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Nr. 39
 

 

 



Zitat
"[…] Warum also sollte das Theater nicht stärker gefördert werden?
Weil eben gespart werden muss.

Die Staatsausgaben durch die Corona-Krise sind beträchtlich.

Irgendwo
muss mit den Einsparungen begonnen werden.

70 Millionen Euro jährlich für die Förderung der Staatstheater in Hannover, die es nach 2023 weiterhin geben soll, sind eine Menge Geld.
Damit muss man doch wirtschaften können.

Warum entwickeln die Staatstheater eigentlich oft so wenig Kreativität beim Sparen?

Braucht man wirklich einen so großen Chor?

Und so viele Spielorte gleichzeitig?

Müssen die Kulissen immer so gigantisch ausfallen?

Und wären die freigewordenen Mittel nicht anderswo besser eingesetzt? Etwa in der Forschung?
Oder in der Förderung benachteiligter Jugendlicher?

Solchen Fragen müssen sich die Theaterschaffenden stellen. […]

Zitatende

Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung 16.10.2021 - Seite 2

 



Kommentar zur HAZ vom 9. Oktober 2021

„Staatstheater befürchten Einbußen in Millionenhöhe“ meint das Leitungsteam.

Es geht ums Geld, das die Nds. Staatstheater in Niedersachsen vom Staat erhalten.

Das Budget wird für Hannover auf 70 Millionen Euro pro Jahr eingefroren, die zu erwartenden Tariferhöhungen für das Personal mit 1000 Festangestellten und rund 300 Freiberuflern und Soloselbständigen sollen – laut Haushaltsplan für den Zeitraum 2023 bis 2025 - nicht übernommen werden. was bedeutet, dass ein Fehlbetrag von 1,2 Millionen Euro pro Jahr entsteht.

Nach Meinung der Theaterleitung müsse das zwangläufig zu einer Reduzierung des Spielbetriebes führen, Spielstätten müssten geschlossen werden.

Sollte gar eine Sparte wie das Ballett wegfallen, dann, dann … werde sie die Arbeit niederlegen – meint die Frau Geschäftsführerin der Oper.

Außerdem müsse dringend investiert werden.
Die Tonanlage der Oper sei veraltet und müsse ersetzt werden. Das schlage mit 5 Millionen zu Buche, auch gebe es undichte Stellen im Dach. Bei einer Ballett-Vorstellung sei Wasser eingedrungen und es habe sich eine Pfütze auf dem Bühnenboden gebildet.

Im Schauspiel brauche das Inspizientenpult für ca. 1,8 Millionen eine Erneuerung. Der eiserne Vorhang habe sich einmal von diesem Arbeitsplatz aus nicht schließen lassen
.

Die Kosten für den Bau der Werkstätten hätten sich erhöht. Man läge jetzt schon 6 Millionen über dem genehmigten Budget von 26,5 Millionen Euro.
Der Baufortschritt liege 3 Jahre hinter dem Plan.

Die Geschäftsführung der Nds. Staatstheater Hannover GmbH wehrt sich gegen Einschnitte und erwägt Protestaktionen vor dem Landtagsgebäude.

Dieser Darstellung - aus Sicht der Geschäftsführung - stellte die HAZ am 15. Oktober einen Gastbeitrag des ehemaligen technischen Direktors des Staatstheaters Hannover gegenüber.

 

 

 



Zitat
„Jammern auf hohem Niveau“


Weil Oper und Schauspielhaus weniger Geld vom Land Niedersachsen erhalten sollen, regt sich Widerstand. Sind die Probleme womöglich hausgemacht?

Ein Gastbeitrag

Als ehemaliger Technischer Direktor der Staatstheater Hannover erinnere ich mich an die Jahre 2003 und 2004. Seinerzeit wurde von der damaligen Landesregierung unter Ministerpräsident Christian Wulff ein ähnlich hoher Sparerlass für das Staatstheater verfügt.
Auch seinerzeit meinten die beiden amtierenden Intendanten Albrecht Puhlmann und Wilfried Schulz, mit den üblichen Schließungszenarien einzelner Sparten und mit Einschränkungen der künstlerischen Arbeit drohen zu müssen.

 

Jetzt wiederholt sich diese Szenerie:
Die Geschäftsführung (zwar in anderer Besetzung)
jammert wieder auf hohem Niveau. Was ist damals nach der Ankündigung der Sparbeschlüsse passiert? Die Intendanten konnten die künstlerischen Bereiche aus den Sparmaßnahmen heraushalten. Nur die anderen Abteilungen mussten Personal einsparen.

In den Bereichen Technik und Werkstätten wurden mehr als 20 betriebsbedingte Kündigungen, ausgesprochen, befristete Verträge nicht verlängert, eine großzügige Vorruhestandsregelung wurde durchgesetzt. Auch andere Abteilungen (zum Beispiel Kostüm und Verwaltung) mussten erheblich „Federn" lassen.


Und was geschah dann? Der Ballhof wurde nach den Wünschen von Intendant Schulz großzügig umgebaut, die dortige Probebühne zu einer zusätzlichen Spielstätte aufgerüstet. Gleiches geschah in der Cumberlandschen Galerie.

Die Bühnenbilder wurden immer aufwendiger, technisch komplizierter und sprengten den Budgetrahmen.

Es wurden die Probenzeiten für Neuproduktionen ausgedehnt. Man brauchte zusätzliche Probebühnen. Es wurde das „Produktionszentrum" in Ahlem geschaffen, wo zudem noch mehr Platz für die Magazinierung der völlig überdimensionierten Bühnenbilder war.

 

Die nicht künstlerischen Abteilungen mussten mit weniger Personal noch mehr leisten. Hat man aus der damaligen Situation gelernt? Hat man die auch von mir seinerzeit geforderte Änderung der kostenintensiven Produktionsmethoden und eine Reform der Betriebsführung in die Wege geleitet?
Hat man gelernt, die vorhandenen Ressourcen kostenbewusst einzusetzen?

Ich behaupte, dass dies nicht der Fall ist.
Im Gegenteil: Der Apparat hat sich zwischenzeitlich noch mehr aufgebläht, und man macht sich immer noch nicht bewusst, dass man sich fast ausschließlich von Steuergeldern ernährt.
Ich glaube, die amtierende Geschäftsführung der GmbH muss zur Kenntnis nehmen, dass auch mit „nur" 70 Millionen
Euro ansprechendes Theater gespielt werden kann und nicht die Existenz des ganzen Betriebes auf dem Spiel steht.
 

Diese bittere Erfahrung musste man in diesem Hause vor 17 Jahren schon einmal machen. Und die Ballettsparte existiert immer noch. Von daher wirkt die erschreckende Fantasielosigkeit der amtierenden Geschäftsführung bezüglich ihrer Argumentation eher befremdlich, denn auch damals waren die Staatstheater in Braunschweig und Oldenburg von den Einsparungen verschont geblieben. Stattdessen werden Forderungen nach noch mehr Geld für (sicher in Teilen notwendige) Investitions- und Instandsetzungsmaßnahmen gestellt.


Zur Klarstellung muss an dieser Stelle jedoch erwähnt werden, dass die im Begleitartikel genannte Tontechnik nicht aus dem Jahr 1985 stammt, sondern 1997/1998 im Zuge der Sanierung der Bühnentechnik des Opernhauses eingebaut wurde, zusammen mit zwei neuen Tonstudios, natürlich nach dem damaligen Stand der Technik. Auch das in dem Artikel genannte Dach des Bühnenhauses ist im Zuge der damaligen Gesamtsanierung umfangreich instand gesetzt worden inklusive innen liegender Wärmedämmung. Mit anderen Worten: Es ist immer großzügig investiert worden.

Verwaltungsdirektor Jürgen Braasch möchte ich sagen, dass die GmbH schon immer Bauherrin bei ihren Großprojekten war - und das war auch gut so. Denn dadurch haben wir es immer geschafft, alle großen Bauprojekte innerhalb des Zeit- und Budgetrahmens abzuschließen,
Zur Erinnerung: Darunter waren unter anderem folgende Großprojekte:
Der Umbau des Zuschauerraumes der Oper, der Neubau des Schauspielhauses, die Sanierung der Bühnentechnik der Oper, der bereits erwähnte Umbau des Ballhofes, die Sanierung der Cumberlandschen Galerie und vieles mehr.


 

Zur Person
Andreas Post war bis 2006 am Staatstheater Hannover tätig – zuletzt als technischer Direktor. Als Bühnenhandwerker hatte Post 1983 angefangen und sich in seiner Diplomarbeit mit der Bühnenmaschinerie des Opernhauses auseinandergesetzt. 1984 wechselte er als technischer Direktor ans Staatstheater Braunschweig. 1991 kehrte er nach Hannover zurück und begleitete den Neubau des Schauspielhauses in der Prinzenstraße. 2001 wurde er technischer Direktor des Staatstheaters.

Zitatende
Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung –
HAZ Forum – Freitag 15.10.2021 – Seite 1


     
 •

 

Für die Wochenendausgabe – Sonnabend 16. Oktober 2021 – gab die HAZ der Geschäftsführung der Nds. Staatstheater Hannover GmbH eine halbe Seite zur Kommentierung des Gastbeitrages des ehemaligen technischen Direktors, Andreas Post, frei.

Darin wird verständlicherweise versucht, das eigene Tun ins rechte Licht zu rücken und die Schatten die der ehemaligen technischen Direktor auf die Gesamtsituation geworfen hat, aufzuhellen.

Da wird bemerkt, Oper und Schauspiel hätten „in den letzten 15 Jahren die künstlerische Arbeit in den Vordergrund gestellt und ausgeweitet.“

Legt man das Jahr 2021 zugrunde und subtrahiert 15 Jahre, dann endet man im Jahre 2006 am Ende der Ära Puhlmann, die ja so hoch künstlerisch ausgerichtet war, dass Tausende von Abonnenten kündigten und der Vertrag von Herrn Puhlmann über die einmaligen 5 Jahre hinaus nicht verlängert wurde.

Am 22. November 2003 berichtete die HAZ, dass Puhlmann nun schon nach Stuttgart zu gehen wünsche und man sich in Hannover einen neuen Leiter für die Oper suchen müsse.
 

 

 

Zitat
Im niedersächsischen Kulturministerium will man nach der Stuttgarter Aufsichtsratssitzung am Montag darüber nachdenken, wie ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Puhlmann gefunden werden kann. Ob eine Findungskommission eingesetzt wird, ist noch nicht geklärt.
Früher hat Barbara Kisseler, Abteilungsleiterin Kultur im Ministerium die Arbeit von Findungskommissionen so gut wie im Alleingang erledigt. Sie war maßgeblich daran beteiligt, dass mit Albrecht Puhlmann für die Oper und Wilfried Schultz fürs Schauspiel Intendanten nach Hannover kamen, die für spannendes, zeitgenössisches und überregional beachtetes Theater stehen. Seit einem halben Jahr ist sie nicht mehr in Hannover tätig – die Abteilung Kultur wird kommissarisch geleitet, wann ein Nachfolger gefunden wird, ist unklar.

Zitatende

Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung – 22. November 2003 – Seite 5

In Hannover war man damals überrascht, dass nach nur zwei Jahren Dienstzeit – 2001 – 2003 – eine Veränderung in der Leitung des Hauses am Opernplatz 1 in der Niedersächsischen Landeshauptstadt notwendig werden würde.
Immerhin habe der zuständige Minister, damals Lutz Stratmann, „stets ohne Umschweife zu Albrecht Puhlmann gestanden“ und ihn auch in den Zeiten größter Angriffe nie in Frage gestellt.

Offen sei, ob Puhlmann das Hannoversche Ballett mit nach Stuttgart nehme. Aber man könne das dortige Ballett nicht in Frage stellen, wolle man sich nicht den Volkszorn zuziehen
„Aber mit dem hat Puhlmann ja nach zwei Jahren Hannover einige Erfahrung.“

Als Nachfolger wurden in dem Artikel auch drei Frauen genannt, die zum damaligen Zeitpunkt in Frage gekommen wären:
Kirsten Harms aus Kiel, Regula Gerber aus Bielefeld und Barbara Mundel aus Luzern.


 

 

 

Zitat
Und wer fängt jetzt mit den Zukunftsplanungen für Hannover an?
Kulturminister Lutz Stratmann wird von der Frage doppelt kalt erwischt. Zum einen hat Puhlmann ihn erst informiert, als seine Pläne in der Zeitung standen, zum anderen fehlt ihm die Erfahrung und seinem Haus derzeit das Fachwissen für eine so wichtige Entscheidung.

Zitatende

Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung – 22. November 2003 – Seite 5

Gekommen ist dann als Nachfolger Puhlmanns ein Herr Dr. Klügl aus Linz – früher mal Dramaturg in Bremen - , dem es gelang z.B. erhebliche Einsparrungen für das Einlasspersonal zu realisieren, da durch das geschickte Stückeangebot und die Aufbereitung der Produktionen so viele Bevölkerungsschichten davon absahen, in die Oper zu gehen, so dass er den dritten Rang an den meisten der wenigen Spieltage geschlossen halten konnte.

Stücke wurden vorzeitig abgesetzt, da das Publikumsinteresse zu gering war, als man es hätte wagen können vor Minimumauslastung zu spielen.
Trojahns ’Was ihr wollt’ gab man nur achtmal. Dafür der ganze Aufwand beim Bühnenbild mit all den begehbaren Pappkartons.

Früher gab es folgenden Spielplan mit
11 verschiedenen Werken in 14 Tagen:

01.       26.3.    Nussknacker                                                  01

02.       27.3.    Elegie für junge Liebende                                02

03.       28.3.    Manon                                                           03

04.       29.3.    Ballettabend                                                   04
05.       30.3.    Fra Diavolo                                                     05
06.       31.3.    Martha                                                           06
07.       01.4.    Capriccio                                                        07
08        02.4.    Hochzeit des Figaro                                         08
09        03.4.    Der Rosenkavalier                                           09
10        04.4.    Ballettabend
11        05.4.    Capriccio
12        06.4.    Manon
13        07.4.    My Fair Lady                                                   10
14        08.4.    Martha                                                           11

 

Heute, in einem Monat kümmerliche:
6 x Otello, 2 x Ballett. 2 x Sweeny Todd, 4 x Greek

Was in der Klügl-Zeit gang und gäbe war, dass nämlich das Große Haus der Oper in den meisten Monate ca. 10 Tage leer stehen zu lassen, wird jetzt fortgesetzt.

 

 

Belegung Nds. Staatsoper Hannover

 

 

 

 

 

 

 

 

2021

Belegung

 

Szene

 

 

Konzert/Sonstiges

 

Oktober

 

Nr.

 

Nr.

 

 

Nr.

 

 

 

 

 

 

 

 

01.10.

 

 

1 Toda 

 1

 

 

 

02.10.

 

 

1 Trionfo 

 2

 

 

 

03.10.

 

 

 

 

 

Sinfoniekonzert 
Poetry

 1
2

04.10.

 

 

 

 

 

Sinfoniekonzert

 3

05. 10.

leer

1

 

 

 

 

 

06. 10.

 

 

1 Così

3

 

 

 

07. 10.

 

 

2 Trionfo 

4

 

 

 

08. 10.

 

5

2 Così

 5

 

 

 

09. 10.

 

 

2 Toda 

6

 

 

 

10. 10.

 

 

3 Trionfo 

7

 

 

 

11. 10.

 leer

 2

 

 

 

 

 

12. 10.

 leer

 3

 

 

 

 

 

13. 10.

 

 

3 Toda 

8

 

 

 

14. 10.

 

 

3 Così 

 9

 

 

 

15. 10.

 

 

4 Trionfo  

 10

 

 

 

16. 10.

 

 

4 Toda 

 11

 

 

 

17. 10.

 

 

4 Così 

12

 

 Matinee

 4

18. 10.

leer

4

 

 

 

 

 

19. 10.

 

 

Probe Otello

13

 

 

 

20. 10.

 leer

 5

 

 

 

 

 

21. 10.

 

 

5 Toda 

14

 

 

 

22. 10.

 

 

5 Così 

 15

 

 

 

23. 10.

 

 

5 Trionfo  

 16

 

 

 

24. 10.

 

 

6 Toda 

 17

 

 

 

25. 10.

leer

6

 

 

 

 

 

26. 10.

 leer

 7

 

 

 

 

 

27. 10.

 leer

 8

 

 

 

 

 

28. 10.

 leer

 9

 

 

 

 

 

29. 10.

leer

10

 

 

 

 

 

30. 10.

 

 

1 Otello

 18

 

 

 

31. 10.

 

 

6 Così 

19

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Summen

 

   10

 

19

 

 

4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

10 x Leerstand


23 Nutzungen
incl. 2 Konzerte, 2 Sonstiges
bei 2 Doppelnutzungen

 

 

 

 

Belegung Nds. Staatsoper Hannover

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2021

Belegung

 

Szene

 

 

Konzert/Sonstiges

 

November

 

Nr.

 

Nr.

 

 

Nr.

 

 

 

 

 

 

 

 

01.11.

leer 

 

 

 

 

 

02.11.

leer 

 

 

 

 

 

03.11.

 

 

1 Otello 

1

 

 

 

04.11.

leer

3

 

 

 

 

 

05.11.

 

 

 2 Otello 

2

 

 

 

06.11.

 

 

1 Greek 

3

 

 

 

07.11.

 

 

 

 

 

Sinfoniekonzert

08.11.

 

 

 

 

 

 Sinfoniekonzert

09.11.

leer

4

 

 

 

 

 

10.11.

 

 

 

 

 

Fortbildung

3

11.11.

 

 

3 Otello 

4

 

 

 

12.11.

 

 

2 Greek  

5

 

Fortbildung

4

13.11.

 

 

4 Otello  

6

 

 

 

14.11.

 

 

3 Greek  

 

Kinderkonzert

5

15.11.

 

 

 

 

 

 Kinderkonzert

6

16.11.

leer 

5

 

 

 

 

 

17.11.

 

 

4 Greek  

8

 

 

 

18.11.

 

 

1 Toda

9

 

 

 

19.11.

leer

6

 

 

 

 

 

20.11.

 

 

 

 

 

Faust Verleihung

 7

21.11.

 

 

5 Otello

10

 

 

 

22.11.

 leer

 

 

 

 

 

23.11.

 leer

8

 

 

 

 

 

24.11.

leer 

9

 

 

 

 

 

25.11.

leer

10

 

 

 

 

 

26.11.

 

 

2 Himmel/Hölle 

11

 

 

 

27.11.

 

 

1 Sweeney Todd 

12

 

 

 

28.11.

 

 

6 Otello

13

 

 

 

29.11.

 leer

11

 

 

 

 

 

30.11.

 

 

2 Sweeney Todd 

14

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Summen

 

  11

 

14

 

 

7

 

 

 

 

 

 

 

 

 

11 x Leerstand


21 Nutzungen incl. 4 Konzerte – 3 Sonstiges - bei 2 Doppelnutzungen

 

 
Fortbildung für Pädagogen‘ am 10./12.11. darf das Haus nicht für musikalische Veranstaltungen blockieren.

 

 

Der Bund der Steuerzahler für Bremen und Niedersachsen gab bereits
am 4. Oktober 2018 folgende Demarche heraus:
 

Zitat

10. Zuschüsse an die niedersächsischen Staatstheater begrenzen (Kapitel 0660, 0661, 0674)

Alle drei niedersächsischen Staatstheater erhalten 2019 höhere Zuschüsse aus dem Landesetat.

Die Finanzhilfen an die Staatstheater Hannover GmbH für den laufenden Betrieb sollen 2019 auf 64,4 Millionen Euro (plus 2,25 Millionen Euro) ansteigen.

Das IST 2017 lag noch bei 60,2 Millionen Euro.
In der Spielzeit 2015/2016 betrug die Zuwendungshöhe 58,19 Millionen Euro (Angaben aus der Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins).

Das Staatstheater Braunschweig kann 2019 mit einer um 1,37 Millionen Euro erhöhten Zuwendung von 32,89 Millionen Euro rechnen. Allerdings steuert dazu die Stadt Braunschweig fast ein Drittel der Kultursubventionen (10,77 Millionen Euro) bei.

Für das Oldenburgische Staatstheater sind 2019 25,45 Millionen Euro (plus 838.000 Euro) an Landeszuschüssen vorgesehen, zu denen die Stadt Oldenburg 6,26 Millionen Euro beisteuert.

Vorschlag BdSt: Auf die Steigerung der Finanzhilfen sollte verzichtet werden.

Den staatlichen Theatern müssen mehr und höhere Eigenanstrengungen zur Erhöhung des Kostendeckungsgrades zugemutet werden. Eine (steigende) Dauersubventionierung der Häuser lässt eigene Initiativen zu Kostensenkungen und Erlössteigerungen erlahmen.

Dass die Staatstheater Hannover GmbH (und andere Häuser) die Zahl der angebotenen Plätze im Opernhaus bei einzelnen Vorstellungen (künstlich) verringert, um hohe Auslastungszahlen bei einzelnen Vorstellungen ausweisen zu können, sollten Landtag und Landesregierung nicht länger akzeptieren.

Einsparsumme: 4,46 Millionen Euro

Zitatende

 

Am 18. Oktober 2021 äußerte sich der HAZ-Redakteur Kultur, Roland Meyer-Arlt in einem Leitartikel auf Seite 2 und fragte in Bezug auf die zu erwartenden Finanzkürzungen:

 

 

Zitat
Warum also sollte das Theater nicht stärker gefördert werden?
Weil eben gespart werden muss. Die Staatsausgaben durch die Corona-Krise sind beträchtlich. Irgendwo muss mit den Einsparungen begonnen werden.

70 Millionen Euro jährlich für die Förderung des Staatstheaters in Hannover, die es nach 2023 weiterhin geben soll, sind eine Menge Geld. Damit muss man doch wirtschaften können.

Warum entwickeln die Staatstheater eigentlich oft so wenig Kreativität beim Sparen?

Braucht man wirklich einen so großen Chor?

Und so viele Spielorte gleichzeitig?

Müssen die Kulissen immer so gigantisch ausfallen?


Und wären die freigewordenen Mittel nicht anderswo besser eingesetzt?
Etwa in der Forschung? Oder in der Förderung benachteiligter Jugendlicher?

Zitatende

Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung – 18. Oktober 2021 – Seite 2

„Was du da gakelst“

Zitate
Anders:      „[…] Ja, Herr Post hat scheinbar ein Hühnchen mit uns zu
                          rupfen.
[…]“
Anders:      
„[…] Ich glaube, er hat schlichtweg keine Ahnung! […]“
Anders:      
„[…] er hat da viel Unsinn geschrieben […]“
Anders:      
„[…] er hat viel Unsinn darüber geschrieben […]“

Zitatende

Nachfolgend die phonetische Umschrift einer Sendung des NDR
vom 19.10.2021 –
NDR 1 – Niedersachsen –‘Kulturspiegel‘
 

 

 

Zitat
Sprecherin:
Nach dem aktuellen Haushaltsplan-Entwurf des Landes Niedersachsen drohen der niedersächsischen Theater- und Orchesterlandschaft in der Spielzeit 2022 und 23 Einbußen - und das in Millionenhöhe.
Die Zukunft der Staatstheater wären damit massiv bedroht, so die Intendantinnen.
Mit der Aktion ‘#Rette dein Theater‘ soll jetzt auf die prekäre Situation aufmerksam gemacht werden.
Und darüber spreche ich gleich mit Sonja Anders, sie ist Intendantin des Schauspiels Hannover und mit Laura Berman, sie ist Intendantin der Staatsoper Hannover.
[...]
Es wird ernst! Nach dem aktuellen Haushaltsplan-Entwurf des Landes Niedersachsen drohen der niedersächsischen Theater- und Orchesterlandschaft in der Spielzeit 2022 - 23 Einbußen - und das in Millionenhöhe.
Zudem sollen Investitionskosten, die zum Erhalt der Spielfähigkeit wirklich dringend notwendig sind, nicht übernommen werden. Was das genau bedeutet und was unternommen werden soll, das können uns gleich die Intendantinnen der Staatsoper Hannover, Laura Berman, und des Schauspiels Hannover, Sonja Anders, beantworten und ich freue mich sehr, dass sie hierher gekommen sind und Zeit haben. […]
Frau Anders, über welche Summen sprechen wir denn da überhaupt?

Anders: Das sind Summen, die in die Millionen gehen, zum einen die nicht gegebenen Tariferhöhungen, die pro Jahr circa 1,3 Millionen ausmachen und die Investitionen wiederum sind viel höhere Summen noch, die wir versuchen auszugleichen, aber auch das wird uns nicht gelingen. Auch da entsteht ein zirka 3 Millionen hoher Betrag.

Sprecherin: Was heißt das denn für die niedersächsische Theater- und Orchesterlandschaft.

Berman: Ja, das ist schwierig, zu sagen, es ist schwierig, überhaupt dann eine Entscheidung zu treffen. Sonja Anders und ich sind der Meinung, diese Entscheidung ist eigentlich eine kulturpolitische Entscheidung, wenn 1,3 Millionen fehlt am Staatstheater, dann ist das nicht getan mit ein paar Stellen fallen weg oder so, weiter muss ich sagen, dass, wenn man arbeitet am Staatstheater, verdient man nicht so sonderlich viel Geld. 1,3 Millionen ist ungefähr alle Personal in unserer Ballett-Sparte, das sag ich aber nur als Beispiel, so dass man sich so ein Bild machen kann davon, also da haben wir dann eine schwere Entscheidung zu treffen, wo wahrscheinlich wir drei Geschäftsführer alle, aber natürlich unsere Abteilung verteidigen wollen und wir wollen natürlich, dass bei uns nichts gespart wird, sehr schwierig.

Anders: Ja, im Grunde ist diese Summe eine die wir gar nicht ‘handeln‘ können. Wir haben 85% Personalausgaben, man kann es also nur über das Personal abwickeln, nur das Personal arbeitet eh sehr viel, wir wissen ja, die verdienen nicht viel, sie arbeiten viel und deshalb ist im Grunde kaum Spielraum, um das aufzufangen.

Sprecherin:
Also sollte es jetzt bei diesen Sparmaßnahmen bleiben, wie sehen sie dann die Situation am Theater und an der Oper in den kommenden Jahren, also es sieht ja nicht sehr rosig aus.

Anders: Ja, wir haben uns natürlich Gedanken darüber gemacht, wie kann man überhaupt so ne Summen einsparen und haben auch mit der Politik gesessen und die Entscheidungen, die dazu treffen sind, spielen wir deshalb auch an die Politik zurück, weil wir sie nicht treffen wollen und können, das heißt, ja wollen wir eine Sparte schließen, wollen wir einen Ort schließen, sollen wir viel viel weniger produzieren, was dann dazu führt, dass wir weniger spielen, wir kommen nicht mehr vor, also das sind alles so Entscheidungen, da muss die Politik schon auch ein bisschen mit uns in den Dialog gehen.

Sprecherin:
Jetzt musste die Kultur während des Lockdowns trotz guter Hygiene Konzepte schließen, gehörte auch zu den letzten, die wieder öffnen durften und auch jetzt hat man so ein bisschen, wenn man das so hört das Gefühl, dass die Kultur wieder ganz am Ende steht.
Wie sehen sie das Frau Bermann?

Bermann: Ich glaube, das ist recht unterschiedlich von Bundesland zu Bundesland und auch von Stadt zu Stadt, ich hab auch an andern Theater gehört, dass sie sogar eine Erhöhung bekommen und die Situation hier ist eine besondere, was uns sehr beunruhigt, ist, dass man auch vorsieht in der Planung, dass man auch in 2024 und 25 diese Tariferhöhung nicht bekommt und das heißt, es summiert sich, das ist dann ein Volumen zum Schluss ungefähr 3,9 Millionen man weiß nicht so genau wie hoch die Tariferhöhung sein werden, aber die sind nach der Erfahrung ungefähr 2% der Personalkosten, das ist einfach eine Summe, wo wir alle Geschäftsführer wissen nicht so wirklich, damit umzugehen .

Der ehemalige technische Direktor am Staatstheater, Andreas Post, heißt der, war dort bis 2006 hat einen Gastbeitrag in der HAZ geschrieben in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung es sei „Jammern auf ganz hohem Niveau“ - was sie gerade tun. Die Probleme seien hausgemacht und die vorhandenen Ressourcen seien von ihnen nicht kostenbewusst eingesetzt worden. Das sind ja schon ziemlich harte Vorwürfe. Was sagen sie dazu Frau Anders?

Anders: Ja, Herr Post hat scheinbar ein Hühnchen mit uns zu rupfen. Er ist vor 15 Jahren gegangen und hat, glaube ich, auch danach nie wieder im Theater gearbeitet. Ich glaube, er hat schlichtweg keine Ahnung! Erstens sind unsere Etats ja nahezu eingefroren, wenn man die Kostensteigerung Tariferhöhung angeht, sogar ein Stück weit gesunken. Er hat aber damals eigentlich eine Zeit mitgemacht, in der auch Menschen entlassen wurden, die sind auch nicht wieder dazu gekommen, das heißt, wir können natürlich die Theater nun immer weiter runter sparen und auch das Personal immer weiter reduzieren, ich glaube aber, dass dann irgendwann die Leistungsfähigkeit extrem drunter leidet und was Herr Post auch immer mit diesem Artikel bezweckt, er hat da viel Unsinn geschrieben, finde ich, also ich will das gar nicht so ausführen, aber er hat viel Unsinn darüber geschrieben, wo zum Beispiel gespart werden kann, die Bühnenbilder sind günstiger geworden seit seiner Zeit. Ich glaube, das weiß er aber vielleicht auch gar nicht.

Sprecherin:
Als sie morgens die Zeitung aufgeschlagen haben, Frau Berman, haben diesen Gastbeitrag in der HAZ gelesen, was, was haben sie gedacht

Berman: Ich habe erst mal gedacht, das da ist vielleicht irgendwie Problem in der Vergangenheit gewesen zwischen diesen Personen dem Haus, das war so meine erste Empfindung, ich wusste es alles nicht genau, aber auf jedenfalls die Einsparungen wo Sonja Anders gesprochen hat, da sind 70 Stellen weggefallen und nicht wie Herr Post schreibt in der Technik und Verwaltung, sondern man hat auch damals Chorstellen eingespart. Wir haben 52 Sänger in unserem Hauschor, ich sag einfach sowas Hausnummer, ich glaube, in Frankfurt da sind dann schon 80, aber wenn man zum Beispiel Otello spielt, wie wir es jetzt vorbereiten, da sitzen ungefähr den gleichen Anzahl von Musiker im Graben, die erzeugen genau die gleiche Lautstärke, unsere Bühne ist ungefähr gleich groß und das ist natürlich ein ungemein Stressfaktor für die Menschen, die dann da stehen, das ist nicht zu unterschätzen, wenn man im Chor Stellen wegstreicht, da hat auch unser Orchester zu der Zeitpunkt auch sparen mussten.

Sprecherin:
‘#rette dein Theater‘ so heißt jetzt eine Aktion, wo sie ja auf Hilfe hoffen. Was haben sie mit ihrem Team geplant, Frau Anders?

Anders (lacht): ‘#rette dein Theater‘ ist vor allen Dingen eine Initiative unserer Mitarbeitenden, das möchte ich wirklich betonen, die haben das organisiert, die führen das durch und sie haben sie übrigens gemeinsam mit den 3 Gewerkschaften auch finanziert, wir stecken da natürlich insofern mit dahinter, dass wir es unterstützen, dass wir auch hier bei ihnen sitzen dankenswerterweise, das ist natürlich toll, aber die Mitarbeitenden beider Häuser haben das ganz gemeinsam auf die Beine gestellt und haben einen Riesen-Erfolg damit, also da sind Tausende von Unterschriften schon eingegangen und dieser Appell an die Politik ist, glaube ich, sehr wirkungsmächtig
 

Sprecherin:
Heisst das, dass die ganzen Unterschriften jetzt gesammelt werden, man sieht das ja auch ganz oft in den sozialen Netzwerken und dann stehen die ganzen Ensembles auf der Bühne mit dem Publikum im Rücken und haben dann „#rette dein Theater“ so Banner in der Hand und die werden dann wem überreicht?

Berman: An unser Ministerpräsident Stephan Weil bekommt diese Postkarten, ich hab gehört, manchmal hat er schon 600 Postkarten in einem Tag am Anfang bekommen, das hab ich tatsächlich von den Mitarbeiter gehört, die das organisiert haben, das war alles deren Idee, ich finde es bemerkenswert, wie viel sich so schnell auf die Beine gestellt haben, sie haben natürlich auch Kontakt aufgenommen zu Kollegen an den anderen Staatstheater hier in Niedersachsen und auch natürlich an die Kommunaltheater, weil sie auch von dieser Einsparung betroffen sind.

Sprecherin:
Und alle tun sich jetzt zusammen und wollen natürlich was bewegen.
Hat man denn vielleicht schon so ein bisschen was gehört von der Politik auf diese Aktion, gibt es da schon irgendeine Resonanz?

Anders: Ja, dann gibt es schon Resonanz, die schwankt zwischen Anerkennung und Ablehnung und ich glaube, man darf das auch nicht missverstehen, das ist ein Appell, das ist keine Kampagne gegen die Politik, es ist ein Appell an die ganzen Landtagsabgeordneten, doch nochmal darüber nachzudenken, welche Bedeutung messt ihr Kultur bei und wisst ihr eigentlich, was ihr Niedersachsen damit antut, weil Niedersachsen ist ja eh nicht gerade an der Spitze was die Kulturausgaben angeht.

Sprecherin:
Wie sehen sie denn ihre Chancen, dass sich die Landesregierung da bewegt, dass da was passiert, dass da vielleicht doch nochmal was geändert wird?

Berman: Also, da hab ich ziemlich viele Hoffnung. Ich glaube, man hat seit der Pandemie gesehen, dass die Politik etwas mehr überhaupt über die Kultur in der Öffentlichkeit spricht, wesentlich mehr als vorher, dass es jetzt Thema, ich glaube man hat auch erkannt, was Kultur in eine Gesellschaft bewirken kann, was das für eine Bedeutung haben kann in einer Gesellschaft und ich hoffe, es bringt viele Menschen erstmal zum Nachdenken und im zweiten Schritt, um etwas zu tun.

Sprecherin:
Was glauben sie, Frau Anders?

Anders: Ja, ich hoffe auch sehr, dass die Parteien und das sind ja doch auch Parteifragen, dass die sich nochmal fragen, wie wollen wir mit der Kultur in Niedersachsen umgehen, also wie wollen wir sie wertschätzen, aber auch welche Bedeutung hat sie, ich glaub, dass andere Bundesländer den Mehrwert von Kultur vielleicht mehr erkennen, das sind zum Teil die Stadtstaaten, aber es sind auch durchaus Länder, die auch Flächenländer sind und diese Erkenntnis, was macht unser Leben attraktiv in einer Stadt, aber auch auf dem Land, wenn man nämlich eine Stadt in der Nähe hat, diese Erkenntnis gilt es jetzt nochmal so zu unterstreichen und dass Kultur ein Mehrwert hat und das unterstützenswert ist.

Sprecherin:
Ich kann mir auch ganz gut vorstellen, dass das Publikum sich gerne an der Aktion beteiligen möchte. Was kann man denn jetzt machen, wenn man den Kulturspiegel hört, möchte sich auch gerne noch bei ‘#rette dein Theater‘ beteiligen?

Berman: Am Theater kann man eine Postkarte besorgen, die liegen aus bei uns an der Kasse, abends bei den Vorstellungen in den Foyers und man kann eine Karte ausfüllen und abschicken, man kann natürlich selbst auch ‘n Brief schreiben oder ‘ne Email schreiben an den Politiker, man kann sich wenden an Landtagsabgeordneten, immerhin da ist man Wähler, man weiß, wen man gewählt hat, man kann das Gespräch suchen.

Anders: Und es gibt eine online-Petition, die man unterzeichnen kann, die nochmal ganz besonders Druck machen wird, nämlich dieses Thema dauerhaft auch zu behandeln.

Sprecherin:
Und die findet man wahrscheinlich unter ‘#rette dein Theater‘?

Anders: Ganz genau!  

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Sonja Anders, Intendantin des Schauspiels Hannover und Laura Berman, Intendantin der Staatsoper Hannover, für die ganz offenen und auch ehrlichen Worte zu den Sparmaßnahmen der Landesregierung und der Aktion ‘#rette dein Theater‘
Ganz schön, dass sie hier gewesen sind.

Anders: Ja, vielen Dank!
Berman: Ja, Dankeschön!

Zitatende

Quelle: Norddeutscher Rundfunk – NDR 1 – 19.10.202

Zuschrift:

 

 

 

Zitat
Kommentar zum

Hörfunkinterview auf NDR 1 – Niedersachsen - "Kulturspiegel"

mit den beiden Intendantinnen der Staatstheater Hannover GmbH

Laura Berman (Oper) und Sonja Anders (Schauspiel),

gesendet am 19.10.2021

 

Zu Beginn möchte ich zwei Fragen stellen, die mir sofort nach dem Anhören dieses Interviews durch den Kopf gingen:

Erstens: Warum hat man lediglich die beiden Intendantinnen ins Studio eingeladen und nicht auch den (gleichberechtigten) kaufmännischen Geschäftsführer Jürgen Braasch, der doch der eigentliche „Herr der Zahlen" ist?

Zweitens: Warum hat es der NDR nicht für nötig gehalten, mich über den Inhalt dieses Gespräches zu informieren, wo doch mein Name öffentlich genannt und über mich und mein vermeintliches Ansinnen hinsichtlich meines Leserbriefes in der HAZ vom 15.10.2021 gesprochen wurde, und dies auch noch in unsachlicher und wenig konstruktiver Art und Weise?

 

Das Interview mit Frau Berman und Frau Anders vermittelte im übrigen den Eindruck, dass den beiden Intendantinnen lediglich eine Bühne geboten werden sollte, um die bereits in den bekannten Zeitungsartikeln formulierten Bedenken gegenüber den Einsparmaßnahmen zu wiederholen. Anders sind die stichwortgebenden und soufflierenden Fragen der Moderatorin nicht zu verstehen. Ist es nicht die journalistische Aufgabe auch eines öffentlich-rechtlichen Senders, kritische Fragen zu stellen und eine fruchtbare Diskussion anzustoßen? Wird hier einseitige Medienpräsenz zum Anlass genommen, die Hörerschaft für sich und seine Interessen gewinnen zu wollen?

 

So hatten die Intendantinnen Gelegenheit, der geneigten Hörerschaft Behauptungen und Zahlenwerke „vor die Füße zu werfen“, die nicht hinterfragt wurden und deren Mathematik schon garnicht nachzuvollziehen war.

 

So meinte beispielsweise Frau Berman, dass man am Staatstheater „nicht sonderlich viel Geld" verdient. Im HAZ Artikel vom 9.10.2021 wird von der Geschäftsführung der GmbH dargestellt, dass am Staatstheater insgesamt "etwa 1000 Festangestellte sowie rund 300 freiberufliche und Soloselbstständige“ tätig sind, und das bei einem Jahresetat von 70 Millionen Euro (einige Quellen im Internet sprechen sogar von „über" 70 Millionen Euro), wovon - nach Aussage der Geschäftsführung - ca. 85% für Personalkosten aufgewendet werden müssen. Man kann dazu ein ganz einfaches Rechenexempel anstellen, indem man aus den behaupteten Zahlen den arithmetischen Mittelwert bildet. Demnach müsste das durchschnittliche Jahresgehalt der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei rund 46.000 Euro (brutto) liegen, wovon Pflegekräfte in Krankenhäusern und Altersheimen nur träumen können. Laut Statististischem Bundesamt betrug in 2020 das Durchschnittseinkommen in Deutschland 47.700 Euro brutto. So weit liegt man also nicht auseinander. Nun sagt das arithmetische Mittel in Bezug auf die wirkliche Gehaltsstruktur in einem Unternehmen wirklich nichts aus, da es in jedem Unternehmen Menschen gibt, die mehr verdienen, andere verdienen weniger. Trotzdem kann man pauschale Aussage von Frau Berman, man verdiene am Staatstheater verhältnismäßig wenig, so nicht im Raum stehen lassen. Es ist immer auch eine Frage, wie man die Gehaltsstruktur in seinem Unternehmen gestaltet. Aussagekräftiger hinsichtlich der Berechnungsmethode von Durchschnittsgehältern ist daher der sog. Median. Das heißt, man addiert alle Einzelgehälter und bildet daraus den Mittelwert. Und demnach liegt das durchschnittliche Bruttogehalt in Deutschland bei 3.092 Euro (in 2020). Das heißt, es gibt in Deutschland einen ausgeprägten Niedriglohnsektor. Ist das am Staatstheater vielleicht auch so? Hat Frau Berman vielleicht das gemeint? Gibt es etwa auch im Staatstheater erhebliche Gehaltsunterschiede? Wenn ja, dann ist dieses Problem hausgemacht, weil die Höhe und die Spreizung von Gagen und Gehältern keinem Naturgesetz unterliegen.

 

In der Stellungnahme der Geschäftsführung, die in der HAZ am 16.10.2021 abgedruckt wurde, werden der Leserschaft weitere Zahlenwerke einfach so "um die Ohren" gehauen. So seien in den letzten 15 Jahren "die Vergütungen der Beschäftigten durch Tarifabschlüsse um 42,5% gestiegen“. Laut Statistischem Bundesamt sind die nomnalen Bruttoverdienste in Deutschland bis 2019 um 33% gestiegen, wobei es bis 2007 sogar eine kurzzeitige Absenkung gegeben hat. Oder beinhaltet die o.g. Zahl, welche die Geschäftsleitung der Öffentlichkeit präsentiert, auch Ausgaben für nicht-tariflich Beschäftigte wie Freiberufler und Scheinselbstständige (die bei den meisten Unternehmen in keinem Stellenplan auftauchen) und es handelt sich um eine prozentuale Steigerung der Gesamtpersonalkosten?

 

In dem Rundfunkinterview meint Frau Anders zudem, dass man bezüglich der angekündigten Sparmaßnahmen und den damit  zu treffenden Entscheidungen vorhabe, den Ball „auch an die Politik" zurück spielen zu wollen, "weil wir sie nicht treffen wollen und können". Dabei scheint Frau Anders zu vergessen, dass sie Mitgeschäftsführerin einer GmbH ist, die Ministerien ihre Dienstherren sind und solche betriebswirtschaftlichen Entscheidungen einzig und allein von der jeweiligen Geschäftsführung zu treffen sind.

 

Nun zu den Aussagen von Frau Berman und Frau Anders, die meine Person betreffen.

Zunächst sollte die NDR-Moderatorin sich bemühen, korrekt zu zitieren. Sie sagt, ich habe in meinem Leserbrief in der HAZ, der von der Kulturredaktion ohne mein Zutun in einen „Gastbeitrag" umgewandelt worden ist, von Jammern auf "ganz hohem Niveau“ gesprochen. Das stimmt so nicht. Ich habe von „Jammern auf hohem Niveau“ gesprochen. Das klingt ganz anders und lässt auch Interpretationen zu. Das Wort „ganz" einzufügen, stellt eine Übersteigerung und Verfälschung der Aussage dar. Ferner habe ich keine „Vorwürfe" geäußert, sondern Fragen gestellt und eine Behauptung als Diskussionsanstoß in den Raum gestellt. Aber statt darauf mit Sachlichkeit und Fairness zu antworten, wird mir unterstellt, „scheinbar noch ein Hühnchen“ rupfen zu wollen. Dazu nur folgende Feststellung: Ich kenne die beiden Intendantinnen überhaupt nicht persönlich; sie sind erst seit 2019 in Hannover. Verwaltungsdirektor Jürgen Braasch ist auch erst seit 2006 an diesem Haus; mit ihm hatte ich dienstlich nichts mehr zu tun. Die amtierende Geschäftsführung hat die von mir beispielhaft genannten Einsparmaßnahmen in den Jahren bis 2006 überhaupt nicht miterlebt und kann selber nicht beurteilen, welche menschlichen Tragödien sich damals abgespielt haben. Außerdem gehört es nicht zu meinem Niveau, mit irgend jemandem ein „Hühnchen rupfen“ zu wollen. Von daher grenzt diese unsachliche Aussage von Frau Anders an eine Unterstellung. Ebenso die schon fast beleidigende Behauptung, ich hätte "schlichtweg keine Ahnung" und eigentlich "viel Unsinn" geschrieben. Nach ihrer Auffassung haben offensichtlich nur Menschen „Ahnung", die auch „am Theater“ arbeiten, sich also ausschließlich in diesem Elfenbeinturm bewegen.

 

Ich habe mich 2006 bewusst dafür entschieden, nicht mehr „am Theater" arbeiten zu wollen. Ich hatte für mich festgestellt, dass es nicht nur in Hannover wenig Reform- und Veränderungswillen bezüglich der kostenintensiven Produktionsmethoden und der ebenso teuren Betriebsführung gab. Ebenso konnte und wollte ich nicht mehr in einem System arbeiten, das unbeweglich, hierarchisch und konservativ sowie durch unüberwindbare Machtstrukturen geprägt war. Auch an anderen Theatern, bei denen ich mich seinerzeit beworben hatte, war ein „weiter so“ angesagt. Und mich schreckte der herabwürdigende und teilweise menschenverachtende Umgang mit den Mitarbeitenden an den Theatern ab. Als Ingenieur war ich in der Lage, die Branche wechseln zu können und fortan „das Theater“ aus einer anderen Perspektive beobachten zu können.  Dabei lag mir das Opernhaus in Hannover besonders am Herzen. Außerdem hatte ich Gelegenheit, weiterhin an Theaterum- und -neubauplanungen mitzuwirken, wobei ich tiefe Einblicke in die Betriebsstrukturen einzelner Theaterbetriebe gewinnen konnte. Und es halfen mir immer noch meine vielen Kontakte zu ehemaligen Kollegen an anderen Theatern in Deutschland, so dass ich die differenzierte Sichtweise eines Außenbetrachters und nicht mehr die eines unmittelbar Betroffenen einnehmen konnte.

 

Frau Anders' Aussage, vor 17 Jahren seien Menschen entlassen worden und „die sind auch nicht wieder dazu gekommen“ möchte ich nicht werten. Ich weiß auch nicht, woher sie das wissen will; sie ist – wie gesagt - erst seit 2019 in Hannover und kann keine Kenntnis von der Personalsituation in 2006 haben. Es steht jedoch fest, dass beispielsweise in Technik und Verwaltung in den letzten 15 Jahren Stellen zusätzlich geschaffen worden sind, die es bis 2006 entweder nicht mehr oder noch nicht gab. Das mag sicherlich auch mit den gestiegenen technischen Anforderungen zu tun haben und mag auch berechtigt sein. Aber die Aussage, dass kein Personal mehr in den letzten 15 Jahren dazu gekommen sei, ist aus meiner Sicht nicht richtig. Dies weiter zu detaillieren, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Dabei hilft jedoch – zum Vergleich - ein Blick auf die Internetseite der Staatstheater, wo die Beschäftigten der einzelnen Abteilungen aufgelistet sind.

 

Und die Aussage von Frau Anders, ich hätte „da viel Unsinn geschrieben, (...), wo zum Beispiel gespart werden kann", ist schlichtweg falsch. Wer meinen Gastbeitrag aufmerksam liest, wird feststellen, dass ich überhaupt keine Vorschläge diesbezüglich gemacht habe. Das ist nun mal wirklich die Aufgabe der amtierenden Geschäftsführung. Ich habe nur Fragen gestellt und eine Diskussion anregen wollen. Dass man sich damit nicht gerade Freunde schafft, ist mir bewusst.

 

Und zum Schluss noch ein Wort zu diesen unsäglichen Vergleichen mit anderen Theaterbetrieben in Deutschland, die gerade dann immer wieder gerne angestellt werden, wenn es um das liebe Geld geht. Jeder Theaterbetrieb hat andere Betriebsvoraussetzungen, gerade bezüglich Spielplangestaltung, Betriebsführung, Technik und Werkstätten, Infrastruktur, Personalkosten und Personalstruktur, Energie- und Betriebskosten, Zuschauerauslastung, Einnahmen aus dem Spielbetrieb (Eintrittspreise) und     – nicht zu vergessen – hinsichtlich der regionalen Einbettung. Von daher sind solche Diskussionen meiner Meinung nach unter der Rubrik „Neiddebatte“ unterzubringen und unsinnig. Man schaut immer gerne auf die, denen es vermeintlich besser geht und überhaupt nicht auf die, denen es schlechter geht. Ich schaue da insbesondere besorgt auf die Landes- und Stadttheater, die erwiesenermaßen ein vergleichsweise sehr breites Publikumsspektrum ansprechen. In der Spielzeit 2003/2004 betrug der Etat des Staatstheaters 46 Millionen Euro (Quelle: Sebastian Stauss: "Künstlerische Qualitätssicherung und Öffnung..." 2021); die Geschäftsführung nennt aktuell einen Jahrestat von 70 Mio. Euro, andere Quellen sprechen von „über" 70 Mio. Euro. Das ist eine Steigerung von fast 46%! Ich kenne kein Stadttheater, das eine vergleichbare Etatsteigerung in diesem Zeitraum erfahren hat. Im Gegenteil. Andere Institutionen bzw. kommunale Akteure sind in ihrer Existenz bedroht, wie z.B. Theater und Symphoniker in Lüneburg oder das Göttinger Symphonie-Orchester.

 

Fazit: Das Rundfunkinterview mit den beiden Intendantinnen lieferte keine neuen Erkenntnisse darüber, wie man den geplanten Einsparmaßnahmen konstruktiv begegnen möchte. Stattdessen begibt man sich in eine Opferrolle, wehrt mit Händen und Füßen berechtigte Fragestellungen ab und instrumentalisiert das Publikum, indem man ein Abgleiten der künstlerischen Qualität auf provinzielles Niveau heraufbeschwört. Doch wo findet man denn eigentlich heute - bei dieser medialen Vielfalt, die uns täglich überflutet - überhaupt noch „die Provinz". Ich glaube, diesen Begriff aus der Kaiserzeit sollte man ganz schnell in der Mottenkiste verschwinden lassen.

Andreas Post
Zitatende


 

 

 

Zitat
#allesaufdentisch
Neue umstrittene Videoaktion zur Corona-Pandemie mit Volker Bruch

Der Schauspieler Volker Bruch hat eine neue Videoaktion nach dem Vorbild von #allesdichtmachen initiiert. Wieder werden Maßnahmen gegen Corona hinterfragt – wie dies geschieht, ruft erneut Kritik hervor. Im Dlf äußerte sich der Politikwissenschaftler Claus Leggewie.

Der Schauspieler Volker Bruch steht im Impressum der Seite von #allesaufdentisch (dpa / Britta Pedersen)

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Mehrere Monate nach der umstrittenen Videoaktion #allesdichtmachen gibt es nun eine weitere, ähnliche Aktion, in der unter anderem die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sowie die mediale Berichterstattung darüber kritisiert werden. Wie schon bei #allesdichtmachen gehört der Schauspieler Volker Bruch zu den Initiatoren der neuen Aktion.

Spaltung statt Zusammenhalt

Die Initiative #allesdichtmachen gegen die Lockdownmaßnahmen der Regierung sorgt für Ratlosigkeit und Wut. Journalistin Jenni Zylka sieht in ihr ein fatales Signal für eine innerlich tief gespaltene Filmbranche, in der offenbar Angst herrsche.

Unter dem Hashtag #allesaufdentisch wurden rund 50 Interviewclips auf einer Website online gestellt. In diesen sprechen Bruch, sein Kollege Wotan Wilke Möhring und andere Künstlerinnen und Künstler mit verschiedenen Gesprächspartnern – etwa aus der Wissenschaft – über medizinische und gesellschaftliche Aspekte der Pandemie. Die Videos tragen Titel wie „Kollektive Angststörung“, „Masken“, „Meinungsfreiheit“, „Gekaufte Forschung“, „Wahrheitsdefinition“ und „Kindeswohl“.

Viele prominente Namen aus #allesdichtmachen nicht dabei

„Mit zunehmender Sorge beobachten wir die Entwicklung des politischen Handelns in der Corona-Krise“, hieß es in einem Statement, das Bruch auch bei Instagram teilte. Mit der Aktion wolle man „denjenigen Expert*innen Gehör verschaffen, die bisher, trotz ihrer oft hohen Reputation, in der öffentlichen Debatte kaum oder gar nicht wahrgenommen wurden“. 

In einer Pressemitteilung teilten die Initiatoren mit, dass auch Corona-Experten wie Christian Drosten, Lothar Wieler oder Karl Lauterbach angefragt wurden, ebenso die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates Alena Buyx. Sie seien jedoch nicht zur Mitwirkung bereit gewesen. Auch die meisten prominenten Namen von #allesdichtmachen sind diesmal nicht dabei. Dafür wird der aus der Fernsehserie „Babylon Berlin“ bekannte Bruch nun im Impressum der Internetseite von #allesaufdentisch genannt – gemeinsam mit der Regisseurin Jeana Paraschiva.

Interview mit dem Theater-Intendanten und #allesaufdentisch-Beteiligten Uwe Eric Laufenberg (30.09.2021) [AUDIO]

Leggewie: Pluralismus braucht Qualitätskontrolle

Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie hat im Deutschlandfunk davor gewarnt, die Aktion pauschal zu verurteilen: „An einigen Stellen ist sie ein guter Beitrag zur Meinungsbildung. An anderen Stellen ist sie völlig daneben.“ Zum Impfen oder auch zur Definition von Pandemien gebe es dort interessante Beiträge. Diese könnten auch dazu beitragen, sich in der Argumentation mit Maßnahmen-Skeptikern zu stärken. Problematisch sei aber unter anderem der Gesamteindruck der vermittelt werde: Der Name „alles auf den Tisch“ könne suggerieren, dass bisher Dinge unter den Tisch gefallen seien. „Ich habe da nichts gehört, was ich nicht schon mal gehört hatte“, sagte Leggewie, er habe aber aus Zeitgründen auch noch nicht alle Videos angesehen. Die angesprochenen Themen, beispielsweise zur Problematik von Lockdowns und dem Schutz der Demokratie, seien auch in öffentlich-rechtlichen Medien kontrovers diskutiert worden.
[…]
Die Aktion habe zudem ein problematisches Verständnis von Meinungspluralismus. Denn eine Voraussetzung für Pluralismus sei Qualitätskontrolle – die hätten die Initiatoren aber wegfallen lassen. „Man stellt alle möglichen wissenschaftlichen Meinungen nebeneinander, und damit habe ich persönlich auch ganz schlechte Erfahrungen gemacht“, sagte Leggewie. So hätte in den USA die Republikanische Partei über Jahre hinweg die Schädlichkeit des Rauchens geleugnet und dabei auf einzelne Forscher verwiesen. Ähnlich sei es beim Klimawandel. „Also man kann nicht irgendwelche Meinungen einfach beliebig nebeneinander stellen“, sagte Leggewie. Die „dissidentische Sturheit“ einzelner Wissenschaftler“ habe zwar in manchen Fällen Fortschritt befördert. Häufiger sei es aber so, dass solches „Querulantentum“ wissenschaftlichem Fortschritt und insbesondere auch politischen Konsequenzen im Weg stünden.

Kritik an der Initiative kommt auch vom Deutschen Journalisten-Verband djv. In einem Kommentar heißt es: „Was da serviert wird, ist teilweise schwer verdaulich.“ Der Kommentar bezieht sich unter anderem auf den Beitrag von Bruch, der mit dem Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Michael Meyen spricht. Das Video ist untertitelt mit Sätzen wie: „Faktenchecker sind Propagandamaschinen, die sich als Journalismus verkleiden. Das gilt auch für den Faktenfuchs des Bayerischen Rundfunks oder den Faktenfinder der Tagesschau, die es nur gibt, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht den Pluralismus liefert, für den wir ihn eigentlich bezahlen.“

Desweiteren bezieht sich der djv auf ein Video von Möhring, in dem er mit dem Rechtsanwalt und Publizisten Joachim Steinhöfel über Meinungsfreiheit spricht, die sie in Gefahr sehen. „Den Gegenbeweis liefern die Macher der Aktion gleich mit“, heißt es im djv-Kommentar von Paul Eschenhagen: „Als Meinung können Meyen, Bruch, Möhring, Steinhöfel und die anderen das alles selbstverständlich verbreiten: Anders als in Ländern, in denen die Presse- und Meinungsfreiheit tatsächlich bedroht ist, verfolgt sie hierzulande niemand dafür, niemand verhaftet oder bedroht sie, niemand verbietet es.“

Politologe: Aktion befeuert „schädliches Narrativ“

Nach Ansicht eines Experten für Verschwörungsideologien befeuert die Aktion ein „schädliches Narrativ“. Über die Schauspieler und Künstler verbreiteten sich wissenschaftliche  Minderheitenmeinungen über die Pandemie-Leugner-Szene hinaus, diese würden als Mehrheitspositionen dargestellt, sagte der Politikwissenschaftler Josef Holnburger der dpa. „Durch einen wissenschaftlichen Anschein werden die Beiträge aufgewertet.“In den Videos kommen einige Menschen zu Wort, die Experten auf ihrem Gebiet sind, darunter der Medizinstatistiker Gerd Antes oder der Virologe Klaus Stöhr. Ihre Stimmen wurden in der Pandemie regelmäßig in großen Medien gehört. Mehrere der Gesprächspartner sind jedoch bereits durch Äußerungen aufgefallen, die die Gefahr durch das Coronavirus verharmlosen.
Zitatende


Quelle:
https://www.deutschlandfunk.de/allesaufdentisch-neue-umstrittene-videoaktion-zur-corona.691.de.html?dram:article_id=503723





Vor 75 Jahren starb der Schauspieler Heinrich George

„Wenn sie mir verbieten, zu spielen, werde ich sterben
 

 

 

Zitat
Bis heute bleibt der Schauspieler Heinrich George umstritten. War der Theater-Titan der Weimarer Republik ein Mitläufer, Opportunist oder ein politisch blinder Spielball des NS-Regimes? Am 25. September 1946 starb der Vater des Schauspielers Götz George im Straflager Sachsenhausen.

Von Cornelie Ueding

Heinrich George als Franz Biberkopf in Piel Jutzis „Berlin Alexanderplatz“-
Verfilmung von 1931 (dpa / picture-alliance / akg-images)

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April 1949 NS-Filmregisseur Veit Harlan freigesprochen

„Ich bin selbst Granate und brauch sie daher nicht zu drehen. Und zwar bin ich kein Blindgänger, sondern wenn ich mal abgeschossen werde, lande ich meistens als Volltreffer. Und das weiß auch das deutsche Volk und deshalb will es mich nicht als Granatendreher sehen.“

An Resonanz und Selbstbewusstsein hat es dem 1893 in Stettin geborenen Heinrich George wahrlich nicht gefehlt. Mit guten Gründen. Als einer der renommiertesten Schauspieler der Weimarer Republik verzauberte er ganz Berlin, gleichzeitig begann seine erfolgreiche Filmkarriere. Und ob auf der Bühne oder im Filmstudio: Er zog alle in den Bann seiner Persönlichkeit und seiner Ausdruckskraft, erinnerte sich Fritz von Unruh:

„Bei dem scheint jede Bewegung und jedes Wort aus dem Moment zu kommen. Man kann ihm auch gar nichts raten oder vorspielen. Er erfasst die Rolle nicht mit seinem kolossalen Kopf, sondern mit seinem, ja wie soll ich nun sagen, mit seinem dauernd im Chaos herumgewirbelten Blut.“

Nicht nur sein mächtiger Körper, auch seine unglaubliche Stimme betörte die Menschen, selbst professionelle Theatermenschen wie den Regisseur Jürgen Fehling:

„Seine Stimme konnte ausbrechen, wie Raben um den Kirchturm krächzen. Er konnte zaubern aus dem Gehege seiner Zähne, immer war er ein Mensch, gehetzt und gequält von zu viel Gesichtern. Wie kein andrer ausgerüstet zur Inkarnation all jener Gestalten, die gesandt sind, auf der Bühne das Gruseln zu lehren.“

Geprägt von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs

Es wäre dennoch ein Fehler, ihn als reinen Instinktschauspieler zu verstehen, der nur die Bühne kannte. An den politischen und sozialen Bewegungen seiner Zeit nahm er mit großem Engagement teil, sprach auf sozialistischen und kommunistischen Versammlungen, setzte sich für jüdische Kollegen ein und galt allgemein als links. Die bitteren Erlebnisse des Ersten Weltkriegs, seine schweren Verwundungen prägten von da an sein Menschenbild. Erst die Grausamkeit des Schlachtfelds habe ihn gelehrt, was die Wirklichkeit wirklich ist. Fritz von Unruh gab seinen wütenden Aufschrei wieder:

„Wer das vergessen kann, diese zerfetzten Soldaten. Wer das vergessen kann, der ist ein Schwein, ein verdammtes Schwein. Es gibt keine Menschen mehr. Alles nur Theater, Schieberei – und die Generale wieder frech in den Straßen“.

Von links wie rechts als Verräter geziehen

Auf der Bühne gehörten unbeugsame Charaktere wie der Götz von Berlichingen zu seinen Paraderollen. Aber im sogenannten Dritten Reich ließ er sich in gewisser Weise mit denselben Schiebern und Gangstern ein, die er so bitter anklagte. Es gehört zur Tragik seines Lebens, dass sein „Spieltrieb“ ihn in den Augen straffer Ideologen zum Verräter werden ließ: Die Nazis trauten ihm nie so ganz über den Weg. Und die Linken verziehen ihm die Kontakte zu den Nazis nie. Und er selbst spielte auf Gedeih und Verderb weiter und weiter. Selbst im ausgebombten Schillertheater, getreu seinem Motto „Zaubern ist das A und O des Theaters.“ Im Schwedischen Rundfunk während des Krieges sprach er so – gemessen:

„Ich habe nach der Zerstörung meines Theaters wiederaufgebaut auf den Ruinen, und zwar in dem früheren Erfrischungsraum des Schillertheaters. Dieser besonders intime Kammerspielraum hat mit Goethes ‚Urfaust‘ in meiner Inszenierung große Begeisterung bei der Berliner Bevölkerung, die ja auch sehr stark unter dem Bombenterror zu leiden hatte, hervorgerufen.“

Zwischen Propagandafilm-Star und Förderer von NS-Gegnern

Weil er weiterspielen wollte, machte er einen Spagat, der ihn letztlich zu Fall brachte. Mit seinen Rollen in einschlägigen Filmen wie „Jud Süß“ und „Hitlerjunge Quex“ diente er propagandistisch Joseph Goebbels. Andererseits nahm er als Intendant erklärte Gegner des Regimes unter Vertrag.



Heinrich George und Kristina Soederbaum im NS-Propagandafilm „Kolberg“
von 1945. (picture-alliance/dpa/akg-images)

Das konnte auf Dauer nicht gut gehen. Nach Kriegsende tauchten Denunzianten auf – vorwiegend deutsche Exilkommunisten –, die ihn schwer beschuldigten. Ein Mensch, der alle Rollen spielen konnte und die Identitäten nahezu beliebig wechselte, konnte nur ein Verräter sein.

„Wenn sie mir verbieten, zu spielen, werde ich sterben“

George landete in russischen Straflagern – und machte, was er ein Leben lang getan hatte: Er spielte. So vor 12.000 Häftlingen im umfunktionierten KZ Sachsenhausen – wohin man ihn nach dem Krieg brachte. Fast bis zum Ende seines Lebens. Am 25. September 1946 starb er im Lager an den Folgen einer Blinddarmoperation.


Thomas Medicus: „Heinrich und Götz George – Zwei Leben“ (Rowohlt Berlin / Deutschlandradio)

Doppelbiografie über Heinrich und Götz George – Zwei deutsche Männer

Beide waren berühmte Schauspieler und Männlichkeitsidole: Heinrich George und sein Sohn Götz. Thomas Medicus hat ihnen eine Doppelbiografie gewidmet, die auch von Götz Georges Auseinandersetzung mit seinem Vater handelt.

Der Satz, den Heinrich Georges Frau, Berta Drews, in ihren Lebenserinnerungen überliefert, sollte sich auf bittere Art bewahrheiten:

„Sie sollen mir alles nehmen, was ich besitze, mich hungern lassen und demütigen. Wenn sie mir aber verbieten, zu spielen, werde ich sterben.“

Zitatende

Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/vor-75-jahren-starb-der-schauspieler-heinrich-george-wenn.871.de.html?dram:article_id=503452



 

 

 

Vor siebzig Jahren
Zitat

Als Gustaf Gründgens das Düsseldorfer Schauspielhaus eröffnete

Obwohl er wegen seiner Nähe zum Nazi-Regime hochumstritten war, wurde Gustaf Gründgens nach dem Krieg Intendant der Städtischen Bühnen Düsseldorf. Auf sein Drängen erhielt die Stadt ein neues Schauspielhaus. Am 13. September 1951 eröffnete es mit Schillers „Räuber“.

Von Eva Pfister

Gustaf Gründgens als Franz Moor mit Antje Weißgerber 1951 in „Die Räuber“
am Düsseldorfer Schauspielhaus (picture alliance / Keystone )


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Intendant Wilfried Schulz Düsseldorfer Schauspielhaus will kein „Eröffnungswettrennen“

„Triumph, Triumph, der Plan ist fertig.“ In der Rolle des Franz Moor in Friedrich Schillers
„Die Räuber“ trat Generalintendant Gustaf Gründgens am Eröffnungsabend auf die Bühne seines neuen Düsseldorfer Schauspielhauses. Nach den vorausgegangenen Querelen wird das Publikum an diesem 13. September 1951 bei manchen Sätzen aufgehorcht haben:

„Müssen denn aber meine Entwürfe sich unter das eiserne Joch des Mechanismus beugen
Soll sich mein hochfliegender Geist an den Schneckengang der Materie ketten lassen?“

Gründgens war ein Vorzeigekünstler Nazi-Deutschlands

Vor dieser feierlichen Premiere wäre es beinahe zum Bruch zwischen Gustaf Gründgens und Düsseldorf gekommen. Dabei war die Stadt so glücklich, als sie 1947 den Bühnenstar als Generalintendanten für seine Heimatstadt gewinnen konnte. Nach zehn Jahren als Intendant des Preußischen Staatstheaters Berlin und Vorzeigekünstler des Dritten Reichs war er zwar umstritten, aber als Schauspieler und Regisseur von hochkarätigen Aufführungen sehr willkommen. Gründgens stellte sich dem Publikum in der Titelrolle von „König Ödipus“ vor, forderte es mit Sartres „Die Fliegen“ heraus und begeisterte mit seinen Paraderollen „Hamlet“ und „Mephisto“.



(Cover und Autorenportrait Rowohlt Verlag)
Klaus Mann: „Mephisto“ – „Ein kaltes und böses Buch“

Klaus Manns „Mephisto“ darf laut einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1971 in Deutschland nicht erscheinen. Der Grund sind die Persönlichkeitsrechte des Theaterintendanten Gustav Gründgens. Verlegt wird der Roman dennoch. Jetzt ist er 70 Jahre nach dem Freitod des Autors neu zu lesen.

Der Generalintendant stand in Düsseldorf einem städtischen Dreispartenbetrieb vor mit einem lädierten Opernhaus und provisorischen Spielstätten für das Schauspiel. Versprochen war ihm ein neues Haus, zu dem ein kriegsbeschädigtes Operettenhaus umgebaut werden sollte. Als dieses 1950 immer noch nicht fertig war, rebellierte er und pochte in einem Brief auf die alten Abmachungen:

„Ich darf noch bemerken, dass die Wiederherstellung eines neuen Schauspielhauses ein integrierender Bestandteil unserer Verhandlungen war. Und ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal betonen, dass es im dringenden Interesse der Stadt ist, wenn dieses Projekt wie vorgesehen um den November dieses Jahres herum realisiert würde.“

Gründgens versus die Ämter

Aber der Umbau zog sich weiter hin. Im Februar 1951 war die Geduld des Generalintendanten aufgebraucht. Er erklärte seinen Vertrag als gebrochen und kündigte seinen Weggang zum Ende der Spielzeit an. Die Abhängigkeit von den kommunalen Entscheidungsträgern empfand Gründgens als erstickend für die künstlerische Tätigkeit:

„Im Theater ist sehr oft das Kind bereits in den Brunnen gefallen, eh das Amt 15 den Bericht an das Amt 29 weitergegeben hat und eh das Amt 52 entschieden hat, ist das Theater meistens schon ruiniert.“

Theaterkrise am Rhein

Natürlich hatten viele Schauspieler sich mit Gründgens solidarisiert und drohten ebenfalls mit ihrem Weggang. In einer zweistündigen Pressekonferenz legte der Generalintendant seine Gründe dar und drückte auch sein Bedauern aus:

„Ich hätte – ich für meine Person erkläre Ihnen unter Eid – am 29. Januar noch nicht geglaubt, dass ich gehe. Weil ich immer noch geglaubt habe: Mensch, es wird doch jemand begreifen, dass eine Kunstwelt einstürzt.“ Die Reaktionen waren heftig. Ganz Deutschland sprach über die Theaterkrise am Rhein, und die Theaterfreunde plakatierten einen Aufruf, der mit dem Satz begann: „Düsseldorfer! Wenn Ihr nicht wollt, dass man sich draußen über Euch lustig macht und für engstirnig hält, dann sorgt in allerletzter Minute dafür, dass die Stadtväter unser ausgezeichnetes Theater nicht verlorengehen lassen.“

Da bewegte sich die Stadt. Im April wurde die Neue Schauspiel GmbH gegründet, eine autonome Gesellschaft mit der Stadt Düsseldorf und dem Land Nordrhein-Westfalen als Hauptgesellschafter. Damit war das Düsseldorfer Schauspielhaus, wie es seitdem offiziell heißt, selbständig, und Gustaf Gründgens hatte als Geschäftsführer alle administrativen und finanziellen Kompetenzen gewonnen.

 

 


Düsseldorfer Schauspielhaus in der Existenzkrise – Abreißen oder neu bauen? 

Düsseldorfs Oberbügermeister Thomas Geisel hat angesichts prognostizierter 20 bis 40 Millionen Euro für Fassaden-Reparatur und technische Instandsetzung des Schauspielhauses vorgeschlagen, den denkmalgeschützten Bau abzureißen und einen Neubau zu errichten. Ein verheerendes Eingeständnis kultureller Ignoranz, meint Andreas Wilink.

Es folgten weitere glanzvolle Theaterjahre, in denen Gründgens sich vermehrt auch der neuen Dramatik zuwandte. Den größten Erfolg aber feierte er mit Raimunds „Alpenkönig und Menschenfeind“ – mit Fritz Kortner in der Hauptrolle.

Als Gustaf Gründgens sich 1955 nach Hamburg verabschiedete, schimpfte er noch einmal über das neue Haus, nannte es einen Stall und eine Scheune. Es blieb ein ungeliebtes Provisorium bis zum Januar 1970, als der von Bernhard Pfau entworfene, architektonisch aufsehenerregende Neubau des Düsseldorfer Schauspielhauses bezogen wurde.

Zitatende

Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/vor-70-jahren-als-gustaf-gruendgens-das-duesseldorfer.871.de.html?dram:article_id=502980

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14.10.2021, 13:14 Uhr

Viele Künstler müssen gehen:
Ärger am Theater Regensburg

Der neue Intendant Sebastian Ritschel wird bei seinem Amtsantritt im nächsten Sommer zahlreiche Verträge mit Schauspielern und Sängern nicht verlängern. Eigentlich üblich an allen Bühnen, doch Kommunalpolitiker zeigen sich "bestürzt und empört".

Außerhalb der Theaterwelt sorgt der "Normalvertrag Bühne" (NV Bühne) immer wieder für Verwunderung, doch künstlerisches Personal ist demnach mit einer Frist von sechs Wochen kündbar, alternativ kann der Vertrag zum Ende einer Spielzeit nicht verlängert werden. Diese "Nichtverlängerungsmitteilung" wird üblicherweise rund ein Jahr vorher ausgesprochen, also am Beginn einer Spielzeit, meist im September und Oktober.

Dann wissen die Betroffenen, dass sie sich ab dem darauffolgenden Sommer nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten umsehen müssen.
Erst nach 15 Jahren Festanstellung sind die betroffenen Solisten in der Regel unkündbar, doch so lange sind die allerwenigsten Künstlerinnen und Künstler an einem Haus beschäftigt, denn Intendanten amtieren selten über zehn Jahre hinaus. Und Spitzenkräfte haben sowieso den Ehrgeiz, nach einigen Jahren freiberuflich zu arbeiten, weil sie dann deutlich mehr verdienen können.

Die "Brücke" fordert Solidarität mit Betroffenen

Es ist also keineswegs ungewöhnlich, wenn der neue Regensburger Intendant Sebastian Ritschel, der das dortige Theater ab der Spielzeit 2022/23 übernimmt, in diesen Wochen "Nichtverlängerungsgespräche" führt. Bis vergangenen Juli leitete Jens Neundorff von Enzberg das Haus, er wechselte nach Meiningen und nahm dorthin auch einige Mitarbeiter mit. In der laufenden Spielzeit wird das Regensburger Theater übergangsweise von Klaus Kusenberg geleitet, was damit zusammenhängt, dass Neundorff von Enzberg die Intendanz etwas "vorzeitig" aufgab, so dass ein Nachfolger nicht rechtzeitig zur Verfügung stand.

Jetzt hat die von Ex-Oberbürgermeister Joachim Wolbergs geführte Stadtratsfraktion "Die Brücke" Alarm geschlagen und behauptet in einer Stellungnahme, die Entlassung von "bis zu vierzig Personen" möge "juristisch in Ordnung sein, menschlich und politisch aber unter keinen Umständen". Die Bevölkerung solle sich "solidarisch zeigen" mit den Betroffenen. Gleichzeitig wird die angebliche "Allmachtstellung eines Intendanten" mit "Existenzzerstörungsmacht" angeprangert.

"Jedes Mal ein Schnitt durch mein Herz"

Sebastian Ritschel wird sehr persönlich angegangen. Wörtlich heißt es von der "Brücke": "Er tut dies in einer Art und Weise, die jeglichen Respekt vor den Künstlerinnen und Künstlern des Theaters vermissen lässt. Zunächst eine Einladung zu einer Anhörung, dort der Verweis auf eine Vollmacht, kündigen bzw. nichtverlängern zu dürfen und wenige Tage später per Zusteller die Kündigung. Bei den Anhörungen geht es nicht etwa um gegenseitige künstlerische Vorstellungen, Erwartungen und Wünsche, sondern ausschließlich um den Hinweis, rechtlich korrekt zu handeln, wenn zu einem Intendantenwechsel Kündigungen bzw. Nichtverlängerungen ausgesprochen werden würden."

Ritschel solle das "unwürdige Schauspiel" beenden, den "Kahlschlag stoppen" und die Kündigungen auf "ein absolutes und im Einzelfall begründetes Minimum reduzieren", so die Stadtratsfraktion. Uschi Michalke, die Vorsitzende der Theaterfreunde in Regensburg, verwies dagegen darauf, dass "kein Intendant der Welt" einen Vertrag unterschreibe, wo er nicht das Recht habe, das künstlerische Personal ganz oder teilweise auszutauschen: "Es ist jedes Mal ein Schnitt durch mein Herz. Ich verstehe auch, wenn es Leute gibt, die am Boden zerstört sind. Das kann schmerzlich und verletzend sein."

Bisher neun Nichtverlängerungen ausgesprochen

Das Regensburger Theater selbst teilte dem BR mit, bisher seien lediglich neun Nichtverlängerungen ausgesprochen worden, weitere Gespräche fänden derzeit noch statt: "Der lange Vorlauf von mindestens zehn Monaten bis Vertragsende dient dazu, dass sich betroffene Beschäftigte rechtzeitig um ein Folgeengagement bemühen können. Auch um soziale Härtefälle zu eruieren, gibt es die laufenden Anhörungen. In jedem Fall handelt es sich um sogenannte Nichtverlängerungen von Verträgen, nicht um Kündigungen. Das ist im Tarifvertrag NV-Bühne begründet und allen Beschäftigten mit Künstlerverträgen bekannt."

Der kaufmännische Geschäftsführer Matthias Schloderer sagte: "Die Vorwürfe von Herrn Wolbergs richten sich nicht primär gegen Sebastian Ritschel, sondern ich verstehe sie erstens als grundsätzliche Kritik am System, das es durchaus zu diskutieren gilt. Diese übergeordnete Kritik sehe ich allerdings deutlich besser beim Deutschen Bühnenverein aufgehoben, da dort ein Beitrag zu einer anderen rechtlichen Grundlage geschaffen werden kann."


Ritschel:
Aufmerksamkeit liegt "zu 100 Prozent" bei Beschäftigten

Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer sagte gegenüber dem BR-Studio Regensburg, dass sie das Ensemble und die Leistungen des Theaters in den vergangenen Jahren sehr geschätzt habe. "Es ist keine Frage, dass der Verlust des Arbeitsplatzes für jede und jeden der Betroffenen bitter ist. Allerdings ist es nicht Aufgabe der Oberbürgermeisterin bzw. der Verwaltungsratsvorsitzenden, den Wirkungsbereich des Intendanten zu regulieren und damit die künstlerische Freiheit im Sinne des Grundgesetzes einzuschränken."

Der künftige Intendant Sebastian Ritschel wurde vom BR angefragt und ließ über die Pressestelle ausrichten, momentan fänden die "Anhörungsgespräche" statt, bis Ende Oktober liefen "Nichtverlängerungserwägungen". Seine Aufmerksamkeit müsse daher zu "100 Prozent" bei den Beschäftigten liegen, weshalb er sich nicht zu den von der "Brücke" vorgebrachten Einwänden äußern will.

13.10.2021, 23:49 Uhr

Burgtheater-Chef über Österreich: "Es geht nur noch bergab"

Martin Kušej spricht in einem Zeitungsinterview von "Gnadenlosigkeit und Frechheit" im Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz und zeigt sich "erschüttert". Die Medien beteiligten sich an der eigenen Abschaffung.

10.10.2021, 12:37 Uhr

"Like Lovers Do" - Theaterperformance über toxischen Sexismus

Sexistische Gewalt, toxische Rollenbilder und unterdrückte weibliche Sexualität: Das Bühnenstück "Like Lovers Do (Memoiren der Medusa)", das gestern an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt wurde, ist Theater für heute.

 

14.10.2021, 13:04 Uhr

YouTube muss Videos von #allesaufdentisch entsperren: Kein Sieg…

Die Initiative #allesaufdentisch hat einen juristischen Sieg gegen YouTube errungen. Die Plattform darf nicht mehr zwei Videos sperren. Ein Sieg der Meinungsfreiheit? Ein Kommentar.

06.10.2021, 12:07 Uhr

Das Märchen vom Aufstieg: Warum wir wieder von Klassen reden mü…

Deutschland – eine klassenlose Gesellschaft, in der alle im gleichen Boot sitzen. Dieses Märchen hat sich lang gehalten. Doch, wenn es überhaupt jemals eine Zeit ohne Klassen gegeben hat in diesem Land, ist sie lang vorbei.

20.10.2021, 16:34 Uhr

Kulturbühne

Wenn Clubs geschlossen bleiben, Museen oder Bühnen nur eingeschränkt öffnen können, wird Kultur digital. Wir bringen Ihnen ausgewählte Kulturveranstaltungen nach Hause – immer kostenlos. Und wir kommentieren aktuelle Debatten.

Zitatende

Quelle: https://www.br.de/nachrichten/kultur/viele-kuenstler-muessen-gehen-aerger-am-theater-regensburg,SloCuDd

                  



Vor achtzig Jahren - 1941 / 2021


‘Die Lage

 

 

Zitat
„Es wird ein Massenangriff aller größten Stils. Wohl der gewaltigste den die Geschichte je gesehen hat. Das Beispiel Napoleons wiederholt sich nicht.“
Zitatende
Quelle: Goebbels Tagebücher – 16.06.1941 – Teil 1, Band 9 - Seite 377 – Piper Verlag – 1992


129 Jahre nachdem Napoleon am 22.06.1812 den Grenzfluss Njemen mit seiner Grande Armée auf dem Weg nach Moskau überschritten hatte, folgte ihm Hitler und der kam im Gegensatz zu Napoleon nicht einmal bis nach Moskau, sondern scheiterte 30 Km vor der Stadt.

Man hatte sich alles so einfach vorgestellt, Polen und Frankreich waren als Beispiel genommen worden. 1939 und 1940 hatte man jeweils nur vier Wochen gebraucht, um die Länder niederzuwerfen.

 

 

 

Zitat
Der Russe hat diesen Krieg in den ersten acht Tagen verloren, seine Verluste an Toten und Gerät sind unvorstellbar. Die Weite Russlands wird ihm erlauben noch geraume Zeit zu bataillieren: ändern wird der Russe sein Schicksal nicht mehr können.
Zitatende
Quelle: Generalstabschef Franz Halder am 03.07.1941 an Frau Luise von Benda – IfZ München – ZS 240, Band 7


Mit Russland aber waren andere Räume und ein kontinentales Klima zu bewältigen. Es waren nicht die Gegenden in der Westwinddrift wie Frankreich oder die Beneluxstaaten, wie Dänemark oder Norwegen.

Hinzu kam ein stärkerer Verteidigungswillen und bessere Verteidigungsmöglichkeiten als die der bisher Angegriffenen.
Schon seit Mitte Juli 1941 verstärkte sich der russische Widerstand und der Vormarsch der Wehrmacht geriet ins Stocken.

 

 

 

Zitat
Nun sind wir in der 4. Woche im Kampf ohne einen Ruhetag bei glühender Hitze (…) Die Männer werden müde, die Verluste mehren sich, der Ausfall der Fahrzeuge steigt.
Zitatende
Quelle: Generaloberst Erich Hoepner am 16.7.1941 an seine Frau - Bundesarchiv-Militärarchiv – Freiburg _ N 51/9


Der ‘Führer‘ machte sich schon zu diesem Zeitpunkt Gedanken über die künftige Aufteilung des gewonnenen Landes, des von ihm so genannten ‘Ostraums‘. Er sah sich als unumschränkter Beherrscher Europas, der Bolschewismus müsse ausgerottet, die Grenzen Deutschlands bis zum Ural vorgeschoben werden.
Maßstab für ihn war das britische Empire, Russland sei das Indien Deutschlands. Mit wenigen Auserwählten könne man die doppelte Menge an Menschen regieren.

 

Doch Goebbels kam schon da zu der Erkenntnis, dass es noch länger als geplant dauern werde, bis die Sowjetunion zerschmettert am Boden liege.

 

Die deutsche Wehrmacht hauste in den eroberten Gebieten. Deutsche Soldaten raubten der Bevölkerung die Lebensmittel, es kam zu Hungersnöten, Stalin rief zum Widerstand auf, es bildeten sich Partisanengruppen, die von der Wehrmacht niedergemacht wurden.
In den ersten Wochen wurden Tausende Russen und Ukrainer gefangengenommen, die von der deutschen Besatzungsmacht überhaupt nicht versorgt werden konnten. Also ließ man sie hungers sterben oder erschoss sie, wenn sie geschwächt irgendwo im Wege waren.

Trotz aller Feindschaft, die ihnen ja von Hitler und seinen Nachläufern eingeredet wurde, zollten die deutschen Soldaten Anerkennung der Tapferkeit der sowjetischen Soldaten, vor ihr könne man nur den Hut ziehen. Sie ließen sich eher im Nahkampf töten, ehe sie denn aufgaben.

 

Die deutsche Armeeführung musste erkennen, dass das ‘Unternehmen Barbarossa‘ kein Spaziergang nach Moskau sei - wie ihr von Hitler suggeriert worden war - und das die zerschlagenen russischen Divisionen von Stalin sehr schnell wieder aufgebaut wurden.

 

 

 

Zitat
Der Russe kämpft ausgezeichnet mit neu herangeführten Kräften, darunter immer wieder neuen Panzerdivisionen, die er in einem Umfang aufgestellt hatte wie wir es nicht geahnt haben.
Zitatende
Quelle: Günther von Kluge am 12.7.1941 - Bundesarchiv-Militärarchiv – Freiburg _ MSg2/11185


Und General Rundstedt klagte in Briefen vom 10. und 12.08.1941 an seine Frau:
 

 

 

Zitat
Mir graut vor dem Winter in diesem Land. “Wer weiß, wo wir dann sitzen. […]  Die Weite Russlands verschlingt uns.“
Zitatende
Quelle: BaMA Freiburg MSG2/1238 MSg2/111538


General Henrici ging so weit, festzustellen, dass alle Feldzüge ein Kinderspiel gewesen seien gegen die augenblicklichen Kämpfe. Der Feind sei ein erstaunlich aktiver und zäher Bursche. Alle hätten sich in ihm verschätzt. Möglich sei, dass die deutsche Wehrmacht einen Stellungskrieg in den Weiten Russlands erleben werde.

Generalstabschef Franz Halder konstatierte, dass der Koloss Russland unterschätzt worden sei:


 

 

 

Zitat
Wir haben bei Kriegsbeginn mit etwa 200 feindlichen Divisionen gerechnet. Jetzt zählen wir bereits 360 […] und wenn ein Dutzend davon zerschlagen wird, dann stellt der Russe ein neues Dutzend hin.
Zitatende
Quelle: Franz Halder: Kriegstagebuch, Band III, Seite 170, 11.08.1941


 



Vor achtzig Jahren - 1941 / 2021

Meinungsverschiedenheiten


 

Hitler hatte die ersten vordringlichsten Eroberungsnotwendigkeiten auf der Krim, am Donez und im Kaukasus gesehen.
Dort erkannte er die Achillesverse der Russen. Nähme er ihnen die Gesamtbasis ihrer Wirtschaft weg, dann könne sich der Feind nicht mehr halten und müsse sich ergeben.

Dem widersprach Generaloberst Franz Halder in seiner Denkschrift vom 18. August 1941, der die Massierung der russischen Truppen um Moskau herum erkannte und argumentierte, schlüge man den Feind hier, könne der keine geschlossene Front mehr aufbauen.

Hitler konterte, der Vorschlag des Heeres, Moskau und die dortige Vernichtung des Feindes voranzutreiben, stimme mit seinen Vorstellungen nicht überein. Es gelte erst die Wirtschaft zu zerschlagen, fast wörtlich meinte er, seine Generäle hätten keine Ahnung von wirtschaftlicher Kriegsführung.

Ohne weitere Diskussionen legte er am 21. August 1941 fest:

 

 

Zitat
Das wichtigste noch vor Einbruch des Winters zu erreichende Ziel ist nicht die Einnahme von Moskau, sondern die Wegnahme der Krim, des Industrie- und Kohlengebiets am Donez und die Abschnürung der russischen Ölzufuhr aus dem Kaukasus, im Norden die Abschließung Leningrads und die Vereinigung mit den Finnen.
Zitatende

Quelle: Kriegstagebuch (KTB), Oberkommando der Wehrmacht (OKW), Band I, Seiten 1063 - 1068

Um diese Zeit konnte die Wehrmacht trotz der bereits bekannten Einschränkungen Boden gutmachen.
Am 9. September 1941 war Leningrad fast völlig eingeschlossen, die Stadt sollte nach dem Willen Hitlers – da von ihr der Bolschewismus seinen Ausgang nahm - ausgehungert werden, Dann sei sie dem Erdboden gleichzumachen.

Am 19. September fiel Kiew, 650000 russische Gefangene wurden gemacht, fünf sowjetische Armeen zerschlagen. Wieder hatte sich der Führer gegen die Bedenken seiner Generalität durchgesetzt.

Nach diesen Erfolgen begab sich Hitler am 2. Oktober 1941 nach Berlin, um dort eine Rede zu halten, die schon für den 9. September 1941 – dem Beginn des Winterhilfswerks – vorgesehen war.
Lange hatte sich der Reichskanzler gegen ein Auftreten vor dem Volk gewehrt, meinte er doch, nicht genügend Positives bieten zu können. Doch war er jetzt
„überzeugt davon, binnen weniger Tage vor Moskau zu stehen.

(Quelle: Kommentar 187, Seite 1678 in Goebbels Tagebücher – Piper Verlag – 1992)
 


 

Gleich nach dem Eintreffen Hitlers am 2. Oktober 1941 in Berlin hatte der Reichspropagandaminister Gelegenheit, mit dem 'Führer' die gegenwärtige Situation durchzusprechen. Der war der Meinung, dass die sowjetische Wehrmacht in vierzehn Tagen - von diesem 3. Oktober 1941 an gerechnet – “im Wesentlichen zertrümmert sein wird“.

Da er am 3. Oktober 1941 um 7 Uhr abends schon wieder im Zug an die Ostfront sitzen musste, wurde das Programm umgestellt und Goebbels blieb nicht viel Zeit, um seinen Rechenschaftsbericht über das Winterhilfswerk des vergangenen Jahres, das über 900 Millionen Reichsmark eingebracht hatte, dem deutschen Volk im Berliner Sportpalast vor der Rede Hitlers vorzulegen.

 

Dass der U-Boot-Krieg nicht die entscheidende Wirkung gehabt habe, hätte an den langen, hellen Nächten gelegen, in denen die Boote nicht auftauchen konnten. Jetzt, in den Herbst gehend, werde sich die Angriffslage auf die feindlichen Geleitzüge und die einzelkämpfenden Boote verbessern.

 

Betrachte man die Gesamtsituation, so sei die nur als schicksalhaft einzustufen.

Es sei eben gut gewesen,

- dass die Polen nicht auf den Vorschlag bezüglich

  Danzig eingegangen seien;

- dass die Engländer und Franzosen nicht auf das

  Friedensangebot des 'Führers' nach der

  Niederschlagung Polens eingingen;

- dass die Engländer nicht auf die Friedensofferte des

  'Führers' nach der Niederlage Frankreichs eingingen.

 

Zum Krieg mit Russland habe es kommen müssen, bedenke man allein die Ölfelder, die jetzt schon im Osten erobert worden seien und die man jetzt ausschöpfen könne, ohne dafür das Öl am Markt einkaufen und auch bezahlen zu müssen.

 

Außerdem wäre es von Seiten Stalins doch irgendwann zum Krieg gekommen. Nun müsse das deutsche Volk diesen opfervollen Weg bis zum Ende durchschreiten, dann erst werde Europa Friede, Ruhe und Konsolidierung beschieden sein.

Abschließend meinte der ‘Führer‘, dass der Sieg nicht mehr genommen werden könne.

Goebbels bekam den Auftrag, schnellstens einen Aufruf des Führers in einer Auflage von 200.000 Stück drucken zu lassen, der an der Ostfront plakatiert werden solle.

Flugblätter mit Hitlers Aufruf konnten zügig über dem Gebiet der Front abgeworfen werden und erreichten so deutsche Soldaten, die voller Tapferkeit dazu beitragen sollten, noch vor Einbruch des Winters die bolschewistische Wehrmacht zu vernichten, wenn nicht, müsse man auf halbem Wege stehen bleiben und die Entscheidung auf das kommende Jahr verschieben.

Sollte also der Schlag gelingen, dann habe man das Schwerste des Krieges hinter sich.

Auch könne man Teile der Luftwaffe abziehen und 'englischen Großschnauzen' werden Fliegerangriffe erleben, die sie so noch nicht erlebt hätten – so Goebbels in seinem Tagebuch am 3. Oktober 1941.

 

 

 

Zitat
Am 2.10.1941 begann die große Offensive in Richtung Moskau. In Hitlers Proklamation, die den Soldaten in der Nacht vom 1. auf den 2.10.1941 verlesen wurde, behauptete Hitler, dass „dieses Mal“ alles „planmäßig Schritt um Schritt“ vorbereitet worden sei. Es handele sich um den „letzten gewaltigen Hieb, der noch vor Einbruch des Winters diesen Gegner zerschmettern soll“.
Die Proklamation wurde auch an der Ostfront plakatiert, doch mussten Spezialkommandos nach einigen Wochen die Plakate abkratzen, da die Truppen inzwischen zu spüren bekamen wie sehr sich Hitler wieder getäuscht hatte.

Zitatende
Quelle: Goebbels Tagebücher – Kommentar 181 - Seite 1674 – Piper Verlag München - 1992


Der ‘Führer‘ war bekanntermaßen aufgrund seiner ‘überragenden Kenntnisse in Bezug auf Einschätzung klimatischer Vorbedingungen und aktueller Wetterlagen, gebündelt mit fachlich hoch qualifizierten Einschätzungen der geografischen Gegebenheiten der zu bekämpfenden Gelände als ‘größter Feldherr aller Zeiten‘ (
GröFaZ) der Überzeugung, zu sagen, wenn denn das Wetter günstig bliebe, die sowjetische Wehrmacht in vierzehn Tagen im Wesentlichen zertrümmert sein werde.‘

Im Führerhauptquartier geriet man in Euphorie wie am Beginn des Feldzuges. war in Feierlaune. Alle seien wunderbar gelöst und bester Stimmung – aller Sorgen frei.

Das Oberkommando der Wehrmacht ging davon aus, dass der Feind keine nennenswerten Reserven mehr dem Ansturm der Wehrmacht entgegensetzen könnte. Hitler befahl nun – im Gegensatz zu früher – nun doch Moskau und seine Umgebung fest in die Hand zu nehmen und falls die Russen eine Kapitulation der Stadt anböten, diese nicht anzunehmen sei.

Aufgrund dieser Stimmung, verbreitete der Reichspressechef Dr. Otto Dietrich am 9. Oktober 1941 die Meldung, die gesamte sowjetische Front sei zertrümmert und der Feldzug damit faktisch entschieden Die Sowjetunion sei mit diesem letzten gewaltigen Schlag den man ihr versetzte, militärisch erledigt.

Mit der Zerschlagung der Heeresgruppe Timoschenko sei die militärische Entscheidung im Osten gefallen, Russland erledigt, der englische Traum vom Zweifrontenkrieg endgültig ausgeträumt.

Die Nachricht kam einer Sensation gleich wurde sie doch in übertriebenem Optimismus als definitiven Bestätigung für den erfolgreichen Abschluss des Feldzuges interpretiert.

Mitte Oktober änderte sich das Wetter. Die Ostfront geriet in Bedrängnis und der Vormarsch auf Moskau ins Stocken.

 

 

 

Zitat
Bei uns selbst ist jede Hoffnung aufzugeben.
Wir sitzen im Schlamm und unergründlichen Wegen mit dem ganzen Nachschub fest die Kraftwagen haben kein Benzin die Leute kein Brot die Pferde keinen Hafer.
[…]
 Was ist es für eine Dämonie des Schicksals, dass dieser Halt dicht vor den Toren Moskaus eintritt. 60 Kilometer, 3 kleine Tagesmärsche sind die nächsten Divisionen von dieser Stadt entfernt. Die Hand nach der Hochburg des Kommunismus gewissermaßen schon ausgestreckt.

