Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften 
zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Attentat im Bürgerbräukeller

   
  ... am 08. November 1939

Aus dem Tagebuch von Dr. Goebbels

Zitat
In Nürnberg kommt eine Hiobsbotschaft, ich muß dem Führer ein Telegramm überreichen, nach dem kurz nach unserem Verlassen des Bürgerbräus dort eine Explosion stattfand. 8 Tote und 60 Verletzte. Das ganze Gewölbe heruntergestürzt. Das ist ungeheuerlich.

Der Führer hält die Nachricht zuerst für eine Mystifikation. Aber ich frage in Berlin nach, alles stimmt. Man hatte schon zweimal versucht, den Zug anzuhalten, aber ohne Erfolg. Der Umfang des Schadens ist riesengroß. Ein Attentat, zweifellos in London erdacht und wahrscheinlich von bayerischen Legitimisten durchgeführt.

Der Führer diktiert ein Communique, das ich gleich schon in Nürnberg herausgebe. Wir überlegen ausgiebig wahrscheinliche Täterschaft, Folgen und evtl. Maßnahmen. Wir halten das Volk vorläufig noch zurück, bis wir wenigstens wissen, aus welcher Richtung der Anschlag kommt.

Der Führer und wir alle sind wie durch ein Wunder dem Tode entronnen. Wäre die Kundgebung wie alle Jahre vorher programmgemäß durchgeführt worden, dann lebten wir alle nicht mehr.

Der Führer hat im Gegensatz zu früher eine halbe Stunde früher angefangen und zeitiger geschlossen. Er steht doch unter dem Schutz des Allmächtigen. Er wird erst sterben, wenn seine Mission erfüllt ist.
Zitatende


Kommentar Ralph Georg Reuth

Zitat
In den Krisenjahren 1938 und 1939 waren Goebbels Zweifel an der »Sendung« Hitlers gekommen, die sich mit den völlig unerwarteten Kriegserklärungen Großbritanniens und Frankreichs am 3.9.1939 nochmals verstärkt hatten. Paul Schmidt, der Chefdolmetscher des Auswärtigen Amtes, erinnerte sich, daß Hitler die Nachricht »wie versteinert« entgegengenommen habe, während Goebbels vor Hitlers Amtszimmer stand, »in einer Ecke, niedergeschlagen und in sich gekehrt«, und ausgesehen habe »wie der bewußte begossene Pudel« (Schmidt, Paul: Statist auf diplomatischer Bühne 1923-45. Erlebnisse des Chefdolmetschers im Auswärtigen Amt mit den Staatsmännern Europas, Bonn 1953, S. 474). Mit dieser unvorhergesehenen Wendung hatten
sich Goebbels' Befürchtungen erfüllt. Es war zum Krieg gekommen. Hitler, den er als »das selbstverständlich schaffende Instrument des Göttlichen« pries, hatte sich als fehlbar erwiesen. Solches durfte nicht sein, und weil es nicht sein durfte, sollte er sich bald in einen selbstbetrügerischen Glauben davonstehlen. So diente ihm das Scheitern des Attentats - und dies wird an dem »doch« deutlich - als sicherer »Beweis« für Hitlers vermeintlich »göttliche Mission« und verstärkte seinen (Irr-)Glauben.

Die Goebbelssche Furcht vor einem Zweifrontenkrieg wurzelte in den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges. Alfred Jodl erklärte dazu während des Nürnberger Prozesses: »Wenn wir nicht schon im Jahre 1939 zusammenbrachen, so kommt das nur daher, daß die rund 110 französischen und englischen Divisionen im Westen sich während des Polenfeldzuges gegenüber den 23 deutschen Divisionen völlig untätig verhielten«
Zitatende

Quelle:
Dr. Goebbels - Tagebücher - Piper-Verlag - Band 3 - S. 1346-1348
 

to top


Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing
 

to top