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04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Alfred Kerr

 


   ... am 25. Dezember 1876
geboren

Er war der schärfste Kritiker des Berliner Tagblatts, er entschied, wer, mit was, in welcher Rolle, in welchem Stück, mit welcher Darstellung Möglichkeiten hatte und damit befand er sich oft in einer gegensätzlichen Position zu Herbert Ihring.

Über Zuckmayers Theaterdebüt schrieb er, der werde 'niemals einen auf der Bühne sprechbaren Satz hervorbringen'.

Zuckmayer selber bezeichnete Kerr als einen Scharfschützen, der über Tod und Leben eines Dramatikers entscheide.

Kerr nannte Brecht ein 'zusammenhangloses Kleintalent'.
Seine Ablehnung gegenüber Brecht ging dann soweit, dass er eine Plagiatsdiskussion auslöste.
Der Text der 'Dreigroschenoper' beinhalte Originaltexte von François Villon. Der Übersetzer werde aber nicht genannt.

Brecht konterte, er habe tatsächlich 25 Texte der insgesamt 625 Verse des Stückes verwendet - er habe aber vergessen, den Übersetzer Karl Anton Klammer anzugeben und im Übrigen erkläre er das mit seiner grundsätzlichen Laxheit in Fragen geistigen Eigentums.

Als Brecht allerdings 1942 feststellen musste, dass eine gemeinsam mit Elisabeth Bergner entwickelte Story hinter seinem Rücken an ein Filmstudio für 35.000 Dollar verkauft worden war, fand er das dann ehrenrührig.

Max Brod führte aus, in seinen Kritiken fälle Kerr ebenso viele Fehlurteile wie Karl Kraus.

Kerrs Flucht ging als Jude bereits am 15. Februar 1933, also unmittelbar nach der Machtergreifung am 30. Januar 1933, über Prag, Wien, Zürich nach Paris.

Ab 1935 lebte er in London und war für die BBC tätig, agitierte per Radio gegen Nazi-Deutschland.


 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing