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zum Spielplan Theater Regensburg
Geht es nach der neuen Leitung des Theaters Regensburg, tut es für Regensburg auch B-Ware. Wozu sich Neues ausdenken? Mit einem Aufguss aus Radebeul eröffnet das Musiktheater. Mit ‘Der Prozess‘ von Gottfried von Einem nach Franz Kafka. Einer Literaturoper aus den 1950er-Jahren, die reichlich Staub angesetzt hat, ein eklektizistischer Stilmix, der „die unter die Haut gehende Sogwirkung von Kafkas Text nicht von fern erreicht“ (Bernhard Neuhoff, BR). Für Inszenierung, Ausstattung und Lichtdesign zeichnet der Intendant obendrein verantwortlich. Als Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner sowie Lichtdesigner fungiert der Intendant und Operndirektor dann noch einmal bei der Musical-Revue ‘Putting it Together‘. Bei der Oper mit dem Titel ‘1984‘ von Lorin Maazel, die 2005 in Covent Garden uraufgeführt und vom Fachpublikum geradezu zerrissen wurde, zum dritten Mal als Regisseur, Kostümbildner und Lichtdesigner. Man fragt sich, warum dirigiert er nicht auch noch all diese Produktionen? Denn: Auf einen Generalmusikdirektor konnte man sich noch nicht verständigen. • Chefdramaturg Ronny Scholz setzt den Regensburgern seine ‘aufgewärmte‘ Inszenierung der Comic Operetta ‘Candide‘ von Leonard Bernstein vor, nachdem sie 2021 in Münster zu sehen war. Die Solo-Tanzperformance ‘I play d(e)ad‘ des neuen Leiters der Tanzcompany und Chefchoreografen Wagner Moreira stammt ursprünglich aus Görlitz und von 2017. Für Regensburg taugt’s! Das hat sich offensichtlich auch der Verwaltungsrat des Theaters Regensburg gedacht, der vor zwei Jahren über die „Personalberatung Kulturexperten Dr. Scheytt GmbH*)“ den neuen Intendanten suchen ließ. Obwohl nahezu wieder unter Normalbedingen gespielt werden kann, bleiben nicht nur ältere Besucher in immer größerer Zahl den Theatern fern, das Publikum zögert, die Ränge sind weiterhin lückenhaft besetzt. Man weiß nicht, ist angesichts der aktuellen Lage der Regensburger Theaterspielplan für die Saison 2022/23 mit (zu) vielen Produktionen abseits des klassischen Kanons wagemutig oder schlichtweg unbedacht. Gar fahrlässig? Vieles bleibt vage. Ob Pop-up-Theater im Stadtraum und Darbietungen in Leerstands-Immobilien dazu geeignet sind, auch langfristig die Reihen der Häuser am Bismarck- und Haidplatz zu füllen? Und wie lange lässt die Sanierung des Velodroms noch auf sich warten? Wie lange noch will man das Antoniushaus blockieren, das primär als Kulturzentrum für das Kasernenviertel gedacht ist? • Beim Spielzeitmotto ‘Wahrheiten‘ wird es ‘strange‘. Warum nicht gleich ‘Alternative Fakten‘? Als ob es verschiedene Wahrheiten gäbe! Es gibt nur eine (Singular!) Wahrheit, sie ist zwingende Voraussetzung für ein vernünftiges Zusammenleben. Wahrheit ist Wahrheit. Es gibt keine zwei Wahrheiten und auch keine halbe Wahrheit. Streiten kann man allenfalls darüber, wie die Wahrheit zu interpretieren ist. • „Wie du kommst gegangen, so
wirst du empfangen“, sagt das Sprichwort. Holpriger hätte der Start in eine
neue Ägide kaum sein können! Die zahlreichen Beendigungen von Engagements in
Dramaturgie, Musiktheater, Schauspiel und Tanz – egal, ob man das
Nichtverlängerung, Spezialmaßnahme oder Sonderoperation nennt, es ist in
jedem Fall ein Rausschmiss! – dürften dem neuen Intendanten länger
nachhängen als all seinen Vorgängern. Entlassungen, ohne das Ensemble auf
der Bühne gesehen oder gehört zu haben, ohne vorher ausreichend mit ihm
kommuniziert zu haben, das zeugt – zumal in Zeiten von Pandemie und
Inflation – nicht von Sozialkompetenz. Es mag rechtens sein, künstlerisches
Personal mit dem schlichten Verweis auf ‘Intendantenwechsel‘ zu entlassen,
gerecht ist es nicht! Der ‘Offene Brief‘, mit dem sich im Herbst 2021 das
Ensemble zu Wort meldete, die hohe Anzahl der Nichtverlängerungen und die
respektlose (Nicht)-Kommunikation kritisierte, hat Regensburg bundesweit in
die Schlagzeilen gebracht. Einige Punkte aus dem Papier haben Eingang in die
Fairness-Charta des ‘ensemble-netzwerk e. V. ‘ gefunden. Viele Publikumslieblinge werden nach guten Jahren mit Spitzenleistungen aus Regensburg vertrieben: das Tanzensemble, Anna Pisareva, Vera Semieniuk, David Markandeya Campling, Kristóf Gellén, Philipp Quest, Thomas Weber und viele weitere. Ihnen allen viel Glück und viel Erfolg! Möge Ihnen der Neustart andernorts gelingen und viele Traumrollen in Erfüllung gehen. • *) Sicher nur Zufall: Dr.
Oliver Scheytt ist Dozent des Studiengangs ‘Theater- und Musikmanagement‘
der LMU München, den 2020 sowohl Herr Ritschel als auch die künftige
Regensburger Schauspieldirektorin Antje Thoms belegt hatten. (https://www.theatermanagement.theaterwissenschaft.uni-muenchen.de/ Kommas sind grad aus! Claim zum Videotrailer zur Spielplanpräsentation 2022/23, Corporate Design: klein, laut
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Wie kommen die Menschen zurück ins Theater? © Getty Images / HAYKIRDI Birgit Mandel im Gespräch mit Janis El-Bira · 18.06.2022
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Kurz kommentiert
Man meint, mit ‘open house‘ die Leute wieder ins Theater locken zu können.
Man meint, mit Kooperationen, den Leuten das Theater schmackhaft machen zu
können.
Irrt man sich da nicht?
Schon in den 90ziger Jahren ging der damalige Intendant vom Theater Bremen,
Herr Bierwoss, eine Verbindung zum damaligen Trainer von Werder Bremen,
Herrn Rehhagel, ein.
Genutzt hat es nichts!
Es wäre besser, man hielte die Theater dazu an, die Stücke unverfälscht zu
spielen.
Wie man es eben nicht machen soll, zeigt die Produktion des Verdi’schen
Otello ganz in der Nachbarschaft unter der Geschäftsführung der Frau
Berman an der Niedersächsischen Staatsoper Hannover. Oder durch Frau Anders
am Schauspiel in Hannover mit Der zerbrochne Krug.
Dann erfüllten wenigstens diese beiden Häuser den Bildungsauftrag und zögen
nicht dem Steuerzahler unberechtigter Weise das Geld aus der Tasche.
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Zitat Oper kann
man jetzt endlich wieder ohne Maske, Test und Schlange genießen –
aber das Publikum zögert
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Zitat 14. Juni 2022, 16:07 Uhr Lesezeit: 2 min
Georg Nigl als Orfeo in romantischer Höllenlandschaft. (Foto: Michael Pöhn/Wiener Staatsoper) Regisseur Tim
Morris und Dirigent Heras-Casado verwursten in Wien Monteverdis
Sänger-Oper. Von Helmut Mauró Es ist
ein Abend voller Mitleid. Das gibt schon die Geschichte des antiken
Barden Orfeo vor, wie sie Claudio Monteverdi als große
Oper in Musik gesetzt hat.
Orfeos junge Frau Euridice stirbt an einem Schlangenbiss, der Gatte
ist untröstlich und will sie aus der Totenwelt zurückholen. Das
gelingt ihm nur kurz, die musikalische Klage darüber ist lang,
Monteverdi zieht alle musikalischen Register. |
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Kommentar
Im Fokus des Symposiums stand die Frage nach
möglichen Perspektiven der Wagner-Regie, die sich vor dem Hintergrund der
aktuellen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Situation in
einem zunehmenden Spannungsverhältnis zwischen historischem Werk,
Interpretation und Zuschauererwartung bewegt.
Sind tatsächlich durch die an oberster Stelle
per Grundgesetz von 1949 festgeschriebene ‘Freiheit der Kunst‘ Eingriffe in
Struktur, Text und Partitur eines Werks, dessen Schutz auf Urheberrecht
abgelaufen ist, in jeder Form hinzunehmen? Hiervon wird seit der Hans
Neuenfels’schen Aida in Frankfurt am Main im Jahr 1980 großzügig Gebrauch
gemacht.
Von der Bevölkerung wird das zumindest bedauert, wenn nicht abgelehnt.
Der Urheberschutz aber gilt gleichwohl für die geleistete Regiearbeit, wie
deutsche Gerichte wiederholt bestätigt haben. Opernregie – in Abgrenzung zum
theatralischen Kunsthandwerk oder -gewerbe wie bei zahlreichen
konfektionierten Musical-Produktionen – wird vom Gros des Publikums dann als
befriedigend und gelungen empfunden, wenn erkennbar wird, dass ein Regisseur
das Werk in Text, Musik und Gehalt durchdrungen hat, wenn die Inszenierung –
wie auch immer sie sich zeigt – konzeptionell und in der konkreten
Realisierung „schlüssig“ und „werkgetreu“ abgeschlossen ist. Das heißt
nicht, dass Regie museal zu arbeiten hat.
Genese und Rezeptionsgeschichte eines Werks sind aber zu berücksichtigen.
Oder dürfen Erwartungshaltungen in der Darstellung der Figuren - wie beim
‘Otello‘ in Hannover - gegen die Vorgaben der Autoren so gravierend
unterlaufen werden? Desdemona die Böse, Kalte, Berechnende und Otello, der
Gescheiterte, der von ihr Gequälte?
Wandeln sich Werte derart auf der Opernbühne?
Ist beim z.B. ‘Ins-heute-Gezerre‘ der Werke die Kunst nach Art. 5 Absatz 3
Grundgesetz (GG) tatsächlich so frei, dass sie nicht gefallen muss und dem
Werk sogar nicht dienen darf?
Angesichts des Fachkräftemangels an den
deutschen Theatern, der sich von Beleuchtungsabteilung, Theatermalerei,
Gewandmeisterei bis hinauf zu den Künstlerischen Betriebsbüros durchschlägt,
sind gewisse Standards vielfach nicht mehr gewährleistet. Ein Umstand, mit
dem auch die Opernregie und -ausstattung umzugehen hat. Vieles, was
wünschenswert ist, kann nicht mehr gewährleistet werden. Historische Kostüme
versteht kaum jemand mehr zu fertigen, man kauft in Bekleidungshäusern ein
und beschränkt Kostüme wie jetzt im Berliner ‘Ring‘ auf ‘Schiesser‘
Feinripp-Unterwäsche – oder war`s ‘Trigema‘?
Konsensual lässt sich aus allen Referaten, Vorträgen und
Diskussionsbeiträgen konstatieren, dass es einfach erforderlich ist:
Regisseure wissen um die Abläufe eines Opernbetriebs und bringen das
‘Handwerk‘ mit. Bei Engagements „fachfremder“ Regisseure (bildender
Künstler, Filmemacher, Schriftsteller etc.), die wegen zugkräftiger Namen
verpflichtet werden, kommt es erfahrungsgemäß immer wieder zu Friktionen,
die den ‘Betriebsablauf‘ stören, elementare Dinge der Opernregie wie
Sängerführung und etwa Lichtdesign laufen nicht selten im
‘Try-and-error-Verfahren‘ zeit- und ressourcenraubend ab.
Wie berichtete Klaus Florian Vogt am 3.8.2022 während des Symposiums in BT:
Der Regisseur ließ drei Wochen lang die Szene Sachs/Stolzing im dritten Akt
‘Meistersinger‘ im Bühnenhintergrund proben, wobei von Anfang an klar war,
dass die Sänger den Dirigenten nicht sehen konnten und dieser keinen Kontakt
zu den beiden Solisten hatte. Der Erfolg: Im letzten Moment wurde die Szene
nach vorne an den Rand des Grabens verlegt.
Ergo: Waste of time and waste of manpower.
Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung lässt Intendanten die freie
Wahl. Politik und öffentliche Hand aber müssen Änderungen am System der
finanziellen Zuwendungen vornehmen. Es darf auch nicht geschehen, dass aus
Unkenntnis oder politischem Entgegenkommen Intendanz-Planstellen mit
unqualifizierten Leuten besetzt werden und, um diese dann loszuwerden,
immense Abfindungen gezahlt werden müssen – siehe jetzt Trier, siehe jetzt
Karlsruhe.
Scheitern einer Opernproduktion – sogar sehenden Auges – sängerisch und
szenisch wie jetzt beim ‘Ring‘ in Bayreuth - darf nicht vorkommen. ‘Freiheit
der Kunst‘ hat ihre Grenzen.
Das gilt auch für ‘Katharina, die Grobe‘.
Gedanken zur
Zukunft der
Bayreuther Festspiele
Vorwort
Ständig sind die Gedanken eines Menschen in Bewegung. Freude kommt auf, wenn sich eine angenehme Erinnerung einstellt. Sich „Gedanken machen“, das hört sich schon so an, als müsse man etwas neu durchdenken, eine Veränderung planen, etwas bisher Gewohntes beiseitelegen, Zeit gewinnen usw. Wenn sich meine Gedanken, in denen die Kunstgattung Oper eine ganz große Rolle spielt, um das Werk Richard Wagners drehen, dann denke ich unwillkürlich an die Bayreuther Festspiele, an die ältesten Opernfestspiele der Welt, gegründet vom Komponisten Richard Wagner mit dem Ziel, in dem von ihm erbauten Opernhaus ausschließlich seine Werke aufzuführen. Sogar der Begriff Festspiele ist eine Wortschöpfung Wagners. Die Weiterführung dieser Festspiele über seinen Tod hinaus, sind das Verdienst seiner Nachfahren bis zu Wieland und Wolfgang Wagner. Spätestens seit 2007 habe ich allerdings Grund, mit großer Sorge an den Sinn und den Fortbestand der Bayreuther Festspiele zu denken, denn spätestens seit der „Meistersinger“-Inszenierung durch Katharina Wagner im Sommer des Jahres 2007 und dem plötzlichen Tod ihrer Mutter Gudrun im November desselben Jahres, sowie dem sich erschreckend schnell verschlechternden Gesundheitszustand Wolfgang Wagners und damit einhergehend der schwindenden Befähigung, die Festspiele weiter leiten zu können, seit diesem Zeitpunkt geriet das ganze bisher so geordnete Unternehmen Festspiele arg ins Wanken.
Es war der Zeitpunkt gekommen, der allen Beteiligten klarmachte, es muss jetzt sehr schnell ein neuer fähiger Festspielleiter die Verantwortung übernehmen, um einen künstlerischen Neuanfang einzuleiten.
Der hier folgende Beitrag mit dem Titel Gedanken zur Zukunft der Bayreuther Festspiele baut ja auf Vergangenem auf. Er zieht Lehren aus schweren Fehlern, aus absichtlich der Zerstörung dienenden Entscheidungen der damals Verantwortlichen, ja sogar aus den Verstößen gegen geltende Satzungen (mit Gesetzeskraft), denn ab dem Herbst 2007 wurden die Bayreuther Festspiele zum Spielball der Politiker und Geldgeber. Von einem dringend erforderlichen künstlerischen Neuanfang war ab diesem Zeitpunkt gar keine Rede mehr.
Aktueller Anlass, sich noch ernstere Gedanken um den
Fortbestand der Festspiele zu machen, ist die Missachtung der durch
unkorrekte Vorabsprachen 2008 ins Amt beförderten Festspielleitung, die den
ihr (laut Stiftungssatzung) erteilten Auftrag nach § 2 / Sitzungszweck nicht
erfüllt.
Ferner die Art und Qualität
der Aufführungen, die beängstigend sinkende Nachfrage nach Eintrittskarten,
die in astronomische Höhen geschraubten Eintrittspreise und der im Frühjahr
und Sommer 2021 erneut gestartete Anlauf, nun ernsthaft über Änderungen der
Stiftungssatzung der Richard-Wagner-Stiftung nachzudenken, ja, sie sind
Anlass genug, die Zukunft dieser bedeutenden Opernfestspiele mit Sorge zu
betrachten.
Erste Ideen Richard Wagners, ein eigenes Theater zu bauen, in dem er seine Musikdramen hätte aufführen wollen, sind schon aus dem Jahre 1850 bekannt, einem Zeitpunkt, als die Komposition des „Ring des Nibelungen“ noch in den Anfängen schlummerte. Dieses Theater zu errichten ist ihm in Bayreuth gelungen, nachdem zuerst in München ein Bauplatz für ihn reserviert war. Mit der Aufführung seiner Werke wurde er zum Begründer der „Bayreuther Festspiele“.
Er selbst konnte sie zu seinen Lebzeiten nur zweimal veranstalten, im Jahre ihrer Gründung 1876, als sein „Ring des Nibelungen“ erstmals komplett aufgeführt wurde, und 1882 zur Uraufführung seines letzten Werkes, dem Bühnenweihfestspiel „Parsifal“. Unter dem Namen „Bayreuther Festspiele“ haben seine Nachfahren, angefangen bei seiner Witwe Cosima, über seinen Sohn Siegfried, dessen Ehefrau Winifred, bis hin zu den Enkeln Wieland und Wolfgang die Festspiele als Festspielleiter bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts geführt.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass die Bayreuther Festspiele bis zum Ende des 19. und in den ersten 50 Jahren des 20. Jahrhunderts, bedingt durch zwei Weltkriege und nicht zuletzt auch aus finanziellen Gründen, nicht jedes Jahr durchgeführt werden konnten. Deshalb wurden sie seit ihrer Gründung (als förderungswürdig eingestuft) finanziell unterstützt. Heute jedoch sind ihre Hauptfinanziers die Bundesrepublik Deutschland, der Freistaat Bayern, die Stadt Bayreuth und der Förderverein „Gesellschaft der Freunde von Bayreuth e. V.“.
Wagners Sohn Siegfried und seine Frau Winifred haben aber bereits zum Ende der 1920er-Jahre den Grundstock zur Sicherung des wertvollen Erbes gelegt. Sie erschienen im Jahre 1929 vor einem Bayreuther Notar und sorgten in einem gemeinschaftlichen Testament für den Weiterbestand der Festspiele und für die Unveräußerlichkeit des Festspielhauses.
Weltgeltung erlangten die Bayreuther Festspiele ab der Wiedereröffnung nach dem Ende des II. Weltkrieges im Jahre 1951. Besonders die Inszenierungen Wieland Wagners, der 1966 mit nur 49 Jahren starb, revolutionierten den gesamten Aufführungsstil der Wagnerschen Musikdramen.
Aber auch Wielands Bruder Wolfgang, der die Festspiele ab 1966 allein weiterführte, erledigte dies souverän im Sinne der Familientradition mit großem Geschick, Führungs- und Begeisterungsfähigkeit und der Verpflichtung bedeutender Solisten, Regisseure und Bühnenbildner. Die Aufführungen waren Gesamtkunstwerke, sie galten als mustergültig und sie besaßen den Nimbus der „Einzigartigkeit“ bei den Besuchern.
Die Festspiele waren immer noch ein Privatunternehmen, seit sie 1951 erstmals nach dem Ende des II. Weltkrieges wieder stattfinden konnten. Seit diesem Zeitpunkt erhielten sie feste Zuschüsse der Bundesrepublik Deutschland, des Freistaats Bayern, der Stadt Bayreuth, und seit seiner Gründung im Jahre 1949, auch vom Förderverein „Gesellschaft der Freunde von Bayreuth e.V.“.
Einen weiteren Schritt in Richtung Sicherung des
ideellen und materiellen Familienerbes gingen die Nachfahren Siegfried und
Winifred Wagners, die Zweige der vier Familien Wieland, Wolfgang, Friedelind
und Verena Wagner, indem sie das Familienvermögen 1973 in eine „rechtsfähige
öffentliche Stiftung des bürgerlichen Rechts“ überführten. Wichtigste
Bestandteile der Stiftungssatzung sind die §§ 6 und 8, in ihnen geht es um
die Aufteilung der Stimmen im Stiftungsrat, um die Wahl des Festspielleiters
und um die Vermietung des Festspielhauses an den gewählten Festspielleiter.
Der Umgang mit der Stiftungsurkunde und der Satzung, ihre Nichtanwendung
bzw. ihr Missbrauch ist Thema des zweiten Teils dieser Ausarbeitung. Um es
noch einmal deutlich zu machen: Die Nachfahren der Eheleute Siegfried und
Winifred Wagner – Wieland, Friedelind, Wolfgang und Verena Wagner – sind die
Stifterfamilien. Wer sein Vermögen in eine Stiftung einbringt, vertraut den
Verantwortlichen der Stiftung, dass sie dieses Vermögen – wie in der
Stiftungssatzung ausgeführt – verwaltet. Der Text der Stiftungssatzung hat
Gesetzeskraft, die Satzung drückt den Stifterwillen aus. In der
Stiftungssatzung der Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth bleiben den
Stifterfamilien noch ganz bestimmte Rechte erhalten.
In diesem Zusammenhang ist von einiger Wichtigkeit die Kenntnisnahme dessen,
dass Wolfgang Wagner 1976 eine zweite Ehe mit Gudrun Mack, geb. Armann,
einging, aus der die 1978 geborene Tochter Katharina hervorging.
Die Einzigartigkeit der Aufführungen blieb erhalten
bis ungefähr zur Jahrtausendwende. Ab diesem Zeitpunkt änderte sich
innerhalb eines Jahrzehnts bei den Festspielen fast alles, das meiste nicht
zum Vorteil.
In den kommenden Abschnitten geht es
jetzt darum, einerseits die großen Erfolge aufzuzeigen, die sich aus den ab
1951 geschaffenen Inszenierungen ergaben, andererseits aber auch die
Veränderungen zu beobachten, die – vorbereitend, schleichend und zuerst
nicht bemerkt – letztendlich ab 2008 alles so großartig Erarbeitete
zunichtemachten.
Die
Festspiele von 1951 bis 1972
Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reichs zum Ende des von den Nationalsozialisten begonnenen II. Weltkrieges konnten zunächst ab 1945 keine Festspiele mehr veranstaltet werden. Einerseits war das Festspielhaus von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt worden und diente zunächst als Unterhaltungsbühne zur Betreuung der amerikanischen Truppen. Andererseits wurden schwere Vorwürfe gegen die Familie Wagner erhoben, mit den Größen der Reichsregierung eng verbunden gewesen zu sein. Adolf Hitler war von 1933 bis 1940 ständiger Festspielgast. Er wohnte stets im Siegfried-Wagner-Haus und ging in Wahnfried ein und aus. Winifred Wagner musste sich deshalb 1949 vor dem Entnazifizierungsausschuss verantworten. Unter der Bedingung, dass sie die Festspielleitung niederlegt, diese ihren Söhnen Wieland und Wolfgang überträgt, bekam die Familie 1950 wieder das Recht zugestanden, Festspiele zu veranstalten.
Bis zu den ersten Festspielen der Nachkriegszeit war
es ein dorniger Weg. Es fehlte ein künstlerisches Konzept und es fehlte
Geld, viel Geld. Nun betrieben die Brüder Aufgabenteilung, jeder setzte
seine Stärken entsprechend ein. Wieland Wagner hatte die künstlerische
Leitung übernommen, Bruder Wolfgang war für die Organisation und fürs Geld
verantwortlich. Wieland, der zum Kriegsende mit seiner Familie bei seiner
Schwester Verena am Bodensee untergekommen war, durfte erst Jahre später
wieder nach Bayern einreisen. Er schmiedete mit seiner Frau Gertrud während
ihrer „Verbannung“ handfeste Pläne, wie man die Werke des Großvaters nach
der Wiedereröffnung der Festspiele (der neuen Zeit angepasst) inszenieren
könnte. Wolfgang reiste durch die Lande und sammelte erfolgreich Geld ein.
Als zum Schluss noch ein stattlicher Betrag fehlte, trat der Deutsche
Gewerkschaftsbund auf den Plan und stellte die nicht unbeträchtliche
Fehlsumme zur Verfügung. Die Gewerkschaft erhielt zum Dank in den späteren
Jahren jährlich zwei komplett reservierte Vorstellungen (zu günstigeren
Konditionen).
So konnte man nun Ende 1949 die Planungen für die
ersten Nachkriegsfestspiele im Jahre 1951 beginnen, wobei man wirklich bei
Null anfangen musste, denn es fehlte an allem. Als dann im Juli 1951 die
schwarzen Limousinen wieder den Hügel hinaufrollten, wurden die Besucher mit
einer Neuinszenierung des „Parsifal“ derart überrascht, so dass weite Teile
des Publikums die revolutionäre Inszenierung lautstark ablehnten. Und genau
diese Inszenierung (auf leergefegter Bühne) – das Bühnenbild bestand nur aus
wenigen Stoffhängern mit dezentem Licht beleuchtet – stiftete riesige
Verwirrung. Eine ausgefeilte Regie und der Einsatz des „neu erfundenen
„Sänger-Darstellers“ ließen aber bald alles Vergangene vergessen. Wieland
Wagner wurde in den kommenden Jahren zum erfolgreichsten Regisseur der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Niemand hätte damals gedacht, dass
seine „Parsifal“-Inszenierung 23 Jahre hintereinander (bis 1973) auf dem
Spielplan bleiben würde. Ich selbst hatte das Vergnügen, in den Jahren 1972
und 1973 daran mitarbeiten zu dürfen. Der Neustart war gelungen. Die Brüder
Wagner hatten überall in den Gebäuden Plakate aufgehängt, auf denen sie mit
dem Spruch “Hier gilt's der Kunst“ darum baten, auf dem gesamten
Festspielgelände von der Führung politischer Gespräche Abstand zu nehmen.
Dadurch wurde „die braune Vergangenheit“ weitgehend ausgeblendet.
In den kommenden Jahren inszenierten die Brüder Wagner immer abwechselnd – so war es vereinbart worden –, wobei Wieland mit seinen Regie-Einfällen stets der große Erneuerer war, der die szenische Entrümpelung Bayreuths fortsetzte, Bruder Wolfgang dagegen wartete bei seinen Inszenierungen vorwiegend mit Nachahmungen seines genialen Bruders auf.
Was die Instandhaltung und notwendige Sanierungen
des Festspielhauses angeht, das 1951 immerhin fast 75 Jahre alt war, ist zu
sagen, dass in den vorangegangenen Jahrzehnten immer nur das gerade
Notwendige durchgeführt wurde und dass nach dem II. Weltkrieg mit
umfangreichen Reparaturen oder Teilerneuerungen begonnen wurde. Die
Gesellschaft der Freunde von Bayreuth übernahm ab 1952 die Kosten für
Instandhaltung, Erneuerung oder zusätzliche Baumaßnahmen. Eine der
aufwendigsten Arbeiten in diesem Rahmen war (immer in der Winterzeit der
Jahre 1964/65/66) der Ausbau der gesamten Holzkonstruktion der
Arbeitsgalerien und des Schnürbodens, der Abriss der seitlichen
Bühnenhauswände, deren Neuaufbau auf beiden Seiten jeweils um zwei Meter
nach außen versetzt und in Betonfachwerk ausgeführt wurde, sowie der Aufbau
der gesamten neuen Bühnentechnik in einer Metallkonstruktion und die Montage
eines neuen Stahldachs auf das Bühnenhaus. Auch wenn im Folgenden nicht
jedes Jahr die durchgeführten Sanierungen einzeln erwähnt werden, so wurden
trotzdem in jedem Winterhalbjahr Teile der Gebäude saniert, erneuert oder
neue Gebäude (z. B. Probebühnen usw.) hinzugefügt.
Die Jahre ab 1952 bis einschließlich 1966 waren die „ganz großen“ Jahre der Bayreuther Festspiele. Die Besetzungen der Solopartien waren einfach einzigartig. Die berühmtesten Dirigenten kamen nach Bayreuth, und wenn Bayreuth rief, dann war es eine Ehre, mit den anderen Größen des Fachs gemeinsam diese einzigartigen Vorstellungen abzuliefern. Das Orchester erlangte Weltruhm und der Festspielchor (bis 1971 von Wilhelm Pitz geleitet) bleibt bis heute unübertroffen.
Eine Ära endete am 17. Oktober 1966, als Wieland
Wagner im Alter von nur 49 Jahren starb. Sein Bruder Wolfgang war nun
alleiniger Festspielleiter – so war es vereinbart. Wolfgang Wagner wurde ein
guter Festspielleiter, ein Meister der Organisation, ein immer ansprechbarer
„Vater“ des Unternehmens, solide, zuverlässig, der Kunst verpflichtet. Ab
1969 setzte er auch auswärtige Regisseure ein, was von allen Kennern
ausdrücklich anerkannt wurde.
Man weiß heute, mit welcher Sorgfalt und
Werkkenntnis Wolfgang Wagner die Regisseure auswählte, ihre Konzepte prüfte
und in wenigen Fällen auch von einer Verpflichtung wieder abrückte, wenn ihm
das Regiekonzept nicht zusagte. Er erkannte, dass sich der Inszenierungsstil
änderte und er suchte Regisseure, die diese Richtung einschlugen, ohne das
Werk zu beschädigen.
Den Anfang dieser Neuerung machte
August Everding mit einer Inszenierung des Fliegenden Holländers 1969. Götz
Friedrich setzte dies fort mit einer „Tannhäuser“-Inszenierung im Jahre
1972. Ich möchte objektiv urteilen und die ebenfalls einzigartigen
Festspiele nach Wieland Wagner in die Kategorie der „großen“ Jahre einstufen
und diese Festlegung bis mindestens zum Ende des Jahrhunderts gelten lassen.
Die Idee, die Bayreuther Festspiele in eine Stiftung einzubringen, wurde schon zu Lebzeiten Richard Wagners diskutiert. Auch Siegfried Wagner hatte sie im zweiten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts aufgegriffen. Grundgedanke bei diesen Erörterungen war stets die Erkenntnis, dass die Festspiele nicht mit dem Familienvermögen der Wagners allein betrieben werden können. Stets fanden sich immer wieder Förderer, die die fehlenden Summen zuschossen, aber dies alles hatte keine Regelmäßigkeit, so dass auch nicht jährlich Festspiele stattfinden konnten.
Eine Art Zwischensicherung stellte das gemeinschaftliche Testament von Siegfried und Winifred Wagner dar, welches im Jahre 1929 abgeschlossen wurde und in dem die Erbfolge festgelegt wurde, für den Fall des Todes der beiden Ehegatten. Ferner wurde festgelegt, dass das Festspielhaus nicht verkauft werden darf und dass es einzig der festlichen Aufführung der Werke Richard Wagners dienen soll, so wie es sein Erbauer einst festgelegt hatte.
Das Thema Stiftung war auch in den 1960er-Jahren
wieder Gegenstand ernsthafter Überlegungen. Nach Wieland Wagners Tod im
Jahre 1967 wurden die Bemühungen, das materielle und das ideelle
Familienerbe in eine Stiftung einzubringen, wiederaufgenommen. 1969 begannen
sich diese Planungen zu konkretisieren, man suchte Mitstifter, Förderer,
Zuschussgeber und Garanten und entwarf eine Stiftungssatzung, die in den
folgenden Jahren immer wieder den aktuellen Bedürfnissen angepasst wurde. Im
Frühjahr 1973 wurden diese Verhandlungen, die seitens der Familie Wagner von
Wolfgang Wagner und seiner Mutter Winifred in enger Abstimmung mit den drei
weiteren Familienzweigen geführt wurden, abgeschlossen. Nach Unterzeichnung
der Stiftungsurkunde trat am 2. Mai 1973 die zukünftige Stiftung mit dem
Namen Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth das Erbe der Familie Wagner an. Bei
dieser Stiftung handelt es sich um eine rechtsfähige öffentliche Stiftung
des bürgerlichen Rechtes mit Sitz in Bayreuth. Die Stiftungssatzung drückt
den Stifterwillen aus! Die Stiftungssatzung hat Gesetzeskraft.
Eine Wiedergabe der Stiftungssatzung oder eine
zumindest umfangreiche Beschreibung der einzelnen Bestandteile des Erbgutes,
der Zuteilung des Erbes auf verschiedene Verwalter oder Nutzer ist hier
nicht nötig. Es reicht der Hinweis, dass in diesem Dokument auch die Nutzung
des Hauses Wahnfried einschließlich seiner Nebengebäude, die Überlassung des
Richard-Wagner-Archivs, einschließlich Bibliothek und Zubehör enthalten
sind. Ferner wird verfügt, dass das Richard-Wagner-Archiv und das Haus
Wahnfried der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen, was im Falle
des Hauses Wahnfried ja mit der Umwandlung in ein Richard-Wagner-Museum
längst geschehen ist.
Wissen sollte man, dass die Stiftung laut § 4 aus
zwei Organen besteht: dem Vorstand und dem Stiftungsrat. Der Vorstand
besteht aus drei Mitgliedern. Erster Vorstand ist (als Vertreter des Landes
Bayern) der Regierungspräsident von Oberfranken, zweiter Vorstand eine
Person in Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, zu delegieren vom
Staatsminister für Kunst und Medien, der dritte Vorstand ist (wenn der
Festspielleiter ein Mitglied der Familie Wagner ist) eben dieser
Festspielleiter. Die normalen Geschäfte der Stiftung erledigt der
Geschäftsführer nach § 7, es ist dies der Oberbürgermeister der Stadt
Bayreuth.
Wichtig sind § 6 und § 8. Paragraf 6 bestimmt, dass
der Festspielleiter (entsprechend den Anordnungen des § 8) vom Stiftungsrat
gewählt wird. In Paragraf 6 ist auch festgelegt, wie die 24 Sitze im
Stiftungsrat verteilt sind und wie viel Stimmen auf die einzelnen
Gruppierungen im Stiftungsrat entfallen:
5 Stimmen entfallen auf die Bundesrepublik Deutschland
5 Stimmen erhält der Freistaat Bayern
2 Stimmen hat die Stadt Bayreuth
2 Stimmen entfallen auf die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth e.V.
2 Stimmen erhält die Oberfrankenstiftung
2 Stimmen bekommt der Bezirk Oberfranken
2 Stimmen hat die Bayerische Landesstiftung
4 Stimmen entfallen auf die vier Zweige der Familie Wagner.
In Paragraf 8 ist beschrieben, wie der Stiftungsrat den Festspielleiter wählt, dem – wenn er das Amt annimmt – das Festspielhaus vermietet wird – sinnvollerweise für die Dauer seines Festspielleiter-Vertrages.
Über die Anwendung von § 6 und 8 wird im Verlaufe meines Berichtes noch zu reden sein.
Für das festangestellte Personal der
Festspiele hatte der Übergang des Familienunternehmens Festspiele in die
Stiftung den Vorteil, dass ihr Arbeitgeber nun die Löhne und Gehälter den
Tarifen des Öffentlichen Dienstes entsprechen müssen.
Im Jahre 1973 gab es keine Neuinszenierung, die „Parsifal“-Inszenierung von Wieland Wagner aus dem Jahre 1951 stand letztmals auf dem Spielplan. Keine Inszenierung in Bayreuth wurde jemals so lange und so oft gespielt – 101 Mal!
1974 erschien wieder August Everding als Regisseur
einer neuen Inszenierung von „Tristan und Isolde“. Besondere Beachtung wurde
dem Dirigenten geschenkt: Carlos Kleiber dirigierte erstmals bei den
Bayreuther Festspielen.
Gespannt war man auf die 1975 erschienene „Parsifal“-Neuinszenierung durch Wolfgang Wagner. Nach Wieland Wagners Dauerinszenierung in einer neuen, bis dahin nicht bekannten Bühnenausstattung, die weltweit höchste Anerkennung gefunden hatte, musste Wolfgang Wagner jetzt ja eine ganz andere Bühnenfassung finden. Und, siehe da, die Inszenierung war sehr gut gelungen, im 1. und 3. Akt ein sehr naturalistisches Bühnenbild, eine sehr schöne, offene Verwandlung zu den beiden Gralsszenen, und auch Klingsors Zaubergarten war von vollendeter Schönheit. Zusammen mit einer guten Solisten-Besetzung (René Kollo in der Titelrolle), mitreißenden Chören und einem großartig spielenden Orchester – alles unter der Leitung von Hans Zender. Da war der Erfolg garantiert.
Und dann wurde es spannend: Nach Protesten – schon vor der Premiere, danach sogar in ganz fanatischer Form – erschien zum 100. Jubiläum der Bayreuther Festspiele 1976 die später so berühmt gewordene „Ring“-Inszenierung durch Patrice Chéreau, mit Pierre Boulez am Dirigentenpult. Da mit dem Bau der komplizierten Bühnenbilder erst im Januar 1976 begonnen werden konnte, und weil auch viele Teile in Filmstudio-Werkstätten in Rom gebaut und per LKW nach Bayreuth transportiert und dann erst bühnentauglich hergerichtet werden mussten, war das ganze Jahr bis zum Premierentag am 25. Juli eine äußerst anstrengende Zeit. Auch die szenischen Proben erforderten mehr Zeit als bei den „Ring“-Inszenierungen der vergangenen Jahre.
Presse und Besucher waren in Zustimmung und Ablehnung der Inszenierung gespalten. Fast täglich gab es laute Proteste, ja sogar Bedrohungen des Regisseurs. Da verschiedene Bilder konzeptionell nicht ausgereift waren, wurden zu den nächstjährigen Festspielen umfangreiche Umbauten bzw. Neubauten notwendig, die auch große Teile der Regie verändern sollten.
Das Jahr 1976 hielt aber noch eine einschneidende
Änderung bereit, die große Auswirkungen auf die gesamte
Geschichte der Festspiele erhalten sollte. Wolfgang Wagner ließ sich von
seiner ersten Frau Ellen scheiden und heiratete wenige Wochen später Gudrun
Mack, geb Armann, eine Mitarbeiterin aus der Presseabteilung der Festspiele,
25 Jahre jünger als er selbst. Diese neue Verbindung sollte weitreichende
Veränderungen bei den Festspielen hervorrufen, die gewaltige Auswirkungen
auf die Strukturen des Unternehmens, auf die Einstellung zur Nachfolge für
Wolfgang Wagner (irgendwann in der Zukunft) haben sollte, und die ab einem
noch nicht zu benennenden Datum das gesamte Gefüge der Festspiele in ernste
Turbulenzen versetzen würde.
Zum Jahr 1977: Im Frühjahr wurde nach einer
umfassenden Bauprobe mit den schon erwähnten Umbauten oder Neubauten für den
„Ring“ begonnen, die auch zeitig zum Probenbeginn fertig wurden. Die
„Ring“-Fassung von 1977, die bis 1980 auf dem Spielplan blieb, war die
endgültige, die in die Geschichtsbücher der Festspiele einging. In den
Jahren 1979 und 1980 wurde der „Ring“ fürs Fernsehen aufgezeichnet. Später
war er auch auf DVD erhältlich. Auch heute noch spricht man vom
Jahrhundertring. Der Schlussapplaus nach der letzten Götterdämmerung dauerte
fast eineinhalb Stunden und 106 Vorhänge. Er ging ein ins Buch der Rekorde,
ich war selbst dabei!
Auch eine der berühmt gewordenen Inszenierungen war
„Der fliegende Holländer“ in der Regie von Harry Kupfer mit dem Bühnenbild
von Peter Sykora im Jahre 1978. Großes Theater mit sehr bewegter
Personenführung durch den Regisseur. Auch die äußerst leise funktionierende
Bühnentechnik sorgte für Verwandlungen bei offenem Vorhang, die vom Publikum
als sehr angenehm empfunden wurden.
Im Jahre 1979 dann die zweite Regie-Leistung von Götz Friedrich in Bayreuth mit „Lohengrin“. In der Hauptrolle glänzte Peter Hofmann. Ein fantasievolles, aber abstraktes Bühnenbild dazu lieferte der bekannte Bildhauer und Maler Günther Uecker. Dieser Bühnenbildner (auch bekannt als der „Nagel-Uecker“) gestaltete das ganze Bühnenbild aus lauter Nägeln.
Im Jahre 1980 gab es keine Neuinszenierung, dafür
aber im darauffolgenden Jahre 1981 gleich zwei. Premieren-Vorstellung war
„Tristan und Isolde“, Regie, Bühnenbild und Kostüme: Jean Pierre Ponnelle,
der erstmals in Bayreuth arbeitete. Wer Ponnelle-Inszenierungen schon z. B.
in Köln oder in München gesehen hatte, wusste, was ihn in Bayreuth
erwartete. Genaue Einhaltung der Anweisungen Richard Wagners, fantasievolle
Bühnenbilder, schöne Kostüme und eine interessante Personenführung. Da war
der große Applaus schon vorprogrammiert. Den Tristan sang übrigens René
Kollo.
Die zweite Neuinszenierung besorgte Wolfgang Wagner
selbst. „Die Meistersinger von Nürnberg“, eine Inszenierung wie aus einem
Guss, Bühnenbild und Kostüme: volkstümlich-fränkisch. Siegfried Jerusalem
als Walther von Stolzing, Bernd Weikl als Hans Sachs und Hermann Prey als
Beckmesser versprachen großes Theater. Bayreuth also weiterhin auf der Höhe
der Zeit. Die 1980er-Jahre versprachen ein gutes Jahrzehnt für die
Festspiele zu werden.
Götz Friedrich erhielt für 1982 nochmals einen
Regieauftrag, er inszenierte den „Parsifal“ neu. Das Bühnenbild schuf
Andreas Reinhardt. Die Hauptrolle sang Peter Hofmann, in Bayreuth schon in
den Partien Siegmund und Lohengrin erprobt. Gegen anfängliche Widerstände:
Simon Estes als Amfortas. Erstmals am Dirigentenpult: James Levine, ein
Klangfetischist und ein Freund langsamer Tempi. Ein Ohrenschmaus! Levine
sollte 18 Jahre in Bayreuth bleiben.
Und dann kam 1983 – nach schon im Jahre 1980
begonnenem Vorsingen – ein mit großen Vorschusslorbeeren versehener „Ring
des Nibelungen“, Regie Peter Hall, Bühnenbild William Dudley, Dirigent Georg
Solti. Um diesen Dirigenten mal in Bayreuth einsetzen zu können, hatten sich
Wieland und Wolfgang Wagner schon 30 Jahre lang bemüht (wie behauptet
wurde). Die Erwartungen waren hoch, denn die „Ring“-Einspielung von Georg
Solti aus dem Jahre 1960 (mit allen damals besten Wagner-Interpreten und
erstmals in Stereo) galt als beste Schallplattenaufnahme des „Rings“, die
seinerzeit auf dem Markt war.
Entsprechend groß jedoch war die Enttäuschung, denn
das Ergebnis hatte Mängel auf vielen Ebenen. Der Dirigent, mit dessen
Vermittlung auch der Regisseur verpflichtet worden war, kam nicht mit dem
Orchester zurecht. Die Sitzordnung bereitete ihm Probleme. Die
Probenatmosphäre zwischen ihm und dem Orchester war stets angespannt. Der
erwartete Klang stellte sich nicht ein. Außerdem stimmte die Chemie zwischen
ihm und Wolfgang Wagner nach kurzer Zeit überhaupt nicht mehr. Georg Solti
war mit nichts zufriedenzustellen. Die sehr schönen, aber technisch
aufwändigen Bühnenbilder bereiteten schon in den Proben zahlreiche
Schwierigkeiten. Nur zwei Beispiele: Bei Effekten, bei denen Wasserdampf
eingesetzt wurde und beim Betrieb der hydraulischen Anlagen waren immer
wieder Zischgeräusche zu hören, was allerdings ab dem zweiten Jahr behoben
war. Oder: Im Siegfried sollte die Erda der Wurzel eines Baums entsteigen,
wenn dieser etwas aus dem Boden hochgezogen wurde. Richtig geklappt hat das
nie, dieser Effekt wurde ab dem zweiten Spieljahr fallen gelassen.
Unregelmäßigkeiten gab es auch im Umgang mit dem
Regisseur. Ein großer Mangel war, dass er die deutsche Sprache nicht
beherrschte (obwohl er deren Erlernung beim Vertragsabschluss zugesagt
hatte). Einzig der Bühnenbildner William Dudley erfüllte die an ihn
gestellten Erwartungen. Peter Hall kam zwar im zweiten Aufführungsjahr
wieder, ließ sich aber für den Rest der Produktion von einem
Regieassistenten vertreten. Die verpflichteten Solisten waren mit einer
Ausnahme erste Wahl, nur Rainer Goldberg, der den Siegfried sang, hatte
nicht alle Vorstellungen durchgehalten und wurde durch Manfred Jung ersetzt,
der ebenfalls in der Produktion blieb, bis sie nach vier Jahren abgesetzt
wurde.
Schade, dass dieser „Ring“ nicht fürs Fernsehen oder
für die Herstellung von DVDs aufgezeichnet wurde. Mir persönlich hat dieser
„Ring“ sehr gut gefallen, sah man in ihm doch leichte Anklänge an Wieland
Wagners Inszenierungen.
Ich habe die „Ring“-Produktion, die mit so großen Erwartungen gestartet war, deshalb ausführlicher beschrieben, um zu zeigen, wie professionell in Bayreuth gearbeitet wurde und wie sehr der Festspielleiter Wolfgang Wagner Herr der Situation war.
Das Jahr 1984 war mal wieder ohne Neuinszenierung,
da jetzt Verbesserungen an der Vorjahres-Inszenierung durchgeführt wurden.
Georg Solti sagte im Mai 1984 seine weitere Mitarbeit in Bayreuth ebenfalls
ab. Man kam überein, diese mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen des
Dirigenten zu begründen. Die Inszenierung blieb nur vier Jahre auf dem
Spielplan. Vom zweiten bis zum vierten Jahr dirigierte Peter Schneider (in
Bayreuth bereits bekannt) die „Ring“-Vorstellungen.
Im darauffolgenden Jahr, also 1985, inszenierte
Wolfgang Wagner den „Tannhäuser“ neu. Erstmals am Dirigentenpult stand
Giuseppe Sinopoli, ein Italiener, der in den folgenden Jahren zum
Festbestand der Dirigenten zählte.
Die Elisabeth sang in dieser Inszenierung erstmals die damals 29 Jahre alte Cheryl Studer. Für die Rolle des Tannhäuser war René Kollo vorgesehen, aber schon in den Proben gab es Schwierigkeiten mit ihm. Erst passten ihm die ausführlichen Proben nicht, dann hat er gesanglich immer nur markiert, was sowohl die Kollegen als auch der Dirigent beanstandeten. René Kollo schob eine Stimmbandschwellung vor, die er in Wien hatte behandeln lassen. Sein Wiener Arzt bestätigte Wolfgang Wagner telefonisch, dass Kollo singen könne. Glücklicherweise hatte Wolfgang Wagner auf einer vollwertigen Zweitbesetzung bestanden, denn Kollo, der unbedingt auch die Generalprobe singen wollte, sagte diese kurzfristig ab, und Richard Versalle, der
Zweitbesetzte in der Rolle, musste
einspringen. Am Premierentag „platzte dann die Bombe“. Obwohl Wolfgang
Wagner Herrn Kollo gebeten hatte, bis spätestens um 11:30 Uhr Bescheid zu
geben, wenn er die Premiere nicht singen könne, sagte der aber erst 47
Minuten vor der Vorstellung seine Mitwirkung ab. Er hatte bereits seine
Sachen gepackt und reiste noch am Nachmittag aus Bayreuth ab. (Quelle:
„Geschichte der Bayreuther Festspiele“, Oswald Georg Bauer). René Kollo
wurde bei den Festspielen nie mehr eingesetzt. Nun wurde auch bekannt, dass
Kollos Frau Beatrice einen Tag zuvor Mutter geworden war (Illustrierte
Quick). Kollos Ersatzmann in Bayreuth, Richard Versalle, und die junge
Cheryl Studer wurden zum Ende der Premierenvorstellung mit großem Applaus
bedacht.
Die Gründung
der Bayreuther Festspiele GmbH
Aber im Jahre 1985 geschah auf der Ebene der Festspielleitung etwas, worüber sich die meisten Beobachter damals keine Gedanken machten. Seit Wolfgang Wagner 1979 sein 60. Lebensjahr vollendet hatte, stellte die Presse wiederholt die Frage an ihn, wie er sich denn seine eines Tages notwendig werdende Nachfolge vorstelle und wer aus der Familie dafür die nötige Eignung mitbrächte. Er antwortete stets gleichbleibend, er sehe im weiten Familienkreise niemanden, der die Fähigkeiten habe, die Festspiele zu leiten. Jeder, der dafür in Frage käme, müsse dieses Handwerk „von der Pike auf erlernt“ haben!
In der Rückschau auf die Entwicklung in dieser Frage ist es heute nicht vermessen zu vermuten, dass sich seine Einstellung zur Nachfolgefrage seit seiner Wiederverheiratung ̶ möglicherweise durch die Beeinflussung seiner zweiten Ehefrau ‒ grundlegend geändert hat, dass die Eheleute Wagner dies aber geheim hielten (oder vielleicht nur mit ihren Anwälten besprachen).
Jedenfalls gründete Herr Wagner 1985 die „Wolfgang Wagner GmbH“, eine
Firma, die nunmehr die Festspiele ausrichtete. Hiermit wurden dann auch alte Vereinbarungen zwischen ihm, seiner Mutter und seinem verstorbenen Bruder hinfällig.
Es wird ihm auch niemand
verübeln, dass er sich 1986 persönlich durch den Abschluss eines
Versorgungsvertrages (mit GmbH-Fassung) absicherte. 1987 wurde eine
Vereinbarung über Geschäftsanteilabtretung und die Umwandlung der Wolfgang
Wagner GmbH in die Bayreuther Festspiele GmbH abgeschlossen. Wolfgang Wagner
war einziger Gesellschafter mit einem Festspielleitervertrag auf Lebenszeit.
Nach Abschluss dieser Aktivitäten war es Herrn Wagner nun möglich, einen
neuen Mietvertrag für das Festspielhaus zwischen der Festspiele GmbH und der
Richard-Wagner-Stiftung (mit Datum vom 6. Juni 1990) abzuschließen. Dieser
Vertrag sollte auslaufen, wenn Wolfgang Wagners Festspielleitertätigkeit
endet.
Die
Festspiele in den Jahren 1986 bis 1999
Die Jahre 1986 bis 1999 werde ich jetzt nur flüchtig schildern, weil sie im Sinne der Beachtung der Historie des Unternehmens und unter Anwendung der langjährigen Traditionen von Wolfgang Wagner als Festspielleiter verantwortungsbewusst geführt und veranstaltet wurden. Die immer wieder gestellten Fragen nach seiner Nachfolge beantwortete er – immer gleichbleibend – wie schon geschildert. Damit verschaffte er sich wieder einigen zeitlichen Abstand.
Im Jahr 1986 lief der „heißumkämpfte Ring“ Hall/Solti letztmalig. Eine Neuinszenierung fand in diesem Jahr nicht statt.
Dafür aber brachte das Jahr 1987 gleich eine neue „Lohengrin“-Produktion, die man berechtigterweise hervorheben darf. Der bekannte Filmregisseur Werner Herzog und der Bühnenbildner Henning von Gierke schufen eine Inszenierung, die der Bezeichnung „Romantische Oper“ vollkommen entsprach. Die Besetzung war erstklassig, die Bühnenbilder in leichten Farben gehalten. Auch wurde mit dezenten Projektionen gearbeitet. Die Inszenierung wurde auf Jahre hinaus die meist geschätzte, für die allein schon mehr als zehn Vorstellungen hätten stattfinden können, so hoch war die Nachfrage nach Karten!
Ein weiterer Höhepunkt wurde im Jahre 1988 eine neue
„Ring“-Produktion, Regie: Harry Kupfer, Bühnenbild: Hans Schavernoch,
Dirigent: Daniel Barenboim. Presse und Publikum waren gespannt auf diesen
Ring, denn jede „Ring“-Inszenierung wurde an der von Chéreau gemessen. Ohne
Zweifel kann ich sagen, diese Inszenierung war von der ersten Szene im
„Rheingold“ bis zum Schluss der „Götterdämmerung“ bewegend, aufrührend.
Presse und Publikum waren gleichermaßen hingerissen. Ein solcher „Ring“ ist
Bayreuth würdig! Wer eine genaue Analyse dieses Kupfer'schen Kunstwerkes
haben möchte, dem kann man getrost Oswald Georg Bauers „Die Geschichte der
Bayreuther Festspiele“ empfehlen! Dieses Werk beantwortet jede Frage.
Das Jahr 1989 war nicht ohne Neuinszenierung (wie
sonst im Jahr nach einer Ring-Neuinszenierung). Wolfgang Wagner inszenierte
selbst einen neuen „Parsifal“. Um es ganz einfach auszudrücken: Er wollte
das, was ihm in seiner Inszenierung von 1975 nicht so gefallen hatte, jetzt
tiefgründiger beleuchten.
Das ist ihm auch gelungen. Ein neuer strahlender Tenor, William Pell, in der Titelrolle, die überwältigend großartige Waltraud Meier als Kundry, und der ergreifend singende Chor waren neben dem Dirigenten James Levine die großen Stützen dieser Inszenierung. Lob von Presse und Publikum!
Auch 1990 konnte Bayreuth wieder glänzen. Ein neuer „Fliegender Holländer“ erschien auf dem Spielplan. Wolfgang Wagner hatte mutig besetzt. Regie: Dieter Dorn, Bühnenbild: Jürgen Rose (schon 1972 beim „Tannhäuser“ von Götz Friedrich erfolgreich) und Giuseppe Sinopoli als Dirigent. Als Holländer glänzte Alan Titus, die Senta verkörperte Sabine Hass, die wenige Jahre später – viel zu jung – starb. Bild und Regie wurden vom Publikum begeistert gefeiert, der Musik fehle der große Atem, meinte die Presse. Bundespräsident von Weizsäcker hatte Vaclav Havel, den tschechischen Präsidenten, mitgebracht, beide wurden vom Publikum mit viel Applaus bedacht. So kurz nach der politischen Wende wirkten im Chor und im Orchester wieder zahlreiche Musiker aus den bisherigen Staaten des Ostblocks mit! Aufbruchstimmung auch hier! Auch dieser „Fliegende Holländer“ war ein großer Erfolg für Bayreuth.
Für 1991 wäre zu vermelden, dass keine
Neuinszenierung auf dem Spielplan stand, dass die deutschen, europäischen
und internationalen Wagner-Verbände zusammengefasst wurden zur Vereinigung
Richard Wagner International. Ferner gab die Festspielleitung
bekannt, dass für die 57.500 Plätze der 30 Aufführungen 357.513 Bestellungen
im Kartenbüro eingegangen waren.
Das Jahr 1992 kam auch ohne Neuinszenierung aus. Zur
Eröffnung gab man die Wiederaufnahme von Wolfgang Wagners
„Tannhäuser“-Inszenierung mit einem neuen Dirigenten, Donald Runnicles, der
schon mehrere Jahre als Assistent von James Levine in Bayreuth gearbeitet
hatte. Hier sieht man, dass Bayreuth auch den musikalischen Aufbau von
Talenten förderte. Besonderes Augenmerk fiel auf die „Parsifal“-Inszenierung
Wolfgang Wagners, in der mit Waltraud Meier und Placido Domingo zwei
Weltstars zu niedrigen Gagen auftraten. Das Publikum war begeistert. Ein
Besucher, der seine 35 DM teure Karte verkaufen wollte, brachte diese für
2500 DM an den Mann. Der Schwarzmarkt blühte – sehr zum Ärger Wolfgang
Wagners!
Im Jahr darauf, also 1993, kam dann die lang
erwartete „Tristan“Neuinszenierung auf den Spielplan, aber nicht – wie
erwartet – mit Patrice Chéreau als Regisseur, sondern mit Heiner Müller,
einem Dramatiker aus der früheren DDR, in der Brecht-Nachfolge auch Leiter
des Berliner Ensembles. Das Bühnenbild schuf Erich Wonder, der als Grundbau
einen Kubus auf die Bühne stellte, der einen immateriellen Raum darstellen
sollte, außer jeder Zeit und außer jeder Dimension, einen Raum der Seele,
der Innenschau. Mittels der Lichtwechsel schuf er einen Lichtraum von
suggestiver Wirkung, in der die handelnden Personen mit ihren Emotionen
gefangen waren. Jeder, der diese Inszenierung gesehen hatte, war tief
beeindruckt davon, wie sehr es zwischen Tristan, Isolde und König Marke
knisterte. Die Kostüme entwarf der in Paris lebende japanische Modeschöpfer
Yohji Yamamoto. Dirigent der Aufführung war Daniel Barenboim, seine
Assistentin war Simone Young, die schon bald eine der ersten Dirigentinnen
in Deutschland wurde. In den Hauptrollen: Siegfried Jerusalem und Waltraud
Meier, die Brangäne sang Ute Priew und John Tomlinson den König Marke. Der
Schlussapplaus wogte zwischen Buh und Bravo hin und her, das Regie-Team
wurde gnadenlos ausgepfiffen. Als die Inszenierung Jahre später auslief,
galt sie als ein Meilenstein in der Interpretation des Werkes.
In diesem Jahr verzeichneten die Festspiele ebenfalls wieder hohen Besuch, Michail Gorbatschow und seine Frau Raisa kamen als Gäste der bayerischen Staatsregierung zur Premiere.
Ein neuer „Ring des Nibelungen“ war 1994 fällig. Dieter Kirchner, der Regisseur hatte sich als Bühnenbildnerin rosalie ausgesucht, die ausgesprochen schöne farbige Bilder und Kostüme entwarf. Raum und Zeit sollten den Mythos neu definieren. In der heutigen Betrachtung lagen die Bühnenbilder der einzelnen Akte ganz nah an Wagners Werk. Beim ersten Blick darauf weiß man gleich, in welchem Stück, in welchem Akt und in welchem Bild man sich gerade befindet. Der Regisseur bekannte sich in seiner Regie zur „offenen Dramaturgie“, wie er sagte, das Ende ist immer offen und muss immer wieder neu erzählt werden. Auch über diese Inszenierung kann man seitenlang berichten, Regie und Bühnenbilder blieben trotzdem umstritten. Mit großem Applaus bedacht wurde die Riege der Sänger und die musikalische Leitung durch James Levine.
Das Jahr 1995 brachte keine Neuinszenierung, man wies auf die vielfältigen Restaurationsarbeiten im Zuschauerraum und in den Foyers hin. Hier konnten weite Teile des Hauses wieder in den Urzustand vor 1932/33 zurückversetzt werden, was beim Publikum auf große Zustimmung stieß.
Als Premiere des Jahres 1996 brachten die Festspiele
Wolfgang Wagners dritte „Meistersinger von Nürnberg“-Inszenierung auf die
Bühne. Es sollte seine überhaupt letzte Regie in Bayreuth werden. Als
Dirigenten hatte er sich schon lange Daniel Barenboim gewünscht, nun wurde
auch das möglich. Die Regie war als musikalische Komödie der menschlichen
Irrungen und Wirrungen und als Utopie einer friedlichen Humanität angelegt.
Das Bühnenbild hatte Wolfgang Wagner auch selbst entworfen. Bis auf die
Schusterstube spielten alle Bilder vor dem Hintergrund einer riesigen, nach
hinten gewölbten Weltkugel, die auch als Projektionsfläche zur Gestaltung
der einzelnen Akte diente. Vom Gefühl her empfand ich diese Inszenierung als
fröhlich, weltoffen und versöhnend, was besonders im Schlussbild seine ganze
Wirkung entfaltete. Die Inszenierung ließ viel Raum für philosophische
Betrachtungen. Die wichtigsten Darsteller seien auch noch genannt: Robert
Holl als Hans Sachs, Peter Seifert als Walther von Stolzing, Andreas Schmidt
als Beckmesser, Renee Fleming als Eva und Endrick Wottrich als David. Eine
wirklich gute Besetzung für Bayreuth.
Zu den Festspielen von 1997, die keine
Neuinszenierung brachten, wurden einige Zahlen bekannt gegeben. Die
Gesellschaft der Freunde von Bayreuth zählte jetzt 4.373 Mitglieder, die
Wagner-Verbände konnten 250 Stipendiaten einen Festspielbesuch ermöglichen,
der Gesamthaushalt der Festspiele betrug 1997 glatte 21 Millionen DM,
(heute: 10,7 Mio. Euro), wovon knapp die Hälfte durch Eigenerlöse
erwirtschaftet wurden. Der Anteil der Personalkosten betrug 83 %.
Auch 1998 gab es keine Neuinszenierung. Die
Kartennachfrage war ungebrochen. Der „Ring“ (Inszenierung: Dieter Kirchner,
Bühnenbild und Kostüme: rosalie, Dirigent: James Levine) stand in
diesem Jahre letztmals auf dem Spielplan. Man hätte ihn 15 Mal verkaufen
können. Nach 18 Jahren verabschiedete sich auch James Levine von den
Festspielen, ein Musiker der vor Freude über seinen Beruf immer strahlte und
der überall beliebt war.
Zu den Festspielen von 1999 wurde auch der
Königsbau, der nach denkmalpflegerischen Vorschriften restauriert wurde,
fertig. Damit war die Gesamtrenovierung des Hauptgebäudes abgeschlossen. Die
Gesellschaft der Freunde von Bayreuth feierte Anfang des Jahres ihr
50-jähriges Bestehen. Die Summe der Zuschüsse zum Festspielbetrieb in den
vergangenen 50 Jahren betrug insgesamt über 50 Millionen DM. Prompt kündigte
der neu ernannte Bundeskulturbeauftragte Michael Naumann eine Kürzung der
Bundeszuschüsse um 480.000 DM an. Nach Protesten von allen Seiten – vor
allem von Wolfgang Wagner – wurde dieses Vorhaben Ende Februar
wiedereingestellt. Wolfgang Wagners bestes Argument gegen die Kürzungen war
sein unanfechtbares und peinlich genaues Finanzmanagement, welches er schon
seit Jahrzehnten so gehandhabt hatte.
Zu großen Irritationen führte 1999 die Mitteilung
der Richard-Wagner-Stiftung, dass sie das Verfahren zur Nachfolge Wolfgang
Wagners einleiten wird, wozu Herr Wagner sein Einverständnis gegeben habe.
Im weiteren Verlauf dieser Mitteilung schränkt Herr Wagner aber gleich
wieder ein, dass er aus Pflichtgefühl und Sorge für die Zukunft an einer
Nachfolgeregelung mitarbeiten will. Konkrete Personalentscheidungen seien
noch nicht getroffen worden, und an einen Rücktritt seinerseits vom Amt des
Festspielleiters sei momentan auch nicht zu denken. Allerdings gab im
gleichen Jahr noch Gudrun Wagner (die als persönliche Referentin der
Festspielleitung tätig war) bekannt, dass sie die Festspielleitung
übernehmen würde. Es bewarben sich um diesen Posten ebenfalls Wolfgang
Wagners Tochter Eva Wagner-Pasquier und Wieland Wagners Tochter Nike. Der
Stiftungsrat entschied sich im Jahre 2001 nicht für Gudrun Wagner die – laut
Kultusminister Zehetmair – keine Erfahrung in künstlerischen Dingen habe,
sondern für Wolfgangs Tochter Eva. Damit war nun Wolfgang Wagner überhaupt
nicht einverstanden und er berief sich auf seinen lebenslangen
Festspielleiter-Vertrag, den er nun zu erfüllen gedenke. Ihm wurde dann vom
Kultusminister der ehemalige Intendant des Münchner Gärtnerplatz-Theaters,
Klaus Schulz, als „Ersatzmann“ zur Seite gestellt. Dieser wurde fortan als
„freier Mitarbeiter“ geführt. Wagner reagierte beleidigt und zog sich ab
jetzt sehr häufig aus der Verantwortung zurück.
Zu den Festspielen des Jahres 1999 erschien ein
neuer „Lohengrin“ auf dem Spielplan. Unter der musikalischen Leitung des
Italieners Antonio Pappano entstand in der Regie von Keith Warner und im
Bühnenbild von Stefanos Lazaridis eine sehr dramatische Inszenierung, von
der der Regisseur selbst meint, der „Lohengrin“ sei Wagners „einzige
wirkliche Tragödie“, weil zum Schluss doch niemand erlöst zurückbleibt. Ich
nannte diese Inszenierung immer den „schwarzen Lohengrin“ weil der
Hintergrund aller Bilder schwarz war. Musikalisch (auch was die Besetzung
der Hauptrollen angeht) war dies eine großartige Aufführung. Was mir nicht
gefallen hat, war mal wieder das inszenierte Vorspiel, denn damit wird dem
Zuhörer die Schönheit der symphonischen Musik klammheimlich entwendet.
Grundsätzlich gab und gibt es bei einer Inszenierung wie dieser so viele
Deutungsmöglichkeiten, dass der interessierte Opernfreund Lesestoff für
viele Tage hätte, wollte er das Geheimnis ergründen. Ich behaupte aber sehr
selbstbewusst, dass diese Inszenierung ganz und gar „werkgerecht“ war.
Interessant war, dass das Publikum nach dem Fallen des Vorhanges – tief
bewegt – einen Moment in Stille verharrte, ehe tosender Beifall losbrach.
Die noch auf dem Spielplan erschienenen Inszenierungen des „Fliegenden
Holländers“ und „Tristan und Isolde“ liefen in diesem Jahr letztmalig.
Abschiede gilt es auch für dieses Jahr zu vermelden:
Siegfried Jerusalem verabschiedete sich von Bayreuth. Er sang die Titelrolle
in den diesjährigen Aufführungen von „Tristan und Isolde“. Aber auch Norbert
Balatsch, seit 28 Jahren der Chordirektor der Festspiele, der den Chor nach
Wilhelm Pitz zum weltbesten Chor geformt hatte, hörte auf und übergab den
Taktstock an seinen bisherigen Vertreter Eberhard Friedrich. Aber auch
Waltraud Meier und Hans Sotin wurden ab diesem Jahre nicht mehr nach
Bayreuth eingeladen, ein Abschied ohne jede Begründung.
Auf das letzte Jahrzehnt zurückblickend kann man sagen, dass die Festspiele in vielerlei Hinsicht Kontinuität ausstrahlten. Wolfgang Wagner war stolz darauf, namhafte Dirigenten für die Laufzeit der einzelnen Stücke verpflichtet zu haben. Das Gleiche galt auch für die Sänger. Manche Künstler, die neu auf dem Spielplan erschienen, waren Jahre zuvor bereits als Assistenten in Bayreuth tätig gewesen. Wolfgang Wagner arbeitete gerne mit jungen Leuten und griff auch ihre Ideen auf.
Wolfgang Wagners Intendanz neigte sich ihrem Ende
entgegen. Von seinen Inszenierungen waren die „Meistersinger von Nürnberg“
und der „Parsifal“ noch im Spielplan. Diesen Schöpfungen seines Großvaters
stand er besonders nahe. Wolfgang Wagner ist in seinen Inszenierungen
niemals dem Zeitgeist nachgelaufen, er hat sich niemals einer Mode
unterworfen. Bei der Nennung seines Namens fällt einem sofort das
Positive bei den Bayreuther Festspielen ein, die Einzigartigkeit der
Vorstellungen. Aber auch, dass er auf den öfter von außen einfließenden
Vorschlag, den Spielplan um die Jugendwerke seines Großvaters zu erweitern,
nicht eingehen wollte. Doch seine Führung der Festspiele war seriös,
verlässlich, nur der Kunst zugewandt. Leider hat er nichts dafür getan, dass
die nächste Generation der Gesamt-Familie (ihren Qualitäten und
Vorleistungen gemäß) in die Festspielleitung eingebunden werden konnte, um
das Amt (in absehbarer Zeit) in die Hände von Personen zu übergeben, die
höchstmögliche Kontinuität garantierten.
In den Jahren zwischen 1987 und 1999 war das
Ehepaar Wagner – zusammen mit seinen Anwälten – nicht untätig, wenn es um
Fragen der Nachfolge Wolfgang Wagners im Amt des Festspielleiters und aller
sich daraus entwickelnden Veränderungen gegenüber dem damaligen Status quo
ging. Das Ganze spielte sich natürlich im Geheimen ab, nur kein Aufsehen
erregen!
Ein mit großer Sorge beobachtetes Phänomen war jedoch die schleichende Machtübernahme der Festspielleitung durch Gudrun Wagner. Sie hatte leichtes Spiel, weil ihres Mannes Klarsicht, seine Widerstandskraft, seine physischen und mentalen Fähigkeiten spürbar nachließen. Er wurde schrittweise entmachtet, aus der Leitung der Festspiele entfernt, er bekam sogar ein eigenes kleines Büro am Ende des Ganges, damit er nicht mehr alles mitbekam, was da so hinter seinem Rücken von seiner Frau entschieden wurde. In der Belegschaft nannte man Gudrun Wagner mittlerweile die „Chefin“. Auch der Umgangston zwischen Gudrun und Wolfgang Wagner wurde rauer, ja, es fielen sogar Sätze – laut und in aller Öffentlichkeit, vor Zeugen gesprochen –, die ich hier nicht wiedergeben kann.
Die Leser meiner Überlegungen, wie wohl die Zukunft der Bayreuther Festspiele aussehen könnte, werden sich fragen, warum die Vergangenheit der Festspiele so ausführlich geschildert wird und was diese – als sie damals in die „Gegenwart um 2007/2008“ mündete – mit meiner Zukunftsprognose zu tun hat. Erschreckendes wird der Leser erfahren und dann kann er unschwer feststellen, welche Qualität die Festspiele der letzten 50 Jahre des 20. Jahrhunderts hatten und wie sich die künstlerische Qualität und die Außendarstellung Bayreuths in den Jahren ab ca. 2004 so radikal verschlechtert haben.
Die
Festspiele 2000 bis 2007
Das neue Jahrhundert begann bei den Festspielen 2000 mit einer noch von Wolfgang Wagner geplanten Neuinszenierung des „Ring des Nibelungen“, Regie: Jürgen Flimm, Bühnenbild: Erich Wonder, Dirigent: Giuseppe Sinopoli.
Die Inszenierung war zeitlos angelegt und bühnenbildnerisch ohne besondere Glanzpunkte. Bei den Solisten ist Alan Titus hervorzuheben, der den Wotan und den Wanderer sang, besonders aber Placido Domingo und Waltraud Meier, die als Siegmund und Sieglinde zu hören und zu sehen waren. Giuseppe Sinopoli dirigierte erstmals den Ring, der im kommenden Jahr – so hoffte man – durch diesen Dirigenten noch an Ausdruckskraft gewinnen würde. Leider verstarb Giuseppe Sinopoli im Frühjahr des folgenden Jahres unerwartet in Berlin.
Als Delegierter des bayerischen Kulturministeriums erschien im Jahre 2000 der Ministerialdirigent Toni Schmid im Stiftungsrat.
Im Jahre 2001 stand Wolfgang Wagners „Parsifal“ letztmals auf dem Programm. Dirigent war Christoph Eschenbach, der jedoch Schwierigkeiten mit dem Orchester hatte und deshalb auch in den kommenden Jahren nicht mehr nach Bayreuth kam. Mit Bescheidenheit nahm Wolfgang Wagner den ehrlichen Applaus des Bayreuther Publikums entgegen. Eine Neuinszenierung gab es in diesem Jahre nicht. Die im vergangenen Jahr – noch unter der musikalischen Leitung von Giuseppe Sinopoli – auf dem Spielplan erschienene „Ring“-Neuinszenie-rung übernahm in diesem Jahr Adam Fischer.
Eine neue „Tannhäuser“-Inszenierung machte 2002 von sich reden. Der Franzose Philippe Arlaud war Regisseur und Bühnenbildner, Dirigent war – erstmals in Bayreuth – Christian Thielemann. Eine farbenprächtige Dekoration, die bei wechselnden Lichtfarben jede geforderte Stimmung genau traf. Besonders gelungen war die schnelle Verwandlung vom Venusberg ins Wartburgtal, möglich gemacht durch den Einsatz moderner Hydraulik. Wolfgang Wagners letzte „Meistersinger“-Inszenierung stand letztmalig auf dem Spielplan. Nach Schluss nahm Wolfgang Wagner Abschied vom Bayreuther Publikum, große Emotionen und Tränen!
Genau genommen endet hier die Ära, an die wir uns so
gerne erinnern. Der Garant für große Opernerlebnisse, Festspielleiter
Wolfgang Wagner, zieht sich Schritt für Schritt (aber schweren Herzens),
bedingt durch seine stark angeschlagene Gesundheit in den Ruhestand zurück.
Ohne ihn ist niemand mehr da, der das uns überlieferte Erbe Richard Wagners
schützt, der renommierte Regisseure und Bühnenbilder einlädt, um in Bayreuth
unter idealen Bedingungen Wagners Musikdramen in immer neuen, aber
„werkgerechten“ Inszenierungen zur Aufführung zu bringen. Auch der Kontakt
zur Branche, immer wieder die besten Wagnersänger zu kleinen Gagen in diesem
Theater zu vereinen, um einzigartige Aufführungen erlebbar zu machen, ist
Vergangenheit. Wie es dazu kam und wie es dann weiterging, dazu wird mein
Bericht Auskunft geben, wenn meine Ausführungen die Jahre 2007/2008 erreicht
haben werden.
Nun fahre ich fort im Jahre 2003: Mit einer
Neuinszenierung des „Fliegenden Holländers“ begann die Ära des
„Regie“-Theaters in Bayreuth. Im Bühnenbild von Christian Schmidt
inszenierte Claus Guth eine Handlung, mit der kaum ein Zuschauer zurechtkam,
wenn ihm nicht zuvor die Dramaturgie des Stückes erklärt wurde. Zu sehen war
fast alles zweimal und auf dem Kopf stand auch alles, die Kostümierung
sorgte ebenfalls für Verwirrung, denn auch hier trugen öfter zwei
verschiedene Personen die gleiche Kleidung. Das Ganze spielte sich in einem
überdimensionierten Treppenhaus ab, dessen obere Hälfte die untere (auf dem
Kopf stehend) spiegelte. Applaus trotzdem, aber auch zahlreiche Buhrufe. Der
Technische Direktor meinte, das Bühnenbild (also dieses Treppenhaus) sei die
größte jemals in Bayreuth aus gezogenem Rohr gebaute Bühnenkonstruktion in
einem Stück. Ihr Gewicht war beträchtlich. Die musikalische Seite dieser
Inszenierung war gut. Dirigent war Debütant Marc Albrecht, den Holländer
verkörperte John Tomlinson, die Senta wurde gesungen von Adrienne Dugger.
Applaus für die Künstler!
Und dann nahte 2004 in Bayreuth der erste richtige
Skandal, eine neue „Parsifal“-Inszenierung durch Christoph Schlingensief,
einen intelligenten Jung-Regisseur, den Katharina Wagner ihrem Vater
empfohlen hatte. Schlingensief hatte Wolfgang Wagner ein
Inszenierungskonzept vorgestellt, das den Festspielleiter offensichtlich
überzeugt hatte, denn er erhielt den Regie-Auftrag. Herr Schlingensief
weilte – ehe er im Frühjahr 2004 mit den Proben begann – fast ein ganzes
Jahr in Afrika. Die dramatischen Erlebnisse, die er dort hatte (Hunger,
Elend, Arbeitslosigkeit, Gewaltanwendung usw.) veranlassten ihn
offensichtlich, diese Erfahrungen in sein „Parsifal“-Konzept einzuarbeiten,
ohne Herrn Wagner davon etwas mitzuteilen. Mit anderen Worten: Er
inszenierte etwas ganz Anderes, als er zwei Jahre zuvor Wolfgang und Gudrun
Wagner vorgestellt hatte. Das führte zu schweren, öffentlich ausgetragenen
Auseinandersetzungen mit dem Ehepaar Wagner, das sich damit nicht abfinden
wollten. Schließlich brach er die Proben ab und verließ für eine Woche die
Festspiele, deren Probenplan in einige Unordnung geriet. Als er
wiederauftauchte, wurden die Proben ohne Änderungen des Konzepts
fortgesetzt. Das, was dann bei der Premiere auf der Bühne sichtbar wurde,
hatte mit dem Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ nicht das Geringste zu tun. Ich
nenne diese Zumutung den „Müllberg-Parsifal“, denn mit einem Bühnenbild
hatte die Ansammlung von Schrott auf der Bühne auch nichts Gemeinsames.
Daran konnte auch der Dirigent der Produktion Pierre Boulez, der den
„Parsifal“ schon unter Wieland Wagner in Bayreuth dirigiert hatte, nichts
mehr ändern.
Auch die Neu-Inszenierung des Jahres 2005, „Tristan
und Isolde“, war die wohl schwächste Inszenierung dieses Werkes in Bayreuth
seit 1951. Der Regisseur Christoph Marthaler und seine Bühnenbildnerin Anna
Viebrock fertigten die wohl langweiligste Inszenierung an, die man sich für
dieses Werk nur wünschen kann. Das ganze Drama spielte in einem einzigen,
hallenartigen Raum mit Neonbeleuchtung, der eher an einen unterirdischen,
Atombombensicheren Bunker in der ehemaligen DDR erinnerte, in keinem Fall
aber die Schauplätze dieses Musikdramas darstellte. Trotz guter
Sängerbesetzung kann man da nur verzweifelt den Kopf schütteln und bemerken:
Das hat Richard Wagner nicht geschaffen, und diese Wiedergabe hat das Stück
nicht verdient. Der Dirigent Eiji Oue erfüllte auch nicht die in ihn
gesetzten Erwartungen und kam im nächsten Jahr nicht wieder.
Erwähnenswert war ein Konzert der Bayreuther Festspiele im August 2005 in der Oberfrankenhalle, bei dem alle vier Festspiel-Dirigenten zum Einsatz kamen. Auf dem Programm standen Werke von Richard Wagner, Siegfried Wagner und Franz Liszt.
Herr Toni Schmid, Delegierter aus München, wurde – fünf Jahre nach seinem Auftauchen in Bayreuth – Vorsitzender des Stiftungsrates. Wie er das geschafft hat, entzieht sich meiner Kenntnis, die Erlangung des Vorsitzes in diesem Gremium sollte aber für die Außendarstellung der Bayreuther Festspiele in den nächsten Jahrzehnten größte Bedeutung erlangen.
Eine wohltuende Ausnahme machte im Jahre 2006 die
Neu-Inszenierung des „Ring des Nibelungen“ durch Regisseur Tankred Dorst und
seinen Bühnenbildner Frank-Philipp Schlössmann. Der Dramatiker Tankred Dorst
war eingesprungen, weil der ursprünglich vorgesehene Regisseur Lars von
Trier aus nicht nachvollziehbaren persönlichen Gründen seine Mitarbeit
aufgekündigt hatte. Es wird heute viel gestritten, ob es besser gewesen
wäre, wenn Lars von Trier die Regie übernommen hätte oder ob er den
Abwärtstrend bei den Werkentfremdungen noch beschleunigt hätte. So aber
bekam Bayreuth einen Ring, der gute und passende Bühnenbilder zeigte, in der
Regie allerdings keine Bäume ausriss. Musikalisch hatte der „Ring“
Bayreuth-Niveau. Unter der Leitung von Christian Thielemann sangen und
spielten die Darsteller mit Freude.
Die „Ring“-Inszenierung des Jahres 2006 war tatsächlich die letzte
Inszenierung, die in Bayreuth – in Bühnenbild und Handlung – „ein
komplettes – wie von Wagner hinterlassenes – Werk darstellte“, bis zum
heutigen Tage!
Das Jahr 2007 wurde ein unglückliches Jahr für die
Festspiele und für die Familie Wolfgang Wagners. Vor allen Dingen aber
begann in ihm der gewaltige Umbruch in der Festspielleitung.
Katharina Wagner, nun 29 Jahre alt, die sich in
Sachen Regie seit 2002 in Würzburg, Budapest, München und Berlin „versucht“
hatte, durfte nun erstmals in Bayreuth eine Oper ihres Urgroßvaters
inszenieren. Sie „verhob sich gründlich“ an den „Meistersingern von
Nürnberg“. Ihr gesundheitlich schwer angeschlagener Vater saß mit steinerner
Miene im Zuschauerraum – und schwieg. Kein Wunder, hatten ihm schon die
zuvor genannten vier Regie-Versuche (wie er sich gegenüber einem engen
Vertrauten äußerte) in keiner Weise zugesagt. Es würde den Rahmen dieser
Ausarbeitung sprengen, sich ausführlich mit dieser „abartigen Darstellung“
von Wagners humorvollfränkischem Meisterwerk zu beschäftigen. Dieser
Regie-Versuch war eine einzige Respektlosigkeit gegenüber ihrem Urgroßvater.
Der Schaden, den diese Inszenierung angerichtet hat, ist unermesslich. Nicht
genug damit, dass zirka 50 Mitglieder der Gesellschaft der Freunde von
Bayreuth ihre Mitgliedschaft kündigten, nein, der Abwärtstrend in der
Nachfrage nach Eintrittskarten, der bereits nach der
„Holländer“-Inszenierung von Claus Guth im Jahre 2003 begann, sich nach dem
„Schlingensief-Parsifal“ verstärkte, setzte sich in noch stärkerem Maßstab
in diesem Jahr fort. Das schien zunächst niemanden zu beunruhigen, noch
wurden alle Plätze im Zuschauerraum besetzt. Der für den „Tannhäuser“ dieses
Jahres vorgesehene Dirigent Fabio Luisi sagte seine Mitwirkung bei den
Festspielen wenige Tage vor Beginn der Proben ab. Er wurde kurzfristig von
Christoph Ulrich Meier ersetzt, einem bisher namenlosen Dirigenten.
Das schlimmste Unglück dieses Jahres stand noch
bevor: Gudrun Wagner hatte sich Ende November zu einem notwendigen, aber
nicht lebensbedrohenden Eingriff ins Klinikum Bayreuth begeben. Die
Operation war gut verlaufen, ihr Zustand stabil und trotzdem verstarb sie
überraschend in der Nacht zum 28. November, ohne dass dies zunächst bemerkt
worden wäre. Erst bei der Früh-Visite stellte man ihren Tod fest. Gudrun
Wagner wurde nur 63 Jahre alt. Ihr Mann, Wolfgang Wagner, selbst schwer
angeschlagen, stand allein da, die Festspiele waren ohne Führung, da auch
niemand anderer Prokura hatte. Zum Glück waren für die Festspielzeit 2008
bereits die richtigen Weichen gestellt, es mussten nur noch wenige
Korrekturen erfolgen.
Die Beerdigung Gudrun Wagners auf dem
Stadtfriedhof in Bayreuth war gerade vorbei, als bei der Festspiele GmbH und
innerhalb der Familie Wolfgang Wagners eine Geschäftigkeit nie dagewesenen
Ausmaßes einsetzte, die sich ausschließlich um die Nachfolge Wolfgang
Wagners drehte. Wie sich später herausstellen sollte, hatten die ganzen,
unter großer Verschwiegenheit ablaufenden Aktivitäten, eindeutig nichts mit
der dringend notwendigen künstlerischen Erneuerung, sondern nur mit
Machterhalt und Bereicherung zu tun.
Schon im Dezember 2007 stellte sich heraus, dass möglicherweise nicht mehr eine Einzelperson die Festspiele leiten würde, denn es formierten sich zwei Teams, die diese Position in Arbeitsteilung ausfüllen wollten.
Team I: Katharina Wagner und Peter Ruzicka, Dirigent, Komponist und früherer Intendant der Hamburgischen Staatsoper.
Team II: Nike Wagner, Tochter Wieland Wagners, und Eva Wagner-Pasquier, Tochter Wolfgang Wagners aus dessen erster Ehe, von ihrem Vater verstoßen und 2001 schon als nicht geeignet abgestempelt.
Nach nur wenigen Wochen allerdings stieg Peter Ruzicka aus dieser Bewerbung wieder aus und Christian Thielemann trat an seine Stelle. Doch auch diese Verbindung hatte nur kurze Zeit Bestand. Möglicherweise haben beide Mitbewerber frühzeitig erkannt, dass sie ihre Vorstellungen, wie man die Festspiele wieder so hochklassig machen könnte, wie sie bis zur letzten Jahrhundertwende waren, mit einer Anfängerin wie Katharina Wagner nicht verwirklicht werden könnten. Christian Thielemann hätte außerdem seine Dirigenten-Tätigkeit bestimmt nicht so stark einschränken wollen. Nun musste sich Katharina Wagner erneut nach einem geeigneten Partner umsehen. Bis zur Jahreswende 2007/2008 hatte sie noch keinen neuen Mitstreiter gefunden.
Unterschwellig kam aber in Bayreuth das immer dichter werdende Gerücht auf, die Nachfolge sei längst entschieden, Katharina Wagner würde ihren Vater beerben – mal ganz von dem noch fehlenden zweiten Partner abgesehen. Es wurden aber auch Stimmen laut, die ebenso eindringlich vor einer solchen Entscheidung warnten. Viele Mitarbeiter der Festspiele hielten Katharina Wagner für absolut nicht geeignet, die Festspiele zu leiten.
Wie oben geschildert, gründete Wolfgang
Wagner 1985 die Wolfgang Wagner GmbH, die dann zwei Jahre später in die
Bayreuther Festspiele GmbH umbenannt wurde, wobei zu vermerken ist, dass
Wolfgang Wagner jetzt alleiniger Gesellschafter der Bayreuther Festspiele
GmbH war und als Veranstalter der jährlich stattfindenden Festspiele mit
Festspielleitervertrag auf Lebenszeit weiterhin fest im Sattel saß. Diese
Konstellation wurde zum Ausgangspunkt der heute bestehenden Differenzen
zwischen der Festspiele GmbH und der Richard-Wagner-Stiftung.
Um die weiteren Geschehnisse rund um die
Festspielleitung, um das Kompetenzgerangel zwischen Wolfgang Wagner und
seiner Frau, um die langsame Machtübernahme durch Gudrun Wagner innerhalb
der Festspielleitung und um die allmähliche Einmischung der Tochter
Katharina in die Geschäfte ihrer Eltern überschaubar darstellen zu können,
habe ich noch einmal die gesamten Pressemitteilungen gelesen, die
Verlautbarungen der Festspiele GmbH und die „leisen“ Wortmeldungen der
Richard-Wagner-Stiftung studiert. Ferner habe ich mir die Aufzeichnungen der
Fernsehübertragungen des Senders 3sat vom 31. August 2008 aus dem Bayreuther
Rathaus angesehen und mit zahlreichen Zeitzeugen gesprochen.
Im Januar 2008 gingen die Bemühungen, für Katharina
Wagner einen geeigneten Partner zu finden, ungebremst weiter. In der
Zwischenzeit jedoch wurde zunächst einmal die Bayreuther Festspiele GmbH
„zukunftsfähig“ gemacht, d. h. zum Ende der Amtszeit Wolfgang Wagners würde
die Festspiele GmbH von einem Gesellschafter auf vier Gesellschafter
erweitert.
Die Gesellschaftsanteile Wolfgang Wagners sollten
auf die vier neuen Gesellschafter übergehen. Zunächst blieb Wolfgang Wagner
noch der Geschäftsführer der GmbH, doch wurde ihm seine Tochter Katharina
gleichberechtigt zur Seite gestellt. Diese Maßnahme war wieder ein Indiz für
die Absicht Wolfgang Wagners und der Festspiele GmbH, eine solche
Konstellation auf Dauer zu zementieren. Nicht genug damit: die Festspiele
GmbH gründete eine hundertprozentige Tochtergesellschaft, die „Bayreuther
Festspiele Medien GmbH“ (kurz BF-Medien genannt), die als
Vertriebsgesellschaft künftige Festspielprodukte verkaufen sollte.
Geschäftsführerin wurde Katharina Wagner. Zur
Hauptsache ging es hier um die Vermarktung in Form von Vorführungen der
Inszenierungen in den deutschen Kinos, im Fernsehen oder in
Großveranstaltungen als Public Viewing z. B. auf dem Bayreuther
Volksfestplatz, aber es war auch an die Herstellung von CDs und DVDs
gedacht. Sogar der Vertrieb von Erinnerungsartikeln wie Tassen mit dem
Autogramm Richard Wagners, Mützen und T-Shirts mit der Aufschrift
„Bayreuther Festspiele“ oder Schneekugeln (Inhalt: das verschneite
Festspielhaus) usw. sollten zu Geld gemacht werden. Aber – so fragte sich
mancher Beobachter der Szene –, wie kann sich denn die BF-Medien GmbH so
sicher sein, dass sie auch Aufträge erhält? Antwort: Ganz einfach, es würde
dafür gesorgt werden (und das mit hundertprozentiger Sicherheit), dass
Katharina Wagner auch Festspielleiterin werden würde. Basta! Damit wären die
Aufträge dann gesichert. Geldfluss aus der linken Tasche heraus und
gleich wieder in die rechte Tasche hinein! So einfach würde das gehen!
Am Rande sei hier vermerkt, dass dieses Geschäftsmodell nicht zum Erbe Richard Wagners gehörte und auch nicht Gegenstand des Auftrags an zukünftige Festspielleiter werden sollte. In der Stiftungsurkunde und in der Satzung der Richard-Wagner-Stiftung ist darüber kein Wort zu lesen.
Um nun die „Wahl“ Katharina Wagners zur Festspielleiterin zu sichern, brauchte man Verbündete, und da sprang Toni Schmid in die Bresche. Er allein konnte das nicht regeln, er nahm dafür den 1. Vorstand der Richard-Wagner-Stiftung, den Regierungspräsidenten von Oberfranken, Herrn Wilhelm Wenning, und den Geschäftsführer der Stiftung, den Bayreuther Oberbürgermeister, Herrn Dr. Michael Hohl, „mit ins Boot“.
Das also war der Beginn einer sich über das ganze Jahr erstreckenden Kette von Verschleierung und Machtsicherung.
Zunächst galt es, Katharina Wagner wieder einen zweiten Partner zu beschaffen. Das wurde „unkompliziert erledigt“, indem der Kultusminister Thomas Goppel Eva Wagner-Pasquier aufforderte, aus der Partnerschaft mit Nike Wagner auszusteigen. Ohne eine weitere Erklärung „wechselte Eva Wagner ins andere Lager“. Etwas später trafen sich die beiden Töchter Wolfgang Wagners, die sich noch nie zuvor begegnet waren, erstmals in ihrem Leben und reichten kurz darauf ein Konzept unter dem Namen „Zukunft Bayreuth“ beim Stiftungsrat ein, dessen Inhalt Schwerpunkte zukünftiger Leistungen der Festspiele auflistete. Dieses Papier war aber nicht das geistige Produkt der beiden Bewerberinnen, sondern es war Monate zuvor von Nike Wagner erstellt worden, als diese noch mit Eva Wagner-Pasquier kandidierte.
Nike Wagner ihrerseits erklärte auch sofort, an ihrer Bewerbung festhalten zu wollen und zu gegebener Zeit auch einen neuen, namhaften Partner präsentieren zu können.
In einem Brief an den Bayreuther Oberbürgermeister
Dr. Hohl (der, wie Herr Wenning auch Sitz und Stimme im Stiftungsrat hatte)
verwendete ich mich aus tiefster Überzeugung für Nike Wagner, deren
Qualifikation und ihre bisherigen Leistungen im Bereich deutscher Kultur sie
nach meiner Ansicht zur besten Kandidatin für die Leitung der Festspiele
machten. Herr Dr. Hohl antwortete mir in einem kurzen Schreiben mit Datum
vom 23. April 2008, das mit den Worten endete: „Ich darf Ihnen versichern,
dass der Stiftungsrat die beste Lösung finden wird“. Heute wissen wir, dass
eine Entscheidung längst gefallen war! Ich sollte nur „ruhiggestellt“
werden.
Am 15. April 2008 veröffentlichte dpa einen Brief Wolfgang Wagners an den Stiftungsrat, der datiert ist auf den 8. April 2008. Herr Wagner spricht in diesem Schreiben jedes einzelne Stiftungsratsmitglied an und beginnt mit den Worten: „Sehr geehrter …“
Es ist daraus nicht abzuleiten, ob Herr Wagner alle Stiftungsräte mit diesem Schreiben beehrt hat. Zum Inhalt: Wolfgang Wagner beruft sich eingangs auf das Ergebnis der Stiftungsratssitzung vom 6. November 2007, in der der Stiftungsrat potenzielle Bewerber aus der Familie Wagner auffordert, eine Bewerbung um die Festspielleitung einzureichen. Danach verwendet er sich für ein Dreierteam, bestehend aus Christian Thielemann, Peter Ruzicka und Tochter Katharina. Danach begrüßte er, dass sich seine beiden Töchter Katharina und Eva näher kennengelernt haben und meint, dass auch diese zusammen mit Christian Thielemann eine gute Festspielleitung abgeben könnten. Die beiden letzten Absätze zitiere ich hier wörtlich: „Sowohl der erstgenannten Variante – eine Bewerbung mit Christian Thielemann, Peter Ruzicka und Katharina Wagner –, aber insbesondere auch einer Bewerbung meiner beiden Töchter für die Festspielleitung würde ich zustimmen. In beiden Fällen wäre ich bereit, die Festspielleitung zu einem angemessenen, von mir zu bestimmenden Zeitpunkt, abzugeben. Ich hoffe, dass ich mit diesen wenigen Zeilen ein deutliches Signal setzen konnte und baue am 29. April 2008 auf einen entscheidungsfreudigen Stiftungsrat“. Ende des Zitats!
Zu diesem Brief, dessen Echtheit von vielen bezweifelt wird, besonders aber zu den zitierten Absätzen, wäre zu sagen:
1. Wer Herrn Wagner gekannt hat,
hält es mit größter Wahrscheinlichkeit für nahezu unmöglich, dass er sich
mit einem solchen Schreiben an den Stiftungsrat gewandt hat, den er seit
Jahren zutiefst verachtete. Es ist auch nicht sein Briefstil.
2. Was ist eigentlich aus seiner
seit Jahrzehnten fanatisch gepredigten Ansicht, er sehe niemanden im
Familienkreise, der die Fähigkeiten mitbringe, um die Festspiele zu leiten,
geworden? Hat er das vergessen oder sind seine Töchter plötzlich Ausnahmen
dieser Regel geworden?
3. Herr Wagner war im April 2008
bereits gesundheitlich so schwer angeschlagen, dass er seine Tochter Eva
beim ersten Wiedersehen nach vielen Jahren zunächst nicht erkannt hatte.
4. Wurde nicht immer wieder behauptet, Herr Wagner habe keine Bedingungen für seinen Rückzug gestellt?
Im Internet ist dieser Vorgang heute bei „Wikipedia“ folgendermaßen nachzulesen:
„Wolfgang Wagner erklärte sich im April 2008 bereit, zu Gunsten seiner Töchter Katharina und ihrer Halbschwester Eva Wagner-Pasquier vom Posten des Festspielleiters zurückzutreten“. Kein Wort von Beratungen des Stiftungsrates über insgesamt zwei vorliegende Bewerbungen, kein Eingeständnis eines eindeutigen Satzungsbruches oder über eine vorgesehene demokratische Abstimmung. Was kam da auf uns zu?
Der Deutsche Kulturrat forderte – so zu lesen in einer Notiz des „Nordbayerischen Kuriers“ vom 17. April 2008 – ein „transparentes Auswahlverfahren“ bei der Entscheidung über die künftige Leitung der Bayreuther Festspiele. Es müssten dieselben Spielregeln gelten wie in jeder anderen Kultureinrichtung, die durch öffentliche Mittel mitfinanziert würde. Der Vorsitzende des Kulturrats Olaf Zimmermann meinte, wenn eine solche Entscheidung, wie sie von Wolfgang Wagner vorgeschlagen worden war, in Bayreuth gefällt werden würde, dann würde dies ein schlechtes Licht auf den gesamten Kulturbereich in Deutschland werfen. Die Bevölkerung müsse den Eindruck erhalten, dass „vordemokratische Auswahlverfahren“ in unserem Lande gang und gäbe seien.
Solche Ermahnungen kümmerten den Stiftungsratsvorsitzenden Toni Schmid überhaupt nicht!
Der nächste Schritt war nun, Wolfgang Wagner zur
Kündigung seines auf Lebenszeit befristeten Festspielleitervertrags zu
bewegen. Die Kündigung musste bis 30. April bei der Stiftung eingehen, damit
am 1. Mai 2008 die in der Stiftungssatzung verankerte Bewerbungsfrist für
die Kandidatur um den Festspielleiterposten beginnen konnte, denn die Wahl
des neuen Festspielleiters war für den 31. August 2008 vorgesehen. Mit
dieser Kündigung tat sich Wolfgang Wagner bekanntlich schwer. Der
„Nordbayerische Kurier“ meldete am 28. April, ein Kündigungsschreiben sei
bis heute nicht bei der Richard-Wagner-Stiftung eingegangen.
Erstaunlicherweise teilte nur einen Tag später – also am 29. April – der
Stiftungsratsvorsitzende Schmid mit, „die Kündigung sei in München“
eingetroffen. Wieso in München, der Sitz der Stiftung ist doch Bayreuth?
Oder? Hatte Toni Schmid da auch wieder daran gedreht? Am gleichen Tage war
auch noch Stiftungsratssitzung in Bayreuth, während der natürlich keine
Entscheidung über die Nachfolge Wolfgang Wagners fallen konnte. Die nächste
Sitzung wurde dabei auf den 11. Juni 2008 festgelegt.
Ende Mai und Anfang Juni meldeten sich noch zwei
gewichtige Stimmen zur Nachfolgefrage, es waren dies der Direktor der Wiener
Staatsoper Ioan Holender und der Intendant der Bayerischen Staatsoper, Peter
Jonas. Zusammengefasst meinten beide, Bayreuth müsse wieder die
Vorbildfunktion in Sachen Inszenierung Wagnerscher Musikdramen übernehmen,
man sollte auch Wagners Frühwerke in den Spielplan aufnehmen, es sollten nur
renommierte Regisseure beschäftigt werden und keine Anfänger – das Gleiche
gelte für Dirigenten. Peter Jonas meinte sogar, wenn Richard Wagner wieder
auferstehen würde, er würde gleich aus diesem Theater aussteigen.
Jeder Beobachter der Szene hatte in den Jahren 2007/2008 ja die Information, dass – wenn es so weit sei und der Nachfolger Wolfgang Wagners gefunden werden müsste – der Stiftungsrat diesen Festspielleiter (möglicherweise unter mehreren Bewerbern) suchen, prüfen und in demokratischer Abstimmung wählen würde.
Es bleibt keine andere Option übrig als anzunehmen,
dass das Ehepaar Wagner in seinen Überlegungen längst (vielleicht auch auf
Drängen Gudrun Wagners) von dieser Herangehensweise abgerückt war, weil
damit keine absolute Sicherheit bestand, dass ein Mitglied der Familie
Wolfgang Wagners die Festspielleitung hätte übernehmen können.
Von der Stiftung bzw. vom Stiftungsrat war in diesen
Sommermonaten des Jahres 2008 nichts zu hören oder zu sehen.
Nein, Toni Schmid und seine Helfer (Herr Wenning und Herr Dr. Hohl) benötigten die Sommermonate um allen Stiftungsratsmitgliedern (außer denen, die der Familie Wagner angehörten) „einzutrichtern“, dass bei der Abstimmung nur um Zustimmung zu Team I (Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier) gebeten werde, da deren Wahl „alternativlos“ sei. Diese Vorgehensweise wurde später von einem Stiftungsratsmitglied, das selbst an der Abstimmung teilgenommen hat, gegenüber einem Mitglied der Familie Wagner absolut glaubwürdig bestätigt.
Mitte August 2008 präsentierte Nike Wagner ihren Partner, der mit ihr zusammen eine Bewerbung um die Leitung der Festspiele eingereicht habe. Es handelte sich bei dieser Person um den weltbekannten belgischen Theatermanager Gerard Mortier.
Ganz kurz muss hier auch auf die Qualifikation und die bisherigen Leistungen der beiden Bewerberteams eingegangen werden.
Team I: Katharina Wagner hatte keinen
Studienabschluss in irgendeinem Kunstfach, was ihr bei der Bewältigung
dieser doch mit hohem Kunstanspruch versehenen Tätigkeit als
Festspielleiterin geholfen hätte. Sie hatte keinerlei Erfahrung in der
Leitung eines großen Operntheaters. Einige nicht besonders erfolgreiche
Regie-Versuche zeigten alle Tendenzen zum in Mode gekommenen Regie-Theater.
Eva Wagner-Pasquier hatte den sehr ehrenvollen Beruf
einer Kindergärtnerin erlernt. Dann hatte sie neun Jahre als Assistentin
ihres Vaters im Festspielhaus „gedient“, ohne allerdings eine feste Aufgabe
zu haben. Nach der „Verbannung“ aus der Familie und aus dem Festspielhaus
war sie an verschiedenen Opernhäusern im künstlerischen Betriebsbüro oder
anderen der Organisation dienenden Bereichen tätig gewesen, ohne irgendwo
länger sesshaft zu werden.
Team II: Nike Wagner hatte sich seit über 30 Jahren
auf die Übernahme der Verantwortung bei den Bayreuther Festspielen
vorbereitet, sie sah sich dort in der Nachfolge ihres Vaters Wieland, der
als der große Erneuerer von Bayreuth gilt.
Nike Wagner hat über einen längeren Zeitraum zahlreiche verantwortungsvolle Aufgaben bei hochrangigen Kultureinrichtungen übernommen. 2002/2003 begleitete sie als Dramaturgin die „Ring“-Inszenierung von Herbert Wernicke und David Alden an der Bayerischen Staatsoper. 2004 übernahm sie die Gesamtleitung des Kunstfestes Weimar. In ihrem Buch „Wagner-Theater“ setzt sie sich mit dem Werk Richard Wagners auseinander bzw. sie entwickelt eine komplexe Dramaturgie zu den Werken ihres Urgroßvaters.
Der belgische Theatermanager Gerard Mortier ist ein Weltbegriff. Er leitete viele Jahre erfolgreich die Salzburger Festspiele und die Pariser Oper. Er war wohl der beste Branchenkenner und hatte Kontakte zu allen wichtigen Opernhäusern, Intendanten, Dirigenten, Regisseuren, Bühnenbildnern sowie zu Sängerinnen und Sängern. Für seine Leistungen erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, hier einige davon: Ehrendoktorwürde der Universität Salzburg, Großes Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland, Ritter der Ehrenlegion in Frankreich, Erhebung in den belgischen Adelstand eines Barons, Kommandeur des Kronenordens in Belgien u.v.a.m. Gerard Mortier war auch Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.
In Sachen Qualifikation und bisher erbrachte Leistungen war Team II ganz
eindeutig und haushoch Favorit für die Nachfolge Wolfgang Wagners als Leiter
der Festspiele.
Den Lesern dieser Seiten ist es sicher schon
aufgefallen, dass – wenn von Team I die Rede ist – zu keinem Zeitpunkt von
der Notwendigkeit, einen künstlerischen Neuanfang zu beginnen, gesprochen
worden wäre. Stimmt, die Presse dieser Monate der Jahre 2007/2008 enthält
keinerlei Notizen dieser Art, denn solche Informationen hätten ja aus der
Presseabteilung der Festspiele kommen müssen.
Die nächste Stiftungsratssitzung am 11. Juni 2008 behandelte nur Themen, die mit der Festspielleiterwahl nichts zu tun hatten. Toni Schmid brauchte nur dafür zu sorgen, dass die Stiftungsratsmitglieder erst gar nicht in die Versuchung kommen würden, z. B. nach den Plänen des Teams II zu fragen, eine Diskussion über die Vorzüge oder Nachteile des einen oder anderen Bewerbers zu beantragen, oder eine umfassende Aufklärung über den Stand der Vorbereitungen der Wahl zu fordern.
Die Festspiele des Jahres 2008 eröffneten mit einer
Neuinszenierung des „Parsifal“. Regie führte Stefan Herheim, das Bühnenbild
schuf Heike Scheele, die Kostüme steuerte Gesine Völlm bei. Dirigent war der
Italiener Daniele Gatti. Die musikalische Seite können wir vernachlässigen,
denn insgesamt wurden gute Solisten eingesetzt, die trotz der ungewohnten
Regie auch darstellerisch gute Akzente setzen konnten. Auch Chor und
Orchester boten die erwartete Qualität. Aber das, was auf der Bühne zu sehen
war, war nicht „Parsifal“, sondern ein ganz anderes Stück, sowohl im
Bühnenbild – das Ganze spielt innerhalb Wahnfrieds und im Wahnfried-Garten.
Es ist die Dramaturgie und das Vorhandensein von drei übereinanderliegenden
Handlungen, es ist einfach die Regie, die diese Inszenierung ganz eindeutig
der Unsitte „Regie-Theater“ zuordnet. Man weiß als Zuschauer dieser
Inszenierung überhaupt nicht, wo man sich befindet. Sind da Reste der
ursprünglichen „Parsifal“-Handlung zu erkennen, zeigt das Stück die
Geschichte des Hauses Wahnfried oder sind wir im Laufe der deutschen
Geschichte im Deutschen Bundestag gelandet? Das Ganze wird zusätzlich
verwässert durch die Einspielung von stummen Videos, die teilweise nicht
einmal etwas mit den aufgezeigten Themen zu tun haben. In dem Ganzen geht
natürlich die Musik vollkommen unter und die Kostümierung macht alles nur
noch lächerlicher. Manchmal glaubt man, sich auf einem Kostümball im Wien
der 1890er-Jahre wiederzufinden, dann befindet man sich in einem Bordell,
gleich darauf im Krankenzimmer eines Armee-Lazaretts. Ich frage mich schon,
warum die Regisseure innerhalb eines Jahrzehnts in Bayreuth nun schon zum
zweiten Mal so rüde mit Wagners letztem Bühnenwerk umgehen? Die Ära Wolfgang
Wagner endete mit einem „Regie“-Theaterstück. Was würde zukünftig auf uns
zukommen?
Erstmals 2008 wurde eine Vorstellung aus dem
Festspielhaus live auf dem Volksfestplatz in Bayreuth übertragen. Im Rahmen
des sogenannten Public Viewing hatten die Besucher dort die Möglichkeit, die
Vorstellung der „Meistersinger von Nürnberg“ auf einer riesigen Bildwand und
mit Unterstützung einer großen Lautsprecheranlagemitzuerleben. Die Presse
berichtete anderntags, dass während der fast siebenstündigen Übertragung
fast 35.000 Menschen (viele eben nur teilweise) diese Veranstaltung besucht
hatten. Für viele Menschen war dies die erste Begegnung mit Wagner. Die
Zustimmung oder Ablehnung dieser Art, des großen Komponisten Wagners Werke
zu erleben, war gemischt. Einige meinten, es fehlte einfach das Fluidum des
Zuschauerraums mit seiner herrlichen Akustik, die anderen meinten, sie
hätten sich die „Meistersinger“ ganz anders vorgestellt, im Opernführer
würde die Handlung ganz anders beschrieben, wieder andere meinten, wenn ein
solches „Event“ im kommenden Jahr wieder veranstaltet würde, kämen sie
wieder. (Es gab ja auch reichlich Bier und Bratwürstchen).
