer einer
kleinen Schnapsbrennerei und Gastwirtschaft in Kalist, einer Kleinstadt in
Mähren, profitierte vom 'Oktoberdiplom', mit dem Kaiser Franz Josef 1860 den
Juden innerhalb seines Reiches Freiheiten einräumte, wonach sie sich auch in
anderen als den jüdischen Gettos in Teilen des Landes niederlassen durften.
So ging Gustav in Iglau zur Schule und studierte dann in Wien.
Das Streben nach besseren Aufstiegschancen, das unbeirrbare Verfolgen eines
Planes, in eine höhere kulturelle Schicht aufzusteigen, war ihm besonders
eigen.
Dies wirkte sich auch bei der Leitung der Wiener Hofoper aus - Mahler
strebte nach immer höheren Idealen. Einheit von Gesang und Darstellung war
ihm wichtiger als die damals übliche Bühnendekoration, bis er mit Alfred
Roller zusammenkam, der ihm die Szenerie schuf, die zu Musik und Text, eben
der vorgegebenen Handlung, passte.
Bei ihm liefen alle Fäden einer Produktion zusammen. Er war Einstudierender,
er war Dirigent, er war Regisseur - als Gesamtkünstler lieferte er sein
Produkt ab wie er es sich vorstellte.
Nur machte er diese Rechnung ohne die Wiener im Zuschauerraum. Man war etwas
gewohnt und wollte es nicht aufgeben - Tradition, die Mahler als Schlamperei
bezeichnete. Außerdem hätte es ja Arbeit bedeutet, der wollte man im Graben
entgehen.
Er verzehrte sich an seinem eigenen Feuer, er machte seiner Umgebung das
Leben zur Hölle und war so bei den Mitarbeitern binnen kürzester Zeit der
bestgehasste Mann.
Die Ergebnisse seiner Leistungen aber waren überwältigend - jede Produktion
unter seiner Leitung wurde zum Ereignis, diese grandiosen Erfolge ließen ihn
taub werden gegenüber dem Geschrei in seiner Umgebung.
'Nebenbei' komponierte er noch 10 nummerierte Symphonien, dazu noch 'Das
Lied von der Erde' und die 'Nordische Symphonie' aus dem Jahr 1882.
Hinzu kamen drei Opern und Lieder, die heute zum Sänger-Repertoire gehören.
Zehn Jahre hielt er in Wien durch - die musikalisch glanzvollste Zeit der
Hofoper.
Dann musste er aufgeben, wählte New York, dirigierte an der Met und kam als
todkranker Mann nach Österreich zurück.
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Ida Ehre
... am 09. Juli 1900 geboren
Foto: Ullstein |
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Neben Gustaf
Gründgens beerdigte man sie auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg,
nachdem die Tochter eines Kantors am 16. Februar 1989 in der
Hansestadt gestorben war.
Prinzipalin der
Hamburger Kammerspiele war
sie, die sie 1945 gründete.
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Das Schauspiel erlernte
sie an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien, ihr Debüt war
am Stadttheater Bielitz, danach spielte sie in Budapest, Czernowitz,
Cottbus, Bonn, Königsberg, Stuttgart und am Nationaltheater in Mannheim. Ab
1930 war sie am Lessingtheater in Berlin engagiert.
Die Nazis verboten ihr ab 1933 die Auftritte. Sie arbeitete daraufhin in der
Gynäkologischen Praxis ihres Mannes in Böblingen als Helferin.
Die Flucht nach Chile gelang
Ida Ehre nicht. Das Schiff, auf dem
sie sich schon bei den Azoren auf dem Weg nach Südamerika befand, musste
1939 nach Kriegsausbruch umkehren.
Die Gestapo verhaftete sie und brachte sie zur Internierung ins KZ
Fuhlsbüttel. Frei gelassen wurde sie, da ihr Mann seinen Schulfreund
Heinrich Himmler einschaltete.
An den Hamburger Kammerspielen war sie selber in viele Rollen - die
Glanzpartie war die Anna Fierling in Bechts 'Mutter Courage' - sie führte
hier auch Regie, vertreten.
1947 produzierte sie die Uraufführung von Borcherts 'Draußen vor der Tür' in
der Regie von Wolfgang Liebeneiner.
1994 inszenierte der damalige Oberspielleiter Schauspiel, Rudolf Zollner, im
Theater am Haidplatz in Regensburg das Stück mit Tiedemann, Heuberger, Sowa
und
Christiane Motter.
Sie ging anlässlich dieser Produktion mit dem unvergesslichen Satz in die
Geschichte ein: '... und die Suppe ist auch kalt'.
Über ihr Engagement am Theater Regensburg liegt in ihrer Biographie,
veröffentlicht im Internet, ein tiefes Schweigen.
Kirsten Flagstad
... am 12. Juli 1895 geboren
Foto: DECCA |
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Sie begann 1913
als Nuri in 'Tiefland' und wurde über Tosca, Minnie, Amelia, Aida,
Desdemona zu dem hochdramatischen Wagner-Sopran der ersten Hälfte
des letzten Jahrhunderts.
Mit 37 Jahren sang sie ihre erste Isolde, 1933 und 1934 war sie in
Bayreuth Ortlinde und dritte Norn, dann dort Sieglinde und Gutrune. |
Die Met war nach dem ersten
Weltkrieg mit Wagner vorsichtig, erst 1924 gab es wieder einen 'Ring' in New
York.
Bis 1933 war Frida Leider dort die Sängerin für Wagner-Partien, die aber
inakzeptable Forderungen stellte, dass nach Ersatz Ausschau gehalten werden
musste.
Bei einem Vorsingen der Flagstad im Sommer 1934 für die Met in einem Hotel
in St. Moritz schikanierte sie der Korrepetitor und auf seine Frage, ob sie
'die Rufe' könne, legte sie los, dass Hermann Weigert, der spätere Mann von
Astrid Varnay, beinahe von seinem Klavierhocker fiel.
Am 2. Februar 1935 sang sie Sieglinde, dann Isolde und Brünnhilde und
brachte der Met hohe Einnahmen, die gerade nach der Wirtschaftskrise
lebensnotwendig für das Institut waren, die Lyric Opera in Chikago war
gerade in Konkurs gegangen.
Nach der Okkupation Norwegens durch die Nazis 1941 kehrte sie erst 1947 auf
die Bühne zurück, hatte in Amerika Probleme, akzeptiert zu werden, da man
behauptete, sie sei mit Hitler befreundet gewesen.
1950 kam es dann zu einem neuen Vertrag, 1952 sang sie an der Met ihre
letzte Vorstellung als Alceste.
80 Partien hatte die Flagstad 'drauf' - die sie in mehr als 2.000
Vorstellungen sang, nicht gerechnet die Konzerte.
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Emil Jannings
...
am 23. Juli 1884 geboren
Foto:
filmstarts.de |
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Er war der Professor Rath an der Seite von Marlene Dietrich in 'Der
blaue Engel' - dem ersten deutschen Tonfilm mit Weltgeltung.
Nach einer Anfängerlaufbahn an deutschen Provinztheatern kam er nach
Berlin und meinte, so wie andere Kollegen, ein leichtes Geld mit der
Filmerei in deren Anfängen ohne Ton verdienen zu können. |
Harry Piel war einer der ersten Produzenten, wobei es sich in der Hauptsache
um Kurzfilme handelte. Den so genannten Durchbruch erzielte er mit der Rolle
des Frosch in einer Verfilmung der 'Fledermaus'.
Bei der UFA folgte
'Madame Dubarry', in der Jannings den französischen König Ludwig XV. in der
Regie von Ernst Lubitsch spielte.
Es folgte 'Anna Boleyn' mit Jannings als Heinrich VIII. - dieser Film
verhalf ihm zum Sprung nach Amerika. Beide Filme liefen wochenlang in New
York.
Der von der Paramount geplante Film 'Peter der Große' stimmte in Bezug auf
die Hauptrolle nicht mit der Auffassung der Amerikaner überein - jenseits
des Atlantiks wollte man einen gefälligen russischen Zaren, keinen
bärbeißigen Wilden.
Das Weib des Pharao' schloss sich als neues Projekt an - man drehte mit Paul
Wegener, Albert Bassermann - aber das Opus gefiel nicht sonderlich.
Dann kam 'Nju' mit Elisabeth Bergner - 'Tartüff' mit Werner Krauß und Lil
Dagover - 'Quo vadis' mit ihm als Nero geriet zu einem Schinken.
Hollywood war dennoch interessiert und so spielte er in 'The Last Command'
im Jahr 1928 von Josef von Sternberg. Emil Jannings gewann für seine
Darstellung in dem Film sowie für die Leistung in 'The Way of All Flesh' den
ersten Oscar überhaupt als bester Hauptdarsteller.
1930 folgte in Deutschland nach dem ’Blauen Engel’ als Tonfilm 'Liebling der
Götter', 'Der alte und der junge König' - Die Geschichte Friedrichs des
Großen, dann nach Hauptmanns Thema 'Vor Sonnenuntergang' - der Film mit dem
Titel 'Der Herrscher', 'Robert Koch' mit ihm in der Titelrolle und Werner
Krauß als Virchow.
Mit 'Ohm Krüger' wollten die Nazis die Engländer an den Pranger stellen, mit
dem Hinweis, die Briten hätten in Südafrika die ersten Konzentrationslager
gebaut.
1942 führte Wolfgang
Liebeneiner Regie in dem Film 'Die Entlassung' - die Situation von Wilhelm
II. und Bismarck beschreibend mit Werner Krauß als Holstein und Werner Hinz
als Wilhelm II..
Frank Wedekind
...
am 24. Juli 1864 geboren
Foto: wortwuchs.net |
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Der Vater -
Gynäkologe Dr. med. Friedrich Wilhelm Wedekind - hatte sich schon
früh nach Schloss Lenzburg ins Asyl in die Schweiz zurückgezogen und
widmete sich seinen privaten Studien.
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Hier schrieb der Sohn Frank -
eigentlich Franklin in Anlehnung an Benjamin Franklin einen der Gründer der
Vereinigten Staaten - seine ersten Werke wie 'Die junge Welt' - mit denen er
sich für eine von Prüderie befreite Liebe einsetzte.
Beruflich tätig war er als Leiter des Marketing bei der Firma Maggi, als
Mitarbeiter des Simplizissimus, als Zirkussekretär und als Darsteller in
seinen eigenen Werken.
Er glaubte an die Kunst und ihre Möglichkeiten, auf Menschen positiv
einzuwirken,
er spottete über das durch Zwänge 'verführte Bürgertum'.
Wegen Beleidigung wurde er zu Festungshaft verurteilt - es gelang ihm nicht,
die Gesellschaft zur Vernunft in Verbindung mit Sinnlichkeit zu bewegen.
Seine Werke zeigen die Verklemmtheit der Menschen unter dem Druck der
sittlichen Vorgaben. Herausragend 'Die Büchse der Pandora' - die 'Lulu', von
Alban Berg vertont, und 'Frühlingserwachen' - die Verfilmung von Nuran Calis
aus 2010 konnte schon deswegen nicht überzeugen, da die Darsteller einem
durch Pubertät geprägten jugendlichen Alter längst entwachsen waren.
Am 23. Februar 1918 - zwei Wochen vor seinem Tode - schreibt er in sein
Tagebuch:
Zitat
'Herakles memoriert.
Bei Frau Dreßler, die mir mitteilt, daß Anton gestern Abend von
England zurückgekommen ist.
Bei Hans Carl Müller zum Tee: mit Tilly in den Kammerspielen.
‘Wintermärchen‘.
Mein Bruch macht mir Beschwerden. Ich werde ausfällig. Gehe fort,
komme zurück. Wir scheiden in Frieden. T. St. mit Mühsam und seiner
Freundin.'
An Tilly
Mit Gewalt reißt mir des Schicksals Wut
Grausam uns von einander
Ob auch jeder sein Liebstes tut
Wir sterben selbander.
Tilly gib mir noch einen Kuss!
Es kommt ja doch, wie es kommen muss.
Du bist jung und dein Herzblut wallt
Mächtig dem Glück entgegen.
Keinem grämlichen Aufenthalt
Widme dich meinetwegen.
Tilly gib mir noch einen Kuss!
es kommt ja doch wie es kommen muss.
Ich bin alt und der Gebrechen Last
Zwingt mich ins Eigenbrödeln
Nimmer wollt ich dem siechen Gast
Ich meine Zeit vertrödeln.
Tilly gib mir noch einen Kuss!
Es kommt ja doch, wie es kommen muss.
Zitatende -
Quelle:
Frank Wedekind - Die
Tagebücher - athänum Verlag
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Alexander Golling
... am 02. August 1905 geboren
Foto: ARD |
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Er war der
'Kracherte', der allen die Meinung sagte.
Zum Schauspieler in München ausgebildet ging er als Anfänger nach
Heidelberg, wo er bei den 'Reichsfestspielen' unter der
Schirmherrschaft von Dr. Goebbels auftrat.
Später in Berlin an der Volksbühne beschäftigt, bekam er schon
Rollen als schwerer Held beim Film so in 'Geheimakte WB 1', '90
Minuten Aufenthalt' in der Regie von Harry Piehl, 'Dreizehn Mann
und eine Kanone' mit Otto Wernicke, Herbert Hübner, Erich Ponto,
Friedrich Kayßler. |
Es folgte 1939 'Gold in New Frisco' in der Regie von Paul Verhoeven.
Er ging nach München,
wurde zum Staatschauspieler ernannt und übernahm die Intendanz des
Bayerischen Staatsschauspiels.
●
Schon früh sympathisierte
Golling mit dem Nationalsozialismus, was ihm den Spitznamen 'der braune
Theaterfürst von München' eintrug.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatte er deswegen Schwierigkeiten,
seine Karriere nahtlos fortzusetzen.
Bei der Entnazifizierung vor einer Münchener Spruchkammer wurde er als
'Belasteter' eingestuft und sein Vermögen bis auf 10.000 Mark eingezogen.
Erst 1950 stand er wieder vor der Kamera, spielte in Filmen von Veit Harlan,
Wolfgang Liebeneiner und Karl Ritter, die in der Zeit des
Nationalsozialismus ebenfalls auf der Seite des Regimes standen.
In den 60-er Jahren schaffte er dann den Sprung ins TV-Geschäft, wobei es
sich oftmals um Aufzeichnungen von Bauernkomödien handelte.
Knut Hamsun
... am 04. August 1859
geboren
Foto: de.wikipedia.org |
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Mit dem 1920
erhaltenen Nobelpreis für Literatur ging eine kärgliche Zeit, die
ihn schon als Kind bei den Eltern als Kleinbauern beeinflusst hatte,
zu Ende.
Für ihn bedeutete die Abkehr vom Imperialismus und vom Kommunismus
die Lebensleitlinie - und geriet damit zum Sympathisanten der
Deutschen. Bereits im ersten Weltkrieg nahm der diese Haltung ein,
verstärkt zeigte sie sich zur Zeit des Nationalsozialismus. |
Carl von Ossietzky, der in dem
KZ Papenburg-Esterwegen gefangen gehalten wurde, kritisierte er öffentlich,
der wolle nur als Märtyrer in die Geschichte eingehen und sei deswegen in
Deutschland geblieben.
Hamsun hob den Krieg als Akt der Selbstverteidigung hervor, sah eine
jüdische Unterwanderung und forderte den Kniefall Englands.
Der Dichter pflegte Kontakte
zu Goebbels, dem er nach einem Besuch in Berlin seine Nobelmedaille
zusandte.
Er, Goebbels habe wie nie jemand für die Sache Europas und der Menschheit
Jahr um Jahr so unermüdlich geschrieben und gesprochen wie er, der Herr
Reichsminister.
Hitler traf er auf dem Berghof und das, was als großer Propagandagag geplant
war, schlug fehl, als Hamsun dem Führer ins Wort fallend unumwunden
Verbrechen im von den Deutschen besetzten Norwegen vorwarf. Und Goebbels
notierte, der Besuch sei leider etwas verunglückt.
Im Mai 1945 verstieg er sich
zu einem Nachruf auf Hitler.
Prozesse wegen seiner positiven Haltung gegenüber den Nazis brachten ihm
eine Geldstrafe von 325 Tsd. Kronen ein, was einem heutigen Wert von etwa
41.000 Euro bedeutet, die er nicht bezahlen konnte.
Ambroise Thomas
... am 05. August 1811 geboren
Foto:
de.wikipedia.org |
|
Er suchte nach Stoffen, die nicht
den Zeitgeist des Rossini bedienten. Er persiflierte dessen
Komposition in seiner komischen Oper 'Le Caïd'.
