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04.01.2010 - dradio.de

 

 



Vor fünfundsiebzig Jahren

Thema des Tages


Vergeltung

Für den

5. Februar 1944

notierte Goebbels in seinem Tagebuch:
 

Zitat
[...]
Das Kirschkern-Programm der Luftwaffe ist wesentlich weiter. Aber auch hier haben wir noch eine gewisse Zeit zu warten, bis die Luftwaffe damit einsetzen kann. Wenn alles gutgeht, soll das Kirschkern-Programm Anfang und das A4-Programm Ende April in Tätigkeit treten.
Die Riesenartillerie, die Speer an der Atlantikküste aufbauen lässt, hat jetzt schon eine Schussweite von 100 km erreicht. Hiervon verspricht Speer sich außerordentlich viel, und dieses Projekt kann auch in absehbarere Zeit verwirklicht werden.
Jedenfalls muss man bei alledem feststellen, dass wir im Augenblick noch nicht soweit sind. Auch unsere Luftwaffenrüstung stockt an allen Ecken und Enden. Es wäre gut, wenn Speer sie, genau wie das U-Boot-Programm, in die Hände nähme. Aber das möchte man im Augenblick Göring und Milch nicht antun. Doch was heißt das angesichts der großen Notlage, in der wir uns gegenwärtig befinden.
[...]

Zitatende


Der zweite Weltkrieg begann mit dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen am 1. September 1939.

Im Zuge eines wenige Monate zuvor geschlossenen Beistandspakts hatten sich England und Frankreich dazu verpflichtet, Polen im Falle eines bewaffneten Konflikts militärisch beizustehen.

Diesmal würden die beiden Staaten sich nicht mehr mit Hitler auf einen Deal einlassen. Sie hatten zu lange zugesehen, wie der 'Führer' sein Machtpotential ausbaute, sich nicht an Absprachen hielt und Länder wie die Tschechei vereinnahmte.

Deutschland wurde daher am 3. September 1939 um 9 Uhr durch Übergabe eines entsprechenden Papiers durch den britischen Botschafter Henderson an den deutschen Chefdolmetscher Dr. Paul Schmidt im Außenministerium ein Ultimatum gestellt, bis 11 Uhr britischer Sommerzeit am gleichen Tag, sämtliche Truppen aus Polen abzuziehen. Sollte dies nicht der Fall sein, bestehe ab diesem Zeitpunkt der Kriegszustand zwischen Großbritannien und Deutschland.

Das Papier wurde Hitler in der Reichskanzlei übergeben, der fragte den Außenminister Ribbentrop:
"Was nun?"

Der wiederum antwortete ratlos, er nehme an, dass wenige Stunden später, gegen 17.00 Uhr, Frankreich folgen werde.

Und so kam es.

Es folgten später auf Druck Londons weitere Kriegserklärungen von Australien, Neuseeland, dann auch von der Südafrikanischen Union, Nepal, Bahrain, Oman und Kanada.
 

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Aber weder England noch Frankreich eilten Polen zu Hilfe. Sie sahen zu, wie Nazi-Deutschland den östlichen Nachbarn vernichtete, so dass Warschau schon am 28. September 1939 kapitulierte.
 
Frankreich fühlte sich nicht imstande, Krieg gegen Deutschland zu führen und England zögerte, Truppen auf den Kontinent nach Frankreich zu entsenden.

Diese 'Pause' nutzte Nazi-Deutschland, aufzurüsten und Truppen, die in Polen nicht mehr 'gebraucht' wurden an die Westgrenze zu verlegen.

Man stand sich gegenüber, kämpfte aber nicht.

Der Frankreich-Angriffsplan Hitlers - für den November 1939 vorgesehen - wurde immer wieder verschoben.

Sein Operationsplan 'Sichelschnitt', der Angriff auf Frankreich über die neutralen Niederlande und Belgien, werde nach dem zu erwartenden Vorrücken französischer und britischer Truppen nach Belgien dazu führen, dass die Heeresgruppe A durch die dicht bewaldeten Ardennen bis zur französischen Kanalküste vorstoßen könne.

Der Plan ging auf.

Am 17. Juni 1940 unterbreitete der französische Ministerpräsident Henri Philippe Pétain angesichts der aussichtslosen militärischen Lage Deutschland ein Waffenstillstandsangebot. Zuvor hatte die französische Führung vergeblich versucht, die USA zu einem Kriegseintritt an der Seite der Alliierten zu bewegen.

 

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Durch die deutsche Truppenführung waren die britischen Verbände, die dann doch auf dem Kontinent abgesetzt worden waren, um Dünkirchen eingeschlossen, konnten aber nach England zurückgezogen werden.

Hitler ließ nun Pläne für eine Invasion der britischen Insel ausarbeiten, die aber nicht durchführbar waren. Die britische Marine war zu stark, die eigenen Boote waren mit der Besetzung Norwegens beschäftigt, die deutsche Luftwaffe führte zwar Flächenbombardements durch, konnte aber eine Lufthoheit über England nicht herstellen, die für eine Invasion notwendig gewesen wäre.
Das Unternehmen Seelöwe wurde im Herbst 1940 abgebrochen, Hitler konzentrierte sich wieder auf den Lebensraum im Osten.
 

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Im Verlauf des Krieges vermehren sich ab Beginn 1942 die Angriffe der Alliierten auf das Gebiet des Deutschen Reichs. Vornehmlich ging es darum, Industrieanlagen und kriegswichtige Firmen zu zerstören, die Briten scheuten sich aber nicht, auch die deutschen Zivilbevölkerung zu treffen.

Einer der ersten Luftangriffe erfolgte am 11. Juni 1940 nachts gegen 1.15 Uhr. Hierbei wurde durch Bombentreffer kurzzeitig die Bahnstrecke zwischen Rostock und Warnemünde unterbrochen. Menschen kamen nicht zu Schaden.

Einer der großen Angriffe erfolgte am 29. März 1942
bei dem etwa 400 Tonnen Bomben von
234 Vickers Wellington- und Stirling Bomber-Flugzeugen über Lübeck abgeworfen wurden. Zwei Drittel davon waren etwa 25.000 Brandbomben, die verheerende Feuer auslösten und die Innenstadt verwüsteten.

Die größten und folgenschwersten Angriffe erfolgten vom 24. Juli bis 3. August 1943 auf Hamburg, denen schätzungsweise 34.000 Menschen zum Opfer fielen. 

Die Angriffe, zunächst nachts durchgeführt, wurden dann auch tagsüber geflogen, als die Amerikaner in den Krieg eingriffen.
Möglichkeiten, die Angriffe abzuwehren, bestanden für das Nazi-Regime kaum. Die Flak war zu schwach, hunderte anfliegender Flugzeuge in Schach zu halten.

So kam es auf deutscher Seite zur Entwicklung von Waffensystemen, die die
- Kampffliegerwaffe entlasten,
- fliegendes Personal einsparen und
- teure Bombenflugzeuge durch billigere Flugbomben ersetzen sollte, somit die Zahl der gefährlichen Anflüge auf die britische Insel mit fliegendem Personal reduzierten.

Eines davon die düsengetriebene Flugbombe V1, die unter dem Decknamen 'Kirschkern' Mitte 1942 in das 'Vulkanprogramm' der Luftwaffe, das alle Raketenentwicklungen umfasste, aufgenommen worden war.

Hitler wollte mit der Flugbombe Terrorangriffe gegen englische Städte fliegen lassen, die auf erfolgreichen Tests im Juli 1943 bis in das Jahr 1944 hinein, beruhten.
Immerhin verließen 1.700 - im Mai 1944 2.500 - Flugbomben die Fließbänder, so dass Hitler bestimmte, der Einsatz der V1 solle endgültig ab Mitte Juni 1944 erfolgen.

Der Grund für die beschleunigte Inangriffnahme dieses V1-Flugbombenprojektes war die starke Verzögerung der Entwicklung der A4-Raketenbombe.

Zu diesem Themenkomplex notierte Goebbels ebenfalls am 5. Februar 1944:
 

Zitat
[...]
Das A4-Programm stockt immer noch. Wir sind in unseren Erprobungen immer noch nicht recht weitergekommen. Es sind wiederum fünf Schüsse abgegeben worden; aber die Sache hat nicht richtig geklappt. Trotzdem läuft die Produktion weiter. Speer glaubt, wenigstens bis Ende Februar einen genauen Termin angeben zu können, wann das A4-Programm praktisch in Tätigkeit treten kann.
[...]

Zitatende


Quellen:
http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Waffen/Fi103.htm

https://www.bernd-leitenberger.de/a4.shtml
 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
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Dieter Hansing