Zitatende
Quelle: Volker Ullrich – Adolf Hitler – S. Fischer Verlag – 2018 – Seite 244

Am 21. November 1941 war Hitler wieder nach Berlin gereist, um an dem Staatsbegräbnis für Ernst Udet teilzunehmen, der am 17. November 1941 Selbstmord beging. Udet war an seiner Luftwaffe verzweifelt, die er als Flieger verwaltungsmäßig nicht in den Griff bekam. Goebbels gegenüber zeigte Hitler sich weiter siegesgewiss, man wolle Moskau noch mit Truppen umzingeln und damit der Vernichtung durch Hunger und Verwüstung aussetzen.
Goebbels betrieb daraufhin Schönfärberei, wenn er am 21. November 1941 behauptete, dass die Stimmung bei der Truppe immer noch ausgezeichnet sei.
(Nach Goebbels Tagebücher - Seite 1709 – Piper Verlag München – 1992)

 

 

Zitat
Durch den unerwartet frühen Wintereinbruch starben in der Winterschlacht von Moskau Tausende für den Kampf bei Eis und Schnee nicht ausgerüstete deutsche Soldaten den Kältetod; Fahrzeuge und automatische Waffen versagten. Ende November meldet Panzergeneral Guderian, seine Truppen seien erschöpft und am Ende. Weil er die Verbände in günstigere Stellungen zurücknehmen musste, wurde er seines Kommandos enthoben.
Zitatende
Quelle: Goebbels Tagebücher – Kommentar 208 - Seite 1709 – Piper Verlag München - 1992


Hitler selber war dann doch realistischer als er sich gegenüber seinem Propagandaminister gab.
Die Adjutanten hörten ihn am 25. November 1941 mit Sorge vom russischen Winter und der Witterung sprechen. Und auch, dass man den Feldzug und den Angriff auf Moskau einen Monat zu spät begonnen habe.

Man begann in der Heeresleitung heimlich an Hitler zu zweifeln. Als der am 29. November 1941 wieder in der Wolfsschanze eintraf, hatte die Panzergruppe Ewald von Kleist die Stadt Rostow gerade wieder geräumt, weil sie sich einem Angriff der Roten Armee nicht stellen konnte. Generalfeldmarschall von Rundstedt nahm die Soldaten zurück, was gegen den ausdrücklichen Willen Hitlers geschah. Rundstedt wurde am 1. Dezember 1941 entlassen.

Für die Rückschläge der Wehrmacht im Krieg gegen die Sowjetunion (Schlacht um Moskau) im Winter 1941/42 machte Hitler die Generäle und das OKH verantwortlich und entschloss sich, zusätzlich zu seiner Eigenschaft als Oberster Befehlshaber der Wehrmacht auch den Oberbefehl des Heeres persönlich zu übernehmen. Brauchitsch, der aufgrund von Hitlers eigenmächtigen Eingriffen bereits mehrfach vergeblich um seinen Abschied ersucht gehabt haben soll und zudem gesundheitlich angeschlagen war, wurde schließlich am 19. Dezember 1941 offiziell entlassen.

Die Führungsschwierigkeiten setzten sich fort. Immer wieder kam es im Laufe des Krieges zu Auseinandersetzungen.

 

 

 

Zitat
In einer Diktatur ist die Nähe zum Diktator alles – Ehrlichkeit aber gilt nichts. Wer es wagt, dem Machthaber zu widersprechen, und sei es betont sachlich und moderat, wird bestenfalls beschimpft, meistens abgesetzt und, wenn er Pech hat, umgebracht. Dauerhaft Erfolg haben in einem solchen Umfeld nur ausgesprochen opportunistische Gemüter.
[…]
Wortreich legte Keitel Hitler die Versetzung Jodls aus dem Führerhauptquartier nahe. Der Grund sei dessen mangelnde Loyalität: „Es ist die heiligste Pflicht eines jeden, der Ihr Vertrauen gehabt hat und der bei Ihnen gearbeitet hat, dafür zu sorgen, dass Belastungen dieser Art von Ihnen in jeder Form ferngehalten werden.“

Hitler griff diese Vorlage des kriecherischen Keitel dankbar auf. „Ich muss von den Herren, die mit mir arbeiten, eine hundertprozentige Loyalität voraussetzen“, sagte er. „Wenn diese Loyalität einmal fehlt, dann ist eine Zusammenarbeit nicht denkbar.“ Offenbar verfing Keitels Taktik des Einschmeichelns, denn der Diktator legte jetzt los und beschimpfte andere Generäle.

„Halder kann ja nicht unterscheiden, ob ein Angriff mit 200, mit 100 Mann, mit 6 Bataillonen oder 2 Divisionen gemacht wird“, wütete er zum Beispiel über den bereits abgesetzten Generalstabschef. Über Wilhelm List, Oberbefehlshaber der Heeresgruppe A im Süden der Ostfront, bemerkte er, der habe „schlapp geführt“. Auch Fedor von Bock, Chef der Heeresgruppe B, habe „gänzlich versagt“. Neben Jodl forderte er weitere Absetzungen: „Noch ein Herr muss weg, General Ruoff!“

Gnade vor Hitlers Wut fanden dem Protokoll zufolge nur wenige Generäle. Walter Model zum Beispiel: „Er ist der einzige Mann, der bejahend ist. In der kritischsten Lage ist er immer noch positiv und sieht Möglichkeiten.“ Und Friedrich Paulus, den Befehlshaber der 6. Armee, die gerade um Stalingrad kämpfte. In ihm sah Hitler den perfekten Nachfolger für Halder: „In meinen Augen kommt nur ein einziger Mann dafür infrage, zu dem ich persönlich Vertrauen habe und der seine Erfahrungen vorn gesammelt hat. Das ist General Paulus.“

So begeistert war Hitler, dass er sich zu einer ausführlichen Begründung seiner Sympathie herabließ: „Paulus war von den Spitzenoffizieren eigentlich der erste, der mir überhaupt in der Wehrmacht aufgefallen ist. Das war, als damals diese Transportübung in der Oberpfalz gewesen ist.“ Doch gleichzeitig stand fest: Erst wenn Stalingrad gefallen sei, könne Paulus von der 6. Armee abberufen werden. Dazu kam es nicht mehr: Ausgerechnet Friedrich Paulus wählte statt des
nahegelegten Selbstmordes am 31. Januar 1943 im Kessel
die Kapitulation.
Zitatende

Quelle: https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article147626210/Archivfund-zeigt-wie-Hitler-Personalpolitik-machte.html


Am Ende seiner Tage soll Hitler 1945 im Führerbunker in Berlin zu seinem Chefpiloten Hans Baur gesagt haben, er sei das Opfer seiner Generäle geworden.


 


 

Vor achtzig Jahren - 1941 / 2021

Jahreswechsel - ’Scheitern’

Goebbels ging davon aus, dass Ende Oktober 1941 der russische Widerstand zusammenbreche und alles gewonnen sei.

Käme es nicht dazu, würde man sich in der Heeresleitung schon etwas einfallen lassen.
Dass aber der Sieg am Ende sicher sein werde, stehe außer Zweifel. Wann und wie er errungen werde, liege in der Entscheidung des 'Führers'.

Doch der Vormarsch geriet völlig ins Stocken und der Krieg gegen die Sowjetunion erfuhr eine entscheidende Verzögerung weil die Kampfkraft der Russen von den Machthabern und den Militärs
völlig falsch eingeschätzt wurde.

Folgenreich und schließlich ausschlaggebend war die katastrophale und fahrlässige Überschätzung der eigenen und mehr noch die Unterschätzung der sowjetischen Möglichkeiten.

Der 'Führer' meinte, die Russen hätten nur 5.000 Panzer zur Verfügung, während es in Wirklichkeit 20.000 waren und bei den Flugzeugen stellte sich die Situation ähnlich dar. 10.000 hatte man geschätzt, jedoch 20.000 hatten in Russland zum Anfang des Russlandfeldzuges am 22. Juni 1941 zur Verfügung gestanden.

Bereits im August 1941 - also zwei Monate nach dem Überfall - zeichnete sich somit ab, dass der Vormarsch sehr viel langsamer vor sich gehen werde und man sich damit mit dem Winter auseinandersetzten müsse.

Goebbels sprach deswegen - das Problem kommen sehend - schon im Sommer 1941 mit der Generalität, man müsse eine Wollsammlung einrichten, um den Soldaten winterfeste Kleidung zukommen zu lassen. Jodl aber meinte, zu Weihnachten säße man in warmen Zimmern in Leningrad oder Moskau.

Doch bereits im Spätsommer und dann im Herbst 1941 waren die deutschen Truppen im Schlamm der vom Regen und später im ersten Schnee aufgeweichten Böden versunken, der Vormarsch war zum Erliegen gekommen.

Goebbels war der Meinung,

Zitat
Das Wetter kann Erfolge für gewisse Zeiten hintanhalten, aber entscheidend kann es auf die Dauer nicht sein.
Zitatende
Quelle: Goebbels Tagebücher – 21. November 1941 – Seite 1708 – Verlag Piper München - 1992

Tausende von deutschen Soldaten starben gleich zu Anfang des Felszuges in den Weiten Russlands, als die Winterkälte über das Land hereinbrach, durch Mangelversorgung.

Hitler ging während der ganzen Zeit davon aus, dass Japan sich in den Krieg einbringen und die Sowjetunion an deren Ostseite angreifen werde. 

Doch Stalin sah die Japaner sich im Pazifik engagieren, zog seine Truppen aus dem östlichsten Teil Russlands ab und verlegte sie zu einer Winteroffensive ab dem 5. Dezember 1941 an die deutsch-russische Front im Westen des Landes.
So kamen immer mehr frische, die Kälte des russischen Winters gewohnte, Soldaten an die Westfront, so dass der Vormarsch der Deutschen 30 km vor Moskau zum Erliegen kam.

So attackierte Tokio nicht Russland, sondern die USA, indem es den Stützpunkt Pearl Harbor auf Hawaii am 7. Dezember 1941 angriff.

Der 'Führer' meinte damit die Bindung Amerikas an den Pazifik als gegeben ansehen zu können und erklärte seinerseits am 11. Dezember 1941 den USA den Krieg, um die Transportwege der Amerikaner von den USA nach England ungehindert - d.h. in einem Kriegszustand - abschneiden zu können.
Die Heimatfront musste mit Parolen aus dem Reichspropagandaministerium - je nach Einschätzung des Dr. Goebbels - beschwichtigt oder aufgestachelt werden.

In einer alarmierenden Rundfunkrede vom 20.12. 1941 forderte er dazu auf, folgendes abzuliefern:

 

 

 

Zitat
„Überschuhe, nach Möglichkeit gefüttert oder mit Pelz ausgestattet, warme Wollsachen, Socken, Strümpfe, Westen, Unterjacken oder Pullover und warmes, vor allem wollenes Unterzeug, Unterhemden, Unterhosen, Leibbinden, Brust- und Lungenschützer, jede Art von Kopfschützern, Ohrenschützern, Pulswärmern, Pelze im weitesten Sinne des Wortes, Pelzjacken und Pelzwesten, Pelzstiefel jeder Art und Größe, Decken, vor allem Woll- und Pelzdecken, dicke, warme Handschuhe, hier vor allem pelzgefütterte Lederhandschuhe und Wollfäustlinge. Überhaupt alles aus Pelz wird an der Front dringend gebraucht und ist deshalb doppelt willkommen.“
Zitatende

Quelle: Josef Goebbels – Tagebücher – 1940 / 1942 – Seite 1723 – Piper Verlag - 1992


Am selben Tag erließ Hitler einen Aufruf an das deutsche Volk mit einem -Appell zur Sammlung von Wintersachen für die Soldaten der Ostfront, aus dem eindeutig hervorging, dass die deutschen Soldaten keine ausreichende Winterausrüstung besaßen.

 

 

 

Zitat
„Aufruf zur Woll- und Pelzsachensammlung des deutschen Volkes"

21. Dezember 1941

Während - abgesehen von Luftangriffen - die deutsche Heimat vom Feinde unbedroht ist, stehen Millionen unserer Soldaten nach einem Jahr schwerster Kämpfe gegen einen zahlen- und materialmäßig weit überlegenen Feind an der Front. Siege, wie sie die Weltgeschichte bisher noch nie erlebte, wurden dank der Führung und Tapferkeit von Offizier und Mann erfochten.

So hält und kämpft nunmehr die größte Front aller Zeiten vom Polargebiet bis zum Schwarzen Meer, von den finnischen Schneefeldern bis in die Berge des Balkans so lange, bis die Stunde der endgültigen Vernichtung des gefährlichsten Gegners wieder kommt.

 
Wenn nun das deutsche Volk seinen Soldaten anlässlich des Weihnachtsfestes ein Geschenk geben will. dann soll es auf all das verzichten, was an wärmsten Bekleidungsstücken vorhanden ist und während des Krieges entbehrt werden kann, später aber, im Frieden, jederzeit ohnehin wieder zu ersetzen ist.
Denn was auch die Führung der Wehrmacht und der einzelnen Waffen an Winterausrüstung vorgesehen haben, jeder Soldat würde um vieles mehr verdienen.
Hier kann die Heimat helfen!
Der Soldat der Ostfront aber wird auch daraus ersehen, daß die Volksgemeinschaft, für die er kämpft. im nationalsozialistischen Deutschland kein leerer Begriff ist.
Adolf Hitler
Zitatende

Quelle: https://ia800209.us.archive.org/29/items/Bouhler-Philipp-Der-grossdeutsche-Freiheitskampf-2/BouhlerPhilipp-DerGrossdeutscheFreiheitskampf-RedenAdolfHitlers-Band31943138S..pdf - Seite 84



Erst am 21. Dezember 1941 begann damit eine Sammlung für das Winterhilfswerk, viel zu spät, um noch Soldaten und Betreuungspersonal zu retten. Die Aktion lief bis in den Januar 1942 und tatsächlich kamen hunderte von Kleidungsstücken zusammen, die dann an die Front geschafft werden mussten, unter dem Aspekt, dass gleichzeitig die Reichsbahn auch Transportmaterial für die Deportation von Juden aus dem Reichsgebiet bereitzustellen hatte.


 

 

 

Zitat
Am 29. Dezember 1941 ließ Gen. Leutnant Hans von Sponeck die Halbinsel Kertsch im östlichen Teil der Krim unter dem Ansturm der Roten Armee räumen, um die Vernichtung der deutschen Kräfte abzuwenden. Am 31. Dezember 1941 wurde Sponeck wegen seines eigenmächtigen Rückzuges seines Kommandos enthoben und in Berlin vor ein Kriegsgericht unter Vorsitz von Hermann Göring gestellt. Am 23. Januar 1942 wurde er wegen „fahrlässigen Ungehorsams im Felde“ zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 22. Februar 1942 durch Adolf Hitler in sechs Jahre Festungshaft umgewandelt.

Obwohl er keinen Kontakt zu den Attentätern des 20. Juli 1944 gehabt hatte, wurde er am 23. Juli 1944 auf Befehl Himmlers mit aktiver Unterstützung des Gauleiters Josef Bürckel ohne Urteil zum Exempel erschossen. Dieser demonstrative Mord sollte alle Offiziere zu unbedingtem Gehorsam auffordern.
Zitatende

Quellen: Wikipedia + Reinhard Stumpf: Die Wehrmacht-Elite. Rang- und Herkunftsstruktur der deutschen Generale und Admirale 1933–1945. (Militärgeschichtliche Studien). Harald Boldt Verlag. Boppard am Rhein 1982. ISBN 3-7646-1815-9. S. 39f.

 

Zum Jahreswechsel 1941 / 1942 war bereits klar, dass der Krieg gegen Russland nicht gewonnen werden konnte, zumal auch noch die Folgen des Einmarschs der Italiener in Abessinien, Kriegsschauplätze in Jugoslawien und Griechenland mit Kreta sowie Nord-Afrika und auch die Besetzungen der Länder Norwegen, Dänemark, Holland, Belgien, Luxemburg und Frankreich und damit die Bindung von Kräften einkalkuliert werden mussten.

Friedrich Kellner, Justizangestellter in Gießen schieb in seinem Tagebuch zum Jahreswechsel 1941 / 1942


Zitat

„Bei nüchterner Betrachtung komme ich zur Überzeugung, dass es für Deutschland unmöglich ist, diesen Krieg zu gewinnen!“
Zitatende

Quelle: Friedrich Kellner „Vernebelt, verdunkelt sind alle Hirne – Tagebücher 1939–1945 Wallstein Verlag GmbH, 2011.



Carl Zuckmayer

‘Geheimreport‘

Nazideutschland wird den Krieg, den es mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 begonnen hatte, verlieren.

Das ‘Unternehmen Barbarossa‘ war manifestiert durch die am 18. Dezember 1940 von Hitler dem OKW gegenüber erteilte Weisung Nr. 21, Diese legte fest, den Angriff auf die Sowjetunion vorzubereiten.

Die Geschichtsschreibung geht davon aus, dass bereits am 5. Dezember 1941 von einem Ende des ’Unternehmens Barbarossa’ auszugehen ist, als die Wehrmacht vor Moskau zum Stehen kam.

Noch deutlicher vollzog sich der Anfang vom Ende, als 1943 die sechste Armee im Kessel von Stalingrad kapitulieren musste.

General Paulus, den Hitler noch am 30. Januar 1943 zum Generalfeldmarschall erhoben hatte, legte tags darauf gegen den ausdrücklichen Willen des ‘Führers‘ die Waffen nieder, da im südlichen Stadtkessel von Stalingrad eingeschlossen, ein Kampf gegen die Übermacht der roten Armee nicht mehr möglich war.

Zwei Tage später ergaben sich auch die ausgezehrten Truppen im Nordkessel der Stadt, das einem Trümmerfeld glich. Etwa 150.000 deutsche Soldaten waren im Kessel den Kämpfen, der Kälte oder dem Hunger zum Opfer gefallen. Rund 91.000 Mann gerieten in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der vielleicht 6.000 Überlebende bis 1956 nach Deutschland zurückkehrten. Auf sowjetischer Seite waren vermutlich allein im Kampf um Stalingrad mehr als 400.000 Soldaten ums Leben gekommen. Im Kriegsverlauf starben zwischen 24 und 40 Millionen Bewohner der Sowjetunion.

Bereits am 31. Januar 1943 war General Friedrich Paulus Kriegsgefangener der Roten Armee. Am
2. Februar 1943 um 4 Uhr nachmittags wurde er verhört: Er leugnete vehement, der Südkessel habe kapituliert, sondern bestand darauf, man habe lediglich aus Munitionsmangel den Kampf einstellen müssen. Außerdem weigerte er sich trotz mehrfacher Aufforderung, dem noch kämpfenden Nordkessel von Stalingrad die Einstellung der Kampfhandlungen zu befehlen. Er sagte, er habe keine Befehlsgewalt über diesen, weil er sich nicht bei der Truppe befinde. Am 20. Februar 1943 wurden Paulus und sein Stab dann in ein Kriegsgefangenenlager verlegt.

 

 

Zitat
1. Februar 1943
Die Lage im Südteil Stalingrads ist geradezu verzweifelt geworden. Wenn man sich vorstellt, dass jetzt die Verwundeten und Kranken schon keine Nahrung mehr bekommen, dann kann man daran den Grad der menschlichen Katastrophe, die sich dort abspielt, ermessen. Wir geben den Südteil nun gänzlich auf. Von Paulus, der übrigens noch zum Generalfeldmarschall befördert worden ist, kommt als Letztes die Nachricht, dass die Russen vor den Türen stehen und dass er nunmehr seine Übermittlungsapparatur zerstören müsse […] Wir stellen uns die Frage, ob Generalfeldmarschall Paulus überhaupt noch lebt. Es bleibt für ihn ja nach Lage der dinge nichts anderes als ein ehrlicher Soldatentod übrig. Das Schicksal hat ihn in eine Situation hineingestellt, in der er, zumal da schon so viele seiner Leute gefallen sind, auf fünfzehn oder zwanzig Jahre seines Lebens verzichten muss, um seinen Namen auf Jahrtausende lebendig zu erhalten. Man kann wohl der Befürchtung Ausdruck geben, dass damit die Kämpfe in Stalingrad sich ihrem ende zuneigen. Man vermag sich nicht vorzustellen, wie sich unsere Truppen dort noch längere Zeit halten können.
[…]


2. Februar 1943
Der Südkessel ist jetzt von den Sowjets gänzlich ausgeräumt worden. Wäre Paulus aber wirklich in Gefangenschaft geraten, so stellte das für uns im Hinblick auf die außerordentlich schweren Opfer, die wir an Mannschaften und Offizieren haben, einen kaum wiedergutzumachenden Prestigeverlust dar. Man mag der Meinung Ausdruck geben, dass es leicht ist, von Berlin aus eine solche Sache nach dem ungeschriebenen nationalen Ehrenkodex zu beurteilen; aber immerhin muss hier mit in Betracht gezogen werden, dass der Befehlshaber in Stalingrad die Wahl hatte, entweder 15 oder 20 Jahre länger zu leben oder ein mehrtausenjähriges ewiges Leben in unverwelktem Ruhm zu gewinnen. Diese Wahl kann meiner Ansicht nach nicht schwergefallen sein.
[…]

4. Februar 1943
Es ist immer noch die Frage, ob Generalfeldmarschall Paulus noch lebt oder ob er freiwillig in den Tod gegangen ist. Die Bolschewisten beharren darauf, dass er sich in ihrer Hand befinde, und ich glaube, es besteht kaum ein Zweifel an der Richtigkeit dieser Meldung. So fest und bestimmt würden selbst die Sowjets das nicht behaupten, wenn sie Paulus nicht tatsächlich in ihren Händen hätten.

Zitatende

Quelle; Goebbels Tagebücher – Piper Verlag – 1992 – Seite 1886 - 1891

Sehr bald – bereits im April 1943 – initiierte Stalin eine Gruppierung, die aus deutschen Emigranten, deutschen Offizieren und deutschen Mannschaftsmitgliedern bestand, der Name: Nationalkomitee ’Freies Deutschland’ (NKWD), dem Wilhelm Piek und Walter Ulbrich als Emigranten angehörten. Von der militärischen Seite waren Generaloberst Friedrich Paulus und der Kommandierende General Walther von Seydlitz im Gründungskomitee.
 


Quelle: Bundesarchiv_Bild_146-1971-070-73%2

Seydlitz war unter Förderung der Sowjetischen Führung an der Gründung des ‘Bund Deutscher Offiziere‘ (BDO) am 11./12. September 1943 im Gefangenenlager Lunjowo bei Moskau beteiligt und wurde dessen Präsident. Der BDO blieb als Organisation bis zum 2. November 1945 bestehen. Elf der 22 Stalingrader Generale traten dem BDO bei. Der BDO schloss sich als eigenständige Organisation zwei Monate nach seiner Gründung dem im Juli 1943 dann tatsächlich  gegründeten Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD) an.

 

 

Zitat
Hitler und Stalin umwarben ihn, dann ließen sie ihn zum Tode verurteilen. Dem deutschen Volk galt er erst als Held, dann als Verräter. Geblieben ist er der umstrittenste deutsche General des Zweiten Weltkriegs: Walther von Seydlitz-Kurzbach.

Der Verwandte des berühmten Reitergenerals Friedrichs des Großen, des Zorndorf-Siegers Friedrich Wilhelm von Seydlitz, erbte einen Namen, der einem Symbol für preußische Soldatentugenden gleichkam. Aber als er bei Stalingrad 1943 in sowjetische Gefangenschaft geriet, brach er seinen Eid. Er schloss sich dem von Sowjets und deutschen Emigranten gegründeten »Nationalkomitee Freies Deutschland« (NK) an und wurde dessen Vizepräsident.

Mit seinem Namen verband sich der Versuch, die Wehrmacht zum Kampf gegen Hitler aufzustacheln und deutsche Soldaten an der Ostfront zum Überlaufen zu bewegen. An der Front scheiterte der Versuch zwar, aber in den sowjetischen Lagern bewogen der Name Seydlitz und die Aussicht auf bessere Verpflegung viele hungernde Kriegsgefangene, sich dem NK anzuschließen.

Die Hilfswilligen wurden von den Sowjets nicht selten dazu benutzt, die Masse der deutschen Kriegsgefangenen, die sich dem NK verweigerte, zu denunzieren und zu drangsalieren -- Grund genug für viele Soldaten, den General mit dem Terror und Elend mancher Lager zu belasten. Er war bald so verhasst, dass sein ehemaliger Adjutant, den er in der Gefangenschaft zu sich holen ließ, Seydlitz« ausgestreckte Hand übersah und sich mit den Worten: »Ich kannte einmal einen General von Seydlitz« von ihm abwandte.

Der ehemalige Stalingrad-Generalleutnant Arthur Schmidt hielt Seydlitz vor, er habe wissen müssen, »dass er mit seinem Widerstand« aus dem Lager heraus das Hitlerregime nicht treffen konnte, wohl aber brave deutsche Landser«, eine „unverzeihbare Schuld": »Es war Verrat am Lande und an Kameraden.«

Als Seydlitz 1955 aus einem sowjetischen Gefängnis heimkehrte, wurde er im Aufnahme-Lager Friedland von anderen Rußland-Heimkehrern gemieden. Nur seine Frau holte ihn ab, aber auch sie hatte unter seinem Entschluss schwer leiden müssen. Sie war von den Nazis gezwungen worden, die Scheidung einzureichen; später war sie zusammen mit ihren vier Töchtern in die »Sippenhaft« der SS gekommen.

Auch nach der Rückkehr währte die Verfemung fort. Zwar hob 1956 das Landgericht Verden das 1944 ergangene Todesurteil des Reichskriegsgerichts auf, doch Seydlitz und die Seinen blieben noch lange isoliert. Der Druck einer im Schwarzweiß-Denken befangenen Umwelt zwang die Familie schließlich, die Heimatstadt Verden zu verlassen und nach Bremen zu ziehen.
Seydlitz aber war zu stolz, um sich öffentlich für seine Tat zu rechtfertigen. Selbst als die Historiker dazu übergingen, ein etwas differenzierteres Bild des Generals zu entwerfen und ihn sogar als Widerstandskämpfer anerkannten, blieb Seydlitz stumm. Dabei hatte er längst niedergeschrieben, was ihn einst zu seiner Tat getrieben hatte.

Doch er bestimmte, dass die Memoiren erst nach seinem Tode erscheinen durften. Jetzt ist es soweit: Der Oldenburger Stalling-Verlag bringt Seydlitz« Memoiren auf den Markt, aus denen der SPIEGEL einen Auszug veröffentlicht.

In den Memoiren erweist sich der Autor als unpolitischer Nur-Soldat, dem erst nach der Schlacht von Stalingrad dämmerte, dass er die verpflichtenden preußisch-soldatischen Tugenden wie Treue und Gehorsam an einen Verbrecher vergeudet hatte.

Persönlichen Mut und taktisches Geschick bewies er als Kommandeur der 12. Infanterie-Division beim Frankreich-Feldzug ebenso wie beim Vormarsch in Russland. Als 54. Soldat erhielt er aus Hitlers Hand das Eichenlaub zum Ritterkreuz.
Hitler behielt den Haudegen fortan wohlwollend im Auge, und als im Februar 1942 rund 100 000 deutsche Soldaten von der Roten Armee bei Demjansk eingekesselt wurden, befahl der Diktator, Seydlitz solle die Kameraden heraushauen. Er tat es: Mit vier Divisionen und einer Gebirgs-Brigade gelang Seydlitz im April 1942 der Entsatzangriff.
Weil Pessimisten im Generalstab schon die totale Vernichtung der Eingekesselten vorausgesagt hatten, fühlte sich Hitler einmal mehr bestätigt. So glaubte er auch ein halbes Jahr später, den Kessel von Stalingrad mit Demjansker Methoden öffnen zu können. Nur seines bewährten Kesselknackers Seydlitz konnte er sich nicht bedienen, denn der saß mitten im Stalingrader Kessel -- als Kommandierender General des LI. Armeekorps.

Seydlitz kam zu der Überzeugung, dass mit Entsatz von draußen nicht zu rechnen sei. Es blieb also nur der Ausbruch, wenn nicht die ganze 6. Armee zugrunde gehen sollte. Vergeblich aber drängte er seinen Oberbefehlshaber, den Generalobersten Paulus, den Ausbruch trotz Hitlers Haltebefehl zu wagen. Der impulsive Seydlitz wusste ebensogut wie der zaudernde Paulus, dass Hitler einen solchen Ungehorsam mit dem Tod bestrafen könne. Trotzdem meinte er, Paulus müsse dieses Opfer auf sich nehmen.
Um den Ausbruch ins Rollen zu bringen, handelte Seydlitz eigenmächtig. Er ließ gut ausgebaute Stellungen an der von ihm gehaltenen Nordfront des Kessels räumen - trotz verzweifelter Proteste der beteiligten Divisionskommandeure. Prompt trat dann auch ein, was sie vorhergesagt hatten. Die unerwartet schnell nachsetzenden Russen holten die Deutschen ein. Wer überlebte, musste sich auf freiem Feld im Schnee eingraben. In den Unterständen saßen nun die Russen.
Hitler tobte, als er von der eigenmächtigen Front-Zurücknahme erfuhr. Paulus - selber von Seydlitz« Aktion überrascht, nahm gleichwohl die Verantwortung für die Absetzbewegung auf sich. Hitler befahl daraufhin, dass die Nordfront »einem einzigen militärischen Führer unterstellt« werde; Seydlitz, den er für den härtesten General im Kessel hielt und »der mir für das Halten dieser Front unmittelbar verantwortlich ist«.
Paulus selber brachte Seydlitz den Funkspruch aus dem Führerhauptquartier und spöttelte, nun könne Seydlitz ja »auf eigene Faust ausbrechen«, da er nicht mehr dem unmittelbaren Befehl der Armee unterstehe. Doch Seydlitz vergaß auf einmal alle Argumente, mit denen er Paulus beschworen hatte, den Ausbruch zu wagen. Er entgegnete, das sei »jetzt doch etwas anderes«, gegen »einen direkten Befehl des Führers« könne er unmöglich handeln.

Walther von Seydlitz-Kurzbach musste noch durch das ganze Inferno der Stalingrad-Schlacht hindurch, ehe er erkannte, dass es Verpflichtenderes gab als einen Befehl Hitlers. Erst in sowjetischer Gefangenschaft gewann er vollends Distanz zu dem Diktator, dem er allzulange gedient hatte.

Zitatende

Quelle: https://www.spiegel.de/politik/seydlitz-verraeter-oder-widerstandskaempfer-a-7bcf58d9-0002-0001-0000-000040749184

 

Informationen über den am 11. September 1943 in Krasnogorsk bei Moskau gegründeten ’Bund Deutscher Offiziere’ gelangten auch nach Berlin. Der BDO hatte sich dem am 12./13.7.1943 unter der Leitung der kommunistischen Partei angeschlossen. Präsident wurde Walther von Seydlitz, der meinte, mit Propaganda an der Front die deutsche Wehrmacht zur Einstellung der Kampfhandlungen und das deutsche Volk zum Sturz Hitlers bewegen zu können.
Goebbels wetterte gegen die Aktivitäten:

 

 

Zitat
Ich lese eine Auslassung des verräterischen Generals von Seydlitz über Stalingrad. Diese Auslassung wird in englischen Flugblättern, die über dem reich abgeworfen werden, kolportiert. Die Auslassungen des Generals von Seydlitz zeigen, dass es sich bei ihm nicht um einen verführten oder um einen narkotisierten Offizier handelt, [sondern] der im Dienst des Bolschewisten steht; das was Seydlitz niedergeschrieben hat, ist bei vollem Verstand niedergeschrieben worden, Er ist kein bemitleidenswertes Opfer der bolschewistischen Vernehmungstaktik, sondern ein ausgemachtes vaterlandsloses und verräterisches Schwein. Es zeugt sehr stark wider den deutschen Offizierstand, dass solche Subjekte in seinen Reihen einmal Platz gehabt haben.
Zitatende

Quelle: Goebbels Tagebücher – Piper Verlag – 1992 – Seite 1975 – 1976


Der Reichspropagandaminister sah – nach Rücksprache mit General Rudolf Schmundt, dem Personalchef des Heeres, der ihm noch einmal mit tiefster Bekümmernis die Notwendigkeit aufzeigte, - so schnell wie möglich die Sache zu bereinigen und dem ’Führer’ vorzutragen. Hitler aber wollte in der Situation, in der sich das Reich befand, nicht vor der Öffentlichkeit den Fall behandeln.
Goebbels brachte Schmundt dazu, mit ihm eine Erklärung aufzusetzen, nach der sich das Heer in schroffer Weise von General von Seydlitz absetzt und das Tischtuch zerschneidet. Diese Erklärung sollte ein glühendes Treuebekenntnis zum ’Führer’ darstellen und von allen Generalfeldmarschällen des Heeres unterschrieben und dann von den drei ersten Generalfeldmarschällen dem ’Führer’ vorgelesen und überreicht werden. Goebbels diktierte den Text der Erklärung, übergab sie Schmundt, der mit dem Wortlaut völlig einverstanden war, und dieser machte sich auf den Weg, alle Fronten abzufliegen, um die restlichen Unterschriften zu erwirken.
Da zu der Zeit die Stimmung zwischen dem ‘Führer‘ und der Heeresgeneralität “etwas vergiftet“ war, musste überlegt werden, welcher der Generalfeldmarschälle das Papier - unterschrieben von allen - überreichen sollte.
Goebbels meinte, wenn das richtig ablaufe, werde Hitler auch eine „großzügige Geste der inneren Bereitschaft und der Versöhnung machen“.

 

 

Zitat
Schmundt ist überglücklich, dass seine Rundreise zu den Marschällen zu einem vollen erfolg geführt hat. Er legt mir die von allen Frontmarschällen übrschriebenen Erklärung vor. Sie ist fast genauso gehalten, wie ich sie aufgesetzt habe, und stellt ein geschichtliches Dokument dar. Kein Marschall hat seine Unterschrift verweigert.
[…]
Es weiß natürlich niemand von den Marschällen, dass ich der Autor dieses Dokuments bin, und ich habe Schmundt auch dringlich gebeten, das niemandem weiterzusagen; denn dadurch würde das Dokument eine art von Propagandaerklärung werden, was durchaus unerwünscht ist.

Zitatende

Quelle; Goebbels Tagebücher – Piper Verlag – 1992 – Seite 2020

Die Erklärung wurde dem ’Führer’ in Schloss Kleßheim bei Salzburg übergeben. Die Generalität verurteilte nochmals verbal den ’Verrat’ des Generals von Seydlitz.
Der habe die geheiligte Tradition des deutschen Heldentums mit Füßen getreten. Seine Person sei für alle Zeiten mit Schmach und Schande bedeckt. Die Marschälle hätten das Band der Zusammengehörigkeit zwischen sich und diesem feigen Verräter zerschnitten.

Goebbels freute sich, als Hitler ihm von der Übergabe des Papiers erzählte, dass diese ganz in seinem Sinne sehr scharf, sehr eindeutig und ganz nationalsozialistisch abgefasst gewesen sei. Dass er der Verfasser war, hatte Hitler nicht durchschaut.

Die Gründung des ’Nationalkomitees Freies Deutschland’ und des ‘Bund Deutscher Offiziere’ in der Sowjetunion brachte Bewegung in Emigrantengruppen. Die Bildung dieser Komitees deutscher kommunistischer Emigranten und deutscher Kriegsgefangener führte zu verstärkten Bemühungen unter den Deutschen in den Vereinigten Staaten, auch dort eine Emigrantenorganisation zu gründen, sei es als Imitation des ’Nationalkomitees Freies Deutschland’ oder als Konkurrenzunternehmen. Hierbei suchten die verschiedenen Emigrantenkreise besonders die Mitarbeit des prominenten Exilanten Thomas Mann. Zugleich zeigten amerikanische Regierungsinstanzen erstmals stärkeres Interesse an der Konstituierung eines Komitees deutscher Emigranten, das sie als Gegengewicht zum ’Nationalkomitees Freies Deutschland’ verstanden wissen wollten.

Zwischen 1933 und 1945 wanderten etwa 132.000 deutschsprachige Emigranten in die Vereinigten Staaten ein, von denen die meisten ihre Heimat aufgrund religiöser und rassischer Verfolgung verlassen hatten. Nur wenige waren aus rein politischen Motiven emigriert, und von diesen waren in den USA lediglich vier- bis fünfhundert politisch aktiv. Hierbei handelte es sich um einige Kommunisten, die - relativ erfolglos - versuchten, in der German-American League for Culture, in der German Anti-Axis League, im Victory Committee of German-American Trade Unionists und in der German American Emergency Conference Emigranten und Deutschamerikaner um sich zu scharen, als Antwort auf die Bildung des Nationalkomitees Freies Deutschland.

Das am 11.Juli 1941 von Präsident Franklin D. Roosevelt ins Leben gerufene, zunächst zivile Office of the Coordinator of Information (COI) wurde am 13. Juni 1942 in das Office of Strategic Services umgewandelt. Er war ein operativ arbeitender Nachrichtendienst, der den Vereinigten Stabschefs im Kriegsministerium direkt unterstand und zuarbeitete. Alle Abteilungen bestanden bereits im COI.
Office of Strategic Services (OSS; deutsch: Amt für strategische Dienste) war von 1942 bis 1945 ein Nachrichtendienst des Kriegsministeriums der Vereinigten Staaten. Mitarbeiter des OSS waren u. a. auch der deutsche Philosoph Herbert Marcuse, zeitweilig Chef der Europa-Sektion des Dienstes, sowie der Schriftsteller Klaus Mann. Dieser verfasste einige Monate nach der alliierten Landung auf Sizilien, welche das OSS unter dem Decknamen Operation Husky zusammen mit dem Marinenachrichtendienst (ONI) vorbereitet hatte, für die während der Invasion in Italien vorrückende 5. US-Armee Flugblätter zum Abwurf hinter den deutschen Linien.

Bereits im Frühjahr und Frühsommer 1943 – also unmittelbar nach dem Scheitern der Nazis bei Stalingrad und der Gründung des ’Nationalkomitees Freies Deutschland’ in Russland, hatte das Außenministerium Überlegungen darüber angestellt, ob die amerikanische Regierung für den Zeitpunkt des Zusammenbruchs des NS-Regimes nicht eine Gruppe deutscher Politiker zusammenstellen solle, u m einen Gegenpol zu einer kommunistischen Machtkonzentration im Nachkriegsdeutschland bereitzuhalten und eine „kommunistische Führungsposition unter anti-nationalsozialistischen Deutschen" zu verhindern.
Am 1. August 1943 trafen sich in der Wohnung des Filmregisseurs Berthold Viertel, der schon seit 1927 bei der Twentieth (20th) Century Fox Film Corporation als Drehbuchautor und Regisseur in Hollywood arbeitete.
Zusammen kamen: Heinrich und Thomas Mann, Lion Feuchtwanger, Bruno Frank, Ludwig Marcuse, Hans Reichenbach und Bertold Brecht.
Man begrüßte die Aktionen der Kriegsgefangenen und Emigranten in der Sowjetunion und verfasste eine gemeinsame Resolution, die bereits tags darauf wieder in Frage gestellt wurde, da Thomas Mann ausscherte und beschloss, die Aktion nicht zu unterstützen. Er gab seine Entscheidung an Feuchtwanger durch, da er Berthold Viertel nicht erreichen konnte.
Brecht war über das Verhalten von Thomas Mann entrüstet, wollte aber nicht aufgeben und verfasste eine eigene Version eines Manifests.

Gleichzeitig, aber an anderem Ort – Zuckmayer hatte 1941 eine Farm in Vermont gemietet –, beschäftigte er sich mit den Vorgängen in Moskau und den Gründungen vom ’Nationalkomitees Freies Deutschland’ und vom ’Bund Deutscher Offiziere’ in der Sowjetunion.

Die Nachbarin in Vermont - die amerikanische Publizistin Dorothy Thompson – sie war von 1924 bis 1934 Korrespondentin verschiedener amerikanischer Zeitungen in Berlin, erlebte den Aufstieg der Nazis, mit den bekanntesten Künstlern der Stadt war sie bekannt, unter anderem Ödön von Horváth, Thomas Mann, Bertolt Brecht, Stefan Zweig und Fritz Kortner.

Im Frühjahr 1932 interviewte sie Adolf Hitler im Hotel Kaiserhof in Berlin. Das Interview erwies sich als schwierig, da Hitler fortwährend so sprach, als redete er zu den Massen. Diese Begegnung beschrieb sie in Zeitungsartikeln und ihrem Buch „I saw Hitler“, wobei sie ihn als „Prototypen des kleinen Mannes“ (prototype of the Little Man) bezeichnete und als von „erschreckender Bedeutungslosigkeit“ (startling insignificance). Sie resümierte, Hitler werde nicht an die Macht gelangen: „Oh, Adolf, Adolf! Das Glück wird dich verlassen!“ (Oh Adolph, Adolph! You will be out of luck!)
Aufgrund dieses Artikels musste sie Deutschland binnen 24 Stunden verlassen.

NS-Propagandaminister Joseph Goebbels, der Dorothy Thompson während ihrer Berliner Zeit persönlich kennengelernt hatte, ließ sich über ihre Publikationen unterrichten. 1939 konnte man in Amerika noch deutsche Kurzwellensendungen hören, in denen die Goebbels-Propaganda versuchte, die amerikanische Öffentlichkeit zu beeinflussen und die Deutschamerikaner gegen ihre Regierung aufzuhetzen. Dorothy Thompson wurde darin mit besonderer Heftigkeit angegriffen und als eine "Feindin Deutschlands" bezeichnet.

Goebbels vermerkt unter dem Datum vom 5. April 1942 in seinen Tagebüchern:
Dorothy Thompson hält eine absolut verrückte Rede gegen Hitler. Es ist beschämend und aufreizend, dass so dumme Frauenzimmer, deren Hirn nur aus Stroh bestehen kann, das Recht haben, gegen eine geschichtliche Größe wie den Führer überhaupt das Wort zu ergreifen.
Quelle; Goebbels Tagebücher – Piper Verlag – 1992 – Seite 1778

In Berlin lernte sie die bekanntesten Künstler der Stadt kennen, mit Carl Zuckmayer verband sie bald eine enge Freundschaft, dem sie 1939 durch Übernahme einer Bürgschaft bei seiner Einwanderung in die USA half.

Ein drittes Manifest entstand –
die Nr. 1 mit Thomas Mann vom 1. August 1943,
die Nr. 2 Berthold Brecht Tage später und
die Nr. 3 nun durch Zuckmayer zur gleichen Zeit Anfang August 1943 mit Dorothy Thompson und ihrem wissenschaftlichen Mitarbeiter Hermann Budzislawski, der 1933 nach Zürich, 1934 nach Prag, 1938 nach Paris, 1940 in die USA floh, aber 1948 nach Ostberlin zurückkehrte und dort bis 1967 Professor für Journalistik und dann Herausgeber der Wochenzeitschrift ’Die Weltbühne’ war.

Diese dritte Fassung, die sich nun nicht am russischen Vorgänger, dem Text des ’Nationalkomitees Freies Deutschland’ orientierte, wurde nach Hollywood zu den Initiatoren der beiden ersten Manifeste – also den Manns, Brecht, Feuchtwanger geschickt. Man erhielt aber von dort keine Antwort.
Die gegenseitigen Grabenkämpfe der einzelnen Gruppen gingen weiter, man kam zu keiner Einigung. Und Thomas Mann, den die Amerikaner als ’leading person’ ansahen, hielt sich zurück, er sei nie zu einem Schritt, der etwas Haltung und Mut verlangte, zu haben gewesen.

Die OSS-Mitarbeiterin Emmy Rado trat zu diesem Zeitpunkt
- der gegenseitigen Verleumdungen,
- der unabgesprochenen Aktivitäten der einzelnen Gruppen in Bezug auf
  Kontakt zu Behörden,
- der nicht gewünschten Inanspruchnahme von Propagandaaktivitäten -
  in Kontakt zu Karl Zuckmayer.

Am 21. September 1943 schickte sie Zuckmayer eine Liste von Charaktereigenschaften von Personen, die in Zukunft im befreiten Deutschland einmal maßgebliche Positionen in Kunst und Kultur übernehmen sollten, verfügen müssten.

Zuckmayer begann mit einer Auflistung von personenbezogen Daten in Form von Charakterbeschreibungen. Für diese Beschreibung bedankte sich Emmy Rado am 18. Oktober 1943 – es sei nicht besser auszudrücken, was Zuckmayer geschrieben habe und sie und ihre Mitarbeiter sähen daher seinen Berichten mit Spannung entgegen.

Den ersten Teil seiner Ausführungen wollte er Emmy Rado persönlich übergeben, traf sie aber nicht an. Die folgenden Texte schickte er und bekam für jede Sendung Dankesbriefe, so die vom Januar 1944, den vom 2. Februar 1944 und die vom 14. Februar1944, mit welchem sie sich für den erbetenen Klatsch und Tratsch aus dem Vorkriegs-Berlin bedankte. Zuckmayer wies immer wieder auf die Unseriosität dieser seiner Hinweise hin, aber sie fand, dass die dramatischen Skizzen größte Begeisterung erregt hätten. Seine Arbeit sei so gut, dass er damit berühmt würde, wäre er es nicht schon.

 

 

Zitat
Carl Zuckmayers 'Geheimreport'

Emmy Rado, eine Mitarbeiterin des amerikanischen Geheimdienstes, schrieb das 1944 an Carl Zuckmayer. Ihr Lob bezog sich auf die Dossiers über Künstler und Intellektuelle in Nazi-Deutschland, die der exilierte Dramatiker als Auftragsarbeit des OSS verfasst hatte. Unter dem Titel „Geheimreport“ erscheint diese Porträtsammlung erstmals.

Da es in unserem Fall hauptsächlich um die Vertreter künstlerischer oder kunstnaher Berufe geht – Schauspieler, Regisseure, Dichter, Maler, Musiker, Schriftsteller, Journalisten –, muss man sich darüber klar sein, dass man sie charakterologisch und besonders in ihrem charakterlichen Verhalten während einer Zeit politischer Umschwünge und Katastrophen anders beurteilen muss als etwa führende Politiker, Industrielle, Militärs, Beamte, Wissenschaftler. Tatsache ist, dass eine Reihe der hier zu behandelnden Personen auf dem Standpunkt standen und vielleicht noch stehen, die ganze Schweinerei ginge sie im Grund nichts an. Sie seien dazu da, ihre Kunst zu machen, und es käme nur darauf an, dass die Kunst gedeihe und weiterlebe.
Gedeihe und weiterlebe im Dritten Reich. Mit diesen Sätzen begann Carl Zuckmayer 1943/44 seinen „Geheimreport“, den er für keinen geringeren Auftraggeber als den amerikanischen Geheimdienst OSS verfasste, dem Office of Strategic Services, dem Vorläufer des CIA. Eine freilich im Vergleich mit dem 1947 gegründeten CIA, der eine Institution des Kalten Kriegs und der MacCarthy-Ära war, harmlose Institution, die kulturelle Aufklärung für die Nachkriegszeit in Deutschland betrieb, also wissen wollte: Mit wem sei dann zu arbeiten, mit wem auf keinen Fall. Auch wenn es geheim war, für das OSS zu arbeiten, empfand man es mit Sicherheit nicht als ehrenrührig und keineswegs als Denunziantentum. Informierte man doch – anders als die späteren Stasi-Spitzel – nicht für, sondern gegen ein totalitäres Regime. Fast die Hälfte der deutschen Emigranten in den Staaten, schreibt der federführende Herausgeber des „Geheimreports“ Gunther Nickel vom Marbacher Literaturarchiv, habe mitgetan. Allen voran Herbert Marcuse und einige weitere Mitarbeiter des emigrierten Frankfurter Instituts für Sozialforschung. Selbst die Familie Mann, weiß Thomas-Mann-Biograph Klaus Harprecht, habe, sie wiederum dem FBI, „willig über die Zuverlässigkeit der Mitglieder des Exilantencorps“ berichtet, was vielleicht denn doch ein wenig mehr an Spitzeltum erinnert. Zuckmayers „Geheimreport“ umfasst 150 Charakterporträts von im Reich verbliebenen „Vertretern künstlerischer oder kunstnaher Berufe“. Spektakulär ist weniger, dass er den Report verfasste, sondern wie er ihn schrieb. Aus der Emigration versuchte er eine Binnensicht des Dritten Reichs. Dorthin war er bis zum „Anschluss“ von seinem österreichischen Domizil aus noch mehrfach eingereist. Natürlich immer illegal. Einmal, um im dunklen Zuschauerraum in Berlin eine Probe bei Heinz Hilpert, „dem besten aller Nichtnazis im Dritten Reich“, wie er urteilt, zu erleben. Ein Beispiel für des Autors Sicht auf die Kultur im Dritten Reich:

Man wird fragen: Wie geht das damit zusammen, dass er als Leiter des vom Propagandaministerium subventionierten Deutschen Theaters ein von den Naziautoritäten anerkannter Mann an erster Stelle, ja der Auserwählte des Dr. Goebbels, ist? Antwort: Es geht zusammen – wie so vieles – anscheinend Unvereinbare – in dem seelisch verworrenen und organisatorisch intakten Bienenstock oder Ameisenbau des Nazistaates. Die Nazis haben immer Ausnahmen gemacht, wo sie glaubten, sicher sein zu können, dass diese ihnen nicht wirklich schaden, sondern ihrem Glanz, ihrem Prestige, aber auch ihrem eigenen Wohlbehagen oder Standard dienlich sein könnten. Wer nicht selbst miterlebt hat, wie Hilpert dem Heil-Hitler eines beflissenen Statisten nach langem vernichtenden Blick, Räuspern, Spucken und bedeutsamen Kopfschütteln mit einem breiten „Guten Mor'jen“ antwortet, kann sich keine Vorstellung machen.

Zuckmayer wollte also keine Schwarz-Weiß-Sicht, als er 1943/44 nächtens auf seiner abgelegenen und oft durch Schnee von der Welt abgeschlossenen Farm in den Bergen von Vermont an seinen Dossiers bastelte. Emmy Rado, die Chefin des mit dem für die Zusammenarbeit mit den Emigranten zuständigen New Yorker Büros des OSS, schrieb:

Tun Sie bitte Gerüchte, Geschichten, „dirts“ etc. mit herein. Vielleicht kann so etwas noch gebraucht werden im Psychological Warfare. Halten Sie nicht zurück!

Aber Zuckmayer differenzierte. Mehr noch: Er entwickelte literarische Ambition. Es gibt Kabinettstücke unter den Porträts. Statt des verlangten Schwarz oder Weiß gab er Grau in den feinsten Schattierungen. Ein Dramatiker, der, um die Wahrheit seiner Charaktere bemüht, nicht anders konnte, als sie psychologisch tief auszuloten und ‚gut‘ zu machen. Differenzierungen, die sicherlich den heutigen „Gewissenswächtern“ über die Schuld der Deutschen wehtun. Die seinerzeit unter den deutschen Emigranten ausgebrochene Debatte hat Deutschland bis heute nicht verlassen, bis zum Historikerstreit nicht und nicht bis zur Walser-Debatte.

Zuckmayer sah den Morgentau-Plan, sah die rigide Haltung der einflussreichen Familie Mann. Die Kollektivschuldthese misshagte ihm sehr, dagegen wollte er handeln. Auch übrigens Bertolt Brecht, wie im ausführlichen Kommentar zum „Geheimreport“ zitiert wird. Brecht notierte 1943 :

Als Thomas Mann vorigen Samstag, die Hände im Schoß, zurückgelehnt, sagte: „Ja, eine halbe Million muss getötet werden in Deutschland“, klang das ganz und gar bestialisch. Der Stehkragen hoch. Es handelte sich um kalte Züchtigung.

In Vorwort seines „Geheimreports“ , wie er ihn selbst nannte, teilt Zuckmayer „die Künstler und Geistigen“ des Dritten Reichs in vier Gruppen ein:

Gruppe 1: Positiv (Vom Nazi-Einfluss unberührt, widerstrebend, zuverlässig) Verleger: U. a. Peter Suhrkamp Schauspieler: u.a. Dorsch, Wessely, Attila Hörbiger, Rühmann, Hans Albers Autoren: u.a. Wichert, Carossa, Barlach, Kästner –

Dem er als positive Empfehlung für die Siegermacht mitgibt:

Wenn er überlebt, mag er einer der wichtigen Männer für die Nachkriegsperiode werden. Gruppe 2: Negativ (Nazis, Anschmeisser, Nutzniesser, Kreaturen).

Allen voran werden hier Hans Reimann, Arnold Bronnen, Waggerl, Lothar Müthel und die „Reichsgletscherspalte“ Leni Riefenstahl gegeißelt, über die Zuckmayer sehr abfällig schreibt. Gottfried Benn gesteht er zu, dass er „bestimmt nicht aus Opportunismus und Spekulation, sondern aus Unbehagen an der Kultur, aus geistiger Verzweiflung, weltanschaulicher Verworrenheit, die an Wahnsinnsgrenzen trieb, im Jahr 33 zu den Nazis“ übergelaufen sei, um ihn dann aber auch zu verspotten:

Als in einem Naziblatt sein Name als jüdisch bezeichnet wurde – nämlich das semitische ‚Ben‘, – ‚Sohn‘, als Ursprung angenommen –, veröffentlichte er eine hoch peinliche Apologese, dass er mit dieser Rasse nichts zu tun habe, dass er urarisch sei und ganz reinen Bluts, dass das Wort Benn im Fränkischen und Althochdeutschen im Sinn von Berghöhen und Hochsitzen vorkomme, der Hoch-Benn, Rage-Benn usw. Womit er sich leider doch als ziemlicher Nieder-Benn gekennzeichnet hat.

Am interessantesten sind wohl die Gruppen 3 und 4: „Sonderfälle, teils positiv, teils negativ – nicht ohne weiteres einzuordnen“ und „Indifferente, Undurchsichtige, Verschwommene, Fragliche“, unter die er zum Beispiel Ina Seidel und Agnes Miegel rubriziert. Beide seien," ohne etwa Nazi-Megären oder Frauenschaftsführerinnen geworden zu sein“, als eher „schöngeistige Mädchenschullehrerinnen oder Kränzchen-Schwestern“ „zeitweise ganz folgerichtig einer völligen Hirnvernebelung“ verfallen, „in deren trübem Qualm Hitler als der gottgesandte Erlöser der Deutschen“ erstand.

Am meisten faszinierten ihn die Schauspieler, vor allem die ganz Großen, die es eigentlich nicht nötig hatten.

Zum Beispiel Gründgens, von dem er schon im Vorwort schreibt, er halte ihn nicht für den „abgründigen Bösewicht, als den ihn die Enttäuschung seiner früheren Freunde“ sehe, womit er auf Klaus Mann anspielt. Gründgens Brillanz sei die „einer hochbegabten Spielernatur auf dem Theater wie im Leben, immer auf ‚grand jeu‘ eingestellt“.

Dann Werner Krauss und Emil Jannings, dem er eines der amüsantesten der immer auch mit Witz, Humor und Distanz gespickten Porträts widmet:

Nach der Tragödie Furtwängler das Satyrspiel und die Rüpelkomödie: Emil. Ich muss vorausschicken: Ich liebe die alte Sau. Er ist, obwohl Schauspieler – eine einzigartige Figur. Dämonisch ist seine Beziehung zum Geld. Aber auch dabei beobachtet er sich selbst und weiß sich plötzlich zu ironisieren.

Da trifft man ihn auf dem Salzburger Bahnhof und fragt ihn, wohin er fahre. „Nach Zürich“, sagt er augenzwinkernd, „an meinen Goldbarren riechen.“ Er bläht dabei in einer selbstkarrikierenden Weise die Nasenflügel, und man sieht ihn wirklich schnüffeln.

Warum warf er sich an die Nazis? Der erste Grund war vielleicht, dass er es – wie viele Schauspieler – nicht ertragen konnte, bei dem Glanz einer solchen Aufführung und dem tobenden Rauschen eines solchen Applauses nicht mit an der Rampe zu stehen.


Bei manchen Porträts sollen sich die vier Mitarbeiter des New Yorker Büros vor Lachen gebogen haben. Einer der vier war übrigens Robert M. W. Kempner, der spätere stellvertretende Chefankläger bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen.

Hat der Geheimreport, den vermutlich nur diese vier Leute zu Gesicht bekamen, Folgen gehabt? Die Herausgeber bezweifeln es.

Die Militärregierung im besetzten Deutschland sei schnell auf die gesamten Akten der NSDAP gestoßen. 1945 wurde das New Yorker Büro des OSS geschlossen und alle Dossiers in die National Archives nach Washington überführt. Dort konnte man jedoch Zuckmayers Report nicht finden.

Hat Emmy Rado ihn privat mit sich genommen, um den Autor zu schützen?

1967 ist sie verstorben. Jetzt fand sich kein Nachlass mehr. So existiert also nur die bisher gesperrte Kopie des Typoskripts aus Zuckmayers Nachlass. Ein Text, der mit Sicherheit künftig einer der wichtigsten der deutschen Exilliteratur sein wird, und nicht nur der Exilliteratur!

Ariane Thomalla über Carl Zuckmayers „Geheimreport“. Die Dossiersammlung wird von Gunther Nickel und Johanna Schrön im Göttinger Wallstein-Verlag herausgegeben. 480 Seiten für 30 Euro.


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Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/gunther-nickel-und-johanna-schroen-carl-zuckmayers.730.de.html?dram:article_id=101766

Karl Zuckmayer beschreibt in seinem Geheimreport eine Vielzahl von Personen, die in irgendeiner Weise am öffentlichen Leben in den Jahren der Naziherrschaft von 1933 bis 1945 und vorher teilnahmen.

Wie z.B.:

 

 

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Käthe Dorsch


ist an erster Stelle zu nennen.
Sie war für die Nazis immer der Inbegriff der ’blonden, deutschen Frau’ und ihr hoher Rang als Schauspielerin machte sie im Berliner Theaterleben unentbehrlich. Eine alte Freundschaft mit Göring, die auf dessen junge Leutnantzeit vor dem letzten Krieg zurückging, verschaffte ihr außerdem einen starken persönlichen Einfluss auf leitende Nazibehörde
 

Diesen Einfluss, der den ’kleinen Nazimamelukken gegenüber eine gewisse Macht bedeutete, nutzte sie uneingeschränkt aus, um allen möglichen Verfolgten, Gefährdeten, Hilflosen und Verfemten, zu helfen und beizustehen.

Im Anfang der Nazizeit hatte sie in Theaterkreisen den Spitznamen ’Die Judenmutter’, da sie eine ganze Menge jüdischer Kollegen und Kolleginnen unter ihre Fittiche nahm, vor Verhaftungen oder Misshandlungen schützte, zur Auswanderung und sogar zu einigen Mitteln verhalf, noch im Ausland mit Geld und Beziehungen unterstützte usw.
Darüber hinaus hat sie sich für Verhaftete und KZ-Insassen mit großem Mut und ohne Rücksicht auf etwaige Folgen für sie selbst eingesetzt, es sind ihr Entlassungen und sogar Lebensrettungen gelungen, und wenn garnichts mehr anderes half, hatte sie einem letzten Ausweg, der keinem anderen Menschen zur Verfügung stand, sie drückte das mit den Worten aus: „Ich laufe zu Hermann und kriege einen Weinkrampf!“- Dem war der starke Mann nicht gewachsen. Mehr als einer hat solchen Weinkrämpfen sein Leben oder eine Freiheit zu verdanken. […]
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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 39
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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Paula Wessely,
das größte Talent der jüngeren Generation, die stärkste und bedeutendste Schauspielerin die Österreich in langer Zeit hervorgebracht hat, spielte zwar auch in der Hitlerzeit immer wieder für einige Monate in Berlin bei Hilpert, war aber stets von Nazieinflüssen völlig frei und hoffte auf die Erhaltung eines unabhängigen Österreich.
Als Österreich fiel, war sie gerade in Wien tätig, wo sie die Hauptrolle in einem neuen Stück Zuckmayers spielen sollte, das aber dann natürlich nicht mehr zur Aufführung kam.
 

 

Sie weigerte sich energisch, anstelle dieser Rolle in den Stücken führender Naziautoren aufzutreten, die ihr sofort angeboten wurden, sondern zog sich
auf die Klassiker zurück, und setzte es durch, in den Wochen des ’Anschlusses’ und der ’Volksabstimmung’, in denen sonst allen Theatern ’nationale Erhebungs- oder Propagandastücke‘

lang es ihr irgend möglich war, hielt sie stets die Verbindung mit ausgewanderten Freunden aufrecht. Sie und Hörbiger brachten in den schlimmsten Tagen der
     Verfolgungen nach dem Anschluss einen jüdischen Kollegen in ihrem eigenen Wagen durch das Land und bis zur Grenze, damit er unbehelligt entkommen konnte.
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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 40
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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Brigitte Horney,
die nach einer recht guten Bühnenkarriere ein Star im deutschen Film wurde und es wohl heut noch ist – eine kraftvolle, lebensstarke, intelligente Persönlichkeit – versuchte trotz glänzender Filmangebote in den Jahren 1935 bis 1937 sich eine Stellung im englischen Film zu verschaffen, um die unerträgliche Atmosphäre des nazibeherrschten Berlin verlassen zu können.
 

Sie hat in London hart gearbeitet und auch eine Filmhauptrolle gespielt, konnte jedoch mit der Sprache nicht fertig werden und musste nach Deutschland zurück.
Sie lebt dort in einem privaten Freundeskreis, der in keinem Zusammenhang mit den Nazis steht und sich aus geistig unabhängigen Schriftstellern, Künstlern und Theaterleuten zusammensetzt


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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 40-41
Foto: de.wikipedia.org

 

 

 

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Otto Wernicke

Charakterspieler an Hilperts Deutschem Theater. Im Film spielte er gewöhnlich den gutmütig-derben, polternden und zigarrerauchenden Kriminalkommissar, von dem sich dann herausstellt, dass er gar nicht so dumm ist wie er aussieht.

Sein Begabungsniveau ist aber viel höher, vermutlich ist er einer der stärksten Persönlichkeiten des schauspielenden ’Nachwuchses’, das heißt die Generation die heute vierzig ist.

Von Natur freundlich und gutmütig, weniger primitiv als er äußerlich wirkt, - dass er kein Nazi ist, sondern auf die Erlösung von ihnen wartet, liegt auf der Hand..


Er war mit einer jüdischen Frau verheiratet und weigerte sich, sich scheiden zu lassen, wurde zwar von Hilpert als Schauspieler trotzdem gehalten, blieb jedoch allen Organisationen und öffentlichen Veranstaltungen usw., denen die Schauspieler sonst pflichtweise beizuwohnen haben, fern.
Ob das auf die Dauer gelungen ist, scheint fraglich, in den meisten Fällen (wie im Fall Albers) musste zu mindesten nach außen hin eine örtliche Trennung durchgeführt werden.
Es scheint gewiss, dass Wernicke sich in jeder Weise als anständiger Charakter gezeigt hat. Keine näheren Informationen über ihn seit 1939 – er erscheint aber in den Theaterberichtenden Berliner Blättern von 1942/1943 an führender Stelle.

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 44
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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Auch der sehr beliebte Komiker Heinz Rühmann ein geborener Rheinländer wohl Anfang der 40 war mit einer jüdischen Frau verheiratet und befand sich am Anfang der Hitler Zeit in einer persönlichen besonders komplizierten Lage die eigentlich in das Gebiet des Privatlebens gehört, das andere Leute nichts angeht aber hier aus charakterologischen Gründen mit allem Respekt und aller Zurückhaltung vertraulich erwähnt werden muss.

