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04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Horst Wessel

 
... am 09. Oktober 1907 geboren


Er stand Goebbels nahe – man hatte die gleichen Ideale.
1929 war der Gauleiter von Berlin angetan von einer Rede, die Parteigenosse Wessel hielt – er sei einer braver Junge‚ der mit einem fabelhaften Idealismus spreche. Wessel beklagte in dem nachfolgenden Gespräch den Mangel an Aktivismus. Goebbels befand sich im Zwiespalt, ein zuviel an Umtrieben könne unter Umständen sehr schnell zum Verbot führen - durch 'Isidor' wie er den damaligen Polizeivizepräsidenten Dr. Bernhard Weiß nannte.

Horst Wessel studierte anfangs als Bielefelder Pfarrerssohn Rechtswissenschaften in Berlin, brach aber nach vier Semestern das Studium ab, betätigte sich als Taxifahrer und als Tagelöhner beim Berliner U-Bahnbau.

1926 Beitritt zur NSDAP und zur SA, nachdem er vorher Bünden wie Alemannia und Normannia angehörte.
Innerhalb eines Kommandos Friedrichshain war er am Aufspüren und Verjagen von Sozialdemokraten und Kommunisten beteiligt.
Durch diese Aktivitäten trat er als deutlicher Akteur der nationalsozialistischen Ideale hervor, trat Andersdenkenden mit seinen SA -Trupps brutal entgegen.

Zu Parteiveranstaltungen in Berlin häufig mit Goebbels unterwegs - so auch nach einer solchen zum direkt im 'Fischerkiez' gelegenen SA Lokal 'Zur fürstlichen Wagenschmiede'.
Die lag nun im Bereich des Zugriffs 'der Roten' und außerdem im 'Tummelplatz des Lasters' - eine erhebliche Bedrohung für einen SA Mann der jeden Abend sein Leben riskiere, wenn er tagsüber 'für die Bewegung' seine Pflicht tue. Goebbels zollte ihm Hochachtung.

Seine Tätigkeit führte zu einer höchsten Gefährdung, als er am 14. Januar 1930 in seiner Wohnung in der großen Frankfurter Straße in Berlin von Albrecht Höhler, einem Mitglied des 'Roten Frontkämpferbundes' , beim Öffnen der Tür zu Zimmern, die er mit einer Prostituierten bewohnte, einen Schuss in den Kopf erhielt. Host Wessel starb am 23. Februar 1930 an den Nachwirkungen der Verletzung - letztendlich an einer Sepsis.

Goebbels besuchte die Mutter, deren einer Sohn Werner - auch SA-Mitglied - Ende Dezember 1929 nach einer Skitour im Riesengebirge erfror. Dann fährt er ins Krankenhaus in Friedrichshain, sieht das zerschossene Gesicht des Parteifreundes und hört ihn sprechen - man müsse aushalten.
Den Besuch in der Klinik nutzt Goebbels für einen Propaganda-Artikel im 'Angriff' am 21. Januar 1930.

Neben Albrecht Höhler werden auch Erwin Rückert sowie weitere 16 Mittäter verhaftet. Im September 1930 begann der Prozess gegen die Attentäter, der mit Gefängnis- und Zuchthausstrafen endet.

Die Verteidigung von Angeklagten übernahm die später in der so genannten 'DDR' tätige Hilde Benjamin - auch als 'Rote Hilde' bekannt.
'Ali' Höhler holten SA Leute nach der Machtübernahme aus dem Gefängnis und töteten ihn auf bestialische Weise.

 

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Horst Wessel wird zur 'Heiligenfigur' der Bewegung - er werde in der Partei weiterleben und mit den Nationalsozialisten siegen - Goebbels treibt den Kult voran - schon die Trauer wird vom Gau 14 Tage lang zelebriert - eine Trauerfeier wird offiziell verboten, nur das Begräbnis darf am 1. März 1930 stattfinden.
Hitler kam nicht zur Beerdigung.

Der Weg zum Marien-Friedhof säumte dann doch eine große Zahl von Sympathisanten, KPD-Miglieder hielten dagegen, die am Friedhof ein Transparent anbringen ließen: Dem Zuhälter Wessel ein letztes 'Heil Hitler!'

Die Nazis standen an seinem Grab, nahmen seinen Geist mit 'in den lauten Tag' - dann am 20. Januar 1933 die Horst-Wessel-Parade am Bülow-Platz

Später gibt es immer wieder Diskussionen mit Mutter Wessel, die auch Hitler so sehr irritiert, dass er bei Rednerauftritten nur schwer überzeugen kann.
Sie fordert das von der Partei zur zweiten Hymne erhobene 'Horst-Wessel-Lied' für sich, will es privatisiert sehen.
Goebbels lehnt das kalt ab, das Lied gehöre der Nation, sie, die Mutter sei unausstehlich, sie verdiene diesen heldenhaften Jungen gar nicht.

Der Kult um Horst Wessel setzte sich nach der Wende fort, als Neonazis ihn für sich wiederbelebten, das Grab wurde zur Pilgerstätte.
Die Feier am Grab zum 70. Todestag Horst Wessels wurde verboten - ein Aufgebot von 500 Menschen konnte nicht geduldet werden. Gegendemonstrationen führten zum Beschmieren des Grabsteins, der erst im Jahr 2013 entfernt wurde.
 

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Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
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Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
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Dieter Hansing