Die Erfolge seines Kollegen und Zeitgenossen Charles Gounod mit
dessen 'Faust' und 'Romeo und Julia' suchte er zu übertrumpfen. Er
wählte auch Themen, die in der Literatur schon Erfolge hatten. |
‘Mignon', 1866; nach Goethes Wilhelm
Meisters Lehrjahre;
Libretto von Jules Barbier und Michel Carré
und
'Hamlet', 1868;
nach Shakespeares Hamlet;
Libretto von Jules Barbier und Michel Carré
'Mignon' uraufgeführt in der ersten Fassung am 17. November 1866 in Paris,
im Herbst folgte dort auch die zweite Fassung.
Am 3. September 1869 spielte Baden-Baden die dritte Fassung in drei Akten
und vier Bildern in deutscher Sprache.
Am 5. Juli 1870 zeigte man in London - italienisch gesungen - die vierte
Fassung, ebenfalls in drei Akten und vier Bildern.
Schallplatteneinspielungen gibt es mit Giulietta Simionato und Marilyn Horne
als Mignon und Giuseppe di Stefano bzw. Alain Vanzo als Wilhelm Meister.
Die Uraufführung von 'Hamlet' fand in der ersten Fassung 1868 in Paris, die
der zweiten Fassung 1869 in London statt.
Auf Schallplatten sangen Thomas Allen, Sherill Milnes, Thomas Hampson die
Titelrolle.
Ambroise Thomas war einer der ersten, der das neue Instrument 'Saxophon' in
seine Komposition integrierte.
Auch sein Schüler, Jules Massenet, benutzte das Saxophon in seinem
'Werther'.
Wagner, dem es sein Erfinder Adolphe Sax auch vorschlug, lehnte dieses
Blasinstrument für seine Kompositionen dagegen ab.
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Conrad Ekhof
... am 12. August 1720
geboren
Foto: MDR |
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Nach mehreren Tätigkeiten als Schreiber, die der Sohn eines
Hamburger Schneiders annahm, erfuhr er von der Suche des Johann
Friedrich Schönemann nach jungen Schauspielern für ein
Theaterunternehmen in Lüneburg.
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Er wurde engagiert und am 15. Januar 1740 gab er im Rathaus der Lüneburger
Ritterakademie sein Schauspieldebüt in der Rolle des Xiphares in Racines
Trauerspiel 'Mithridates'.
Während seiner Zeit bei der
Schönemann'schen Truppe erwarb er sich ein großes Repertoire und viel
Erfahrung, dass er zu einem Menschendarsteller heranreifte.
Sein Äußeres war allerdings für Liebhaberrollen weniger geeignet. Er war
kleinwüchsig, die Schultern hochgezogen, der Knochenbau eckig. Wenig Anmut
also, auch in seinen Gesichtszügen, die aber mit zunehmendem Alter einen
energischen Ausdruck annahmen.
Er war also zwangsläufig auf die Macht des Wortes festgelegt, keine
Gefälligkeit der Erscheinung in Haltung und Bewegung kam ihm zu Hilfe.
Bemerkenswert eindringlich sei die Wirkung seiner Augen gewesen - so
jedenfalls Iffland, dem Schauspielerkollegen, der dann, als die Truppe in
Gotha aufgelöst wurde nach Mannheim ging und dort unter Dalbergs
Theaterleitung die Schiller'schen Werke der ersten Epoche auf die Bühne
brachte: 'Die Räuber', 'Fiesco', 'Kabale und Liebe'.
Dies Erscheinungsbild erklärt, dass Ekhof besonders in Rollen des
französischen Lustspiels, in denen er häufig auftrat Erfolg beim Publikum
hatte wie auch besonders bei der ernsten Gattung des Schauspiels, den
Charakterrollen.
Die Schönemann'sche Truppe wurde an den Hof von Mecklenburg-Schwerin fest
engagiert, erhielt also ein festes Gehalt und konnte das Wanderleben
aufgeben.
Man hatte Zeit für Proben, für die Vorstellungen und konnte sich auch den
sozialen Problemen der Schauspieler widmen.
Zunächst gründete man am 28. April 1753 eine Akademie, um in gründlicher und
genauer Untersuchung festzustellen, wer, welche Rollen, wie spielen könnte.
Trotz aller segensreicher Überlegungen, die Schauspieler zu einer
ernstlichen und gründlichen Betrachtung ihrer Kunst zu führen, scheiterte
das Projekt, Ekhof trat am 15. Juni 1754 vom Vorsitz zurück und die Akademie
wurde aufgegeben.
Schönemann jedoch räumte Ekhof Freiräume bei der Leitung seiner Truppe ein,
ließ ihm freie Hand bei der Spielplangestaltung und der Probenplanung.
Gestört wurde die Arbeit durch einen Herrn Löwen, der als Schriftsteller um
die Tochter Schönemanns warb und somit nicht entfernt werden konnte.
Im Juni 1757 verließ Ekhof die Schönemann'sche Truppe und ging nach Danzig
zu Franz Schuch, der ein festes Repertoire bevorzugte und nicht seine Leute
drei neue Stücke in einer Woche spielen ließ. Lange konnte man dieses Format
nicht durchhalten, denn das Stehgreifspiel zog immer wieder das Publikum an.
Alles schwelgte wieder in Zügellosigkeit.
Aber die Triumphe der Gemeinheit waren nicht von Dauer, bald war das
Publikum den groben Unfug satt und blieb den Possen fern.
1764 wandte sich Ekhof der Konrad Ernst Ackermann Gesellschaft zu. Die
Truppe war so erfolgreich, dass sie sich in Hamburg ein eigenes
Schauspielhaus - anstelle des alten Opernhauses am Gänsemarkt - errichten
ließ, welches am 31. Juli 1765 eröffnet wurde. Mit der Eröffnung 1767 kam es
auch zu einer äußerst fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen dem als Dramaturg
für das Theater tätigen Aufklärer Gotthold Ephraim Lessing und Ekhof,
welcher hier den Höhepunkt seines Schaffens erreichte. Allerdings ging das
Theater in Konkurs und die Truppe musste das Wanderleben fortsetzen.
Eine Zwischenstation war Weimar, wohin die Schauspieler auf Einladung der
Herzogin Anna Amalia verpflichtet wurden. Der Schloss- und Theaterbrand vom
6. Mai 1774 beendete die große Zeit am Weimarer Musenhof.
Am 2. Oktober 1775 gründete Herzog Ernst II. in Gotha das erste deutsche
Hoftheater mit einem festen Schauspielerensemble, dem Conrad Ekhof und
Heinrich August Ottokar Reichard als Theaterdirektoren vorstanden und in dem
August Wilhelm Iffland seine Schauspielkarriere begann. Hier wollte Ekhof
auch eine Pensions- und Sterbekasse, die erste Altersvorsorge für
Schauspieler überhaupt, einrichten. Sein Tod im Jahre 1778 - dem Vater der
Schauspielkunst - verhinderte die Umsetzung der Pläne.
|
Vor achtzig Jahren
‘Unternehmen Barbarossa‘
Erkenntnis der totalen Fehleinschätzung
am 16. August 1941
Der auf zehn Jahre ausgelegte Nichtangriffspakt Deutschland /
Sowjetunion vom 24. August 1939 hielt Hitler nicht davon ab,
Deutschland nach Osten zu erweitern und dabei Russland überrollen zu
wollen.
Er wollte Krieg mit Lebensraum im Osten und er wollte die
Untermenschen östlich des Deutschen Reiches eliminieren. Dass dazu
auch die geistige Elite Russlands gehörte, störte ihn nicht.
Dabei hatte man am 10. Januar 1941 – also gerade mal sechs Monate
vor dem Überfall einen Wirtschaftsvertrag mit der Sowjetunion
abgeschlossen, der – wie Goebbels am 9. Januar 1941 notierte:
Zitat
Die Russen haben mit uns einen neuen Handelsvertrag
abgeschlossen, der uns eine Reihe von großen Vorteilen
bietet.
Zitatende
Quelle: Tagebücher des Dr. Goebbels – Piper München – 1992 –
Seite 1517
|
Und kommentiert wurde dies 1992 mit
|
Zitat
Das in Moskau abgeschlossenen erweiterte
deutsch-sowjetische Wirtschaftsabkommen sah vor, dass die
Höhe der beiderseitigen Lieferungen über den Rahmen des
ersten Vertrags erheblich hinausgehen sollte. Die Sowjets
bemühten sich, den deutschen Lieferwünschen in jeder Weise
gerecht zu werden.
Zitatende
Quelle: Kommentar Tagebücher des Dr. Goebbels – Piper
München – 1992 – Seite 1518
|
Am 15. Juni
1941, also sieben Tage vor dem Überfall, stellte Goebbels fest, dass
der
Feldzug in
Griechenland
Menschen und Material stark mitgenommen habe und deswegen das
'Unternehmen Barbarossa' nicht - wie geplant - schon im Mai begonnen
werden konnte.
Er vermerkte, Russland habe wohl 180 bis 200 Divisionen zur
Verfügung, das entspreche dem, was das 'Deutsche Reich' aufstellen
könne, aber die Militärtechnik der Sowjets sei schlechter und man
müsse sich somit keine Sorgen machen.
'Der Führer' schätze die Länge der Aktion auf vier Monate Dauer, er
selber meine, es ginge schneller, Russland niederzuringen.
●
Am 22. Juni 1941
tönte um 05.30 Uhr über alle Sender des Deutschen Reiches die
Liszt-Fanfare und die Proklamation des 'Führers', verlesen vom
Reichspropagandaminister Dr. Joseph Goebbels, in der es hieß,
Deutschland müsse dem Komplott der jüdisch-angelsächsischen
Kriegsstifter entgegentreten.
Daher habe sich der 'Führer' entschlossen das Schicksal und die
Zukunft des Deutschen Reiches und des Deutschen Volkes wieder in die
Hand der deutschen Soldaten zu legen.
Dieser 22. Juni
1941 brachte der Sowjetunion eine Front von den Baltischen Staaten
im Norden bis zu den Karpaten im Süden, mit der die Führer in Moskau
nicht gerechnet hatten.
153 Divisionen mit knapp über drei Millionen Soldaten, 3.600
Panzern, 600.000 Motorfahrzeugen, 2.740 Flugzeugen, 7.184 Geschützen
standen Nazi-Deutschland für den Angriff zum 'Kreuzzug Europas gegen
den Bolschewismus' zur Verfügung.
600.000 Mann aus den verbündeten Staaten Ungarn, Rumänien, Finnland,
Slowakei und Italien kamen hinzu.
Am 3. Juli 1941 hatte Generalstabschef Halder in seinem Tagebuch
vermerkt, es sei wohl nicht zu viel gesagt, wenn er behaupte, dass
der Feldzug gegen Russland innerhalb von 14 Tagen gewonnen werde.
Am 08. Juli 1941 kam man im von Mücken geplagten Hauptquartier in
Rastenburg in
Ostpreußen
zusammen, Hitler hatte gerufen.
Er war der Meinung, man müsse nun - nach den ersten militärischen
Erfolgen - eine große Propagandainitiative starten. Das war ganz im
Sinne seines Propagandaministers, der gierte nur danach, den
Deutschen das 'Unternehmen Barbarossa' als Präventivschlag zu
verkaufen.
Man führe diesen Krieg für die gesittete Menschheit
- gegen seelische Fäulnis,
- gegen den Verfall der öffentlichen Moral,
- gegen den geistigen und physischen Blutterror,
- gegen eine kriminelle Politik, deren Urheber auf
Leichenbergen
sitzen, um Ausschau zu halten, wen sie
sich als nächstes Opfer auswählen sollen.
So Dr. Goebbels in einem Artikel unter der Überschrift 'Der Schleier
fällt' in der Zeitung 'Das Reich' vom 6. Juli 1941.
Die Bolschewisten seien im Begriff gewesen, in das Herz Europas
vorzustoßen, hatten sie doch ihre Truppen schon an der Westgrenze
aufmarschieren lassen, was bedeutete, hätten sie mit ihren
vertierten Horden Deutschland und den Westen dieses Erdteils
überflutet - die Ausmaße dieser Aktion, das könne sich die
menschliche Phantasie überhaupt nicht vorstellen.
Die Soldaten, die dem 'Führer' gefolgt seien, müssten in Wahrheit
die Erretter der europäischen Kultur und Zivilisation gegen die
Bedrohung durch eine politische Unterwelt gefeiert werden.
Durch die in den nächsten Tagen und Wochen verstärkt einsetzen
Propaganda, müsse der Bolschewismus vor dem eigenen Volk und der
Weltöffentlichkeit verstärkt diskreditiert werden
Diese Kampagne sei auch notwendig, um den Deutschen die notwenige
Einsicht in den Ostkrieg zu vermitteln.
Die mit dem Hitler-Stalin-Pakt eingeleitete 'Versöhnungspolitik' sei
nicht einmal durch die Haut des Volkes gedrungen.
So sei es jetzt wieder in einer durchaus antibolschewistischen
Stimmung und sehe ein, dass der 'Führer' wieder einmal im richtigen
Moment, die richtige Entscheidung getroffen habe, wenn es auch ein
paar Tage nach dem Überfall am 22. Juni eine gewisse Schockwirkung
wegen der Nichtinformation aus Geheimhaltungsgründen gegeben habe.
Militärisch schätze der 'Führer' die Sache günstig ein.
Wenn alles glücklich verlaufe, werde man in den nächsten Tagen und
Wochen bis an die Wolga, wenn nötig bis an den Ural vorstoßen, um
alles auszuradieren, was im Ansatz zu einem Rüstungs- oder
militärischem Zentrum der Gegenseite führen könnte.
Der 'Führer' glaube mit Bestimmtheit, dass Japan auf der Ostseite in
den Krieg einsteigen werde, was zu einer eigenen Entlastung führe.
Im Moment müssten die Japaner ihr Volk ja erst auf einen solchen
Kampf einstimmen.
England werde wohl versuchen, die USA in den Krieg auf der Westseite
hineinzuziehen, ob das aber gelinge, sei nicht vorauszusehen. Der
'Führer' sei gegenüber England sehr hart gestimmt, so sei es unklar,
ob er auf ein Kompromissfriedensangebot der Engländer überhaupt
eingehen werde. Er sehe Englands Sturz mit traumwandlerischer
Sicherheit voraus. Es käme sicher zu einer bedingungslosen
Kapitulation oder zu Hungersnöten auf der Insel.
Doch die
Reichsregierung erging sich wieder einmal in Schönfärberei, wenn man
meinte, der Ostkrieg sei schon gewonnen. Klar sei, dass man
weiträumige Gebiete besetzen müsse, aber mit dem Krieg im Westen von
1940 sei das überhaupt nicht zu vergleichen.
Die Infanterie laufe zwar noch immer 200 Km hinter den vorstoßenden
Panzern hinterher. Technisch sei man aber den Russen haushoch
überlegen und schon deshalb sei ein Vergleich mit dem
Russlandfeldzug Napoleons nicht anzustellen.
'Führer' und Heeresleitung wie auch die Propagandaleitung kamen zu
dem Ergebnis, dass die Dinge wirtschaftlich und militärisch gut
stünden, Russland werde über kurz oder lang fallen.
●
Gemäß dem Angriffsplan 'Unternehmen
Barbarossa' stießen drei deutsche Heeresgruppen schnell nach Osten
vor.
Anfang September wurde Leningrad von sämtlichen Landverbindungen
abgeschnitten.
Die Stadt sollte ausgehungert werden.
Die Belagerung von 900 Tagen konnte den Widerstandswillen der
Eingeschlossenen jedoch nicht brechen.
Mit keilförmigen Panzervorstößen gelangen den Nazis gewaltige
Raumgewinne.
Ende 1941 waren das Baltikum, Weißrussland sowie große Teile der
Ukraine besetzt.
In den eroberten Gebieten begannen Einsatzgruppen mit ihren
mörderischen 'Sonderaufgaben': die systematische Ermordung jüdischer
Einwohner, kommunistischer Funktionäre sowie der Sinti und Roma.
Bei
Massenerschießungen, an denen sich auch Einheiten der Wehrmacht
beteiligten, fielen bis Ende 1941 rund eine halbe Million Menschen.
Die anfängliche Freude der Einheimischen, vor allem ukrainischen und
baltischen Bevölkerung über die Befreiung vom "stalinistischen Joch"
durch die Wehrmacht schlug in Hass um, aus dem sich ein von beiden
Seiten mit äußerster Brutalität geführter Partisanenkrieg
entwickelte.
Im Westen standen seit dem 3. September 1939 andere Feinde: England
und Frankreich, mit denen ein Ausgleich nicht zustande kam. Ohne
diesen aber sollte der Ostfeldzug eigentlich nicht stattfinden.
So kam es zum Zweifrontenkrieg, der nach den Erfahrungen aus dem
Ersten Weltkrieg unbedingt vermieden werden sollte.
