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04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

08. Juli 1941

Rastenburg

 
An diesem Tag kam man im von Mücken geplagten Hauptquartier in Ostpreußen zusammen, Hitler hatte gerufen.
Er war der Meinung, man müsse nun - nach den ersten militärischen Erfolgen - eine große Propagandainitiative starten. Das war ganz im Sinne seines Propagandaministers, der gierte nur danach, den Deutschen das 'Unternehmen Barbarossa' als Präventivschlag zu verkaufen.

Man führe diesen Krieg für die gesittete Menschheit
- gegen seelische Fäulnis,
- gegen den Verfall der öffentlichen Moral,
- gegen den geistigen und physischen Blutterror,
- gegen eine kriminelle Politik, deren Urheber auf Leichenbergen sitzen, um Ausschau zu halten, wen sie sich als nächstes Opfer auswählen sollen.

So Dr. Goebbels in einem Artikel unter der Überschrift 'Der Schleier fällt' in der Zeitung 'Das Reich' vom 6. Juli 1941.

 

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Die Bolschewisten seien im Begriff gewesen, in das Herz Europas vorzustoßen, hatten sie doch ihre Truppen schon an der Westgrenze aufmarschieren lassen, was bedeutete, hätten sie mit ihren vertierten Horden Deutschland und den Westen dieses Erdteils überflutet - die Ausmaße dieser Aktion, das könne sich die menschliche Phantasie überhaupt nicht vorstellen.

Die Soldaten, die dem 'Führer' gefolgt seien, müssten in Wahrheit die Erretter der europäischen Kultur und Zivilisation gegen die Bedrohung durch eine politische Unterwelt gefeiert werden. 

Durch die in den nächsten Tagen und Wochen verstärkt einsetzen Propaganda, müsse der Bolschewismus vor dem eigenen Volk und der Weltöffentlichkeit verstärkt diskreditiert werden

Diese Kampagne sei auch notwendig, um den Deutschen die notwenige Einsicht in den Ostkrieg zu vermitteln.
Die mit dem Hitler-Stalin-Pakt eingeleitete 'Versöhnungspolitik' sei nicht einmal durch die Haut des Volkes gedrungen.

So sei es jetzt wieder in einer durchaus antibolschewistischen Stimmung und sehe ein, dass der 'Führer' wieder einmal im richtigen Moment, die richtige Entscheidung getroffen habe, wenn es auch ein paar Tage nach dem Überfall am 22. Juni eine gewisse Schockwirkung wegen der Nichtinformation aus Geheimhaltungsgründen gegeben habe.

 

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Militärisch schätze der 'Führer' die Sache günstig ein.

Wenn alles glücklich verlaufe, werden man in den nächsten Tagen und Wochen bis an die Wolga, wenn nötig bis an den Ural vorstoßen, um alles auszuradieren, was im Ansatz zu einem Rüstungs- oder militärisches Zentrum der Gegenseite führen könnte.

Der 'Führer' glaube mit Bestimmtheit, dass Japan auf der Ostseite in den Krieg einsteigen werde, was zu einer eigenen Entlastung führe. Im Moment müssten die Japaner ihr Volk ja erst auf einen solchen Kampf einstimmen.

England werde wohl versuchen, die USA in den Krieg auf der Westseite hineinzuziehen, ob das aber gelinge, sei nicht vorauszusehen. Der 'Führer' sei gegenüber England sehr hart gestimmt, so sei es unklar, ob er auf ein Kompromissfriedensangebot der Engländer überhaupt eingehen werde. Er sehe Englands Sturz mit traumwandlerischer Sicherheit voraus. Es käme sicher zu einer bedingungslosen Kapitulation oder zu Hungersnöten auf der Insel.

 

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Doch die Reichsregierung erging sich wieder einmal in Schönfärberei, wenn man meinte, der Ostkrieg sei schon gewonnen. Klar sei, dass man weiträumige Gebiete besetzen müsse, aber mit dem Krieg im Westen sei das überhaupt nicht zu vergleichen.

Die Infanterie laufe noch immer 200 Km hinter de vorstoßenden Panzern hinterher. Technisch sei man aber den Russen haushoch überlegen und schon deshalb sei ein Vergleich mit dem Russlandfeldzug Napoleons nicht anzustellen.

'Führer' und Heeresleitung wie auch die Propagandaleitung kamen zu dem Ergebnis, dass die Dinge wirtschaftlich und militärisch gut stünden, Russland werde über kurz oder lang fallen.

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing