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zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Otto Dietrich

   
  ... am 31. August 1897 geboren 

In der auf fünf Bände gekürzten Ausgabe der Goebbels'schen Tagebücher, vom Piper-Verlag veröffentlicht, erscheint der NS-Pressechef mit 60 Einträgen.
Er, der ewige Kontrahent des Reichspropagandaministers.

Am 21. Oktober 1936 vermerkte der im Tagebuch:
'Er kann nichts, er leistet nichts!'

Dabei studierte Otto Dietrich Staatswissenschaften und promovierte zum Dr. rer. pol., war lange Jahre bei diversen Zeitungsverlagen tätig, trat der NSDAP bei und kam 1931 in die unmittelbare Nähe zu Hitler, der ihn zum Reichspressechef ernannte.

 

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Erst am 31. März 1945 konnte Goebbels für den 30. März 1945 vermerken, dass der 'Führer' - unter dem Eindruck den Goebbels selbst vermittelt - Dr. Dietrich habe sich gegen die vom Propagandaministerium eingeleitete Beeinflussung des Volkes 'wie seinerzeit der Greuelpropaganda dem Bolschewismus gegenüber' entgegengestellt.

Da endlich entschloss sich der Führer 'stehenden Fußes dazu', Dr. Dietrich zu entlassen und durch Heinz Lorenz, dem stellvertretende Pressechef, zu ersetzen.

 

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Am 9. Oktober 1941 verkündete Dietrich vor den versammelten Korrespondenten der Weltpresse in Berlin den Krieg gegen die Sowjetunion für gewonnen.

Eine völlige Fehleinschätzung der Lage, denn schon am 26. August 1941 hatte Hitler eine OKW-Denkschrift gebilligt, in der beschrieben wurde, der Krieg gegen die UDSSR könne im Jahr 1941 nicht mehr beendet werden.

Am 7. September notierte Goebbels, die militärische Entwicklung sei nicht so, wie man es sich gewünscht habe.
Es könne nicht damit getan sein, sich auf die Effektivität des Westfeldzugs zu berufen, um danach auch den Ostfeldzug durchzuführen. Für den müsse man sich schon was anderes einfallen lassen.

Und bereits Mitte Oktober 1941 geriet der Vormarsch auf die russische Hauptstadt ins Stocken, war dann am 5. Dezember 1941 zu Ende, so dass Hitler am 15. Januar 1942 den Rückzug befehlen musste.

Nach Meinung von Goebbels hätte sich Hitler schon Anfang Oktober 1941 sofort von Dietrich trennen müssen.

 

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1955 gab der Atlas-Verlag in Köln die Erinnerungen von Dr. Otto Dietrich unter dem Titel 'Zwölf Jahre mit Hitler' heraus, die er 1948, bevor die große Memoirenflut einsetzte, verfasste.
Er selber wollte nicht, dass dieser Rückblick zu seinen Lebzeiten erscheine, um nicht den Eindruck einer Selbstreinigung zu erwecken.

Bis Ende der 40er Jahre gab es nur Akten und sonstige schriftliche Zeugnisse, wie Verhandlungsunterlagen von Gerichten.
Die Berichte von Augenzeugen - wie die von Dr. Dietrich - erlaubten nun Ergänzungen zu schaffen, zu dem was in den Akten und auch was bis dahin noch nicht festgehalten wurde.

 

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Auch die Nähe zu Hitler enthob Dr. Dietrich nicht, Fehler in seinen Ausführungen zu machen.

So schreibt er auf Seite 178 seiner 12 Jahre mit Hitler:
Er, Hitler, habe in dem kleinen Städtchen Neumarkt in der Oberpfalz regelmäßig das Grab des dort geborenen Dietrich Eckart besucht.

Ein Fehler des Autors Dr. Dietrich:
Eckart starb in Berchtesgaden und wurde auch dort beerdigt.

Goebbels vermerkte für den 18. Juli 1926 während seines  Aufenthaltes in Berchtesgaden:
 

 
Ich stehe am Grabe Dietrich Eckarts. Ein breiter Hügel, mit Geranien und Vergissmeinnicht übersät. Darunter ... Eckart!

 


Hier ein weiterer Irrtum:

Hitler habe früher häufig die bayerischen Schlösser besucht, auch die Walhalla bei Regensburg,
die Ludwig II. erbaut habe, dem er sich innerlich verwandt fühlte und von dem er überzeugt war, dass er nicht in geistiger Umnachtung im Starnberger See Selbstmord beging, sondern ein Opfer seiner politisch-klerikalen Gegner wurde.

Richtig ist, dass Ludwig I. von Bayern die Walhalla erbauen ließ und am 18. Oktober 1842 eröffnete.

Der Märchenkönig wurde erst am 25. August 1845 geboren und war also 1842 noch garnicht am Leben.

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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