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04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Giacomo Meyerbeer

 
  ... am 05. September 1791 geboren

Als Sohn des Zuckerfabrikanten Jakob Beer und der Lottokonzessionärin Amalia Meyer kam er in Vogelsdorf bei Berlin zur Welt und wuchs in den gehobenen Kreisen der preußischen Hauptstadt auf.

Schon mit 11 Jahren war er als Pianist gefragt, dem Kreis gehörten Iffland und Alexander von Humboldt an. Zelter empfahl ihn an Anselm Weber und der wiederum nach Darmstadt an Abbé Vogler, der zur gleichen Zeit auch Carl Maria von Weber unterrichtete.

Paris stand unter dem Eindruck der Juli-Revolution von 1830, Rossini zog sich nach Bologna zurück und Meyerbeer nahm den Platz als führender Komponist der französischen Hauptstadt ein.

Die kurze Zeit als Generalmusikdirektor in Berlin von 1842 bis 1848 zur Zeit von Friedrich Wilhelm IV. brachte ihn künstlerisch nicht voran, so dass er sich wieder nach Paris begab.

 

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Richard Wagner versuchte über Meyerbeer in Paris Fuß zu fassen - aber der jüdische Komponist hatte längst das Talent des Sachsen erkannt und widmete sich mehr dem eigenen Fortkommen als einen Konkurrenten zu fördern.

Nicht nur gegen den großen Konkurrenten Meyerbeer sondern auch gegen den ebenfalls erfolgreichen jüdischen Komponisten Mendelssohn richtete sich Wagners Werk 'Das Judentum in der Musik' - 1850 und 1869 veröffentlicht.


 

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Galt Meyerbeer noch Anfang des 20. Jahrhunderts als Vollender der Grand Opéra, geriet er im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit, der Zeitgeist und der Geschmack des Publikums war ein anderer als der, da die Werke geschrieben wurden.

Heute finden sie - nun ín ihrer originalen Konzeption und Werkgestalt - dank kritischer Neuausgaben wieder zurück auf die Bühnen.

Die DOB zeigte in der Spielzeit 2014/2015 in einer konzertanten Aufführung 'Dinohra', die 1859 in Paris uraufgeführt wurde.

Hier schließt Meyerbeer an die Form der romantisch-komischen Oper an, die auch Bellinis 'Nachtwandlerin' beinhaltet. Die Arie  'Ombre légère' gehörte zum Repertoire der Adelina Patti wie auch der Maria Callas.

Auf den Spielplan zur szenischen Aufführung in Berlin kommen auch die Opern 'Die Afrikanerin', 'Der Prophet' und 'Die Hugenotten'.

Letztere wurden in der Spielzeit 2002/2003 auch in Regensburg  konzertant präsentiert.


 



Kommentar

Spielzeit 2002 - 2003

Giacomo Meyerbeer

DIE HUGENOTTEN

- in Regensburg, hörenswert ! -

 

150 Jahre hat das Stück gelegen. Jetzt wurde es konzertant wieder aufgenommen. Um zu verstehen, worüber sich Richard Wagner im Falle Meyerbeer: "Wirkung ohne Ursache" ausließ, sollte man eine der noch beiden folgenden Aufführungen unbedingt hören. Die Aneinanderreihung von guten musikalischen Einfällen mit trivialen Bindegliedern formen dieses Werk, das einmal der Hit war. Aber auch Wagners 'Rienzi' - die große Oper im Stile Meyerbeers - wird heute kaum noch gegeben. Über ihn gingen zunächst 'Holländer', 'Tannhäuser' und 'Lohengrin' hinweg.
 
 Die Dramatik Verdis setzte neue Maßstäbe, die uns heute 'Die Hugenotten' befremdlich erscheinen lassen. Das Theater Regensburg konnte sich teilweise auf Solisten stützen, die ihre Rollen kannten und somit wussten, was sie sangen.
 Die Valentine von
Sonja Mühleck, engagiert und differenziert mit schönem Timbre gesungen, hatte allerdings Probleme mit den extremen Spitzentönen. Dagegen Katharina Leitgeb als Margarethe, problemlos in allen Lagen. Eine strahlend virtuose Stimme, sie könnte etwas runder in der Tongebung sein, dies hängt aber mit dem relativ kleinen Kopf als Resonanzraum zusammen. Sie betont das Aussehen des Hauptes noch mit einer unvorteilhaften Frisur. Wenn sie sich nicht überfordert, darf man von ihr noch schöne Leistungen erwarten.
 
