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04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Arturo Toscanini

 


   ... am 25. März 1867 geboren

Nach einem Cello-Studium und Einsatz im Orchester während einer Süd-Amerika-Tournee wurde er als 19-Jähriger überraschend gebeten, für den erkrankten Dirigenten einzuspringen und eine Vorstellung der 'Aida' zu dirigieren.

Nach der Rückkehr nach Italien widmete er sich dem Ausbau seiner Dirigier-Erfahrungen
während mehrerer Theater-Spielzeiten.
In Mailands Teatro Dal Verme dirigierte er 1892 die Uraufführung von Leoncavallo’s 'Pagliacci'.

Drei Jahre später wurde der zum künstlerischen Leiter des Teatro Regio in Turin ernannt, wo er die Uraufführung von Puccini’s La Boheme, die erste italienische Aufführung von Wagner’s 'Götterdämmerung' und die erste lokale Aufführung von 'Tristan und Isolde' dirigierte.


An der Mailänder Scala, an der er von 1898 bis 1903 und von 1906 bis 1908 engagiert war, leitete er die ersten italienischen Aufführungen von Wagner’s 'Siegfried', Tchaikovsky’s 'Eugene Onegin', Strauss’s 'Salome', Debussy’s 'Pelléas et Mélisande'.


Er begann sein Engagement in Mailand mit 'Meistersinger' und wurde von der Öffentlichkeit attackiert, als habe man nicht genügend Opern in Italien, die man zu einem solchen Anlass aufführen könne. Mascagni, Puccini kritisierten dieses Wagner-Programm - Heinrich Porges dagegen fand die Wiedergabe zwar von jugendlichen Urarten durchsetzt, aber mit optimaler Ausschöpfung der Details.
Eugen d'Albert - auch bei der Meistersinger-Vorstellung an der Scala zugegen, meinte, Toscanini habe das Werk zu geschwind durchlaufen lassen.
Das Publikum war begeistert und forderte Dacapos für die Stolzing-Arien.
1899 besuchte Toscanini die Bayreuther Festspiele und erlebte dort die 'Meistersinger' unter Hans Richter. Mit dem auch anwesenden Edward Elgar diskutierte man Fragen der Werktreue - er habe eingesehen, dass seine bisherigen Dirigate der Werke Wagners unter zu geringer innerer Beteiligung gelitten hätten.

Schon in der Mitte der 20-er Jahre war Toscanini mit dem Faschismus in Italien konfrontiert worden - er verließ Italien und wurde Leiter des New Yorker Philharmonic Orchestra, reiste mit dem Orchester und wurde wegen der Qualität seiner Dirigate gerühmt.

1929 gab er einen Empfang im Adlon, zu dem tout Berlin von Eleonora von Mendelssohn, der Tochter es Bankiers Robert von Mendelssohn, eingeladen worden war - ausdrücklich unerwünscht waren Personen, die dem Dirigenten Furtwängler nahe standen. Dieser hatte Toscanini einen 'Pedanten' und 'Schulmeister' genannt.
Als Furtwängler die stellvertretende Leitung der Reichsmusikkammer niederlegte und ernsthaft erwog, in die USA zu gehen, widersetzte sich Toscanini diesem Gedanken, als er drohte New York zu verlassen, wenn Furtwängler als ein den Nationalsozialisten Nahestehender nach Amerika käme.


1930 leitete er die Vorstellungen von 'Tristan und Isolde' mit Lauritz Melchior, Nanny Larsen-Todsen, Alexander Kipnis, Rudolf Bockelmann bei den Bayreuther Festspielen.

Damals war man in Bayreuth noch verbunden mit der Zeit, die von Richard Wagner herüberreichte, gerade weil am 1. April 1930 Cosima Wagner hochbetagt und am 4. August 1930 der Sohn Siegfried in der Wagnerstadt gestorben war - letzterer mitten während der Festspiele.

Es gab am 8. August um 19.30 Uhr eine Trauerfeier im Festspielhaus, in der Reihenfolge der Programmpunkte erlebten die Trauergäste das 'Siegfriedidyll' unter der Leitung von Arturo Toscanini, Gedenkworte, gesprochen von Kammersänger Carl Braun, das Vorspiel zu 'Der Friedensengel', das Zwischenspiel aus 'Der Heidenkönig' beides Werke von Siegfried Wagner gespielt vom Festspielorchester unter der Leitung von Karl Elmendorff und abschließend den Trauermarsch aus der 'Götterdämmerung' unter der musikalischen Leitung von Dr. Karl Muck.

Und der duldete als musikalische Bayreuther Institution keinen Dirigenten neben sich. Doch 1929 bat Siegfried Wagner Arturo Toscanini in Bayreuth zu dirigieren - den neuen 'Tannhäuser' und eventuell den 'Tristan'.
Und der sagte zu, zum Entsetzten von Karl Muck.
Toscanini dirigierte den 'Tristan' mit italienischer Inspiration, nahm ihm so die Schwere - der 'Tannhäuser' gelang auch durch die publikumswirksame Inszenierung von Siegfried Wagner. Es war seine letzte.
1931 - Muck hatte abgesagt - Furtwängler dirigierte trotz der Aversionen Toscaninis in Bayreuth -  allerdings plante Toscanini, den Vertrag deswegen zurückzugeben.
Winifred Wagner überredete ihn, doch zu kommen - die Saison wurde aber vom Engagement Heinz Tietjens belastet, den der Dirigent mit italienischen Schimpfworten belegte, weil der überall - ohne eine verbriefte Order zu haben - herumschnüffle.

Nach Hitlers Machtübernahme kam Arturo Toscanini nicht mehr nach Bayreuth, wo er auch 'Parsifal' dirigieren sollte. Er sagte Hitler in einem persönlichen Schreiben ab. Statt seiner trat Richard Strauss ans Pult.

Er dirigierte auch bei den Salzburger Festspielen. Als sich der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich abzeichnete, beendete er die Mitarbeit dort.





 
 

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Dieter Hansing