Am Vormittag des 28. August 2008 wurde Wolfgang
Wagner von der Belegschaft der Bayreuther Festspiele und vielen auswärtigen
Gästen aus Politik, Kultur und früheren Weggefährten aus seinem Amt als
Festspielleiter verabschiedet. Diesen würdevollen Abschied hatte er
zweifellos verdient. Aber es war eine Tortur für Herrn Wagner, dessen
Gesundheit so schwer in Mitleidenschaft gezogen war, dass er kaum noch gehen
oder stehen konnte. Seine Stimme war ganz ausgeschaltet, er selbst hat kein
Wort mehr sprechen können. Trotzdem, seine Verdienste um die Festspiele
wurden in zahlreichen Beiträgen sehr gut gewürdigt. Immerhin hatte Wolfgang
Wagner die Festspiele insgesamt 57 Jahre geleitet (die ersten 15 Jahre mit
seinem Bruder Wieland gemeinsam). Zum Ende der Veranstaltung wurde er im
Rollstuhl in sein Wohnhaus zurückgebracht und niemand hat ihn seit diesem
Tage – außer den Familienmitgliedern, den Ärzten und dem Pflegepersonal –
noch einmal lebend gesehen. Er starb still und friedlich, nur umgeben von
Familienmitgliedern am 21. März 2010 in seinem Hause.
Der 31. August des Jahres 2008, war der Tag, an dem
die neue Festspielleitung gewählt wurde. Der Kultur-Fernsehsender 3sat
sendete live aus dem Bayreuther Rathaus, dort wurde die Wahl durchgeführt.
Beide Bewerberteams waren vor Ort, der Stiftungsrat vollständig vertreten.
Toni Schmid eröffnete als Vorsitzender dieses
Gremiums die Sitzung.
Team I (Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier), deren Programm-Papier
„Zukunft Bayreuth“ dem Stiftungsrat vorlag, wollte keine Erklärung abgeben.
Team II (Nike Wagner und Gerard Mortier) trugen ihre
Pläne einer zukünftigen Festspielleitung in mündlicher Form vor.
Wie mir
der Bayreuther OB, Dr. Hohl zwei Jahre später während eines Gesprächs über
das Thema Bayreuther Festspiele mitteilte, habe Herr Mortier in einem
fulminanten Vortrag die Pläne und Ziele von Team II dargelegt!
(Da aber
die Entscheidung insgeheim bereits gefallen war, dürfte dieses
„Zwischenspiel“ keinerlei Eindruck auf die Stiftungsräte gemacht haben).
Es waren seit Eröffnung der Sitzung gerade mal 20
Minuten vergangen – Nike Wagner und Gerard Mortier hatten ihr Konzept
vorgetragen, irgendwelche Fragen dazu wurden nicht gestellt, eine Diskussion
fand auch nicht statt –, da meinte der Stiftungsratsvorsitzende Toni Schmid,
wer dafür sei, dass das Team I (Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier)
die Festspielleitung übernehmen solle, der möge die Hand heben. Und damit
wurde die schreckliche Befürchtung amtlich: Mit 22 Ja-Stimmen und zwei
Enthaltungen wurden die Töchter Wolfgang Wagners zu Festspielleiterinnen
ernannt.
Sie stiegen in den zu diesem Zeitpunkt noch gültigen
alten Mietvertrag für das Festspielhaus ein, den ihr Vater 1990 mit der
Richard-Wagner-Stiftung abgeschlossen hatte. Und damit erhielten sie auch
„künstlerische Freiheit“! In einem einzigen Punkt hatte man möglicherweise –
so schien es damals – richtig gedacht: Nach Ansicht des damals im
Bundeskanzleramt für Vertragsangelegenheiten zuständigen Beamten, Herrn Knut
Nevermann, sollten die beiden Festspielleiterinnen einen ersten Vertrag über
fünf Jahre erhalten (es wurden dann sieben Jahre daraus). Während der
Laufzeit dieses Vertrags sei man dann ja frei zu entscheiden, ob der Vertrag
verlängert wird oder ob man sich um eine neue Leitung kümmern muss, so Knut
Nevermann im Jahre 2008. Genau darum wird es im letzten Kapitel meines
Berichtes gehen. Festspiele GmbH oder Stiftung? Wer hat hier das Sagen, wer
bestimmt oder wählt den Festspielleiter?
Nach Abschluss der Sitzung gab es eine
Pressekonferenz, auf der die beiden Gewählten nichts Neues zu verkünden
hatten. Sie teilten lediglich mit, dass Eva Wagner-Pasquier für die
Besetzungen sorgen und für künstlerische Belange zuständig sein soll,
natürlich immer in Absprache mit ihrer Halbschwester, Katharina würde sich
um Marketing, Presse und Öffentlichkeitsarbeit kümmern. Eine Einladung des
Fernsehsenders 3sat, vor die Kameras zu treten, schlugen sie aus, weil dort
auch die Kulturkritikerin der FAZ, Frau Julia Spinola, erscheinen würde,
deren Anwesenheit sie nicht mochten, weil sie gelegentlich unangenehme
Fragen stellte. Stattdessen erschienen dort der damalige Vorsitzende der
Gesellschaft der Freunde von Bayreuth, Herr Karl Gerhard Schmidt, und der
Bayreuther Oberbürgermeister Dr. Hohl, Geschäftsführer der
Richard-Wagner-Stiftung. Beide Herren hatten auch Sitz und Stimme im
Stiftungsrat. Etwas blieb in deren Aussage ungeklärt, denn sie berichteten
darüber, dass der Stiftungsrat nach dem Vortrag von Herrn Mortier noch eine
Stunde lang beraten habe, welchem Team die Festspielleitung übertragen
werden sollte. Man habe sich dann für die beiden Töchter Wolfgang Wagners
entschieden. Eva Wagner habe große Opernerfahrung, außerdem habe sie ja
viele Jahre mit ihrem Vater im Festspielhaus gearbeitet. Katharina Wagner
kenne das Werk Wagners und den Festspielbetrieb. Dazu wäre zu sagen:
Katharina Wagner hat nicht einmal den Auftrag der Stiftung verstanden. Sie
kennt auch das Werk nicht, da sie die Historie des Unternehmens nicht
interessiert. Der Beweis für meine Behauptung ist die Berufung der
Regisseure, die sie in den dann folgenden 13 Jahren ihrer bisherigen
Leitungs-Verantwortung verpflichtet hat. Darüber wird noch zu berichten
sein. Es tut mir leid sagen zu müssen, dass die Herren Schmidt und Dr. Hohl
wirklich keinerlei Wissen über die Abläufe in einem Operntheater haben. Von
der Moderatorin befragt, beteuerten beide, dass das Ergebnis der Wahl sie
selbst überrascht habe und sie wiesen die Vermutung, dass dieses Ergebnis
abgesprochen sei, weit von sich. Zum Schluss meinte Herr Dr. Hohl, jetzt
würde in Bayreuth alles besser werden. Anmerkung: Was alles in Bayreuth
hätte besser werden sollen, haben wir bis heute nicht erfahren. Die wohl
wichtigste Verbesserung, eine künstlerische Erneuerung, war wohl nicht
eingeplant, denn davon war nie die Rede.
Abschließend erschienen vor der Kamera der Münchner
Theaterwissenschaftler und Autor verschiedener Bücher über Wagner und
Bayreuth, Jens Malte Fischer, und die schon angesprochene FAZ-Journalistin
Julia Spinola. Beide hielten den Wahlausgang zu Gunsten der beiden Töchter
Wolfgang Wagners für kein gutes Omen für das zukünftige Erscheinungsbild der
Festspiele. Jens Malte Fischer war aufgefallen, dass in allen
Verlautbarungen nur die Rede von Öffentlichkeitsarbeit, von Sponsoring und
Marketing die Rede war, die Worte Dramaturgie (die berühmte „Bayreuther
Dramaturgie“) oder künstlerischer Neubeginn dagegen überhaupt nicht
vorkamen. Herr Fischer meinte sogar, wer Gerard Mortier zurückweise, brauche
schon sehr gute Argumente. Nike Wagner, die Mitunterlegene hielt die ganze
Veranstaltung für ein äußerst „unwürdiges Procedere“, wünschte aber ihren
Cousinen trotzdem viel Glück bei der Bewältigung der großen Anforderungen
und sagte abschließend:
„Ich bin zwar traurig über die Niederlage, aber verloren hat vor allen Dingen Bayreuth.“ (Eine weise Voraussage).
Die Kritik am Ausgang der Wahl war vielfältig. So äußerte sich z.B. der Direktor der Wiener Staatsoper, Ioan Holender: „Der Stiftungsrat habe in einer „Geschlossenheit wie das Zentralkomitee der nordkoreanischen KP“ abgestimmt. Holender nannte das gesamte Auswahlverfahren samt Konzepteinreichung und 20-minütiger Vorsprache „lächerlich“ und sowohl für die Kandidaten als auch für die Bayreuther Festspiele „entwürdigend“.
Um es auf den Punkt zu bringen:
Für Bayreuth und seine Festspiele war dieses Ergebnis der absolute Supergau!
Die Politik hatte sich eingemischt und über die Kultur gesiegt. Toni Schmid, der Eindringling aus München, hat alles zerstört!
Nach den Richtlinien der Stiftungssatzung war die Entscheidungsfindung und das Ergebnis im Sinne dessen, dass bei der Wahl die bestmögliche Festspielleitung beauftragt werden sollte, eine krasse Fehlentscheidung!
Hier stand die eigentlich völlig überflüssige und in Sachen Leitung eines Theaterbetriebs unerfahrene „Bayreuther Festspiele GmbH“ und die „BFMedien GmbH“, dort die kaltgestellte „Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth“, die durch Mitverschulden ihres Vorstands und ihrer Geschäftsführung um das Recht, den Festspielleiter demokratisch zu wählen, betrogen worden war.
Hier war Toni Schmid Vorsitzender des Verwaltungsrates, dort war er Stiftungsratsvorsitzender. Beide Institutionen wurden kontrolliert und manipuliert durch ein und dieselbe Person, durch Toni Schmid.
Und nun standen sie da, die unerfahrenen und völlig überforderten Festspielleiterinnen, am Tag nach der Wahl, ohne richtiges Programm, ohne eine wohldurchdachte Prioritätenliste und ohne künstlerische Visionen. Dafür aber hatte ihnen Toni Schmid bereits den ersten Auftrag erteilt: Sie sollten fleißig neue Sponsoren gewinnen. Das aber – so sollte sich herausstellen – ist leichter gesagt als getan. Im Gegenteil: auf diesem Gebiet traten bald erste schwere Rückschläge ein. Siemens stieg aus der Festspielförderung 2012 aus, Audi wenige Jahre später. Damit fehlten im Budget bereits 1,6 Mio. Euro.
Katharina Wagner eilte am 1. September 2008 nach Bremen, um einen RegieAuftrag (die Oper „Rienzi“, ein Jugendwerk ihres Urgroßvaters) zu beginnen und – wie sich bald zeigte – ihren insgesamt sechsten Inszenierungs-Flop hinzulegen.
Ihre Halbschwester Eva begann ihren Dienst im Festspielhaus, in dem sie zuletzt vor 32 Jahren einmal die Assistentin ihres Vaters gewesen war.
Mit Datum vom 4. September 2008 erschien ein
Gespräch mit Katharina Wagner im „Nordbayerischen Kurier“, das sie mit der
„Berliner Morgenpost“ geführt hatte. Ein sehr aufschlussreiches Gespräch. Zu
Beginn stellt sich aber doch die Frage, warum nicht mit beiden
Festspielleiterinnen gesprochen wurde, es betraf doch die Aufgaben beider
Leiterinnen? Einleitend kündigte Katharina Wagner „eine flexible, weniger
patriarchenhafte“ Festspielleitung an.
Es wird in Bayreuth jetzt auch „keine Nacht der
langen Messer geben“, fügte die erst 30-jährige Urenkelin Richard Wagners
noch hinzu. Hierzu wäre zu sagen: Sie kündigte einigen, sehr wichtigen
Mitarbeitern, deren Rat für die reibungslose Übernahme der
Festspielverantwortung sie sehr dringend bedurft hätte. Um diese Leute los
zu werden, musste sie Ablösesummen von insgesamt fast 300.000 Euro
hinblättern.
Sie kündigte eine größere Öffnung der Festspiele in
die Medienöffentlichkeit an. Ihre Worte: „Ich bin für Transparenz total“.
Bayreuth solle ein „sympathisches Festival werden“. Auch hierzu: Weniger
Öffentlichkeit ist fast nicht mehr möglich. Die Abkapselung ist sogar
optisch wahrnehmbar. Als Folge einer (angeblichen) Bombendrohung ließ Frau
Wagner um den gesamten Bereich der Nebengebäude einen stabilen Metallzaun
errichten. (Das Dorf in der Stadt).
Die bisherigen Publikationen, wie z. B. das große
Festspielbuch, entfielen ab 2008. Lediglich die Programmhefte, die bis auf
ein paar mittlerweile großformatige Fotos der Inszenierungen keinen
künstlerischen Wert besitzen (man kann sie nicht einmal aufgeklappt
hinlegen), sind geblieben. Am Jahresende gab man nun ein dünnes Heftchen
heraus, in dem zwar nichtssagend der nächstjährige Spielplan und die
voraussichtlich mitwirkenden Künstler des kommenden Jahres zu finden waren.
Dann gab es aber noch eine DVD-Beilage mit „Beiträgen aus dem
Festspiel-Podcast des abgelaufenen Jahres“. Als dafür verantwortlicher
Pressechef hätte ich mich geschämt, diese von ständiger Werbung
unterbrochenen Informationen als von den „Bayreuther Festspielen stammend“
auszugeben. Mehr Informationen gibt es bisher nicht. Mittlerweile wird zur
Festspielzeit nicht mal mehr ein Mitwirkenden-Verzeichnis herausgegeben.
Auch das Thema „Aufarbeitung der Familiengeschichte – welche Verbindungen
hatte die Familie Wagner zu den Nazi-Größen“ – wurde angeschnitten. Hier
versprach Frau Wagner Bewegung. Geschehen ist bis heute nichts, es ist auch
mittlerweile fast überflüssig.
Katharina Wagner räumte ein, dass die Besetzungen
hochklassiger werden müssten. So z. B. verhandle man für die
„Lohengrin“-Inszenierung im Jahre 2010 noch mit dem „Traum-Schwanenritter“.
Anmerkung: Der „Traum-Schwanenritter“ war Jonas Kaufmann, er kam auch, sang
drei Vorstellungen und meldete sich krank. Die restlichen drei Vorstellungen
sang Klaus Florian Vogt den Lohengrin (Nordbayerischer Kurier). Jonas
Kaufmann wurde mit Bayreuth bis heute nie mehr in Verbindung gebracht. Man
sprach auch über den Regisseur der nächsten „Ring“-Inszenierung im
Jubiläumsjahr 2013. Da sei noch keine Entscheidung gefallen. Sie nannte ein
paar Namen, die alle nicht in Frage kämen, verschwieg aber, dass mit Wim
Wenders verhandelt würde. Das aber zerschlug sich wegen geringfügiger
finanzieller Differenzen. Gerade mit Wim Wenders, der parallel zur
„Ring“-Inszenierung noch einen großen Film drehen wollte, hätte Bayreuth
einen künstlerischen Erfolg und eine weltweite, kostenfreie Werbung für die
Stadt verbuchen können. Stattdessen musste Frank Castorf erscheinen, darüber
wird man noch sprechen müssen. Sie fügte aber noch an, dass Bayreuth bis
2013 wieder der „unstrittige Mittelpunkt der Wagner-Welt sein würde“.
Welche Naivität steckt in dieser Aussage? Hätte sie da bloß Recht behalten,
dann müsste ich diesen ganzen Artikel nicht schreiben!
Ich füge noch an, dass Katharina Wagner einfach keinen Zugang zur Branche hat. Wieland und Wolfgang Wagner luden jeweils die besten Sänger für die zu besetzenden Partien ein – und sie kamen, um mit ihresgleichen jede einzelne der Vorstellungen zu etwas ganz Besonderem zu machen.
Katharina Wagner kam also im September aus Bremen zurück und hat sich gleich darangemacht, alles „über den Haufen zu werfen“, kein Stein blieb auf dem anderen. Und so ergaben sich Probleme, die teilweise bis heute nicht behoben sind. Für 2009 war keine Neuinszenierung vorgesehen, was hätte man in diesem Jahr nicht alles sinnvoll verändern, ergänzen, verbessern können! Sie übernahm einen strukturierten und organisierten Opernbetrieb (sofern man das von einem Operntheater behaupten kann, das nur drei Monate pro Jahr betrieben wird und dessen künstlerischer Betrieb immer wieder neu hochgefahren werden muss).
Die Festspiele hatten zu dieser Zeit zirka 60 Fachkräfte sehr verschiedener
Berufe (Verwaltungsangestellte, Handwerker mit jahrelanger TheaterErfahrung, Presseleute, Reinigungspersonal usw.) in Festanstellung. Auch waren einige Vorstände wie z.B. die Leiter der Kostümabteilung und der Maskenbildnerei sowie ein Assistent der Festspielleitung vertraglich gebunden. Was hätte nähergelegen, einmal Bilanz zu ziehen und alle die nützlichen Dienste in die neu zu strukturierenden Abläufe zu integrieren? Es kamen aber keine neuen Strukturen. An Motivation hat es dem Personal nie gefehlt, das weiß ich noch aus eigener Erfahrung.
Die zuvor genannte Aufgabenteilung der beiden Festspielleiterinnen ist in dieser Form – wie sie bei der Pressekonferenz am 8. September 2008 angekündigt worden war – nie in Gang gekommen. (Eva Wagner-Pasquier hatte nicht den Mut, sich durchzusetzen, sie stand sehr stark unter dem dominanten Einfluss ihrer Halbschwester). Die beiden Damen hatten auch niemanden, den sie mal um Rat hätten fragen können. Die Mitglieder des Verwaltungsrates waren entweder nicht vor Ort oder – wie Toni Schmid – hatten keine Ahnung von Opernbetrieben. Außerdem: Rat von anderen anzunehmen, ist Katharina Wagners Stärke nicht! Es wurde also munter drauflosgewirtschaftet. Die Presse, die das zum Teil mitbekam, berichtete über jeden erkannten Fehler, ja, sie walzte ihn richtiggehend aus. Katharina Wagners Hauptsorge in den ersten beiden Jahren galt ohnehin dem Erfolg der Tochtergesellschaft BF-Medien GmbH, weiß ein ehemaliger Mitarbeiter zu berichten.
Ursprünglich wollte ich an dieser Stelle eine Reihe von Entscheidungen auflisten, die die beiden Festspielleiterinnen im Laufe der Jahre ab 2009 getroffen hatten und die fast alle nichts zu einer Verbesserung der Arbeitssituation bzw. des auf der Bühne bei den kommenden Vorstellungen sichtbar gewordenen Ergebnisses beigetragen haben. Nach Sichtung und Priorisierung dieser ungezählten Fehlschläge (sie würden weitere sieben bis acht Blätter füllen) verzichte ich darauf, zumal dies schon x-mal geschehen ist. Auf Wunsch kann eine solche Auflistung an dieser Stelle hinzugefügt werden.
Wer geglaubt oder gehofft hatte, mit dem Wechsel der Festspielleitung würde die Nachfrage nach Eintrittskarten wieder steigen, wurde sehr enttäuscht, denn der Winkel in der Abwärtsbewegung blieb gleichbleibend steil. Gestiegen sind nur die Eintrittspreise.
Die Festspielleiterinnen hatten – jedenfalls nach
außen hin – nichts Sichtbares oder Spürbares positiv verbessert, Herr Toni
Schmid zog die Fäden und damit erschien dann im Juli 2010 die erste
Neuinszenierung ihrer Regentschaft mit der romantischen Oper „Lohengrin“.
Diese Inszenierung war die erste von insgesamt 13 Werken (die vier
„Ring“-Opern einzeln gerechnet), die auf den Spielplänen, den
Eintrittskarten, den Programmheften oder dem Tagesbesetzungsblatt usw. die
Aufschrift eines Wagnerschen Bühnenwerks trugen, das aber auf der Bühne gar
nicht stattfand. Nein, sehr geehrte Leser, Sie haben sich nicht verlesen!
In diesem zweiten Jahrzehnt ist auf der Bayreuther
Bühne bis heute kein Musikdrama von Wagner aufgeführt worden. Den
Gesamtkunstwerken fehlen die zu den Texten und zur Musik gehörenden
Handlungen. Was Sie dort erleben, sind die jetzt in Mode gekommenen
„Regie“-Theaterinszenierungen – Fantasiegeschöpfe!
Was der Zuschauer jetzt zu sehen bekommt, sind die Ausgeburten von Jungregisseuren, von Profilierungssüchtigen oder puren Angebern, denen von der Festspielleitung die Gelegenheit gegeben wird, ihre kranken Fantasien auszuleben. Nein, ich habe mich nicht geirrt und die einigen hunderttausend Besucher der letzten Jahrzehnte, die immer alles darangesetzt haben, eine der begehrten Karten für eine Vorstellung in Bayreuth zu ergattern, sind maßlos enttäuscht und kommen nicht mehr.
Bis jetzt habe ich ja nur meine Gedanken in chronologischer Reihenfolge niedergeschrieben, ab hier spreche ich Sie, sehr geehrte, oberste Entscheidungsträger der Gesellschafter, Sie, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands der Richard-Wagner-Stiftung und deren Geschäftsführer, und Sie, sehr geehrte Mitglieder des Verwaltungsrates der Bayreuther Festspiele GmbH, direkt an!
Ich bitte Sie sehr, fühlen Sie sich ruhig
angesprochen, ich drücke mich so verständlich aus, wie das überhaupt möglich
ist:
Wer auch immer Herrn Toni Schmid beauftragt hat, die Festspielleitung – so
wie sie sich heute präsentiert – zu installieren, wer geduldet oder
gefördert hat, dass der Stiftungsrat entmachtet wurde, der hat es sich sehr
leicht gemacht mit dieser Entscheidung, da er nichts von dem verstanden hat,
was seit Beginn des 21. Jahrhunderts mit den Bayreuther Festspielen
geschehen ist.
Was hat sich Herr Schmid, der in seiner Funktion als
Stiftungsratsvorsitzender – mit diesem Gremium zuständig für die Wahl des
Festspielleiters – dabei gedacht, als er zunächst zusammen mit dem Vorstand
und der Geschäftsführung der Richard-Wagner-Stiftung dafür gesorgt hat, dass
der Stiftungsrat gar nicht erst in Erscheinung trat, um dann in maßloser
Selbstüberschätzung die „alternativlos“ und „einzig dafür geeigneten“
Töchter Wolfgang Wagners mit der Festspielleitung zu beauftragen? Wie hat
Toni Schmid denn diese Eignung festgestellt? Hat er sich denn die Mühe
gemacht zu ergründen, wie der dringend erforderliche künstlerische Neuanfang
bewerkstelligt werden sollte? Es war doch schon 2008 klar erkennbar, dass
das Stammpublikum in steigendem Maße von Bayreuth abrückte. Hat Toni Schmid
gewusst, wie die Inszenierungen ab 2010 aussehen würden? War er sich darüber
im Klaren, was die beiden Festspielleiterinnen mit der ihnen gewährten
„künstlerischen Freiheit“ anfangen würden? Wenn ja, dann wusste er, dass die
Besucher zukünftig nicht mehr Wagners Werke – so wie sie uns der Komponist
überlassen hat – zu sehen bekommen? Hat er die bis 2008 schon sehr stark
nachlassende Kartennachfrage berücksichtigt?
Kurz vor der am 31. August 2008 stattgefundenen
„Festspielleiter-Bestimmung“ war die schon bestehende Bayreuther Festspiele
GmbH von einem auf vier Gesellschafter erweitert worden. Haben sich die
zuständigen Entscheidungsträger dieser nun erheblich vergrößerten und mit
gewaltigen Aufgaben betrauten Gesellschaft denn gar nicht mal darum
gekümmert, wie das in Bayreuth nun zukünftig ablaufen soll (oder würde)? Wie
konnte es geschehen, dass zwei sich bewerbende Teams nicht qualitativ
bewertet wurden, bzw. dass nicht erkannt wurde, dass jedes Opernhaus der
Welt Bayreuth um Nike Wagner und Gerard Mortier beneidet hätte, wären diese
beiden Theater-Fachleute aus dem Vergleich der Bewerber als Sieger
hervorgegangen? Wie war es möglich, dass nicht der Stiftungsrat den
Festspieleiter demokratisch ermittelt und gewählt hat, sondern dass Herr
Schmid mit seinen Helfern (wie oben dargelegt) die Geschäftsführerin der
Bayreuther Festspiele GmbH Katharina Wagner einfach so zur Festspielleiterin
bestimmte? War er sich tatsächlich nicht der Konsequenzen bewusst, die da
auf die Außendarstellung der Festspiele zukommen würden?
Kehren wir zurück zum „Lohengrin“ des Jahres 2010,
der dramaturgisch in den Betrieb eines Ratten-Versuchslabors umgeschrieben
wurde, sehen wir uns den „Tannhäuser“ des Jahres 2011 an, der uns in der
neuen Handlung in eine Biogas-Anlage entführte (einschließlich des Gestanks)
und berücksichtigen wir mal den „Fliegenden Holländer“ des Jahres 2012, der
die Arbeit einer Packstation eines Ventilator-Herstellers schildert, der
seinen Betrieb in einer von glitzernden Stahlrohren umgebenen Halle
aufgebaut hatte, und fragen wir mal Herrn Schmid, ob er nicht spätestens
nach diesen drei totalen Fehlschlägen hätte zur Einsicht kommen müssen, dass
die Berufung der beiden Wagner-Töchter eine Fehlentscheidung war?
Wir befinden uns jetzt im Herbst 2012. Wäre jetzt
nicht zwingend notwendig gewesen, die nötigen Schritte zu tun, um ab 2015
einen besseren Festspielleiter zu präsentieren? Hatte Toni Schmid nicht
längst vernommen, dass mit dem im Jahre 2013 auf uns zukommenden „Ring des
Nibelungen“ in der Inszenierung durch Frank Castorf die nächste Katastrophe
ins Haus stand? Hatte er nicht mitbekommen, was die Festspielleiterin einem
Journalisten 2011 geantwortet hatte, der bei der Bekanntgabe, Herr Castorf
werde den „Ring“ 2013 inszenieren, folgende Frage gestellt hatte: „Herr
Castorf hat noch nie eine Oper inszeniert und Noten kann er auch nicht
lesen. Wie soll dieser Mann sich mit seiner Regie durch die Partitur
hindurcharbeiten, wenn er die Musik nicht kennt?“ Katharina Wagner
antwortete: „Ach, mit der Musik wird er schon irgendwie zurechtkommen!“ Das
ist die Antwort der Festspielleiterin der bedeutendsten und ältesten
Musikfestspiele der Welt, selbst ein Mitglied der Familie Wagner!
Hätte Toni Schmid nicht schon im Herbst 2012 – wie
von verschiedenen Personen laut angedacht – die Festspielleiterstelle
ausschreiben können? Warum musste sich Bayreuth mit der schlechtesten Lösung
weiter herumschlagen? Ich selbst habe 2010 mit Herrn Dr. Hohl und Anfang
2013 mit Herrn Wenning genau über dieses Thema gesprochen. Sie hätten doch
die Notbremse ziehen können. Gewiss, es hätte einen riesigen Aufruhr
bedeutet, aber es wäre um die Qualität der Aufführungen und um die
Glaubwürdigkeit der handelnden Gremien gegangen. Längst hätte der
Stiftungsrat „grunderneuert“ werden müssen, so wie z.B. Frau Iris Wagner,
Stiftungsratsmitglied und Vertreterin der Stifterfamilie Wieland Wagner,
schon 2012 in einem Brief an Herrn Wenning angeregt hatte, den ich hier –
auszugsweise – noch einmal wörtlich zitiere:
„Die Aufgabe und Darstellung der Stiftung ist von
nationaler Bedeutung, die nur durch ein leidenschaftliches und kompetentes
Engagement aller Stiftungsratsmitglieder angemessen zu bewältigen ist. Die
Stiftung bedarf der personellen und strukturellen Erneuerung. Nicht
schweigendes Desinteresse von beamteten Funktionsträgern, sondern der
Diskurs von Kulturfachleuten sollte in künftigen Stiftungsratssitzungen
vorherrschen.“ Ende des Zitats.
Um es auf den Punkt zu bringen: Es wurde nicht
einmal versucht, alle Stifter, Gesellschafter und Förderer, die im
Stiftungsrat vertreten sind, dazu zu bewegen, Vorschläge für eine fachlich
bessere personelle Vertretung im Stiftungsrat einzuleiten. Es wurde von
Herrn Schmid auch keine Ausschreibung der Festspielleiterstelle veranlasst,
es wurde weder die Ämterhäufung (Mitglied im Verwaltungsrat und gleichzeitig
auch Mitglied des Stiftungsrates) behoben, noch wurde Herr Schmid in seine
Schranken verwiesen. Nein, stattdessen konnte er – in wessen Auftrag auch
immer – in aller Ruhe einen Folgevertrag mit Katharina Wagner für die Jahre
2015 bis 2020 aushandeln, und auch hier kam ein beratender Stiftungsrat
nicht zum Zuge. Wer hat diesen Vertrag eigentlich unterschrieben? Es ging
ausschließlich um den Machterhalt für die Nachfahren der Familie Wolfgang
Wagners.
Der Jubiläums-„Ring“ des Jahres 2013 hatte
selbstverständlich mit Wagners (in mythischen Zeiten spielendem) Ring nichts
gemeinsam. Jetzt spätestens hätte der Stiftungsrat aufbegehren müssen. Er
wurde auch jetzt nicht zu Beratungen eingeschaltet, die in die Suche nach
einer neuen Festspielleitung geführt hätten. Außerdem äußerte sich Toni
Schmid in einem Interview zur Wahl des Festspielleiters folgendermaßen: „Die
Bayreuther Festspiele GmbH hat mit der Richard-Wagner-Stiftung nichts zu
tun, die Stiftung vermietet lediglich das Festspielhaus, das ist alles!“
Um diesen Machterhalt zu vereinfachen, strengte Toni
Schmid den Abschluss eines neuen langfristigen Mietvertrages für das
Festspielhaus zwischen der Eigentümerin, der Richard-Wagner-Stiftung, und
der Festspiele GmbH an. Mit dem Abschluss dieses Vertrages wäre man dann
über eine Generation hinweg von der Frage nach der Anmietung des
Festspielhauses befreit. Nach einigem Gerangel ist es ihm auch gelungen,
einen Mietvertrag über eine Laufzeit von 20 Jahren (beginnend 2020)
durchzusetzen, in dem der Vermieter über die gesamte Laufzeit kein
Kündigungsrecht hat. Begründet wurde die Notwendigkeit der langen Laufzeit
mit der Gestellung von Sicherheiten für die hohen Kosten der Sanierung der
Festspielgebäude. (Kosten, deren endgültige Höhe bis heute nicht genau
ermittelt sind, außerdem könnte die Festspiele GmbH solche hohen Summen
niemals garantieren). Ein Einspruch der Nachfahren Wieland Wagners gegen
diesen Vertrag wies das Landgericht Bayreuth ab.
Im Jahre 2014 gab es keine Neuinszenierung, 2015
dann eine Neuinszenierung von „Tristan und Isolde“, Regie: Katharina Wagner.
Christian Thielemann, der Dirigent dieser Inszenierung, wurde nun zusätzlich
vertraglich Musikdirektor der Festspiele. Einmal eine gute Entscheidung.
Herr Thielemann ist ein erfahrener Operndirigent, der zum Thema Besetzungen
sicher gute Ratschläge geben kann. Weiter ging es 2016 mit einer
„Parsifal“-Inszenierung, 2017 dann mal wieder eine Neuinszenierung der
„Meistersinger von Nürnberg“, Regie Barrie Kosky, 2018 dann ein neuer
„Lohengrin“ und 2019 der „Tannhäuser“ in der Inszenierung von Tobias
Kratzer.
Die Bühnenhandlungen auch dieser Inszenierungen
haben mit Wagners Überlieferungen nichts zu tun. Man muss nur die
Dramaturgen in Ruhe machen lassen, sie erfinden neue Krimis, die dann –
unpassender Weise – mit Wagners Texten versehen werden. Damit wird der
Schaden nur noch größer, weil die nicht passenden Handlungen durch den
Gebrauch der Wagnerschen Texte direkt lächerlich wirken. Eine Besprechung
dieser Aufführungen ist nahezu unmöglich, es gibt keine Bezüge zu Wagners
Werken, keine Vergleiche, es macht einfach nur betroffen und hoffnungslos.
Nur wenige Bemerkungen zu den Aufführungen von 2015 bis 2019:
Katharina Wagners „Tristan und Isolde“ wurde von der
Premiere 2015 bis zur letzten Aufführung 2019 vorwiegend mit Buhrufen
bedacht. Das menschliche Drama dieser drei in enger Beziehung stehenden
Hauptpersonen erstickte in Technik und Licht. Kaum war die
Premieren-Vorstellung vorbei, als auch schon verkündet wurde, Toni Schmid
bereite schon wieder einen neuen Vertrag mit Katharina Wagner von 2020 bis
2025 vor. Auch diesmal keine Beratung des Stiftungsrates, keine andere
Person, die sich beworben hätte.
Und wieder meldet sich keiner der Gesellschafter, um mal zu prüfen, warum
Katharina Wagner Festspielleiterin bleibt? Warum? Auch der Vorstand der Richard-Wagner-Stiftung erhebt keinen Einspruch dagegen, dass der Stiftungsrat schon wieder nicht beteiligt wird. Man duckt sich einfach weg.
Das große Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ wurde in der Inszenierung von 2016 zur Kammeroper herabgestuft. Hatte die Festspielleitung ursprünglich den „Performancekünstler“ Jonathan Meese als Regisseur verpflichtet, der nach entschiedenem Protest der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth wieder ausgeladen wurde, so hat der Ersatzregisseur Uwe Laufenberg ebenfalls nicht das richtige Rezept für dieses große Bühnenwerk gefunden.
Ganz schlimm wurde es bei den „Meistersingern von
Nürnberg“ 2017, Regie: Barry Kosky. Wieder einmal eine Inszenierung, die mit
einem Vorspiel begann, dem eine Handlung zugewiesen wurde, obwohl Wagner
keine überliefert hat. Außer, dass diese Vorspielhandlung die
Entstehungsgeschichte der Oper abbilden sollte (sie spielte im großen Saal
des Hauses Wahnfried), diese aber zeitlich der falschen Epoche zugewiesen
wurde, nimmt man dem Zuschauer die Möglichkeit, sich genussvoll und besonnen
in die musikalische Thematik der Komposition einzuhören. Zum ersten Akt
bleibt das gleiche Bühnenbild bestehen, was wiederum falsch ist, weil der
erste Akt in der Katharinenkirche spielt, der 2. und der 3. Akt spielen dann
– laut Barry Kosky – im Gerichtsaal Nr. 600 des Nürnberger Amtsgerichtes, in
dem die Kriegsverbrecherprozesse der alliierten Siegermächte des 2.
Weltkriegs durchgeführt wurden. Eine Geschmacklosigkeit! Bis heute habe ich
noch niemanden getroffen, der für diesen widerlichen Einfall eine
einleuchtende Erklärung gefunden hat. Die ganze Poesie des Wahn- oder
Fliedermonologs ist dahin, und zum Schluss singt dann Hans Sachs auf leerer
Bühne – dem Publikum zugewandt – „Verachtet mir die Meister nicht und ehrt
mir ihre Kunst“! Ein Mitglied des Verwaltungsrates der Festspiele GmbH, mit
dem ich schriftlichen und telefonischen Kontakt hatte, bezeichnete die
Inszenierung als einen großen Erfolg. Meine Frage, wie er zu dieser
Einschätzung gelangt sei, beantwortete er mit den Worten: „In der
Generalprobe geschah etwas, das es bei den Festspielen noch nie gegeben
hatte. Die Zuschauer standen nach dem Schließen des Schlussvorhanges auf,
wendeten sich dem Regiepult in der Saalmitte zu und applaudierten dem
Regisseur“. Dazu konnte ich nur sagen, dass dies die wenigen Besucher waren,
die keine einzigartige Vorstellung sehen wollten, sondern lediglich ein
„Event“ besuchten. Je wilder die Regie, umso besser! Ist das nun das
Bayreuth, an welches man sich gewöhnen muss?
Kommen wir zum „Lohengrin“ von 2018: Vor einem über
das ganze Stück erhaltenen blauen Hintergrundprospekt wird mit Möbeln,
technischen Vorrichtungen und obskuren Requisiten herumhantiert, die mit der
romantischen Oper „Lohengrin“ nichts zu tun haben. Schwere Entgleisungen in
der Regie und ein Brautgemach, ausgestattet als Folterkammer, verderben dem
Besucher die ganze Freude am Besuch dieser Oper. Einziger Lichtblick: Piotr
Beczala, der polnische Tenor in der Rolle des Lohengrin, ein wahrer Genuss.
Er war der Ersatzmann für den vorgesehenen Roberto Alagna, der nicht
rechtzeitig mit der deutschen Sprache zurechtkam.
Das Jahrzehnt der Entgleisungen endet 2019 mit einer
neuen „Tannhäuser“-Inszenierung von Tobias Kratzer. Hierzu findet man kaum
noch Worte. Vom ersten Takt des Vorspiels, das selbstverständlich auch
wieder eine absurde Handlung erhielt, bis zum endgültigen Schluss der Oper –
eine einzige Aneinanderreihung von Blödsinn. Der Regisseur baute auch zwei
stumme Mitwirkende ein (einen kleinwüchsigen Mann und einen Transvestiten
schwarzer Hautfarbe), die beide – wie Falschgeld – durch das ganze Stück
wuseln. Ich weigere mich, dazu in die Details zu gehen und ich verstehe auch
die Welt nicht mehr, dass diese Fehlleistung des Regisseurs mit dem Titel
„Regie des Jahres“ ausgezeichnet wurde.
Die Corona-Pandemie verhinderte im Jahr 2020 die
Durchführung der Festspiele. Der Vertrag mit Christian Thielemann als
Musikdirektor wurde nicht verlängert. Ich bedauere das sehr. Gründe wurden –
wie immer nicht genannt. Die Festspielleiterin erkrankte im Frühjahr schwer,
hat sich aber erstaunlich gut erholt. Fern von Bayreuth hat sie ihren
bisherigen Stress einmal ablegen können. Hätte man hoffen dürfen, dass sie
sich bei der Gelegenheit mal in aller Ruhe Gedanken zum Zustand und zur
Zukunft der Festspiele machen würde? Vermutlich hat sie das nicht getan,
denn es ging 2021 genauso weiter wie bisher, zu Beginn schon wieder mit
einer Inszenierung, die unter dem Namen „Der fliegende Holländer“ verkauft
wurde, mit diesem aber nun gar nichts mehr gemeinsam hatte. Das ganze Stück,
angefangen schon wieder mit einer zum Vorspiel erfundenen Handlung, besteht
ausschließlich aus dem Hin- und Hergeschiebe von vier Betonklötzen, die in
ständigem grau-grünem Licht die Häuser eines Dorfes in Norwegen in Ufernähe
darstellen sollen. Kein einziger Hinweis auf ein Seefahrerstück, kein
Schiff, keine Segel, keine Poesie im Duett des Holländers mit Senta, nichts
was einen an irgendetwas aus diesem großartigen Jugendwerk Wagners erinnern
würde. Ganz schnell abhaken und vergessen! Der Rest der Spielzeit 2021
bestand aus Wiederaufnahmen des „Tannhäuser“ und der „Meistersinger von
Nürnberg“, zwei Konzerten des Festspielorchesters unter Andris Nelsons,
einem sogenannten „Parsifal“-Konzert (Dirigent: Christian Thielemann) und
aus drei konzertanten Aufführungen der „Walküre“, bei der die Solisten an
der Rampe sangen und der Wiener Aktionskünstler Hermann Nitsch riesige
Leinwände mit Farbe beschmierte, wodurch er seinen von der Walküre getrübten
Weltblick beschrieb. So etwas gehört, gemäß alter Traditionen, nicht auf die
Bühne des Festspielhauses. Wenn ich richtig informiert bin, will die Stadt
Bayreuth die Farb-„Kunstwerke“ ankaufen.
Übrigens: Seit Jahren gibt es bei den Bayreuther
Festspielen die sogenannten „inszenierungsbezogenen Einführungsvorträge“.
Der Leiter des RichardWagner-Museums, Dr. Sven Friedrich, unterrichtet
interessierte Besucher der am gleichen Tage stattfindenden Vorstellung über
das, was sie auf der Bühne als die Handlung des Stückes vorgesetzt bekommen.
Meine Hoffnung, dass sich nach einem
Jahr Pause und nach mittlerweile 13 „Regie“-Theater-Inszenierungen
irgendetwas ändern würde und dass in Zukunft in Bayreuth wieder Wagner
gespielt und gesungen würde, so wie uns der Komponist seine Werke
hinterlassen hat, hat sich mit dem Erscheinen dieser
„Holländer“-Inszenierung restlos zerschlagen. Katharina Wagner hat mit Hilfe
der Ränkespiele von Politikern und Beamten alles zerschlagen, was ihre
Vorfahren in mehr als 130 Jahren aufgebaut hatten. Die berühmtesten und
ältesten Opernfestspiele haben ihren hohen Rang und ihre Vorreiterrolle bei
der Interpretation der Wagner‘schen Musikdramen endgültig eingebüßt.
Bayreuth ist sehr tief gesunken. Die Kartennachfrage unterschreitet
mittlerweile das Platzangebot und die Eintrittspreise zu den Vorstellungen
haben Rekordhöhen erreicht.
Anfang Juli 2021, also kurz bevor uns die Neuinszenierung des „Fliegenden
Holländer“ erneut enttäuschte, erreichte uns die Pressemitteilung, z. B. auf
BR 24 vom 2. Juli 2021, die lautete: „Katharina Wagner kündigt Reformen
bei Bayreuther Festspielen an“, oder bei RP Online vom
12.07.2021: „Bayreuths Finanzen kommen unter die Lupe“.
Ganz neu ist diese Aktion ja nicht, denn die
Kulturstaatsministerin Frau Prof. Grütters hatte schon zum Jahresanfang 2021
mitgeteilt, dass sie sich die Strukturen auf dem Grünen Hügel vornehmen
werde und ab sofort auch mal mehr aufs Geld schauen will! Ich muss gestehen,
das findet meine volle Zustimmung. Nun will auch der Freistaat Bayern mehr
aufs Geld schauen und „die Interessen der öffentlichen Hand im Blick haben“!
Freilich, ein großer Posten sind die Betriebskosten.
Wie Sie oben lesen konnten, belief sich das Jahres-Budget der Festspiele im
Jahre 1997 auf 21 Mio. DM (umgerechnet mit dem Faktor 1,96 = 10,7 Mio.
Euro). In diesem Jahre liegen die Budgetkosten bei 32,5 Mio. Euro, fast
dreimal so viel wie 1997. Sind die Festspiele um so viel besser geworden?
Man muss dabei auch bedenken, dass die Personalkosten hierbei bei ca. 80 %
liegen. Zudem wird seit 2010 immer mehr Personal eingesetzt.
Für 2016 habe ich einmal einen Vergleich der
Personalstärke zum Jahre 1994 angestellt, mit dem Ergebnis: Die Abteilungen
Beleuchtung, Videooperateure, Akustiker, Bühnentechnik, Maske, Kostüm
inklusive Ankleider und Ankleiderinnen, Presse, Medien, Publikation und
Türsteherinnen, beschäftigten bei den Festspielen jetzt durchschnittlich 60
Prozent mehr Personal.
Wie ist das möglich? Sind die Vorstellungen um 60
Prozent besser geworden? Nein! Der zweite große Posten ist die Sanierung der
Festspielgebäude: Der Bund hat im vergangenen Jahr dafür 84,7 Mio. Euro zur
Verfügung gestellt, Bayern will noch einmal so viel dazu tun. Dass hier also
einmal richtig hingeschaut werden soll, ist mehr als verständlich!
Nun aber kommt ein großes Ärgernis hinzu: Wieder
einmal ist das Thema „Reform der Satzung der Richard-Wagner-Stiftung“ auf
der Tagesordnung des Stiftungsrates aufgetaucht, und das ist nun ein sehr
schwieriges und vielschichtiges Thema. Zunächst stelle ich fest, der Wunsch,
über Änderungen der Satzung nachzudenken, kommt aus dem Stiftungsrat,
genauer gesagt, hat ihn die neue Vorsitzende des Stiftungsrates Frau
Angelika Kaus auf die Tagesordnung gesetzt. Das ist ja nicht neu, denn schon
Ende 2013 hat Toni Schmid dieses Thema favorisiert, ist damit aber nicht
weitergekommen.
Ersatzweise hat sich Herr Schmid damals dem Thema „langfristiger Mietvertrag für das Festspielhaus“ zugewandt, mit dem er ja dann auch „erfolgreich“ war.
Jetzt ist ein neuer Arbeitskreis gegründet worden, der sich mit dem Thema Stiftungssatzung beschäftigen und Vorschläge zur Änderung der Satzung ausarbeiten soll. In der Pressemitteilung von RP Online ist zu lesen, dass es der Arbeitsgruppe nach Ministeriumsangaben „um die Stiftung selbst sowie deren Leistungsbeziehungen zur Bayreuther Festspiele GmbH als Mieterin des Festspielhauses und Festspielunternehmerin“ geht.
Erlauben Sie mir bitte die Frage: „Lese ich das richtig, soll nun der Stiftungsrat über seine eigene Entmachtung nachdenken“?
Weiter ist in dieser Pressemitteilung zu lesen: Mit welchen Punkten sich der Arbeitskreis genau beschäftigen soll, ist unbekannt; das Ministerium wollte sich dazu nicht konkret äußern und bemerkte lediglich: „Die Tätigkeit der von der Richard-Wagner-Stiftung eingesetzten Arbeitsgruppe soll nach Möglichkeit nicht durch eine breite öffentliche Diskussion beeinflusst werden. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir zu den von der Stiftung als rechtlich selbstständig handelnden juristischen Person zu bearbeitenden Handlungsfeldern keine näheren Aussagen machen“, teilte eine Sprecherin des Kunstministeriums mit.
Weiter heißt es dann in der Pressemeldung: „Nicht
zuletzt vor dem Hintergrund, dass das Festspielhaus als Privatvermögen der
Familie Wagner in die Richard-Wagner-Stiftung eingebracht wurde und zum
unveräußerlichen Grundstockvermögen dieser Stiftung zählt, kann hier eine
Neustrukturierung nur unter Würdigung der Interessen aller Beteiligten
erfolgen, zumal auch wesentliche Regelungen der Stiftungssatzung bis auf
Weiteres nicht gegen die Stimmen der Familie Wagner geändert werden können“,
heißt es aus dem Kunstministerium. Es wurden ausdrücklich alle Mitglieder
des Stiftungsrates zur Mitarbeit beziehungsweise Entsendung von Vertretern
in diese Arbeitsgruppe ermuntert.
Zu dem gesamten Thema nun einmal ein paar
grundsätzliche Anmerkungen. Wenn diese verständlich und in der richtigen
Reihenfolge aufgelistet werden, könnten sie – so meine Ansicht – ein Beitrag
zur Diskussion der Arbeitsgruppe sein:
Der Stiftungsrat hatte bereits Anfang 2014 eine Arbeitsgruppe gebildet, die aber nur einmal zusammengetreten ist. Den Vorsitz dieser Gruppe hatte seinerzeit Herr Martin Eifler vom Staatsministerium für Kunst und Medien in Berlin übernommen. Liest man das Protokoll dieser Sitzung, dann erkennt man unschwer: Es geht vorwiegend darum, Paragraf 8 zu verändern oder zu streichen.
Nike Wagner sprach Ende Februar 2013 auf einer
Tagung in Wiesbaden über das Warum und Wie, mit dem die
Richard-Wagner-Stiftung seinerzeit in Bayreuth gegründet worden war. Frau
Wagner erklärte in diesem sehr ausführlichen Vortrag Sinn und Zweck der
Stiftung. Abschließend erkannte sie Verbesserungsbedarf und erklärte: „Es
besteht Handlungsbedarf bei der Richard-Wagner-Stiftung. Das setzt aber
einiges an Erkenntniswillen und Engagement der beteiligten Gremien und
Beamten voraus“. Sie schloss ihren Vortrag mit den Worten: „Die
Richard-Wagner-Stiftung ist eine der bedeutendsten Kulturstiftungen
Deutschlands und es ist angesichts ihrer internationalen Bedeutung
vollkommen inakzeptabel, dass so viele ungeklärte Verhältnisse – auf Grund
einer juristisch fragwürdigen, handwerklich schlecht gemachten, faktisch
nicht praktikablen und völlig unzeitgemäßen Stiftungssatzung – die Zukunft
dieser weltbedeutenden Kultureinrichtung weiter paralysiere. Wir sind es dem
Gründer der Bayreuther Festspiele und seinem Vermächtnis schuldig“.
Der Vorstoß zur Satzungsänderung kommt wieder aus den Reihen der Festspiele GmbH. Toni Schmid ist in Pension, jetzt greift die amtierende Vorsitzende des Stiftungsrats dieses Thema wieder auf. Nun wurde bereits ein Arbeitsausschuss gegründet, der Vorschläge zur Änderung der Satzung erarbeiten soll. Aus dem Kunstministerium kommt – wie bereits zuvor erläutert – gleichzeitig die Mitteilung, dass der Arbeitsausschuss ungestört arbeiten soll und dass man deshalb eine öffentliche Diskussion vermeiden will. Mit anderen Worten: Nachrichtensperre! Zensur! Weiteres Gemauschel? Im gleichen Absatz wird der Stiftung aber auch bestätigt, dass sie eine „rechtlich selbstständig handelnde juristische Person“ sei.
Merke: Bürger haben ein Anrecht darauf, Fragen zu einer, „rechtsfähigen, öffentlichen Stiftung bürgerlichen Rechts“ beantwortet zu bekommen.
Das Vorhandensein der Richard-Wagner-Stiftung ist der Dorn im Auge der Festspiele GmbH.
Das geht auch aus verschiedenen Äußerungen von Stiftungsratsmitgliedern hervor, die in einigen Sitzungsprotokollen nachzulesen sind. So regte vor Jahren der damalige stellvertretende Vorsitzende der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth, Herr Dr. Wolfgang Wagner in einer Diskussion über den Haushaltsplan für das Richard-Wagner-Museum an, das Museum zu schließen und die „Stiftung aufzulösen“! – Wenn das so einfach ginge! Katharina Wagner riet der Stiftung sogar „Insolvenz anzumelden“. Während einer anderen Sitzung äußerte sie sich folgendermaßen: „Wenn die Stiftung kein Geld hat, kann man sie ja gleich auflösen“! Auch warf sie mal die Frage in die Runde, ob die Stiftung überhaupt noch lebensfähig sei.
Herr Eifler, der selbst Mitglied des Verwaltungsrates der Festspiele GmbH ist, hat ja schon häufig den Begriff verwendet, dass die „Festspiele GmbH große Probleme habe“, die es zu beseitigen gelte. Ich glaube eher: Die Bayreuther Festspiele GmbH ist selbst das eigentliche Problem. Überspitzt formuliert sehe ich das folgendermaßen:
Die Bayreuther Festspiele GmbH und ihr
Tochterunternehmen BF-Medien GmbH haben ihr Unternehmensziel nicht erreicht.
Das Hauptprodukt, die Festspiel-Inszenierungen, sind längst nicht so
gefragt, wie man sich das vorgestellt hatte. Auch der erhoffte Werbeeffekt
durch die Verbreitung dieser Inszenierungen im Fernsehen oder die
Übertragung der PremierenVorstellung in die deutschen Kinos war nicht so
erfolgreich wie ursprünglich erhofft. Der mäßige Absatz von CDs oder DVDs
ist auch kein Geschäft. Um sich nicht zu blamieren, wird jetzt abgelenkt,
indem man erneut Änderungen an der Stiftungssatzung verlangt.
Die Stiftungssatzung soll geändert werden, ehe ihr wichtigster Paragraf, der mit der Nummer 8 – in dem die Wahl des Festspielleiters geregelt ist – erstmals wirksam angewendet wird!
Die Stiftung hat mit Sicherheit kein Verschulden,
wenn die GmbH Probleme hat. Die Stiftung hat sich auch nie in die Geschäfte
der GmbH eingemischt.
Nach den Worten von RP Online klingt das aber so. Dort heißt es, „es gehe bei der Reform der Stiftungssatzung um „die Stiftung selbst sowie deren Leistungsbeziehungen zur Bayreuther Festspiele GmbH“. Hier möchte ich gerne noch einmal etwas unmissverständlich klären: Das Wort Leistungsbeziehungen stößt mir gewaltig auf:
Die Richard-Wagner-Stiftung schuldet der Bayreuther Festspiele GmbH nichts.
Die Richard-Wagner-Stiftung ist der Inhaber und Rechtsnachfolger des materiellen und ideellen Besitzes der vier Zweige der Familie Wagner in der Erbfolge rückwärts über Siegfried zu Richard Wagner. Die Stiftungsurkunde und die Stiftungssatzung drücken den Stifterwillen aus, die Satzung hat Gesetzeskraft.
Ein wichtiger Paragraf der Stiftungssatzung ist der
mit der Nummer 8. Er sagt, dass der Festspielunternehmer (gemeint ist damit
der künstlerische Leiter der Festspiele) vom Stiftungsrat gewählt wird.
Dieser Paragraf ist schlecht abgefasst, nicht eindeutig formuliert und
bedarf einiger Richtigstellungen, schon der Begriff Festspielunternehmer ist
stark umstritten. Auch fehlt eine eindeutige Aussage, über welchen
(begrenzten Zeitraum) eine Amtsperiode des gewählten Festspielleiters
andauert, wie sie verlängert werden kann oder ob die Stiftung beschließt,
einen neuen Festspielleiter zu suchen (z. B. über eine Ausschreibung o. Ä.).
Einen Festspielleiter auf Lebenszeit soll es ja nicht mehr geben!
In der Pressenotiz von RP Online äußert sich auch Daphne Wagner, die den Familienzweig Wieland Wagners im Stiftungsrat vertritt: Daphne Wagner erkennt an, „dass die Satzung veraltet ist und dass ihre Überholung ein langwieriger Prozess werden könnte“. Es ist ihr besonders wichtig zu betonen, „dass die Familie nicht einfach rausdividiert werden kann, immerhin sind wir die Stifter-Familie“. Auch – so betont sie besonders – muss das Festspielhaus ausschließlich der Aufführung der Werke ihres Urgroßvaters vorbehalten bleiben.
Und noch etwas: Die Richard-Wagner-Stiftung wurde 1973 gegründet, sie war also schon vorhanden, als an eine zu gründende GmbH noch niemand einen Gedanken verschwendete. Ihre Satzung hat Gesetzeskraft, ihr Text ist verbindlich!
Die eigentlich völlig überflüssige Bayreuther
Festspiele GmbH wurde (offiziell) gegründet, um die Festspiele zu
veranstalten, tatsächlich aber diente (und dient) sie der Machterhaltung der
Familie Wolfgang Wagners, der mit Vertrag auf Lebenszeit die Festspiele
leitete und der erst von seinem Posten als Festspielleiter zurückgetreten
ist, nachdem er die sichere Gewissheit bekam, dass seine beiden Töchter die
Festspielleitung übernehmen werden. Hier geht es ganz eindeutig um eine
Vererbung des Festspielleiterpostens und nicht um eine demokratische Wahl.
Außerdem ist Wolfgang Wagner von seiner immer wieder geäußerten Ansicht,
dass „niemand im Familienkreise die Festspiele leiten könne“ (aus ganz
egoistischen Gründen) abgerückt. Und – damit das in Zukunft so weitergehen
kann – muss § 8 (Wahl des Festspielleiters) geändert oder – so die Absicht
der Festspiele GmbH – (möglichst) aus der Stiftungssatzung entfernt werden.
In der jetzigen Fassung der Stiftungssatzung hat die Familie ein Erstrecht
auf die Besetzung des Festspielleiterpostens. Wenn der Paragraf 8
verschwindet, ist die Familie ihrer Rechte beraubt!
Es ist allerhöchste Zeit, dass die Festspiele GmbH
das Recht des Stiftungsrats, den Festspielleiter zu wählen, anerkennt und
auch nicht erneut versucht, den Stiftungsrat auszuschalten. Herr Toni Schmid
hat den Stiftungsrat 2008 – mit Duldung bzw. Mithilfe des Vorstands und der
Geschäftsführung der Stiftung – kaltgestellt. Er hat das Gremium, dem er
vorstand, um das Recht, den Festspielleiter zu wählen, betrogen. Ob das
Satzungsbruch und Untreue gegenüber dem Gremium ist, darüber kann trefflich
gestritten werden.
Als allerspätestens 2013 feststand, dass die
Festspiele unter der Leitung von Katharina Wagner und ihrer Halbschwester
schweren Schaden nehmen, hat er trotzdem einen neuen Vertrag mit Katharina
für den Zeitraum 2015 bis 2020 abgeschlossen. Und wieder ist niemand Toni
Schmid in den Arm gefallen, um das zu unterbinden. Und weil das ja zweimal
so gut gelaufen ist, hat er – ehe er pensioniert wurde – das Ganze ein
drittes Mal für die Jahre 2020 bis 2025 durchgezogen.
Die Anzahl der Kartenwünsche ist weiterhin gefallen. Seit 2015 gibt es zu den meisten Vorstellungen noch Karten an der Abendkasse (vorwiegend natürlich die der teuren Segmente).
Zukünftig will also weiterhin die Festspiele GmbH –
so deren Pläne – die Festspiele veranstalten, mit der Tochtergesellschaft
die mangelhaften Produkte (die Festspielaufführungen) meistbietend
verscherbeln, damit gleichzeitig die schlechtest- mögliche Werbung betreiben
und dann auch noch den Festspielleiter wählen, obwohl sie dafür (z. B. mit
den Herren von Waldenfels oder Herrn Martin Eifler) über keine kompetenten
Fachleute verfügt. Kann man sich eigentlich noch mehr blamieren?
Es ist äußerst bedenklich, dass Toni Schmids
Nachfolge in der Position des Stiftungsratsvorsitzenden eine Beamtin aus dem
gleichen Ressort angetreten hat. Ich möchte allerdings versichern, dass ich
Frau Angelika Kaus nicht unterstelle, dass sie jetzt Ähnliches plant. Gerne
hätte ich mit Frau Kaus einmal telefoniert, das kam leider nicht zustande.
Selbst der bayerische Kunstminister Sibler hat sich nicht für mich
verwendet. Selbst eine Dienstaufsichtsbeschwerde über Frau Kaus– eingereicht
beim bayerischen Ministerpräsidenten Söder – wurde weitergereicht an das
Personalreferat des Kunstministeriums, das mir bestätigte (nach einer
Rücksprache mit Frau Kaus), „dass ein Fehlverhalten der Beamtin nicht
festgestellt werden konnte“! Es ist sehr schade, dass man mit den
zuständigen Sachbearbeitern nicht einmal telefonisch Kontakt bekommt, wenn
man zu diesem Themenpaket etwas Substanzielles beizutragen hat.
Zurück zu den angestrebten Änderungen der Stiftungssatzung:
Gewiss, es gibt Dinge in der Satzung bzw. ungeschickte Formulierungen darin, die einer Änderung bedürfen. So zum Beispiel: die Überschrift des § 8, der heute lautet: „Vermietung des Festspielhauses an den
Festspielunternehmer“. Das ist irreführend. Die Überschrift müsste lauten: „Wahl des Festspielleiters und Vermietung des Festspielhauses an den gewählten Festspielleiter für die Dauer seines Festspielleiter-Vertrages“.
Die Wahl des Festspielleiters ist eine künstlerische Entscheidung. Das geht ganz eindeutig aus dem Text des § 8 (3) hervor, der sich ausdrücklich mit Fragen der Qualifizierung eines Kandidaten, der sich für den Posten des Festspielleiters bewirbt, ergibt.
Als Änderung wäre auch das Hinzufügen der Laufzeit der Festspielleiter-Verträge sinnvoll. Wenn die spätere Leistung des gewählten Festspielleiters nicht überzeugt, dann ist es die logische Folge und die Pflicht und das Recht des Stiftungsrates, einen neuen Festspielleiter zu wählen! Dies wiederum ist die einzige Möglichkeit, einen Missbrauch der künstlerischen Freiheit (die derzeit nachweislich zur schweren Schädigung der Bayreuther Festspiele führt) durch eine Nichtverlängerung seines laufenden Vertrags bzw. durch die Wahl eines neuen Festspielleiters dauerhaft abzuwenden.
Und noch ein Aspekt in diesem neuen Versuch, die Stiftung zu schwächen, ist
hier zu nennen:
Die Stiftung hat ja nicht nur das Festspielhaus und seine Nebengebäude
übernommen sowie die Verpflichtung, den Festspielleiter zu wählen und ihm
das Haus zu vermieten. Daneben geht es ja auch noch um das Haus Wahnfried
bzw. um das Richard-Wagner-Museum mit Nebengebäuden und Park, um das
Siegfried-Wagner-Haus und um das Richard-Wagner-Archiv (einschließlich
Bibliothek und Zubehör). Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die
Festspiele GmbH – sollte sie das Recht erhalten, selbstständig den
Festspielleiter zu wählen oder seinen Vertrag beliebig zu verlängern – sehr
schnell das Interesse an einer Mitwirkung im Stiftungsrat verliert, denn
ihre Geschäftsgrundlage ist ja einzig die Durchführung der Festspiele und
die Gewinnerzielung mit Hilfe der BF-Medien GmbH. Der Rest der Stiftung bzw.
des Stiftungsrates kann sich dann ja mit diesen umfangreichen und wirklich
schwierigen Problemen des Museums, des Archivs usw. herumschlagen. Auch dazu
könnte ich eine Stichpunkte-Sammlung zur Verfügung stellen.
Und so stehen die Festspiele, immer noch mitten in der Corona-Pandemie und vor der nächsten Ring-Inszenierung, fast ohne Zuschauer da. Sie meinen, ich übertreibe?! Bestimmt nicht: Für die 25 Vorstellungen dieses Jahres standen 22.775 Karten zur Verfügung. Nicht einmal die konnten alle verkauft werden. Ein Bekannter von mir war außer am Eröffnungstag täglich im Kartenbüro und an allen diesen 24 Tagen waren noch Karten zu haben. Erinnern Sie sich noch? Im Jahre 1997 hätten 357.513 Karten verkauft werden können, und nun dieses Ergebnis.
Meine Bayreuth-Freunde und ich gehen nun von der Voraussetzung aus, dass alle (die Stiftung mit ihren Organen, die Festspiele GmbH und deren Verwaltungsrat sowie die Gesellschafter der Festspiele GmbH) mitbekommen haben, dass die Bayreuther Festspiele auf der Rangliste der besten Wagner-Aufführungs-Opernhäuser nicht mehr zu finden sind. Mit anderen Worten: Die Festspiele GmbH mit ihrer Leiterin hat weder künstlerisch noch kaufmännisch ihr Unternehmensziel erreicht. Zudem hat sie ihr Stammpublikum von ca. 500.000 Besuchern nahezu vollständig verloren. Erschwerend hinzu kommt, dass die Eintrittspreise im Durchschnitt niemand mehr aufbringen kann. Dazu kommt die miserable Werbung durch die Übertragung der Inszenierungen in die deutschen Kinos und ins Fernsehen. Nun werden dafür Schuldige gesucht und man hat auch gleich einen gefunden, die Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth, und die soll nun durch eine Änderung der Stiftungssatzung dafür büßen.
Jetzt haben Sie gelesen, wie sich das außerhalb der Festspiele und ihrer Organe und Gremien darstellt. Es ist jetzt an der Zeit, dass Sie alle, ob Sie nun daran mitgewirkt haben oder ob Sie nur „duldender“ Mitarbeiter waren, handeln. Es gilt jetzt, die von Toni Schmid ausgesuchte und durchgesetzte äußerst schwache Festspielleiterin, die seit 13 Jahren diesen Notstand, ja man könnte fast sagen, diesen Missstand nach außen hin sichtbar gemacht hat, auf Dauer zu beseitigen. Das ist nur möglich, wenn Sie bereit sind zu akzeptieren, dass zukünftig die Bereiche innerhalb der Festspiel-Organisation die Aufgaben und Zuständigkeiten erledigen, die ihnen von jeher zugewiesen waren, d.h. als Erstes: Der Stiftungsrat wählt zukünftig den Festspielleiter.
Also, wir wünschen uns, dass sich die Stiftung mit neuem Selbstbewusstsein aufrappelt und zunächst im Sinne von Iris Wagners Appell an Herrn Wenning im Jahre 2012 (Sie erinnern sich auch daran?) alles in die Wege leitet, um einen personell hochwertigen Stiftungsrat mit neuen, den Festspielen und Bayreuth verbundenen, vielleicht sogar mit Fachwissen ausgestatteten Personen zu installieren, die loyal zu Bayreuth und seinen Festspielen stehen und die dann, wenn der neue, 24-köpfige Stiftungsrat gebildet ist, aus deren Mitte einen Vorsitzenden wählen, der ebenso loyal zur Stiftung und zum Stiftungsrat steht. Zukünftig sollen im Stiftungsrat keine Personen mehr vertreten sein, die schon in einem anderen Wirkungskreis der Festspiele arbeiten.
Das umzusetzen ist eine echte Aufgabe und sie kostet Zeit. Das bedarf
einiger zusätzlicher Sitzungen für Diskussionen, Befragungen von Bewerbern,
Abwägungen und Beschlüssen, bis zum Schluss – in demokratischer Abstimmung –
ein neuer Festspielleiter gewählt wird, von dem man schon zuvor erfahren
hat, wie er die Festspiele zu leiten gedenkt. In Abänderung eines bekannten
Spruches würde ich sagen: Vertrauen ist gut, Wissen ist besser. Bestimmte
Parameter sollten schon im Vertrag verankert sein, dann hat man bei der
Vergabe der „künstlerischen Freiheit“ ein ruhigeres Gewissen.
Ein neues Selbstbewusstsein muss in der Stiftung
bzw. auch im Stiftungsrat herrschen. Dieses Gremium darf nicht länger am
Gängelband der Festspiele GmbH hängen, sein Vorsitzender muss loyal zur
Stiftung und zum Stiftungsrat stehen. Sorgen Sie dafür, dass diese Maßnahmen
umgehend in Angriff genommen werden, denn nach 13 Inszenierungs-Pleiten in
den letzten Jahren, haben Sie von Katharina Wagner nichts Besseres mehr zu
erwarten.
Die Festspiele benötigen (spätestens zum 1. September 2025) als neuen Leiter einen erfahrenen Künstler mit Führungskraft, mit Kenntnis des Wagnerschen Werkes, der auch umfassende Kontakte zur Branche besitzt. Nur so kann gewährleistet werden, dass wieder hochwertige Besetzungen und die besten Dirigenten die Festspiele qualitativ an die Leistungen der 1950er-, 60er- und 70er-Jahre und damit auch wieder an die Weltspitze heranführen können.
Schaffen Sie neue Strukturen, nehmen Sie bewährte Traditionen wieder auf, erwecken Sie die berühmte „Bayreuther Dramaturgie“* (siehe unten) zu neuem Leben, sorgen Sie für gute Abteilungsleiter, die mit großem Engagement ihre Bereiche führen, machen Sie Kassensturz und senken Sie die Eintrittspreise und – last but not least – ermöglichen Sie wieder unvergleichliche und einzigartige Vorstellungen, Sie werden sehen, wie die Festspiele wieder aufblühen!
Wenn sich jetzt immer noch nichts tut (weil vielleicht München das so will), dann sieht die nahe und die mittelfristige Zukunft der Bayreuther Festspiele noch düsterer aus als zurzeit. Und damit hätten sich auch meine Sorgen um diese einstmals so großartige kulturelle Einrichtung leider bestätigt. Ich will es nicht glauben, dass es so kommt, denn ich hoffe auf mutige Entscheider.
Zum Schluss also noch einige wenige Hinweise, die sich bisher nicht in die vorangegangenen Sachthemen einarbeiten ließen:
Sorgen Sie bitte dafür, dass der Stiftungsauftrag ernst genommen und erfüllt wird!
Die Handlungen (d. h. der sichtbare Teil des Musikdramas, Bühnenbild, die Bewegung der Chöre und der Solisten im Ablauf der Handlung) gehören ebenso zum Gesamtkunstwerk wie der Text, die Musik oder die Akustik im Zuschauerraum.
Wieland Wagner, der aus der Partitur heraus inszeniert hat, der z. B. die
Poesie, die im Text und in der Musik vereinigt sind,
in Bühnenbilder, in Licht, Formen und Farben umgesetzt hat, er hat Bayreuth
großgemacht. Künftige Regisseure und Bühnenbildner mögen ihm nacheifern.
Der Stiftungsauftrag (der durch einen Vertrag an den gewählten Festspielleiter vergeben wird) beinhaltet auch einen Bildungsauftrag. Stiftungsurkunde und Stiftungssatzung enthalten diesen Auftrag in § 2 / Stiftungssatzung, Punkt 3 und 4: § 2 / Stiftungszweck: „Der Zweck der Stiftung ist es, im Sinne des gemeinschaftlichen Testamentes von Siegfried und Winifred Wagner vom 08. März 1929 …
Punkt 3: Die Richard Wagner Forschung zu fördern, und …
Punkt 4: Das Verständnis für die Werke Richard Wagners insbesondere bei der Jugend und beim künstlerischen Nachwuchs zu fördern“.
Als sehr schmerzlich empfunden wird das jegliche Fehlen von Publikationen der Bayreuther Festspiele, die – die Festspiele begleitend – Themen aufgreifen, die mittelbar oder unmittelbar mit der Geschichte der Festspiele, ihren Aufführungen, den Künstlern, die verpflichtet werden, oder anderen interessanten begleitenden Ereignissen zu tun haben. Dazu gehört auch eine sofortige Qualitätssteigerung der Programmhefte, die aktuell ein Niveau erreicht haben, dass unter dem eines Kinoprogramms liegt.
Eine Wiederauflage des „großen Festspielbuches“ und ein interessantes Heft mit Vorschau zum Jahresende werden schmerzlich vermisst.
Und damit komme ich zur Erklärung, was ist (oder was war) die „Bayreuther Dramaturgie“?
Wieland Wagner begründete sie in der Epoche von Neu-Bayreuth (also ab 1951) und gab ihr auch ihren Namen.
Wieland Wagner war der Vordenker, seine Inszenierungen standen für
Innovation, sie waren richtungsweisende Interpretationen, Vorbild und Diskussionsgrundlagen für die Wagner-Deutung, allgemein und weltweit (streng nach Oswald Georg Bauer).
Demgemäß enthielten die Publikationen Bayreuths (z.B. das große Festspielbuch) Beiträge bedeutender Schriftsteller, Theaterwissenschaftler, Musiker oder Philosophen usw. zu Parallelthemen zu den jeweils auf dem Spielplan erscheinenden Musikdramen oder Beiträge zu aktuellen kulturellen, politischen oder gesellschaftlichen Themen der Gegenwart. In diesen Beiträgen wurden auch die Erfahrungen mit den Festspielen in über einhundert Jahren verarbeitet. Ebenso wurde mit den Programmheften oder den kleinen Heften zum Jahreswechsel verfahren, die immer gern gelesene Beiträge enthielten.
Bleibt meine Frage: Warum wird dieser Reichtum
Bayreuths nicht wieder hervorgeholt? Warum wird nicht z. B. in
Zusammenarbeit mit der Theaterwissenschaftlichen Fakultät der Universität
Bayreuth eine „neue Bayreuther Dramaturgie“ entwickelt?
Und wenn jetzt immer noch Zweifel bestehen, wie die Musikdramen Wagners in Bayreuth aufzuführen sind, der sollte sich an Richard Wagners Ausspruch erinnern, der da lautet: „Gar nichts liegt mir daran, ob man meine Sachen gibt: mir liegt einzig daran, dass man sie so gibt, wie ich's mir gedacht habe, wer das nicht will und kann, der soll's bleiben lassen“! Richard Wagner schrieb dies in einem Brief im Jahre 1852 an Ferdinand Heine.
Die Bayreuther Festspiele gehen auf Richard Wagner
zurück. Der Begriff „Festspiele“ wurde von Wagner selbst eingeführt und
benutzt. Da diese Musik-Festspiele bewusst auf Bayreuth fixiert sind, heißen
sie also logischerweise „Bayreuther Festspiele“. Ursprünglich zur Aufführung
des „Ring des Nibelungen“ erdacht, wurde dieses Theater bewusst in Bayreuth
gebaut. Die Wahl dieser Stadt hat mannigfaltige Gründe, die in dieser
Betrachtung keine Rolle spielen. Mit der ersten kompletten Aufführung des
„Ring des Nibelungen“ konnte Wagner 1876 sein Werk als gelungen betrachten.
Geplante weitere Aufführungen (ab 1877 jährlich) scheiterten aus
finanziellen Gründen. Sein letztes großes Musikdrama, das von ihm selbst als
Bühnenweihfestspiel bezeichnete Musikdrama „Parsifal“, konnte er 1882 selbst
noch in seinem Theater uraufführen.
Als Richard Wagner 1883 (knapp 70-jährig, eigentlich zu diesem Zeitpunkt unerwartet) starb, hat er kein Testament hinterlassen, das über die Weiterführung von Festspielen Auskunft gegeben hätte. Er hatte selbst zwar schon Spielpläne für die unmittelbar folgenden Jahre ausgearbeitet, aber mit seinem Ableben war der Weiterbestand dieses Unternehmens zunächst sehr fraglich. Einzig seiner Witwe Cosima ist es zu verdanken, dass die Festspielidee allumfassend erhalten und durch die Nachfolgegenerationen bis in die heutige Zeit hinübergeführt wurde. Einzigartig auf der Welt hat Deutschlands bedeutendster Opernkomponist sein Werk (inkl. des eigenen Theaters) der Nachwelt hinterlassen. Über dieses Gelingen gibt mein zuvor erstellter Bericht umfassende Auskunft. Der letzte, männliche Festspielleiter, Wagners Enkel Wolfgang, hat aus Berufung und mit großem Verantwortungsbewusstsein die Festspiele über 50 Jahre lang hochklassig bis ca. zum Jahre 2000 geführt. Warum es dann bis zum Jahre 2007/2008 so sehr viel schlechter wurde – auch darüber gibt mein Bericht Auskunft.
Mit der Wahl eines neuen Festspielleiters im Jahre 2008 hätte eine grundlegende künstlerische Erneuerung einsetzen müssen. Warum das nicht gelungen ist, wurde auch auf vielen Seiten erklärt. Als selbst der letzte Verantwortliche innerhalb der Festspielhierarchie festgestellt haben musste, dass da vieles ganz falsch angepackt wurde, und als es offenkundig wurde, dass die große Masse der langjährigen Festspielbesucher Bayreuth längst den Rücken gekehrt hatte, änderte sich nichts! Und dieses „Nichtreagieren“ – oder so tun, als sei alles in bester Ordnung – das hat einen Grund: Es geht nicht mehr darum, dem Publikum das bestmögliche Ergebnis zu präsentieren, sondern es geht um Geschäftemacherei.
Die Bayreuther Festspiele GmbH verkauft Karten für ihre Vorstellungen mit dem Aufdruck, dies seien Werke Richard Wagners, z.B. „Tannhäuser“ oder „Der fliegende Holländer“ usw. Den Besuchern wird also – wenn sie dann im Zuschauerraum sitzen – absichtlich etwas Anderes geboten, als sie zuvor eingekauft hatten. Sie können sich aussuchen, wie man solche
Manipulationen in Deutschland nennt! Noch offensichtlicher wird das, wenn diese Inszenierungen in deutsche Kinos übertragen oder von deutschen Fernsehanstalten ausgestrahlt werden. Die Festspielleitung verkauft dies alles lauthals als großen Erfolg. Welchen Erfolg meint sie denn da? Einen künstlerischen Erfolg kann sie ja damit nicht gemeint haben, denn immer weniger Menschen wollen diese Art von Inszenierungen sehen, also geht es doch wohl um den finanziellen Erfolg der BF-Medien GmbH! Es wird schon lange nicht mehr für das Publikum inszeniert!
Eine oft zitierte Redewendung unserer obersten politischen Repräsentanten möchte ich noch einmal aufgreifen: So z. B. äußerten sich auf Fragen von Journalisten nach der staatlichen Unterstützung solcher Kultureinrichtungen wie den Bayreuther Festspielen unsere bayerischen Regierungschefs sinngemäß übereinstimmend: „Die Bayreuther Festspiele sind das kulturelle Aushängeschild Bayerns, ja sogar der Bundesrepublik, und die genießen unsere volle Unterstützung“. Genauere Angaben zu der zugesagten Unterstützung wurden nie gemacht. Die finanzielle Unterstützung ist deutlich wahrnehmbar, ihr Ausmaß wird derzeit ja mal unter die Lupe genommen. Bezieht sich diese Aussage aber auch auf ein bestimmtes Maß an Schutz (egal ob auf Angriffe von außen oder von innen)? Oder kann die Unterstützung auch noch ganz anders aussehen?
Der große Erfolg der Bayreuther Festspiele rührt doch auch daher, dass in Bayreuth Wagners Musikdramen als Gesamtkunstwerke aufgeführt wurden, so wie sie der geniale Komponist geschaffen hatte. Dass gerade eine direkte Nachfahrin Wolfgang Wagners, seine Tochter Katharina, allen seinen Werken die Handlung entzogen hat, ist eine Respektlosigkeit, für die es keine Worte gibt. Und das alles finden die heutigen Unterstützer richtig, niemand schreitet da ein, die Stiftung resigniert, die Förderer merken nichts? Was ist bloß aus diesem wunderbaren Lebenswerk Richard Wagners in Bayreuth geworden?
Die demokratischen Regeln sind außer Kraft gesetzt und niemand lehnt sich gegen diesen Zustand auf! Wenn ich als Besucher eine Eintrittskarte z. B. für den „Parsifal“ kaufe, dann möchte ich dieses Werk – gemäß den Anordnungen Richard Wagners – entsprechend in Regie und Bildern wiederfinden, die das Werk eindeutig wiedergeben. Darauf erhebe ich konkret Anspruch!
An allen diesen Aspekten wird sich nichts ändern, solange die Festspiele ideologisch von der Politik gesteuert und künstlerisch von Katharina Wagner geleitet werden.
Hiermit fordere ich Sie, die Verantwortungsträger in der Festspiele GmbH und in der Richard-Wagner-Stiftung zur Stellungnahme genau zu diesen Themen auf. Brechen Sie doch jetzt Ihr Schweigen und antworten Sie doch einmal auf diese Vorwürfe! Es ist doch auch Ihnen nicht entgangen, dass die Zuschauer ausbleiben, aber die Kosten rasant steigen. Zeigen Sie doch einmal eine sachbezogene Reaktion!
Schließen möchte ich mit einem
Ausspruch Christian Thielemanns, den dieser häufig in Gesprächen über die
Bayreuther Festspiele, ihre Mitwirkenden, ihre speziellen Eitelkeiten oder
ihre Allüren benutzte.
Er lautet:
In diesem Hause gibt es
nur einen Star –
und der ist 1883 gestorben.
Als ich – gerade mal 33-jährig – an zwei
aufeinanderfolgenden Tagen im Juli 1971 die Bayreuther Festspiele
kennenlernte, war ich schon seit 14 Jahren Mitarbeiter der Kölner Oper (im
technischen Bereich). Die Begeisterung für die klassische Musik, besonders
aber für die Oper, hatte schon mein Vater in mir geweckt. Knapp ein Jahr
nach dem Abschluss meiner Berufsausbildung zum
Industrie-Starkstromelektriker begann ich meine Tätigkeit bei der Kölner
Oper (im gerade eröffneten neuen Opernhaus am Offenbachplatz) als
Betriebselektriker im Bereich Instandhaltung, Bedienung der elektrischen
Antriebe im Bühnenbereich, gelegentlich auch als Aushilfe in der
Beleuchtungsabteilung. Ich hatte also meinen Beruf mit meiner Liebe zur Oper
sinnvoll verbinden können. Richard Wagners Opern lernte ich (bis auf
„Tristan und Isolde“) alle kennen. Von ganz besonderer Bedeutung war dabei
die durch Wieland Wagner in den Jahren 1962/63 erfolgte Inszenierung des
„Ring des Nibelungen“. Wie ich später erfuhr, bildete diese (als
inoffizielle Generalprobe deklarierte) Inszenierung die Grundlage für
Wieland Wagners zweiten (und letzten) „Ring“ in Bayreuth.
Bayreuth kannte ich bisher nur durch die
Rundfunkübertragungen der Premieren-Vorstellungen, durch Erzählungen
verschiedener Kollegen aus dem technischen Bereich, die jedes Jahr Ende
August von ihrer (freiwilligen) Mitwirkung bei den Festspielen
zurückkehrten, sowie aus gelegentlichen Gesprächen mit Orchester- oder
Chormitgliedern oder auch mit Solisten, die in Bayreuth dabei waren.
Manchmal berichtete im Kino auch die Wochenschau über die Eröffnung der
Bayreuther Festspiele.
Als ich mich nun am Vormittag des 19. Juli 1971 beim
Ostpförtner des Festspielhauses nach einem bestimmten Kölner Kollegen
erkundigte, der mir versprochen hatte, mir den Betrieb einmal zu zeigen,
ahnte ich nicht, wie beeindruckend die nächsten Stunden auf mich einwirken
würden. Man zeigte mir den ganzen Betrieb, das Bühnenhaus mit der
Elektromotorik, die sehr umfangreiche Bühnenbeleuchtungsanlage, das
Zuschauerhaus, den Zuschauerraum, den Orchestergraben (dieses Wunderwerk)
sowie die Werkstätten und die Probebühnen. Kurz, alles, was für den
reibungslosen Proben- und Vorstellungsablauf von Bedeutung war. Man stellte
mich auch einigen wichtigen Personen im Hause vor und gestattete mir, einer
„Rheingold“-Bühnenprobe mit Orchester, Beleuchtung, in Kostüm und Maske auf
der Bühne beizuwohnen. Ehe ich das Haus verließ, überreichte man mir zwei
Generalprobenkarten für die am nächsten Tag stattfindende
„Lohengrin“-Generalprobe.
Am nächsten Tage erlebte ich also zusammen mit
meiner Frau, in der 6. Reihe sitzend, erstmals eine Aufführung in Bayreuth
als Zuschauer und Zuhörer. Die unglaublich tolle Akustik und die Wirkung der
den gesamten Bühnenraum nutzenden Bühnenbilder war sehr beeindruckend.
Die Eindrücke der beiden Tage zusammengefasst: Ich war einfach begeistert vom gesamten Betrieb, der in einer positiven Stimmung schnell und reibungslos ablief. Man spürte überall die Begeisterung, mit der das gesamte Personal hier zu Werke ging. Die Generalprobe vermittelte mir, warum so viele Freunde der Wagnerschen Werke diese immer wieder in Bayreuth erleben wollten. Und dann, von einem Moment zum anderen, verspürte ich den Wunsch, auch hier arbeiten zu können, auch wenn ich mir momentan noch nicht vorstellen konnte, wie ich das bewerkstelligen könnte.
Doch die Verwirklichung dieses
Wunsches erfolgte schneller als gedacht. Im Herbst sprach mich der Kölner
Beleuchtungschef Kurt Winter, der diese Funktion seit einigen Jahren auch in
Bayreuth erfüllte und der meinen Besuch im Festspielhaus mitbekommen hatte,
an und fragte mich, ob ich eventuell Interesse daran hätte, im nächsten
Sommer mal in Bayreuth in der Beleuchtungsabteilung mitzuarbeiten. Meine
Antwort lautete: Selbstverständlich!
1972 war ich dann zehn Wochen in Bayreuth und zu Beginn des Jahres 1973
wechselte ich als festangestellter Elektromaschinenmeister zu den Bayreuther
Festspielen.
Zum Ende der Spielzeit 1981 verließ ich die Festspiele aus ganz persönlichen Gründen und schweren Herzens und ging in die freie Wirtschaft zu einem süddeutschen Großverlag nach München. Bayreuth jedoch blieb ich eng verbunden, dem Hause, Wolfgang und Gudrun Wagner, meinen früheren Mitarbeitern und dem ganzen Betrieb dort. Ich besuchte in den nächsten 22 Jahren zahlreiche Generalproben und Vorstellungen. Und immer wieder war eine solche Vorstellung ein überwältigendes Erlebnis, denn jede Aufführung dort ist einzigartig. Bayreuth wurde also in den Jahren nach der Wiedereröffnung der Festspiele nach dem II. Weltkrieg im Jahre 1951 zur wichtigsten und authentischsten Aufführungsstätte der Werke Richard Wagners. Als ich 2003 in Rente ging, zogen meine Frau und ich nach Bayreuth zurück, wo ich hautnah miterlebte, was ab diesem Zeitpunkt in Bayreuth geschah. Im Jahre 2018 hat es uns dann aus familiären Gründen nach Malente in Schleswig-Holstein verschlagen.
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Verteiler:
Frau Claudia
Roth, Staatsministerin für Kunst und
Medien, Vertreterin des
Gesellschafters Bundesrepublik Deutschland
Herrn Dr. Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern
Frau Heidrun Piwernetz, Regierungspräsidentin von Oberfranken und
1. Vorstand der Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth
Herr Markus Blume,
Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Vertreter des Gesellschafters
Freistaat Bayern
Herr Thomas Ebersberger, Oberbürgermeister der Stadt Bayreuth, Vertreter des
Gesellschafters Stadt Bayreuth und Geschäftsführer der
Richard-Wagner-Stiftung
Herr Freiherr Dr.
Georg von Waldenfels, Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth
e.V., Vertreter des Gesellschafters 'Freunde von Bayreuth' und
Verwaltungsratsvorsitzender der Bayreuther Festspiele GmbH
Frau Angelika Kaus, Ministerialdirigentin im Bayrischen Kunstministerium und
Stiftungsratsvorsitzende in der Richard-Wagner-Stiftung
Bayerischer Oberster Rechnungshof München,
c/o Fran Braatz
Herr Christian
Thielemann, Dirigent, Sächsische
Staatskapelle Dresden
Herr Senator Dr.
Carsten Brosda, Präsident des Deutschen Bühnenvereins
Herr Markus Kiesel, Theaterwissenschaftler, Heidelberg
Herr Oswald Georg Bauer, Theaterwissenschaftler
Frau Daphne Wagner
Frau Dr. Nike Wagner
Herrn Wolf-Siegfried Wagner
Frau Brigitte Merke-Erbe, Oberbürgermeisterin a.D. und Herr Thomas Erbe
Kanzlei 34, Herr RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Hannover
Richard Wagner-Vereine im deutschsprachigen Raum
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Zuschrift
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ZitatRichard-Wagner-Verband Ortsverband Chemnitz e. V. Vorsitzender Matthias Ries-Wolff, Bauernweg 90, 09117 Chemnitz, den 09.06.2021 Liebe Mitglieder des Chemnitzer RWV, in der Neuen sächsischen Galerie ging man am 21.06.2022 um 19:30 Uhr der Frage nach, ob sich jedes graphische Werk eignet, um auf einer vertieften und analytischen Basis Grundlage musikalischer Ereignisse zu werden. Von aktueller Druckgrafik ließ sich Enrico Olivanti inspirieren, um Livemusik und Elektronik zu schaffen. Etwas weniger experimentell ging es am 03.06.2022 im Opernhaus Chemnitz anlässlich der Uraufführung von „Spuk unterm Riesenrad" zu. Das Publikum war insbesondere von dem Bühnenbild beeindruckt, während die Musik von Ostermann von vielen als seicht empfunden wurde. Gleichwohl zeichnet sich hier ein großer Publikumserfolg ab. „Drei Wochen Unendlichkeit" – so nennt GMD und Intendant Ulf Schirmer sein Projekt am Opernhaus Leipzig, sämtliche Opern von Richard Wagner in chronologischer Reihenfolge der Entstehung auf die Bühne zu bringen. Das Projekt begann am 20.06.2022. Die Intendanz in Leipzig übernimmt zum 01.08.2022 Tobias Wolff, während Ulf Schirmer sich zukünftig allein aufs Musizieren beschränken wird. Auch an der Berliner Staatsoper dreht sich das Personalkarussell: Ab 2025 wird Elisabeth Sobotka neue Intendantin, nachdem sie bereits von 2002 bis 2007 dem Haus als Operndirektorin verbunden war. In Regensburg hat der GMD das Handtuch geworfen und die Intendanz wurde von einer wahren Flutwelle an Bewerbungen überrannt. In Chemnitz sprachen sich mehr als 70 % der Orchestermitglieder gegen eine Vertragsverlängerung des GMD aus, sodass nun auch hier händeringend zum 01.08.2023 ein neuer musikalischer Leiter gesucht werden muss.
Am 12.06. hob sich an der Deutschen Oper
Berlin der Vorhang zu einer Neuinszenierung von DIE MEISTERSINGER VON
NÜRNBERG. Die Regie lag in den Händen von Jossi Wieler & Sergio Morabito,
während Sir Donald Runnicles krankheitsbedingt die musikalische Leitung an
Markus Stenz übertragen musste. Der früher mal großartige Günther Groissböck
wird als Nachtwächter zu erleben sein, allerdings wird seine Stimme vom Band
eingespielt... Als Stolzing ist Klaus Florian Vogt zu erleben, der gerade
dabei ist, sich eine neue Partie zu erarbeiten:
In Dortmund begann der RING in einer
Neuinszenierung von Peter Konwitschny nicht mit RHEINGOLD, sondern mit
WALKÜRE, irgendwie erwartungsgemäß: Der Richard Wagnerverband Ammersee hat jedenfalls genug von solchem Klamauk. DER FLIEGENDE HOLLÄNDER wird in der Regie von Georg Rothering, der weiß Gott kein Stückezerstörer ist, am 15. und 16.07.2022 in Schondorf aufgeführt. Weitere Informationen gibt es unter www.rwv-ammersee.de Kurzentschlossene fuhren nach Jena, wo um 20.00 Uhr im Volkshaus „Ring – Ein Orchesterabenteuer“ von Henk de Vlieger aufgeführt wurde. Das sinfonische Werk aus dem Jahr 1991 ist ein Querschnitt durch den RING mit Überleitungen im Stile Wagners. Seien Sie herzlich gegrüßt!
Matthias Ries-Wolff |
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Zitat Vorsitzender Matthias Ries-Wolff, Bauernweg 90, 09117 Chemnitz, den 09.08.2022 Volksbank Chemnitz e.G., IBAN DE87 8709 6214 0021 2916 92 Liebe Mitglieder des Chemnitzer RWV, Festspielzeit ist auch immer Beitragszeit. Deshalb werden wir in den nächsten Tagen die Mitgliedsbeiträge einziehen. Diejenigen, die nicht am Lastschriftverfahren teilnehmen, werden gebeten, den Mitgliedsbeitrag in Höhe von 25,00 € auf das o.g. Vereinskonto zu überweisen. Bei dieser Gelegenheit erlauben wir uns den Hinweis, dass der Mitgliedsbeitrag seit Bestehen des Ortsverbands noch nie angehoben wurde, dass aber die Kosten, nicht zuletzt auch die Portokosten in der gleichen Zeit davongelaufen sind. Um auch weiterhin neue Mitglieder nicht durch einen zu hohen Beitrag abzuschrecken, setzen wir auf freiwillige Spenden aus dem Kreis der Mitglieder. Sicher haben Sie alle von dem Unfall bei der Premiere von WALKÜRE in Bayreuth gehört, als im 2. Akt Wotan nach dem Streit mit Fricka sich genervt in den Sessel setzen wollte und dessen Lehne genau in diesem Moment ihr zeitliches Ende segnete. Die Inszenierung von Valentin Schwarz ist so krude, dass viele Besucher dieses zunächst für einen Regieeinfall gehalten hatten und erst durch die Ansage, dass ein anderer Sänger die Partie des Göttervaters im 3. Akt übernimmt, eines Besseren belehrt wurden.
Krude, also unverdaulich und
unausgegoren – mir fällt kein anderes Wort zu den „Regieeinfällen“
ein: Bei RHEINGOLD spielt eine Kindergartentruppe mit. Das
Bühnenbild hat den Charme eines Einfamilienhauses aus den 50er
Jahren. Freia stirbt und liegt bei WALKÜRE aufgebahrt. Sieglinde ist
von Anfang an schwanger, nicht von Hunding, den sie hasst, und nicht
von Siegmund, den sie erst lieben lernt, sondern von ihrem Vater
Wotan! Die Walküren treffen sich auf einer Schönheitsfarm. Da es
auch kein Schwert, sondern eine Pistole gab, ist bei SIEGFRIED
nichts zu schmieden. Der Wanderer bringt eine Krücke, in der sich
ein Schwert verbirgt. Gebraucht wird es nicht, denn Fafner liegt im
Bett und stirbt an einem Herzinfarkt, nachdem Siegfried ihm den
Rollator weggenommen hat. Das wichtigste Requisit ist ein Pappbecher
mit Nudeln to go Es fällt mir schwer, Ihnen diesen RING in Bayreuth zu empfehlen, denn auch musikalisch hat man wahrlich Besseres erlebt. „Gesang an der Grenze zum Geschrei“ (HAZ) und „laut und leidenschaftlich reicht nicht“ (BR 06.08.). Aber es gibt ja auch Schönes in Bayreuth: Oxana Lyniv wirkte in der Ouvertüre zum FLIEGENDEN HOLLÄNDER etwas gehetzt, ihr ist aber danach der ganz große Wurf gelungen! Die Herren Zeppenfeld, Cuttler, Glaser (etwas zittrig bei den hohen Tönen) und Mayer sangen in der besuchten Vorstellung am 06.08. gut bis sehr gut, während Frau Teige die Senta gestresst und mit viel Druck sang und Frau Weissmann nicht bei Stimme war. Der LOHENGRIN (besucht am 07.08.) unter Christian Thielemann war insgesamt eine großartige Ensembleleistung, die zu recht mit 30-minütigen Standing Ovations belohnt wurde. Es wäre ungerecht, aus dem Team von Vogt, Nylund, Ganter, Lang, Zeppenfeld und Welton einen herauszugreifen, denn alle sangen auf höchstem Niveau. Ein Traum! Im Richard-Wagner-Museum gibt es eine neue Ausstellung mit dem Titel „VolksWagner“, bei der es, so der Untertitel, um „Popularisierung, Aneignung, Kitsch“ geht. Man erfährt unter anderem von Karl Marx, Radeberger Bier, französischem Weichkäse, Hollywood und allerlei Kriegsgeschrei. Und Kuriositäten: So erhielt die Sektkellerei Söhnlein 1876 das Privileg, dass deutsche Kriegsschiffe nur mit der Sektmarke „Rheingold“ getauft werden. Vielleicht haben Sie ja auch noch Gelegenheit, etwas von den Bayreuther Festspielen mitzubekommen. Schreiben Sie uns Ihre Eindrücke! Im Namen des Vorstandes grüße ich Sie alle sehr herzlich,
Matthias Ries-Wolff |
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Zitat Es hat schon bessere Familienserien im Fernsehen gegeben als dies bei dem ähnlichen Versuch, das auch auf der Bühne des Festspielhauses zu schaffen, gelungen wäre. Die erfolgreichen Fernseh-Familienserien hatten eine schlüssige Handlung, passende Texte und – in der Regel – eine 'ins Ohr gehende Musik'. Von alledem kann bei der auf der Festspielhausbühne gezeigten 'Seifenoper in vier Teilen' keine Rede sein. Wildes hin und her Gerenne in undefinierbaren Bildern, die Handlung an den Haaren herbeigezogen, die Texte (weil von Wagner gestohlen) passen überhaupt nicht. Bei der Musik fragt man sich mit Recht, wem eigentlich die Idee gekommen ist, Wagners Ring-Musik für diesen Abklatsch zu verwenden. Man sollte sich über die Gültigkeitsdauer der Gesetzgebung zum Urheber-Rechtsschutz ernsthaft Gedanken machen. Bayreuth hat damit eindeutig die Zeit hinter sich, als Jahr für Jahr Werke des Komponisten Richard Wagner festlich, großartig und eindeutig als das erkennbar, was auf der Eintrittskarte und im Programmheft angekündigt war, zur Aufführung gelangten. Die Einzigartigkeit der Bayreuther Aufführungen gibt es nicht mehr. Nach jeder neuen Pleite denkt man, es kann nicht noch schlimmer werden und jedes Mal wird es noch schlimmer. Die vier 'Ring' – Teile waren nun die Nummern 14, 15, 16 und 17 der Entgleisungsserie seit 2010. Die Festspielleiterin, die diese Abwendung zu verantworten hat, erfüllt weder den Stiftungsauftrag, noch den Bildungsauftrag, den Bayreuth ebenfalls zu erfüllen hat. Dem Vernehmen nach überlegen schon einige Richard Wagner Verbände, ob sie noch Stipendiaten nach Bayreuth entsenden sollen, das diese vor Ort nicht mehr Wagners Werk kennen lernen. Die Jugend hat Wagner durch diese Art der Interpretation schon längst abgeschrieben. Arme, erbärmliche Bayreuther Festspiele! Und ganz große Kopfschmerzen sollten sich die Personen und Gremien machen, die Katharina Wagner – ob nun dafür zuständig oder nicht – weiter im Amt halten. Heribert A.
Bludau, Malente |
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Zitat Thema des Tages 12. Juli 2022
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ZitatBayreuth: Das Corona-Virus hat die Wagner-Festspiele im GriffAuf der Bühne
ist Georg Zeppenfeld ein Ereignis, darüber sind sich Rezensenten in
exotischer Einmütigkeit einig. Am Telefon freilich - auch wenn es dafür
weniger Niederschläge in den internationalen Feuilletons gibt - ist
dieser Mann nicht so viel weniger Anlass für Gänsehaut. Dieser Bass, man
weiß nicht, ob man dem Reflex stattgeben soll, den Apparat einen
gesunden Meter von sich weg zu halten; oder sich genau dem Gegenteil
hingibt. Was jedenfalls klar ist dieser Tage: Anders bekommt man
Zeppenfeld gerade nicht her. "Ich habe Besuch vom Virus", röhrt es.
Zitatende
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These und Tabu: Meyerbeer nach Bayreuth!
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Zitat STAND , 9:14 Uhr Maria Ossowski Giacomo Meyerbeer, einer der erfolgreichsten Opernkomponisten seiner Zeit, hatte Richard Wagners Genie früh erkannt, ihn protegiert und unterstützt. Wagner dankte seinem Ziehvater mit einer fürchterlichen Schmähschrift. Meyerbeer verschwand in der Nazi-Zeit von allen Spielplänen. Der Berliner Musikwissenschaftler Jascha Nemtsov hat die Verbindungen beider Komponisten untersucht und kommt zu dem Schluss:Spielt Meyerbeers Werke auf dem Grünen Hügel! Die Grand Opéra gehört ins Festspielhaus von Bayreuth!
, 25.7.2022 10:05 Uhr, SWR2 Treffpunkt Klassik, SWR2 Zitatende |
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Zitat Ein Neustart ohne Mut und Signalwirkung06:06 Minuten
Wetzel,
Marie-Dominique · 28. Juli 2022, 23:44 Uhr |
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Leserbriefe
an die
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Letzte Meldung
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Kardinal Gerhard Ludwig
Müller betonte, er sei nicht dafür,
den Synodalen Weg komplett aufzugeben.
Foto: dpa
Die deutschen Katholiken geben sich mit ihrem Reformprozess nach Meinung von Kardinal Gerhard Ludwig Müller einer Illusion hin.
Die im Rahmen des Synodalen Wegs angestrebten Neuerungen hätten keinerlei
Chance auf Umsetzung, sagte der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation
und frühere Bischof von Regensburg der Deutschen Presse-Agentur in Rom. „Der
Grund dafür ist nicht, dass wir hier in Rom diktatorisch auf unseren
Überzeugungen beharren oder Macht ausüben wollen.
Der Grund ist, dass die Kirche von Jesus Christus eingesetzt und
entworfen worden ist. Wir haben keine Vollmacht, diese Ordnung zu
verändern.“
Über was andere schrieben
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ZitatGeorg Anastasiadis
Der Skandal erschüttert das System des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland, weil er dessen
Schwächen gnadenlos offenlegt: das oft unterentwickelte
Kostenbewusstsein, die mangelhafte Aufsicht und die Arroganz einer
Institution, die sich aus zwangsweise erhobenen Gebühren finanziert
und niemandem Rechenschaft ablegen zu müssen glaubt. Diese Arroganz
passt gut zu dem in manchen Sendehäusern gepflegten
Erziehungsjournalismus, der strenge Maßstäbe am liebsten bei anderen
anlegt und dessen Herz im Zweifel links schlägt. |
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Zitat
Gebührenfinanzierter Kontrollverlust:
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Zitat
Der
Schlesinger-Rücktritt und seine Folgen: Mit den Vorgängen in der RBB-Chefetagen wird wieder die Frage gestellt, ob die Gebühren für die öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsender noch gerechtfertigt sind. Seit Jahren sehen sich ARD, ZDF oder das Deutschlandradio, die weiterhin eine sehr hohe Verbreitung und hohe Nutzerzahlen haben, Rechtfertigungsdruck ausgesetzt. Sie werden durch Rundfunkbeiträge von jährlich rund 8 Milliarden Euro finanziert. Die Beitragserhöhung auf monatlich auf 18,36 Euro im vergangenen Jahr war kein Selbstläufer - Sachsen-Anhalt hatte blockiert. Das Bundesverfassungsgericht setzte das Ganze vorläufig durch. Die AfD setzt beim Thema öffentlich-rechtlicher Rundfunk auf Konfrontation, auch aus den Reihen der Union gibt es immer wieder Unmut. Die nächste Runde für die Finanzierung steht für die Sender im Herbst an, sie werden sich wieder in kritischeren Länderparlamenten rechtfertigen müssen. Die Bundesländer wollen zudem perspektivisch die Finanzierung des Rundfunksystems reformieren, das ist in einem Staatsvertrag geregelt. All das hätte Schlesinger verhandeln müssen. Nach den Vorwürfen undenkbar. Das muss nun zunächst ihr Vorgänger als ARD-Chef übernehmen, WDR-Intendant Tom Buhrow. Die
Gefahr, die von den Affären um Schlesinger ausgeht, sehen viele. Der
RBB-Medienjournalist Jörg Wagner sagte im RBB-Inforadio gar: „Das
ist die stärkste Krise, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk
gerade durchmacht.“ |
Schlussbemerkung
Selbstzweck:
Unterhaltung
Sich zu freuen und herzhaft zu lachen ist eine
überaus gesunde Lebensäußerung.
Die Gründe dafür können sehr unterschiedlich sein:
ein schönes Geschenk, die Belohnung für etwas Gelungenes, das Wiedersehen
mit einem lieben Menschen, das Staunen über einen beglückenden Anblick.
Auch ei guter Witz, der mit seiner Pointe genau trifft, ist ein Lachen wert.
Was aber ist Unterhaltung?
Für mich bringt dieses Wort die Verbindung zur Vorstellung, dass jemand mich
hält, indem er mit seiner Hand unter meine Sitzfläche greift wobei ich das
gar nicht will.
Unterhaltung drängt sich also auf, wir können ihr nicht entkommen.
Sie plappert und kichert in der Werbung, sie übergießt uns mit süßlichen
Bildern, belügt uns mit Illusionen, weckt Vorstellungen vom sorgenfreien
Leben, von ewiger Gesundheit und Schönheit zu niedrigen Preisen.
Sie ist eine riesige verlogene Industrie.
Sie hat sich so in den Köpfen eingenistet, dass unsere Theaterleitungen der
Meinung sind, die großen Werke in der Form, wie sie von den Autoren gemeint
sind, dem heutigen Publikum nur noch zur Unterhaltung anbieten zu müssen:
Verdreht, verfälscht, verjuxt mit sinnlosen Aktionen aufgepeppt.
Siehe Tannhäuser in Bayreuth,
siehe Lohengrin in Hamburg,
siehe Ring in Berlin,
siehe Rosenkavalier in München,
siehe Aida in Regensburg,
siehe Fledermaus in Frankfurt,
siehe Tristan in Landshut,
siehe Otello,
Figaros Hochzeit wie Onegin
in Hannover
und so weiter, und so weiter, und so weiter.
Viele gehen nicht mehr hin und die noch hingehen, lassen sich durch
‘Äktschn‘ ohne Rücksicht auf das Werk zum Kreischen vor Lachen, zum
Klatschen auf die Schenkel verleiten.
Das ist dann Erfolg durch Unterhaltung.
Rechtfertigt das die Millionen, die als Subventionen den Steuerzahlern aus
der Tasche gezogen werden, ohne dass auch nur im Mindesten der
Bildungsauftrag erfüllt wird.
Die Frau Geschäftsführerin der Nds. Staatsoper Hannover GmbH anlässlich der
Vorstellung des Spielplanes 2022/2023:
Zitat
„Als Amerikanerin, ich mag Unterhaltung!“
Zitatende
ML Gilles
Impressum
…. erscheint als nichtkommerzielles Rundschreiben zu
- ausgezeichnet
mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg
kulturjournal
– Büro 93047 Regensburg – Wahlenstraße 17 –
info@kulturjournal-regensburg.de
Verteilung:
Direktversand an ausgewählte Leserschaft u.a.
Mitglieder der
Bürgerinitiative-Opernintendanz -
http://bi-opernintendanz.de/
Niedersächsischer Landesrechnungshof,
Niedersächsische Landesregierung,
Aufsichtsrat der Nds. Staatstheater Hannover GmbH,
Politische Parteien im Nds. Landtag,
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover,
Bund der Steuerzahler,
Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten,
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger,
Deutscher Bühnenverein,
Richard-Wagner-Vereine,
Feuilletons von Tageszeitungen,
Pressestellen von Theatern im deutschsprachigen Raum.
RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover
RA Markus von Hohenhau, Fachanwalt für IT-Recht, Regensburg
RA Prof. Dr. Ernst Fricke, Fachanwalt für Bühnenrecht, München/Landshut
Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der
Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung -
Geglücktes oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch
Überspitztes und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach Artikel
5, Grundgesetz, in Anspruch.
Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen vom
Regionalfernsehen Regensburg, telezeitung-online.de und aus dem Internet u.a.
den Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der
Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..
Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich gemacht.
Fotos wurden Buch- und CD-Einbänden entnommen. Beiträge aus der Rubrik
‘Musiktheater‘ wurden als Zitate aus dem Hermes Handlexikon übernommen.
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gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.
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Wertung.