Die Ehe war nämlich sehr unglücklich und die Frau nach dem persönlichen Eindruck […] eine Landplage und Rühmann war gerade im Begriff sich von ihr zu trennen, wozu es offenbar höchste Zeit war - als plötzlich Hitler zur Macht kam und jeder schuft sich von seiner nicht arischen Frau scheiden ließ.

Dieser Umstand zwang Rühmann aus Gründen der Selbstachtung und der Zivilcourage vor allem wohl der Anständigkeit gegen die Frau jahrelang eine an sich überlebte und sinnlos gewordene Ehe weiterzuführen - nur weil es unter diesen Voraussetzungen nicht anging sich von einer Jüdin offensichtlich unter Ausnutzung der Konstellation - zu trennen. Er hat große Schwierigkeiten deshalb auf sich genommen, die größte eben vermutlich zuhause. Mehr braucht eigentlich über Rühmanns einwandfreiem Charakter und seine wirklich bezaubernde Persönlichkeit nicht ausgesagt zu werden. Nach mehr als 5 Jahren der Nazi Herrschaft und dann auf Wunsch der Frau wurde die Ehe schließlich getrennt, doch diese Nachricht ist nicht verbürgt.
Rühmann hatte als Privatsport fliegen gelernt. - er war ein Freund und Schüler des späteren Luft Generals und nicht Nazi’s Udet, und soll bei Beginn des Kriegs als Kampfflieger in die Armee gegangen sein. Ein Gerücht von seinem Tod in Polen hat sich nicht bestätigt und es ist dem Verfasser nicht bekannt, ob er heute noch der Luftwaffe angehört oder wieder Theater spielt. Charakterlich ist er in jedem Fall ein vorzüglicher Mann.

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 45 - 46
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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Von der alten Garde - den heute zwischen 60- und 70-jährigen Schauspielern guten Ranges - sind die noblen und ganz erstklassige Charaktere zu nennen: Eduard von Winterstein und Paul Wegener. Mit beiden war auch nicht der geringste Nazi-Kompromiss zu machen. Winterstein hat sich als alter Herr selbstverständlich zu seiner jüdischen Frau bekannt und die Idee einer Trennung wäre für nie infrage gekommen. Da die Frau nicht Schauspielerin war wie Else Bassermann, lag der Fall für ihn einfacher. Man hat selbst von Naziseite seinen Charakter und seine Leistung respektiert und ihn in Ruhe gelassen. Er spielt, nimmt aber an keiner wie immer gearteten öffentlichen Angelegenheit Teil. Auch Winterstein hätte vermutlich Deutschland nicht verlassen und nicht die gigantische Leistung auf sich genommen mit 70 Jahren Star in einer fremden Sprache zu werden, die er vorher nicht beherrschte, hätte er nicht seine Frau für eine berufene Schauspielerin gehalten und ihre Ausschaltung von der deutschen Bühne als nicht Arierin als eine unerträgliche Beschimpfung empfunden.

Paul Wegener sagte im Jahre 1933 zu dem Nazi Obermann Laubinger, inzwischen verstorben, der ihn nötigen wollte, an einer NS- Schauspieler Versammlung teilzunehmen, um seine Stellung zu bewahren, in schlichter Weise: Lecken sie mich mitsamt ihrem Führer am Arsch, ich geh ins Kloster.

Auf diesem beispielhaften Standpunkt hatte er durch all die Jahre verharrt.


Ob er noch spielt, weiß ich nicht. Es ist zu hoffen; dass er das Ende erlebt. Wenn nicht; sollte man ihm ein Denkmal setzen. Winterstein hatte mehr die lutherische Festigkeit eines ehrenhaften Altkonservativen. Wegener die gelassene Weisheit eines chinesischen Philosophen. Winterstein war oder ist der begrenztere, Wegener der begabtere, phantasievollere. Jeder in seiner Art ein ganzer Mann, obwohl Schauspieler.

 

Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 46- 47
Fotos de.wikipedia.org

 

 

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Hubert von Meyerinck
-
obwohl Schauspieler und dazu überzeugte Homosexueller – (wenn ihm auch gelegentlich aus Versehen kleine Fehltritte mit dem anderen Geschlecht passieren, die er stets ehrlich bereut) hat sich in der Nazizeit ganz famos und auf der Höhe seines intellektuelles Niveaus benommen.

Aus vielen Berichten naher Freunde ist bekannt, dass er durch nichts zu bewegen war, sich mit der Naziklicque einzulassen, die ihm natürlich als Altaristokraten und aus anderen Gründen alle möglichen Avancen machte. Er soll sich besonders hilfreich und freundschaftlich in vielen Fällen erwiesen haben und gilt als einer der Eckpfeiler der Antinazis unter den Schauspielern

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 47
Foto: de.wikipedia.or

 

 

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Persönliche Erfahrungen in den Jahren 1935 - 38 ermöglichen es für die ausgezeichnete Haltung und unerwartete charakterliche Sauberkeit des bekannten Filmstars Hans Albers Zeugnis zu leisten.
 

Auch er gehörte zu den mit einer nicht arischen Frau behafteten Protagonisten -und der Fall war dadurch erschwert, dass er mit dieser Frau nicht legal verheiratet war, jedoch seit langen Jahren zusammengelebt hatte und sie auf keinen Fall verlassen wollte.

Er versuchte sie nach der Machtergreifung auch gesetzlich zu heiraten.

So viel bekannt, waren vorher gewisse Schwierigkeiten wegen einer früheren Ehe eines der beiden Teile im Weg - aber die Nazi Behörden versagten ihm die Bewilligung und - einmal auf den Fall aufmerksam geworden - zwangen sie ihn zu einer lokalen Trennung, die er jedoch auf alle mögliche Weise immer wieder umging.

In seiner Situation - als ‘Nationalheld‘ der filmversessenen Jugend - der ’blonde Hans’, der starke Mann auf der Leinwand - war natürlich als öffentliches Ärgernis unmöglich und er musste sich äußerlich fügen.

Auswanderung wäre für einen Menschen mit seinem beschränkten und nur in seinem gewissen Bezirk wirksamen künstlerischen Mitteln, Selbstmord gewesen.

Er würde ihn Hollywood in der Statisterie als stummer ältere ‘Stormtrooper‘ in Antinazifilms Verwendung finden und 10 Dollar für die Aufnahmetag bekommen. Auch in Deutschland scheint seinen Stern im Sinken, er spielt jetzt schon im Film den Mann, der das Mädchen nicht kriegt. sondern sich an seinem Sohn freut.

Er ist weder ein großer Schauspieler noch ein bedeutender Mensch, aber ein durchaus anständiger und famoser Kerl und hat mehr Charakter erwiesen als viele Andere, denn für ihn gab es die Versuchung – mit einer ganz kleinen Schweinerei – d e r  Nazihero des Films und der deutschen Bühne zu werden. Wer von drüben kommt, weiß, was es heißt, dem zu widerstehen.

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 47 - 48
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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Benno von Arendt – hat in Vorhitlerzeiten manchen Judaskuss empfangen hat - er pflegte nämlich seine angebliche Freunde, wenn er sie nach einiger Zeit irgendwo traf, zu umarmen und auf die Wangen zu küssen - war einer der stets gut beschäftigten und best bezahlten Bühnenbildner in der Vor-Hitler-Zeit Berlins, mittelmäßig begabt etwas süßlich, aber geschickt und gefällig.
 

Da er sein Brot hauptsächlich vom Juden aß -  seine Chefs waren Saltenberg, die Rotters usw. heuchelte er bewusst (denn er war schon viele Jahre lang vor der ’Machtergreifung’ heimliches Mitglied der NSDAP und seine Position im Dritten Reich war gesichert und vorbereitet) - Freundschaft und Kameradschaftlichkeit zu vielen jüdischen Kollegen und Theaterleuten, um sich im Augenblick der Demaskierung in wüsten und brutalsten Antisemitismus zu ergehen.

Nicht homosexuell, aber sehr effiminiert, reichlich dekadent schon im äußeren und ’von niederem Adel’ her mit leicht verärgerten Deklassierungsgefühlen und Ressentiments erfüllt, sah er im aufkommenden Faschismus hauptsächlich ein Instrument von Wiederaufrichtung feudaler Herren-Diktatur, (wie die Meisten seiner Art, den sozialistischen Einschlag für reine Bauernfängerei haltend, was wohl auch stimmt) und betete gleichzeitig lustvoll den brutalen Reitpeitschenschwinger an.

Das kleine zarte Bürschchen mit dem lasterhaften Mund und den falschen Hundeaugen soll selbst in dem von ihm gegründeten und geleiteten neuen NS-Bühnenclub mit der Reitpeitsche herumgelaufen sein und mit Kellnern, Verwaltungsleuten, Untergebenen und ’kleinen’ Mitgliedern herumgeschrien haben.

Natürlich hagelte es ‘Staatsaufträge‘, er dekorierte viele Hallen und Festräume et cetera für große Versammlungen und Siegesfeiern und übte eine hemmungslose Diktatur über das Bühnenausstattungswesen in Berlin aus, von denen sich nur Hilpert und Gründgens in ihren Häusern freihalten konnten.

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 47 - 48
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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  Lothar Müthel - früher Schauspieler des Berliner Staatstheaters - und Jugendliche Held Jessners und anderer moderne Regisseure in der Nachkriegszeit spintisierhaft und gleichzeitig doktrinär veranlagt, war einer der ersten Schauspieler einer gewissen Intelligenzklasse der dem Nationalsozialismus verfiel
Er trat schon einige Jahre vor Machtergreifung in die Partei ein und befasste sich ganz ernsthaft mit Mythos und Weltanschauung der Nazis. Er erklärte einmal, dass Hitler eigentlich gar kein wirklicher Mensch sei, sondern dass die deutsche Nation ihn sich erdichtet habe.

Er sei ja wahrhaftig ein fleischgewordenes Gedicht. (Das alles gibt es wirklich. Arme Irre.)

Den ‘Ritterschlag‘ zum Volksgenossen bekam er, als er - noch von intellektuellem Skeptizismus angekränkelt und ohne Überzeugung, nur aus Neugier einer nationalsozialistischen Massenversammlung beiwohnte und ein ’einfacher Arbeiter’ - aus unwiderstehlichem Drang dem Führer ins Auge sehen zu können – ihn, den besser Gekleideten mit einem rücksichtslosen Mensch “mach ma Weg da!“ in die Seite stieß, dass er fast zu Boden fiel.
Da ging es durch ihn wie ein elektrischer Schlag und er wusste: das ist Dein Volk - das ist Dein Führer.
(Dies ist nicht […] erfunden, sondern von Müthel in einem Zeitungsartikel […]  so geschrieben.

Er wurde dann Regisseur, versuchte sich in einem chorischen Stil - in dem er mit seinem wirklich gediegenen Können und seiner Bühnenerfahrung vermutliche tüchtige (aber vermutlich auch langweilige) Aufführungen zustande brachte.

Nach dem Anschluss Österreichs und dem raschen Fiasko […] sollte Müthel als Burgtheaterdirektor bestellt und belohnt werden - hatte aber auf der Fahrt nach Wien einen schweren Autounfall, von dessen Folgen er sich erst allmählich erholen konnte.
Soviel bekannt, ist er jetzt wieder als Darsteller und Regisseur tätig. Die Direktion des Burgtheaters soll angeblich der später zu behandelnde Herbert Ihring inne haben.

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 90 - 91
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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  Harald Paulsen

- ein Renegat, vor der ’Machtergreifung’ begeisterte Anhänger von Brecht (in dessen Dreigroschenoper er seinen größten Erfolg hatte) und alle links eingestellten Theater immer zur Krampfigkeit, Unechtheit, Forciertheit neigend.

Wurde begeisterter Nationalsozialist brach mit allen früheren Freunden und Meistern drängte sich danach am 1. Mai 33 bereits die Hakenkreuzfahne für die Schauspieler Fachschaft tragen zu dürfen.

(Er durfte).

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 92
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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Leni Rriefenstahl
-

die ‘Reichsgletscherspalte‘ - auch im Ausland bekannt geworden durch Berg- und Skifilme schwer hysterische Person - maßlos ehrgeizig.
,
Ihr ist zugute zu halten, dass sie keine Renegatin ist, sondern immer an Hitler glaubte als den Erlöser.

Ihrer Karriere aber ist aber die Erlösung gut bekommen - nachdem vorher ihre Gesinnung sie nicht gehindert hat. beim Juden saftige Filmhonorare zu beziehen und sich mit Antinazis für alle Fälle zu stellen.

Als Hitler ihr für ihre Inszenierung der Olympiade und eines Nürnberger Parteitags Films persönlich das goldene Ehrenzeichen oder sowas überreichte, fiel sie auf der Bühne vor Aufregung in Ohnmacht, wobei es ihr misslang dem Führer in die Arme zu sinken - sie sank ihm zu Füßen und er musste sichtlich angewidert über sie wegsteigen, um abzugehen.

Dieses spielte sich im Berliner Ufapalast ab und wurde auch von ‘Newsreels‘ verfilmt - aber natürlich nicht öffentlich vorgeführt.

Der […] Filmregisseur Willi Forst hat den Streifen gesehen und […]  die Szene unvergesslich komisch vorgespielt.

Leni Riefenstahl soll angeblich jüdischer Abstammung sein. Schon möglich. Es würde ihren Fall nicht verfeinern. Soll auch mit Hitler geschlafen haben, was der Verfasser aber nicht glaubt: (Beiderseitige Impotenz anzunehmen.)

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 93 - 94
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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Heinrich George
-

eines der stärksten Talente des deutschen Films und der deutschen Bühne, aber stets durch Disziplinlosigkeit, Herrschsucht, Sauferei ohne Schwung oder Scham eine unzuverlässige und schwere gefährliche Bühnenerscheinung - war schon in der Zeit in der er sich als radikaler Kommunist aufspielte.
 

Ein Mensch der imstande war in der Besoffenheit Kellner und Chauffeur zu spielen.

Er hat zweifellos genialische Züge, die er in selbst berauschender Maßlosigkeit übersteigerte und bis zur Ungestalt übertrieb.

Jählings von einem Tag auf den anderen wandelt er seine wild kommunistische revolutionäre Gesinnung in ebenso raserischen Nationalsozialismus - wobei in den lichten Momenten oder nüchternen - oder vielleicht auch ganz betrunken - Augenblicken sich über seine Verräterei und deren Folgen klar wird und sein eigenes Todesurteil spricht.

Er wagte es als Götz von Berlichingen mit dem Hitlergruß aufzutreten und wurde einer der Führer des nazistischen Theaters.

Man schuf in Berlin eine eigene Bühne für ihn - das Schillertheater, das früher dem Staatstheater angehörte – die er jetzt noch (soweit nicht nieder gebombt) als Direktor leitet.
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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 95 - 96
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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  Auch
Eugen Klöpfer -
der einmal der beste und männliche Schauspieler Deutschlands hätte werden können, hätte er sich nicht durch künstlerische und menschliche Charakterlosigkeit und Schmirantentum versudelt und versaut, - wurde für einen Übergang zu den Nazis und seine treue Hitlergefolgschaft mit einer Theaterdirektion belohnt - er ist Generalintendant der vereinigten Berliner Volksbühnen (am Bülowplatz und am Nollendorfplatz und bekam von den Schauspieler seines beginnen Delirium wegen den Spitznamen Herr General Tatterich.
 

Äußerlich ein Hühne und weniger ein Fettkloß als George, mehr eine süddeutsche Bauerngestalt vereinigte alles Weibische und Kautschukhafte vieler Schauspielercharaktere in seinem Wesen.

Verschlagen, unzuverlässig und heimtückisch wie ein Bär, dabei verrückt ’mit Methode’ was die Karriere anlangt war es für ihn vor der Zeit, in der er den Reichspräsodenten Ebert als den ’größten Deutschen’ feierte bis zur Hitleranbetung, nur ein kleiner Schritt.

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 95 - 96
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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Erich Kästner
-

über sein Verbleiben in Deutschland und über die Tatsache, dass sie möglich war, ohne von den Nazis eingesperrt oder erledigt zu werden, ist viel diskutiert worden.

Ein Nazi ist der bestimmt nie geworden auch nicht zum Schein.
 

Er selbst hat Freunden erklärt, dass er seiner Mutter wegen geblieben sei zu der ein besonders inniges Verhältnis hatte vielleicht war es eine Beziehung, die es beiden unmöglich gemacht hätte, getrennt weiterzuleben.

Bis 1939 lebte er völlig zurückgezogen und nur im Kreis persönlicher Freunde aus früherer Zeit, ohne politisch oder literarische Aktivität, es war ihm von der Schrifttumskammer nur erlaubt, Kinderbücher zu publizieren, die natürlich auch ganz neutral gehalten sein mussten.

Was dann aus ihm geworden ist, weiß ich nicht. Es ist anzunehmen, dass sich nichts Wesentliches geändert hat.

Auch wenn er es vermutlich nicht wagen kann, mit irgendwelchen ’Untergrundbewegungen’ in direktem Kontakt zu sein - da er nicht mehr beobachtet und überwacht ist als jeder andere, gehört er zu den wenigen deutschen Nichtnazis von Ruf und Rang, die die heutigen Verhältnisse innerhalb Deutschlands genau kennen und diese Kenntnisse durch alle Phasen der Hitlerherrschaft ihres Aufstiegs und Niedergangs hindurch erweitert haben. Wenn er überlebt, mag er einer der wichtigen Männer für die Nachkriegsperiode werden.

Aus seiner sehr öffentlich betonten Mutterbeziehung er pflegte in der vor Hitlerzeit, wenn er im Radio vorzutragen hatte, immer zuerst seine Mutter anzusprechen, um sich zu überzeugen, dass sie im Leipzig zuhört - ist nicht wie im Fall Gläser auf eine sentimentalisierte ’Heimat’- und Deutschlanderklärung zu schließen, nicht auf eine charakterliche Verweichtheit oder geistige Unselbständigkeit, sie ist viel eher ein Schlüssel zu der gewissen der rationalistischen Beengtheit seines Schaffens und seines Weltbilds  - zu dem bei einem im Grund lyrischen Temperament erstaunlichen Mangel an unbedingt der Schöpferfreude (Zeugungslust) und Weltbegreifen - der durch Lehrhaftigkeit und Dialektik - wenn auch in amüsanter oft  ironisch überspitzter, manchmal wirklich humornaher Form ersetzt wird.

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 104
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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  Hans Fallada -
Inflationsjugend – Nachkriegsgeneration - revolutionär mehr von Verhältnissen als vom Geist her - leise verbittert ohne Mickrigkeit, nie ganz frei von der Peinlichkeit gewisser Erinnerungen und kleine Demütigungen (‘Wer niemals aus dem Blechnapf fraß‘) doch viel zu verantwortlich gegen ererbtes und erlebtes deutsches Kulturgut auch zu begabt, um der Plattheit und Verlogenheit einer Nazi-Verbitterung zu verfallen.
 

Ein Typus des deutschen ’kleinen Manns’, dessen Herz gesund geblieben ist, auch wenn er in der Seele verwirrt,  erkrankt und glaubens los im Geist nicht mehr als durchschnittlich sein konnte
Das Stärkste was ihm gelang - vor dem ’Kleinen Mann’ waren ’Bauern, Bonzen, Bomben ein Buch in dem - vom steuergefressenen Kleinbauern hergesehen - dieser ’bessere’, zutiefst saubere unanständige deutsche Kleinbürger dargestellt wurde, der proletarisiert war,
bevor er sich (als Nazi) deklassiert fühlen konnte, und um eine menschliche äußere und innere Existenz rang,  ohne durch Verärgerung und Elend vertiert zu werden.

Dieser Typus, den Fallada persönlich repräsentiert und als Schriftsteller in allen Nerven hat, ist ein Kernstock des deutschen Volks und wird ein wesentlicher Restbestand Deutschland sein - in keine ’Klassentheorie’ ganz hineinpassend - wenn die organisatorische Macht, die ihn zu erfassen und sich völlig einzufügen versuchte, liquidiert sein wird.

Deshalb ist Fallada in seinen positiven und negativen Schilderung auch wenn er nicht der ’Zola des neuen Deutschland‘ ist, - so interessant. Deshalb ist es auch ganz natürlich, dass er mit seiner Gattung, die keine kosmopolitischen Möglichkeiten hat (den zolahafte Stoßkraft und geniale Einseitigkeit erwächst nicht aus dieser Wurzel) - zu Hause blieb.

Er versuchte ehrlich in einer Art weiterzuschreiben, ohne sich in irgendwelche Nazipropaganda einzulassen oder ’mitzumachen’. Bis 1939 hat er auch nie getan, was seitdem geworden ist, weiß ich nicht, nehme aber auch hier keine entscheidende Standortänderung an.

Er hat sogar recht mutig und anschaulich, wenn auch ohne wirklich Erleuchtung, unter der Naziherrschaft in einem Inflationsroman ’Schwarze Reichswehr’ Aktivitäten geschildert, ohne sich in die Auffassung und Stil der Nazischablone anzupassen.

Man hat ihn in Ruhe gelassen ohne ihn besonders zu protegieren und gewisse Nazistellen haben ihm genug Misstrauen und Abneigung entgegenbracht, um seine Situation in Deutschland zeitweilig zu gefährden.

Mir ist erinnerlich, dass Emil Jannings - im Jahr 37 - unter ’Kämpfen’ durchsetzen musste, dass man ihn zum Autor eines Jannings-Films nahm, und dass er gegen Filmkammer und Popmin verteidigt werden musste. Die nationalrevolutionäre Haltung seiner kleinen Leute, (die sich nicht gegen die Idee aber gegen die Praxis der Weimarer Republik richtete) machte ihn den Nazis tolerabel, aber hat vermutlich auch im Krieg nicht in ihr Horn geblasen, sicher nicht bis zum Krieg. Auch falls er mehr und mehr zu Konzessionen gezwungen war, bleibt ihr ein - keineswegs großer und bedeutender - aber anständiger oft übers Gewöhnliche hinaus begabter Schriftsteller.

Ob das Erlebnis dieser Jahre tiefere produktive Kräfte in ihm löst oder verstopft können wir nicht beurteilen, ohne seine Arbeit zu kennen. An seinem guten Willen und seiner inneren Ehrlichkeit ist nicht zu zweifeln.

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 106 - 107
Foto: de.wikipedia.org

 

 

 

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Mary Wigman


gab die Weimarer Republik zwar den Beifall ihrer Intellektuellen, aber kein Megaphon in die Hand; keinen Lautsprecher, keine Schulungsfilme; keine Jugendgruppen und keine Riesenräumlichkeiten, in denen sie aus dem Vollen herausarbeiten und nicht 20 oder 50 sondern Tausende von Tänzen in ihrem enthusiastischen Rhythmus bewegen konnte.

Dass sie die Festaufführung der Berliner Olympiade zum Beispiel tänzerisch und chorisch leitete, bedeutet keineswegs ein Mitmachen mit dem demagogischen und verderblichen Nazitendenzen, aber sie konnte der Verlockung einer solchen Aufgabe überhaupt nicht widerstehen, da sie mit ihrem ganzen Lebens- und Arbeitsziel identisch war.

Es ist möglich, dass sie im Jahre 33 etwas zu eilig, die Hakenkreuzfahne aufgezogen hat. (Niemand der nicht dabei war, weiß genau unter welchen Zwangseinflüssen solche Handlungen zustande gekommen sind), sie hat auch sicher die ’positiven’ Elemente des Nazismus, eben das Gemeinschaftsbildende überschätzt, aber das Niveau ihrer starken Persönlichkeit machte sie gegen alle niedrige und platte Nazidemagogie gefeit.

Auch wenn sie bei einer solchen Gelegenheit wie der Olympiade repräsentierte, kann sie in keiner Weise als Repräsentantin der Nazis aufgefasst werden. Ihre ’priesterliche’ Auffassung der Tanzkunst fand in dem Gemeinschaftsformalismus des Dritten Reichs eine Nahrung, die sie verarbeiten und an sich reißen musste, - war aber gleichzeitig stark genug, um das darin verborgene Gift der Minderwertigkeit und des Hasses zu absorbieren.

Persönlich war ihr eigenwillige und gewaltsame Natur ungebrochen und von keiner Naziideologie infiziert als Verfasser zum letzten Mal Gelegenheit hatte sie - im Jahre 1937 - zu treffen. Auch durch den Krieg ist keine Veränderung anzunehmen.

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 112 - 114
Foto: de.wikipedia.org

 

 

 

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TillyWedekind

- Frank’s Witwe, heute eine alte Dame und Pamela, Frank’s Tochter, die in erster Ehe mit Klaus Mann, in zweiter mit Carl Sternheim verheiratet war, - sind in Deutschland verblieben.
 

Weil sie vermutlich im Ausland keinerlei Existenzmöglichkeiten sahen, an eine kurze Dauer der Hitlerherrschaft oder an ’Milderungen glaubten, die eine Wiederaufführung der Wedekindstücke an den deutschen Bühnen - und damit eine Existenz für seine Erben -bedeutet hätte.Von verschiedenen deutschen Bühnenleitern wurde auch der Versuch einer Rehabilitation Wedekinds (und der Aufführung seines sehr schwachen Bismarckdramas) gemacht, - aber selbst der in diesem Punkt weitherzige Vater Göring musste ihn bei näherem Anschauen als ganz entartet und zersetzend erkennen.

Gustav Gründgens verhalf beiden zur Erlaubnis im Dritten Reich Theater spielen zu dürfen, beschäftigte Tilly gelegentlich in älteren Rollen und engagierte Pamela ans Staatstheater. Ihre Existenz war auf diese Weise gesichert, ohne dass sie sich zu Nazis konvertieren mussten - und es ist auch nicht zu ersehen, was sie in der Emigration hätten tun soll, außer zu verelenden.


Tilly ist eine harmlose und gutartige Frau von schwer nervöser Konstitution, ohne besondere Intelligenz oder Begabung - durchaus liebenswürdig und nett - Pamela hatte auch keine besondere Eigenart, weder geistig noch menschlich, und kein bemerkenswertes Talent, außer dass sie eben die Tochter ihres Vaters war, ihm etwas ähnlichsah und seine Lieder in seinem Tonfall aber ohne seine Faszination und sein Impetus vortrug.

 

Dies sind keine Nazifrauen und keine Antinazifrauen, es gebührt ihnen weder Ablehnung noch Bewunderung, eher Mitleid und freundliche Behandlung, wobei Tilly dafür zu ehren ist, dass sie einmal schön war.

 

Der Bannfluch der Familie Mann, die sie lieber Beide in der Emigration verhungern sähen als die Brosamen von Gründgens’ Tische zu essen, sollte nicht zu hart treffen und in Absolution mit leichter Buße (knappe 5 Vaterunser) umgewandelt werden.

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 121 - 122
Foto: de.wikipedia.org

 

 

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Gustav Gründgens ist als Regisseur keineswegs so bedeutend und wesentlich wie Engel oder Fehling. Brillanz und enorme, beispiellose Wirkungssicherheit kennzeichnet seine Persönlichkeit als Schauspieler wie als Bühnenleiter.
 

. SeinBrillanz, Wirkung, skrupelloser Erfolgsinstinkt, völlige Vorurteils- und Bedenkenlosigkeit, immer mit einem Schuss tollkühnen, fast manischen Abenteurertums, das aber nicht wirklich hochstaplerhaft wird, da zu viel Können, zu viel Qualitätsgefühl, zu viel souveräne Strategie, zu viel Menschenkenntnis und Selbstsicherheit, ja Selbstzucht, dahinter steht.

Das Theater steckt ihm in jedem Nerv, es ist untrennbar von seiner persönlichen Existenz, Spiel und Leben sind für ihn kongruent, und zwar Spiel ebensosehr im Sinn des riskanten Einsatzes, des Roulettes und des Pokerbluffs, als in seiner Spiegelung und Bemeisterung durch die Kunst. Aus dieser künstlerisch sublimierten Spielernatur ist seine Karriere bei den Nazis zu verstehen, aus der Lust am Gewagten, am Jonglieren und der glänzenden Equilibristik, am Sprung auf einen schwindelhaften Gipfel, an Wurf und Gewinn, an Repräsentation, großer Schaustellung und fabelhaft beherrschter Maske, - an Macht und Gefahr.
Beziehung zur Macht ist durchaus zynisch und daher stets selbstgefährdend. Er kostet sie aus, ohne sie im kleinlichen Sinn zu missbrauchen und ist bereit sie für eine Laune, einen eleganten Trick, manchmal aber auch eine anständige Handlung, aufs Spiel zu setzen. So sehr er seine Stellung mit großer Theaterpolitik und Personalbeziehungen machte - als Görings Luxuschampion gegen die engere Kulturpolitik der Partei - so sehr er in allen Sätteln der Nazi-Intrigue gerecht und all ihren Finten gewachsen war - hat er doch seine künstlerische Qualität, seinen Stil, und seine persönliche Lebensart immer aufrechterhalten. Einige Male musste er, auf der Kippe des lebensgefährlichen Skandals wegen seiner Vollblut-Homosexualität, scharf vor dem Abgeholt- und Erledigtwerden, plötzlich verreisen, immer wieder kam er - irgendeine bravouröse Volte schlagend - mit größerer Macht und neu gesicherter Freizügigkeit zurück.

Er muEr musste dann allerdings eine offizielle Scheinehe (mit der Schauspielerin Marianne Hoppe) eingehen, aber er war auch früher schon aus Gründen der Reputation und wohl auch der Personalpolitik - mit Erika Mann - verheiratet. Ohne sich direkt für Andere zu riskieren - und vermutlich sehr subjektiv, nach persönlicher Neigung oder Abneigung, aber auch vielfach aus Respekt vor Niveau und Können, hat er in seiner Machtposition vielen Künstlern geholfen und viele (wie etwa Erich Ziegel), die ganz ausgeschaltet waren, wieder auf dem Theater durchgesetzt. Es ist falsch, ihn einfach als den eiskalten Ehrgeizling zu charakterisieren, aber natürlich sind seine fouchéhaften Züge nicht zu übersehen. Immerhin ist sein Umschwung vom radikalen >Kulturbolschewisten< zum Götterliebling der Nazis eher begreiflich, weil >naturgemäßer<, als der anderer Gesinnungshelden. Er ist eigentlich eher ein hässlicher Mensch, mit viel zu hoher Stirn, viel zu großem Mund, besonders unschönen Händen, schlacksiger Figur, - der es versteht fabelhaft gut auszusehen. Er geht mit unsichtbaren Schlittschuhen an den Füssen am liebsten auf blankem Eis - auf einem weniger glatten und ungefährlichen Boden würde er vermutlich straucheln und stolpern. Er ist noch verhältnismäßig jung, wohl kaum über vierzig. Vor ein bis anderthalb Jahren kam das Gerücht er sei >zurückgetreten< und habe sich >freiwillig< in die russische Front gemeldet - wo er vermutlich - fast möchte ich sagen: hoffentlich - in einem Stabsquartier beschäftigt ist, das den rechtzeitigen Rückzug nicht versäumt. Es läge aber natürlich auch in seiner Linie, den Rückzug - rechtzeitig? - ja zu versäumen und einen Saltomortale in das Kommittee >Freies Deutschland< zu versuchen. Vielleicht werden wir mit ihm noch Überraschungen erleben. Ich gehöre nicht zu den Calvins, Catos oder Robespierres, die ihn verurteilen und auf die Guillotine schicken würden, obwohl der St. Just eine seiner besten Rollen war.

Nacht Charakterristisches Beispiel für seine Art, auf dem Rasiermesser seilzutanzen und Gefahr zu jonglieren. Als er im Jahr 1936 eine Hamletaufführung mit ihm selbst in der Titelrolle vorbereitete, war Berlin grade voll von Gerüchten über einen neuen Skandal mit ihm wegen >Schwulität<, es hieß, dass ein Kollege von dieser Gattung aus seinem Landgut Zeesen weg verhaftet worden sei - und es war wirklich ein Moment, in dem sein Thron wackelte und sein Kopf lose auf den Schultern saß - sodass Beides durch eine besondere Leistung wieder befestigt werden musste. Kam die Hamletpremiere mit der berühmten Stelle: >Ich habe keine Lust am Weibe< - die ein anderer in seiner Situation vermutlich gestrichen oder vorsichtig rasch überspielt hätte. Gründgens machte es genau umgekehrt. Fast an der Rampe in der Bühnenmitte, Gesicht zum Publikum, von doppeltem Scheinwerfer beleuchtet, nach einer jener vergrübelten Pausen die er in die Rolle legte, - -- sagte er den Satz plötzlich ganz scharf mit einer Art von pointierter Verachtung ins Auditorium hinein: >Ich habe keine Lust am Weibe< - - machte dann wieder eine Pause in der jeden Abend ganz Berlin den Atem anhielt, - und fügte dann ganz rasch und beiläufig, ohne Einschnitt das Folgende weitersprechend, hinzu: - und auch nicht am Mann.
Die Darstellung war ein phantastischer Erfolg für ihn und er war auf eine ganze Zeit hinaus wieder gesichert und gefestigt. Monatelang war die Vorstellung ausverkauft, und Jeder Theaterbesucher in Berlin sagte dem anderen: Du musst hören wie der Gründgens sagt: »... usw.«

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 131 – 132 + 153
Foto: Henschel-Verlag

 

 

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Wilhelm Furtwänglers

Es ist viel schwerer, sich mit seiner Existenz im Dritten Reich abzufinden. Nicht nur weil die Musik in viel höherem Maße internationale Möglichkeiten bietet als das Theater oder gar die Literatur. Gründgens wäre als Emigrant vielleicht einer von zwanzig erfolgreichen Hollywood-Regisseuren geworden, - vielleicht auch nicht. Furtwängler bestimmt einer der drei oder vier ersten Orchesterleiter.


Schlimmer ist, dass er sich als einziger der großen Dirigenten, der drübenblieb, zu einem offiziellen Repräsentanten Nazideutschlands machen lassen musste, - schon vor dem Krieg in der peinlichen Rolle, bei Nazistaatsakten, mit Hitler und Mamelucken in der Loge, zu dirigieren usw.

Jetzt mit der musikalischen Erhebung der Bombenopfer, Kriegsopfer und Parteischergen betraut.

Furtwänglers ursprüngliche Auffassung und Begründung seiner Haltung ist bekannt, sein offener Brief an die Kulturkammer zeigte einen besonnenen aber klaren und offenen mannhaften Einsatz für die Bewahrung einer von Politik und Parteizensur unabhängigen deutschen Kunst.

Es war ihm damit völlig ernst, ebenso mit der Äußerung, die er bei einem Zusammentreffen in London im Jahr privat zu dem Verf. gemacht hat: Ich kann doch meine Berliner Philharmoniker nicht allein lassen - da sind immer noch sechs Juden dabei. - Ein paar Wochen später aber mussten die Juden heraus, - und sein Geiger Bergmann, den Furtwängler als den >besten deutschen Bachspieler< gekennzeichnet hat, wurde eingesperrt und misshandelt.

Nun konnte er also die nichtjüdischen Philharmoniker, die deutsche Musik und das deutsche Musikpublikum nicht allein lassen. Auch an diesem Standpunkt ist etwas Verständliches - man kann sich sagen, dass es katastrophal wäre, wenn die deutsche Musik für eine Dekade oder mehr, (an längere Dauer glaubte auch damals Niemand), nur noch von Lehar und Richard Wagner bestritten würde und von Militärkapellmeistern der musikalische Geschmack in Deutschland bestimmt.

Wenn aber die Diskriminationen für die durch gleiche Kunstgesinnung Verbundenen immer ärger und hoffnungsloser, die Ehrungen und Ehrenstellungen für die eigne Person immer größer werden, wird die Position des Gebliebenen immer fraglicher und immer mehr belastet. Ausländische Solisten, die sich den Ariernachweisbestimmungen nicht unterziehen wollten, kamen nicht mehr in Frage, - moderne Musik wurde als entartet abgelehnt, Furtwängler setzte sich für Hindemith ein, konnte aber das Aufführungsverbot für Hindemiths Musik nicht verhindern. In allen Fragen der künstlerischen Gesinnung wurde er völlig machtlos - die Offizialität seiner Stellung wuchs mehr und mehr. Bis zum Krieg hätte er noch immer gehen können.

Mit >Gewalt< hätten ihn die Nazis nicht gehalten, obwohl sie vor >sanftem Druck<, Vermögensbeschlagnahme usw, sicher nicht zurück scheinen. Jetzt ist es zu spät.

Es ist schon richtig, dass Furtwängler der >deutscheste< Musiker unter den großen Dirigenten ist - aber diese Deutschheit und ihr musikalischer Ausdruck ist sicher nicht an die Grenzen des Dritten Reiches gebunden. Vermutlich konnte er, innerlich, nicht anders handeln - oder nicht so lange es noch Zeit gewesen wäre, - er war immer ein national empfin­dender Deutscher und er mag auf dem Standpunkt stehen, lieber mit einem schuldig gewordenen Deutschland zu Grunde zu gehen als auf der Seite derer, die es sich zu Feinden gemacht hat, zu triumphieren.

Man kann über diesen Standpunkt kein Urteil fällen - wer ihn einnimmt muss ihn mit allen Konsequenzen tragen. Übrigens liegt es auch bis zum gewissen Grad in Furtwänglers persönlichem Charakter, sehr gern >der Einzige< in seinem Gebiet und in seiner Welt zu sein. Die Repräsentation als Staatskapellmeister des Dritten Reichs aber mag ihn immer wieder in schwere Konflikte stürzen. Trauermarsch aus der >Götterdämmerung<.

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Quellen: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 133 – 135
Foto: Henschel-Verlag

 

 

 

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Theo Lingen

Ein für einen Schauspieler ungewöhnlich intelligenter Mensch – gehörte zu einem kleinen Kreis jüngerer Künstler, der sich hauptsächlich um den Dramatiker Bertolt Brecht und dessen >Producer> Aufricht scharte, - in künstlerischen Dingen radikal fortschrittlich, im politischen links-radikal eingestellt.

Er ist – oder war solang mir erinnerlich mit Brecht’s erster Frau verheiratet, die eine Schwester des nach Amerika ausgewanderten Schriftstellers Otto Zoff ist.

Ich glaube mit ziemlicher Sicherheit sagen zu können, dass er im Gegensatz zu Harald Paulsen und anderen Koryphäen der Brecht-Schule, nicht umgefallen und nicht nazi-infiziert ist, sondern in innerer Opposition seinen Stiefel weiter machte.

Schon vor der Hitlerzeit hatte er eine gewisse Karriere beim Film gemacht, da sein hauptsächlich komikerhaftes oder satirisches Talent gewisse Possenzüge aufweist. Er wurde dann auch in Nazifilmen entsprechend beschäftigt. Er ist kein großes Format, aber ein guter und gescheiter Schauspieler – mehr vom Intellekt als von der Intuition her gestaltend – und soweit ich das von flüchtiger Bekanntschaft her beurteilen kann ein anständiger und zuverlässiger Mensch.


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Quelle: Karl Zuckmayer – ’Geheimreport’ – dtv – 2004 – Seite 177 – 178
Foto: dhm.de

Eine Reihe von  Beschäftigten bei Film und Bühne finden in detaillierter Form keine Erwähnung, die aber nach neuesten Erkenntnissen sehr wohl Kontakte zu Führungsnazis bzw. dem System hatten.

Einige von ihnen waren nach Notizen in den Tagebüchern von Dr. Goebbels häufig Einladungen ins Haus des Reichspropagandaministers gefolgt.

Ganz abgesehen davon, hatte er zu nicht wenigen intime Beziehungen.
Herausragend hier Lida Barowa, die tschechische Filmschauspielerin.

Diejenigen, die auf die ’Gottbegnadetenliste’ eingetragen waren, konnten sich auf einen Sonderstatus berufen. Sie wurde zu keiner Art von Kriegsdienst, nicht an der Front und auch nicht in der Heimat zu Kriegsdiensten herangezogen.

Die Liste enthielt folgende im ’Geheimreport’ nicht erwähnte Personen des öffentlichen Interesses:

 

 

 

Zitat

Theater und Oper (Auswahl)

Auf der von Goebbels geführten Liste standen 280 Schauspieler, 227 Schauspielerinnen, 78 Filmautoren, 18 Filmautorinnen und 35 Filmregisseure, darunter:

 

 

Zitat

Quelle Wikipedia

 

Leserbrief
 

 

 

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Liebe Frau Gilles, lieber Herr Hansing,
nachdem wir aus dem Urlaub kamen und ich ihre neue Mitteilung vorfand, habe ich sie fast in einem Zug "verschlungen". Besonders köstlich, wie Sie - ich nehme einmal an, es war Herr Hansing - die verschiedenen Verunstaltungen von "Holländer"-Aufführungen in den für einen Opernliebhaber unverständlichen und unerträglichen Einzelteilen analysiert haben. Ich wünschte, diese würden auch den wenigen Befürwortern dieser Mätzchen in die Finger geraten und sie sollten dazu im Einzelnen auch einmal Erklärungen abgeben. Allerdings zeigt meine Erfahrung im Tamino-Klassikforum, dass sie dann alle schweigen und nur mit allgemeinem Blabla Angriffe (z.T. mit persönlichen Beleidigungen, wie ich Ihnen schon mal berichtete) antworten. Alle konkreten Fragen von mir und vielen anderen Gegnern des Regisseurstheaters blieben dort unbeantwortet. Was den Don Giovanni in Salzburg betrifft, war das ja noch eine Stufe schlimmer. Ich hatte mir, nach allem, was ich darüber schon gehört und gelesen hatte, vorgenommen, garnicht erst einzuschalten. Also veranstaltete ich lieber Heimkino mit DVD und Beamer für uns und unsere Freundin. Nachdem ich abgeräumt hatte, schaltete meine Frau noch einmal das Fernsehen ein, um Nachrichten zu schauen. Der Empfänger stand noch auf arte und wir gerieten just in die Szene "La ci darem la mano",in der Don Giovanni mit Zerlina vorn am Bühnenhand saßen und der Don gleichzeitig eine hinter dem Paar liege und sich räkelnde splitternackte Frau betatschte. Das reichte schon, um zu erkennen, wes Geistes Kind diese Inszenierung war. Mein Leserbrief in der HÖRZU hat übrigens noch weitere Leser begeistert, Obwohl ich ihn ja aus Erfahrung kurz fassen musste und dennoch weiter gekürzt wurde. Als wir uns letzten Samstag im Kino die Übertragung von "Boris Godunow" angesehen haben, sprach mich ein mir nur flüchtig bekannter Herr darauf an: "Endlich mal einer, der sich gegen dieses Regietheater wehrt". Ich habe ihm natürlich gesagt, das das viele Leute tun und wo er dazu etwas nachlesen könne. Auf Ihre weiteren Mitteilungen bin ich - wie immer - sehr gespannt - vor allem auch, was das sogenannte "Theater des Jahres" (ich kann darüber nur lachen oder besser, mit Ihnen heulen) noch alles verbrechen wird. Manchmal habe ich geglaubt, das Niveau wäre schon auf dem tiefsten Punkt angelangt. Aber ich muss feststellen, es geht noch tiefer.
Liebe Grüße EGW

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Leserbrief
 

 

 

Zitat

"Cosi" schaue ich mir doch nicht an.
Hab‘ da keine Lust drauf, die absurden Erklärungen des Regieteams, warum sie was geändert haben, überzeugen mich überhaupt nicht...“


KO aus Hannover

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Leserbrief
 

 

 

Zitat

'Così' an der Nds. Staatsoper Hannover

Guten Morgen meine liebe Frau Gilles,
wie immer liegen Sie mit Ihrer Kritik absolut richtig. Mit Freunden haben wir am Sonntag, dem 31. Oktober 2021, die Oper "Cosi fan(no) tutte" besucht und sind von einem Wechselbad der Gefühle heimgesucht worden. Der musikalische Teil war hervorragend, was der zwischenzeitliche und vor allem der abschließende frenetische Beifall des Publikums bewiesen haben und damit die Künstler verdientermaßen würdigten.

Im krassen Gegensatz dazu war die Inszenierung bis auf einzelne Bühnenbilder grottenschlecht. Die über der Bühne eingeblendeten Übersetzungen waren nicht nur verfehlt, sondern enthielten auch noch überflüssige Kraftausdrücke. Das Einbeziehen von Kindern und deren Bilder als Projektionen sowie die von nackten Personen trübten erheblich den Kunstgenuss.

Man wird den Verdacht nicht los, dass Intendanten offensichtlich unter dem Zwang stehen, etwas Modernes bieten zu müssen und vermutlich glauben, damit vor allem jüngeres Publikum erreichen zu können.

Wie gern unterstützen wir die arg gebeutelte Kunstwelt, nicht aber mit derart verschlechterter Qualität und das noch mit Subventionen durch Steuergelder.
Seien Sie für heute herzlich gegrüßt
Ihr KW Hannover

 

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Leserbrief

 

 

Zitat

Verehrte Frau Prof. Gilles,
mit einem kleinen Gruß möchte ich Dank sagen, dass Sie mich immer mit Ihren Mitteilungen auf dem Laufenden halten.
Nach Meiningen schaffe ich es in diesem Jahr nicht mehr. Der TRISTAN in Chemnitz hat mir gereicht (Rundschreiben bekommen Sie in er kommenden Woche).

Es kann doch nicht sein, dass man im Theater immer die Augen zumachen muss!
Herzliche Grüße – RW aus C.

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Analyse der Textdichtung des ‘Lohengrin‘

 

Die Neuartigkeit des Textes verwirrte die Freunde, denen Richard Wagner am 17. Nov. 1845 im „Engelclub“ in Dresden das Gedicht vorlas. Anwesend waren Schumann, Hiller, Semper, Franck, Hähnel, Rietschel, Julius Schnorr, Pecht, Reinick, Bendemann und Hübner.

 

„Es wurde gelobt und „effektvoll“ gefunden, auch Schumann war ganz damit einverstanden, nur begriff er die musikalische Form nicht, in welcher ich es ausführen wollte, da er keinerlei Anhalt zu eigentlichen Musiknummern ersah.

Ich machte mir den Spaß, ihm verschiedenes aus meinem Gedicht in der Form von Arien und Kavatinen vorzulesen, worüber er sich lächelnd befriedigt erklärte.“ (R.W. – M.L. S. 339)

 

Am nächsten Tag schrieb Robert Schumann an Felix Mendelssohn-Bartholdy: „Wagner hat uns zu unserer Überraschung gestern seinen neuen Operntext vorgelegt, Lohengrin – zu meiner doppelten, denn ich trug mich schon seit einem Jahre mit demselben, oder wenigstens einem ähnlichen aus der Zeit der Tafelrunde herum – und muß ihn nun in den Brunnen werfen. Den Meistern gefiel der Text ausnehmend, namentlich den Malern.“

 

Richard Wagners Doppelbegabung als Dichter und Komponist enthob ihn der Sorge um ein gutes „Libretto“, kannte er doch die Schwächen von Webers „Oberon“ und „Euryanthe“, die trotz hochwertiger Musik nicht glaubhaft aufzuführen sind. Seine Kenntnis der antiken Tragödien und der Dramen Shakespeares waren das Rüstzeug für sein Musikdrama.

 

„Der Name (libretto = Büchlein, ital.) rührt von dem in Italien seit dem 17. Jh. geübten Brauche her, die Operntexte als handliche „Büchlein“ zu drucken und am Eingang des Theaters zum Mitlesen während der Aufführung an das Publikum zu verkaufen.

(Anna Amalie Abert. M.G.G. Kassel 1960)              

 

Der Librettist musste vor allem auf eine einfache, klar überschaubare Handlung bedacht sein, die auch in engster Verbindung mit der Komposition noch verständlich blieb, und auf eine Ausdrucksweise, die sich soweit gut zur Vertonung eignete.

 

Ein Libretto ist mithin zwar ein Gebilde aus Worten, aber keine Dichtung. Es bot Gelegenheit zu szenischem Aufwand, wundersamen Erscheinungen, Chören, Aufzügen zur Huldigung des aristokratischen Publikums, jedoch das Handlungsschema blieb sich unabhängig von der Stoffwahl gleich: im Mittelpunkt stehen zwei Liebespaare, deren Schicksale durch Intrigen, Missverständnisse, Verkleidungen und Verwechslungen ineinander verschlungen und wieder entwirrt werden. Feststehende Typen ernster und heiterer Art gruppieren sich um die Hauptfiguren bis nach einer ausgewogenen Abfolge lyrischer, dramatischer, heller und dunkler Szenen mit virtuosen Darbietungen der genau umrissenen Affekte das Publikum sich am „lieto fine“ erfreute.

 

Die große Revolution setzte einen Schlussstrich unter diese Opernentwicklung., die ohnehin abgeschlossen war. Die neue bürgerliche Gesellschaft verlangte nach ihr gemäßen Stoffen. Nicht mehr mythische, biblische oder antike griechische und römische Heroen standen im Mittelpunkt der Handlung - natürlich gab es Ausnahmen: Rossini: „Moses“, Verdi: „Nabucco“, Berlioz: „Die Trojaner - sondern in Not geratene Verfolgte, hilflosen Frauen, die aus scheinbar unentrinnbaren Gefahren vor wilden Horden, Tyrannen und Räubern im letzten Augenblick gerettet werden.

 

Die „Schreckensoper“ war die Schöpfung des Revolutions-Jahrzehnts, die sich bald zur „Rettungsoper“ wandelte, getragen vom Optimismus der Zeit und romantischem Erlösungswillen.

 

Die rauhen Sujets, die grausigen Sensationen der Moritat wie im typischen Werk von FranVois Lesuers „La caverne“ (1793 U.A.), schritten noch eine Weile parallel mit den Opern Glucks, Mozarts und Salieris, waren aber der unverbrauchte Boden auf dem ein neues Musiktheater erwachsen konnte, dessen Höhepunkt Beethovens „Fidelio“ ist. Text: Josef Sonnleithner, Stephan von Brenning u. Georg Friedrich Treitschke. (U.A. erste Fassung 20. Nov. 1805 Wien, Theater a. d. Wien, 2. Fassung 29. März 1806, Theater a. d. Wien, 3. Fassung 23. Mai 1814 Kärntnertortheater, Wien.)

 

Allein der Kampf um eine gültige Fassung zeigt die Schwierigkeiten eines anspruchsvollen Komponisten mit dem Libretto. Bei Gioacchino Rossini (29. Febr. 1792 - 13. Nov. 1868), den man als den letzten Klassiker bezeichnet, ein anachronistischer Zeitgenosse Richard Wagners, war das Libretto in der Tradition Metastasios das Gerüst für Arien und Ensembles, Rezitative, Szenen, Chöre und Finales. Dennoch trotz eines unreflektiert positiven, jede aufrührerische Geste ausschließenden Verhältnisses zur Tradition zählt Rossini nicht zu den konservativen Komponisten seiner Zeit. Seine naive, naturhafte Begabung, die als jung, neu und unwiderstehlich lebendig empfunden wurde, seine genaue Notation des schmuckvollen Zierrats seiner Melodien und die dynamische Aktivität des Orchesters und seines Kolorits führten zu einer Regeneration der musikalischen Mittel.

 

Dass G. Rossini und R. Wagner, so fremd sie sich waren, Respekt voreinander empfanden, dokumentiert das von Edmond Michotte aufgezeichnete Gespräch vom März 1860, (Im Programmheft der Bayerischen Staatsoper zu „La Cenerentola“, Dezember 1980) in dem Wagner seine Ansicht über die Gleichwertigkeit von Dichtung und Musik darlegt, und der italienische Meister klagt: „Aber ich durfte meine Libretti nicht selbst wählen, sondern bekam sie von den Impresariern zwangsweise. – Wie oft habe ich da nur einen Teil des Szenariums erhalten, immer nur einen Akt, zu dem ich die Musik schreiben mußte, ohne die Fortsetzung oder den Schluß des Stoffes zu kennen!“

 

Peter Hacks, voll intellektueller Skepsis fragt sich „ob das Libretto überhaupt ein Genre sei. Sicher, irgendetwas ist es. Es ist eine Menge von Worten und geht gelegentlich bei Reclam zu kaufen. Darüber hinaus sind kaum Bestimmungen dieses Dings unternommen worden.“

(Hacks, Peter: Oper, Berlin und Weimar 1975).

 

In der gegenseitigen Bedingtheit von Dichtung und Musik liegt wohl der Grund, dass es der Literaturwissenschaft schwerfällt, Richard Wagner unter die Dichter zu zählen. Seine schriftstellerischen Arbeiten und vor allem die Beschreibung seiner Jugend in „Mein Leben“ haben jedoch soviel poetische Kraft aufzuweisen, dass der Vergleich mit anderen Dichtern seiner Zeit durchaus angemessen erscheint.

 

Die Dichtung zu „Lohengrin“ steht gleichsam am Wendepunkt der Stile zwischen romantischer Oper und Musikdrama. Die Ebenen des übersinnlichen, mythischen und märchenhaften wird mit scharf durchdachter Logik und Psychologie verschmolzen, verkörpert in der träumerischen, blind-gläubigen Elsa und der kontrastierenden Figur der rational zielbewußt-politisch agierenden Ortrud.

 ●

 

Die Struktur der Dichtung zeigt ein dreiaktiges Drama.

 

Der 1. Aufzug ist in 3 Szenen unterteilt.

Der 2. Aufzug ist in 5 Szenen unterteilt.

Der 3. Aufzug ist in 3 Szenen unterteilt.

 

 

Ort der Handlung:

 

1.     Aufzug:       Am Ufer der Schelde

2.     Aufzug:       In der Burg von Antwerpen (Palas, Kemenate, Kirche)

3.     Aufzug:       1. Bild:        Brautgemach in der Burg

                   2. Bild:        Am Ufer der Schelde

 

 ●

Zeit der Handlung

 

1.     Aufzug:                       Morgens bis mittags

2.     Aufzug:     1. Szene:    Nacht

         2. Szene:    Nacht

         3. Szene:    Tagesanbruch, Morgen

         4. Vorne:    Mittag                                                           

 

3. Aufzug:         1. Szene     Abend:     

                        2. Szene:    Abend bis in die Nacht       

                        3. Szene:    Tagesanbruch, Morgen

 

Das Stück spielt also an zwei aufeinander folgenden Tagen.

Die Figuren der Handlung

 

König Heinrich I.:

Regierte 919 – 936. Einte und sicherte das von Zerfall und von den Ungarneinfällen bedrohte Land. Um auf die desolaten Zustände in seiner Heimat hinzuweisen verknüpfte R. Wagner die Lohengrin-Sage mit den historischen Ereignissen um 933.

 

Lohengrin:

Sohn und Nachfolger des Gralskönigs Parzival aus dem Sagenkreis um König Artus. Befreite Elsa von Brabant durch einen Sieg im Gottesurteil vom Vorwurf des Brudermordes, scheitert aber an der Härte des Gelübdes, namenlos zu bleiben und kehrt in den Orden ohne Frau und die Möglichkeit einen Erben zu bekommen zurück.

 

Elsa von Brabant:

Tochter des Herzogs von Brabant, von Telramund und Ortrud des Mordes an ihrem Bruder zugunsten eines Liebhabers angeklagt, wird von Lohengrin, der auf ihre verzweifelte Bitte erscheint, entlastet. Sie bricht das ihr auferlegte Frage-verbot auf Betreiben Ortruds und aus Angst den Geliebten bald wieder zu ver-lieren. Sie scheitert an der Unvereinbarkeit der menschlichen Liebe zu einem Wesen aus göttlichen Sphären.

 

Herzog Gottfried:

Wurde von Ortrud beseitigt - in einen Schwan verzaubert - von der Gralsritterschaft in die Obhut genommen und kehrt nach Lohengrins Abschied als Thronfolger zurück.

 

Friedrich von Telramund:

Brabantischer Graf, angesehener Kriegsherr, naher Verwandter des verstorbenen Herzogs und Vormund seiner Kinder. Nachdem Elsa seine

Werbung zurückgewiesen hatte vermählte er sich mit Ortrud, deren Pläne, die Herrschaft über Brabant zurückzugewinnen, sich mit seinen Vorhaben decken. Er wird bei dem Versuch, Lohengrins Unverwundbarkeit durch eine Verletzung als Zauber zu enttarnen, von diesem getötet.

 

Ortrud:

Friesische Edle aus dem Haus des Fürsten Radbod, der bis zu seinem Tod im Jahre 719 erbittert gegen die Zwangschristianisierung kämpfte. Sie bekennt sich zur traditionellen Naturreligion und um diese wieder in ihre Rechte einsetzen zu können, bekämpft sie Gottfried, Elsa und Lohengrin mit Verleumdung und psychologischen Mitteln. Sie überlebt.

 

Vier Edelknaben

Jugendliche im Dienste Elsas.

 

Sächsische und thüringische Grafen und Edle.

Politische und militärische Partei des Königs.

 

Der Heerrufer

Herold, praeco, im Dienste König Heinrichs.

 

Vier brabantische Edle

Gefolgsleute Friedrichs von Telramund. Sie stehen König Heinrich, seinen Kriegsplänen unter der Führung des namenlosen Ritters gegen die Ungarn.

ablehnend gegenüber, geben aber nach Telramunds Tod im nächtlichen Brautgemach auf.

 

Brabantische Grafen und Edle

Sie stehen anfangs dem König und Lohengrin skeptisch gegenüber, lassen sich später für den Krieg anwerben.

 

Edelfrauen

Elsas Bedienstete aus adligen Familien.

 

Edelknaben:

Jugendliche aus adligen Familien.

 

Nonnen, Frauen, Knechte

Das freie Volk und Unfreie.

 

Die „Ständeklausel“ ist von Richard Wagner eingehalten.

 

 

Figurenkonfiguration

1. Aufzug.       1. Szene

 

Der König, Friedrich von Telramund, Ortrud, Der Heerrufer,

Brabanter, Sachsen, Thüringer. (Chor)

 

1. Aufzug.       2. Szene

Der König, Elsa, Friedrich, Ortrud, Der Heerrufer, Männer, Frauen (Chor)

 

1. Aufzug.       3. Szene

Der König, Elsa, Friedrich, Ortrud, Der Heerrufer, Lohengrin, brabantische Edle

Männer, Frauen, (Chor)

 

2. Aufzug.       1. Szene

Friedrich, Ortrud

 

2. Aufzug.       2. Szene

Elsa, Ortrud, Friedrich

 

 

2. Aufzug.       3. Szene

Die Edlen und Mannen (Chor)

Die Männer (Chor)

Der Heerrufer

Vier brabantische Edle

Vier Edelknaben

 

2. Aufzug.       4. Szene

Die Edlen und Mannen (Chor)

Männer und Frauen (Chor)

Die vier Edelknaben

Elsa, Ortrud.

 

2. Aufzug.       5. Szene

Der König, Lohengrin, Elsa, Ortrud, Friedrich,

die sächsischen Edlen (Chor)

die Brabanter (Chor), Männer, Frauen, Knaben (Chor)

 

3. Aufzug.       1. Szene

Männer, Frauen, (Chor)

Elsa, Lohengrin

 

3. Aufzug.       2. Szene

Elsa, Lohengrin

Später Friedrich und

Vier brabantische Edle

 

3. Aufzug.       3. Szene

Der König, Elsa, Lohengrin,

vier brabantische Edle

Brabanter, Männer, Frauen (Chor)

später Ortrud,

Gottfried

 

Hauptfigur des Dramas ist Elsa. Um sie sind die Kräfte gruppiert, die sie in den tragischen Konflikt treiben. In den 11 Szenen des Stückes ist sie in 8 Szenen anwesend. Die zweite Hauptfigur ist Lohengrin, der in 5 Szenen mit viel Text anwesend ist. Ortrud, die treibende Kraft des Stückes ist in 8 Szenen anwesend, allerdings hat sie weniger Text als Elsa.

 

Der König ist in 4 Szenen anwesend. Friedrich ist in 7 Szenen anwesend.

Der Heerrufer ist in 4 Szenen anwesend. Der Chor ist in 8 Szenen anwesend.

 

Die Ausgewogenheit der Struktur zeigt sich im Szenenplan von Protagonisten und Antagonisten. Dreh- und Angelpunkt ist das Recht - das Wort ‚Recht’ wird 56mal ausgesprochen, - seine Beugung sowie seine Überwindung durch bedingungslose Liebe und deren Scheitern.

 

Die Figuren und die ihnen zugeordneten Begriffe stellen sich wie folgt dar:

 

Die Figurenkonstellation

„Die Struktur des Personals erschöpft sich jedoch nicht in solchen Kontrast- und Korrespondenzrelationen aufgrund von statischen Merkmalen, sondern schließt auch dynamische Interaktionsstrukturen ein,...“
(Pfister, Manfred, Das Drama, Theorie und Analyse, München 1988).

 

Die vielfältige Bandbreite des menschlichen Mit- und Gegeneinander von der zärtlichen Liebesszene bis zum Kampf auf Leben und Tod sind im „Lohengrin“ enthalten. Die Beziehungen der Figuren zueinander gestalten sich folgendermaßen:

 

1. Aufzug.       1. Szene:

 

Nachdem der König seine Kriegsvorbereitungen geschildert hat und die Notwen-digkeit des Ungarnfeldzugs darlegte stimmen die Brabanter, Sachsen, Thüringer ihm zu.

König Heinrich  Brabanter, Sachsen, Thüringer

       Werbung für den Feldzug,             Zustimmung

                                  

Friedrich begrüßt den König als Gerichtsherrn, stellt sich als Ehrenmann vor und schildert den Streitfall. Die Männer und der König sind erschüttert, das Gericht soll Klarheit bringen.

            König Heinrich, die Männer

            Friedrich, Bemühung um Sachlichkeit

 

 

1. Aufzug.       2. Szene:

 

Der König befragt Elsa zur Person und zur Anklage. Statt zu antworten schildert sie einen Traum, in dem ein Ritter zu ihrer Rettung erschien. Der König ordnet den Gotteskampf an, aber niemand meldet sich um für Elsa zu streiten. Friedrich sieht sich und die Mordanklage bestätigt.

König Heinrich, Männer, Frauen      Elsa

       Mitgefühl

Friedrich      Elsa

                             Feindseligkeit

1. Aufzug.       3. Szene                     1. Teil

Auf Elsas Gebet erscheint der Ritter in einem Nachen, der von einem Schwan gezogen wird.

Ortrud, bisher zuversichtlich, vermutet einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden Gottfrieds, dem Schwan und dem Ritter und erschrickt.

Lohengrin erklärt sich zu Elsas Retter, sie vertraut ihm ihr Leben und ihr Land an, wobei er die Bedingung stellt, ihn nie nach Namen und Herkunft zu fragen.

            Lohengrin,  Elsa

                                  Liebe, Vertrauen

 

            Ortrud,  Lohengrin

                                  Feindseligkeit

 

                                                       2. Teil

Der Kampf wird vorbereitet. Die christlichen Beteiligten beten zu ihrem Gott, Ortrud vertraut auf Friedrichs bisher unbesiegte Kraft.

Lohengrin wird Sieger.

Elsa,  Lohengrin

         Dankbarkeit

 

Der König und die Männer,  Lohengrin

                                         Begeisterung

 

Friedrich, Lohengrin

       Verzweiflung

 

Ortrud,  Lohengrin

              Planung des Auswegs

 

2. Aufzug.       1. Szene

Nach heftigen Vorwürfen Friedrichs überzeugt ihn Ortrud, dass es zwei Wege gibt den fremden Ritter zur Aufgabe zu zwingen, nämlich wenn Elsa die verbotene Frage ausspricht und der Ritter durch eine Verletzung seine geheimen Kräfte verliert.