 
Mi Soon Jang als Page, freier als mit der Sophie, da stilistisch nicht so eingeengt. Oder hat sie sich selber oder der Regisseur im Rosenkavalier zu einer Kunstfigur stilisiert, die ihr dann Schwierigkeiten beim Singen bereitete, was sich bei Strauss noch durch das viele Textgeplapper potenzierte? Hier jedenfalls, als Page, ohne dass der typisch koreanische Technik-Knödel, das Quetschen und Piepsen hörbar wurden. Sie sang frei und man hörte ihr gern zu.
 Ingrid Dominique als Ehrendame - ein Modell, aber keine Sängerin - jedenfalls nicht mit dieser Übergähn-Technik.
 Beim Raoul von
Juuso Hemminki befürchtete man permanent das Heiserwerden. Völlig unbeteiligt stand er da, sang laut und leise, aber keiner und er selber wohl auch nicht - wusste, warum.
 
 Michael Doumas 'rief' den St. Bris. Ein typischer Schulmusiker, intelligent, gut aussehend, auf dem Podium überintensiv, um die nicht vorhandene 'Sänger-Stimme' zu vermogeln.
 
 Im Gegensatz zu ihm repräsentiert
Adam Kruzel die perfekte Sänger-Stimme, Wohllaute verströmend, nuancenreich und engagiert. Genussvoll anzuhören war der Bass von David Cale Johnson. Der Mann kann singen und wusste offensichtlich auch, die Rolle zu erfüllen, selbst auf dem Podium kam die väterliche Güte und humorige Brummigkeit des Marcel deutlich zur Geltung.
 
 
Michael Suttner als Cossé - auch hier lässt sich von der Stimme etwas erwarten, wobei er die Belcanto-Führung noch nicht im Griff hat, das heißt:
"Junge, legato und messa di voce üben!!!"
 
 
Brent Damkier als Tavannes konnte von seiner hohen Lage der Stimme nicht viel zeigen.
 
 
Victor Schierling, keck sich darstellend als Bois-Rosé, der Buffo par excellence - eine solche Stimme, die über alles hinwegträgt - man denke an das Krähen im Terzett der drei Strolche in 'Die Kluge' - braucht man in einem Ensemble. Jin-Ho Yoo und Werner Rollenmüller fügten sich in die Gruppe der jungen Adeligen dezent ein.
 
 Die Höhepunkte waren die großen Chor-Tableaus. Der Hauschor verstärkt durch Chorsänger aus Parsberg gaben dem Abend die musikalische Prägung. Fabelhaft einstudiert von
Karl Andreas Mehling und Walter Johannes Hansch.
 
 Das Orchester unter der Leitung des GMD
Guido Johannes Rumstadt musizierte wach und engagiert.
 Die Soli von Bassklarinette und Bratsche fielen hier besonders positiv auf.
 

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 Die Optik störte die unterschiedliche Garderobe der Solisten. Man kam sich vor wie in der Herrenkonfektionsabteilung bei C&A. Mal Frack, mal blau-grauer, mal dunkler Anzug, mal Fliege, mal Krawatte, dass nicht einer noch im Rollkragen und Jeans kam, verwunderte. Beim gesamten Chor war doch ein einheitliches Erscheinungsbild möglich, wieso nicht bei den Protagonisten, Herr Intendant?
 
 Dass der Bassist auf dem Podium, in seinem Sessel lümmelnd, aus einer Flasche nuckeln darf, der Sopran ein Glas Wasser auf die Bühne bringt, das er dann gar nicht braucht, Herr Suttner im Klavierauszug blättert, als suche er eine verlegte Telefonrechnung, Herr Doumas ebenfalls blättert - wie viele Seiten sind es denn noch?
 Ist das die Disziplin von Coburg oder Pforzheim,
Herr Intendant?
 
 Und die Chefdramaturgin Friederike Bernau saß mit überschlagenen Beinen, provokant lässig und unfrisiert, mitten unter den Solisten auf dem Podium, statt irgendwo an der Seite, von wo sie abgehen könnte, wenn sie nichts zu sagen hatte, schaute kritisch um sich - dass sie sich nicht noch zum Chor umwandte - las mit tonloser Stimme aus irgendeinem Operführer, was nur verwirrte - statt zur Aufklärung der Bühnensituation beizutragen - die Zuhörer langweilte, ermüdete und den Abend unnötig in die Länge zog.
 Beifall nahm sie dafür auch noch entgegen!!
 
 Auf Manieren auf dem Podium - wo jede kleinste private Bewegung stört und ablenkt - sollte die Leitung des Hauses achten. Mag sein, dass Benehmen in Coburg oder Pforzheim nicht so gefragt war, bei einem guten Theaterleiter verhalten sich Solisten der Konzertsituation entsprechend,
Herr Intendant.
 
 Dieter Hansing


 

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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