Da redete sich Hitler ein, er werde England in die Knie zwingen,
wenn er Russland, als dessen letztes Pfand, den letzten
Festlanddegen, aus der Hand geschlagen habe.
●
Am 22. Juli 1941 –
also vier Wochen nach dem Beginn der Aggression - hatte das OKW die
Lage im Osten so beurteilt, dass die Durchbruchsoperationen der
deutschen Wehrmacht und ihrer Verbündeten die sowjetische
Verteidigungsfront in zusammenhanglose Gruppen zerrissen habe, so
dass eine einheitliche Führung des Feindes nicht mehr zu erkennen
sei.
Tags darauf, dem 23. Juli, begannen russische Truppen starke
Gegenangriffe gegen die Flanken und Flügel der Heeresgruppe Mitte
bei Smolensk.
Daraufhin entschied Hitler, man solle in die Verteidigungsposition
übergehen, womit der entscheidende Vorstoß in der Mitte angehalten
wurde.
●
Die Führung des
'Reichs' musste erkennen, dass sie die militärischen Schwierigkeiten
beim Kampf gegen Russland in dem Umfange nicht vorausgesehen hatte.
Am 6. August 1941 konnte das Oberkommando der Wehrmacht noch
verkünden, dass die Schlacht bei Smolenz erfolgreich beendet werden
konnte, die Heeresgruppe Süd bis an den Dnjepr vorgestoßen sei und
am Nordabschnitt der Front die Truppen die Düna überschritten
hätten. Somit sei der Pessimismus in der Bevölkerung, wegen der
ausbleibenden Sondermeldungen, gewichen.
Jetzt, am 18. August 1941 – sechs Wochen nach dem Beginn des
Unternehmens Barbarossa - habe man erkannt, dass es manchmal sehr
kritisch gewesen sei, da man die sowjetische Stoßkraft und die
Ausrüstung der Armee gänzlich unterschätzt habe.
'Der Führer' habe gemeint, die Russen hätten nur 5.000 Panzer zur
Verfügung, während es in Wirklichkeit 20.000 gewesen seien.
Bei den Flugzeugen sei es ähnlich gewesen, 10.000 hatte man
geschätzt, jedoch 20.000 hätten den Russen zur Verfügung gestanden.
Zitat
Der Führer ist innerlich über sich sehr ungehalten, dass
er sich durch die Berichte aus der Sowjetunion so über das
Potential der Bolschewisten hat täuschen lassen. Vor allem
seine Unterschätzung der feindlichen Panzer und Luftwaffe
hat uns in unseren militärischen Operationen außerordentlich
viel zu schaffen gemacht. Er hat darunter sehr gelitten.
Es handle sich um eine schwere Krise. […] Wir haben von
einer ganzen Anzahl ihrer Waffen, vor allem ihrer schweren
Waffen, überhaupt keine Vorstellung besessen.
Zitatende
Quelle:
Tagebücher des
Dr. Goebbels – Piper München – 1992 – Seite 1656 |
Es sei aber gut
gewesen, diese Erkenntnisse nicht zur Verfügung gehabt zu haben,
sonst wäre man unter Umständen vom Entschluss, einen
'Präventivkrieg' zu führen, abgekommen.
Zum Monatsende des August 1941 wollte man nach Süden vorstoßen, um
Odessa in den folgenden Tagen zu nehmen und damit die ganze
Westukraine in seinen Besitz zu bringen.
Im Norden hoffte man schneller, als man es im Moment für möglich
halte, voran zu kommen, wobei man Petersburg und Kiew nicht mit
Waffengewalt nehmen wollte, sondern auszuhungern trachtete.
Nach dem erfolgreichen Abschluss der Schlacht östlich von Kiew
erging der Befehl an die Heeresgruppe Mitte, den Vormarsch auf
Moskau zu beginnen. Der werde die rote Armee im kommenden Monat ’ans
Laufen’ bringen.
Die dann im Oktober 1941 einsetzende Schlechtwetterperiode -
Straßen, Wege – die ganze Landschaft – verwandelte sich in ein
Schlammfeld, in dem die Wehrmacht ihren Vormarsch nicht zügig genug
vorantreiben konnte.
Hitler tröstete sich, man warte nur auf Trockenheit und Frost, um
die LKWs und die Panzer wieder auf Angriff setzen zu können.
Die dann folgende Schlacht 30 Km vor Moskau machte deutlich, dass
die Sowjets längst nicht geschlagen waren, die Wehrmacht aber an
ihre Grenzen stieß – tausende - nur in Sommerbekleidung agierende
Soldaten - starben auf den Schnee- und Eisflächen der russischen
Landschaft, Panzer und alle sonstigen Kraftfahrzeuge versagten,
waren sie irgendwo in Scheunen abgestellt, zerfraßen Mäuse die
Treibstoff- und Ölleitungen.
Die deutsche Generalität wollte die Front begradigen, Truppen
zurücknehmen – Hitler verweigerte dies. Er blieb bei seiner Meinung,
die anstürmenden Sowjets schlagen, England den ’Festlandsdegen’ aus
der Hand reißen zu können, um dann im Westen mit den im Osten
freiwerdenden Truppen England in die Knie zu zwingen.
Auch Anfang Dezember 1941 griff Japan immer noch nicht im Osten des
riesigen russischen Reichs Stalin mit seinen Genossen an. So konnte
der die freiwerdenden kältegewohnten russischen Truppen nach Westen
verlegen.
Statt der erhofften Unterstützung durch die Japaner, die zwar völlig
überraschend am 4. Dezember 1941 mit dem Deutschen Reich ein neues
Militärbündnis für einen gemeinsamen Krieg gegen die Sowjetunion
vereinbarten, griffen sie Tage später – am 7. Dezember 1941 die
Vereinigten Staaten von Nordamerika mit einer Attacke auf die
Südseeinsel Hawaii mit dem Hafen Pearl Harbour an.
Hitler frohlockte, meinte er doch Amerika mit seiner Kriegsführung
in Europa und Asien spalten zu können und erklärte am 14. Dezember
19421 den Amerikanern den Krieg.
●
Es ist erstaunlich,
mit welchem Leichtsinn der Krieg mit Russland von den Nazis begonnen
wurde, als habe es keine Möglichkeiten zu klimatologischen und
geographischen Studien, wann beginnt die Regenzeit, wann ist mit
Frösten zu rechnen, wie sind die Straßen-, Wege- und
Flächenverhältnisse, gegeben.
Wenn man dann auch noch das militärische Potential des Gegners so
gravierend unterschätzt, dann muss ein solches Unternehmen zum
Desaster führen.
Bekanntermaßen dauerte der Zweite Weltkrieg bis zum 8. Mai 1945,
weil die deutsche Politik und das Militär die Situation im
Sowjetreich völlig falsch einschätzten.
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Walter Scott
... am 15. August
1771 geboren
Foto: UKnowledge |
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‘Die Braut von Lammermoor‘ (‘The Bride of
Lammermoor‘, aus ‘Tales of my Landlord‘, Band 3, 1819) war eines der
Werke von Walter Scott, das seinen Weg auf die Bühnen der Welt fand.
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Salvadore Cammarano, ein neapolitanischer Theatermann, erst Theatermaler,
dann Librettist lieferte 1835 sehr rasch dem Komponisten Gaetano Donizetti
ein Libretto, das dann, als Oper vertont, am 26. September 1835 seinen
Siegeszug antrat - ein Stück für einen dramatischen Koloratursopran, einen
italienischen Tenor und dem für die Verwicklungen innerhalb der Story
notwendigen neidvollen Bariton.
Neben der 'Lucia' war 'Das Fräulein vom See' Stoff für ein musikalisches
Werk.
2008 brachte die Oper Leipzig Otto Nicolais 'Il templario', der auf Scotts
Roman 'Ivanhoe' basiert.
Die Romanfassung ist dem großen Publikum spätestens seit 1952 als Film
vertraut.
Sir
Walter Scott blieb Zeit seines Lebens als Anwalt und Sherriff in Schottland
tätig.
Die Schriftstellerei - er war auch als Übersetzer z.B. des Goethe'schen
'Götz' tätig, verschaffte sich so Zugang zu literarischem Basiswissen und
den Fertigkeiten, hier Bedeutungsvolles, zu schaffen - betrieb er nebenbei
und versuchte auch, dies in Anonymität zu halten.
Er schuf den historischen Roman, der mit großer Hingabe das Land und die
Menschen in seiner schottischen Heimat zeigte.
Sein Ansatz war weniger die Geschichte des Landes als deren Spiegelung im
Leben der Menschen. Abenteuerliches, Phantastisches in Schilderungen der
Natur mit ihren typischen Wäldern, Seen, Burg- und Schlossruinen und des
Lebens der Menschen in dieser Umgebung - eine Überhöhung der Empfindungen
der damaligen Zeit der Romantik, die auch die Oper des ausgehenden 18. und
beginnenden 19. Jahrhunderts formte.
Eingeholt und übertroffen wurde Scott bald vom jungen Byron, der in seine
Werke noch erotische Abenteuer einbrachte, was aber seine Ausgrenzung durch
die englische Gesellschaft zur Folge hatte.
Scott nahm auf literarische Entwicklungen in Europa starken Einfluss -
Goethe verewigte ihn in seinem Faust II als 'Euphorion'.
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Antonio Salieri
... am 18. August 1750 geboren
Foto:
de.wikipedia.org |
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Michael Heuberger spielte ihn in der
Regensburger 'Amadeus'-
Inszenierung im Jahr 2006 - den ewigen Feind Mozarts, dem nachgesagt
wird, er habe den großen Komponisten auf dem Gewissen - ihn
vergiftet.
Das Talent Salieris reichte nicht an das Mozarts heran - alle
Intrigen halfen zwar im Moment in Wien, wo er Hofkapellmeister bei
den Habsburgern geworden war. |
Im Herbst 1830 entsteht auf
Boldino, außer dem Schluss von 'Jewgeni Onegin', das Dramolet 'Mozart i
Saljeri'.
Alexandr Puschkin hatte sich auf das väterliche Gut Boldino zurückgezogen,
um die schöpferische Ruhe zu finden.
Für seine Kurztragödie zum Verhältnis des Genies Mozart zu seinem
Zeitgenossen Salieri benutzt Puschkin Gerüchte, die sich seit dem Tod
Mozarts gehalten haben.
Danach soll Mozart mit seiner Frau Konstanze auf einer Bank im Park gesessen
haben, danach "[...] fing Mozart an vom Tode zu sprechen, und behauptete,
daß er das Requiem für sich setze. Thränen standen dem empfindsamen Manne in
den Augen >Ich fühle mich zu sehr, sagte er weiter, mit mir dauert es nicht mehr
lange: gewiß, man hat mir Gift gegeben! Ich kann mich von diesem Gedanken
nicht loswinden.< [...]"
(Volkmar Braunbehrens, Salieri, München, 1992, Seite 13)
Unbewiesen ebenso, dass Ignaz Moscheles bei einem Besuch am Krankenbett
Salieris ihn wirklich sagen hörte, er habe Mozart nicht nach dem Leben
getrachtet und ihn schon gar nicht vergiftet.
"[...] Obgleich dies meine letzte Krankheit ist, so kann ich doch auf Treu
und Glauben versichern, dass nichts Wahres an dem absurden Gerücht ist; Sie
wissen ja, - Mozart, ich soll ihn vergiftet haben. [...]"
(Volkmar Braunbehrens, Salieri, München, 1992, Seite 15)
●
In
seinem Werk beschreibt Puschkin dezidiert wie Mozart zu Salieri kam, um ihm
etwas vorzuspielen, was ihm nachts eingefallen war.
Salieri erkennt die Größe dieser kurzen Kompositionspassagen und fühlt sich
bestätigt, er habe als Mittelmäßiger das Genie vor sich. Er haderte schon
früher mit dem Schicksal und Gott, dem er sich durch Wohltätigkeiten
verschrieb, trotz aller guten Werke, nicht der unsterbliche Komponist
geworden zu sein.
Er will Rache nehmen an Mozart und seinem Talent. Salieri lädt Mozart zum
Essen. Während dieser nach Hause geht, um kurz Konstanze mitzuteilen, dass
er später käme und sie solle nicht auf ihn mit dem Essen warten, schüttet
Salieri Gift ins Glas, das Mozart nach Rückkehr ins Haus Salieris leert.
Mozart verlässt Salieri, da es sich nach dem Gastmahl nicht mehr wohl fühlt.
Durch diese dramatische Ausarbeitung verdichtet Puschkin fünf Jahre nach dem
Tod Salieris und fast 40 Jahre nach dem Ableben Mozarts die Legende, Mozart
sei durch das Gift eines unnatürlichen Todes gestorben. Er soll gesagt
haben; "[...] Wie sich sein Name über die Welt verbreitet, verbreitet
sich meiner auch, wenn schon nicht rühmlich, dann unrühmlich eben. [...]"
●
Peter
Shaffer - 1926 in Liverpool geboren - schreibt für das Theater und ist einer
der erfolgreichsten Dramatiker Englands.
1954 erscheint 'The Salt Land', 1958 'Five Finger Exercise'.
1979 publiziert er seine Version über das Verhältnis Salieri / Mozart unter
dem Titel 'Amadeus'.
Da die Werke verstorbener Komponisten im ausgehenden 18. Jahrhundert selten
weiterhin aufgeführt wurden, greift Shaffer das Gerücht auf, Salieri habe
sich in wachen Momenten seines langen Siechtums von 1822 bis zu seinem Tode
1825 zur Vergiftung Mozarts von seiner Hand bekannt, um wenigstens im Tod
durch dieses Gerücht an das Genie Mozart gebunden zu sein und für die
Nachwelt - wenn auch in Hass - in Erinnerung zu bleiben
Er hat Mozart nicht ermordet, er hat ihn erfunden
Quelle:
https://www.welt.de/kultur/article226529795/Antonio-Salieri-Er-hat-Mozart-nicht-ermordet-er-hat-ihn-erfunden.html
Adele Sandrock
.. am 19.8.1863 geboren
Foto: de.wikipeidia.org |
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Nach einer großen Theaterkarriere -
sie spielte je nach ihrem Lebensalter die junge Sentimentale wie die
Luise oder die Emilia.
Aber später dann auch die Lady Milford und die Gräfin Orsina wie die
modernen Frauen von Ibsen und Schnitzler - in Wien und Berlin.
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Ihre Amouren mit Roda Roda und Schnitzler waren das Tagesgespräch in Wien.
Als sie später bei einer Vorstellung durch das Loch im Vorhang in den
Zuschauerraum spähte, sah sie Schnitzler unten sitzen und sie kommentierte
auf ihre unnachahmliche Art mit rollendem ‘R‘:
„Mein Gott ist der alt geworden“ -
so als wäre die Zeit an ihr vorbeigegangen.
Der Stummfilm gab ihr ab 1910 bereits Möglichkeiten den Knick in der
Theaterkarriere abzufangen.
Der große Erfolg kam mit dem Tonfilm, in dem sie bärbeißig die böse Groß-
oder joviale Schwiegermutter spielte.
Unvergessen ihre Juno in Kleist's 'Amphytrion' und in Rollen neben Leo
Slezak, der dann als gutmütiger, die Tiraden seiner Adele aushaltender
'Adelerich' das Publikum erfreute.'
Otto Kindler
... am 20. August 1905 in Coburg
geboren,
war Mitherausgeber der Reihe 'Weltpirat England'.
Foto:
http://www.ebay.de/itm/Satan-Palastina-v-Otto-Kindler-1940-
Weltpirat-England-Heft-7-/150865965729
Otto Kindler schrieb unter
verschiedenen Autorennamen:
Matthias Brandner
Otto von Holten
O. K. von Koburg
C. E. Reldnik
und gab nach Deutscher National Bibliothek insgesamt 55 Publikationen
heraus, zum Teil noch heute über den Versandhandel zu beziehen.
Hier aufgeführt die Bücher, die er u.a. im Uhlmann Verlag Berlin im Laufe
des Zweiten Weltkrieges veröffentlichte:
- Raub der deutschen Kolonien - 1939, Band 1
- Wie Gibraltar englisch wurde - 1939, Band 2
- Irlands Versklavung - 1939, Band 9
- Standrecht in Irland - 1940, Band 5
- Satan in Palästina - 1940, Band 7
- Opiumkrieg in China - 1940, Band 8
- Blutiger Sudan - 1940, Band 10
- Um Spaniens Silberschiffe - 1940, Band 12
- Kampf um Malta - 1940, Band 14
- Verrat von Ceylon - 1940, Band 16
- Seekrieg gegen Holland - 1940, Band 17
Bis zum Ende des Krieges war Otto
Kindler Leiter des Stadttheaters Komotau und Marienbad, dann der
Kreuzgangspiele in Feuchtwangen.
Hier inszenierte er:
1949 Johann Wolfgang von Goethe - 'Faust' – Gretchentragödie
1950 William Shakespeare - 'Was ihr wollt'
1951 Hugo von Hofmannsthal - 'Das große Welttheater'
1952 Calderón de la Barca - 'Der Richter von Zalamea'
Wohl als einziger Provinzschauspieler erhielt er das Bundesverdienstkreuz am
Bande.
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Leni Riefenstahl
... am 22. August 1902
geboren
Bis ins hohe Alter ging
sie immer wieder Abenteuer ein.
Sie kam vom Ausdruckstanz, konnte dann aber den Beruf wegen einer Verletzung
nicht mehr weiter ausüben.
Die Fotografie und das Filmen wurden ihre neuen Betätigungsfelder. 1929
spielte sie in dem Stummfilm ‘Die weiße Hölle vom Piz Palü‘, 1932 erster
Erfolg als Regisseurin mit der Produktion ‘Das blaue Licht‘.
Kontakte zu Hitler und Goebbels führten 1933 zum Auftrag die Produktion über
den Reichsparteitag unter dem Titel ‘Sieg des Glaubens‘ zu leiten, 1935
folgte das Monumentalwerk ‘Triumpf des Willens‘ als Auftragswerk Hitlers.
Am 20. April 1938 wurde das zweiteilige Opus über die Olympiade 1936 unter
dem Titel ‘Fest der Völker‘ und Fest der Schönheit‘ im Beisein des ‘Führers‘
und des Reichspropagandaministers uraufgeführt.
Anlässlich des Einmarsch der Wehrmacht in Paris am 14. Juni 1940
telegrafierte sie an Hitler “Mehr als jede Vorstellungskraft menschlicher
Fantasie vollbringen Sie Taten, die ohnegleichen in der Geschichte der
Menschheit sind.“
Ihr Film ‘Tiefland‘ nach der gleichnamigen Oper von Eugen d’Albert, der mit
‘Zigeunern‘ aus dem KZ Maxglan mit ihr in der Rolle der Marta gedreht wurde
– blieb unvollendet und wurde erst 1954 in Stuttgart uraufgeführt.
Bernhard Minetti war Sebastiano, Franz Eichberger der jugendliche Held
Pedro.
Foto: Deutschlandfunkkultur.de - Leni Riefenstahl mit Hitler und Goebbels
Obwohl viele Dokumente von der Nähe der Riefenstahl zum Hitler-Regime
Zeugnis ablegen, war sie bis zum Ende völlig unnachgiebig in der Auffassung,
nichts getan zu haben, was man als ehrenrührig einstufen könnte.
Nach dem Krieg errang sie als Fotografin große Anerkennung. Als Einzige
durfte sie mit Regierungsgenehmigung im Süd-Sudan die Nuba in Bilddokumenten
festhalten.
Sie lernte noch im hohen Alter tauchen und veröffentlichte ihre
Unterwasseraufnahmen in großformatigen Bildbänden.
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Ferdinand Exl
... 27. August
1875 geboren
Foto:
Österreich-Lexikon
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Der Sohn eines Postmeisters und einer Wäscherin wurde in seinen
Anfängen mit Rollen im Laienspiel beschäftigt, gründete 1902 eine
Volksbühne in der Nähe von Innsbruck, die sich ganz der Folklore
widmete und entsprechend Erfolg hatte. |
Von 1915 bis 1920 leitete er das Innsbrucker Stadttheater, 1919 gründete er
die Innsbrucker Kammerspiele und war deren Prinzipal bis 1922.
Zur Volksabstimmung zum
Anschluss Österreichs im April 1938 äußerte er sich:
„Nach jahrelanger,
alles lähmender Mutlosigkeit hat uns nun die Vorsehung und das Schicksal
herrlich beglückt:
Mitarbeiten zu können am Neubau unserer schönen, österreichischen Heimat im
großen deutschen Reich.“'
Im Film trat er schon früh in
den typischen Rollen des Volksschauspielers in:
1913: 'Die Todesbraut'
1921: 'Glaube und Heimat'
1928: 'Die Kaiserjäger'
1940: 'Der Feuerteufel'
1941: 'Der Meineidbauer'
auf.
Die Deutsche Bühne meinte anlässlich seines Todes 1942, er habe sein zuerst
in einer Scheune aufgeschlagenes Theater zu künstlerischer Höhe geführt, um
die donauländische dramatische Volksdichtung von Anzengruber an, bekannt zu
machen.
Wolfgang Wagner
... am 30. August 1919
geboren
Foto:
BT-Festspiele |
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Er saß noch bei Cosima auf dem Schoß,
elf Jahre war er alt, als sie am 1. April 1930 starb, den Großvater
hatte er nicht mehr kennen gelernt.
Der lag seit 1883 hinter der Villa Wahnfried unter einem großen
Hügel begraben. |
‘Der
Führer‘ - 'Onkel Wolf' - ging zur Zeit der Festspielleitung seiner Mutter
Winifred in Bayreuth ein und aus, die beiden Söhne Wieland und Wolfgang
gingen eingehakt mit dem Diktator spazieren.
Trotzdem lebte die Tradition 'Bayreuther Festspiele' unter der Leitung von
Wieland und Wolfgang Wagner wieder auf - 1951 wurde zum ersten Mal wieder
gespielt.
Da unter Wolfgang W. immer wieder bei Inszenierungen experimentiert wurde,
die Produktionen auch zum Termin nicht fertig wurden, nannte er das ganze
dann 'Werkstatt Bayreuth' - alles kann ausprobiert und dem Publikum so lange
vorgesetzt werden, bis das jeweilige Konstrukt, dem Volk nicht mehr
aufstößt, weil das durch weit größeren Inszenierungsquatsch andererorts oder
gar im Hause BT wie der 2011er-Tannhäuser oder eine inzwischen jahrelang
abgehangene alte BT-Inszenierung niemanden mehr tangiert.
Dieter-David Scholz schrieb am 21. März 2010 in einem Artikel für die
'Deutsche Welle':
Wolfgang Wagner habe 'mit seinem
Werkstattgedanken den künstlerischen Niedergang der Festspiele'
eingeleitet und mit der Frage nach seiner
Nachfolge, habe er im März 1999 seine Zustimmung zu 'Schmierentheater-Possen',
politischen Querelen und familiären Schlammschlachten gegeben.
Solange die
Richard-Wagner-'Vereine' und die Freunde der BT-Festspiele weiterhin
kritiklos alles Gesäge, Gehoble, Gefeile in dieser 'Werkstatt Bayreuth'
hinnehmen und kritiklos dem Affen Zucker geben, indem sie 'modische'
Inszenierungen lieben, werden weiter Subventionen mit 'Gemurkse'
verplempert.
Und dies machen nun andere Theaterdirektoren nach, einer behauptet, das sei
modern, Bayreuth mache das auch so.
Man erinnere sich nur an den verunglückten 'Lohengrin'
in Regensburg oder die 'Manon'-Produktion.
Da stirbt die Titelträgerin in einer Kneipe, umgeben von Getränken -
Puccinis gibt Verdursten in der amerikanischen Wüste vor. Der 'Onegin'
wurde in einem U-Bahn-Schacht angesiedelt, der 'Holländer'
war so eine Art 'Superman', die 'Norma'
ein Hausmütterchen, das in Kittelschürze gehüllt, versucht, ihrem Pollione
das 'Perfekte Dinner' zu bereiten.
Einfach lächerlich!
Nicht zu vergessen der 'Giovanni' in Braunschweig, den der dortige damalige
Operndirektor und damals designierte und heutige Regensburger
Theaterdirektor, Jens von Enzberg, zu verantworten hatte.
Am 1. Juni 2011 wurde für diese Produktion sogar ein Seminar - als
Gebrauchsanweisung - für das Publikum abgehalten.
http://www.telezeitung-online.de/Bemerkungen_zu_'Don_Giovanni'_
im_'Staatstheater_Braunschweig'.htm
Hier zeigt sich, wie durch
Inszenatoren mit Hilfe von Intendanten bei gleichzeitigem Verplempern von
Steuergeldern aus Meisterwerken Machwerke entstehen, die nicht Kunst,
sondern Krempel sind.
Unberücksichtigt bleibt bisher die mit diesen Vorgängen einhergehende
'Vergewaltigung' der Aktiven auf der Bühne durch Maskierung, Kostümierung
und krampfige szenische Abläufe.
Weitere Beispiele hierfür:
www.telezeitung-online.de/
Bemerkungen_zu_'Tristan_und_Isolde'_im_
'Staatstheater_Braunschweig'.htm
www.telezeitung-online.de/
Bemerkungen_zu_'Tristan_und_Isolde'_29.11.2014_
Theater_RBG_final.htm
und nicht zu vergessen:
www.telezeitung-online.de/
Bemerkungen%20zu%20'Der_fliegende_Hollaender'_
auf_der_'Buehne_fuer_Oberfranken'.htm
Alles 'modische' Inszenierungen.
Friedrich Georg Jünger
… am 1.9.1898 geboren
Foto: ZVAB |
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Er war als der jüngere Bruder
des Ernst Jünger.
Jurist und Offizier im 1. Weltkrieg.
Als Schriftsteller veröffentlichter er nach dem Krieg erste Essays
in nationalsozialistischen Zeitschriften.
1934 spielte die Städtischen Bühnen in Frankfurt einmal sein in der
griechischen Antike angesiedeltes Schauspiel ‘Der verkleidete
Theseus‘. |
Im gleichen Jahr
erschien ein Band Gedichte mit Texten wie z.B.:
„Der Tag, da die dankbare Jugend
an euren Gräbern erwacht,
er kommt, Der Zeugende liebt sie
Und vom männlichen Samen grünet wieder die Erde.“
1936 erschien das Epos ‚Der Krieg‘:
„Mögen tausende, mögen Millionen sterben,
was bedeuten Ströme dieses Blutes gegenüber diesem Staate,
in dem alle Unruhe und Sehnsucht des deutschen Menschen mündet und eingeht.“
Nach dem Krieg bleibt seine Essayistik einer konservativen
Kulturkritik verpflichtet; besonders interessant ist noch seine 1969
publizierte Studie „Die vollkommene Schöpfung“, eine Kritik an einer
Verabsolutierung der
neodarwinistischen
Evolutionstheorie.
Anfang der 1970er Jahre gründete Jünger zusammen mit dem Ingenieur und
Essayisten
Max Himmelheber die Zeitschrift
Scheidewege, die als erstes maßgebliches Forum eines ökologischen
Zugriffs, eines Denkens der
Nachhaltigkeit in Deutschland bezeichnet werden muss.
Mitherausgeber war
Jürgen Dahl, der die Zeitschrift redigierte und eine Kolumne über
Gartenbau und Ökologie beitrug.
In der
Nachkriegszeit war Friedrich Georg Jünger ein prominenter Autor und erhielt
zahlreiche Ehrungen.
Als sich in den 1960er Jahren die
Literaturverhältnisse in Westdeutschland nachhaltig veränderten, schien
der Autor allmählich in Vergessenheit zu geraten.
Seit den 1990er Jahren ist jedoch ein auflebendes Interesse zu konstatieren,
das sich u. a. in Übersetzungen seiner Texte ins Italienische, Russische und
Polnische niederschlug.
Nennenswert ist eine am Sprachrhythmus orientierte Übertragung von
Homers „Odyssee“.
Quelle: Zitiert nach Wikipedia
Ernst Erich Buder.
...
am 02. September 1896 geboren
Foto: de.wikipedia.org |
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Die militärische Lage war schon fast
aussichtslos, die Niederlage in den Weiten Russlands deutete sich
für die Deutsche Wehrmacht an.
Da meinte Hippler am 4. November 1942, Dr. Goebbels brauche
'optimistische Schlager', hierfür müsse ein Wettbewerb gestartet
werden, um Vorschläge zu erhalten.
Alle kamen:
Franz Grothe, Theo Mackeben, Eduard Künnecke,
Peter Kreuder und auch - Ernst Erich Buder. |
Der war im März 1933 der NSDAP beigetreten.
Im gleichen Jahr erhielt er von der Reichsregierung den Staatspreis für die
Musik zum Film 'Flüchtlinge' über Wolgadeutsche, die 'heim ins Reich'
wollten.
Auch engagiert waren:
Hans Albers als Arneth,
Käthe von Nagy als Kristja Laudy,
Eugen Klöpfer als Ingenieur Bernhard Laudy,
Ida Wüst als 'Die Megele'
der später als Regisseur bekannte Veit Harlan.
1938 folgte der antikommunistische Film 'Urlaub auf Ehrenwort' für den Buder
wieder die Musik schrieb.
Es spielten:
Ingeborg Theek - Inge, Krankenschwester
Fritz Kampers - Heini Hartmann, Gefreiter
Rolf Moebius - Walter Prätorius, Leutnant
Berta Drews - Anna Hartmann
René Deltgen - Emil Sasse, Grenadier
Heinz Welzel - Gustav Jahnke, Rekrut
Carl Raddatz - Dr. Jens Kirchhoff,
Während des Krieges schuf er Musik für weitere neun Filme.
●
1933
hatte er die Musik für ein Marschlied komponiert, das die Grundlage der
späteren Erfolgsmeldungen der Luftwaffe abgab.
Der Text von Joseph Buchhorn lautete:
|
Wir fliegen durch
silberne Weiten,
Selig dem Himmel gesellt,
Schweben und sinken und gleiten
Über unendliche Breiten,
Die Gott uns zum Schauen bestellt.
Über der Erde zu thronen
Hoch im sonnigen Schein,
In unerschlossenen Zonen
Neue Menschen zu sein,
Braust es im Chor:
Flieger empor! |
|
Wir werden zum
Kämpfen geboren,
Augen stets offen und klar!
Klingt die Musik der Motoren,
Fühlen wir uns unverloren
Und furchtlos in jeder Gefahr.
Über der Erde . . . .
Wir werden nicht immer gewinnen,
Dennoch! uns schreckt keine Not!
Leben, Vergeh'n und Verrinnen,
Aber der Glaube tief innen
Ist stärker als Not und Tod.
Über der Erde . . . . |
Buder
war mit der Opernsängerin Olga Baumgartner verheiratet; der gemeinsame Sohn
Ernst-Erich Buder war als Schauspieler am Staatstheater Hannover tätig.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst-Erich_Buder_(Schauspieler)
Ludwig Gies
…am 3. September 1887 geboren
Er war von 1917 bis 1937 Leiter der
Bildhauerklasse der Kunsthochschule in Berlin.
1929 schuf er ein aus Holz geschnitztes Kruzifix für den Dom in Lübeck, das
zum Hassobjekt der Nazis im Rahmen der Bewegung ‘Entartete Kunst‘ wurde.
Elf der von ihm geschaffenen Werke wurden beschlagnahmt.
Trotz der anfänglichen Anfeindungen gelang es ihm ein neues Betätigungsfeld
zu finden. Er schuf Reichsadler für zahlreiche öffentliche Räume.
Nachdem ein unter Beteiligung u. a. von
Walter Gropius,
Ludwig Mies van der Rohe und
Hans Poelzig durchgeführter Wettbewerb annulliert worden war, führte der
Reichsbank-Baudirektor
Heinrich Wolff nach eigenen Plänen 1935 bis 1939 einen Erweiterungsbau
der Berliner
Reichsbank aus (als
Haus am Werderschen Markt heute Sitz des
Auswärtigen Amtes).
Für dessen Fassade schuf Gies einen Reichsadler mit Eichenlaubkranz
und Hakenkreuz.
Nach dem Krieg konnte er sich auf dem Kunstmarkt behaupten und sah sich als
Lehrer bestätigt..
Eines seiner wichtigsten Werke ist der Bundesadler im Bundestag in Bonn.
Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F002450-0003 /
Unterberg, Rolf / CC-BY-SA 3.0
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Zitat
Vom Glühwürmchenidyll zum Ohrwurm
Paul Lincke
Zum 75. Todestag des
Schöpfers der Berliner Operette
von Dr. Ullrich
Westerhagen
(* 07.11.1866
– +04.09.1946)
Als Carl Emil
Paul Lincke am 7. November 1866 als ein echter Berliner Junge das
Licht der Welt erblickte und mit Spreewasser getauft wurde, kannte
man in der damaligen Biologie lediglich den „Gemeinen Ohrwurm“ mit
der lateinischen Bezeichnung „forficula auricularia“, landläufig
auch als „Ohrkriecher“ bekannt. Spätestens ab 1902 sollte jedoch
durch Paul Lincke die biologische Begriffswelt um einen
musikalischen Terminus technicus bereichert werden.
Unter äußerst
bescheidenen Verhältnissen wächst Paul mit seinen beiden älteren
Geschwistern auf. Mit der Musik kommt er schon als Kind in
Berührung, denn sein Vater ist musikalisch und übt und spielt mit
Begeisterung Violine. In seinem Beruf zierte ihn ein
ehrfurchtseinflößender Diensttitel mit dem Dienstgrad eines
Stadtsergeanten, hinter dem sich jedoch lediglich ein kleiner
Magistratsdiener mit einem geringfügigen Salär verbarg, mit dem er
mehr schlecht als recht seine Familie ernähren konnte. Bedingt durch
diese Lebensumstände spielte Vater August deshalb auch in
verschiedenen Liebhaberorchestern, von denen es in Berlin etliche
gab, um sich seine Bezüge etwas aufzubessern.
Im
Deutsch-Französischen Krieg infiziert er sich jedoch und stirbt nach
Rückkehr 1871 an Schwarzen Pocken, als Paul gerade erst fünf Jahre
alt ist. Auf sich allein gestellt, muss die Mutter nunmehr die
gesamte Familie mit Gelegenheitsarbeiten durchbringen. Trotz dieser
widrigen wirtschaftlichen Verhältnisse ermöglicht Mutter Emilie
Lincke ihrem Sohn Paul einen Realschulabschluss.
Aufgrund der
sich abzeichnenden großen Musikalität des Jungen und dessen
musikalischen Neigungen, insbesondere zur Militärmusik, gelingt es
der Witwe, Paul in Wittenberge bei der „Stadtpfeiferei“
unterzubringen. Bei deren Leiter, Rudolf Kleinow, erhält Paul eine
gediegene musikalische Grundausbildung in den Instrumenten Fagott,
Tenorhorn, Schlagzeug und Violine.
Über seine
umfassende und gründliche Ausbildung bemerkte Lincke später: „In dem
kleinen Wittenberge habe ich den Grundstein für mein Schaffen als
Komponist gelegt und dort gelernt, was andere auf Akademien nie
erfahren haben: Marschmusik, Operetten und Opernpotpourris, Walzer,
Polkas, Mazurken, Rheinländer und vor allem Stimmungsmusik,
Rundgesänge, Gassenhauer und Moritaten.“ Bereits zum Abschluss der
Wittenberger Lehrzeit entstand 1884 seine erste Orchesterkomposition
mit dem Marsch: “Gruß an Wittenberge“.
Das bereits in
die Wiege gelegte musikalische Talent und die fundierte
Berufsausbildung lassen den Autodidakten, der nie eine
Kompositionsausbildung erhalten hatte, zu einer ambitionierten
Persönlichkeit heranwachsen, die in den Folgejahren seinem Publikum
mit besonderem Gespür Melodien zu Gehör bringen wird, die sich in
die Seele einschmeicheln und dort haften bleiben wie Erinnerung an
traumhaft schöne, intensive Erlebnisse. Diese Klänge kreisen in den
Ohren – man wird sie nicht mehr los.
1884 erhält
Paul Lincke als Fagottist sein erstes Theaterengagement bei Adolf
Ernst, dem Intendanten des „Central-Theater“ in Berlin. Es ist der
Start auf einer steilen Karriereleiter und sein Name wird sowohl im
In- als auch Ausland immer bekannter und beliebter, denn seine
Kompositionen beinhalten ein bestimmtes Sujet und sind so
ausgerichtet, dass man die Melodien auf der Straße pfeifen und auf
den damals sehr beliebten Drehorgeln spielen kann.
Nach einem
Jahr wechselt er in sein zweites Engagement als Mitglied des
Orchesters des Ostend-Theaters (das später den Namen „Rose Theater“
erhielt), und das eine große Popularität genoss. Dort verliebte er
sich Hals über Kopf in die 16-jährige Soubrette Anna Müller und
heiratete sie. Doch diese 1886 geschlossene Ehe stellt in seinem
Leben nur eine kurze Episode von vier Jahren dar. Als sehr gut
aussehender, attraktiver Mann und in der Frauenwelt heiß begehrt,
kann Paul diese gut verschmerzen. Nach dieser privaten Zäsur beginnt
beruflich ein kometenhafter Aufstieg in seinem „Spree Athen“, wie
die Berliner voller Stolz ihr Berlin bezeichnen, das er innig liebt
und diesem – bis auf eine Ausnahme – auch immer treu bleiben und von
dort auch bis zum 1. Weltkrieg alle seine Operetten und Revuen
komponieren und deren Uraufführung herausbringen wird.
In der
Fachwelt trägt ihm diese Schaffensperiode den Kosenamen „Vater der
Berliner Operette“ ein. Hierzu gehören Venus auf Erden
(1897), Frau Luna (1899); Im Reiche des Indra (1899),
Fräulein Loreley (1900), Lysistrata (1902), Nakiris
Hochzeit (1902), Prinz Rosine (1905), Grigri
(1911), Casanova (1913). Zu dieser Erfolgskategorie muss man
auch die erst 1940 entstandene Operette „Ein Liebestraum“
hinzuzählen. Diese außerordentlichen Erfolge basieren auf drei
Standbeinen. Zunächst sind da die pfiffigen und ausgefallenen
Handlungsabläufe sowie die professionellen, inhaltsreichen zündenden
Libretti seines engen Freundes und „Leib- und Magenlibrettisten“
Heinz Bolten-Baeckers, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft
verbinden wird.
Hinzu kommen
stilechte Bühnenbilder, ausgefallene und gleichzeitig geschmackvolle
Kostüme sowie eine prächtige Bühnenausstattung. Diese revueartigen
Operetten sind Vorläufer für den Begriff „Ausstattungsoperette“ wie
sie von Franz Lehar später in seiner Operette „Land des Lächelns“
zur Vollendung gebracht worden sind.
All‘ diese
Aufführungen waren große Erfolge und – wie man diese damals
bezeichnet – „Renner“, die auf Wochen und Monate im Voraus
ausverkauft sind. Kaum war eine Uraufführung über die Bühne
gegangen, dann wurden die eingängigen Melodien wie exemplarisch
„Schlösser, die im Monde liegen“, „Wenn auch die Jahre enteilen“,
„Heimlich still und leise“, „Nimm mich mit, … in dein Kämmerlein“,
„Lass den Kopf nicht hängen“, „O, Theophil, o Theophil“, „Das macht
die Berliner Luft“ und das „Glühwürmchen-Idyll“ auf den Straßen als
Gassenhauer gesungen, gepfiffen und von Drehorgelspielern noch
weiter in die Öffentlichkeit „transportiert“.
Neben Wien war
Preußens Reichshauptstadt Berlin ein kultureller Mittelpunkt und vor
dem 1. Weltkrieg eine populäre Theaterstadt, welche Künstler aller
Sparten magisch anzog. Das Berliner Urgestein Paul Lincke gehörte
zum Bestand, den diese Metropole als Nukleus hierzu einbringen
konnte. Paul kennt sich in der heimatlichen Szene natürlich bestens
aus und wird an den verschiedensten Theatern in unterschiedlichen
Positionen tätig. Nach den ersten beiden Stationen im Central- und
Ostend-Theater folgen das Königstädtische Theater am Alexanderplatz,
Parodietheater am Moritzplatz, Belle-Alliance-Theater und
Apollo-Varieté-Theater. Ausnahmslos sind diese künstlerischen
Tätigkeiten Ausdruck und das Bekenntnis zu seiner großen Liebe:
Berlin!
Nur einmal
kann der noch junge Komponist mit den Welterfolgen seiner Melodien
einem verlockenden Angebot nicht widerstehen: dem „Ruf“ des
berühmten Varietés „Folies Bergère“ in Paris und er nimmt dort ein
Engagement als dessen Hauskapellmeister an. Im Sturm erobert er sich
die Sympathie und Gunst des Pariser Publikums. Auch in dieser
mondänen Metropole bleibt ihm der Erfolg treu.
Doch im
Gegensatz zu dem aus Köln stammenden Jacques Offenbach, der im
selben Musikgenre wie Paul tätig ist und der in und mit Paris seine
neue Heimat gefunden hat und ein anerkannter „Weltstar“ (wie man es
heute nennen würde) geworden war, plagen Paul Heimweh und Sehnsucht
nach seinem „Bärlin“. – Er verlängert seinen Vertrag nicht und kehrt
nach Berlin zurück.
Als
Reminiszenz an die zwei Spielzeiten in der Weltstadt an der Seine
bringt Paul eine Neuheit aus Paris mit in die von ihm so innig
geliebte Hauptstadt an der Spree mit Herz und Schnauze: weiße
Glacéhandschuh! Im Apollo-Theater präsentiert er erstmals die
„Handschuhtradition“, wie er diese im Pariser Varieté kennengelernt
hatte. Natürlich wären diese auffälligen weißen und sich vom Frack
sehr abhebenden Handschuhe entbehrlich gewesen, denn Lincke bestach
auch ohne diese sowohl als Persönlichkeit als auch durch sein
visuelles Erscheinungsbild. Und die Musiker im Orchestergraben
beachteten und verfolgten jeden Fingerzeig, auch wenn dieser nicht
„nackt“ ist.
Von seinen
erfolgreichen Werken beinhalten die Operetten „Lysistrata“ und „Frau
Luna“ Besonderheiten, die nicht unerwähnt bleiben sollen. Durch
Linckes „Lysistrata“ wird der Biologie ein neuer Terminus technicus
mit dem Begriff „vermicus auditus“ hinzugefügt. Denn die Melodie des
„Glühwürmchenidyll“ wird weltweit gesummt, gepfiffen gesungen, und
auf Drehorgeln gespielt und brennt sich regelrecht in die Gehörgänge
der Menschen ein. In Verbindung mit anderen sehr eingängigen
Melodien entsteht daraus der „Ohrwurm“.
Diese neue
Wortkreation veranlasste den „Verseschmied“ Peter G. Schuhknecht zu
folgendem (gekürzten) Gedicht:
Lysistrata
Ein Glühwurm glüht des Nachts
vergnügt,
Da er ein Glühwurm–Weibchen liebt.
Was uns Paul Lincke einst verehrte
Uns mit „Lysistrata“ bescherte,
Es glüht der Wurm, es bebt die Büste
Lysistrata erweckt die Lüste.
Und wenn sich eine Chance ergibt,
Hofft sie, dass er, der Wurm, heiß
glüht!
Zur Zeit der
Entstehung dieses Werkes umkreist Paul und vor seinen geistigen
Augen ein solches Wesen, dessen Licht ihn – gleich einem Glühwurm –
blendet und sein Herz glühen lässt: die wunderschöne, bezaubernde
Schauspielerin mit dem Künstlernamen Ellen Sousa.
Lincke ist von
ihr fasziniert, regelrecht gepackt und aus der anfänglichen
Zuneigung entbrennt eine tiefe Leidenschaft. Ellen schenkt Paul 1902
einen Sohn, der das Glück der beiden zunächst besiegelt, doch
gleichzeitig auch beendet. Denn Ellen möchte ihren Beruf auch nach
der Geburt ausüben und Paul fordert von ihr patriarchalisch ein
„familiäres Verhalten“, also der Ausübung des Berufes zu entsagen
und sich nur Familie, Erziehung und Haushalt zu widmen. Als Ellen
sich dieser Forderung verweigert, ist das Tischtuch für alle Zeit
zerschnitten. Die Trennung unausweichlich. Noch nie hatte Paul eine
solch‘ resolute Frau erlebt, die ihm derart Paroli geboten hat. Er
ist so in seiner Ehre gekränkt, dass er die Vaterschaft des
unehelichen Kindes nicht anerkennt. Doch der Knabe wird von einem
wohlhabenden Fabrikanten adoptiert, der die Schauspielerin Sousa
nach ihrer Trennung von Paul geheiratet hat.
Durch seinen
Auslandsaufenthalt an Erfahrung reicher, setzte sich Lincke mit dem
Direktor des Apollo-Theaters und seinem Librettisten und Freund
Heinz Bolten-Baekers in Verbindung, um etwas ganz Besonderes auf die
Bühne zu stellen. Es musste kreatives Gedankengut mit technischen
Innovationen verbunden werden, wie das von dem Freiherrn Maximilian
von Lütgendorf Jahrzehnte vorher in Augsburg – allerdings erfolglos
– versucht worden war. Ein technisches Spektakel eines erstmaligen
Ballonaufstiegs, welches bei jedem Versuch große Scharen
sensationshungriger Menschen aus nah und fern angezogen hatte. Der
Impresario Emanuel Schikaneder, Librettist von Mozarts
„Zauberflöte“, gastierte zu der Zeit mit seiner Wanderbühne in
Augsburg, komponierte für seine Theatertruppe eigens das sehr
erfolgreiche Singspiel „Der Luftballon“ und ist … Profiteur der
technischen Fehlschläge. Denn nach jedem von diesen Versuchen
strömen die Besucher in seine Aufführungen.
Linckes
Überlegungen fallen in eine dafür geradezu prädestinierte Zeit. Denn
zum Zeitpunkt, als der Pionier der Luftfahrt, Otto Lilienthal, seine
ersten Flugexperimente unternahm und 1896 dabei in einem Berliner
Vorort tödlich verunglückte; zu einer Zeit, in der sich die Deutsche
Graf von Zeppelin und August von Parseval bemühten, ihre
Luftschiffkonstruktionen anzuwenden und auch auszubauen – ja, da lag
im wahrsten Sinne des Wortes – etwas ganz Besonderes in der Luft!
Offizielle
Stellen hatten sich anfangs geweigert, diesen Pionieren der
Luftfahrt ihre Unterstützung zu geben; sie hielten diese „verrückten
Ideen“, fliegen zu wollen, für den reinsten Operettenstoff! Ja, so
war das damals …! Der reinste Operettenstoff …, das war das
Stichwort für Paul Lincke und seinen Librettisten Heinz
Bolten-Baekers. So entstand die Idee für die Operette „Frau Luna“,
in welcher der Berliner „Steppke“ diesen „verrückten“ Gedanken hat,
mit einer Ballonfahrt „Frau Luna“ auf dem Mond zu besuchen. Wie
aktuell dieser Mythos bis zum heutigen Tage ist, bei dem der Mensch
– gleichsam wie Ikarus und Daedalus in der griechischen Mythologie –
wie ein Vogel durch die Lüfte fliegt, ist ein Menschheitstraum und
exemplarisch auch noch in unserer Zeit aktuell durch das Musical
„Zeppelin“ von Ralph Siegel, dessen Uraufführung für 2021 im
Festspielhaus von Neuschwanstein/Bayern geplant war.
„Frau Luna“,
der spätere Welterfolg, ward geboren. Diese Operette startete 1898
im Apollo-Theater in Berlin; sie wurde nicht nur ein
Sensationserfolg für das Premierenpublikum, sondern bald wurden die
beliebten Melodien „O Theophil“, „Schenk mir doch ein kleines
bisschen Liebe“, „Schlösser, die im Monde liegen“ von allen
Drehorgeln auf der Straße gespielt. Die sensationelle Aufführung der
Ausstattungs-Operette „Frau Luna“ in Berlin wurde in kurzer Zeit ein
Welterfolg für beide, Librettist und Komponist. Das Apollo-Theater
war durch die geniale Idee der beiden Schöpfer der „Frau Luna“
finanziell gesichert und hatte mit dieser Operette für lange Zeit
ein ausverkauftes Haus.
Dieser riesige
Erfolg war letztendlich der Grundstein für Lincke, sich ein
wirtschaftliches zweites Standbein zuzulegen und er gründete den
Apollo-Verlag. Franz Lehar tat es ihm später nach mit der Gründung
seines „Glockenverlages“. Ob ein Zufall oder eine Laune der
Weltgeschichte: das Mondprogramm der NASA mit der Landung der ersten
Menschen auf dem Mond wurde von den USA als Apollo-Programm
entwickelt. Ob der Lincke-Verehrer und Raketenforscher Wernher von
Braun hier im Hintergrund die Fäden gesponnen hat, muss Spekulation
bleiben. –
Sämtliche
Uraufführungen seiner Kompositionen der Singspiele, Operetten,
Revuen, Varietémusiken, Couples, musikalische Parodien fanden bis
1909 in Berliner Theatern statt. Damit war gleichzeitig auch der
Zenit seines Schaffens erreicht. Seine weiteren Werke erblickten das
Licht der Theaterwelt mit „Grigri“ in Köln (1911), in Darmstadt die
„Champagner-Visionen“ (1911), Düsseldorf mit „Fräulein Kadett“
(1914), Chemnitz „Casanova“ (1913), Hamburg mit „Pst! Pst!“ (1917)
und Memel mit „Stahl und Gold“ (1917) (heute Klaipėda/Litauen). Mit
Ausnahme der Operette „Der Liebestraum“ (Uraufführung 1940 in
Hamburg) komponierte er ansonsten nach dem 1. Weltkrieg kein
Bühnenwerk mehr. Er konnte sich weder mit dem Tango noch mit dem
Foxtrott befreunden und zeigte sich bis zu seinem Tode als der
Komponist, der in den Jahren um die Jahrhundertwende instinktsicher
und volkstümlich den Ton dieser preußischen Weltstadt getroffen
hatte und der seiner Art treu blieb.
Kaum bekannt
ist, dass Lincke auch ein Pionier auf einem ganz bestimmten
musikalischen Sektor gewesen ist. Er gehörte zu den ersten
Komponisten von Filmmusiken und nahm gemeinsam mit Richard Strauss
auch eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung und Ausgestaltung des
Urheberrechts im Sinne der Komponisten und Textdichter ein. Es
handelt sich um den Vorläufer der GEMA.
Nach dem 1.
Weltkrieg wird es still um den Königlichen Kapellmeister, zu dem
Paul Lincke bereits 1887 ernannt worden war, als er am
Königstädtischen Theater die Funktion des musikalischen Direktors
innehatte. Er widmet sich mit Verve den administrativen Aufgaben in
dem von ihm gegründeten Apollo-Verlag. Nur noch gelegentlich wirkte
er als Gastdirigent bei Aufführungen eigener Kompositionen mit.
Anlässlich seines 70. Geburtstages wird er zum Ehrenpräsidenten des
Berufsstandes der deutschen Komponisten ernannt. Weitere Ehrungen
verdeutlichen seine herausgehobene Stellung. So erhob ihn seiner
Heimatstadt an seinem 75. Geburtstag zu ihrem Ehrenbürger und
verleiht ihm auch gleichzeitig ihre höchste städtische Auszeichnung
mit der „Goethe Medaille“. Ein Jahr später erfolgt die Ernennung zum
Professor. 1943 werden ihm zu Ehren eine Straße und ein Platz
benannt, der „Paul-Lincke-Platz „und das „Paul-Lincke-Ufer“ in
Kreuzberg.
Es folgt die
Zeit, in der durch ständige Bombardements der Alliierten Berlin
immer mehr in Trümmer versinkt und viele Straßen, Plätze und
historische Gebäude mit ihren Namen und Bezeichnungen kaum noch zu
erkennen sind und Straßenumbenennungen ohnehin eine Farce
darstellen. Während 1943 Paul Lincke ein Gastspiel in
Marienbad/Sudetenland mit dem Dirigat seiner Operette „Frau Luna“
hat, vernichtet ein Bombenhagel in Berlin sowohl seine Wohnung als
auch den Apollo-Verlag in der Oranienstraße. Lincke war über Nacht
ein bettelarmer Mann geworden, macht von der Möglichkeit einer
Evakuierung Gebrauch und bleibt im Sudetenland. Er sollte bis zu
seinem Tod sein geliebtes Berlin nicht mehr wiedersehen.
Nach der
Kapitulation Deutschlands flüchtete der große Komponist zunächst
nach Arzberg in Oberfranken. Vergebens bemühte sich Lincke in der
Folgezeit bei den Westalliierten der Stadt Berlin um eine
Zuzugsgenehmigung. Obwohl der „Vater der Berliner Operette“ nie
NSDAP-Mitglied war, steht er bei den westlichen Siegermächten in
deren Stadtsektoren auf dem Nazi-Index und wird als solcher
behandelt. Seine Anträge, bei denen er von dem amerikanischen
General Pierce unterstützt wird, werden mit den unterschiedlichsten
Begründungen abgelehnt. Stattdessen wird er auch noch mit
Auftrittsverbot belegt. Gründe sind unter anderem der 1933
komponierte Marsch „Unsere braunen Jungs“, die Ernennung zum
Ehrenpräsidenten der „Deutschen Komponistenvereinigung“ als
Unterorganisation der „Deutschen Reichskünstlerkammer“,
Mitgliedschaft im Vorstand der Kameradschaft der deutschen Künstler
e.V. und die Nähe zu Josef Goebbels, der mehrfach die
Schirmherrschaft von Veranstaltungen von und mit Paul Lincke, den er
verehrte, übernommen hatte.
Als
gebrochener, herzkranker Mann macht er dann von dem Angebot
hilfreicher Freunde Gebrauch, die ihn 1946 bei sich in Hahnenklee
(heute ein Ortsteil von Goslar/Harz) aufnahmen. Sein
Gesundheitszustand verschlechterte sich zusehends und als noch eine
Gallenblasenentzündung hinzu kommt, stirbt er neun Wochen vor seinem
80. Geburtstag im Krankenhaus von Clausthal-Zellerfeld am 4.
September 1946. Einen Tag vorher, also am 3. September, erhält er
aus Berlin endlich die heiß ersehnte offizielle Zuzugsgenehmigung in
seine Heimatstadt. Manche Zufälle im Leben sind bekanntlich kurios.
Seine
Ruhestätte findet er auf dem Friedhof in Hahnenklee; wo ihm zu Ehren
auch eine Lincke-Statue aufgestellt ist. Mit der jährlichen
Verleihung des „Paul-Lincke-Ringes“ wird er in einer würdigen
Festveranstaltung in der Kaiserpfalz von Goslar geehrt und seines
musikalischen Vermächtnisses gedacht.
Doch die Urberliner Musikikone lebt
mit seinen volkstümlichen Melodien im Herzen der großen Gemeinde
seiner Verehrer mit seinen Melodien weiter. Der Gründervater der
„Ohrwürmer“ vermittelt noch heute seinen Musikliebhabern ein
Feuerwerk an Lebensfreude, gepaart mit Vitalität, Dynamik und
Temperament und einer großen Prise Lebenskraft.
Anlässlich seines 50. Todestages
veranstaltete die Kurdirektion „Die Oberharzer“ im neu eröffneten
Kurhaus in Altenau eine umfangreiche museale Ausstellung und ein
hochkarätiges Gedächtniskonzert im historischen „Glückauf-Saal“ in
der Bergstadt Clausthal mit Gesangssolisten der Staatsoper Hannover
und dem „Salon-Orchester“ aus Detmold. Ein besonderes Konzert, das
bei diesem Anlass und den Beteiligten natürlich ausverkauft war.
Dem ehemaligen Leiter des FDGB-Orchesters im Bezirk Magdeburg, der
damaligen DDR, sollte es vorbehalten bleiben, in Bremen die Musik
des Schöpfers der Berliner Operette weiterleben zu lassen. Maestro
Herbert Plümecke stand in vorderster Front beim Volksaufstand am 17.
Juni 1953, flüchtete nach dessen Niederschlagung nach Bremen und
übernahm zunächst das dortige Orchester der IG Metall. Er gründete
anschließend eine dreißigköpfige Blaskapelle und ein wenig später
noch das aus rund 50 Musikern bestehende „Bremer
Unterhaltungsorchester“.
Einmal im Monat spielte dieser
Klangkörper in Bremens Konzertsaal „Die Glocke“. Bei diesen
Nachmittagskonzerten (die 1.400 Plätze waren immer ausverkauft) -
Paul-Lincke-Melodien im Programm immer ein fester Bestandteil, denn
Plümecke war ein großer Lincke Verehrer. Dieser Orchesterleiter
verfügte privat über das gesamte Orchestermaterial seines Idols, was
den großen Vorteil hatte, keine Ausleihgebühren zahlen zu müssen.
Aus welcher Quelle die Noten stammten – dieses Geheimnis nahm der
Lincke-Liebhaber mit in sein Grab. –
Ob die überlieferte Feststellung eines Tuttigeigers des Bremer
Orchesters zutreffend ist, er habe in einem großen
Paul-Lincke-Potpourri in seiner 1940 gedruckten Stimme noch den
Stempelaufdruck „Luft-Nachschubkompanie 7/VII“ mit Reichsadler und
Hakenkreuz entdeckt, ist nicht mehr verifizierbar – aber durchaus
möglich.
Etliche Lincke-Kompositionen sind
uns als Vermächtnis geblieben; es sind quasi Schlager, die zeitweise
die Funktion von Volksliedern einnehmen. So besonders sein Marsch
„Das ist die Berliner Luft“, mit dem er seiner Heimatstadt eine Art
Lokalhymne schenkte. Regelmäßig bildet dieser „vermicus auditus“ als
Ohrwurm bis heute den Abschluss der Waldbühnenkonzerte der „Berliner
Philharmoniker“.
Zitatende |
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Rudolf Schock
... am
04. September 1915 geboren
Foto:
Rembrandt-Verlag |
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Er war nach
Richard Tauber einer der populärsten Tenöre des mittleren und
ausgehenden 20. Jahrhunderts.
1948 stieg er in eine für Tauber geplante Tournee durch Australien
ein und konnte dann in die 50er Jahre hinein die Partien seines
Fachs, des lyrischen Tenors, singen: Fernando, Belmonte, Tamino -
der Ehrgeiz - ein Buffo will Lyrischer, ein Lyrischer will Held sein
- führte ihn dann an Partien, für die seine Stimme nicht oder nur
bedingt geeignet waren.
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In Düsseldorf sang er Mitte
der 1950er Jahre Karlos und dort auch Manrico.
Wieland Wagner hatte mit ihm in Hamburg Don José gemacht und ihn zu den
'Wagner Festspielen' eingeladen. Dort sang er 1959 den Stolzing.
Ein Beispiel, wie Intendanten bei der Beurteilung von Stimmen irren können.
Glücklicherweise konnte er schon Mitte der 50er zur Schallplatte ausweichen.
Dort spielte er - häufig mit Josef Metternich als Bariton-Partner - Partien
ein, die er auf der Bühne nicht sang und die ihn verständlicherweise, da nur
Takes aufgenommen wurden, nicht so sehr strapazierten wie ein
durchgehaltener Life-Opern-Abend.
Sein foto- und telegenes Aussehen, sein selbstverständliches Spiel schufen
ihm Möglichkeiten, sich in Eleganz und Natürlichkeit der Operette zu widmen,
im Film aufzutreten und damit dem breiten Publikum bekannt zu werden, was
durch geschicktes Management unterstützt wurde.
Nach einem Herzinfarkt, den er beim Joggen auf Sylt erlitt, widmete er sich
publikumswirksam dem Breitensport - auf Wandertouren durch Deutschland, die
mit Aufnahmen von Wanderliedern - häufig mit den Schaumburger Märchensängern
- vermarktet wurden.
Rudolf Schocks Bruder war als Tenor im Chor des Theaters Regensburg
engagiert.
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Giacomo Meyerbeer
... am 05. September 1791
geboren
Foto: de.wikipedia.org |
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Als Sohn des
Zuckerfabrikanten Jakob Beer und der Lottokonzessionärin Amalia
Meyer kam er in Vogelsdorf bei Berlin zur Welt und wuchs in den
gehobenen Kreisen der preußischen Hauptstadt auf.
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Schon mit 11 Jahren
war er als Pianist gefragt, dem Kreis gehörten Iffland und Alexander
von Humboldt an. Zelter empfahl ihn an Anselm Weber und der wiederum
nach Darmstadt an Abbé Vogler, der zur gleichen Zeit auch Carl Maria
von Weber unterrichtete.
Paris stand unter dem Eindruck der Juli-Revolution von 1830, Rossini zog
sich nach Bologna zurück und Meyerbeer nahm den Platz als führender
Komponist der französischen Hauptstadt ein.
Die kurze Zeit als Generalmusikdirektor in Berlin von 1842 bis 1848 zur Zeit
von Friedrich Wilhelm IV. brachte ihn künstlerisch nicht voran, so dass er
sich wieder nach Paris begab.
●
Richard Wagner versuchte über Meyerbeer in Paris Fuß zu fassen - aber der
jüdische Komponist hatte längst das Talent des Sachsen erkannt und widmete
sich mehr dem eigenen Fortkommen als einen Konkurrenten zu fördern.
Nicht nur gegen den großen Konkurrenten Meyerbeer sondern auch gegen den
ebenfalls erfolgreichen jüdischen Komponisten Mendelssohn richtete sich
Wagners Schrift 'Das Judentum in der Musik' - 1850 und 1869 veröffentlicht.
●
Galt Meyerbeer noch Anfang des 20. Jahrhunderts als Vollender der Grand
Opéra, geriet er im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit, der Zeitgeist und
der Geschmack des Publikums war ein anderer als der, da die Werke
geschrieben wurden.
Heute finden sie - nun ín ihrer originalen Konzeption und Werkgestalt - dank
kritischer Neuausgaben wieder zurück auf die Bühnen.
Die DOB zeigte in der Spielzeit 2014/2015 in einer konzertanten Aufführung
'Dinohra', die 1859 in Paris uraufgeführt wurde.
Hier schließt Meyerbeer an die Form der romantisch-komischen Oper an, die
auch Bellinis 'Nachtwandlerin' beinhaltet. Die Arie 'Ombre légère' gehörte
zum Repertoire der Adelina Patti wie auch der Maria Callas.
Auf den Spielplan zur szenischen Aufführung in Berlin kamen auch die Opern
'Die Afrikanerin', 'Der Prophet' und 'Die Hugenotten'.
Berliner Schiller Theater
... am 06. September 1951
Das Gebäude entstand in den Jahren 1905/06 und wurde 1938 nach den
architektonischen Vorstellungen der Nazis umgebaut.
Am 23. November 1943 fiel das Schiller-Theater einem alliierten
Bombenangriff
zum Opfer.
1950 begann der Wiederaufbau, der ein Jahr darauf abgeschlossen werden
konnte. Eröffnet wurde mit 'Wilhelm Tell' als Produktion der Staatlichen
Schauspielbühnen Berlin für 1067 Zuschauer.
Der Berliner Senat wollte nach dem Zweiten Weltkrieg an die alten Erfolge
anknüpfen, die in den 20-er und 30-Jahren das Haus bestimmten.
Dem Intendanten Heinrich George folgten Theaterleiter wie Boleslaw Barlog,
Boy Gobert.
Es gab prominente Besetzungen:
Heinrich George und Hermine Körner, Bernhard Minetti, Curt Bois, Berta Drews
und Carl Raddatz und Fritz Kortner.
1993 wurde das Haus geschlossen und alle Beschäftigten entlassen.
So erhielt auch Bernhard Minetti ein lapidares Schreiben des Berliner
Senats, sein Vertrag sei gekündigt.
Ulrich Roloff-Momin war damals Kultursenator für die SPD, was ja alles sagt,
der auch für die Schließung des Metropol-Theaters in Berlin zuständig war.
Bis zum Abschluss der Renovierungsarbeiten der 'Staatsoper Unter den Linden'
beherbergte das Schillertheater die Berliner Staatsoper, die dorthin
ausquartiert war.
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Albert Bassermann
... am 07. September 1867 geboren
Foto:
de.wikipedia.org |
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Für
seine herausragenden schauspielerischen Leistungen erhielt der den
Iffland-Ring schon 1911 als er bei Otto Brahm am Deutschen Theater
in Berlin engagiert war.
Es wurde versucht, ihn in Deutschland zu halten, aber schon 1920
siedelte er in die Schweiz über.
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1928 spielte er den Vater Knie bei der Uraufführung von
Carl Zuckmayers 'Katharina Knie' - nicht im Schauspielhaus, sondern im
Vier-Mast-Zelt des Circus Knie.
1933 trat er in Berlin in 'Schlageter' von Hans Johst – ‘Adolf Hitler 'in
liebender Verehrung' gewidmet - auf, verließ 1934 die GDBA, weil ein
geplantes Gastspiel in Leipzig wegen der jüdischen Herkunft seiner Frau,
abgesagt worden war.
1938 notierte Goebbels in seinem Tagebuch, dass Bassermann wieder in
Deutschland spielen wolle, er aber ziemliche Bedingungen stelle.
1939 reiste er in die USA und spielte im Hitchcock-Film 'Mord' und 1941 in
der Wiederverfilmung von Zuckmayers 'Hauptmann von Köpenick' den Schuster
Wilhelm Voigt.
Auf der Suche nach Engagements pendelte er zwischen Amerika und der Schweiz.
Kurz vor der Landung in Zürich starb er im Flugzeug.
Max Reinhardt
... am 09. September 1873 geboren
Foto:
de.wikipeida.org |
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Er war ein hervorragender Schauspieler, der 'wir haben alle mal alt
angefangen' in den entsprechenden Maskierungen und Kostümierungen am
Deutschen Theater in Berlin auftrat. |
Er folgte Otto Brahm in der
Leitung dieses Theaters und erzielte außergewöhnliche Erfolge mit seinen
Inszenierungen, was volle Häuser bewirkte. Die finanziellen Erfolge wurden
ohne Subventionen erreicht. Man spielte auf hohem Niveau das, was dem
Publikum gefiel und stülpte nicht - wie heute üblich - den Stücken
irgendeinen Murks über.
Möglich ist das nur, weil genügend öffentliche Gelder zur Verfügung stehen,
die im Rahmen der Budgets vergeudet werden dürfen.
Die Theater haben einfach zu große finanzielle Möglichkeiten für Bühnenbild
und Regie.
Typisches Beispiel hierfür die Produktionen in Bayreuth, deren Ausrichtung
ja auch noch von den Richard Wagner-Vereinen ohne Kritik hingenommen werden.
Dabei will man sich doch - nach Satzung - für das Werk Richard Wagners
einsetzen.
Wäre wohl der sächsische Meister mit dem einverstanden, was heutzutage am
'Grünen Hügel' und sonstwo geboten wird?
●
1919 übernahm Max Reinhardt
den Zirkus Schumann, ließ ihn von Poelzig zum großen Schauspielhaus umbauen
und spielte dort 'Sommernachtstraum' und 'Orestie' in großen
Masseninszenierungen.
1920 ging er nach Wien, gründete das Max-Reinhardt-Seminar und pachtete das
Theater in der Josephstadt.
Mit Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss - dessen Rosenkavalier er 1911
in der Dresdener Uraufführung betreut hatte - gründete er im gleichen Jahr
die Salzburger Festspiele.
Zum 25. Bühnenjubiläum seiner Leitung des Deutschen Theaters schrieb Carl
Zuckmayer 1930 eine Würdigung in der Zeitschrift 'Der Neue Weg' unter dem
Titel 'Der Zauberer'.
Reinhardt war anfänglich für die Uraufführung von Zuckmayers 'Der Hauptmann
von Köpenick' vorgesehen - ein Vorhaben, das sich heute aus nicht mehr
nachvollziehbaren Gründen, nicht realisiert wurde.
Durch den Einmarsch der Nazis 1938 war für ihn als Juden kein Bleiben mehr
in Deutschland und in seinem Schloss Leopoldskron in Österreich, so dass er
in die USA emigrierte.
Er versuchte an die Erfolge vor dem Ersten Weltkrieg in Amerika mit der
‘Mirakel‘-Inszenierung von Karl Gustav Vollmoeller anzuknüpfen, was ihm aber
nur ungenügend gelang.
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Franz Werfel
... am 10. September 1890 geboren
Foto: Projekt
Gutenbergt |
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Am 16. März
1933 unterzeichnete er als Mitglied der Deutschen Akademie der
Künste eine Loyalitätserklärung für die Reichsregierung - und doch
wurde er im Mai 1933 aus der Akademie ausgeschlossen. |
Mit Schuschnigg war er seit
1934 befreundet, bis 1938 blieb er in Österreich, dann floh er nach
Frankreich, bis er sich nach der Besetzung des Landes durch die Nazis auch
dort nicht mehr aufhalten konnte.
Über die Pyrenäen floh er zu Fuß gemeinsam mit Heinrich, Nelly und Golo Mann
über Spanien nach Portugal und weiter nach Amerika.
In Beverly Hills konnte er sich niederlassen und sein Versprechen einlösen,
ein Buch zu schreiben, wenn er die Flucht lebend überstehe.
Der Roman 'Das Lied von Bernadette' wurde 1943 mit großem Erfolg mit
Jennifer Jones verfilmt.
Bereits 1939 hatte er im Bermann-Verlag in Stockholm seinen Roman 'Der
Veruntreute Himmel - Die Geschichte einer Magd' veröffentlichen können, der
nach seinem Tod 1945 von Ernst Marischka 1958 mit Kurt Meisel und Anny Rosar
verfilmt wurde.
Die für sein literarisches Weiterkommen entscheidenste Begegnung war 1917
die mit Alma Mahler, der Witwe von Gustav Mahler und Gattin von Walter
Gropius.
Sie war eine Frau von großem Kunstverstand und Kunstinstinkt, sie spürte
Talente auf und hielt an ihnen fest, bis sich ihre Vorausschau bestätigte.
Auch Werfel erkannte dies, heiratete sie und meinte: wenn er Alma nicht
begegnet wäre, sein selisches Verkommen wäre nicht zu verhindern gewesen,
nachdem er vielleicht noch hundert Gedichte geschrieben hätte.
Ihm gegenüber äußerte sie sich später einmal, in Mahler habe sie den
extravaganten Geist geliebt, in Gropius die immense Sachlichkeit und in ihm
die Naturgewalt seiner Erotik.
Alma Mahler war die Taufpatin von Erika Slezak, der sie einen
Beethoven-Brief schenkte, den Gustav Mahler 1907 von den Wiener
Philharmonikern bekommen hatte.
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Heinrich Hoffmann
... am 12. September 1885
geboren
Foto: DHM |
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Schon 1919 machte der spätere
'Reichsbildberichtserstatter' der NSDAP Bekanntschaft mit Adolf
Hitler und wurde dessen ständiger Begleiter. Er hielt die
Exklusivrechte an allen Fotos, die vom 'Führer' gemacht wurden. |
Im Rahmen dieser Tätigkeiten sichtete er
auch jährlich die Exponate zur Großen Deutschen Kunstausstellung im
Haus der Deutschen Kunst in München.
Ende August 1937 soll er sich an einer
Beschlagnahmewelle in Hamburg beteiligt haben, während derer allein in
Hamburg 770 Kunstobjekte 'aus dem Verkehr' gezogen wurden.
Kolportiert wird die Aussage vom Pressereferenten des
Reichspropagandaministers, Wilfred von Oven, vom 18. März 1945, wonach
Hoffmann Gewohnheitssäufer gewesen sei und von Hitlers Gnaden Millionär
wurde.
Auch wird in dem Zusammenhang berichtet, Goebbels hätte einen Wutanfall
bekommen und sich drastisch geäußert:
'Dieser bucklige Säufer mit seinem blau-roten Gesicht hatte doch tatsächlich
die Unverschämtheit, dem Führer in Anwesenheit meiner Frau den Vorschlag zu
machen, ihn zum Kultusminister zu machen ... Ich sei gewiss ein guter
Redner, meinte er, aber von Kunst verstünde er doch mehr. Man sollte es kaum
glauben. Aber wahrscheinlich war er wie gewöhnlich besoffen.'
In Hoffmanns Fotolabor lernte Hitler seine spätere Geliebte und auch Ehefrau
Eva Braun kennen.
Hoffmann war der Schwiegervater von Baldur von Schirach.
Im
April 1945 setzte sich Hoffmann nach seinem letzten Besuch bei Hitler nach
Bayern ab und wurde in Oberwössen von der US-Armee festgenommen.
Im Oktober 1945 wurde er in das Zellengefängnis des Internationalen
Militärgerichtshofs nach Nürnberg verlegt, wo er seine Archivbestände ordnen
musste, um so Beweisdokumente für die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse zu
sichern.
Zitat
Im Januar 1946 wurde das
Entnazifizierungsverfahren gegen den „Leibfotografen“ und engen
Freund Hitlers in München eröffnet. Hoffmann wurde zunächst als
Hauptschuldiger (Gruppe I) eingestuft, Hoffmanns Professorentitel
wurde annulliert; es gelang ihm jedoch immer wieder, gegen die
Entscheidung des Gerichts, das eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren
verhängt hatte, Rechtsmittel einzulegen. Schließlich wurde er zu
vier Jahren Haft und zur Konfiszierung seines gesamten Vermögens
verurteilt, welches 1943 auf sechs Millionen Reichsmark geschätzt
wurde und allein 278 Kunstwerke enthielt.
Nach seiner Entlassung aus der Haft im Jahre 1950 siedelte er sich
in dem Dorf Epfach an, rund 80 Kilometer südwestlich von München. In
der Sowjetischen Besatzungszone wurden sämtliche Schriften und
Bildbände Hoffmanns auf die Liste der auszusondernden Literatur
gesetzt.
Zitatende
(Wikipedia) |
Rolf Liebermann
... am 14. September 1910
geboren
Foto: Schröder Verlag |
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'Göndi' war in
dritter Ehe mit ihm verheiratet - sie liebte ihn, er wollte sie
verlassen - sie wollte ihn gehen lassen, aus Liebe, konnte aber
nicht ohne ihn leben - sie fragte, was soll ich tun, da ich dich
gehen lassen will, aber nicht ohne dich leben kann?
Er sagte: "Schreib ein Buch über mich!"
Foto: NDR
Ticketshop.de |
Der
Aufstieg von Rolf Liebermann, dem Juristen, Assistenten von Hermann
Scherchen, Radiomann in der Schweiz, der Intendant in Hamburg wurde, dann
nach Paris ging und wieder nach Hamburg an die dortige Staatsoper
zurückkehrte
Der Komponist des 'Furioso' von
1947, das seinen Namen in der Welt bekannt machte, 1952 kam seine
'Leonore 40/45' in Basel heraus, 'Penelope' wurde bei den
Salzburger Festspielen 1954, die 'Schule der Frauen' 1955 uraufgeführt.
Er war der Meinung, dass es bald nur noch die großen Theater mit
Stückverträgen geben werde, die kleinen Ensembletheater müssten aus
Geldgründen und Publikumsschwund mangels qualitätsvoller Produktionen, die
auch die Jugend ansprechen und nicht den Bildungsauftrag außer Acht lassen,
schließen.
Hatte er unrecht?
Viele Sänger und Sängerinnen wurden von ihm gefördert - er holte Placido
Domingo in dessen Anfängen an die Hamburgische Staatsoper.
Will
Quadflieg
... am 15. September 1914
geboren
Foto:
imdb.com
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'Wir spielen immer' war der Titel seines Buches, in welchem er
mitteilt, dass er 'in Propagandafilmen idealistische Jünglinge
gespielt' habe.
Dass er die Rolle berühmter Schauspieler im NS-Staat verschweigt,
dokumentiert seine kollegiale Haltung und dass er ein unpolitisches
Privatleben führte.
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Ab 1940 war er der Jungstar an Heinrich Georges Schiller-Theater in Berlin
und in vielen Filmen zu sehen:
'Der Maulkorb', 'Kora Terry', in antibritischen Filmen 'Das Herz der
Königin', 'Mein Leben für Irland'.
Ab 1947 engagiert am Schauspielhaus in Hamburg - unter Gründgens spielte er
den Faust in der Verfilmung mit dem Intendanten als Mephisto.
Er zog sich in den 60er und 70er Jahren weitgehend von der Bühne zurück als
die Modernisierer ihr Werk der Zerstörung begannen, indem sie Meisterwerke
für ihre Quatschinszenierungen verkleisterten und mit schwachsinnigen
Aktualisierungen überklebten.
Erst mit Rudolf Noelte, der sich dem Autorentheater verpflichtet fühlte,
kehrte Quadflieg wieder auf die Bühne zurück, spielte am Thalia in Hamburg.
Dem breiten Publikum bleibt er in Erinnerung als Heribert Sachs in Dieter
Wedels TV-Opus 'Der große Bellheim'.
Ernst Deutsch
... am 16. September 1890
geboren
Foto:
Bertelsmann Schallplattenring |
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Auf dem Hradschin
spricht er dem Regisseur Berthold Viertel den Romeo in der Balkonszene vor.
Daraufhin erhält er ein Engagement an das Volkstheater in Wien.
Dort spielt er mit Fritz Kortner den Titus in 'Alles um Geld' von Eulenberg
und schließt Freundschaft mit Franz Werfel und Ernst Polgar.
Ab 1916 am Albert-Theater in Dresden, hier ist er der Moritz Stiefel in
'Frühlingserwachen', der Tasso, der Mortimer - in Dresden verabschiedet er
sich als Oswald in 'Gespenster'.
Schon ab 1917 bei Reinhardt in Berlin z.B. als Arnold in 'Michael Kramer'.
1918 kam der Film, der ihn auch nach der Emigration nach Hollywood
beschäftigte, hier unter dem Pseudonym Ernest Dorian meist in Nazi- oder
Offiziersrollen.
1947 kehrte er an das Burgtheater in Wien zurück.
In dem Film 'Der dritte Mann' von 1949 neben Orson Welles war er der Baron
Kurtz.
Er gastierte in der
ganzen Welt, war Nathan und Shylock - auch in der Inszenierung von Piscator
in seinem letzten Auftreten in Berlin.
Als Charakterschauspieler der Nachkriegszeit in Hauptmanns 'Vor
Sonnenuntergang', in Salzburgs Jedermann 'Der Tod'.
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Heinrich Laube
... am 18. September 1806
geboren
Foto: ZVAB
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Er war ein
Jugendfreund Richard Wagners in Leipzig und später in Dresden.
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Die Julirevolution von
1830, den Aufstand in Polen erlebt Laube in Leipzig, er ist Redakteur der
'Zeitung für die elegante Welt' und kennt den 17-jährigen Richard Wagner,
der die Druckmaschinen seines Schwagers Brockhaus zu sichern sucht, der aber
auch in dem Blatt seinen ersten Aufsatz 'Die deutsche Oper' veröffentlicht.
Der Briefroman 'Das junge Europa' dokumentiert Laubes Einstellung zum
'Jungen Deutschland' - alles war jung und neu an ihm, er dachte in die
Zukunft. Er war ein 'früher '68-er', die freie Liebe war seine Idee, alte
Sitten waren für ihn tot.
Wegen burschenschaftlicher Umtriebe und Anstiftung zur Unzufriedenheit gegen
den Deutschen Bund wird er verhaftet, in Naumburg unter Hausarrest gestellt
und 1836 zu sieben Jahren Festungshaft verurteilt.
Die Strafe wird auf 18 Monate reduziert, die er auf Schloss Muskau in der
Oberlausitz verbringt, diese allerdings fast 'in Freiheit' auf der
großzügigen Gartenanlage.
1849 wird er für 18 Jahre Leiter des Hoftheaters in Wien, übernimmt dann
noch 1869 das Stadttheater in Leipzig und 1872 das Wiener Stadttheater, das
er bis 1880 leitet.
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Veit
Harlan
... 22. September 1899 geboren
Foto: Amazon.de |
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Dass er mit der Jüdin Dora Gerson verheiratet
war, von der er sich 1924 scheiden ließ und die 1943 in Auschwitz
ermordet wurde, dass Hilde Körber ab 1929 seine zweite Frau war -
ist wenigen bekannt.
Mehr Aufmerksamkeit erhielt die Ehe mit Christina Söderbaum von
1939, da diese Darstellerin in den meisten seiner Filme auftrat, so
in 'Jugend', 'Die Reise nach Tilsit', 'Jud Süß', 'Der große König',
'Die goldene Stadt', 'Kolberg'. |
Harlan war anfangs Schauspieler am Staatstheater in Berlin, ging
dann in die Regie - hauptsächlich Film - und gewann das Vertrauen
der Nazis, da er die Themen richtig wählte, die Besetzung stimmte,
das Endergebnis gefiel, so dass er mit Preisen geradezu überschüttet
wurde.
Für 'Flüchtlinge' erhielt er 1933 den Staatspreis
der Reichsregierung,
für 'Der Herrscher' den Nationalen Filmpreis,
Für diesen Film wurde er von Hitler empfangen und Goebbels meinte am
12. März 1937 im Tagebuch:
'Modern und nationalsozialistisch. So wie ich mir die Filme wünsche ...
Der 'Führer' ist davon ganz ergriffen.'
Für 'Jud Süß' das Prädikat
staatspolitisch und künstlerisch besonders wertvoll, jugendwert.
Hierzu notierte Goebbels am 18. August 1940 im Tagebuch:
'Ein antisemitischer Film wie wir ihn uns nur wünschen können.'
Und 'Kolberg' erhielt noch im letzten Moment des Dritten Reichs die
Auszeichnungen:
- Film der Nation,
- staatpolitisch und künstlerisch besonders wertvoll,
- kulturell wertvoll,
- volkstümlich wertvoll,
- anerkennenswert,
- volksbildend,
- jugendwert.
Goebbels hielt am 1. Dezember 1944 im Tagebuch fest:
'Dieser Film ist für die Stimmung des deutschen Volkes von heute einer
gewonnenen Schlacht gleichzusetzen.'
1949 wurde er im Rahmen der Entnazifizierung vom Vorwurf des Verbrechens
gegen die Menschlichkeit vom Vorsitzenden Richter Dr. Tyrolf freigesprochen.
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Wallenstein
... am 24. September
1583 geboren
Die Reformation setzte den Menschen zu - ihr Halt an der katholischen
Religion ging verloren durch Vernunft, Wissen, die beide das Glauben
ersetzte.
Sie sahen sich dem Übersinnlichen ausgesetzt, sahen die Sterne und begannen
sie, in ihr Leben mit dem Wunsch nach einem Totalbild einzubinden.
Schiller bediente diese Tendenzen eines romantischen Aberglaubens als er die
Astrologie in seinen Wallenstein aufnahm.
'Seni', eigentlich: Giovanni Battista Senno, war nach Golo Mann ein
Scharlatan, der von Octavio Piccolomini bei Wallenstein eingeführt wurde.
Der 46-jährige überragende Militärstratege begab sich in die Hände eines
etwas mehr als 20-Jährigen.
Die Hintergründe, warum es gerade dieser Jüngling sein musste, sind nicht
aufzuklären.
Vieles aber ist in mehrfacher Hinsicht denkbar.
Dass nicht alles rational entschieden wird, war und ist jedermann bekannt,
hinterher ist die Klarheit größer. Da nun aber von Tag zu Tag die Sterne am
Himmel stehen und man von altersher wusste, wie Mond und Sterne das Leben
beeinflussen, so geriet die Menschheit in die Abhängigkeit der Astrologie.
Die Sterndeutung lag also im Falle Wallensteins in der Hand Senis, da Kepler
mit seinen Voraussagen den Feldherrn nicht tagesgenau befriedigen konnte.
Seni war überall neben Wallenstein, er hatte Tag und Nacht Zugang zu ihm,
war ihm nah, gab Ratschläge, wurde gut entlohnt und lieferte das, was
Wallenstein forderte - die Tagesauskunft.
Er erfuhr auch von den Strömungen gegen den von ihm so völlig Abhängigen -
dessen Leben in den Händen des ihm so Nahestehenden lag.
Den Mord sagte aber er so kurzfristig voraus, so dass Wallenstein seinem
Ende nicht mehr entgehen konnte.
Belegt ist, dass Seni bestochen worden war und für Geld Wallenstein opferte.
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Schillers dramatisches Gedicht
'Wallenstein' in drei Teilen wurde von 1798 - 1799 in Weimar uraufgeführt.
Basis des Werkes ist die Beschäftigung Schillers mit dem Dreißigjährigen
Krieg - der ja gerade 150 Jahre zuvor zu Ende gegangen war - und dem
rätselhaften Feldherrn Albrecht Wenzel Eusebius Wallenstein.
Regisseure mit großer Reputation setzten das Werk in Szene:
- Leopold Lindtberg,
- Oscar Wälterlin,
- Ulrich Erfurth,
- Karl Paryla,
- Gustav Gründgens,
- Hans Schalla,
- Hansgühnter Heyme,
- Walter Felsenstein,
- Manfred Wekwerth.
Die dramatische
Einrichtung von Heiner Müller in der Regie von Klaus Emmerich
von 1985
konnte nicht überzeugen.
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Minna von Barnhelm
... am 30. September
1767 uraufgeführt
Lessing gilt als wichtigster Wegbereiter der Weimarer Klassik.
Seine Dramen der noch vom barocken Stil geprägten Generation werden heute
kaum mehr gespielt, jedoch um so mehr seine Werke 'Miss Sarah Sampson',
'Minna von Barnhelm', 'Emilia Galotti', 'Nathan der Weise'.
Er setzte den damaligen Vorbildern Racine, Corneille als Vorbild Shakespeare
entgegen und schuf eine Neuinterpretation der Aristotelischen Dramentheorie.
Lessing hatte die Minna als 'Intrigantin mit guter Absicht' konzipiert und
damit eine Frau auf die Bühne gestellt, die sehr wohl weiß, wie sie sich
selber ins rechte Licht setzen und dabei auch noch die Umwelt und den
Liebhaber mit einbeziehen kann.
Lovis Corinth schuf die Bühnenbilder für eine Aufführung der 'Minna' in der
Regie von Max Reinhardt am 14. Januar 1904 mit Agnes Straub in der
Titelrolle und Eduard von Winterstein als Tellheim, 1910 inszenierte er das
Stück in München mit Else Heims - seine damals erste Ehefrau - und wieder
Eduard von Winterstein.
1951 brachten die Münchner Kammerspiele das Stück in der Inszenierung von
Fritz Kortner mit Maria Wimmer als Minna und Horst Caspar als Tellheim wie
auch ebenfalls an den Kammerspielen die Einrichtung von Dieter Dorn mit
Cornelia Froboess und Helmut Griem.
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In seinem 'Heldenplatz' lässt
Thomas Bernhard den Sohn des verstorbenen Professor Robert Schuster, Lukas
Schuster, während des Beerdigungsessen sagen:
Zitat
'Minna von
Barnhelm
das ist abgeschmacktes Theater
als Ablenkungstheater allerdings
nicht zu unterschätzen
zur Mutter
In Nathan
der Weise
in diese verlogenen Pathetik
wäre ich mit dir gegangen
aber Minna von Barnhelm
das ist zu lächerlich'
Zitatende
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Personalia
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Zitat
Musikkultur Rheinsberg
Dr. Benedikt Poensgen
10.05.2021.
Dr. Benedikt Poensgen (53) wird ab Herbst 2021 neuer Geschäftsführer
der Musikkultur Rheinsberg gGmbH. Dies haben die Gesellschafter und die eingesetzte Findungskommission im Rahmen eines
zweistufigen Bewerbungsverfahrens entschieden. Poensgen
folgt damit auf Thomas Falk, der die gGmbH seit 2016 in dieser
Position leitet.
Benedikt
Poensgen ist seit 2010 als Leiter des Kulturbüros der
Landeshauptstadt Hannover tätig. Zuvor war er seit 1998
Geschäftsführer und seit 2007 Geschäftsführender Intendant der
Internationalen Händel-Festspiele Göttingen GmbH.
Poensgen hat
neben Musikwissenschaften Italienisch und Amerikanistik in Hamburg
und Bologna studiert, arbeitete danach im Bereich Musikmanagement
und promovierte im Jahr 2004 an der Universität Hamburg über
Alessandro Scarlatti.
Zitatende |
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Ein
Interview
WohnArt:
Frau Professor Gilles, Sie geben nach Ihrer langjährigen Tätigkeit als
Opern- und Konzertsängerin, danach Dozentin an der Hochschule für Musik und
Theater Hannover und währenddessen einem Studium an der Uni Hildesheim mit
dem Abschluss Dipl.- Kulturwissenschaftlerin das Kulturjournal und dazu die
‘Mitteilung an meine Freunde‘ heraus. Was bezwecken Sie damit?
Gilles:
Wir haben seinerzeit aus gutem Grund in Hannover eine Bürgerinitiative ins
Leben gerufen und die Publikation ‘Mitteilung‘ eingerichtet, die für die
Zeit nach den Intendanzen Puhlmann und Klügl an der Niedersächsischen
Staatsoper Hannover ein faires öffentliches Bewerbungsverfahren zur
Neubesetzung der Planstelle ‘Opernintendanz‘ forderte, zumal seit 2002
Kündigungen Tausender von Abonnenten und ein stetiger Rückgang der
Besucherzahlen – Schließung des dritten Ranges war die Folge – zu
verzeichnen war.
Statt eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen, wurde vom Hinterzimmer
des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur – bar jeder
Transparenz und Fachkompetenz – einfach irgendjemand nach Hannover geholt.
WA:
Ja, aber die neue Intendantin hat doch erreicht, dass die Oper Hannover zum
Opernhaus des Jahres gewählt wurde.
Gilles:
Wir können leider nicht nachvollziehen, wie es zu dieser ‘Auszeichnung‘
kommen konnte, wenn doch der Spielplan in der Hauptsache Wiederaufnahmen aus
der Zeit ihres Vorgängers Dr. Klügl beinhaltet. Wäre das alles zu dessen
Zeit schon so toll gewesen, hätte doch das Ensemble diesen Preis vor Jahren
schon erhalten müssen. Außerdem: Es wurden ja so viele Theater zum
‘Opernhaus des Jahres‘ gekürt, zahlreiche Organe und Vereinigungen tun das.
Die Fachzeitschrift ‘Opernwelt‘ beispielsweise hat Genf und Frankfurt am
Main zu ihren ‘Opernhäusern des Jahres‘ gewählt.
WA:
Sie kritisieren also die Verfahren?
Gilles:
Film und Theater befinden sich – unabhängig von Corona –
in einem
personellen Krisenzustand.
In den USA: Weinstein, Epstein, Levine – von diesen Skandalen wusste die
Welt – alles Auswüchse der Verhaltensduldung durch entsprechendes
Leitungspersonal.
#MeToo deckte auf.
Im europäischen Raum Vorgänge z.B. in Trier, in Karlsruhe, in Wien, in
Düsseldorf, in Berlin.
Am Staatsschauspiel Hannover wird aktuell eine Stelle eingerichtet, die
einen Gast während seiner Tätigkeit als Regisseur beaufsichtigt, damit das
Ensemble vor Attacken dieses Spielleiters bewahrt wird.
Bürger wurden anlässlich der unsäglichen ‘Freischütz‘-Produktion von
Mitarbeitern der Hannoverschen Staatsbühne beschimpft und verbal in braunen
Sumpf gesteckt.
Das Theater griff nicht ein.
WA:
Wie sehen Sie denn die weitere Zukunft der Theater?
Gilles:
Weder Politik noch Bühnenverein haben sich um Kunst und Kultur an
den Theaterhäusern gekümmert. Man ließ alles laufen, da ja Kunst und Kultur
wegen mangelnder eigener Fachkenntnisse zu ‘klebrig‘ und damit gefährlich in
Bezug auf die eigene Positionierung beziehungsweise den Aufstieg in
politische Höhen sind. Daher weisen wir als Bürgerinitiative ungeschminkt
auf unqualifiziertes Handeln in den Leitungspositionen hin. Es ist
inzwischen Usus, dass Personen, die ein Stück, dessen Inhalt und Bedeutung
sie nicht kennen, verstehen oder verstehen wollen, in irgendeiner beliebigen
Form auf die Bühne bringen. Nur weil gerade eine Idee im Kopf herumspukt wie
der Filmregisseurin Doris Dörrie, die meinte ‘Rigoletto‘ als Bühnenfassung
des Films ‘Der Planet der Affen‘ zu inszenieren. Fragen Sie Zubin Mehta, er
wusste vor lauter Affenmasken nicht, wem er gerade welchen Einsatz geben
sollte. Das Stück erklärt eine derartige Veralberung und Verunstaltung
keineswegs besser oder verständlicher so in der Art.
Lesen Sie bei www.telezeitung-online.de
gleich auf der Titelseite unter dem Link
telezeitung-online/'Bemerkungen'
einige unserer Kommentare zum ‘Zerbrochnen Krug‘ oder zur ‘Tosca‘
oder zur ‘Aida‘ in Hannover oder ‘Kabale und Liebe‘ am Deutschen Theater in
Berlin oder ‘Tristan‘ in Braunschweig, in Regensburg, in Landshut und auch
‘Manon‘ und ‘Aida‘ in Regensburg. Alles Verfälschungen der Werke mit
Billigung der Intendanzen, von denen ummäntelt mit dem Hinweis auf ‘Freiheit
der Kunst‘.
Damit aber Nichterfüllung des Bildungsauftrages, Verlust aller Werte unter
Vergeudung von Steuergeldern bei gleichzeitiger Forderung nach
Systemrelevanz, die unter diesen Umständen auf keinen Fall zugestanden
werden kann.
Es müssen also schon – wie in Augsburg – bei der Ausschreibung von
Leitungspositionen qualifizierte Vorgaben der Betreiber gemacht und
festgestellt werden, was und wie ein Theater im Land, in einer Stadt, in
einer Kommune spielen soll.
Jetzt die Theaterleitungen an mehrere Personen zu verteilen wird nicht
funktionieren. Das hatten wir schon alles in Frankfurt am Man unter Peter
Palitzsch. Da bestimmte dann das Reinigungspersonal kraft Amtes im Rahmen
eines Mitbestimmungsmodells, ob ‘Carmen‘ nun gespielt wird oder nicht.
WA:
Wir bedanken uns für die Hinweise.
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Schlussbemerkung
Was ich nicht begreife, ist, dass wir
Deutschen nach dem entsetzlichen Krieg mit Fleiß und Anstand unser
verwüstetes Land wieder aufgebaut haben, nach und nach die alten Nazi-Größen
in den Ämtern ausgetauscht und mit der 68-er Revolution neue Formen des
Zusammenlebens eingeführt haben, dabei unseren Theatern einen hohen
Stellenwert zuerkannten, aber dann das alles vergaßen, als seit den 80er
Jahren eine neue Masche namens ‘Anything goes‘ sich breit machte.
Ein Musical von Cole Porter gleichen Namens importierte ein Lebensgefühl auf
die Bühne. Danach überfiel eine Horde von Regisseuren unsere klassischen
Opern und Schauspielhäuser unter diesem Motto, die in maßloser
Selbstüberschätzung ihre privaten Sex- und Politprobleme den Meisterwerken
und dem erschrockenen Publikum überstülpten.
Diese Welle des Ekels unter dem Vorwand politischer Relevanz treibt bis
heute das Publikum aus den Theatern überlebt aber dank der Subventionen
durch die politischen Amtsträger, die weder Interesse noch kulturelles
Wissen besitzen.
Massenveranstaltungen in gehörschädigender Lautstärke im stampfenden
Zweiertakt schaffen das Gefühl von dumpfer Zugehörigkeit. Klassische Musik
wird als lächerliches langweiliges völlig uncooles Gedudel diffamiert.
Bildung aber nicht Dressur auf ein politisches Ziel seien es Ausbildungen
für kriegerische Einsätze wie im griechischen Sparta oder ideologische Indoktrinationen
wie bei der HJ, bei dem BDM oder der FDJ, sondern der Bildungsgedanke
Humboldts, der Bildung als “höchste und proportionierteste Ausbildung der
Kräfte eines Menschen mit dem Ziel der Verknüpfung unseres Ichs mit der Welt
zu der allgemeinsten regesten und freiesten Wechselwirkung“ versteht, kann
unsere ehemalige Kulturnation wieder aus dem Tief von Verdummung und
Verrohung führen.
Die wunderbar reiche deutsche Sprache ist mit modischen Anglizismen
durchsetzt und durch eine falsch verstandene Frauenfreundlichkeit mit Glottis_innen und dümmlichen Sternchen, um irgendwelche sexuellen Varianten
darzustelllen, verunziert. Im Übrigen pöbelt man gröbstens in Fäkalsprache,
während unsere kulturellen Volksvertreter sich ganz regungslos in ihre
Sessel schmiegen, der sie langsam und sicher nach oben in höhere noch besser
bezahlte Ämter trägt.
Die klassische Musik, das Erlernen eines Instruments, das Singen im Chor,
das Mitwirken im Schul- und Jugendorchester sind unverzichtbar im Kampf
gegen Verdummung und Verrohung.
Dies ist kein esoterisches Gefasel, sondern pädagogische Notwendigkeit, denn
“Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie“ schrieb
Ludwig van Beethoven. Ich glaube ihm, nicht aber all dem destruktiven
Schrott, denn den kann ich nicht begreifen und ‘anything goes‘ geht
jedenfalls gar nicht.
ML Gilles
Impressum
….
erscheint als nichtkommerzielles Rundschreiben zu
-
ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg
kulturjournal
– Büro 93047 Regensburg – Holzländestraße 6 –
info@kulturjournal-regensburg.de
Verteilung:
Direktversand an ausgewählte Leserschaft u.a.
Mitglieder der
Bürgerinitiative-Opernintendanz -
http://bi-opernintendanz.de/
Niedersächsischer Landesrechnungshof,
Niedersächsische Landesregierung,
Justizbehörden,
Aufsichtsrat der Nds. Staatstheater Hannover GmbH,
Politische Parteien im Nds. Landtag,
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover,
Bund der Steuerzahler,
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger,
Richard-Wagner-Vereine,
Feuilletons von Tageszeitungen
RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover
RA Markus von Hohenhau, Fachanwalt für IT-Recht, Regensburg
RA Prof. Dr. Ernst Fricke, Fachanwalt für Bühnenrecht, München/Landshut
Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der
Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung -
Geglücktes oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch
Überspitztes und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach Artikel
5, Grundgesetz, in Anspruch.
Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen vom
Regionalfernsehen Regensburg, telezeitung-online.de und aus dem Internet u.a.
den Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der
Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..
Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich gemacht.
Fotos wurden Buch- und CD-Einbänden entnommen. Beiträge aus der Rubrik
‘Musiktheater‘ wurden als Zitate aus dem Hermes Handlexikon übernommen.
Leserbriefe stellen die Meinung des jeweiligen Verfassers dar.
Gender-Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf
Differenzierung und geschlechtsneutrale Formulierung. Entsprechende Begriffe
gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.
Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und beinhaltet keine
Wertung.
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