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... am 08. November 1939
Aus dem Tagebuch von Dr. Goebbels
Zitat
In Nürnberg kommt eine Hiobsbotschaft, ich muß dem Führer ein Telegramm
überreichen, nach dem kurz nach unserem Verlassen des Bürgerbräus dort
eine Explosion stattfand. 8 Tote und 60 Verletzte. Das ganze Gewölbe
heruntergestürzt. Das ist ungeheuerlich.
Der Führer hält die Nachricht zuerst für eine Mystifikation. Aber ich
frage in Berlin nach, alles stimmt. Man hatte schon zweimal versucht,
den Zug anzuhalten, aber ohne Erfolg. Der Umfang des Schadens ist
riesengroß. Ein Attentat, zweifellos in London erdacht und
wahrscheinlich von bayerischen Legitimisten durchgeführt.
Der Führer diktiert ein Communique, das ich gleich schon in Nürnberg
herausgebe. Wir überlegen ausgiebig wahrscheinliche Täterschaft, Folgen
und evtl. Maßnahmen. Wir halten das Volk vorläufig noch zurück, bis wir
wenigstens wissen, aus welcher Richtung der Anschlag kommt.
Der Führer und wir alle sind wie durch ein Wunder dem Tode entronnen.
Wäre die Kundgebung wie alle Jahre vorher programmgemäß durchgeführt
worden, dann lebten wir alle nicht mehr.
Der Führer hat im Gegensatz zu
früher eine halbe Stunde früher angefangen und zeitiger geschlossen. Er
steht doch unter dem Schutz des Allmächtigen. Er wird erst sterben, wenn
seine Mission erfüllt ist.
Zitatende
Kommentar Ralph Georg Reuth
Zitat
In den Krisenjahren 1938 und 1939 waren Goebbels Zweifel an der
»Sendung« Hitlers gekommen, die sich mit den völlig unerwarteten
Kriegserklärungen Großbritanniens und Frankreichs am 3.9.1939 nochmals
verstärkt hatten. Paul Schmidt, der Chefdolmetscher des Auswärtigen
Amtes, erinnerte sich, daß Hitler die Nachricht »wie versteinert«
entgegengenommen habe, während Goebbels vor Hitlers Amtszimmer stand,
»in einer Ecke, niedergeschlagen und in sich gekehrt«, und ausgesehen
habe »wie der bewußte begossene Pudel« (Schmidt, Paul: Statist auf
diplomatischer Bühne 1923-45. Erlebnisse des Chefdolmetschers im
Auswärtigen Amt mit den Staatsmännern Europas, Bonn 1953, S. 474). Mit
dieser unvorhergesehenen Wendung hatten
sich Goebbels' Befürchtungen erfüllt. Es war zum Krieg gekommen. Hitler,
den er als »das selbstverständlich schaffende Instrument des Göttlichen«
pries, hatte sich als fehlbar erwiesen. Solches durfte nicht sein, und
weil es nicht sein durfte, sollte er sich bald in einen
selbstbetrügerischen Glauben davonstehlen. So diente ihm das Scheitern
des Attentats - und dies wird an dem »doch« deutlich - als sicherer
»Beweis« für Hitlers vermeintlich »göttliche Mission« und verstärkte
seinen (Irr-)Glauben.
Die Goebbelssche Furcht vor einem Zweifrontenkrieg wurzelte in den
Erfahrungen des Ersten Weltkrieges. Alfred Jodl erklärte dazu während
des Nürnberger Prozesses: »Wenn wir nicht schon im Jahre 1939
zusammenbrachen, so kommt das nur daher, daß die rund 110 französischen
und englischen Divisionen im Westen sich während des Polenfeldzuges
gegenüber den 23 deutschen Divisionen völlig untätig verhielten«
Zitatende
Quelle:
Dr. Goebbels - Tagebücher - Piper-Verlag - Band 3 - S. 1346-1348
Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
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diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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