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04.01.2010 - dradio.de

 

 

 

Thema des Tages

Uraufführung 'La Bohème'


   ... am 1. Februar 1896.

Toscanini dirigierte und als der Abend zu Ende war, lag ihm und Puccini ganz Turin zu Füßen - bald war es die ganze Welt.

Schon mit der 'Manon' war Puccini 1893 ein Highlight gelungen - jetzt kam noch das Lieben und Sterben der armen Mimi hinzu.

Das Werk musste viel leiden, denn es wurde in den unterschiedlichsten Formen auf die Bühnen gebracht.

Eine der beständigsten - was das Verbleiben auf der Bühne angeht - ist die Produktion an der Deutschen Oper Berlin aus dem Jahr 1988 von Götz Friedrich, die noch heute auf dem Spielplan steht und bei der beim Aufgehen des Vorhangs zum 2. Akt das Publikum im Beifallstürme ausbricht.

 

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Puccini lernte das Werk, das Henri Murger in der Zeitschrift 'Le Corsaire' veröffentlicht hatte, fünfzig Jahre später durch Zufall kennen.
Die Gestaltung des Librettos war wieder einmal, wie schon bei der 'Manon', schwierig.
Luigi Illica war beteiligt und Giuseppe Giacosa, aber der Verleger Ricordi musste immer wieder eingreifen, damit der Text zum komponieren fertig wurde und singbar war.

 

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Paris, Weihnachten 1830 - die Julirevolution ist verebbt - hatte sie auch Auswirkungen bis hinüber nach Deutschland. In Dresden schützte Richard Wagner mit Freunden die Druckmaschinen seines Schwagers Brockhaus vor dem Pöbel, dem es nur um Zerstörung ging.

In Deutschland: Kleinstaaterei mit den jeweils eigenen Systemen, einem großen vaterländischen Staat in geistiger Einheit der Sprache, Wissenschaft, Kunst und Geschichte entgegenstehend.
Eine Bindung von Herrscher, Beamten und Volk in einem Ganzen - im Frankreich des beginnenden 19. Jahrhunderts als zentralistischem Staatsgefüge zwar schon in Ansätzen vorhanden, aber nicht besser in seiner sozialen Ausrichtung als in deutschen ‘Ländlen’ mit ihren Landesfürsten.

Der deutsche Autor der ‘Vaterländischen Gedichte’ Ludwig Uhland wurde beispielsweise 1819 und 1832 in den württembergischen Landtag gewählt, scheiterte mit seinen Bemühungen, da die Menschen in den deutschen Ländern auch eine großartige Beförderungsmöglichkeit innerhalb der jeweiligen Staatsdienste oder bei dem entsprechend dezentralisierten Militär sahen.
Welcher Ministerpräsident eines deutschen Bundeslandes wie Bremen und Hamburg stimmt heute gern der Vereinigung mit Niedersachen zu, oder Berlin würde von Brandenburg vereinnahmt, verlören doch viele - wie er selber - ihre Posten.

 

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Eine Vorstellung 2006, 35 Jahre auf der Bühne der Bayerischen Staatsoper, frisch wie am ersten Tag, stimmungsvolle Bilder, besonders die Eiseskälte im dritten Bild, förmlich zu spüren.

Regie und Bühnenbild gelingen, die soziale Situation der wirtschaftlich Minderbemittelten dem heutigen Publikum zu verdeutlichen. Menschen, denen Talent nicht abgesprochen werden darf, die aber durch die Umstände des Hineingeborenwerdens in eine Welt der Reduzierung nicht in die Lage versetzt werden, eine Plattform für sich selber und die Menschen im engen Umfeld zu finden.
Gerade das dritte Bild überträgt durch seine Lichtgestaltung das Einfrieren der Gefühle und des Miteinander.

Mit dieser Aufführung stellt die Bayerische Staatsoper dem Publikum eine Diskussionsmöglichkeit zur Verfügung, wobei sie fragt:
Was soll Regietheater mit der Spirale von Sex and Crime ?
Wollen wir ‘Aida’ als Putzfrau und mit den weniger werdenden Mitteln Puhlmann’sche Experimente in Hannover oder jetzt in Stuttgart oder Kostky’s an den Haaren herbeigezogene Verdrehtheiten beim ‘Holländer’ in Essen oder sollen die Werke in der von den Autoren gedachten Weise präsentiert werden.
Möglichkeiten der Gestaltung liegen in jedem Werk - das Überstrapazieren vertreibt die Vollzahler.

An der Berliner Lindenoper wurde ‘Die lustige Witwe’ in der Regie von Hausherr Mussbach abgesetzt. Kolportierter Grund für die Spielplanänderung: 'mangelndes Publikumsinteresse.'
So kam man dort schon mal zu der Einsicht, dass eben nicht ‘anything goes.’
 

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