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Aufnahmeprüfungen an Hochschulen
für Musik und Theater in Deutschland.
Hunderte von Bewerbern beim Schauspiel, etwas weniger Anwärter für die
Studiengänge 'Gesang' und 'Oper'.
Eignungsprüfung, Zwischenprüfung, Abschlussprüfung - jemand stellt sich
all’ dem – und wer prüft?
Wer entscheidet über Wohl und Wehe, wer sind die Fachkräfte, die Weichen
stellen einem Befähigungsnachweis vergeben vor und nach einem
Studiengang 'Gesang' an einer vom Steuerzahler finanzierten
Bildungseinrichtung?
Da gibt es Lehrende, die voll im Leben stehen, die als
Instrumentalsolisten ihren Part am Podium spielen, als Dirigenten im
Graben stehen, als Bühnenakteure die Praxis in den Unterricht bringen -
hier neben der Lehrtätigkeit noch den eigenen Haushalt managen und an einem
deutschen B-Haus schwere Partien wie 'Küsterin', 'Amme' und 'Pique Dame-Gräfin' singen - hin
und her reisen, sich zerreißen, um allem und allen gerecht zu werden.
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Da gibt es Bachelorstudiengänge und Masterstudiengänge, da sind
Musizierstunden und allerlei andere Möglichkeiten, sich auch
schon während des Studiums vor externem Publikum zu produzieren.
Leider muss der Abgesandte einer Agentur - man prüft im Vorfeld,
was sich an Hochschulen tut, wo ein Talent im Frühstadium
aufgespürt werden kann, das mal zum eigenen 'Stall' gehört und
das für den Markt gefördert wird - auf Hinweise verzichten, wer,
was in welchem Semester studiert und sich hier der
Öffentlichkeit zeigt.
Da wird das Papagena / Papageno-Duett geboten.
Ihr, nach Kloiber 'Soubrette' auch 'muntere Naive' nach Riemann,
steht da, die Arme hängen schlaff seitlich herab, als habe sie
niemals szenischen Unterricht erhalten.
Hinzu springt ein Papageno, von dem man nicht weiß, ist er
Schulmusiker oder will er Opernsänger werden, wie lange studiert
er schon?
Niemand gibt einen Hinweis.
Da wird mal ein Werkkonzert geboten – ’Zauberflöte - drei
Baritone sind beteiligt, einer stimmlich unbrauchbarer als der
andere - so wird das nie was!
Zwei nächtliche Königinnen, die eine leicht, die andere mit
schwerem Koloratursopran - ein Sarastro - noch ganz jung und
linkisch, stimmlich unausgereift, dennoch das kann was werden -
der andere mit stark ausgeprägtem ’Knödel’.
Wer bildet da wen aus?
Auf den ausliegenden Programmzetteln - mal gibt es einen, mal
keinen - steht mal Bachelor Abschlusskonzert, mal
BA-Abschlussprüfung - was ist was?
Ist das eins wie das andere?
Sind das offizielle Programminformationen oder schreibt die
jeder Prüfling für sich und legt sie dann für das Publikum aus
oder auch nicht?
Ein Tenor stellt sich vor - mit einem Programm zum
Bachelor-Abschluss 'Gesang'.
Nach den Statuten der Hochschule hatte er 8 Semester (heißt vier
Jahre) zur Verfügung, sich auf die ’B.Mus-Prüfung’
vorzubereiten.
Interessanterweise war der Studierende bereits Mitglied eines
gewissen Knabenchores, somit die Frage erlaubt sein muss:
- konnte der Studierende auf etwas aufbauen,
oder
- hatte er etwa etwas mitgebracht, das abtrainiert, somit
völlig neu angefangen, werden
musste?
Jetzt bekommt er - wenn er denn den Master für Oper noch
dranhängen darf - und was soll er sonst tun - zusätzlich vier
Semester Zeit.
Wer sah und hörte, was er bei der BA-Abschlussprüfung vorführte,
stellt sich die Frage, was ist dem noch wie beizubringen?
Da gibt es nichts mehr zu tun?
Aber kann man den jetzt fallen lassen?
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Die Ausbildungsstätten haben - wie die Theater - die Pflicht zur
Fürsorge und dürfen nicht darauf bedacht sein, die Klassen um
jeden Preis füllen zu wollen, damit die Studienzweige von den
Ministerien nicht wegen mangelnder Belegung gestrichen werden.
Eine Veranstaltung der HMTMH und der evangelischen Hochschulgemeinde am
5.11.2012
Sollen Plätze unbedingt belegt werden, führt das für Absolventen
unweigerlich in zeitliche oder permanente Arbeitslosigkeit,
wollen sie im studierten Fachbereich tätig werden.
Früher konnte man sich mit Tauf-, Hochzeits- oder Gruft-Mucken
über Wasser halten bzw. sprang von Engagement zu Engagement,
zwischenliegende Leerzeiten wurden durch die Arbeitslosenhilfe
abgedeckt.
Das geht heute nicht mehr.
In Baden-Württemberg sollen 500 Ausbildungsplätze und 50
Professorenstellen gestrichen werden, damit nicht weiterhin bei
musikalischen Studienrichtungen am Markt vorbei ausgebildet
wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Theater zunehmend
gut ausgebildete Europäer und Nichteuropäer verpflichten.
Die dann auch meist noch mit Stückverträgen, so dass ein über
Jahre bestehendes Ensemble nicht gebildet werden muss, Gagen
gering angesetzt und Sozialleistungen bei den Trägern der
Theater gespart werden können.
Ein Anfängervertrag für zwei Spielzeiten und was dann?
Verlängerung, Engagement in anderer Stadt?
Das klappt in den seltensten Fällen.
Dann wieder steht einer auf der Straße, weil bei
Aufnahmeprüfungen nicht deutlich genug gesiebt wird und Semester
- auf Teufel komm raus - belegt werden, die den Erhalt von
Studiengängen an Musikhochschulen sichern.
Thema_des_Tages_02_Maerz_2014_'Ausbildung_eines_Musikers'
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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