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zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 

 

 

Thema des Tages


Flucht aus Deutschland ...


    ... am 28. Februar 1933

Am Vorabend hatte der Reichstag in Berlin gebrannt.

Ein Holländer, Marinus van der Lubbe, wurde im Gebäude gefunden, verhaftet und der Brandstiftung bezichtigt.

Göring sah die Chance, den Vorgang als Verschwörung zu deklarieren, da an verschiedenen Stellen im Haus Brandherde entdeckt wurden. Es konnte also kaum von einem Einzelnen das Entfachen dieses Großbrandes in Gang gesetzt worden sein.

Von den Nazis wurden die Kommunisten verantwortlich gemacht.
 

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Die Veränderungen im täglichen Leben hatten sich schon vorher abgezeichnet. Seit die NSDAP im Juli 1932 die Zahl ihrer Mandate im Reichstag verdoppeln konnte und mit 230 Abgeordneten in den Reichstag einzog, kam es häufig von Seiten der NS-Partei zu Übergriffen auf Intellektuelle und Künstler - meist jüdischer Herkunft.

Viele erkannten jetzt nach dem Brand des Reichstags - und besonders in der Folgezeit - die Notwendigkeit, sich nach Domizilen im Ausland umzusehen und Dokumente, Manuskripte, Entwürfe in Sicherheit zu bringen.

Denn Theatervorstellungen wurden gestört, im Kabarett die Akteure attackiert, man werde die Verunglimpfungen nicht vergessen und am Tag der Abrechnung wieder erscheinen.
Auch ein Vortragsabend der Weigel mit Brecht-Eisler 'Wiegenlieder' wurde angepöbelt und musste abgebrochen werden.
Man verbot die Produktion von Brechts 'Maßnahme' in Erfurt.

Wie Elisabeth Bergner erhielten Intellektuelle und Künstler plötzlich aus der Luft gegriffene überhöhte Steuerforderungen, um sie aus dem Land zu drängen und ihr Vermögen zu konfiszieren.
 

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Unter den verschärften politischen Umständen - die Machtergreifung war am 30. Januar 1933 erfolgt, Hitler war Reichskanzler - gerieten besonders Kommunisten unter erheblichen Druck.

'Der Führer', der sich am 27. Februar 1933 bei Goebbels zum Abendessen aufgehalten hatte, kam zum Brandort und verkündete, es gäbe nun kein Erbarmen mehr, es werde abgerechnet.
Wer sich den Nazis in den Weg stelle, werde von ihnen niedergemacht.
Jeder kommunistische Funktionär werde erschossen, kommunistische Abgeordnete müssten noch in der Nacht aufgehängt werden.
Eine rücksichtslose Auseinandersetzung mit dem Kommunisten sei dringend geboten.


 

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Helene Weigel war seit 1930 Mitglied der KPD, somit äußerst gefährdet, Brecht als Kulturbolschewist abgestempelt und verunglimpft.

Sie fuhr am 28. Februar 1933, am Tag nach dem Brand, ins Krankenhaus, wo Brecht nach einer Blinddarmentzündung noch als Rekonvaleszent lag.

Auf ihre Frage, was nun zu tun sei, soll er geantwortet haben: 'Raus, nichts wie raus!'

Das Krankenhaus verließen beide unmittelbar danach und kamen bei Suhrkamps in deren Wohnung unter, um der unmittelbaren Gefahr einer möglichen Festnahme zu entgehen und dann noch in der Nacht mit dem Zug nach Prag auszureisen.
Schon tags darauf durchsuchten die Nazis die Berliner Wohnungen der Brechts.

Elisabeth Hauptmann blieb noch in Berlin, um zu retten, was nicht von den Nazis weggeschleppt wurde.

Die Emigration der Brechts endete erst ab 1947 im Rahmen der McCarthy-Kommunistenverfolgung in den USA.
Helene Weigel und Bert Brecht kehrten nach Deutschland zurück und gründeten 1948 das 'Berliner Ensemble'.

Durch Vermittlung von Gottfried von Einem, der von Brecht einen neuen 'Jedermann' für die Salzburger Festspiele wollte, erhielt Brecht einen österreichischen Pass. Als der 'Handel' in der Presse ruchbar wurde, musste von Einem aus dem Direktorium der Salzburger Festspiele ausscheiden.
Wegen des Passes nun nach Salzburg zu gehen, kam für Brecht nicht in Frage.

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing

 

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