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04.01.2010 - dradio.de

 

 

 

Thema des Tages

Helene Weigel

 

  ... am 12. Mai 1900 geboren

1929 gab sie Kurse in Sprech- und Atemtechnik an der marxistischen Arbeiterschule in den Räumen eines Fabrikgebäudes in Berlin-Kreuzberg.
Die Gruppe gefiel ihr selber so gut, dass sie meinte, auch Brecht, mit dem sie verheiratet ist, müsste die jungen Leute kennenlernen. Auch Hanns Eisler vertrat die Meinung, doch Brecht war nicht interessiert.

1931 wurde eine Brecht-Revue vorbereitet, die sich die Reichtagswahlen vom September 1930 zum Thema wählte.
Diese von den Nazis so genannte 'demokratische Veranstaltung' hatte zum Ergebnis, dass Hitler mehr als die Hälfte der Stimmen aus dem Lager der Mittelschicht, der durch nach dem Ersten Weltkrieg veramten Handwerker, Bauern und Angesellten erhielt.

Gerade diese Gruppe von Wählern wollte die Weigel aufrütteln und den Leuten zeigen, dass eine Einheitsfront gegen die Nazis gebildet werden müsse. Lieder wie 'Die Ballade vom §218', 'Das Solidaritätslied' und 'Das Lied vom SA-Mann' steuerte Brecht bei. Die Kompositionen stammten von Kurt Weill, Friedrich Hollaender, Hanns Eisler.

Vorgetragen wurden sie unter Kontrolle der Polizei von Laien wie von Berufsschauspielern wie Lotte Lenya, Ernst Busch, Helene Weigel und der Tänzerin Valeska Gert unter dem Titel 'Wir sind ja soooo zufrieden' nur viermal in Räumen über die Stadt verteilt, aber mit bis zu 1200 Zuschauern, wie am 17. November 1931 im Berliner Bachsaal in der Lützowstraße 76.

Trotz politischer Repressalien spielte man weiter.

Die Kontrollbehörden schoben allerlei Hinderungsgründe vor, die sich den Abend über permanent veränderten, so dass die Vorstellung nur schleppend voranging.

Mal sollten die Darsteller nicht spielen, sondern nur sprechen - dann wurden zuviel Gänge und Gesten gemacht, die aus feuerpolizeilichen Gründen abgelehnt wurden. Dann setzten sich die Vortragenden vor den Vorhang und lasen das Stück. Auch das war noch zu viel - die Veranstaltung war zwar genehmigt, sollte aber doch nicht stattfinden.

 

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'Die Mutter' sollte in Moabit gegeben werden, die Weigel in der Hauptrolle, neben ihr als Pelagea Wlassowa - Margarete Steffin.

Diese Margarete Steffin war eine der vielen amourösen Seitenarabesken der Ehe Brecht / Weigel, unter der die Weigel litt.
Aber es war nicht die einzige Frau, die seinem Charme verfiel - obwohl Brecht wahrlich nicht schön war, schüchtern und dazu noch ungepflegt wirkte. Irgendetwas musste an ihm dran sein, dass es auch noch eine Elisabeth Hauptmann, eine Ruth Berlau geben konnte, die als 'Entourage' mit auf der Flucht vor den Nazis durch Europa zogen.

Es ist zu bewundern wie Helene Weigel diese Kränkungen über Jahre aushielt und zu Brecht stand, auf sich lud, Kinder aufzuziehen, Häuser/Wohnungen einzurichten und wieder weiterzuziehen über Land und Meer und auf der Bühne zu stehen, um Bertolt Brecht zu propagieren und letztlich durchzusetzen.

 

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik
um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung -
Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing