Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 


Neues vom Tage

29. August 2014

'So viel Hass, so viel Wut und so viel Rache'
*

 
Voll ist Bayreuth mit Schildern.
Die wichtigste Einfallstraße ist gesperrt, die Zufahrt zum Festspielhaus blockiert, als wolle die Stadtverwaltung verhindern, dass Gäste auf den Grünen Hügel gelangen, um das dortige inszenatorische Chaos zu erleben.

 



 

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Voll sind die Zeitungen, alle Welt berichtet über 'Buh-Stürme' nach Vorstellungen in Bayreuth.
Ob Spiegel, Tagesspiegel oder Hannoversche Allgemeine oder Nordbayerischer Kurier - man ergeht sich in Darstellungen, die Missfallensäußerungen betreffend.

Nicht neu - immer wieder war es mal eine Inszenierung, die dem Publikum nicht gefiel. Oder ein Sänger, der den Anforderungen nach Meinung der Gäste nicht entsprach.
Man erinnere sich an Hugh Beresford, der 1972/73 in Bayreuth den Tannhäuser sang und den Unmut des Publikums entgegennehmen musste.

Nun ist es Lance Ryan, der sich beklagt, wie hasserfüllt das Publikum ist und wie er vor der Menge Angst hat.

* http://www.tagesspiegel.de/kultur/aerger-bei-den-bayreuther-festspielen-so-wird-ein-buh-draus/10277134.html

http://www.spiegel.de/kultur/musik/bayreuth-siegfried-darsteller-und-die-angst-vor-dem-publikum-a-983833.htm

Seit Jahren singt Lance Ryan das schwere deutsche Fach.

2008 war er schon unter Zubin Metha in Valencia 'der strahlende Held'. Damals hatte er gerade die Mitte der Dreißiger erreicht und schon damals - Hans-Peter Lehmann 'coachte' das Ensemble - musste man sich Gedanken machen über die Qualität dieses Siegfrieds und sich die Frage stellen - wie lange geht das gut?

Nun, fünf (bezogen auf 2013) und sechs (bezogen auf 2014) Jahre später ist die Frage noch eher berechtigt und zwar noch deutlicher mit einem:
Wann ist Schluss bei dem?

Das gilt aber nicht nur für ihn. Die vielen kleinen Häuser, die heute neben all' den anderen Komponisten - z.B. des großen  italienischen Fachs wie Puccini und Verdi - den sächsischen Meister Wagner spielen, nutzen die am Markt befindlichen Kräfte.
Überall Wagner, im kleinsten Theater - in Detmold, in Quedlinburg, in Minden, in Koblenz und natürlich auch in Regensburg - mit Stimmen, die zu früh verbraucht werden, weil Intendanten und GMDs falschen Ehrgeiz entwickeln.
Den 'Ring', den 'Tristan' muss ich 'drauf' haben.

Und die Sänger machen mit, nach dem Motto:
'Kann'ste wechseln?!'

 

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Aber auch andere bekamen den Unwillen des Bayreuther-Publikums zu spüren.
Cherau, mit seinem 1976-Ring oder vorher noch Wieland Wagner, der Bayreuth nach dem Zweien Weltkrieg 'entrümpelte'. Auch 'Jötze' Friedrich kam nicht an, der Nazi-Deutschland im Tannhäuser auf der Bühne andeutete.

Heute geht es um das Gesamtgefüge Bayreuther-Festspiele und vor allem um die Leitung des Unternehmens mit Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung.

Jetzt platzt dem Publikum der Kragen und Auslöser kann ein winziger Funke, eine nicht perfekte sängerische Leistung, sein.

Katharina, die Grobe
ist die eigentliche Zielscheibe.
Man lässt die Wut an Protagonisten aus, sie gilt aber ihr.

Die andere der beiden von Staatswegen eingesetzten Festspielleiterinnen - wobei die eine auf die andere aufpassen sollte - enthält sich der Stimme in der Öffentlichkeit.
Hinter vorgehaltener Hand flüstert sie einem Maßgeblichen der früheren Bayreuth-Festspiele zu, wie traurig sie all das mache, was da am Grünen Hügel jetzt passiert.
Eingegriffen hat sie nicht.
 

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Bemerkenswert, dass keine der Damen sich zur Begrüßung der Gäste vor dem Haus bei der ersten Vorstellung zeigt - haben die Angst, vom Buh-Geschrei der Zaungäste hinweggefegt zu werden.

Hält man sich in der Stadt auf, bemerkt man bei der Bevölkerung die gedrückte Stimmung - man ist entsetzt wie sich die Hügel-Besucher über die Produktionen äußern und wie wenig die Bürger selber ausrichten können, etwas zu ändern.
In den Strudel der Ablehnung der Inszenierungen werden die Bayreuther hineingezogen.

Ein Vorsitzender eines Richard-Wagner-Vereins wurde jetzt im Sommer in der Öffentlichkeit bezüglich der für Bayreuth engagierten Regisseure deutlich:
'Dann werden wir ja bald echten Analverkehr auf der Bühne des Festspielhauses erleben.'

Spät kommt er - längst hätten die Richard-Wagner
-Vereine ihre Stimme erheben müssen.
Aber statt dessen verbreitete die ehemalige Vorsitzende der
Richard-Wagner-Vereine, sie liebe modische Inszenierungen.
 
Steht in den Vereins-Satzungen nicht, man setze sich für die Bayreuther-Festspiele ein?
Sind diese hanebüchenen Inszenierungen die Basis für das Tun der Richard-Wagner-Vereine?

Kein Vorstand eines Karnickelzüchtervereins ließe ungestraft das zu, was dort - und man messe die kümmerliche Anzahl der Bayreuther Aufführungen pro Jahr an z.B. denen in Salzburg - auch noch zu Lasten des Steuerzahlers abgeliefert werden darf.

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing