Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften 
zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 


Kurz kommentiert

24. November 2016

Molière an der 'Burg'

   
Ankündigung des Burgtheaters
 


 
Zitat
    
Joachim Meyerhoff, Marta Kizyma (c) Reinhard Werner

Molière
‹Der eingebildete Kranke›

Übersetzung und Neufassung von Sabrina Zwach

Molières „eingebildeter Kranker“ Argan ist ein Hypochonder: er zieht Ärzte zu Rate, die ihm wiederum geduldig und gerne überflüssige Behandlungen gegen überteuerte Rechnungen verschreiben.
 

 
Ein Arzt im Hause wäre fein, denkt Argan und möchte deshalb seine Tochter mit einem solchen verheiraten. Die ist jedoch in Cléante verliebt – und die Komödie nimmt ihren Lauf: Die Familie versucht Argan vom Wahn der Hypochondrie zu befreien, Argan wiederum erkennt trotz Wahn die Liebe seiner Tochter und Geldgier seiner Frau. Am Ende beschließt Argan, selbst Arzt zu werden, und die Tochter darf heiraten, wen sie will, Hauptsache er wird Arzt.

Unter dem Rippenknorpel, dem griechischen „chondros“, vermutete man einst den Ursprung der Hypochondrie. In der gleichen Region sitzt der Schmerz, der bei allzu heftiger Beanspruchung des Lachmuskels entsteht. Diese Diagnose wird dem Publikum der Inszenierungen von Herbert Fritsch häufig gestellt. Lachen heilt, was auch immer.


Wir danken der Manufaktur für historische Tasteninstrumente Fa. Neupert in Bamberg für die freundliche Unterstützung.

Zitatende
 



Ist es nicht rührend, dass sich die 'Burg' herumziehender Schausteller annimmt.
Da geht die Leitung des Hauses auf die 'Gass' und fragt: wollen Sie  nicht bei uns mitspielen?

Wir geben Molière.

Wer lässt sich da nicht einladen.
Und so kommen Würstelverkäufer und Punschanbieter und Harlekins und dumme Auguste, Hanswurste (die von der Neuberin 'kürzlich' abgeschafft wurden), Handlanger aus der Geisterbahn und Akrobaten, die Seiltänzer und Flaschensammler.

 

to top


Und dann sind sie tatsächlich da auf der Bühne des ersten Hauses am Platze und kreischen und geifern und krakeelen und plärren 'Worte, nichts als Worte' herunter, die - bar jeder Sprechtechnik - keiner verstehen kann - hampeln dazu herum wie Affen im Käfig, rennen ab, rasen auf, hüpfen rum, zappeln hier und kriechen da - und alles in Kostümen der Zeit.

Das Gros des Publikums hat in den heutigen Tagen wie üblich keine Ahnung - was die Theaterleitung schamlos ausnutzt - da die Matura, das Abitur, heute nicht mehr darstellt als die Mittlere Reife vor Jahrzehnten - schlägt es sich vor Freude auf die Schenkel, hält sich den Bauch vor Lachen über das, was da geboten wird.

 

to top


Diejenigen, die in der Annahme zur Vorstellung kamen, es handle sich um den 'malade imaginäre' von Molière, sind entsetzt, dass man in der Dramaturgie nicht weiß, dass der Mann sich nur einbildet, krank zu sein und eben nicht eingebildet ist, auf seine schönen Haare oder das Stockerl, das er als Ersatzpenis in der Hose trägt, gehen zu Scharen in die Pause, das Garderobenpersonal befetzend, einen solchen Murks vorgesetzt zu bekommen.

 

to top


Der Erfolg:
Nach der Spielunterbrechung sind die Darsteller unter sich, die sich schämen müssen, dass sie hier auftraten. Wären sie doch besser in ihrer Würstchenbude geblieben.

Christine Döss
el ließ sich dieser Tage über die Zustände am Schauspiel in München unter dem Titel
Kammerspiele? Jammerspiele!
aus.
http://www.sueddeutsche.de/kultur/theaterkrise-in-muenchen-kammerspiele-jammerspiele-1.3243228

In ihren beruflichen Anfängen schieb sie für die SZ über Gorkis 'Nachtasyl' in der Regie von Rudolf Zollner am Provinztheater in Regensburg.

Was sagte sie wohl über Molière heute an der 'Burg' in der Weltstadt Wien?

 

to top


Schlussbemerkung

Dass die Leitung des Hauses dem Publikum verbietet, Bild- und / oder Tonaufnahmen der Vorstellung anzufertigen, ist verständlich, trügen doch diese die Qualität der 'Burg' in alle Welt.

Dass dieser Molière noch immer auf dem Spielplan verbleibt, zeigt doch, dass sich die Theaterdirektion mit der Produktion identifiziert.

Rückschlüsse auf Österreich?
Kommt Hofer?


 

to top


Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing
 

to top