Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages:

28. Juli 2014

Nachwuchs

 
Aufnahmeprüfungen an Hochschulen für Musik und Theater in Deutschland.
Hunderte von Bewerbern beim Schauspiel, etwas weniger Anwärter für die Studiengänge 'Gesang' und 'Oper'.
 
Eignungsprüfung, Zwischenprüfung, Abschlussprüfung - jemand stellt sich all’ dem – und wer prüft?

Wer entscheidet über Wohl und Wehe, wer sind die Fachkräfte, die Weichen stellen einem Befähigungsnachweis vergeben vor und nach einem Studiengang 'Gesang' an einer vom Steuerzahler finanzierten Bildungseinrichtung?

Da gibt es Lehrende, die voll im Leben stehen, die als Instrumentalsolisten ihren Part am Podium spielen, als Dirigenten im Graben stehen, als Bühnenakteure die Praxis in den Unterricht bringen - hier neben der Lehrtätigkeit noch den eigenen Haushalt managen und an einem deutschen B-Haus schwere Partien wie 'Küsterin', 'Amme' und 'Pique Dame-Gräfin' singen - hin und her reisen, sich zerreißen, um allem und allen gerecht zu werden.

 

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Da gibt es Bachelorstudiengänge und Masterstudiengänge, da sind Musizierstunden und allerlei andere Möglichkeiten, sich auch schon während des Studiums vor externem Publikum zu produzieren.

Leider muss der Abgesandte einer Agentur - man prüft im Vorfeld, was sich an Hochschulen tut, wo ein Talent im Frühstadium aufgespürt werden kann, das mal zum eigenen 'Stall' gehört und das für den Markt gefördert wird - auf Hinweise verzichten, wer, was in welchem Semester studiert und sich hier der Öffentlichkeit zeigt.

Da wird das Papagena / Papageno-Duett geboten.
Ihr, nach Kloiber 'Soubrette' auch 'muntere Naive' nach Riemann, steht da, die Arme hängen schlaff seitlich herab, als habe sie niemals szenischen Unterricht erhalten.
Hinzu springt ein Papageno, von dem man nicht weiß, ist er Schulmusiker oder will er Opernsänger werden, wie lange studiert er schon?
Niemand gibt einen Hinweis.

Da wird mal ein Werkkonzert geboten – ’Zauberflöte - drei Baritone sind beteiligt, einer stimmlich unbrauchbarer als der andere - so wird das nie was!

Zwei nächtliche Königinnen, die eine leicht, die andere mit schwerem Koloratursopran - ein Sarastro - noch ganz jung und linkisch, stimmlich unausgereift, dennoch das kann was werden - der andere mit stark ausgeprägtem ’Knödel’.
Wer bildet da wen aus?

Auf den ausliegenden Programmzetteln - mal gibt es einen, mal keinen - steht mal Bachelor Abschlusskonzert, mal BA-Abschlussprüfung - was ist was?
Ist das eins wie das andere?
Sind das offizielle Programminformationen oder schreibt die jeder Prüfling für sich und legt sie dann für das Publikum aus oder auch nicht?

Ein Tenor stellt sich vor - mit einem Programm zum Bachelor-Abschluss 'Gesang'.
Nach den Statuten der Hochschule hatte er 8 Semester (heißt vier Jahre) zur Verfügung, sich auf die ’B.Mus-Prüfung’ vorzubereiten.

Interessanterweise war der Studierende bereits Mitglied eines gewissen Knabenchores, somit die Frage erlaubt sein muss:

- konnte der Studierende auf etwas aufbauen,
oder
- hatte er etwa etwas mitgebracht, das abtrainiert, somit
  völlig neu angefangen, werden musste?

Jetzt bekommt er - wenn er denn den Master für Oper noch dranhängen darf - und was soll er sonst tun - zusätzlich vier Semester Zeit.
Wer sah und hörte, was er bei der BA-Abschlussprüfung vorführte, stellt sich die Frage, was ist dem noch wie beizubringen?
Da gibt es nichts mehr zu tun?
Aber kann man den jetzt fallen lassen?
 

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Die Ausbildungsstätten haben - wie die Theater - die Pflicht zur Fürsorge und dürfen nicht darauf bedacht sein, die Klassen um jeden Preis füllen zu wollen, damit die Studienzweige von den Ministerien nicht wegen mangelnder Belegung gestrichen werden.

Eine Veranstaltung der HMTMH und der evangelischen Hochschulgemeinde am 5.11.2012

Sollen Plätze unbedingt belegt werden, führt das für Absolventen unweigerlich in zeitliche oder permanente Arbeitslosigkeit, wollen sie im studierten Fachbereich tätig werden.

Früher konnte man sich mit Tauf-, Hochzeits- oder Gruft-Mucken über Wasser halten bzw. sprang von Engagement zu Engagement, zwischenliegende Leerzeiten wurden durch die Arbeitslosenhilfe abgedeckt.
Das geht heute nicht mehr.

In Baden-Württemberg sollen 500 Ausbildungsplätze und 50 Professorenstellen gestrichen werden, damit nicht weiterhin bei musikalischen Studienrichtungen am Markt vorbei ausgebildet wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Theater zunehmend gut ausgebildete Europäer und Nichteuropäer verpflichten.
Die dann auch meist noch mit Stückverträgen, so dass ein über Jahre bestehendes Ensemble nicht gebildet werden muss, Gagen gering angesetzt und Sozialleistungen bei den Trägern der Theater gespart werden können.

Ein Anfängervertrag für zwei Spielzeiten und was dann? Verlängerung, Engagement in anderer Stadt?
Das klappt in den seltensten Fällen.

Dann wieder steht einer auf der Straße, weil bei Aufnahmeprüfungen nicht deutlich genug gesiebt wird und Semester - auf Teufel komm raus -  belegt werden, die den Erhalt von Studiengängen an Musikhochschulen sichern.

Thema_des_Tages_02_Maerz_2014_'Ausbildung_eines_Musikers'

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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