Theater Regensburg

  
  11.04.08

      Uraufführung

    'Die blaue Donau'
      von Eva Demski (*1944)
      nach dem Roman „The Blue Danube“
      von Ludwig Bemelmans (1898-1962)

      'Das Essen ist längst rar in diesem 44-er Jahr ...
     da hat die Bum und Mädel der Teufel g’holt.'

 

 

 
 

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http://telezeitung-online.de/
Damals_in_Regensburg_08.04.2008_Betrachtungen_zu_%27Die_blaue_Donau%27.htm


 
Announcement Theater Regensburg

Inszenierung: Michael Bleiziffer
Bühne: Konrad Kulke
Kostüme: Susanne Ellinghaus
 

April 1945. In New York erscheint der Roman „The Blue Danube“ von Ludwig Bemelmans, der den Amerikanern die exotische Welt der bayerischen Provinzstadt Regensburg und gleichzeitig den SS-Staat erklärt – eine satte Idylle, die stets ironisch gebrochen ist: Blau ist die Donau allein auf einem verblaßten Wandgemälde, das die Kulisse für die Kapelle im Biergarten „Zur blauen Donau“ bildet. In besagtem Biergarten sitzen jene Bürger von Regensburg, die sich nicht an der Front oder im Konzentrationslager befinden, die genug Geld und Muße sowie die Freiheit haben, sich etwas zu essen zu bestellen. Doch auch das Essen für die wenigen Privilegierten ist in diesen letzten Kriegsmonaten mehr als mager, und so gerät der ganze Biergarten außer Rand und Band, als plötzlich auf der Donau ein Floß mit einem Schwein darauf gesichtet wird ...
Das Schwein landet jedoch ruhig mit seinem Floß auf einer Donauinsel, die von den Fischers bewohnt wird, vier Leuten, die hier den berühmten Regensburger Rettich anbauen. Die Insel ist ein Stachel im Fleisch des Finanzamts, weil sie nirgends registriert ist, niemandem gehört, offiziell also gar nicht existiert. Eine Gegenwelt zur übrigen Stadt. Vor allem aber erweisen sich die Inselbewohner nicht nur als eigensinnig und archaisch, sondern auch als resistent und renitent gegenüber der Nazi-Herrschaft. Der alte Anton Fischer legt sich mit keinem geringeren als mit dem Gauleiter an, und das auch noch mitten im Biergarten. Dass es daraufhin Ärger gibt, liegt auf der Hand ...

Der Regensburger Journalist Florian Sendtner hat Bemelmans Roman wiederentdeckt – und ins Deutsche übertragen, im LohrBär Verlag in Regensburg wurde er als Hörbuch veröffentlicht. Die renommierte (und in Regensburg gebürtige) Autorin Eva Demski schreibt die Bühnenfassung für das Theater Regensburg.

Zum Stück gibt es thematische Stadtführungen zu "Regensburg im Nationalsozialismus". Nähere Informationen finden Sie hier.

Besetzung      
Die Donau Silke Heise    
Frau Saltner Nikola Norgauer    
Gauleiter Stolz Michael Heuberger    
Frau Stolz / Chor der Regensburger Martina Mann    
Bürgermeister / Schreiber / Chor der Regensburger Martin Hofer    
Assessor Nebenzahl / Chor der Regensburger Hubert Schedlbauer    
Unterassessor Unruh Jochen Paletschek    
Anton Fischer Florian Münzer    
Anna, seine Schwester / Chor der Regensburger Doris Dubiel    
Martha, seine Schwester / Chor der Regensburger Silvia Rhode    
Leni, seine Nichte Anna Dörnte    
1. Soldat / Gruppenführer Schuft / Chor der Regensburger Roman Blumenschein    
SS-Offizier Trost / Chor der Regensburger Steffen Casimir Roczek    
Bischof von Regensburg / Chor der Regensburger Peter Heeg    
Paul / Chor der Regensburger Paul Kaiser    
Lehrer / 2. Soldat / Chor der Regensburger Michael Haake    
Chorführer Oliver Severin    
   

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"hinten das beschissene Deutschland und vorne dessen trauriges Ende"

