Diesen Satz sagt DDR-Staats-
und Parteichef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 in einer
Pressekonferenz. Zwei Monate später ist die Berliner Mauer
gebaut – und Ulbricht steht als einer der größten Lügner der
Geschichte da. Was Ulbricht zu dem Satz verleitet hat, weiß bis
heute niemand.
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Mauerbau
erfolgte zwei Monate nach dem Dementi
Foto:
REGIERUNGonline
Fest steht, dass Ulbricht die
offene Grenze zwischen dem West- und dem Ostteil Berlins nicht
länger akzeptieren wollte. Schon Wochen zuvor hatte er den
sowjetischen Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow gedrängt,
eine Lösung für das Berlin-Problem zu finden.
Für Ulbricht bestand es vor allem darin, dass jeden Monat Tausende
Menschen über Berlin in den freien Westen flohen – darunter viele
Facharbeiter und Akademiker. Zudem arbeiteten 50.000 Ost-Berliner
im Westteil der Stadt; sie konnten mit der D-Mark ein weit
besseres Leben führen als die große Mehrheit im Osten. Die D-Mark
war etwa viermal so viel wert wie die Mark der DDR.
Moskau hatte andere Interessen
Chruschtschow hatte
jedoch ganz andere Pläne als Ulbricht. Schon 1958 hatte
Chruschtschow den Abzug der Westalliierten aus West-Berlin
verlangt. Sonst, so der Sowjetführer, werde sein Land mit der DDR
einen separaten Friedensvertrag schließen und ihr alle
Kontrollrechte übertragen. Das hätte bedeutet: auch die Kontrolle
über die Zugangswege nach West-Berlin. Damit hätte die Sowjetunion
erreicht, was ihr mit der Berlin-Blockade 1948/49 misslungen war:
West-Berlin von seinen Lebensadern abzuschneiden.
Die USA, Frankreich und Großbritannien gingen 1958 nicht auf
dieses Ultimatum ein. Doch Chruschtschow blieb stur. Am 4. Juni
1961 wiederholte er seine Forderungen gegenüber dem amerikanischen
Präsidenten John F. Kennedy beim Gipfeltreffen in Wien. Ganz
Berlin liege auf dem Territorium der DDR, behauptete
Chruschtschow. Was allerdings nicht der Rechtslage entsprach: Denn
danach trugen die vier Siegermächte des Zweiten Weltkriegs nach
wie vor Verantwortung für ganz Berlin - zehn Jahre später hat das
Berlin-Abkommen diese Rechtsposition übrigens bestätigt.
1961 wollte Chruschtschow die Westalliierten noch raus haben aus
West-Berlin – und die Westsektoren zu einer neutralen Stadt
erklären. Ohne die Anbindung an den Westen hätten Moskau und
Ost-Berlin leichtes Spiel gehabt, den Westteil unter ihre
Kontrolle zu bringen.
Wer Ulbrichts Einlassung bei der Pressekonferenz im Juni 1961
vollständig und genau liest, stellt fest, dass der ostdeutsche
Staats- und Parteichef zu dieser Zeit noch auf Chruschtschows
Linie lag.
Westalliierte schützen Freiheit West-Berlins
Auf dem Höhepunkt des
Kalten Krieges blieben die Westalliierten jedoch standhaft. Sie
sahen zwar keine Möglichkeit, freie Wahlen in ganz Deutschland
durchzusetzen und Deutschland eine Wiedervereinigung unter
freiheitlichen Vorzeichen zu ermöglichen. Aber sie beharrten auf
ihren Rechten in Berlin – und schützten damit die Freiheit der
West-Berliner.
Nachdem Chruschtschows Plan erneut gescheitert war, erhielt
Ulbricht von seinem sowjetischen Genossen am 3. August 1961 die
Genehmigung, die Grenze zwischen Ost- und West-Berlin zu
schließen. Für den sowjetischen Staats- und Parteichef bedeutete
das, bei Licht betrachtet, eine Niederlage, denn er musste die
Anwesenheit der Westalliierten in West-Berlin nun auf Dauer
hinnehmen. In den folgenden Jahren kam es in der Tat nicht mehr zu
einer Wiederholung des Chruschtschow-Ultimatums.
28 Jahre geteilt
Die schmerzlichsten
Folgen hatte der Mauerbau jedoch für die Menschen in Ost-Berlin
und der DDR. Denn sie hatten nun kein „Schlupfloch“ mehr nach
Westen. Und wer über die Mauer oder die innerdeutsche Grenze
fliehen wollte, musste damit rechnen, erschossen zu werden. Dass
es den „Schießbefehl“ tatsächlich gab, ist seit einigen Jahren
auch schriftlich belegt. Rund 1.000 Menschen haben bei
Fluchtversuchen ihr Leben gelassen.
Erst die Friedliche Revolution in der DDR 1989 brachte die Mauer
wieder zu Fall – und beendete die SED-Diktatur.