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... am 22. Mai 1872 gelegt
Journalisten waren garnicht erst geladen worden, Anfragen hatte Wagner
abschlägig beschieden.
Wer dann kam, konnte kaum untergebracht werden, die Kleinstadt in
Oberfranken war nicht auf Menschenmassen eingestellt.
Andere sagten ab - Mitwirkenden des Festkonzertes mit dem Kaisermarsch
und Beethovens 'Neunter' im Markgräflichen Opernhauses am Abend des
Festtages.
Hans Richter musste als Orchestermusiker einspringen, er war als
Triangelspieler, als zweiter Trompeter und als Pauker gefragt.
'Wir fahren zum Platz der Zusammenkunft,
dem Hause Feustel's hin, Regen, Regen, doch alles trotzdem heiter,
Ankunft des Telegramms des Königs, das mit in die Kapsel eingeschlossen
wird -
R, begibt sich dann auf den Festplatz, wo trotz des Regens zahllose
Menschen - auch Frauen - sich eingefunden, und legt den Grundstein.'
Cosima Wagner: Tagebücher
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Der König von Bayern hatte - obwohl er alles finanzierte - nur eine
Grußadresse gesandt, sie liegt im den Grundstein fest eingemauert.
'Als an jenem Maitage des Jahres 1872 der Grundstein auf der Anhöhe von
Bayreuth gelegt worden war, bei strömendem Regen und verfinstertem
Himmel, fuhr Wagner mit einigen von uns zur Stadt zurück; er schwieg und
sah dabei mit einem Blick lange in sich hinein, der m it einem Worte
nicht zu bezeichnen wäre. Er begann an diesem Tage sein sechzigstes
Lebensjahr: alles Bisherige war die Vorbereitung auf diesen Moment.'
Friedrich Nietzsche: Vierte unzeitgemäße Betrachtung
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Bei seiner Rede versprach Wagner der Festgemeinde:
'Soweit das künstlerische Vermögen reicht, soll Ihnen im szenischen wie
im mimischen Spiele das Vollendetste geboten werden.'
Hätte er geahnt, was heute seine Urenkelin den Zuschauern und Zuhörern
in Bayreuth bietet, hätte er mit Sicherheit von dem ganzen Unternehmen
'BT-Festspielhaus' Abstand genommen.
Nicht nur innen, sondern auch außen bröselt und bröckelt es.
Wann kommt er, der Vernichtungsschlag, mit dem Bayreuth zusammenkracht?
Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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