            Ortrud,  Friedrich

          Einigkeit

2. Aufzug        2. Szene

Ortrud schleicht sich in Elsas Vertrauen und suggeriert ihr, dass es zur Erhaltung ihres Glücks notwendig sei, die verbotene Frage zu tun.

            Ortrud, Elsa

 Durchtriebenheit        Vertrauensseligkeit

 

2. Aufzug.       3. Szene

Die Hochzeit des Ritters mit Elsa und seine Belehnung mit dem Land Brabant durch den König wird verkündet.

Friedrich verspricht seinen Getreuen, den fremden Ritter als Betrüger anzuklagen.

Heerrufer, Chor, Friedrich, vier Edle

              Festesfreude,          Entscheidung, die Ehre wiederherzustellen


2. Aufzug        5. Szene

Der König unterbricht den Streit. Elsa bittet Lohengrin um Schutz vor Ortruds List. In unversöhnlicher Feindschaft stehen sich Ortrud und Lohengrin gegenüber. Als Friedrich den Ritter vor der Öffentlichkeit und dem König nach Name und Herkunft fragt gesteht er, nur Elsa dürfe er Auskunft geben. Friedrich verspricht Elsa, in der kommenden Nacht den Ritter durch eine Verletzung zu enttarnen, dann werde sie ihn nie mehr verlieren.

Der Hochzeitszug bewegt sich ins Münster. Ortrud ist sicher, dass Elsa die verbotene Frage stellen wird.

 

König Friedrich

     Ordnungswille            Kampf um Rehabilitation

 

Lohengrin Elsa

      Verunsicherung  :     Angst vor dem Zweifel

 

Friedrich Ortrud

Hoffnung                Siegesgewissheit

 

3. Aufzug.       1. Szene

Lohengrin und Elsa werden in feierlichem Zug ins Brautgemach geleitet und vom König gesegnet

Höfische Feierlichkeiten

 

3. Aufzug.       2. Szene

Im zärtlichen Zwiegespräch drängt Elsa Lohengrin ihr seinen Namen zu nennen. Als die verbotene Frage ausgesprochen ist, betritt Friedrich mit seinen Getreuen  den Raum, um den Ritter zu verletzen und wird von ihm getötet. Lohengrin verspricht vor dem König und dem Volk seine Abkunft zu offenbaren.

 

            Lohengrin, Elsa

Bindung an den Ordenseid   Tabubruch aus Liebe

 

            Lohengrin,  Friedrich

Verteidigung seines und Elsas Leben  

Opfer seines Ehrgeizes

 

3. Aufzug.       3. Szene

Der König bedankt sich bei den Männern für ihre Bereitschaft mit ihm in den Kampf gegen Osten zu ziehen. Mit Grauen erblickt er die Leiche des Grafen Telramund und erfährt von Lohengrin, weshalb er getötet wurde und dass er nicht mit ihm in die Schlacht ziehen kann. Dass Elsa das Frageverbot übertreten hat, bezeichnet er als Verrat und offenbart sich als Mitglied des Gralsordens und Sohn des König Parzival, unbesiegbar nur , solange er unerkannt bleibt.

Dem König prophezeit er den Sieg, schenkt Elsa ein Horn, ein Schwert für den heimkehrenden Bruder und einen Ring. Als er sich zur Abreise wendet, schreit Ortrud ihre Siegesfreude hinaus, dass sich die entweihten Götter als stärker erweisen werden. Lohengrin betet und aus der Schwanengestalt erscheint unversehrt der junge Herzog Gottfried. Elsa stirbt. Ortrud lebt.

 

Lohengrin, Elsa

Enttäuschung und Einsamkeit     Tod durch übergroßen Schmerz

 

Lohengrin, Ortrud

Unerbittlicher Gehorsam   Überlebenskraft der Natur

in der kalten Männerwelt   und ihrer Symbole der Kirche, Scheitern

 

Die Figurenrede

„Was und wie Personen reden, ist durch sehr verschiedene, vielfältig ineinandergreifende Faktoren bedingt.

 

Dazu gehören

1.               die Ziele der Redenden

2.               die umgebende Situation

3.               die Umstände der Verständigung (Kommunikation)

4.               das persönliche Verhältnis der Gesprächspartner

5.               der individuelle Denk- und Äußerungsstil jedes Redenden
           und seine augenblickliche seelische Verfassung.“

Quelle: Asmuth, Bernhard, Einführung in die Dramenanalyse, Stuttgart 1997.)

 

Die Aktivität oder Passivität einer Figur, ihren gesellschaftlichen Status und ihre Bedeutung für den Gang der Handlung dokumentiert bereits ihre Einführung in die Szene.


Die Figuren in der Reihenfolge des Textheftes (Reclam)

 

König Heinrich:

Wird vom Heerrufer annonciert und ist als bekannt vorausgesetzt.

 

Lohengrin:

Wird vom König im 1. Aufzug, 3. Szene als „von Gott gesandt“ bezeichnet, kann sich aber aufgrund seines Ordensgelübdes nicht namentlich vorstellen, woraus sich der Konflikt des Stückes ergibt.

 

Elsa von Brabant:

Wird vom König zur Person, zur Anerkennung des Gerichts und zur Anklage befragt. Die Tradition von antikem und jüdisch-christlichem Verhaltenskodex befolgend, dass die Frau zu schweigen und zu leiden habe, ebenso im Wissen, dass sie als Frau nicht rechtsfähig ist, antwortet sie nur mit Gesten.

 

Herzog Gottfried:

Wird im 3. Aufzug 3. Szene von Ortrud als ‚Erbe von Brabant’ und von Lohengrin als ‚Herzog von Brabant’ und Führer bezeichnet. Er selbst äußert sich nicht.

 

Friedrich von Telramund

Wird vom König namentlich gerufen, als „aller Tugend Preis“ bezeichnet und aufgefordert, seine Klage vorzutragen.

 

Ortrud:

Wird von ihrem Ehemann offiziell als „Radbods, des Friesenfürsten Sproß“ und privat als „Weib, das meinem Sinn gefiel“ vorgestellt. Unter der Geschlechtsvormundschaft ihres Mannes stehend, nicht waffen-, eides- und rechtsfähig, äußert sie sich nicht.

 

Der Heerrufer:

Ist durch seine Tätigkeit bekannt und wird nicht vorgestellt.

 

Die Brabanter:

Werden vom König als „liebe Männer von Brabant“ angesprochen, da er sie zu seinem Krieg werben und den Erbfolgestreit in ihrem Land aufklären will.

 

Vier brabantische Edle:

Sie werden im 3. Aufzug, 3. Szene als „Mannen des Telramund“ bezeichnet.

 

Die Chorgruppen

Sie äußern sich anteilnehmend, werden aber nicht vorgestellt.

 

 

Die Sprache der Figuren

 

„Die Sprache der Dramenfiguren spiegelt nicht nur die allgemeine Auffassung des Autors zu mitmenschlichen Beziehungen, sondern auch die Einstellung der

jeweils redenden Person zu ihrem Gegenüber.“

(Asmuth, Bernhard, Einführung in die Dramenanalyse, Stuttgart 1997)

 

Die Situation:

 

Ein Gerichtstag, ein Thing, die Einberufung von Wehrfähigen zum Kampf gegen die Ungarn, eine Versammlung der männlichen Bevölkerung verschiedener Stämme und sozialer Schichten. Als einzige Frau ist Ortrud anwesend, später Elsa, Lohengrin.

 

Die Beziehung der Gesprächspartner im Spiegel der Sprache:

 

Der Heerrufer spricht geschäftsmäßig, sachlich.

Der König mit väterlicher, seiner Leistungen voll bewusster Autorität.

Graf Friedrich von Telramund mit der Aufrichtigkeit eines hochgeachteten Ehrenmannes.

 

I           Einleitung. griech: prooemium, röm: exordium

 

Friedrich (feierlich

Dank König dir, dass du zu richten kamst:

Die Wahrheit künd ich, Untreu ist mir fremd. –

Zum Sterben kam der Herzog von Brabant

und meinem Schutz empfahl er seine Kinder.

Elsa, die Jungfrau, und Gottfried, den Knaben;

mit Treue pflog ich seiner großen Jugend,

sein Leben war das Kleinod meiner Ehre.

 

Ermiß nun, König, meinen grimmen Schmerz,

als meiner Ehre Kleinod mir geraubt!

Lustwandelnd führte Elsa den Knaben einst zum Wald,

doch ohne ihn kehrte sie zurück;

Mit falscher Sorge frug sie nach dem Bruder,

da sie, von ungefähr von ihm verirrt,

bald seine Spur – so sprach sie – nicht mehr fand.

 

II          Erzählung, griech: diegesis, röm. Narratio

 

Fruchtlos war all Bemühen nun den Verlornen;

Als ich mit Drohen nur in Elsa drang,

da ließ in bleichem Zagen und Erbeben

der gräßlichen Schuld Bekenntnis sie uns sehn.

(sehr lebhaft) Es faßte mich Entsetzen vor der Magd;

dem Recht auf ihre Hand, vom Vater mir verliehn,

entsagt ich willig da und gern

und nahm ein Weib, das meinem Sinn gefiel:

(Er stellt Ortrud vor, diese verneigt sich vor dem König.)

Ortrud, Radbods, des Friesenfürsten Sproß.

(Er schreitet feierlich einige Schritte vor)

 

III         Beweisführung: griech.: pistis, röm.: argumentatio

 

Nun führ ich Klage wider Elsa von Brabant;

des Brudermordes zeih ich sie.

Dies Land doch sprech ich für mich an mit Recht,

da ich der Nächste von des Herzogs Blut,

mein Weib dazu aus dem Geschlecht,

das einst auch diesem Lande seine Fürsten gab. –

 

IV        Schluss, griech.: epilogos, röm.: peroratio

 

Du hörst die Klage, König! Richte recht!

 

Seine Rede ist nach den Regeln der klassischen Rhetorik aufgebaut, was beweist, dass er keineswegs nur der mittelmäßige Kriegertyp ist, zu dem der bisher abqualifiziert wurde.

 

Richard Wagner wählt für alle sachlichen Aussagen das seit Lessings „Nathan der Weise“ typische deutsche modulationsfähige Dramenmetrum, den fünfhebigen Jambus.

 

 

Die weitere Szene: Lohengrins Kampfansage, die Warnung der brabantischen Edlen, Friedrichs zwar dreihebig beginnende Antwort, dann aber vierhebig weitergehende Annahme des Kampfes, des Königs Anordnung, die Anweisungen des Heerrufers, die Gebete des Königs, des Volkes, Lohengrins, Friedrichs und Ortruds:

 

in fünfhebigen Jamben.

 

Dann aber bricht der Jubel los. Nach den Ausrufen:

            Sieg! Sieg! Sieg! Heil dir Held!,

die bis auf ‚Heil dir’ immer aus betonten Silben bestehen, ist die Siegeshymne

 

 aus dreihebigen Jamben zusammengesetzt.

Es ist festzustellen, dass der Text im 1. Aufzug des „Lohengrin“ in fünfhebige, vierhebige und dreihebige Jamben geordnet ist.

 

„Als der eigentliche Vers des deutschen Dramas aber steht seit Lessings „Nathan der Weise“ der ungereimte, fünfhebige Jambus da, der Blankvers. Er dankt diese Vorzugsstellung, die er auch heute noch einnimmt, seiner reichen Modulationsfähigkeit (Kayser, Wolfgang, Kleine deutsche Versschule, Tübingen u. Basel 1999. 26. Auflage).

 

Als Pate für den Eintritt des fünfhebigen Jambus in das deutsche Drama ist Shakespeare anzusehen. Einige Zeilen aus dem „Hamlet“ zeigen die Schmiegsamkeit dieses Verses, die Möglichkeit zur Untergliederung und rhythmischen Bewegtheit.

 

                        ... to die, - to sleep. –

No more; and by a sleep to say we end

The heart – ache and the thousand natural shocks

That flesh is heir to, - `tis a consummation

Devoutly to be wish`d. To die, - to sleep; - ...

 

 

Ebenso ist die Übersetzung von A.W. Schlegel in fünfhebige Jamben geordnet.

 

            Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage:

            Ob`s edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern

            Des wütenden Geschicks erdulden oder,

            Sich waffnend gegen eine See von Plagen,

     Durch Widerstand sie enden. Sterben – schlafen -...

 

Die „Ringparabel“, das Herzstück des „Nathan“, ein großer Monolog, belehrend und von höchster Aktualität, in fünfhebigen Jamben, beginnt so:

 

„Vor grauen Jahren lebt` ein Mann in Osten,

Der einen Ring von unschätzbarem Wert

Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein

Opal, der hundert schöne Farben spielte. ...

 

 

Wenn Frau Marte Rull den „Zerbrochenen Krug“ beklagt, fasst auch sie ihre Rede in den Blankvers:

 

„Nichts seht ihr, mit Verlaub, die Scherben seht ihr;

Der Krüge schönster ist entzweigeschlagen.

Hier grade auf dem Loch, wo jetzo nichts,

Sind die gesamten niederländischen Provinzen

Dem spanischen Phillip übergeben worden.

Hier im Ornat stand Kaiser Karl der Fünfte:

Von dem seht ihr nur noch die Beine stehn. ---

Auch dies eine Rede vor Gericht, wenn auch das corpus delicti nur ein Tonkrug ist.

 

Ebenfalls in fünfhebigen Jamben hält zu einem äußerst ernsthaften Anlass, nämlich einem Mord, Marcus Antonius seine Rede auf den toten Cäsar:

 

Mitbürger! Freunde! Römer! Hört mich an;

„Begraben will ich Cäsarn, nicht ihn preisen.

Was Menschen Übles thun, das überlebt sie.

Das Gute wird mit ihnen oft begraben.

So sei es auch mit Cäsarn! Der edle Brutus

hat euch gesagt, dass er voll Herrschaftssucht war;

Und war er das, so war`s ein schwer Vergehen,

Und schwer hat Cäsar auch dafür gebüßt. ...

          (Übersetzung A. W. Schlegel)

 

Ein berühmter Monolog, eine markante politische Rede, aufgebaut nach den Regeln der klassischen Rhetorik, im Versmaß des fünfhebigen Jambus wie die große Rede des Grafen Telramund vor dem Königsgericht:

 

Dank, König, dir, dass du zu richten kamst!

Die Wahrheit künd` ich, Untreu ist mir fremd.

 

Noch zahlreiche Beispiele für die Verwendbarkeit des Blankverses lassen sich finden: Goethes Torquato Tasso, Iphigenie, Teile des Faust, Schillers Don Karlos, Maria Stuart bis zu Hugo von Hofmannsthal.

 

Erzählend, argumentativ, der Prosa nahe, war er auch für Richard Wagner das geeignete Metrum, das zwar die Formung durch den Dichter erkennen lässt, gleichzeitig aber auch den Rhythmus, der dem Sinn der Sprache folgt, zulässt.

 

Den schreitenden, gravitätischen vierhebigen Jambus, den die Erzengel im Prolog im Himmel (Goethe: Faust I) verwenden:

„Die Sonne tönt, nach alter Weise,

In Brudersphären Wettgesang,

Und ihre vorgeschriebne Reise

Vollendet sie mit Donnergang“. ...

 

verwendet Richard Wagner bei offiziellen Anordnungen, feierlichen Proklamationen und Gebeten.

 

Der Heerrufer:

        Nun höret mich und achtet wohl,

den Kampf hier keiner stören soll

 

Lohengrin:      

Im Kampf für eine Magd zu stehn.

Der schwere Klage angetan

 

Der König:     

Mein Herr und Gott, nun ruf ich dich,

Dass du dem Kampf zugegen seist.

 

Friedrich:        

Ich geh` in Treu` vor dein Gericht!

Herr Gott, verlaß mein` Ehre nicht!

 

Viele der mannhaften Balladen Friedrich Schillers:

 

            Der Ring des Polykrates:      

     Er stand auf seines Daches Zinnen

 

            Die Kraniche des Ibykus:      

     Zum Kampf der Wagen und Gesänge

 

    Das Reiterlied:

 Wohlauf Kameraden, aufs Pferd, aufs Pferd

 

sind in diesem Metrum verfaßt und vermitteln Ordnung, Festigkeit, Entschlossenheit aber auch kompromisslose Starrheit.

 

Emotionales, sei es Lohengrins bedrohliches Frageverbot, Elsas Traumerzählung, in der Angst und Hoffnung schwingen, oder der Jubel nach Lohengrins Sieg ordnet Richard Wagner in den dreihebigen Jambus.

 

Lohengrin:

Nie sollst du mich befragen ...

 

Elsa:               

In lichter Waffen Scheine

 

König u. Männer:      

Ertöne Siegesweise

 

 

Dieses Metrum begegnet uns in vielen Volksliedern:

 

            Es ist ein Reis entsprungen

            aus einer Wurzel zart ...

 

            Es ist ein Schnee gefallen

            und ist es doch nicht Zeit ...

 

Auch in Heinrich Heines ‚Am Fischerhause’

 

            Wir saßen am Fischerhause

            und schauten nach der See

            Die Abendnebel kamen

            Und stiegen in die Höh. ...

 

Es singt Mephisto sein Lied

            Es war einmal ein König.

            Der hatt` einen großen Floh, ..

 

Und auch Gretchen

            Es war ein König in Thule

            Gar treu bis an das Grab

            Dem sterbend seine Buhle

            Einen goldnen Becher gab ...

 

Hin und wieder verwendet auch Richard Wagner in diesem liedhaften Metrum den Endreim:

 

Lohengrin:      

Den Sieg hab ich erstritten

                                                   -

            durch deine Rein` allein;

                                                -                   

            nun soll, was du gelitten,

                                               -

            dir reich vergolten sein. ...

 

Hart skandiert klingen diese Verse hölzern und ungelenk, aber sie wurden wie im Volkslied, bei Heine und Goethe geschrieben, um von einer Melodie getragen zu werden.

 

Die Sprache der Figuren im ersten Aufzug des „Lohengrin“ ist in ihrer metrischen Struktur präzise abgestuft in

 

1.     Fünfhebige Jamben für erzählende und sachlich argumentative Texte.

2.     Vierhebige Jamben für politische Proklamation und Gebet

3.     Dreihebige Jamben für liedhafte und betont emotionale Texte.

 

Zweiter Aufzug, 1. Szene

 

Die Situation

 

Es ist Nacht, Friedrich hat den Zweikampf mit Lohengrin verloren, das Asyl, das auch dem Rechtsbrecher zustand, nutzend, sitzen Ortrud und der Graf auf den Kirchenstufen im Burghof, während in der Burg gefeiert wird.

Friedrich ist verzweifelt, während Ortrud einen Plan entwickelt.

 

Die Sprache der Figuren

 

Die ersten elf Zeilen

 

Friedrich:        Erhebe dich, Genossin meiner Schmach!                usw.

                         

 

Ortrud:            Ich kann nicht fort, hierher bin ich gebannt               usw.

                         

 

sind in die berichtenden fünfhebigen Jamben geordnet. Dann steigert sich Friedrich in Wut hinein und fährt in emotionsgeladenen dreihebigen Jamben fort.

 

            Friedrich:

            Durch dich muß ich verlieren

            Mein Ehr, all meinen Ruhm               usw.

            bis       Mein`Ehr`hab ich verloren,

     mein Ehr`, mein Ehr`, ist hin

 

Das folgende Zwiegespräch ist äußerst erregt. Es wechseln überlange Zeilen, vierhebige und fünfhebige Jamben in Friedrichs Klage, Stichomythien, wiederum fünfhebige Jamben:

 

            Ortrud:

            Die Schwelger streckten sich zur üpp`gen Ruh

            

 

gefolgt von vierhebigen Jamben, in denen Ortrud feierlich ihre angebliche Kenntnis von Zauber und Gegenzauber verkündet.

 

            Ortrud:

            „Jed` Wesen, das durch Zauber stark,

            wird ihm des Leibes kleinstes Glied

            entrissen nur, muß sich alsbald

            ohnmächtig zeigen, wie es ist.“

           

 

Friedrich artikuliert seine neuerwachte Hoffnung auf Rehabilitation im Blankvers, in dem auch Ortrud ihre Zufriedenheit äußert. Danach folgt im vierhebigen Metrum ihr unisono, durch das Werk der Rache ihre Ehre und damit ihre Lebensgrundlage wiederherzustellen.

 

            Ortrud und Friedrich:

    Der Rache Werk sei nun beschworen

    Aus meines Busens wilder Nacht ...

 

to top

 

2. Aufzug,       2. Szene

 

Die Situation

 

Der Ort ist wie vorhin der Innenhof der Burg und Elsa erscheint auf dem Balkon, um aus dem Festgedränge kommend Luft zu schöpfen, aber auch herausgelockt von Ortruds intensivem Blick.

Wie im ersten Aufzug ist ihr Metrum der dreihebige Jambus, der Liedvers.

 

        Elsa:

Euch Lüften, die mein Klagen

So traurig oft erfüllt,

euch muß ich dankend sagen

wie sich mein Glück enthüllt! ...

 

Bis auf geflüsterte Einwürfe: „Sie ist es! Elsa!“ bzw. „Warum?“ ist das Gespräch zwischen Elsa und Ortrud in vierhebige Jamben geordnet, die Richard Wagner verwendet, wenn die Sprache feierliche Distanz ausdrücken soll.

 

Es ist festzustellen, dass Richard Wagner die Gefühlsinhalte des Textes genau den fünf-, vier- und dreihebigen Metren zugeordnet hat, mit Ausnahme des Brautliedes.

 



Schlussbemerkung

Die Lust an der Selbstzerstörung

Die Lust an der Selbstzerstörung der ’senatus populusque romanus’ waren überzeugt: die Welt beherrschen zu müssen um unsterblichen Ruhm zu erlangen denn nach dem Tod ging es in den grauen Hades.

Also erstreckte sich das ’Römische Reich, erobert von erstklassig gedrillten und vielseitig verwendbaren Legionen von Britannien bis Nordafrika von Spanien bis Armenien.
Mit klarem Kopf sagt sich jeder: „Das ist auf die Dauer nicht zu halten!“

Ähnlich erging es dem ’Heiligen Römischen Reich deutscher Nation’, dem ’British Empire’ und der ruhmreichen ’Sowjetunion’.

Nach zwei grauenvollen Weltkriegen kamen einige klare Köpfe auf die Idee, unser so reichhaltiges Europa in einer Union zu vereinigen, da das ’tausendjährige Reich’ der Nationalsozialisten nach 12 Jahren zusammenbrach, Millionen Tote und eine verwüstete Welt hinterließ.

Seit vielen Jahren leben wir in einer parlamentarischen Demokratie mit einem vorzüglichen Grundgesetz Deutschland ist in Länder aufgeteilt von den alliierten Siegermächte einigermaßen nach den alten Stämmen ausgerichtet die Ministerpräsidenten haben die Führungsaufgaben der ehemaligen Stammeshäuptlinge übernommen, unter denen es sogar einige Frauen gibt die über alle Zeiten geschürt von patriarchalen Religionen verachtete zweite Hälfte der Menschheit hat aber inzwischen einige erfolgreiche Regierungschefinnen hervorgebracht, deren Freundlichkeit aber im harten Kampf der Gockel als Schwäche abgetan wird und so kämpfen unsere Häuptlinge in Wahlkämpfen wie immer um die Macht und die uralten Aversionen werden brutal ausgespielt.
Ich habe im Laufe meines Lebens in mehreren Gegenden gelebt und gearbeitet und es war mir eine Freude, den örtlichen Dialekt zu lernen. Im Kampf um die Macht aber wird er als Waffe benutzt, um den Gegner als Dorftrottel darzustellen.

Wie wäre es, wenn unsere von uns der arbeitenden Bevölkerung bezahlten Politiker sich um die dringenden Sachthemen kümmerten?
1.) Die Bildung der Jugend durch gut bezahlte und geachtete Lehrerinnen und Lehrer.

2.) Die Wiedereinführung der Grundlagen unseres Zusammenlebens:
     Ehrlichkeit, Fleiß, Rücksicht, Sauberkeit, Zuverlässigkeit.

3.) Das Verbot von religiösem Fanatismus und seiner Untergrundorgani-
     sationen.

4.) Das Reduzieren der Fördergelder für verdummende Events, sondern
     Förderung und Erhalt der Kultur unserer großen Dichter und Komponi-
    sten.

Mit Getöse und kostspieligem Aufwand werden die Werke verfälscht und zerstört, aber kein Politiker will sich Pfoten die an etwas Schwergreifbaren, das ihn keinen Machtzuwachs bringt, verbrennen.
Und so Leben wir lustvoll und verblödet unserer Selbstzerstörung entgegen.


ML Gilles   
 



 



Gerade reingekommen:

Richard-Wagner-Verband Ortsverband Chemnitz e. V.

Vorsitzender Matthias Ries-Wolff, Bauernweg 90, 09117 Chemnitz, den 25.10.2021

 

Liebe Mitglieder des Chemnitzer RWV,

was für eine traurige Woche liegt hinter uns:

Am 18.10.2021 verstarb mit 74 Jahren die unbestrittene Königin der Koloraturen, Edita Gruberova. Sie war eine Ausnahmekünstlerin, die 51 Jahre lang die großen Bühnen der Welt beherrschte. 2019 sang sie an der Bayerischen Staatsoper zum letzten Mal die Königin Elisabeth in Roberto Devereux, damals auch schon 72 Jahre alt! Im Jahr zuvor hatten wir ihrem Galakonzert aus Anlass des 50. Bühnenjubiläums beigewohnt. Mit ihrer ersten Zugabe, der Hallenarie aus TANNHÄUSER, wurden nicht nur alle 2.100 Zuschauer, sondern auch unser kritisches Vereinsmitglied P. mit seinem absoluten Gehör von den Stühlen zu wahren Begeisterungsstürmen gerissen. Voll Dankbarkeit verneigen wir uns vor dieser großen Sängerin und danken für die vielen Begegnungen.

Am 21.10.2021 schloss auch Bernhard Haitink im Alter von 92 Jahren seine Augen. Bekannt als Großmeister der Sinfonien, insbesondere von Mahler und Bruckner, bleibt er uns doch aber auch unvergesslich durch seinen RING, den er mit dem Bayerischen Symphonieorchester eingespielt hatte.

Am 23.10.2021 schließlich fand in Chemnitz die Premiere von TRISTAN UND ISOLDE statt. Die Bühnenbilder von Annika Haller im ersten und zweiten Akt waren im Grunde konventionell, wenn man darüber hinwegsieht, dass anstelle eines Segelschiffes ein U-Boot gewählt wurde. Der dritte Akt spielt im Kinderzimmer von Tristan, mit einer blau-weiß-gestreiften IKEA-Tapete und Postern seiner Idole Rambo, Rocky und Bruce Lee. Aufgebahrt hinter einem schwarzen Vorhang liegen seine toten Eltern, die immer mal wieder von ihm liebkost werden. Die Regisseurin Elisabeth Stöppler vertraut zu wenig auf die Wirkung der Musik und braucht eben Tristans tote Eltern und eine Pistole, mit der ständig hin und her gefuchtelt wird, um die Todessehnsucht darzustellen. "O sink hernieder" wird gar zu einem Liebesspiel mit Pistole. Der zweite Akt erinnert ohnehin eher an eine Telenovela oder Boulevardkomödie, deren tolles Treiben im missglückten Suizid von Tristan mündet.

Musikalisch ist es aber in weiten Teilen ein Fest für die Ohren: Allen voran sind für den Triumph des Abends Daniel Kirch und Stéphanie Müther in den Titelpartien zu nennen. Beiden gelingt es, trotz des ewigen Hin- und Herrennens und Jo-Jo-Spielens, ein klangliches Feuerwerk zu zünden und zugleich auch die Emotionen der Partien glaubhaft zu vermitteln. Ihnen mindestens ebenbürtig ist Sophia Maeno als Brangäne, die einen Quantensprung in ihrer Gesangsentwicklung gezeigt hat. Schon lange nicht mehr hörte man einen König Marke, gesungen von Alexander Kiechle, der über einen so kräftigen und dunkel timbrierten Bass verfügt. Und überhaupt gab es wahrscheinlich noch nie einen König Marke, der erst 28 Jahre alt ist!

Für den Erfolg des Abends haben vor allem auch die Robert-Schumann-Philharmonie und Guillermo Garcia Calvo gesorgt. Die Tristan-Akkorde zu Beginn kann man nicht besser spielen. Die Klanggebilde, die sie beide gemeinsam aufbauen, reißen einen mit, ergreifen einen und stehen im Widerspruch zu den von Frau Stöppler verordneten Aktionen auf der Bühne.

Kritik ist subjektiv. Kaufen Sie sich ein Ticket und machen Sie sich ein eigenes Urteil! Musikalisch lohnt es sich auf jeden Fall.

Im Namen des Vorstandes grüße ich Sie alle sehr herzlich,

Matthias Ries-Wolff  




Ein Leserbrief zu ‘Così‘
an der Nds. Statsoper Hannover

Guten Morgen meine liebe Frau Gilles,
wie immer liegen Sie mit Ihrer Kritik absolut richtig. Mit Freunden haben wir am Sonntag, dem 31. Oktober 2021, die Oper "Cosi fan(no) tutte" besucht und sind von einem Wechselbad der Gefühle heimgesucht worden. Der musikalische Teil war hervorragend, was der zwischenzeitliche und vor allem der abschließende frenetische Beifall des Publikums bewiesen haben und damit die Künstler verdientermaßen würdigten.

Im krassen Gegensatz dazu war die Inszenierung bis auf einzelne Bühnenbilder grottenschlecht. Die über der Bühne eingeblendeten Übersetzungen waren nicht nur verfehlt, sondern enthielten auch noch überflüssige Kraftausdrücke. Das Einbeziehen von Kindern und deren Bilder als Projektionen sowie die von nackten Personen trübten erheblich den Kunstgenuss.

Man wird den Verdacht nicht los, dass Intendanten offensichtlich unter dem Zwang stehen, etwas Modernes bieten zu müssen und vermutlich glauben, damit vor allem jüngeres Publikum erreichen zu können.

Wie gern unterstützen wir die arg gebeutelte Kunstwelt, nicht aber mit derart verschlechterter Qualität und das noch mit Subventionen durch Steuergelder.
Seien Sie für heute herzlich gegrüßt
Ihr KW Hannover





Voraussichtlich in der nächsten Ausgabe:


Bemerkungen zur szenischen Umsetzung von:

‘Otello‘ in Regensburg
‘Otello‘ in Hannover
‘Figaros Hochzeit‘ in Hannover
‘Figaros Hochzeit‘ in Regensburg
‘Holländer‘ in Meiningen

Impressum

…. erscheint als nichtkommerzielles Rundschreiben zu

    - ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg
kulturjournal  –  Büro 93047 Regensburg – Wahlenstraße 17 – info@kulturjournal-regensburg.de

Verteilung:
Direktversand an ausgewählte Leserschaft u.a.
Mitglieder der
Bürgerinitiative-Opernintendanz - http://bi-opernintendanz.de/
Niedersächsischer Landesrechnungshof,
Niedersächsische Landesregierung,
Aufsichtsrat der Nds. Staatstheater Hannover GmbH,
Politische Parteien im Nds. Landtag,
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover,
Bund der Steuerzahler,
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger,
Richard-Wagner-Vereine,
Feuilletons von Tageszeitungen

RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover
RA Markus von Hohenhau, Fachanwalt für IT-Recht, Regensburg
RA Prof. Dr. Ernst Fricke, Fachanwalt für Bühnenrecht, München/Landshut

Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen vom Regionalfernsehen Regensburg, telezeitung-online.de und aus dem Internet u.a. den Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..

Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich gemacht.
Fotos wurden Buch- und CD-Einbänden entnommen. Beiträge aus der Rubrik ‘Musiktheater‘ wurden als Zitate aus dem Hermes Handlexikon übernommen.
Leserbriefe stellen die Meinung des jeweiligen Verfassers dar.

Gender-Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf Differenzierung und geschlechtsneutrale Formulierung. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.