- Bemelsmans’ Roman - lange vergessen, nach 60 Jahren -
  Ende 2007 bei Suhrkamp erschienen,
- Dramatisierung durch Eva Demski auf Wunsch des Theaters
  Regensburg
- Entwicklung szenischer Ideen um das Ganze sinnlich machen zu
   können und zu einer neuen Wahrheit zu verdichten.
- Roman sollte von Eva Demski nicht vereinnahmt werden, um zu
  sagen, das ist jetzt meins, sondern davon auszugehen ich möchte
  jetzt seine sein.
- etwas anderes, sich von einem Roman an die Hand nehmen zu
  lassen und ihn in Bilder zu zersprengen, um ihn dann wieder neu
  zusammenzusetzen - das sei nur gegangen, wegen großer
  Filmerfahrung,

- Schon beim Roman erkennbar, Bemelmans habe sich Bilder gemacht von seiner
   Heimat Regensburg in  einer ganz bestimmten Zeit.
- Phänomen der Emigranten, mit größerer Distanz zum Objekt erlaubt den größeren
   Überblick, als für   diejenigen, der unmittelbar vor dem Objekt und der Situation
   stehen.
- Gefahr bei zu großer Distanz, der Verlust von Details.

- Theatermachen bedeutet, auch Umwege zu gehen, auch weg von realistischer
   Darstellung, hin zur Abstraktion, dem Stück angemessen in der formalen
   Umsetzung.
- fließende, mäandrierende, wogende Donau als solche in der Abstraktion als
   Rahmen, gibt jeweils den Blick frei auf reale Spielräume z.B. der Biergarten in einer
   nicht stilisierten Darstellung.
- Licht trägt dazu bei, Bilder zu zeigen in der Funktionalität des Raumes.
- Kostüme sollen die jeweiligen Situation untersteichen, somit möglichst den
   damaligen Uniformen und Kleidungsusancen entsprechen.

- die Sprache unterstreicht die Situation und der Darsteller charakterisiert die Figur,
  durch das wie sie es sagen, an der darzustellenden Figur bleiben.

- peinlich darauf zu achten, jede Art von Karikatur zu vermeiden. Sie habe
- Menschen waren gewollt und keine Karikaturen,
- keine Eigenschaftsträger, die sie auf der Bühne immer störten -

- Die Donau wurde zu einer Figur, eine Bänkelsängerin in der Dramatisierung des
   Romans, zwischen Gott und den Menschen stehend, als nicht ganz ewig, lange
   schon existierend vor dem Menschengeschlecht und lange existierend, wenn die
   heute Lebenden schon lange nicht mehr sind, sie bestraft, sie belohnt, sie trennt,
   sie vereint, - sie kommentiert.
 

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"Und der Krieg ist total"

- für einsfünfzig, ein schweinsbraten ist das nicht
- die wirtin soll nicht wieder mit dem krieg kommen
- was solle denn der führer machen - die feinde im osten wie im westen
- aber der wind werde sich drehen
- die maskierten bürger löffeln die suppe aus, die ihnen eingebrockt wurde.
- ein schönes schwein schwimmt auf einem floß am biergarten vorbei
- das schwein das schöne schwein, das woll’n sie haben ganz für sich allein
- von einer insel, die es garnicht gibt, könne man eine sau nicht konfiszieren
- welche abmessungen hat die insel
- es gebe eine ordnung und die habe eine länge und breite und höhe
- das wasser kommt über die Insel

- ich hab’ sie euch gegeben und lass sie verschwinden

- sie müsse sich vom ernten erholen

- das bier von rengschburg, was bessers gebe auf der ganzen welt nicht
- und die gäns von reinhausen
- der kas von donaustauf
- und das geselchte von obertraubling

- singen hilft, sing ois raus
- es kummt ois wias kumma muas!

- die radi-insel, das kann jeder seh’n tut so als wäre nichts gescheh’n

- und einer sei kommen der wollt sie erlösen

- sie wär’n wieder reich für die ganz große zeit

- und der krieg sei total

- mama - i woas net net ob des asoa geht
- wenn’st entscheiden musst und hinterher ist man schuld, wenn was passiert
- manchmal ist’s a freud, wenn du die andern scheuchen kannst

- sie haben alle noch eine frechheit

- i mecht woas kafa - an rotzhader
- und die anständigen leut’

- die bräuchten höchstens noch ein schneuztüchel mit einem schwaren rand
- die söhne von die anständige leut die fielen auf dem felde der ehre
- und die anständigen leut wischten sich den rotz ab damit in ihrer stolzen trauer

- über den fischer anton haben wir garnichts
- wir entscheiden, ob was da ist
- es muss was da sein, damit es weggebrannt und weggerissen werden kann
- rettich der angepflanzt worden ist - an einem ort den es ja garnicht gibt

- was habe der führer in der hos’n,
- hinten das beschissene deutschland und vorne dessen trauriges ende

- dichten sei wie ein verdauungsvorgang
- dann laufe es raus die ganze g'schicht und dann könne es keiner mehr halten
- im biergarten da dichte es sich ganz wunderbar
- es sei als wenn die donau es aus ihm herauszieh’rn dat.

- in einem streifen- und sternenzelt sitzt einer, der heißt rosenfeldt
   die juden aus der ganzen Welt rennen zu ihm dem rosenfeldt.

- die fahne hoch, die reihen fest geschlossen

- grüß gott miteinander
- man könne ja die spatzen einzeln hören
- dass jeder von ihnen auch gottes geschöpf sei
- bringen sie mir einen schnaps - einen doppelten - die zeiten sind schwer
- warum es nur so still ist - seltsam
- wo ist eigentlich der herr fischer

- der ist nimmer da

- der komme nicht aus der fischer anton
- der sei der einzige volksgenosse der überhaupt nicht existiere
- der lebe für seine insel und für seine nichte
- sag’st dem fischer anton er könne zurückkommen
- g’schieht ihm nix dafür steh’ ich grad’

- weiß nit wo der anton is -

- aber er wird uns nit im stich lass’n - nie

- er könne zurückkommen wenn er sich traut

- er hat sich schon so viel getraut der anton

- man lache nicht über seinen schlächter

- unser schlächter lässt uns leben

- gelobt sei jesus christus -
- ihr braucht einen mann auf der insel

- nur keinen franzosen
- einen franzosen und ein junges mädel - na, ich dank schön, herr bischof

- wem gehört eigentlich die insel

- legt das kreuz irgendwo auf die insel
- wir werden eine kapelle bau’n
- zum schutz der bootsleute und für die seelen derer, die im fluss zugrunde gingen
- dann gehört die insel dem allmächtigen

- da seh’ ich die turmuhr wie sich ihr zeiger bewegt
- und ich wünschte ich könnte ihn schneller machen

- der kriegsgefangene habe nur zu sprechen wenn er angesprochen wird
- ihm saeien die mahlzeiten getrennt vom tisch der familie zu gewähren
- ihm sei für seine arbeit täglich die summe von 40 pfennigen zu entrichten
- jeder fluchtversuch werde mit dem tode bestraft
- geschlechtliche beziehungen mit deutschen frauen werden mit dem tode bestraft

- noch nie habe einer madame zu ihr gesagt

- letzte woche ham sie ihm die haare geschnitten

- diese woche habe er ein neues hemd an

- die damen von der rettichinsel lassen sich nicht lumpen

- denen werde das lachen schon noch vergehen

- die kapelle werde aus vorhandenen materialien in freiwilliger arbeitsleistung
   errichtet
- nix außerhalb der gesetze

- fünf vor zwölwe, fünf vor zwölwe - kurz vorher, da war’s noch elwe

- heil hitler
- eine schöne zucht ham’s da beisammen herr lehrer
- gutes material für den führer - grad freuen tät er sich wenn er das sehen könnt

- jetzt seien sie still jetzt könnten sie nichts mehr spüren

- kein führer könne die kinder jetzt noch führen
- ihnen bleibe erspart durch’s leben zu marschieren

- da drüben scheine die sonne da drüben sei licht

- haben sie es übertrieben mit ihrem schweigen
- ihre trauer sei bitter und bitter das brot, der radi schmecke bitter, so groß sei die
   not

- wo ist mein Vater - wo ist unser haus

- vertraut meinem fließen vertraut meinem strömen

- warum sind sie ihm denn so lange nachgelaufen
- warum haben sie so lange an ihn geglaubt.

- geht's heim
 

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'Kleiner Mann' -  war nahe

Michael Bleiziffer schafft Bilder im Wust von blauer Gaze, realen Biertischen, stilisierten Rettichpflanzen, gebastelter Tretpumpe, abgestuft über die Podeste bis zur Projektionsfläche im Hintergrund.

Die  Regensburger, maskiert - choreographiert im Gleichklang der Bewegungen und ihres Gemüts, neidig, dem anderen nichts gönnen, geldig -

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen wären rein zufällig!

'Gegen das Vergessen' - das Thema.

So entstand schon: 'Hermann kommt', 'Freunde, das Leben ist lebenswert', 'Obersalzberg' - und alle Stücke brauchten komödiantische Züge, um zu versuchen, über den Kontrast das wirkliche Grauen darzustellen.

Es misslang - und heute ist es ebenso - auch Eva Demski schreibt am wahren Elend vorbei.

Marcel Reich-Ranitzki würde wohl sagen:
'Evaa, mussstest du dich brrreitschlagen lassssen!'
 

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"Vertraut meinem Fließen, vertraut meinem Strömen"

Silke Heise - (Donau)
gefährlich in ihrem Raunen - wartet nur auf die Gelegenheit, das Bett zu verlassen, nachts, unbemerkt, über Flächen sich ergießend, in Häuser eindringend,
kein blauer Fluss, eine dreckige Brühe.

Teilweise unpräzise in der Textgebung, daher ermüdend, auch zugedeckt - vor allem im Finale - durch das Trio auf der Bühne.

Michael Heuberger - Gauleiter Stolz)
alles ist ihm zuzutrauen, biestig, ekelhaft, plärrig, kurzatmig, penetrant - zum Kotzen, dazu passend: "Mama",

Martina Mann - (Frau Stolz)
bereits weggetreten - kann die Umwelt nicht mehr verstehen.
Gut geführt, Beklemmung, die sie durch ihr sinnloses Tun vermittelt.

Nikola Norgauer - (Bedienung)
unbedarft, was soll sie schon.

Florian Münzer - (Wirt)
gutmütig, trottelig, ins Unglück tappend.

Doris Dubiel, - (Anna), Silvia Rhode - (Martha), Anna Dörnte - (Nichte Leni)
im Schatten des Bruders, kess, sich behauptend.

Peter Heeg - (Bischof von Regensburg)
jovial, handfest, 'fringsisch' - dem Pfeifen nicht bis in alle Ewigkeit die Spatzen von den Dächern: Riekofen, Riekofen, Riekofen, Riekofen .....

Roman Blumenschein, (Gruppenführer Schuft) Casimir Roczeck (SS-Offizier Trost) -
Buberln, blasse Mitläufer.

Michael Haake - (Lehrer)
präsent, glaubwürdig, prononziert.

Paul Kaiser - (Laprade)
unfassbar, leise.

Oliver Severin - (Chorführer) mit den Regensburgern -
optisch und darstellerisch, bemerkenswert in ihrem Gleichklang der Üblen.

 

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"Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen"

Allein schon für die Musik (Komposition, Arrangements) sollte es einen Mitschnitt der Produktion geben, um diese dann neben das Hörbuch zu stellen.

Was Martin Lutz da an Stimmungen schafft und damit Szenen in ihrer Wertigkeit unterstreicht, ist kaum zu beschreiben - da gibt es nur hören.

In die Vorstellung gehen und die Augen schließen, um vom text und der Musik nicht abgelenkt zu werden - ist natürlich auch eine Möglichkeit.

Es wäre schade, verkleckerte die Produktion mit der letzten Vorstellung.

Durchlauf ohne Publikum ansetzen - Band mitlaufen lasen - denn  wer spielt schon nach dem 20. Juli 2008 Eva Demski - 'Die blaue Donau'?

 
 

Als Premieren-Abonnent Theater Regensburg und Abnehmer von Karten aus dem freien Verkauf
veröffentliche ich auf dieser privaten Homepage meine Meinung.
Ich
verstehe die Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf nach meiner Auffassung zu Geglücktem oder Misslungenem.
Neben Sachaussagen enthalten die Texte auch Überspitztes und Satire.
Für diese nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5 Grundgesetz in Anspruch.
In die Texte baue ich gelegentlich Fehler ein, um Kommentare herauszufordern.
Dieter Hansing

 


 


 


 


 

 

 



 

 



 

 



 

 

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