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42

 

 

 

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Quelle
: https://www.n-tv.de/leute/Netrebko-wird-nicht-nur-von-Opernfans-empfangen-article23483310.html

 

 

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(Foto: Franz Neumayr/dpa)


Anna Netrebko singt in der Arena di Verona die Hauptrolle in Giuseppe Verdis "Aida".
Und erobert als äthiopische Sklavin das Publikum.

Da brandet an diesem Abend zum ersten Mal leidenschaftlicher Applaus auf. Es wird dann bei jedem ihrer Auftritte Szenenapplaus geben, durchsetzt mit lauten "Brava"-Rufen. Sie ist aber auch großartig in dieser Rolle, wie sie sich im rötlich erdfarbenden Sklavinnengewand ihrer Herrin und Nebenbuhlerin Amneris
(Clémentine Margaine) zu Füßen wirft.

[…]

Und Yusif Eyvazov als Radamès, der hier wie im wahren Leben an der Seite Netrebkos steht? Hatte gegen Ende große Momente, als er seine krude Technik, die immer wieder zu einer Art Würgeklang führt, im Griff hatte. Denn er hat in der Höhe großes Potenzial. Das kommt nur selten so zur Geltung, dass man es hören möchte.

Gleichwohl ein großer "Aida"-Abend mit einer zu Recht gefeierten Netrebko.
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Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/anna-netrebko-giuseppe-verdi-aida-arena-di-verona-1.5618439

 

 

 

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Nichtverlängerungen aus Anlass eines Intendant:Innenwechsels

Ein Psychoterror

Nichtverlängerungen aus Anlass eines Intendant:Innenwechsels

Jahrelang müssen sich Beschäftigte, die unter NV Bühne arbeiten, jeden Tag beweisen. Sehr oft unter Umstän­den, bei denen andere Arbeitnehmer:innen sich arbeits­unfähig gemeldet hätten. Wenn nicht dauerhaft eine TOP-Leistung geliefert wird, ist der Vertrag durch eine Nichtverlängerung gefährdet.

Ohne eine Vorwarnung (zum Beispiel durch Gespräche, Ermahnungen, Abmahnungen) ist es möglich, eine:n Künstler:in leicht los zu werden - mit Begründungen, die nicht gerichtlich geprüft werden dürfen. Diese Praxis nährt das System der Angst im Theater.

Beim Intendant:innenwechsel kann die designierte In­tendanz (die in den meisten Fällen noch nie etwas für das Haus geleistet hat und die Beschäftigten kaum kennt), ohne Nennung von Gründen und ohne soziale Aspekte berücksichtigen zu müssen, willkürlich eine Nichtverlängerung aussprechen. Für die Mitarbeiter:in-nen, die über eine Bindung zum Haus, zu Kolleg:innen, zur Stadt und zum Publikum verfügen, ist das ein hochkantiger und unbarmherziger Rausschmiss.

Bereits bei der Benennung einer Intendanz beginnt der Nervenkrieg. Es fühlt sich an wie Russisches Roulette. „Bekomme ich den blauen Brief? Schon da beginnt der Gedankenwirrwarr. Was passiert mit mir als Künst-ler:in?" „Ist meine Karriere vorbei? Was können meine Kinder dafür, dass ich NV Bühne habe? Und so welter.

Doch dann kommt der Anruf mil der Aufforderung, im Vorzimmer der Intendanz oder bei der Personalabteilung die Einladung zum Anhörungstermin abzuholen. Der Empfang muss per Unterschrift bestätigt werden. Nicht selten werden diese Aktionen vor einer Vorstellung oder gar in der Premierenwoche durchgeführt. Ein Psychoterror beginnt.

Diejenigen, die für den Theaterapparat die Identifikation des Unternehmens sind, die ständig und auf die Sekunde die höchste Leistung liefern, für Erfolge sorgen, sich jahrelang für das Haus, die Stadt und das Publikum stark engagieren und arbeitsrechtlich keine Verstöße zuschulden kommen ließen, werden mit einem einzigen Satz bei einem Anhörungsgespräch im Beisein von vier bis fünf Leitungspersonen abgespeist: „Aus Anlass des Intendant:innenwechsels ist es beabsichtigt, Sie nicht zu verlängern." Ab diesem Augenblick hängt alles allein an der Gnade der Intendanz. Diesen Seiltanz bestehen die meisten nicht. Die Menschen fallen eiskalt auf die Schnauze.

Meistens kommen die Intendanzen zum Anhörungstermin angereist und betreiben Massenabfertigung. Der Zeit­druck ist spürbar. Vom Bühnenverein oder von der Geschäftsführung werden sie vorher unterwiesen. Es gibt nicht viel, worauf zu achten ist. So leicht kann man sich fast nirgendwo Beschäftigter entledigen. Es wird nicht selten darauf gedrängt auf die Anhörung zu verzichten. Wenn einige wenige und unkomplizierte Formalien eingehalten werden, gibt es keine Möglichkeit, sich gegen den Verlust des Arbeitsplatzes zu wehren. Unter diesen Umständen müssen sich die Menschen „nackt aus­ziehen" und von ihrer sehr persönlichen Situation viel preisgeben, um von der Gegenseite eine vermeintliche  Chance zu bekommen. Obwohl bei diesem Gespräch für manche:n die Nichtverlängerung erkennbar zum sozialen Absturz führt, lassen Intendant:innen sie tief fallen. Auf der Bühne findet die größte Moral statt. Hinter der Bühne geschieht das Gegenteil. Eine unerträgliche Ver­logenheit, die leider zum Alltag des Theaters gehört.

Wenn Regisseur:innen gastieren, finden sie es sehr spannend, mit dem vorhandenen Personal zusammen zu arbeiten. Bekommen sie aber eine Intendanz, werden sie plötzlich unflexibel und tauschen professionelle Mitarbeiter:innen gegen andere professionelle Mitarbeiter:innen aus. Ein absurdes und sinnloses Spiel: Verschwendung von Wissen, Zerschlagung von gut gewachsenen Teams, Zufügen von Leid und Kollateralschäden bei Kindern, die für solche unwürdigen Verträge nichts können.

Kritik an diesem Nichtverlängerungsregime wird mit dem „Totschlagargument" begegnet, die „künstlerische Freiheit" verschaffe das Recht, so handeln zu dürfen. Dieses Recht aus dem Grundgesetz wurde scheinbar von Intendant:innen annektiert. Dieses Recht ist aber Eigentum alle Künstler:innen und Institutionen.

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Arbeitsleben - auch im Theater - für viele positiv entwickelt. Auch im künstlerischen Bereich wie Orchester und Opernchor. Viele Verantwortliche für das Theater aus Verwaltung und Politik geben den Tarifvertragsparteien die Schuld an der Misere und bedauern die Nichtverlängerungspraxis. Einige Theaterträger haben sich entschieden, auf dieses Recht zu verzichten und entsprechende Intendanzen gewählt wie zum Beispiel Lübeck, Tanztheater Wuppertal, Mönchengladbach/Krefeld. In Karlsruhe hat die Schauspieldirektorin für den Rest ihre Amtszeit auf Nichtverlängerungen verzichtet.

Neben künstlerischer Kompetenz sind andere Fähigkeiten bei Intendanzen als höchste Führungskräfte im Theater unverzichtbar - wie zum Beispiel Führungs- und soziale Kompetenz. Zu den notwendigen Veränderungsprozessen im Theater gehört auch die Abschaffung die­ses unwürdigen Nichtverlängerungs-Rituals.

Solche Nichtverlängerungen sind unethisch, unmoralisch, unmenschlich und auch unkünstlerisch.

Die Bühnengewerkschaft GDBA wird sich dem Kampf gegen diese Praxis verstärkt widmen. Wir wollen, dass die Angst aus dem Theater verbannt wird.

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Quelle: https://www.buehnengenossenschaft.de/wp-content/uploads/2022/07/TTTweb-5-6-22.pdf

 

 

 

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Aufruf

KuenstlerInnenTheaterRegensburg@gmx.de

Stellungnahme der Solistinnen und Solisten der Sparten Oper, Schauspiel, Tanz, Junges Theater sowie einiger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit NV-Bühne-Vertrag:
Wir sind erstaunt über die Berichterstattung der letzten Tage und möchten gerne einige Dinge klarstellen, nicht zuletzt, weil durchweg über uns und nicht mit uns gesprochen wurde.

Angesichts der hohen Zahl an drohenden Nichtverlängerungen sandten wir am 7.10.21 eine E-Mail an den Verwaltungsrat des Theaters, bestehend aus:


Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (Vorsitzende),
Erich Tahedl, CSU
Bernadette Dechant, CSU
Yasmin Hopp, Grüne
Wiebke Richter, Grüne
Thomas Mayr, Brücke
Dagmar Kick, SPD
Astrid Lamby, ÖDP
Kerstin Radler, Freie Wähler


um über unsere Situation und die Stimmung am Haus zu informieren.
Sie finden die E-Mail im Anhang; bei den geschwärzten Stellen handelt es sich um Fallbeispiele und Interna, die nicht an die Öffentlichkeit gehören.
Auf diese E-Mail haben wir bis dato nur Antwort von der Fraktion „Die Brücke“ erhalten, die uns zu Ihrer Fraktionssitzung einlud, um über die Sache zu reden.
Wir verwahren uns dagegen, politisch vereinnahmt zu werden. Wir reden allerdings gerne mit jedem/r, der/die bereit ist, uns zuzuhören.

Wir möchten Folgendes klarstellen:
Die Intendanz hat beim Neuantritt die Macht, Nichtverlängerungen ohne künstlerische Gründe auszustellen:

BGB § 611 Bühnenengagementsvertrag; Tarifvertrag über die Mitteilungspflicht vom 23. November 1977 (TVM) § 2 Abs. 5

Leitsatz:

Soll der befristete Arbeitsvertrag eines Bühnenmitglieds aus Anlass eines Intendantenwechsels nicht verlängert werden, so genügt bei der Anhörung des Bühnenmitglieds vor der Nichtverlängerungsmitteilung gemäß § 2 Abs 5 TVM der Hinweis auf den Intendantenwechsel (im Anschluß an BAG Urteil vom 18. April 1986 - 7 AZR 114/85 - BAGE 51, 374 = AP Nr. 27 zu § 611 BGB Bühnenengagementsvertrag).

Die Tatsache bezweifeln wir nicht, wenn wir auch die Menge der drohenden Nichtverlängerungen für völlig übertrieben halten – knapp 40. Eine hohe Zahl, und das in einer immer noch andauernden Pandemie. Freie Stellen an den Theatern gibt es noch weniger als sonst. Ein Folgeengagement zu finden, ist folglich noch schwerer.
Nichtverlängerungen sind auch vor diesem Hintergrund zu bewerten und nicht mit zynischer Romantik à la „Die Gaukler brauchen wieder frischen Wind um die Nase“ abzutun.
Wir stellen ebenfalls nicht die Zeitverträge am Theater in Frage, sondern die Praxis, wie der „Nichtverlängerungsgrund Intendantenwechsel“ gelebt wird.

Es geht uns um bessere Kommunikation. Man kann mit Arbeitnehmenden reden und sie nicht nur als Verfügungsmasse betrachten. Man kann interne Gespräche führen, Arbeitsproben vereinbaren, etc.
Es wurden so gut wie keine Gespräche im Vorfeld geführt und das ist schlicht nicht mehr zeitgemäß. Die, die gehen müssen, hatten keine Chance, die neue Leitung kennenzulernen und die, die bleiben, müssen die „Katze im Sack kaufen“, denn deren Verhandlungsfristen laufen Ende Oktober ab. Was denn nun das künstlerische Konzept ist, mit dem Herr Ritschel sich 2020 beworben hat, das wissen wir bis heute nicht.
Unser Problem ist, dass Herr Ritschel NUR das getan hat, was juristisch korrekt ist.

Von einer Theaterleitung erwarten wir mehr.
Vor allen Dingen bessere Kommunikation.
Wir sind verletzt über die Kälte und Einseitigkeit, mit der die Lokalpolitik, der Lokaljournalismus und die Theaterfreunde ausschließlich dem designierten Intendanten beispringen und ohne Austausch mit den Künstlerinnen und Künstlern Argumente wie „War schon immer so“ und „ist doch juristisch korrekt“ anbringen.

Wenn weiterhin so kommuniziert wird, BLEIBT eben nicht ALLES ANDERS, wie unser Spielzeitmotto sagt, sondern so, wie es ist.
Das kann nicht unser Ziel sein.

Mit unserer Gewerkschaft GDBA kämpfen wir seit Jahren gegen die völlig aus der Zeit gefallene Allmacht der Intendantinnen und Intendanten. Wir fordern seit Jahren eine faire Quote für Nichtverlängerungen, ein behutsames Abwägen der Nichtverlängerungen, ein sozialeres Sicherheitsnetz für aus dem Beruf gedrängte Künstlerinnen und Künstler und nicht zuletzt einen respektvollen, menschlicheren Umgang.

In anderen Städten werden beispielsweise die Mitarbeitenden gefragt, wie sie sich die Leitung ihres Theaters vorstellen, in Krefeld bekamen die Künstlerinnen und Künstler sogar ein Vorschlagsrecht bezüglich ihrer Spartenleitung. Wir begreifen das Theater auch als Zukunftslabor für zeitgemäße Leitungsformen.

Wir kommen gerne mit Ihnen, liebe Regensburgerinnen und Regensburger, liebes Publikum, ins Gespräch – sprechen Sie uns auf der Straße oder in der Bäckerei an, schreiben Sie uns!
KuenstlerInnenTheaterRegensburg@gmx.de

Die Sängerinnen und Sänger, Schauspielerinnen und Schauspieler, Tänzerinnen und Tänzer sowie weitere künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Theater Regensburg

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Quelle: https://www.nachtkritik.de/images/stories/artikelbilder/
PDFs/2021/Stellungnahme18Oktober_Regensburg.pdf

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B-Ware

Ein Kommentar zum Spielplan Theater Regensburg
Saison 2022/23
von Peter Lang kulturjournal.de Juli 2022


Bei B-Ware, auch Ware zweiter Wahl (kurz: zweite Ware oder Zweitware) genannt, handelt es sich um nicht mehr original verpackte, aber als neu geltende Artikel. Um Ware, die bereits ausgepackt und vorgeführt beziehungsweise vom Kunden angesehen wurden sowie um Retouren. Ferner um Artikel, die kleine Fehler aufweisen, bei denen die Originalverpackung beschädigt ist oder fehlt. Diese Artikel weisen ansonsten keine oder eher geringfügige, optische Mängel (Gebrauchsspuren) auf, die keinen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit des Gegenstandes haben.

Geht es nach der neuen Leitung des Theaters Regensburg, tut es für Regensburg auch B-Ware. Wozu sich Neues ausdenken? Mit einem Aufguss aus Radebeul eröffnet das Musiktheater.

Mit ‘Der Prozess‘ von Gottfried von Einem nach Franz Kafka. Einer Literaturoper aus den 1950er-Jahren, die reichlich Staub angesetzt hat, ein eklektizistischer Stilmix, der „die unter die Haut gehende Sogwirkung von Kafkas Text nicht von fern erreicht“ (Bernhard Neuhoff, BR). Für Inszenierung, Ausstattung und Lichtdesign zeichnet der Intendant obendrein verantwortlich.

Als Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner sowie Lichtdesigner fungiert der Intendant und Operndirektor dann noch einmal bei der Musical-Revue ‘Putting it Together‘. Bei der Oper mit dem Titel ‘1984‘ von Lorin Maazel, die 2005 in Covent Garden uraufgeführt und vom Fachpublikum geradezu zerrissen wurde, zum dritten Mal als Regisseur, Kostümbildner und Lichtdesigner. Man fragt sich, warum dirigiert er nicht auch noch all diese Produktionen?

Denn: Auf einen Generalmusikdirektor konnte man sich noch nicht verständigen.

 

Chefdramaturg Ronny Scholz setzt den Regensburgern seine ‘aufgewärmte‘ Inszenierung der Comic Operetta ‘Candide‘ von Leonard Bernstein vor, nachdem sie 2021 in Münster zu sehen war.

Die Solo-Tanzperformance ‘I play d(e)ad‘ des neuen Leiters der Tanzcompany und Chefchoreografen Wagner Moreira stammt ursprünglich aus Görlitz und von 2017.

Für Regensburg taugt’s!

Das hat sich offensichtlich auch der Verwaltungsrat des Theaters Regensburg gedacht, der vor zwei Jahren über die „Personalberatung Kulturexperten Dr. Scheytt GmbH*)“ den neuen Intendanten suchen ließ.

Obwohl nahezu wieder unter Normalbedingen gespielt werden kann, bleiben nicht nur ältere Besucher in immer größerer Zahl den Theatern fern, das Publikum zögert, die Ränge sind weiterhin lückenhaft besetzt. Man weiß nicht, ist angesichts der aktuellen Lage der Regensburger Theaterspielplan für die Saison 2022/23 mit (zu) vielen Produktionen abseits des klassischen Kanons wagemutig oder schlichtweg unbedacht. Gar fahrlässig? Vieles bleibt vage. Ob Pop-up-Theater im Stadtraum und Darbietungen in Leerstands-Immobilien dazu geeignet sind, auch langfristig die Reihen der Häuser am Bismarck- und Haidplatz zu füllen?

Und wie lange lässt die Sanierung des Velodroms noch auf sich warten?

Wie lange noch will man das Antoniushaus blockieren, das primär als Kulturzentrum für das Kasernenviertel gedacht ist?

 

Beim Spielzeitmotto ‘Wahrheiten‘ wird es ‘strange‘. Warum nicht gleich ‘Alternative Fakten‘? Als ob es verschiedene Wahrheiten gäbe!

Es gibt nur eine (Singular!) Wahrheit, sie ist zwingende Voraussetzung für ein vernünftiges Zusammenleben. Wahrheit ist Wahrheit. Es gibt keine zwei Wahrheiten und auch keine halbe Wahrheit. Streiten kann man allenfalls darüber, wie die Wahrheit zu interpretieren ist.

 

„Wie du kommst gegangen, so wirst du empfangen“, sagt das Sprichwort. Holpriger hätte der Start in eine neue Ägide kaum sein können! Die zahlreichen Beendigungen von Engagements in Dramaturgie, Musiktheater, Schauspiel und Tanz – egal, ob man das Nichtverlängerung, Spezialmaßnahme oder Sonderoperation nennt, es ist in jedem Fall ein Rausschmiss! – dürften dem neuen Intendanten länger nachhängen als all seinen Vorgängern. Entlassungen, ohne das Ensemble auf der Bühne gesehen oder gehört zu haben, ohne vorher ausreichend mit ihm kommuniziert zu haben, das zeugt – zumal in Zeiten von Pandemie und Inflation – nicht von Sozialkompetenz. Es mag rechtens sein, künstlerisches Personal mit dem schlichten Verweis auf ‘Intendantenwechsel‘ zu entlassen, gerecht ist es nicht! Der ‘Offene Brief‘, mit dem sich im Herbst 2021 das Ensemble zu Wort meldete, die hohe Anzahl der Nichtverlängerungen und die respektlose (Nicht)-Kommunikation kritisierte, hat Regensburg bundesweit in die Schlagzeilen gebracht. Einige Punkte aus dem Papier haben Eingang in die Fairness-Charta des ‘ensemble-netzwerk e. V. ‘ gefunden.



Darin werden GDBA (Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger) und Deutscher Bühnenverein (Interessen- und Arbeitgeberverband der Theater und Orchester) zur längst überfälligen Reform des Tarifvertrags gedrängt, um rechtliche Voraussetzungen für eine respektvolle Kommunikation und das Abfedern der sozialen Folgen von Nichtverlängerungen zu schaffen.
Wenn ein Fußballclub der Bundesliga einen neuen Trainer bekommt, wechselt man ja auch nicht die komplette Mannschaft aus. Analog trifft das auch auf neue Intendanten zu. Kunstfreiheit gilt aktuell ausschließlich für die Intendanz, nicht für die künstlerisch Beschäftigten.


Viele Publikumslieblinge werden nach guten Jahren mit Spitzenleistungen aus Regensburg vertrieben: das Tanzensemble, Anna Pisareva, Vera Semieniuk, David Markandeya Campling, Kristóf Gellén, Philipp Quest, Thomas Weber und viele weitere. Ihnen allen viel Glück und viel Erfolg!

Möge Ihnen der Neustart andernorts gelingen und viele Traumrollen in Erfüllung gehen.

 

*) Sicher nur Zufall: Dr. Oliver Scheytt ist Dozent des Studiengangs ‘Theater- und Musikmanagement‘ der LMU München, den 2020 sowohl Herr Ritschel als auch die künftige Regensburger Schauspieldirektorin Antje Thoms belegt hatten. (https://www.theatermanagement.theaterwissenschaft.uni-muenchen.de/
alumni/alumni2/jahrgang-2020/index.html).

Kommas sind grad aus! Claim zum Videotrailer zur Spielplanpräsentation 2022/23, Corporate Design: klein, laut


Was andere schrieben

 

 

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Das (un-)treue Publikum

1. Juni 2022. In der Dortmunder Zeitung berichtet Gaby Kolle auf Seite 1 von schlechten Auslastungszahlen des Schauspiel Dortmund in der aktuellen Spielzeit. "Gerade mal 33,05 Prozent Auslastung inklusive Freikarten hatte das Schauspiel bisher in der Spielzeit 21/22. Rund jede fünfte Karte war eine Freikarte, darunter fallen allerdings auch Karten für das jeweilige Team."

Weiter heißt es: "Rechnet man diese Freikarten heraus, schrumpft die Auslastung sogar auf 27,44 Prozent." Zum Vergleich: Die anderen Sparten des Hauses hatten im selben Zeitraum eine Auslastung von 48,13 Prozent (Oper), 60,99 Prozent (Ballett) und 70,63 Prozent (Kinder- und Jugendtheater.

Im ergänzenden Kommentar schreibt Kolle: "Auch die Einnahmen von lediglich 92.447,57 Euro liegen 53 Prozent unter dem geplanten Soll und unter den Einnahmen des Kinder- und Jugendtheaters. Das ist sehr ungewöhnlich und gibt Anlass zur Sorge oder zumindest dazu, genauer auf das Malheur zu schauen."

Kolle argumentiert:
"Julia Wisserts Vision für das Dortmunder Schauspiel ist ein Experimentallabor für die ganze Stadtgesellschaft." Aber: "Das Schauspiel ist eben nicht nur Experimentallabor. Lediglich mit einem neuen Begriff von Stadtgesellschaft verprellt man das treue Schauspielpublikum."

Im Hauptartikel fordert die städtische CDU Publikumsmagneten oder zumindest überregionale Ausstrahlung. Tobias Ehinger, Geschäftsführender Direktor des Hauses, wiederum verteidigt die Zahlen mit dem Corona-Winter: Jetzt sei "der falsche Zeitpunkt, das frei zu bewerten", zitiert ihn die Zeitung.

(Dortmunder Zeitung / geka)
 

Kommentare

#1 Medienschau Dortmund: Kein ErziehungsauftragClaudia Procula 2022-06-08 09:20

Das erinnert an das Theater Oberhausen. Dort hat der "woke" Intendant Fiedler das Große Haus leergespielt. Zum Glück wurde sein Vertrag nicht verlängert.
Merke: Ein Theater hat einen Unterhaltungs- UND Bildungsauftrag, aber keinen Erziehungsauftrag.
 

#2 Medienschau Dortmund: Weder nochML 2022-06-08 18:07

Weder noch.
Unterhaltung: Unterhaltungsindustrie.
Bildung: Ausbildungsinstitutionen.
Theater: Kunst (in.d.R. Darstellende Kunst)
 

#3 Medienschau Dortmund: Keine KunstArbeiter 2022-06-09 10:18

Das deutschsprachige Theater macht schon lange keine Kunst mehr. Schauspieler:innen wollen linke politische Aktivist:innen für Klimaschutz, Wokeness, Feminismus und vieles andere mehr sein. Schauspiel möchte gesellschaftlich relevant sein, ist es aber schon seit Jahren nicht mehr. (...) Und nun kam Corona und ein großer Teil des bisherigen älteren Publikums bleibt weg.
Wieso?
Weil es uninteressant, nicht relevant und langweilig ist, dieses deutsche Stadttheater.
Es dreht sich nur noch um sich selbst und produziert für Insider.
Uns hat es nichts mehr zu sagen und es ist schon lange keine Kunst mehr. (...)

(Anm. Red. Teile dieses Kommentars verstoßen gegen die Kommentarregeln auf nachtkritik.de und wurden entsprechend gestrichen.)

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https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=21079:medienschau-dortmunder-zeitung-schlechte-auslastung-am-schauspiel-dortmund&catid=242:medienschau&Itemid=62

 

 




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Theaterbetrieb

Aktualisiert: 08.06.2022, 06:03 | Lesedauer: 7 Minuten

Lars von der Gönna

DortmundBeim Schauspiel herrscht Katerstimmung

Desaströse Auslastung, sinkender Zuspruch, jede Menge Freikarten: Dortmunds Schauspiel-Intendantin Julia Wissert hat Ärger – und nimmt Stellung.


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Quelle: https://www.waz.de/kultur/talfahrt-in-dortmund-beim-schauspiel-herrscht-katerstimmung-id235555405.html

 

 

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Angebot des Deutschen Bühnenvereins für gerechte Bezahlung zu niedrig

Keine Bewegung auf Arbeitgeberseite – Einigung konnte erneut nicht erzielt werden

Die Gewerkschaften der Künstler:innen (GDBA, VdO, BFFS) und der Deutsche Bühnenverein (DBV) haben sich nach langen Gesprächen bei ihren Manteltarifverhandlungen am 1. Juni 2022 zum dritten Mal nicht auf eine angemessene Erhöhung der Mindestgage der NV Bühne-Beschäftigten einigen können.

An den Verhandlungen nahmen in Köln neben der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) und der Vereinigung deutscher Opern- und Tanzensembles e.V. (VdO) erstmals auch der Bundesverband Schauspiel e.V. (BFFS) teil.

Die Gewerkschaften waren mit ähnlichen 3-Schritte-Plänen für die Spielzeiten 2021/2022, 2022/2023 und 2023/2024 gestartet. Diese beinhalteten sowohl eine Mindestgage von 2.715 € sowie eine Erhöhung der Gagen für Vorstellungen und Proben für abhängig beschäftigte Gäste und eine Dynamisierung, um steigende Lebenshaltungskosten zukünftig abzufangen. Darüber hinaus beinhaltete die Forderung der GDBA die Einführung von vier Mindestgagenstufen, die der VdO eine Ankopplung an die jeweilige Chor- bzw. Tanzgruppengage. Außerdem entsprachen die Gewerkschaften dem Wunsch des DBV, sich des Themas Teilzeit anzunehmen.

Der Deutsche Bühnenverein hatte zunächst nur eine normative Handlungsempfehlung an seine Mitglieder für die Zahlung einer Mindestgage in Höhe von 2.500 € herausgegeben.

Tobias Könemann, Geschäftsführer der VdO: „Es ist dringend geboten, eine verbindliche Tarifierung der Mindestgage zu vereinbaren, die auch den Rechtsträgern die entsprechende Rechtssicherheit gibt, um die hierfür notwendigen finanziellen Voraussetzungen in den Haushalten und Wirtschaftsplänen der Häuser zu schaffen.“

Wie bereits in der letzten Verhandlungsrunde am 9. Mai blieb der DBV bei seinem unzureichenden Angebot einer Anhebung der Mindestgage auf lediglich 2.550 €. Dieses Angebot liegt nach Ansicht der Gewerkschaften – wenn denn überhaupt – nur unwesentlich über dem ab Oktober liegenden Mindestlohn und kann daher nicht Grundlage einer Einigung für eine angemessene Vergütung von qualifiziert ausgebildeten Bühnenkünstler:innen sein.

Alle Tarifparteien waren sich einig, dass die drängenden Themen, insbesondere eine Einigung über die Mindestgage sowie dringend erforderliche Arbeitszeitregelungen schnell vorwärtsgebracht werden müssen. Die Atmosphäre war freundlich und konstruktiv, die Verhandlungen werden am 21. Juni 2022 fortgesetzt.

Lisa Jopt, Präsidentin der GDBA: “Ich bedauere, dass wir keinen Abschluss erreichen konnten, wir haben in einer akribischen Vorbereitung viele gute Argumente für die Verhandlung aufbereitet und sind dem Deutschen Bühnenverein sowohl bei der Höhe der Mindestgage als auch beim Thema Teilzeit entgegengekommen. Dass dies so gar keine Wirkung zu hinterlassen scheint, muss die Theaterschaffenden dazu veranlassen, den Druck zu erhöhen und den Trägern eindringlich unsere extrem reformbedürftigen Beschäftigungsverhältnisse vor Augen zu führen.”

„Gerade bei der Berufsgruppe der Schauspieler:innen brennt das Thema der angemessenen Vergütung; die Zustände prekärer Bezahlung an deutschen Bühnen müssen abgestellt werden“, so Heinrich Schafmeister, Mitglied des BFFS-Vorstandes.

Ähnliche Artikel

 

 

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Neueste Meldung zum Thema Theater-Tarife

Einigung bei Künstler:innengagen erreicht – die Mindestgage steigt in zwei Schritten und wird dynamisiert


Der Deutsche Bühnenverein und die Künstler:innengewerkschaften GDBA, VdO und BFFS haben sich nach intensiven Tarifverhandlungen in der vierten Runde auf eine neue Gagenregelung für die Solobeschäftigten und Bühnentechniker:innen verständigt. Danach wird die Mindestgage in zwei Stufen von bisher € 2.000 ab dem 01.09.2022 auf zunächst € 2.550 und ab dem 01.01.2023 auf € 2.715 angehoben. Ebenso werden die Gastgagen entsprechend erhöht und erfahren damit auch eine Steigerung von mehr als 35 Prozent.

Im Vorfeld hatte der Deutsche Bühnenverein seinen Mitgliedern bereits die normative Empfehlung gegeben, die Mindestgage ab 01.09.2022 auf € 2.500 anzuheben. Nun hat man sich auf einen gemeinsamen Kompromiss verständigen können.

Die Tarifparteien haben sich darüber hinaus geeinigt, die Mindestgage ab den Tarifrunden 2023/2024 zu dynamisieren. So ist sichergestellt, dass sich diese genauso wie die übrigen Gagen und Gehälter an den Bühnen linear entwickelt.

Teil des Abschlusses ist auch die Einführung einer Stufe in Form einer ebenfalls dynamisierten Beschäftigungszulage in Höhe von € 200 auf die Mindestgage zu Beginn der Spielzeit 2023/2024. Solobeschäftigte und Bühnentechniker:innen, die länger als zwei Jahre an Theatern, die dem Deutschen Bühnenverein angehören, gearbeitet haben, erhalten dann mindestens € 2.915.

Weitere strukturelle Erhöhungen der Gagen ab Herbst 2023 und 2024 sind an eine tarifliche Vereinbarung zur Teilzeit geknüpft.

Der BFFS war an den letzten beiden Verhandlungsrunden beteiligt und wird diesen Abschluss als neuer Partner in der Verhandlungsgemeinschaft der Künstler:innengewerkschaften mit unterzeichnen.

Lisa Jopt, Geschäftsführende Präsidentin GDBA: “Dies ist ein historischer gemeinsamer Erfolg. Die Dynamisierung der Gagen ist seit über dreißig Jahren ein Thema der Gewerkschaften. Dass Bühnenkünstler:innen im Vergleich zum öffentlichen Dienst wie Küchenhilfen und Bot:innen bezahlt werden, ist vorbei. Weitere Verbesserungen werden wir angehen.“

Klara Deutschmann, Vorstandsmitglied BFFS: „Mit diesem Tarifabschluss ist ein wichtiger Schritt zu fairen Vergütungen für Schauspieler:innen und andere Solokünstler:innen gegangen worden. Wir freuen uns, künftig in Verhandlungsgemeinschaft mit GDBA und VdO für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen an deutschen Bühnenhäusern zu kämpfen.“

Tobias Könemann, Geschäftsführer VdO: „Mit diesem Tarifabschluss ist ein wichtiger Schritt erfolgt, der negativen Entwicklung von Vergütungen in künstlerischen Beschäftigungsverhältnissen an deutschen Theatern entgegenzuwirken. Nun gilt es, auch für freischaffende Künstler:innen angemessene und verbindliche Gagenregelungen zu schaffen.“

Claudia Schmitz, Geschäftsführende Direktorin Deutscher Bühnenverein: „Mit diesem Tarifabschluss und der stufenweisen Erhöhung der Mindestgage gewährleisten wir deutlich verbesserte Bedingungen für künstlerisch Beschäftigte an den Bühnen. Zudem stellt der Abschluss die notwendige Rechtssicherheit für die Bühnen her, derer es insbesondere im Verhältnis zu den Rechtsträgern bedarf. Es ist wichtig, dass wir uns mit den Gewerkschaften auf eine stufenweise Erhöhung der Mindestgage verständigen konnten. Nun können wir nächste Schritte, wie die dringend notwendige Vereinbarung von Teilzeitarbeit für Solobeschäftigte, angehen. Unser ausdrücklicher Appell geht an die Rechtsträger: Der aktuelle Abschluss stellt für die Bühnen eine finanzielle Herausforderung dar, die sie alleine nicht schultern können. Die Bühnen brauchen dringend die Zusage der Rechtsträger, diesen Mehraufwand mitzutragen. Dieser Abschluss nimmt uns alle – gemeinsam – in die Verantwortung.“


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Quelle: https://www.buehnengenossenschaft.de/einigung-bei-kuenstlerinnengagen-erreicht-die-mindestgage-steigt-in-zwei-schritten-und-wird-dynamisiert/

 

 

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Theater und Finanzen

:Was die erhöhten Solo-Gagen für Theater bedeuten

Die Mindestgage für Solisten und Bühnentechniker an deutschen Theatern soll steigen. Viele Häuser fürchten jedoch um Ensembles, das Programm - und die gesamte Theaterlandschaft.

Von Michael Stallknecht

Endlich soll die Mindestgage für Solisten an deutschen Theatern steigen, auf 2715 Euro. Das ist nicht viel, aber es bringt viele Häuser und Kommunen in Bedrängnis. Zumal noch mehr Forderungen im Raum stehen.

Lisa Jopt, die Präsidentin der Bühnengenossenschaft GDBA <https://www.buehnengenossenschaft.de/>, spricht von einem "riesengroßen Zeichen". Schließlich ist es durchaus ein historischer Einschnitt, was Jopt jetzt mit zwei weiteren Bühnengewerkschaften und dem Deutschen Bühnenverein <https://www.buehnenverein.de/de/1.html> festgezurrt hat. Danach soll die Mindestgage für die Solobeschäftigten an deutschen Theatern bis Anfang nächsten Jahres auf 2715 Euro steigen. Das betrifft Sänger, Tänzer, Schauspieler am Beginn ihrer Theaterkarriere, aber auch Mitarbeiter der Bühnentechnik oder Öffentlichkeitsarbeit. Dazu kommt eine Zulage von monatlich 200 Euro, die nach zwei Jahren Beschäftigung automatisch fällig wird. "In den letzten dreißig Jahren ist die Mindestgage um rund 770 Euro gestiegen", fasst Jopt das Ergebnis zusammen, "innerhalb des nächsten Jahres wird sie um 915 Euro steigen."

Gefordert wurde eine Steigerung schon seit Jahren. Schließlich konnten sich die Berufsanfänger nach jahrelangem Studium für bislang 2000 Euro brutto in kaum einer Stadt mehr als eine Ein-Zimmer-Wohnung leisten, von der Finanzierung einer Familie gar nicht erst zu reden. Zudem müssen sie nach jahrelangem Studium besonders viele neue Rollen lernen, arbeiten abends und am Wochenende. "Die Mindestgage ist seit 2018 nicht mehr gestiegen. Das war auch nach unserer Auffassung ein Zustand, der nicht zu halten war", sagt Claudia Schmitz, die als Geschäftsführerin des Deutschen Bühnenvereins die deutschen Theater <
https://www.sueddeutsche.de/thema/Theater> auf Arbeitgeberseite vertritt. Der Bühnenverein habe nicht im Alleingang zugestimmt, sondern sich in einer Kommission mit Theaterintendanten und Vertretern der Rechtsträger abgestimmt.

Hört man sich in den Theaterleitungen um, so kommen von dort in den Tagen nach dem Abschluss etwas andere Töne. Durch die Erhöhung werde "die ohnehin schwierige Situation der Theater in Deutschland noch angespannter", sagt Florian Stiehler, der geschäftsführende Direktor des Staatstheaters Augsburg <
https://staatstheater-augsburg.de/home>. "Die Herausforderungen durch die Corona-Pandemie sind immer noch enorm, die Ticketverkäufe sind noch nicht auf Vor-Corona-Niveau, wir blicken einem ungewissen Herbst und Winter entgegen und hinzu kommt die enorme Teuerungsrate, die auch bei Theatern zu steigenden Betriebs- und Materialkosten führt." Siebzig bis achtzig Prozent der Etats der Theater sind Personalfixkosten. Nur ein schmaler Rest bleibt für Solisten und Bühnenbildner, die ihre Verträge frei aushandeln. Paradoxerweise ist deren Kunst der einzige Bereich, in dem die Theater überhaupt sparen können.
[…]
Zitatende
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/mindestgage-deutscher-buehnenverein-buehnengenossenschaft-dov-mindestlohn-theater-1.5614659?reduced=true
 

 

 

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MITTELBAYERISCHE
Regensburg Stadt | Regensburg | 23.06.2022 - Seite 22

Theater: Abo Kunden sind empört

Der neue Intendant änderte das System –
Langjährige Abonnenten verlieren ihre Stammplätze


Von Christian Eckl

Mit Fassungslosigkeit haben Wolfgang Kammann und seine Frau auf den Brief reagiert. Der neue Intendant Sebastian Ritschel zeichnete ihn persönlich: „Einige Elemente in ihrem Abo haben wir für sie weiterentwickelt mehr dazu erfahren Sie auf der Rückseite“, schrieb er - ohne Punkt und Komma. Zögern Sie nicht, das Abo-Büro oder mich persönlich bei Rückfragen oder Anmerkungen zu kontaktieren.“

Rückfragen und Anmerkungen hatten nicht nur das Ehepaar Kammann. Denn der neue Intendant, der ab der kommenden Spielzeit das Zepter im Theater in der Hand hält. hat das Abo- System des Theaters gehörig umgekrempelt. Und das sorgt jetzt gerade bei langjährigen Kunden wie Kammanns für enormen Ärger.
„Aus unserer Sicht handelt es sich hierbei aber keineswegs um eine Weiterentwicklung, sondern bestenfalls - wenn überhaupt - um eine Verschlechtbesserung schrieben Kammann und seine Frau.

Der langjährige Firmeninhaber ist im Gespräch mit der MZ empört:
„Wir haben das Theater über viele Jahre hinweg unterstützt, nicht nur durch unser Sonntags-Abo.“ Bereits zu Zeiten des früheren Intendanten Ernö Weil habe sich Kammann eng an das Theater gebunden und während der gesamten Zeit des Nachfolgers mit seiner Firma beispielsweise die Programmhefte kostenlos gedruckt.
Was die Kammanns besonders stört: Zum einen gibt es nun das Sonntags-Abo nicht mehr, vielmehr verteilen sich die Aufführungen, die sie besuchen können auf Freitag bis Sonntag. Zum anderen hatten sich die Kaufmanns im Laufe der vergangenen Jahre sonntagsabends zu den Aufführungen die Fürstenlose gesichert.
„Sie stornieren damit nicht nur ohne Rücksprache den Sonntag als ausschließlichen Spieltag“ schrieb das Ehepaar an Ritschel, „sondern löschen ebenso im Alleingang unsere vier Plätze in der ersten Reihe der Loge 6 die wohl unstreitig besten Plätze des Theaters.“

Die Kammanns sind nicht die Einzigen, die sich über die Änderungen der Abo-Bedingungen aufregen. Auch der frühere Geschäftsführer eines Regensburger Vorzeige-Unternehmens und seine Frau sind geschockt. „Seit über 30 Jahren haben wir ein Theater Abonnement und einen Vertrag über das Sonntags-Abo und definierte Sitzplätze mit dem Theater.
Die Wahl des Abos sei gezielt erfolgt. Diesen Vertrag haben sie nicht gekündigt, sondern selbstherrlich bestimmt, dass wir ab der neuen Spielzeit nicht mehr am Sonntag, sondern künftig Freitag, Samstag oder Sonntag Aufführungen besuchen.“ Hinzu komme, dass am Sonntag die Aufführungen nur schon um 18:00 Uhr beginnen würden.

Der PR-Experte Ludwig Faust, der das Abo seiner befreundeten Familie benutzen darf, ist vor allem entsetzt über die Art und Weise wie der neue Intendant ja langjährige neue Kunden langjährige treue Kunden des Theaters vorführt.
„So geht man nicht mit den Leuten um, die lange treu zum Theater stehen“, findet Faust.
[…]
Die Kammans haben Konsequenzen gezogen.
Eine juristische Prüfung, ob das Vorgehen des Intendanten gegenüber den Abo-Kunden überhaupt rechtlich einwandfrei war, führte das Ehepaar nicht mehr durch, da es aus Ärger über den Umgang gleich kündigte.
„Wir haben uns jetzt ein Abo in München geleistet.“
Dann fährt das Ehepaar eben öfter in die Landeshauptstadt für den Kunstgenuss.

Zitatende
Quelle: MITTELBAYERISCHE
Regensburg Stadt | Regensburg | 23.06.2022 - Seite 22

 

 

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Deutschlandfunk

Kommentar - 4.6.2022

Unser Gastkommentator ist Gregor Peter Schmitz, Chefredakteur des Stern.
Sein Thema:


Russlandpolitik – Auch die SPD braucht eine Zeitenwende


Die SPD muss heilfroh sein, Gerhard Schröder zu haben. Dass der für viele böse ist und seine Freundschaft mit Kriegsverbrecher Wladimir Putin noch böser, darauf wenigstens können sich alle in der Partei einigen.

Es gibt in diesen Tagen viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die pflichtschuldig erst beteuern, wie tragisch doch der soziale Abstieg des ‘Gerd‘ sei, um diesen dann weiter zu befördern, indem sie ihn mehr oder weniger zum Alleinverantwortlichen für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine erklären.

Die persönliche Verantwortung von Altkanzler Gerhard Schröder für seine Entscheidung, sich Wladimir Putin an die Brust zu werfen, ist völlig unbestritten. Ebenso unstrittig ist aber, dass die sozialdemokratische Partei gerade kollektiv versucht, fast alle Schuld bei ihm abzuladen, weil dies davon ablenkt, dass die Aufarbeitung der Irrungen und Wirrungen sozialdemokratischer Russland-Politik nicht einmal ansatzweise begonnen hat.

Gehen wir wichtige Figuren durch:
SPD-Staatsoberhaupt Frank Walter Steinmeier. Er drückte zwar sein Bedauern aus, sich in Putin getäuscht zu haben, war hinter den Kulissen aber sehr bemüht zu erinnern, wie sehr er sich doch für die Ukraine engagiert habe und wie anstrengend der ukrainische Botschafter in Berlin sei.

Ex-SPD Außenminister Sigmar Gabriel ist sich nicht mehr sicher, wann er mit welchem Putinvertrauten Kontakt hatte und droht Medien, die dazu recherchieren, mit dem Anwalt.

SPD Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Sie räumt ein, das mit Nord Stream 2 sei gewiss nicht optimal gelaufen, aber jetzt will sie offenbar lieber mal über ihr Bundesland reden.

Und SPD Kanzler Olaf Scholz?
Dem kann man immerhin nicht vorhalten, er bemäntele die sozialdemokratische Russlandverirrung. Scholz lebt sie vielmehr vor diese Woche erst wieder im Bundestag. Da betonte der Regierungschef zwar erstaunlich emotional, Deutschland müsse sich nicht verstecken was Waffenlieferungen an die Ukraine anginge und ratterte herunter, was bereits wann geliefert worden sei. Der Kanzler sagte auch, Russland dürfe diesen Konflikt nicht gewinnen.
Ob dieser Satz im Umkehrschluss bedeutet, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen müsse? Das mochte Scholz aber partout nicht erläutern.

Dahinter steckt natürlich innenpolitisches Kalkül, genauer gesagt parteipolitisches. Der Schmerz, den die deutsche Sozialdemokratie mit der Zeitenwende verspürt, ist mit Händen zu greifen. Altgediente Entspannungspolitiker wie Rolf Mützenich erklären gewunden, natürlich wolle man der Ukraine beistehen, aber es klingt in jedem Satz an, irgendwann müsse man halt auch wieder mit Russland reden.
Junge Wilde, wie Kevin Kühnert, tun so als vermeide Deutschland gerade staatsmännisch jede Kriegseskalation, bemänteln so aber nur die eigene Ratlosigkeit.

Und manche in der Partei berufen sich gar auf den sonst verpönten Realismus-Altvater Henry Kissinger. Rate nicht auch der zu einer Verhandlungslösung?

Gewiss, auch Ex-Kanzlerin Angela Merkel hat lange gebraucht, um sich zu Putins Krieg zu erklären. Ganz zu schweigen von ihrer Mitverantwortung für die Pipeline Nord Stream 2 und der gewachsenen deutschen Abhängigkeit von russischer Energie.

Dennoch:
- Es war ein sozialdemokratischer Kanzler, der eben diese Pipeline eingestielt hat und sich kurz darauf für Geld in deren Gremien verdingte.

- Es war ein sozialdemokratischer Bundespräsident, der der Nato Säbelrasseln und Kriegsgeheul beim Umgang mit Russland vorhielt.

- Es waren Genossinnen und Genossen, die so taten, es sei Sicherheitspolitik auf keinen Fall mehr eine deutsche Disziplin und

- es ist jetzt ein sozialdemokratischer Kanzler, der nicht offen sagen will, wie sehr sich mit jedem Kriegstag der russische Druck auf die Ukraine erhöht.

Scholz hat schon sehr persönlich ausgesprochen, er würde auch heute den Wehrdienst nicht mehr verweigern. Könnte er dann nicht auch offen aussprechen, wie falsch seine Parteifreunde und nicht nur Gerhard Schröder in der Russlandpolitik lagen?
Auch das wäre eine Zeitenwende.

Sie hörten den Gastkommentar von Gregor Peter Schmitz - Chefredakteur des Stern

Zitatende
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/russlandpolitik-auch-die-spd-braucht-eine-zeitenwende-dlf-b47871af-100.html



 



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Deutschlandfunk

‘Neue Ideen gegen den Publikumsschwund -
9-Euro-Theaterticket

 

Wie kommen die Menschen zurück ins Theater? © Getty Images / HAYKIRDI

Birgit Mandel im Gespräch mit Janis El-Bira · 18.06.2022


Die Theater leiden unter leeren Vorstellungen. Das Publikum ist trotz weitgehend weggefallener Maßnahmen noch nicht aus dem Corona-Schlaf zurückgekehrt.
Die Publikumsforscherin Birgit Mandel über die Gründe und mögliche Lösungen für die Krise.


Deutschlandfunk Kultur - Rang 1

Sprecher:
Die leeren Reihen in den Theatern, der oft zitierte Publikumsschwund, diese Entwicklung beschäftigt uns auch hier in Rang 1 schon seit einigen Wochen.
Klar, jetzt ist Sommer und damit sowieso eher Theaternebensaison und auch die anrollende Neue Corona Welle lässt viele den Theaterbesuch meiden.


Andererseits dank 9€ Ticket fahren gerade auch viele Menschen scheinbar sorglos stundenlang in oft überfüllten Zügen durch die Lande.
Ist es also doch alles eine Frage des Anreizes, braucht es vielleicht sogar ein 9€ Ticket fürs Theater, um die Menschen zurückzuholen.

Darüber will ich jetzt sprechen mit Birgit Mandel, sie lehrt als Professorin für Kulturvermittlung und Kulturmanagement an der Uni Hildesheim und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Frage:
Wer ist und was will eigentlich das Publikum?
Schönen guten Tag, Frau Mandel!

Mandel:
Ja schönen guten Tag!

Sprecher:
Ja, das 9€-Ticket fürs Theater, also quasi die Flatrate, mit der man zum Beispiel einen Monat lang so viel Theater schauen könnte wie man will. Wäre das jetzt tatsächlich eine effektive Maßnahme gegen den Publikumsschwund?

Mandel:
Also ich finde, es wäre zumindest ein Versuch wert, vor allen Dingen angesichts der Tatsache, dass ja die öffentlichen Theater, von denen wir ja in Deutschland 142 haben, ohnehin nur ungefähr 15 bis 16% ihrer Einnahmen aus Ticketeinnahmen bekommen, das heißt, der Rest sind ohnehin Steuermittel und die Verdienstausfälle wären also überschaubar. Und wir wissen, vor allem aus dem Museumssektor, etwa in England, dass freier Eintritt dort beispielsweise schon dazu geführt hat, dass es deutlich mehr Museumsbesuche gibt. Das heißt, der Preis kann schon eine Barriere sein, wenngleich – das muss man auch dazu sagen – man damit sicherlich auch keine notorischen Nichtbesucherinnen und Nichtbesucher erreichen kann, aber die mindestens. Die Sowiesointeressierten und die Gelegenheitsbesuchenden, die kommen dann vermutlich öfter.

Allerdings, wenn ich mir das jetzt vorstelle, 9€-Ticket am Theater, ich glaube das alleine würde nicht reichen. Zum Einen müsste es dann auch wirklich nachhaltig günstige Angebote geben, damit das dann nach den 2 bis 3 Monaten nicht alles wieder zusammenbricht und vor allen Dingen, glaub ich, müsste das Ganze dann eben nicht nur vielfältige Kommunikationskampagnen begleiten, sondern es müsste dann auch tatsächlich Programme geben an den Theatern, die dann auch für viele Menschen attraktiv und relevant sind.

Ich meine, das ist ja auch das Problem jetzt beim 9€ Ticket in der Bahn, wenn die Leute feststellen, nach dem Zeitraum, es einfach unmöglich war, es ihnen überhaupt keinen Spaß gemacht hat, dann wird die Kampagne wenig gebracht haben.

Sprecher:
Das heißt, es geht nun nicht ausschließlich nur ums Geld bei der Frage:
Wer kommt ins Theater und wer nicht?

Mandel:
Ja, definitiv ist es nicht in erster Linie eine Geldfrage bei kulturellen Angeboten.
Es gibt ja zum Beispiel schon jetzt für Studierende, Arbeitslose sehr, sehr günstige Tickets. Sie werden aber oft nicht wahrgenommen. Aus der Nichtbesucherforschung wissen wir, dass der zentrale Grund, mangelndes Interesse ist.
Eng damit verbunden mangelnde - was wir beschreiben würden - als Teilhabechancen.
Wir wissen auch, dass zum Beispiel Theaterbesucherinnen und -besuchern in der Regel zu den hochgebildeten Bevölkerungsgruppen gehören, sowas wie mangelnde kulturelle Bildung.
Man weiß irgendwie auch gar nicht, wie man sich da benehmen soll an diesem Ort. Niemand der eigenen Gruppe geht da überhaupt hin. Und klar, dann gibt es aber auch übrigens, gerade bei den Höhergebildeten den Grund, dass man einfach mal schlechte Erfahrungen gemacht hat mit dem Theater, dass man sich dort total gelangweilt hat, dass zum Beispiel Unterhaltungsbedürfnisse, die ja sehr wichtig sind für Kulturbesuche dort irgendwie scheinbar nicht ausreichend befriedigt wurden.

Sprecher:
Jetzt hatten viele während der Lockdowns erwartet, dass es schon ziemlich schwierig werden würde, das Publikum zurückzugewinnen. Viele scheint das jetzt aber doch zu überraschen, wie schwierig es tatsächlich ist.
Hatten sie als Wissenschaftlerin auch mit so vielen leeren Reihen gerechnet.

Mandel:
Nein, ehrlich gesagt habe ich das nicht, weil ich das Bedürfnis nach Liveveranstaltungen einfach mal deutlich höher eingeschätzt hatte.

Woran liegt es?

Vielleicht liegt es auch daran, dass die klassischen Theater gar nicht so sehr als soziale Events wahrgenommen werden, weil in ihnen vielleicht diese soziale Dimension, Leute treffen zusammen, was ganz Tolles erleben, zusammen feiern, weil es vielleicht doch geringer ausgeprägt ist als etwa bei einem Popkonzert.
Weil, sag mal, Rammstein spielte ja gerade vor 20.000 in der ausverkauften Waldbühne. Da kommen die Leute ja eher offensichtlich wieder.
Ein anderer Grund, warum gerade es die Theater so trifft, kann natürlich auch damit zusammenhängen, dass die Theater eher älteres Publikum haben und dass die natürlich auch eher zu den vulnerablen Gruppen gehören und vielleicht darum auch noch immer sehr, sehr vorsichtig sind. Das zeigt zumindest eine Studie, die in Berlin gerade durchgeführt wurde, eine Bevölkerungsbefragung, wobei über 50% sagten, dass sie noch immer große Sorgen hätten, außerhäusige Kulturveranstaltungen zu besuchen.

Sprecher:
Jetzt hatten sie das vorhin schon so ein bisschen angedeutet, ist das alles ein hausgemachtes Problem des deutschsprachigen Raums?
Ich frage das auch deshalb, weil sich ja jetzt gerade in diese ganze Debatte auch so ein bisschen eine Ästhetikdebatte eigentlich hineinzumischen scheint, also es wird mithin behauptet, dass es hier so schlecht liefe habe auch was eben mit der vorherrschenden Form der Postdramatik und des Regietheaters zu tun, dass da also sehr experimentelle Formen das Theater dominieren, was angeblich im europäischen Ausland zum Beispiel nicht so sehr der Fall sei. Kann man das sagen, dass das auch so eine inhaltliche Frage ist, also gibt es da Vergleichsdaten zwischen Deutschland und dem europäischen Ausland?

Mandel:
Also grundsätzlich haben sie natürlich absolut recht. [Unverständlich] … um auf die Frage nach dem Publikum noch ein bisschen konkreter einzugehen:
Ich mach grad ‘ne wissenschaftliche Studie, wo ich öffentliche Theater in Frankreich, England und Deutschland vergleiche. Dazu muss man natürlich sagen, dass in den anderen Ländern sehr vielfältiger gefördert wird und auch dort zeigt sich, dass es klassische Kultureinrichtungen wie Theater schon besonders schwer haben ein breites Publikum zu erreichen und auch dort hat man ganz klar Einbußen gesehen durch die Pandemie. Wobei man zum Beispiel für England sagen muss, dass da auch viele Theater einfach pleitegingen, weil es kaum öffentliche Förderungen gab und sie dann viel mehr von Eintrittseinnahmen abhängig waren, was aber der klare Unterschied ist und da würde ich sagen, gibt es schon gewisses Defizit in Deutschland. Der Unterschied ist, dass dort in Frankreich und in England Kulturpolitik deutlich striktere klare Vorgaben macht für die Einrichtungen, die von ihnen Fördergelder bekommen, das die dann auch ein Publikum erreichen, das wenigstens ansatzweise die Gesamtbevölkerung repräsentiert.
Das heißt, die Theater müssen viel mehr Anstrengungen unternehmen, um auch wirklich viele Leute zu erreichen, weil ansonsten kriegen sie schlicht und ergreifend keine Förderung mehr, weil das alles auch relativ streng evaluiert wird.

Sprecher:
Das heißt, wenn ich doch einmal ganz kurz nachfragen darf, so eine Situation wie wir sie jetzt in einigen deutschsprachigen Theatern haben, wo man natürlich auch pandemiebedingt, aber eben schon seit relativ langer Zeit bei so einer Auslastung von 25 bis 27 bis 30% herumdümpelt, die würde es in England zum Beispiel so gar nicht geben können.

Mandel:
Nein, das ist in England definitiv nicht denkbar, weil sie vielmehr von Eintrittsgeldern abhängig sind. Sie müssen bis zu 50% ihrer Etats durch eigene Einnahmen erwirtschaften. Das ist das eine und gleichzeitig haben sie eben diese strikten Auflagen, dass sie dann auch unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppen avisieren und das erfordert natürlich immer nochmal ganz andere Maßnahmen, wenn ich Leute erreichen soll, die eben einfach erst mal gar nicht über die Teilhabechancen verfügen.
Dann muss ich richtig viel machen, dann muss ich vielfältigste Kooperationen eingehen, dann muss ich die Leute einladen, dann muss ich über längeren Zeitraum mit ihnen zusammenarbeiten und das sind sehr hohe Anstrengungen, die man natürlich nur dann unternehmen wird, wenn diese auch von Kulturpolitik eingefordert werden und auch von Kulturpolitik klar unterstützt werden.

Sprecher:
Sie hatten das jetzt schon angedeutet, dass die Situation, in der die Theater jetzt stecken, eigentlich aus Problemen resultiert, die sich über viele Jahre aufgestaut haben.
Was konkret bleibt dem Theater denn jetzt gerade anderes übrig, außer - naja - zu hoffen, abzuwarten und den besseren Zeiten entgegen zu gehen. Gibt es konkret was, was sie jetzt gerade tun könnten?

Mandel:
Also meiner Ansicht nach sollten Sie auf gar keinen Fall jetzt einfach abwarten, ob bessere Zeiten kommen, wenn die Theater von der Allgemeinheit ja auch als hoch finanzierte Einrichtungen wahrgenommen werden.
Die Gesellschaft hat sich stark verändert, insofern müssen sich auch die Theater verändern und das heißt die Theater sollten dann tatsächlich die Zeit nutzen, dass sie jetzt weniger Publikum haben, nutzen, für solche Veränderungsprozesse und die sicherlich nur funktionieren, wenn man sie in Auseinandersetzungen mit neuem potentiellen Publikum macht.

Das heißt Bürgerbühnen gründen, Jugendclubs gründen, Kooperationen mit Sportvereinen, mit Migrantenkulturvereinen, mit Betrieben, das heißt neue Programmformate entwickeln, neue Rezeptionsformate - heißt sicherlich auch im eigenen Personal zu schauen, ob man nicht nach und nach da auch ein anderes - vielleicht auch diverses Personal einstellen kann. Denn, man weiß schon aus diversen Evaluationen, dass man das erstmal eigentlich auch selbst repräsentieren muss, was man erreichen möchte und das heißt, wenn ich neues Publikum haben möchte, muss ich mich auch selber ändern und wenn ich das Publikum haben möchte, muss ich das auch in den eigenen Strukturen abbilden.

Sprecher:
Es gibt also weiterhin Chancen für die Theater ihr Publikum zu halten und sogar Neues zu gewinnen, aber dafür müssen sie sich mal wieder massiv bewegen, sagt jedenfalls Birgit Mandel, Professorin für Kulturmanagement und Kulturvermittlung an der Universität Hildesheim - Frau Mandel ich danke sehr für das Gespräch.

Mandel:
Sehr gerne!

Zitatende
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/9-euro-theaterticket-gegen-den-publikumsschwund-100.html

Kurz kommentiert

Man meint, mit ‘open house‘ die Leute wieder ins Theater locken zu können. Man meint, mit Kooperationen, den Leuten das Theater schmackhaft machen zu können.
Irrt man sich da nicht?

Schon in den 90ziger Jahren ging der damalige Intendant vom Theater Bremen, Herr Bierwoss, eine Verbindung zum damaligen Trainer von Werder Bremen, Herrn Rehhagel, ein.
Genutzt hat es nichts!

Es wäre besser, man hielte die Theater dazu an, die Stücke unverfälscht zu spielen.
Wie man es eben nicht machen soll, zeigt die Produktion des Verdi’schen Otello ganz in der Nachbarschaft unter der Geschäftsführung der Frau Berman an der Niedersächsischen Staatsoper Hannover. Oder durch Frau Anders am Schauspiel in Hannover mit Der zerbrochne Krug.

Dann erfüllten wenigstens diese beiden Häuser den Bildungsauftrag und zögen nicht dem Steuerzahler unberechtigter Weise das Geld aus der Tasche.

 

 

Überschriften

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Gedanken zur Zukunft der Oper:
Lassen wir sie aufleben

15. Juni 2022, 21:30 Uhr

Eine angenehme Flucht vor den hyperkomplexen Fragen unserer Zeit? Iwo, vielmehr dient die Oper als Ort, um unsere Gegenwart zu verhandeln.

Nach den Lockdowns kehrt das Klassikpublikum nur zögerlich zurück.
Nicht nur deshalb: Fünfeinhalb Vorschläge für die Zukunft der Oper.

Gastbeitrag von Marc Sinan
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Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/oper-zukunft-marc-sinan-thesen-1.5602852?reduced=true

 

 

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Besucherkrise in der Klassik
Restkarten an der Abendkasse

Hauptfrage in der Klassikwelt:
Wie kriegt man die Ränge wieder voll!


Von Helmut Mauró

Oper kann man jetzt endlich wieder ohne Maske, Test und Schlange genießen – aber das Publikum zögert
Und jetzt?

Wir erinnern uns: Für Opernfreunde, Theatergänger und Konzertbesucher war es hart, als die Häuser während der ersten Corona-Welle plötzlich schließen mussten. Früher als andere Einrichtungen, und sehr viel länger, als man es befürchtet und zunächst geplant hatte. Umso größer sollte also die Freude sein, wenn eines Tages alles wieder so stattfinden könnte wie zuvor. Jetzt ist es, zumindest mal vorübergehend, so weit. Fast alle Häuser spielen wieder unter Normalbedingungen, manche noch mit Maskenpflicht, aber ohne Einschränkung der Besucherplätze. Nur: Das Publikum zögert, die Ränge bleiben lückenhaft besetzt.

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Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/corona-oper-klassik-pandemie-karten-billig-1.5602918?reduced=true

 

 



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Das Ende der Dynastie

Es macht den Reiz der Bayreuther Festspiele aus, dass sie noch immer von Nachfahren Richard Wagners geleitet werden. Das könnte bald anders sein.
[…]
Am Ende dieser Rochade könnte stehen, dass Katharina Wagner die längste Zeit Festspielleiterin gewesen ist. Und das wäre das Ende der Dynastie. Denn sie ist die letzte Wagner, die es auf den Grünen Hügel drängt. Nachfahrinnen oder Nachfahren der anderen drei Familienstämme scheinen sich dafür nicht (mehr) zu interessieren.
[…]
Sie »beobachte« das Festspielhaus seit 44 Jahren, sagt Katharina Wagner, »da hat man einfach eine gewisse Erfahrung«. Aber selbst wenn sie einen miserablen Job machte, würde sie kaum hinausgeworfen werden, sagt ein ehemaliges Mitglied des Verwaltungsrats. Die letzte Wagner vom Grünen Hügel zu jagen – dafür wolle niemand die Verantwortung tragen.

Ein Plädoyer für die Qualitäten der amtierenden Festspielleiterin klingt anders. Und es fiele den Angehörigen der Gremien ja leicht, sich lobend zu äußern, notfalls auch hinter vorgehaltener Hand.
Stattdessen: Schweigen, mal mehr, mal weniger beredt. Schon die vorherige Vertragsverlängerung war kein Selbstläufer, ist zu erfahren. Die Frage, wer künftig die Bayreuther Festspiele leiten soll, war noch nie so offen wie heute. Seit 146 Jahren nicht.

Am Ende nimmt Katharina Wagner uns mit in die Probe, auf der Bühne ist der erste Aufzug der /Walküre/ aufgebaut. Klaus Florian Vogt als Siegmund hockt auf dem Stamm der Weltesche, die offenbar durch ein Küchenfenster gekracht ist, Lise Davidsen ist Sieglinde und schwanger und schleppt eine schwarze Kiste mit sich herum, in der eine weiß
leuchtende Plastikpyramide steckt.
Der Stein der Weisen?
Der /Ring des Nibelungen/?

»Das erklärst du mir noch mal, was das ist«, ruft Katharina Wagner dem 33-jährigen Regisseur Valentin Schwarz launig zu, »damit ich nichts Falsches sage, wenn ich gefragt werde!« Und schon bugsiert sie uns wieder hinaus, winkt noch ein paar Bühnenarbeitern zu und zieht sich im Sonnenschein erleichtert die FFP2-Maske vom Gesicht.

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Quelle: https://www.zeit.de/2022/27/bayreuther-festspiele-richard-wagner-musik-festival

 

 

 

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Wiener Staatsoper: Orfeos Höllenfahrt

14. Juni 2022, 16:07 Uhr

Lesezeit: 2 min

Georg Nigl als Orfeo in romantischer Höllenlandschaft.

(Foto: Michael Pöhn/Wiener Staatsoper)

Regisseur Tim Morris und Dirigent Heras-Casado verwursten in Wien Monteverdis Sänger-Oper.
Mit Georg Nigl als grandioser Fehlbesetzung.

Von Helmut Mauró

Es ist ein Abend voller Mitleid. Das gibt schon die Geschichte des antiken Barden Orfeo vor, wie sie Claudio Monteverdi als große Oper in Musik gesetzt hat. Orfeos junge Frau Euridice stirbt an einem Schlangenbiss, der Gatte ist untröstlich und will sie aus der Totenwelt zurückholen. Das gelingt ihm nur kurz, die musikalische Klage darüber ist lang, Monteverdi zieht alle musikalischen Register.

Für die Neuproduktion an der Wiener Staatsoper hat Regisseur Tom Morris zunächst anderes im Sinn.
Zu Orfeos Hochzeit bietet er Partyspaß, lässt aufwendig kostümierte Feierbiester aufmarschieren und Ansagerstimmen gute Laune verbreiten.

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Quelle: https://www.sueddeutsche.de/kultur/orfeo-monteverdi-wiener-staatsoper-georg-nigl-heras-casado-tim-morris-1.5602972

 

 

 

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Falsches Theater

3. Juli 2022, 17:05 Uhr

Ein Alien gibt sich die Ehre:
Kotbong Yang, Sophie Rois und Trystan Pütter in René Polleschs Theater-Spaß "Liebe, einfach außerirdisch".
(Foto: Luna Zscharnt/Deutsches Theater)

[…] Hat Pollesch nichts Besseres zu tun, als seinem Theater Konkurrenz zu machen?

Ein echtes Ärgernis ist die Inszenierung allerdings, weil sie am Deutschen Theater stattfindet. Nichts gegen dieses brave Schauspielhaus, aber Polleschs Premieren-Tatort ist keine zehn Minuten von der Volksbühne entfernt, dem Theater, das er seit dieser Spielzeit angeblich leitet. Angesichts der durchaus unerfreulichen Bilanz seiner ersten Volksbühnen-Saison stellt sich die Frage: Hat der gute Mann nichts Besseres zu tun, als seinem Theater in der gleichen Stadt Konkurrenz zu machen? Interessiert ihn die Volksbühne überhaupt noch - oder ist das nur der Laden, der ihm jeden Monat ein Intendantengehalt überweist?

Im ersten Jahr seiner Intendanz hatte Pollesch offenbar genug Zeit, nebenbei nicht nur am Deutschen Theater Berlin, sondern auch am Deutschen Schauspielhaus Hamburg zu inszenieren. Kurz vor Beginn dieser Spielzeit, in der gut bezahlten Vorbereitungszeit seiner Intendanz, brachte er schon eine andere Inszenierung bei den Nachbarn vom Deutschen Theater raus. Das ist etwa, als würde ein neuer /Spiegel/-Chefredakteur drei Wochen vor der ersten Redaktionskonferenz eine wichtige Investigativ-Geschichte in der /Zeit/ veröffentlichen, und im ersten /Spiegel/-Jahr nebenbei mit großen Geschichten in der /Süddeutschen Zeitung/ und der /FAZ/ fremdgehen, während die Auflage seines Arbeitgebers in den Keller rauscht.

Oder als würde der Bundeskanzler kurz vor und auch noch nach der Amtsübergabe mit Jobs für die /Deutsche Bank/ (oder für die Cum-Ex-Profis der Hamburger /Warburg Bank/) sein bescheidenes Gehalt aufbessern. In jedem anderen Bereich wäre der Leiter einer nicht ganz unwichtigen Einrichtung bei so offensiv demonstriertem Desinteresse an der ihm anvertrauten Aufgabe sofort weg vom Fenster. In Berlin, an einem mit 23 Millionen Euro im Jahr subventionierten Theater, geht das. […]

Zitatende
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/thema/Theater

 

 

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Staatsballett Stuttgart: Aus dem Takt

Totalschaden vor Gericht:
Das Stuttgarter Ballett hat seinen Musikdirektor gefeuert.

Von Dorion Weickmann

Orchester können Tänzern den Todesstoß versetzen. Wird zu schnell oder zu langsam musiziert, geraten nicht nur Starsolisten aus dem Takt. Eine Ballettdirektion muss alles tun, um solche Blamagen zu vermeiden. Tamas Detrich, Intendant des Stuttgarter Balletts, hat Mitte Oktober 2021 seinem Musikdirektor Mikhail Agrest fristlos gekündigt - zum Schutz der Tänzer, wie das Theater mitteilt.

Der Rausschmiss erfolgte nach einer völlig entgleisten Bühnenprobe mit Orchester. Mittlerweile ist die Sache vor Gericht, den Parteien wird zum Vergleich geraten. Danach sieht es freilich nicht aus.

Wer mit Detrich spricht und eine Handvoll schriftlicher Antworten von Agrest dagegenhält, erkennt polarisierte Wahrnehmungen, Einschätzungen, Positionen. Blessuren gibt es hier wie dort, zur Konflikteskalation hat jeder beigetragen.

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Quelle:
https://www.sueddeutsche.de/kultur/stuttgarter-ballett-tamas-detrich-mikhail-agrest-streit-1.5514080

 

 

 

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Dem Theater fehlen die Zuschauer:

Der Einbruch

Viele Theater beklagen einen enormen Zuschauerschwund - andere gar nicht.
Über ein paar Lebenslügen im deutschen Bühnenbetrieb.

Von Peter Laudenbach und Egbert Tholl

[…]

 

 

 

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Symposium „Tendenzen und Perspektiven der Wagner-Regie“
2./3. August 2022,  
Richard Wagner Museum Bayreuth, Siegfried-Wagner-Haus

Teilnehmer:
Prof. Dr. Udo Bernbach
Dr. Klaus Billand
Axel Brüggemann
Dr. Sven Friedrich
Jasmin Solfaghari
Prof. Dr. Susanne Vill
Klaus Florian Vogt

Über das Symposium:

Der Begriff „Regietheater“ ist vielleicht das Reizwort in Oper und Schauspiel der vergangenen Jahrzehnte. Eigentlich ein Pleonasmus, denn streng genommen ist Theater ohne Regie gar nicht denkbar und mithin stets Regietheater, wird damit ein Inszenierungsstil bezeichnet, bei dem die konzeptionelle und visuelle Erscheinung im Mittelpunkt steht. Dabei wird die ästhetische Autonomie des Theaterkunstwerks reklamiert, das mehr sein will als nur Abbildung oder Illustration eines historischen Werks mit einer vermeintlich unverrückbar festgeschriebenen Erscheinungsform. Infolgedessen wird das ideologiekritisch befragte Drama mit seinen historischen Regieanweisungen, Bildvorschriften und Charakterzeichnungen von seiner jeweiligen Erscheinung auf der Bühne der Gegenwart getrennt. Dadurch wandeln sich die Interpretationen seit etwa den 1970er Jahren zunehmend von hermeneutischer Exegese zu diskursiver Projektion und postmodernem Dekonstruktivismus. So rückt in der Oper der Fokus von den musikalischen auf die szenischen Belange und Leistungen.

Zumeist zum Missvergnügen eines „Werktreue“ reklamierenden Publikums bewegt sich das „Regietheater“ so in einem zunehmenden Spannungsverhältnis zwischen manifestem Werk und Zuschauererwartung. Ob nun als Projektion von Lebenswelt und Zeitgeist der Gegenwart auf das historische Werk, Dekonstruktion vermeintlicher Sinnzusammenhänge oder Provokation als Mittel zur Zerstörung konsumtiver Behaglichkeit – Inszenierungen, die sich nicht dem Vorwurf ästhetischer Irrelevanz und Epigonalität aussetzen wollten, müssen ein dialektisches Widerspruchsverhältnis zwischen Werk und Publikum erzeugen. Dies gilt allemal auch für die Inszenierungen der politischen und parareligiösen Parabeln Richard Wagners.

Vor dem Hintergrund eines postmodernen „anything goes“, das anscheinend zu ästhetischer Beliebigkeit geführt hat, den in immer neuen Gewändern erscheinenden, in der optischen Vielfalt inhaltlich aber doch oft erstaunlich ähnlichen Produktionen eines dann doch überschaubaren, vielleicht gar auserzählten historischen Opern-Repertoires und einer Mischung aus Innovationszwang und Überdruss steht die Relevanz einer historischen Gattung zur Debatte. Insbesondere angesichts der jüngsten krisenhaften Zäsuren stellt sich auch und vielleicht gerade bei Wagner-Inszenierungen die Frage nach dem Verhältnis zwischen historischem Werk, seiner stets ephemeren szenischen Vergegenwärtigung und dem Publikum. Besteht demnach die Notwendigkeit einer ästhetischen Neuorientierung der Wagner-Regie? Geht das Theater Richard Wagners künftig wieder stärker zurück auf das historische Werk oder bereits erprobte Inszenierungsformen? Wird das Theater damit zum Museum? Oder ist das Interpretationstheater an einem Endpunkt angelangt? Lösen sich Sinn- und Bedeutungszusammenhänge in einem entkoppelten Nebeneinander paralleler autonomer Kunsterscheinungen auf? Kann eine konsequente Dekonstruktion die musikalische Ebene aussparen? Oder wird die Oper aus ökonomischen Zwängen ohnehin zu einer kulturell irrelevanten Randerscheinung? – Diesen und anderen Fragen versucht das Symposium im Richard Wagner Museum „Tendenzen und Perspektiven der Wagner-Regie“ am 2. und 3. August 2022 nachzugehen.
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Quelle https://www.wagnermuseum.de/2022/07/symposium-tendenzen-und-perspektiven-der-wagner-regie/

Kommentar

Im Fokus des Symposiums stand die Frage nach möglichen Perspektiven der Wagner-Regie, die sich vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Situation in einem zunehmenden Spannungsverhältnis zwischen historischem Werk, Interpretation und Zuschauererwartung bewegt.
 

Sind tatsächlich durch die an oberster Stelle per Grundgesetz von 1949 festgeschriebene ‘Freiheit der Kunst‘ Eingriffe in Struktur, Text und Partitur eines Werks, dessen Schutz auf Urheberrecht abgelaufen ist, in jeder Form hinzunehmen? Hiervon wird seit der Hans Neuenfels’schen Aida in Frankfurt am Main im Jahr 1980 großzügig Gebrauch gemacht.
Von der Bevölkerung wird das zumindest bedauert, wenn nicht abgelehnt.

Der Urheberschutz aber gilt gleichwohl für die geleistete Regiearbeit, wie deutsche Gerichte wiederholt bestätigt haben. Opernregie – in Abgrenzung zum theatralischen Kunsthandwerk oder -gewerbe wie bei zahlreichen konfektionierten Musical-Produktionen – wird vom Gros des Publikums dann als befriedigend und gelungen empfunden, wenn erkennbar wird, dass ein Regisseur das Werk in Text, Musik und Gehalt durchdrungen hat, wenn die Inszenierung – wie auch immer sie sich zeigt – konzeptionell und in der konkreten Realisierung „schlüssig“ und „werkgetreu“ abgeschlossen ist. Das heißt nicht, dass Regie museal zu arbeiten hat.

Genese und Rezeptionsgeschichte eines Werks sind aber zu berücksichtigen. Oder dürfen Erwartungshaltungen in der Darstellung der Figuren - wie beim ‘Otello‘ in Hannover - gegen die Vorgaben der Autoren so gravierend unterlaufen werden? Desdemona die Böse, Kalte, Berechnende und Otello, der Gescheiterte, der von ihr Gequälte?

Wandeln sich Werte derart auf der Opernbühne? Ist beim z.B. ‘Ins-heute-Gezerre‘ der Werke die Kunst nach Art. 5 Absatz 3 Grundgesetz (GG) tatsächlich so frei, dass sie nicht gefallen muss und dem Werk sogar nicht dienen darf?
 

Angesichts des Fachkräftemangels an den deutschen Theatern, der sich von Beleuchtungsabteilung, Theatermalerei, Gewandmeisterei bis hinauf zu den Künstlerischen Betriebsbüros durchschlägt, sind gewisse Standards vielfach nicht mehr gewährleistet. Ein Umstand, mit dem auch die Opernregie und -ausstattung umzugehen hat. Vieles, was wünschenswert ist, kann nicht mehr gewährleistet werden. Historische Kostüme versteht kaum jemand mehr zu fertigen, man kauft in Bekleidungshäusern ein und beschränkt Kostüme wie jetzt im Berliner ‘Ring‘ auf ‘Schiesser‘ Feinripp-Unterwäsche – oder war`s ‘Trigema‘?

Konsensual lässt sich aus allen Referaten, Vorträgen und Diskussionsbeiträgen konstatieren, dass es einfach erforderlich ist: Regisseure wissen um die Abläufe eines Opernbetriebs und bringen das ‘Handwerk‘ mit. Bei Engagements „fachfremder“ Regisseure (bildender Künstler, Filmemacher, Schriftsteller etc.), die wegen zugkräftiger Namen verpflichtet werden, kommt es erfahrungsgemäß immer wieder zu Friktionen, die den ‘Betriebsablauf‘ stören, elementare Dinge der Opernregie wie Sängerführung und etwa Lichtdesign laufen nicht selten im ‘Try-and-error-Verfahren‘ zeit- und ressourcenraubend ab.
Wie berichtete Klaus Florian Vogt am 3.8.2022 während des Symposiums in BT:
Der Regisseur ließ drei Wochen lang die Szene Sachs/Stolzing im dritten Akt ‘Meistersinger‘ im Bühnenhintergrund proben, wobei von Anfang an klar war, dass die Sänger den Dirigenten nicht sehen konnten und dieser keinen Kontakt zu den beiden Solisten hatte. Der Erfolg: Im letzten Moment wurde die Szene nach vorne an den Rand des Grabens verlegt.
Ergo: Waste of time and waste of manpower.

Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung lässt Intendanten die freie Wahl. Politik und öffentliche Hand aber müssen Änderungen am System der finanziellen Zuwendungen vornehmen. Es darf auch nicht geschehen, dass aus Unkenntnis oder politischem Entgegenkommen Intendanz-Planstellen mit unqualifizierten Leuten besetzt werden und, um diese dann loszuwerden, immense Abfindungen gezahlt werden müssen – siehe jetzt Trier, siehe jetzt Karlsruhe.
Scheitern einer Opernproduktion – sogar sehenden Auges – sängerisch und szenisch wie jetzt beim ‘Ring‘ in Bayreuth - darf nicht vorkommen. ‘Freiheit der Kunst‘ hat ihre Grenzen.
Das gilt auch für ‘Katharina, die Grobe‘.





 


Gedanken zur Zukunft der
Bayreuther Festspiele

Eine Denkschrift von Heribert A. Bludau

 Vorwort

Ständig sind die Gedanken eines Menschen in Bewegung. Freude kommt auf, wenn sich eine angenehme Erinnerung einstellt. Sich „Gedanken machen“, das hört sich schon so an, als müsse man etwas neu durchdenken, eine Veränderung planen, etwas bisher Gewohntes beiseitelegen, Zeit gewinnen usw. Wenn sich meine Gedanken, in denen die Kunstgattung Oper eine ganz große Rolle spielt, um das Werk Richard Wagners drehen, dann denke ich unwillkürlich an die Bayreuther Festspiele, an die ältesten Opernfestspiele der Welt, gegründet vom Komponisten Richard Wagner mit dem Ziel, in dem von ihm erbauten Opernhaus ausschließlich seine Werke aufzuführen. Sogar der Begriff Festspiele ist eine Wortschöpfung Wagners. Die Weiterführung dieser Festspiele über seinen Tod hinaus, sind das Verdienst seiner Nachfahren bis zu Wieland und Wolfgang Wagner. Spätestens seit 2007 habe ich allerdings Grund, mit großer Sorge an den Sinn und den Fortbestand der Bayreuther Festspiele zu denken, denn spätestens seit der „Meistersinger“-Inszenierung durch Katharina Wagner im Sommer des Jahres 2007 und dem plötzlichen Tod ihrer Mutter Gudrun im November desselben Jahres, sowie dem sich erschreckend schnell verschlechternden Gesundheitszustand Wolfgang Wagners und damit einhergehend der schwindenden Befähigung, die Festspiele weiter leiten zu können, seit diesem Zeitpunkt geriet das ganze  bisher so geordnete Unternehmen Festspiele arg ins Wanken.

Es war der Zeitpunkt gekommen, der allen Beteiligten klarmachte, es muss jetzt sehr schnell ein neuer fähiger Festspielleiter die Verantwortung übernehmen, um einen künstlerischen Neuanfang einzuleiten.

Der hier folgende Beitrag mit dem Titel Gedanken zur Zukunft der Bayreuther Festspiele baut ja auf Vergangenem auf. Er zieht Lehren aus schweren Fehlern, aus absichtlich der Zerstörung dienenden Entscheidungen der damals Verantwortlichen, ja sogar aus den Verstößen gegen geltende Satzungen (mit Gesetzeskraft), denn ab dem Herbst 2007 wurden die Bayreuther Festspiele zum Spielball der Politiker und Geldgeber. Von einem dringend erforderlichen künstlerischen Neuanfang war ab diesem Zeitpunkt gar keine Rede mehr.

Aktueller Anlass, sich noch ernstere Gedanken um den Fortbestand der Festspiele zu machen, ist die Missachtung der durch unkorrekte Vorabsprachen 2008 ins Amt beförderten Festspielleitung, die den ihr (laut Stiftungssatzung) erteilten Auftrag nach § 2 / Sitzungszweck nicht erfüllt.
 

Ferner die Art und Qualität der Aufführungen, die beängstigend sinkende Nachfrage nach Eintrittskarten, die in astronomische Höhen geschraubten Eintrittspreise und der im Frühjahr und Sommer 2021 erneut gestartete Anlauf, nun ernsthaft über Änderungen der Stiftungssatzung der Richard-Wagner-Stiftung nachzudenken, ja, sie sind Anlass genug, die Zukunft dieser bedeutenden Opernfestspiele mit Sorge zu betrachten.

 

Die Historie der Bayreuther Festspiele
 

Erste Ideen Richard Wagners, ein eigenes Theater zu bauen, in dem er seine Musikdramen hätte aufführen wollen, sind schon aus dem Jahre 1850 bekannt, einem Zeitpunkt, als die Komposition des „Ring des Nibelungen“ noch in den Anfängen schlummerte. Dieses Theater zu errichten ist ihm in Bayreuth gelungen, nachdem zuerst in München ein Bauplatz für ihn reserviert war. Mit der Aufführung seiner Werke wurde er zum Begründer der „Bayreuther Festspiele“.

Er selbst konnte sie zu seinen Lebzeiten nur zweimal veranstalten, im Jahre ihrer Gründung 1876, als sein „Ring des Nibelungen“ erstmals komplett aufgeführt wurde, und 1882 zur Uraufführung seines letzten Werkes, dem Bühnenweihfestspiel „Parsifal“. Unter dem Namen „Bayreuther Festspiele“ haben seine Nachfahren, angefangen bei seiner Witwe Cosima, über seinen Sohn Siegfried, dessen Ehefrau Winifred, bis hin zu den Enkeln Wieland und Wolfgang die Festspiele als Festspielleiter bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts geführt.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass die Bayreuther Festspiele bis zum Ende des 19. und in den ersten 50 Jahren des 20. Jahrhunderts, bedingt durch zwei Weltkriege und nicht zuletzt auch aus finanziellen Gründen, nicht jedes Jahr durchgeführt werden konnten. Deshalb wurden sie seit ihrer Gründung (als förderungswürdig eingestuft) finanziell unterstützt. Heute jedoch sind ihre Hauptfinanziers die Bundesrepublik Deutschland, der Freistaat Bayern, die Stadt Bayreuth und der Förderverein „Gesellschaft der Freunde von Bayreuth e. V.“.

Wagners Sohn Siegfried und seine Frau Winifred haben aber bereits zum Ende der 1920er-Jahre den Grundstock zur Sicherung des wertvollen Erbes gelegt. Sie erschienen im Jahre 1929 vor einem Bayreuther Notar und sorgten in einem gemeinschaftlichen Testament für den Weiterbestand der Festspiele und für die Unveräußerlichkeit des Festspielhauses. 

Weltgeltung erlangten die Bayreuther Festspiele ab der Wiedereröffnung nach dem Ende des II. Weltkrieges im Jahre 1951. Besonders die Inszenierungen Wieland Wagners, der 1966 mit nur 49 Jahren starb, revolutionierten den gesamten Aufführungsstil der Wagnerschen Musikdramen.

Aber auch Wielands Bruder Wolfgang, der die Festspiele ab 1966 allein weiterführte, erledigte dies souverän im Sinne der Familientradition mit großem Geschick, Führungs- und Begeisterungsfähigkeit und der Verpflichtung bedeutender Solisten, Regisseure und Bühnenbildner. Die Aufführungen waren Gesamtkunstwerke, sie galten als mustergültig und sie besaßen den Nimbus der „Einzigartigkeit“ bei den Besuchern.

Die Festspiele waren immer noch ein Privatunternehmen, seit sie 1951 erstmals nach dem Ende des II. Weltkrieges wieder stattfinden konnten. Seit diesem Zeitpunkt erhielten sie feste Zuschüsse der Bundesrepublik Deutschland, des Freistaats Bayern, der Stadt Bayreuth, und seit seiner Gründung im Jahre 1949, auch vom Förderverein „Gesellschaft der Freunde von Bayreuth e.V.“.

Einen weiteren Schritt in Richtung Sicherung des ideellen und materiellen Familienerbes gingen die Nachfahren Siegfried und Winifred Wagners, die Zweige der vier Familien Wieland, Wolfgang, Friedelind und Verena Wagner, indem sie das Familienvermögen 1973 in eine „rechtsfähige öffentliche Stiftung des bürgerlichen Rechts“ überführten. Wichtigste Bestandteile der Stiftungssatzung sind die §§ 6 und 8, in ihnen geht es um die Aufteilung der Stimmen im Stiftungsrat, um die Wahl des Festspielleiters und um die Vermietung des Festspielhauses an den gewählten Festspielleiter. Der Umgang mit der Stiftungsurkunde und der Satzung, ihre Nichtanwendung bzw. ihr Missbrauch ist Thema des zweiten Teils dieser Ausarbeitung. Um es noch einmal deutlich zu machen: Die Nachfahren der Eheleute Siegfried und Winifred Wagner – Wieland, Friedelind, Wolfgang und Verena Wagner – sind die Stifterfamilien. Wer sein Vermögen in eine Stiftung einbringt, vertraut den Verantwortlichen der Stiftung, dass sie dieses Vermögen – wie in der Stiftungssatzung ausgeführt – verwaltet. Der Text der Stiftungssatzung hat Gesetzeskraft, die Satzung drückt den Stifterwillen aus. In der Stiftungssatzung der Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth bleiben den Stifterfamilien noch ganz bestimmte Rechte erhalten.
In diesem Zusammenhang ist von einiger Wichtigkeit die Kenntnisnahme dessen, dass Wolfgang Wagner 1976 eine zweite Ehe mit Gudrun Mack, geb. Armann, einging, aus der die 1978 geborene Tochter Katharina hervorging.
 

Die Einzigartigkeit der Aufführungen blieb erhalten bis ungefähr zur Jahrtausendwende. Ab diesem Zeitpunkt änderte sich innerhalb eines Jahrzehnts bei den Festspielen fast alles, das meiste nicht zum Vorteil.  
 

In den kommenden Abschnitten geht es jetzt darum, einerseits die großen Erfolge aufzuzeigen, die sich aus den ab 1951 geschaffenen Inszenierungen ergaben, andererseits aber auch die Veränderungen zu beobachten, die – vorbereitend, schleichend und zuerst nicht bemerkt – letztendlich ab 2008 alles so großartig Erarbeitete zunichtemachten.

Die Festspiele von 1951 bis 1972

Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reichs zum Ende des von den Nationalsozialisten begonnenen II. Weltkrieges konnten zunächst ab 1945 keine Festspiele mehr veranstaltet werden. Einerseits war das Festspielhaus von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt worden und diente zunächst als Unterhaltungsbühne zur Betreuung der amerikanischen Truppen. Andererseits wurden schwere Vorwürfe gegen die Familie Wagner erhoben, mit den Größen der Reichsregierung eng verbunden gewesen zu sein. Adolf Hitler war von 1933 bis 1940 ständiger Festspielgast. Er wohnte stets im Siegfried-Wagner-Haus und ging in Wahnfried ein und aus. Winifred Wagner musste sich deshalb 1949 vor dem Entnazifizierungsausschuss verantworten. Unter der Bedingung, dass sie die Festspielleitung niederlegt, diese ihren Söhnen Wieland und Wolfgang überträgt, bekam die Familie 1950 wieder das Recht zugestanden, Festspiele zu veranstalten.

Bis zu den ersten Festspielen der Nachkriegszeit war es ein dorniger Weg. Es fehlte ein künstlerisches Konzept und es fehlte Geld, viel Geld. Nun betrieben die Brüder Aufgabenteilung, jeder setzte seine Stärken entsprechend ein. Wieland Wagner hatte die künstlerische Leitung übernommen, Bruder Wolfgang war für die Organisation und fürs Geld verantwortlich. Wieland, der zum Kriegsende mit seiner Familie bei seiner Schwester Verena am Bodensee untergekommen war, durfte erst Jahre später wieder nach Bayern einreisen. Er schmiedete mit seiner Frau Gertrud während ihrer „Verbannung“ handfeste Pläne, wie man die Werke des Großvaters nach der Wiedereröffnung der Festspiele (der neuen Zeit angepasst) inszenieren könnte. Wolfgang reiste durch die Lande und sammelte erfolgreich Geld ein. Als zum Schluss noch ein stattlicher Betrag fehlte, trat der Deutsche Gewerkschaftsbund auf den Plan und stellte die nicht unbeträchtliche Fehlsumme zur Verfügung. Die Gewerkschaft erhielt zum Dank in den späteren Jahren jährlich zwei komplett reservierte Vorstellungen (zu günstigeren Konditionen).

 

So konnte man nun Ende 1949 die Planungen für die ersten Nachkriegsfestspiele im Jahre 1951 beginnen, wobei man wirklich bei Null anfangen musste, denn es fehlte an allem. Als dann im Juli 1951 die schwarzen Limousinen wieder den Hügel hinaufrollten, wurden die Besucher mit einer Neuinszenierung des „Parsifal“ derart überrascht, so dass weite Teile des Publikums die revolutionäre Inszenierung lautstark ablehnten. Und genau diese Inszenierung (auf leergefegter Bühne) – das Bühnenbild bestand nur aus wenigen Stoffhängern mit dezentem Licht beleuchtet – stiftete riesige Verwirrung. Eine ausgefeilte Regie und der Einsatz des „neu erfundenen „Sänger-Darstellers“ ließen aber bald alles Vergangene vergessen. Wieland Wagner wurde in den kommenden Jahren zum erfolgreichsten Regisseur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Niemand hätte damals gedacht, dass seine „Parsifal“-Inszenierung 23 Jahre hintereinander (bis 1973) auf dem Spielplan bleiben würde. Ich selbst hatte das Vergnügen, in den Jahren 1972 und 1973 daran mitarbeiten zu dürfen. Der Neustart war gelungen. Die Brüder Wagner hatten überall in den Gebäuden Plakate aufgehängt, auf denen sie mit dem Spruch “Hier gilt's der Kunst“ darum baten, auf dem gesamten Festspielgelände von der Führung politischer Gespräche Abstand zu nehmen. Dadurch wurde „die braune Vergangenheit“ weitgehend ausgeblendet.
 

In den kommenden Jahren inszenierten die Brüder Wagner immer abwechselnd – so war es vereinbart worden –, wobei Wieland mit seinen Regie-Einfällen stets der große Erneuerer war, der die szenische Entrümpelung Bayreuths fortsetzte, Bruder Wolfgang dagegen wartete bei seinen Inszenierungen vorwiegend mit Nachahmungen seines genialen Bruders auf.

Was die Instandhaltung und notwendige Sanierungen des Festspielhauses angeht, das 1951 immerhin fast 75 Jahre alt war, ist zu sagen, dass in den vorangegangenen Jahrzehnten immer nur das gerade Notwendige durchgeführt wurde und dass nach dem II. Weltkrieg mit umfangreichen Reparaturen oder Teilerneuerungen begonnen wurde. Die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth übernahm ab 1952 die Kosten für Instandhaltung, Erneuerung oder zusätzliche Baumaßnahmen. Eine der aufwendigsten Arbeiten in diesem Rahmen war (immer in der Winterzeit der Jahre 1964/65/66) der Ausbau der gesamten Holzkonstruktion der Arbeitsgalerien und des Schnürbodens, der Abriss der seitlichen Bühnenhauswände, deren Neuaufbau auf beiden Seiten jeweils um zwei Meter nach außen versetzt und in Betonfachwerk ausgeführt wurde, sowie der Aufbau der gesamten neuen Bühnentechnik in einer Metallkonstruktion und die Montage eines neuen Stahldachs auf das Bühnenhaus. Auch wenn im Folgenden nicht jedes Jahr die durchgeführten Sanierungen einzeln erwähnt werden, so wurden trotzdem in jedem Winterhalbjahr Teile der Gebäude saniert, erneuert oder neue Gebäude (z. B. Probebühnen usw.) hinzugefügt.

 

Die Jahre ab 1952 bis einschließlich 1966 waren die „ganz großen“ Jahre der Bayreuther Festspiele. Die Besetzungen der Solopartien waren einfach einzigartig. Die berühmtesten Dirigenten kamen nach Bayreuth, und wenn Bayreuth rief, dann war es eine Ehre, mit den anderen Größen des Fachs gemeinsam diese einzigartigen Vorstellungen abzuliefern. Das Orchester erlangte Weltruhm und der Festspielchor (bis 1971 von Wilhelm Pitz geleitet) bleibt bis heute unübertroffen.

Eine Ära endete am 17. Oktober 1966, als Wieland Wagner im Alter von nur 49 Jahren starb. Sein Bruder Wolfgang war nun alleiniger Festspielleiter – so war es vereinbart. Wolfgang Wagner wurde ein guter Festspielleiter, ein Meister der Organisation, ein immer ansprechbarer „Vater“ des Unternehmens, solide, zuverlässig, der Kunst verpflichtet. Ab 1969 setzte er auch auswärtige Regisseure ein, was von allen Kennern ausdrücklich anerkannt wurde.

Man weiß heute, mit welcher Sorgfalt und Werkkenntnis Wolfgang Wagner die Regisseure auswählte, ihre Konzepte prüfte und in wenigen Fällen auch von einer Verpflichtung wieder abrückte, wenn ihm das Regiekonzept nicht zusagte. Er erkannte, dass sich der Inszenierungsstil änderte und er suchte Regisseure, die diese Richtung einschlugen, ohne das Werk zu beschädigen.

Den Anfang dieser Neuerung machte August Everding mit einer Inszenierung des Fliegenden Holländers 1969. Götz Friedrich setzte dies fort mit einer „Tannhäuser“-Inszenierung im Jahre 1972. Ich möchte objektiv urteilen und die ebenfalls einzigartigen Festspiele nach Wieland Wagner in die Kategorie der „großen“ Jahre einstufen und diese Festlegung bis mindestens zum Ende des Jahrhunderts gelten lassen.

 

Die Gründung der Richard-Wagner-Stiftung 1973
 

Die Idee, die Bayreuther Festspiele in eine Stiftung einzubringen, wurde schon zu Lebzeiten Richard Wagners diskutiert. Auch Siegfried Wagner hatte sie im zweiten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts aufgegriffen. Grundgedanke bei diesen Erörterungen war stets die Erkenntnis, dass die Festspiele nicht mit dem Familienvermögen der Wagners allein betrieben werden können. Stets fanden sich immer wieder Förderer, die die fehlenden Summen zuschossen, aber dies alles hatte keine Regelmäßigkeit, so dass auch nicht jährlich Festspiele stattfinden konnten.

Eine Art Zwischensicherung stellte das gemeinschaftliche Testament von Siegfried und Winifred Wagner dar, welches im Jahre 1929 abgeschlossen wurde und in dem die Erbfolge festgelegt wurde, für den Fall des Todes der beiden Ehegatten. Ferner wurde festgelegt, dass das Festspielhaus nicht verkauft werden darf und dass es einzig der festlichen Aufführung der Werke Richard Wagners dienen soll, so wie es sein Erbauer einst festgelegt hatte.

Das Thema Stiftung war auch in den 1960er-Jahren wieder Gegenstand ernsthafter Überlegungen. Nach Wieland Wagners Tod im Jahre 1967 wurden die Bemühungen, das materielle und das ideelle Familienerbe in eine Stiftung einzubringen, wiederaufgenommen. 1969 begannen sich diese Planungen zu konkretisieren, man suchte Mitstifter, Förderer, Zuschussgeber und Garanten und entwarf eine Stiftungssatzung, die in den folgenden Jahren immer wieder den aktuellen Bedürfnissen angepasst wurde. Im Frühjahr 1973 wurden diese Verhandlungen, die seitens der Familie Wagner von Wolfgang Wagner und seiner Mutter Winifred in enger Abstimmung mit den drei weiteren Familienzweigen geführt wurden, abgeschlossen. Nach Unterzeichnung der Stiftungsurkunde trat am 2. Mai 1973 die zukünftige Stiftung mit dem Namen Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth das Erbe der Familie Wagner an. Bei dieser Stiftung handelt es sich um eine rechtsfähige öffentliche Stiftung des bürgerlichen Rechtes mit Sitz in Bayreuth. Die Stiftungssatzung drückt den Stifterwillen aus! Die Stiftungssatzung hat Gesetzeskraft.

Eine Wiedergabe der Stiftungssatzung oder eine zumindest umfangreiche Beschreibung der einzelnen Bestandteile des Erbgutes, der Zuteilung des Erbes auf verschiedene Verwalter oder Nutzer ist hier nicht nötig. Es reicht der Hinweis, dass in diesem Dokument auch die Nutzung des Hauses Wahnfried einschließlich seiner Nebengebäude, die Überlassung des Richard-Wagner-Archivs, einschließlich Bibliothek und Zubehör enthalten sind. Ferner wird verfügt, dass das Richard-Wagner-Archiv und das Haus Wahnfried der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen, was im Falle des Hauses Wahnfried ja mit der Umwandlung in ein Richard-Wagner-Museum längst geschehen ist.

Wissen sollte man, dass die Stiftung laut § 4 aus zwei Organen besteht: dem Vorstand und dem Stiftungsrat. Der Vorstand besteht aus drei Mitgliedern. Erster Vorstand ist (als Vertreter des Landes Bayern) der Regierungspräsident von Oberfranken, zweiter Vorstand eine Person in Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, zu delegieren vom Staatsminister für Kunst und Medien, der dritte Vorstand ist (wenn der Festspielleiter ein Mitglied der Familie Wagner ist) eben dieser Festspielleiter. Die normalen Geschäfte der Stiftung erledigt der Geschäftsführer nach § 7, es ist dies der Oberbürgermeister der Stadt Bayreuth.

Wichtig sind § 6 und § 8. Paragraf 6 bestimmt, dass der Festspielleiter (entsprechend den Anordnungen des § 8) vom Stiftungsrat gewählt wird. In Paragraf 6 ist auch festgelegt, wie die 24 Sitze im Stiftungsrat verteilt sind und wie viel Stimmen auf die einzelnen Gruppierungen im Stiftungsrat entfallen: 

 

5 Stimmen entfallen auf die Bundesrepublik Deutschland

5 Stimmen erhält der Freistaat Bayern

2 Stimmen hat die Stadt Bayreuth 

2 Stimmen entfallen auf die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth e.V.

2 Stimmen erhält die Oberfrankenstiftung

2 Stimmen bekommt der Bezirk Oberfranken

2 Stimmen hat die Bayerische Landesstiftung

4 Stimmen entfallen auf die vier Zweige der Familie Wagner.

In Paragraf 8 ist beschrieben, wie der Stiftungsrat den Festspielleiter wählt, dem – wenn er das Amt annimmt – das Festspielhaus vermietet wird – sinnvollerweise für die Dauer seines Festspielleiter-Vertrages.

Über die Anwendung von § 6 und 8 wird im Verlaufe meines Berichtes noch zu reden sein.

Für das festangestellte Personal der Festspiele hatte der Übergang des Familienunternehmens Festspiele in die Stiftung den Vorteil, dass ihr Arbeitgeber nun die Löhne und Gehälter den Tarifen des Öffentlichen Dienstes entsprechen müssen.


 

Die Festspiele von 1973 bis 1985

Im Jahre 1973 gab es keine Neuinszenierung, die „Parsifal“-Inszenierung von Wieland Wagner aus dem Jahre 1951 stand letztmals auf dem Spielplan. Keine Inszenierung in Bayreuth wurde jemals so lange und so oft gespielt – 101 Mal!

1974 erschien wieder August Everding als Regisseur einer neuen Inszenierung von „Tristan und Isolde“. Besondere Beachtung wurde dem Dirigenten geschenkt: Carlos Kleiber dirigierte erstmals bei den Bayreuther Festspielen.

 

Gespannt war man auf die 1975 erschienene „Parsifal“-Neuinszenierung durch Wolfgang Wagner. Nach Wieland Wagners Dauerinszenierung in einer neuen, bis dahin nicht bekannten Bühnenausstattung, die weltweit höchste Anerkennung gefunden hatte, musste Wolfgang Wagner jetzt ja eine ganz andere Bühnenfassung finden. Und, siehe da, die Inszenierung war sehr gut gelungen, im 1. und 3. Akt ein sehr naturalistisches Bühnenbild, eine sehr schöne, offene Verwandlung zu den beiden Gralsszenen, und auch Klingsors Zaubergarten war von vollendeter Schönheit. Zusammen mit einer guten Solisten-Besetzung (René Kollo in der Titelrolle), mitreißenden Chören und einem großartig spielenden Orchester – alles unter der Leitung von Hans Zender. Da war der Erfolg garantiert.

Und dann wurde es spannend: Nach Protesten – schon vor der Premiere, danach sogar in ganz fanatischer Form – erschien zum 100. Jubiläum der Bayreuther Festspiele 1976 die später so berühmt gewordene „Ring“-Inszenierung durch Patrice Chéreau, mit Pierre Boulez am Dirigentenpult. Da mit dem Bau der komplizierten Bühnenbilder erst im Januar 1976 begonnen werden konnte, und weil auch viele Teile in Filmstudio-Werkstätten in Rom gebaut und per LKW nach Bayreuth transportiert und dann erst bühnentauglich hergerichtet werden mussten, war das ganze Jahr bis zum Premierentag am 25. Juli eine äußerst anstrengende Zeit. Auch die szenischen Proben erforderten mehr Zeit als bei den „Ring“-Inszenierungen der vergangenen Jahre.

Presse und Besucher waren in Zustimmung und Ablehnung der Inszenierung gespalten. Fast täglich gab es laute Proteste, ja sogar Bedrohungen des Regisseurs. Da verschiedene Bilder konzeptionell nicht ausgereift waren, wurden zu den nächstjährigen Festspielen umfangreiche Umbauten bzw. Neubauten notwendig, die auch große Teile der Regie verändern sollten.

Das Jahr 1976 hielt aber noch eine einschneidende Änderung bereit, die große Auswirkungen auf die gesamte Geschichte der Festspiele erhalten sollte. Wolfgang Wagner ließ sich von seiner ersten Frau Ellen scheiden und heiratete wenige Wochen später Gudrun Mack, geb Armann, eine Mitarbeiterin aus der Presseabteilung der Festspiele, 25 Jahre jünger als er selbst. Diese neue Verbindung sollte weitreichende Veränderungen bei den Festspielen hervorrufen, die gewaltige Auswirkungen auf die Strukturen des Unternehmens, auf die Einstellung zur Nachfolge für Wolfgang Wagner (irgendwann in der Zukunft) haben sollte, und die ab einem noch nicht zu benennenden Datum das gesamte Gefüge der Festspiele in ernste Turbulenzen versetzen würde.

Zum Jahr 1977: Im Frühjahr wurde nach einer umfassenden Bauprobe mit den schon erwähnten Umbauten oder Neubauten für den „Ring“ begonnen, die auch zeitig zum Probenbeginn fertig wurden. Die „Ring“-Fassung von 1977, die bis 1980 auf dem Spielplan blieb, war die endgültige, die in die Geschichtsbücher der Festspiele einging. In den Jahren 1979 und 1980 wurde der „Ring“ fürs Fernsehen aufgezeichnet. Später war er auch auf DVD erhältlich. Auch heute noch spricht man vom Jahrhundertring. Der Schlussapplaus nach der letzten Götterdämmerung dauerte fast eineinhalb Stunden und 106 Vorhänge. Er ging ein ins Buch der Rekorde, ich war selbst dabei!

Auch eine der berühmt gewordenen Inszenierungen war „Der fliegende Holländer“ in der Regie von Harry Kupfer mit dem Bühnenbild von Peter Sykora im Jahre 1978. Großes Theater mit sehr bewegter Personenführung durch den Regisseur. Auch die äußerst leise funktionierende Bühnentechnik sorgte für Verwandlungen bei offenem Vorhang, die vom Publikum als sehr angenehm empfunden wurden.

Im Jahre 1979 dann die zweite Regie-Leistung von Götz Friedrich in Bayreuth mit „Lohengrin“. In der Hauptrolle glänzte Peter Hofmann. Ein fantasievolles, aber abstraktes Bühnenbild dazu lieferte der bekannte Bildhauer und Maler Günther Uecker. Dieser Bühnenbildner (auch bekannt als der „Nagel-Uecker“) gestaltete das ganze Bühnenbild aus lauter Nägeln.

Im Jahre 1980 gab es keine Neuinszenierung, dafür aber im darauffolgenden Jahre 1981 gleich zwei. Premieren-Vorstellung war „Tristan und Isolde“, Regie, Bühnenbild und Kostüme: Jean Pierre Ponnelle, der erstmals in Bayreuth arbeitete. Wer Ponnelle-Inszenierungen schon z. B. in Köln oder in München gesehen hatte, wusste, was ihn in Bayreuth erwartete. Genaue Einhaltung der Anweisungen Richard Wagners, fantasievolle Bühnenbilder, schöne Kostüme und eine interessante Personenführung. Da war der große Applaus schon vorprogrammiert. Den Tristan sang übrigens René Kollo.

Die zweite Neuinszenierung besorgte Wolfgang Wagner selbst. „Die Meistersinger von Nürnberg“, eine Inszenierung wie aus einem Guss, Bühnenbild und Kostüme: volkstümlich-fränkisch. Siegfried Jerusalem als Walther von Stolzing, Bernd Weikl als Hans Sachs und Hermann Prey als Beckmesser versprachen großes Theater. Bayreuth also weiterhin auf der Höhe der Zeit. Die 1980er-Jahre versprachen ein gutes Jahrzehnt für die Festspiele zu werden.

Götz Friedrich erhielt für 1982 nochmals einen Regieauftrag, er inszenierte den „Parsifal“ neu. Das Bühnenbild schuf Andreas Reinhardt. Die Hauptrolle sang Peter Hofmann, in Bayreuth schon in den Partien Siegmund und Lohengrin erprobt. Gegen anfängliche Widerstände: Simon Estes als Amfortas. Erstmals am Dirigentenpult: James Levine, ein Klangfetischist und ein Freund langsamer Tempi. Ein Ohrenschmaus! Levine sollte 18 Jahre in Bayreuth bleiben.

Und dann kam 1983 – nach schon im Jahre 1980 begonnenem Vorsingen – ein mit großen Vorschusslorbeeren versehener „Ring des Nibelungen“, Regie Peter Hall, Bühnenbild William Dudley, Dirigent Georg Solti. Um diesen Dirigenten mal in Bayreuth einsetzen zu können, hatten sich Wieland und Wolfgang Wagner schon 30 Jahre lang bemüht (wie behauptet wurde). Die Erwartungen waren hoch, denn die „Ring“-Einspielung von Georg Solti aus dem Jahre 1960 (mit allen damals besten Wagner-Interpreten und erstmals in Stereo) galt als beste Schallplattenaufnahme des „Rings“, die seinerzeit auf dem Markt war.

Entsprechend groß jedoch war die Enttäuschung, denn das Ergebnis hatte Mängel auf vielen Ebenen. Der Dirigent, mit dessen Vermittlung auch der Regisseur verpflichtet worden war, kam nicht mit dem Orchester zurecht. Die Sitzordnung bereitete ihm Probleme. Die Probenatmosphäre zwischen ihm und dem Orchester war stets angespannt. Der erwartete Klang stellte sich nicht ein. Außerdem stimmte die Chemie zwischen ihm und Wolfgang Wagner nach kurzer Zeit überhaupt nicht mehr. Georg Solti war mit nichts zufriedenzustellen. Die sehr schönen, aber technisch aufwändigen Bühnenbilder bereiteten schon in den Proben zahlreiche Schwierigkeiten. Nur zwei Beispiele: Bei Effekten, bei denen Wasserdampf eingesetzt wurde und beim Betrieb der hydraulischen Anlagen waren immer wieder Zischgeräusche zu hören, was allerdings ab dem zweiten Jahr behoben war. Oder: Im Siegfried sollte die Erda der Wurzel eines Baums entsteigen, wenn dieser etwas aus dem Boden hochgezogen wurde. Richtig geklappt hat das nie, dieser Effekt wurde ab dem zweiten Spieljahr fallen gelassen.

Unregelmäßigkeiten gab es auch im Umgang mit dem Regisseur. Ein großer Mangel war, dass er die deutsche Sprache nicht beherrschte (obwohl er deren Erlernung beim Vertragsabschluss zugesagt hatte). Einzig der Bühnenbildner William Dudley erfüllte die an ihn gestellten Erwartungen. Peter Hall kam zwar im zweiten Aufführungsjahr wieder, ließ sich aber für den Rest der Produktion von einem Regieassistenten vertreten. Die verpflichteten Solisten waren mit einer Ausnahme erste Wahl, nur Rainer Goldberg, der den Siegfried sang, hatte nicht alle Vorstellungen durchgehalten und wurde durch Manfred Jung ersetzt, der ebenfalls in der Produktion blieb, bis sie nach vier Jahren abgesetzt wurde.

Schade, dass dieser „Ring“ nicht fürs Fernsehen oder für die Herstellung von DVDs aufgezeichnet wurde. Mir persönlich hat dieser „Ring“ sehr gut gefallen, sah man in ihm doch leichte Anklänge an Wieland Wagners Inszenierungen.
 

Ich habe die „Ring“-Produktion, die mit so großen Erwartungen gestartet war, deshalb ausführlicher beschrieben, um zu zeigen, wie professionell in Bayreuth gearbeitet wurde und wie sehr der Festspielleiter Wolfgang Wagner Herr der Situation war.

Das Jahr 1984 war mal wieder ohne Neuinszenierung, da jetzt Verbesserungen an der Vorjahres-Inszenierung durchgeführt wurden. Georg Solti sagte im Mai 1984 seine weitere Mitarbeit in Bayreuth ebenfalls ab. Man kam überein, diese mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Dirigenten zu begründen. Die Inszenierung blieb nur vier Jahre auf dem Spielplan. Vom zweiten bis zum vierten Jahr dirigierte Peter Schneider (in Bayreuth bereits bekannt) die „Ring“-Vorstellungen.

Im darauffolgenden Jahr, also 1985, inszenierte Wolfgang Wagner den „Tannhäuser“ neu. Erstmals am Dirigentenpult stand Giuseppe Sinopoli, ein Italiener, der in den folgenden Jahren zum Festbestand der Dirigenten zählte.

Die Elisabeth sang in dieser Inszenierung erstmals die damals 29 Jahre alte Cheryl Studer. Für die Rolle des Tannhäuser war René Kollo vorgesehen, aber schon in den Proben gab es Schwierigkeiten mit ihm. Erst passten ihm die ausführlichen Proben nicht, dann hat er gesanglich immer nur markiert, was sowohl die Kollegen als auch der Dirigent beanstandeten. René Kollo schob eine Stimmbandschwellung vor, die er in Wien hatte behandeln lassen. Sein Wiener Arzt bestätigte Wolfgang Wagner telefonisch, dass Kollo singen könne. Glücklicherweise hatte Wolfgang Wagner auf einer vollwertigen Zweitbesetzung bestanden, denn Kollo, der unbedingt auch die Generalprobe singen wollte, sagte diese kurzfristig ab, und Richard Versalle, der

Zweitbesetzte in der Rolle, musste einspringen. Am Premierentag „platzte dann die Bombe“. Obwohl Wolfgang Wagner Herrn Kollo gebeten hatte, bis spätestens um 11:30 Uhr Bescheid zu geben, wenn er die Premiere nicht singen könne, sagte der aber erst 47 Minuten vor der Vorstellung seine Mitwirkung ab. Er hatte bereits seine Sachen gepackt und reiste noch am Nachmittag aus Bayreuth ab. (Quelle: „Geschichte der Bayreuther Festspiele“, Oswald Georg Bauer). René Kollo wurde bei den Festspielen nie mehr eingesetzt. Nun wurde auch bekannt, dass Kollos Frau Beatrice einen Tag zuvor Mutter geworden war (Illustrierte Quick). Kollos Ersatzmann in Bayreuth, Richard Versalle, und die junge Cheryl Studer wurden zum Ende der Premierenvorstellung mit großem Applaus bedacht.

Die Gründung der Bayreuther Festspiele GmbH

Aber im Jahre 1985 geschah auf der Ebene der Festspielleitung etwas, worüber sich die meisten Beobachter damals keine Gedanken machten. Seit Wolfgang Wagner 1979 sein 60. Lebensjahr vollendet hatte, stellte die Presse wiederholt die Frage an ihn, wie er sich denn seine eines Tages notwendig werdende Nachfolge vorstelle und wer aus der Familie dafür die nötige Eignung mitbrächte. Er antwortete stets gleichbleibend, er sehe im weiten Familienkreise niemanden, der die Fähigkeiten habe, die Festspiele zu leiten. Jeder, der dafür in Frage käme, müsse dieses Handwerk „von der Pike auf erlernt“ haben!

In der Rückschau auf die Entwicklung in dieser Frage ist es heute nicht vermessen zu vermuten, dass sich seine Einstellung zur Nachfolgefrage seit seiner Wiederverheiratung ̶ möglicherweise durch die Beeinflussung seiner zweiten Ehefrau ‒ grundlegend geändert hat, dass die Eheleute Wagner dies aber geheim hielten (oder vielleicht nur mit ihren Anwälten besprachen).

Jedenfalls gründete Herr Wagner 1985 die „Wolfgang Wagner GmbH“, eine

Firma, die nunmehr die Festspiele ausrichtete. Hiermit wurden dann auch alte Vereinbarungen zwischen ihm, seiner Mutter und seinem verstorbenen Bruder hinfällig.

Es wird ihm auch niemand verübeln, dass er sich 1986 persönlich durch den Abschluss eines Versorgungsvertrages (mit GmbH-Fassung) absicherte. 1987 wurde eine Vereinbarung über Geschäftsanteilabtretung und die Umwandlung der Wolfgang Wagner GmbH in die Bayreuther Festspiele GmbH abgeschlossen. Wolfgang Wagner war einziger Gesellschafter mit einem Festspielleitervertrag auf Lebenszeit. Nach Abschluss dieser Aktivitäten war es Herrn Wagner nun möglich, einen neuen Mietvertrag für das Festspielhaus zwischen der Festspiele GmbH und der Richard-Wagner-Stiftung (mit Datum vom 6. Juni 1990) abzuschließen. Dieser Vertrag sollte auslaufen, wenn Wolfgang Wagners Festspielleitertätigkeit endet.

Die Festspiele in den Jahren 1986 bis 1999

Die Jahre 1986 bis 1999 werde ich jetzt nur flüchtig schildern, weil sie im Sinne der Beachtung der Historie des Unternehmens und unter Anwendung der langjährigen Traditionen von Wolfgang Wagner als Festspielleiter verantwortungsbewusst geführt und veranstaltet wurden. Die immer wieder gestellten Fragen nach seiner Nachfolge beantwortete er – immer gleichbleibend – wie schon geschildert. Damit verschaffte er sich wieder einigen zeitlichen Abstand.

Im Jahr 1986 lief der „heißumkämpfte Ring“ Hall/Solti letztmalig. Eine Neuinszenierung fand in diesem Jahr nicht statt.

Dafür aber brachte das Jahr 1987 gleich eine neue „Lohengrin“-Produktion, die man berechtigterweise hervorheben darf. Der bekannte Filmregisseur Werner Herzog und der Bühnenbildner Henning von Gierke schufen eine Inszenierung, die der Bezeichnung „Romantische Oper“ vollkommen entsprach. Die Besetzung war erstklassig, die Bühnenbilder in leichten Farben gehalten. Auch wurde mit dezenten Projektionen gearbeitet. Die Inszenierung wurde auf Jahre hinaus die meist geschätzte, für die allein schon mehr als zehn Vorstellungen hätten stattfinden können, so hoch war die Nachfrage nach Karten!

Ein weiterer Höhepunkt wurde im Jahre 1988 eine neue „Ring“-Produktion, Regie: Harry Kupfer, Bühnenbild: Hans Schavernoch, Dirigent: Daniel Barenboim. Presse und Publikum waren gespannt auf diesen Ring, denn jede „Ring“-Inszenierung wurde an der von Chéreau gemessen. Ohne Zweifel kann ich sagen, diese Inszenierung war von der ersten Szene im „Rheingold“ bis zum Schluss der „Götterdämmerung“ bewegend, aufrührend. Presse und Publikum waren gleichermaßen hingerissen. Ein solcher „Ring“ ist Bayreuth würdig! Wer eine genaue Analyse dieses Kupfer'schen Kunstwerkes haben möchte, dem kann man getrost Oswald Georg Bauers „Die Geschichte der Bayreuther Festspiele“ empfehlen! Dieses Werk beantwortet jede Frage.

Das Jahr 1989 war nicht ohne Neuinszenierung (wie sonst im Jahr nach einer Ring-Neuinszenierung). Wolfgang Wagner inszenierte selbst einen neuen „Parsifal“. Um es ganz einfach auszudrücken: Er wollte das, was ihm in seiner Inszenierung von 1975 nicht so gefallen hatte, jetzt tiefgründiger beleuchten.

Das ist ihm auch gelungen. Ein neuer strahlender Tenor, William Pell, in der Titelrolle, die überwältigend großartige Waltraud Meier als Kundry, und der ergreifend singende Chor waren neben dem Dirigenten James Levine die großen Stützen dieser Inszenierung. Lob von Presse und Publikum!

Auch 1990 konnte Bayreuth wieder glänzen. Ein neuer „Fliegender Holländer“ erschien auf dem Spielplan. Wolfgang Wagner hatte mutig besetzt. Regie: Dieter Dorn, Bühnenbild: Jürgen Rose (schon 1972 beim „Tannhäuser“ von Götz Friedrich erfolgreich) und Giuseppe Sinopoli als Dirigent. Als Holländer glänzte Alan Titus, die Senta verkörperte Sabine Hass, die wenige Jahre später – viel zu jung – starb. Bild und Regie wurden vom Publikum begeistert gefeiert, der Musik fehle der große Atem, meinte die Presse. Bundespräsident von Weizsäcker hatte Vaclav Havel, den tschechischen Präsidenten, mitgebracht, beide wurden vom Publikum mit viel Applaus bedacht. So kurz nach der politischen Wende wirkten im Chor und im Orchester wieder zahlreiche Musiker aus den bisherigen Staaten des Ostblocks mit! Aufbruchstimmung auch hier! Auch dieser „Fliegende Holländer“ war ein großer Erfolg für Bayreuth.

Für 1991 wäre zu vermelden, dass keine Neuinszenierung auf dem Spielplan stand, dass die deutschen, europäischen und internationalen Wagner-Verbände zusammengefasst wurden zur Vereinigung Richard Wagner International. Ferner gab die Festspielleitung bekannt, dass für die 57.500 Plätze der 30 Aufführungen 357.513 Bestellungen im Kartenbüro eingegangen waren.

Das Jahr 1992 kam auch ohne Neuinszenierung aus. Zur Eröffnung gab man die Wiederaufnahme von Wolfgang Wagners „Tannhäuser“-Inszenierung mit einem neuen Dirigenten, Donald Runnicles, der schon mehrere Jahre als Assistent von James Levine in Bayreuth gearbeitet hatte. Hier sieht man, dass Bayreuth auch den musikalischen Aufbau von Talenten förderte. Besonderes Augenmerk fiel auf die „Parsifal“-Inszenierung Wolfgang Wagners, in der mit Waltraud Meier und Placido Domingo zwei Weltstars zu niedrigen Gagen auftraten. Das Publikum war begeistert. Ein Besucher, der seine 35 DM teure Karte verkaufen wollte, brachte diese für 2500 DM an den Mann. Der Schwarzmarkt blühte – sehr zum Ärger Wolfgang Wagners!

Im Jahr darauf, also 1993, kam dann die lang erwartete „Tristan“Neuinszenierung auf den Spielplan, aber nicht – wie erwartet – mit Patrice Chéreau als Regisseur, sondern mit Heiner Müller, einem Dramatiker aus der früheren DDR, in der Brecht-Nachfolge auch Leiter des Berliner Ensembles. Das Bühnenbild schuf Erich Wonder, der als Grundbau einen Kubus auf die Bühne stellte, der einen immateriellen Raum darstellen sollte, außer jeder Zeit und außer jeder Dimension, einen Raum der Seele, der Innenschau. Mittels der Lichtwechsel schuf er einen Lichtraum von suggestiver Wirkung, in der die handelnden Personen mit ihren Emotionen gefangen waren. Jeder, der diese Inszenierung gesehen hatte, war tief beeindruckt davon, wie sehr es zwischen Tristan, Isolde und König Marke knisterte. Die Kostüme entwarf der in Paris lebende japanische Modeschöpfer Yohji Yamamoto. Dirigent der Aufführung war Daniel Barenboim, seine Assistentin war Simone Young, die schon bald eine der ersten Dirigentinnen in Deutschland wurde. In den Hauptrollen: Siegfried Jerusalem und Waltraud Meier, die Brangäne sang Ute Priew und John Tomlinson den König Marke. Der Schlussapplaus wogte zwischen Buh und Bravo hin und her, das Regie-Team wurde gnadenlos ausgepfiffen. Als die Inszenierung Jahre später auslief, galt sie als ein Meilenstein in der Interpretation des Werkes.

In diesem Jahr verzeichneten die Festspiele ebenfalls wieder hohen Besuch, Michail Gorbatschow und seine Frau Raisa kamen als Gäste der bayerischen Staatsregierung zur Premiere.

Ein neuer „Ring des Nibelungen“ war 1994 fällig. Dieter Kirchner, der Regisseur hatte sich als Bühnenbildnerin rosalie ausgesucht, die ausgesprochen schöne farbige Bilder und Kostüme entwarf. Raum und Zeit sollten den Mythos neu definieren. In der heutigen Betrachtung lagen die Bühnenbilder der einzelnen Akte ganz nah an Wagners Werk. Beim ersten Blick darauf weiß man gleich, in welchem Stück, in welchem Akt und in welchem Bild man sich gerade befindet. Der Regisseur bekannte sich in seiner Regie zur „offenen Dramaturgie“, wie er sagte, das Ende ist immer offen und muss immer wieder neu erzählt werden. Auch über diese Inszenierung kann man seitenlang berichten, Regie und Bühnenbilder blieben trotzdem umstritten. Mit großem Applaus bedacht wurde die Riege der Sänger und die musikalische Leitung durch James Levine.

Das Jahr 1995 brachte keine Neuinszenierung, man wies auf die vielfältigen Restaurationsarbeiten im Zuschauerraum und in den Foyers hin. Hier konnten weite Teile des Hauses wieder in den Urzustand vor 1932/33 zurückversetzt werden, was beim Publikum auf große Zustimmung stieß.

Als Premiere des Jahres 1996 brachten die Festspiele Wolfgang Wagners dritte „Meistersinger von Nürnberg“-Inszenierung auf die Bühne. Es sollte seine überhaupt letzte Regie in Bayreuth werden. Als Dirigenten hatte er sich schon lange Daniel Barenboim gewünscht, nun wurde auch das möglich. Die Regie war als musikalische Komödie der menschlichen Irrungen und Wirrungen und als Utopie einer friedlichen Humanität angelegt. Das Bühnenbild hatte Wolfgang Wagner auch selbst entworfen. Bis auf die Schusterstube spielten alle Bilder vor dem Hintergrund einer riesigen, nach hinten gewölbten Weltkugel, die auch als Projektionsfläche zur Gestaltung der einzelnen Akte diente. Vom Gefühl her empfand ich diese Inszenierung als fröhlich, weltoffen und versöhnend, was besonders im Schlussbild seine ganze Wirkung entfaltete. Die Inszenierung ließ viel Raum für philosophische Betrachtungen. Die wichtigsten Darsteller seien auch noch genannt: Robert Holl als Hans Sachs, Peter Seifert als Walther von Stolzing, Andreas Schmidt als Beckmesser, Renee Fleming als Eva und Endrick Wottrich als David. Eine wirklich gute Besetzung für Bayreuth.

Zu den Festspielen von 1997, die keine Neuinszenierung brachten, wurden einige Zahlen bekannt gegeben. Die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth zählte jetzt 4.373 Mitglieder, die Wagner-Verbände konnten 250 Stipendiaten einen Festspielbesuch ermöglichen, der Gesamthaushalt der Festspiele betrug 1997 glatte 21 Millionen DM, (heute: 10,7 Mio. Euro), wovon knapp die Hälfte durch Eigenerlöse erwirtschaftet wurden. Der Anteil der Personalkosten betrug 83 %.

Auch 1998 gab es keine Neuinszenierung. Die Kartennachfrage war ungebrochen. Der „Ring“ (Inszenierung: Dieter Kirchner, Bühnenbild und Kostüme: rosalie, Dirigent: James Levine) stand in diesem Jahre letztmals auf dem Spielplan. Man hätte ihn 15 Mal verkaufen können. Nach 18 Jahren verabschiedete sich auch James Levine von den Festspielen, ein Musiker der vor Freude über seinen Beruf immer strahlte und der überall beliebt war.
 

Zu den Festspielen von 1999 wurde auch der Königsbau, der nach denkmalpflegerischen Vorschriften restauriert wurde, fertig. Damit war die Gesamtrenovierung des Hauptgebäudes abgeschlossen. Die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth feierte Anfang des Jahres ihr 50-jähriges Bestehen. Die Summe der Zuschüsse zum Festspielbetrieb in den vergangenen 50 Jahren betrug insgesamt über 50 Millionen DM. Prompt kündigte der neu ernannte Bundeskulturbeauftragte Michael Naumann eine Kürzung der Bundeszuschüsse um 480.000 DM an. Nach Protesten von allen Seiten – vor allem von Wolfgang Wagner – wurde dieses Vorhaben Ende Februar wiedereingestellt. Wolfgang Wagners bestes Argument gegen die Kürzungen war sein unanfechtbares und peinlich genaues Finanzmanagement, welches er schon seit Jahrzehnten so gehandhabt hatte.

Zu großen Irritationen führte 1999 die Mitteilung der Richard-Wagner-Stiftung, dass sie das Verfahren zur Nachfolge Wolfgang Wagners einleiten wird, wozu Herr Wagner sein Einverständnis gegeben habe. Im weiteren Verlauf dieser Mitteilung schränkt Herr Wagner aber gleich wieder ein, dass er aus Pflichtgefühl und Sorge für die Zukunft an einer Nachfolgeregelung mitarbeiten will. Konkrete Personalentscheidungen seien noch nicht getroffen worden, und an einen Rücktritt seinerseits vom Amt des Festspielleiters sei momentan auch nicht zu denken. Allerdings gab im gleichen Jahr noch Gudrun Wagner (die als persönliche Referentin der Festspielleitung tätig war) bekannt, dass sie die Festspielleitung übernehmen würde. Es bewarben sich um diesen Posten ebenfalls Wolfgang Wagners Tochter Eva Wagner-Pasquier und Wieland Wagners Tochter Nike. Der Stiftungsrat entschied sich im Jahre 2001 nicht für Gudrun Wagner die – laut Kultusminister Zehetmair – keine Erfahrung in künstlerischen Dingen habe, sondern für Wolfgangs Tochter Eva. Damit war nun Wolfgang Wagner überhaupt nicht einverstanden und er berief sich auf seinen lebenslangen Festspielleiter-Vertrag, den er nun zu erfüllen gedenke. Ihm wurde dann vom Kultusminister der ehemalige Intendant des Münchner Gärtnerplatz-Theaters, Klaus Schulz, als „Ersatzmann“ zur Seite gestellt. Dieser wurde fortan als „freier Mitarbeiter“ geführt. Wagner reagierte beleidigt und zog sich ab jetzt sehr häufig aus der Verantwortung zurück.

Zu den Festspielen des Jahres 1999 erschien ein neuer „Lohengrin“ auf dem Spielplan. Unter der musikalischen Leitung des Italieners Antonio Pappano entstand in der Regie von Keith Warner und im Bühnenbild von Stefanos Lazaridis eine sehr dramatische Inszenierung, von der der Regisseur selbst meint, der „Lohengrin“ sei Wagners „einzige wirkliche Tragödie“, weil zum Schluss doch niemand erlöst zurückbleibt. Ich nannte diese Inszenierung immer den „schwarzen Lohengrin“ weil der Hintergrund aller Bilder schwarz war. Musikalisch (auch was die Besetzung der Hauptrollen angeht) war dies eine großartige Aufführung. Was mir nicht gefallen hat, war mal wieder das inszenierte Vorspiel, denn damit wird dem Zuhörer die Schönheit der symphonischen Musik klammheimlich entwendet. Grundsätzlich gab und gibt es bei einer Inszenierung wie dieser so viele Deutungsmöglichkeiten, dass der interessierte Opernfreund Lesestoff für viele Tage hätte, wollte er das Geheimnis ergründen. Ich behaupte aber sehr selbstbewusst, dass diese Inszenierung ganz und gar „werkgerecht“ war. Interessant war, dass das Publikum nach dem Fallen des Vorhanges – tief bewegt – einen Moment in Stille verharrte, ehe tosender Beifall losbrach. Die noch auf dem Spielplan erschienenen Inszenierungen des „Fliegenden Holländers“ und „Tristan und Isolde“ liefen in diesem Jahr letztmalig.

Abschiede gilt es auch für dieses Jahr zu vermelden: Siegfried Jerusalem verabschiedete sich von Bayreuth. Er sang die Titelrolle in den diesjährigen Aufführungen von „Tristan und Isolde“. Aber auch Norbert Balatsch, seit 28 Jahren der Chordirektor der Festspiele, der den Chor nach Wilhelm Pitz zum weltbesten Chor geformt hatte, hörte auf und übergab den Taktstock an seinen bisherigen Vertreter Eberhard Friedrich. Aber auch Waltraud Meier und Hans Sotin wurden ab diesem Jahre nicht mehr nach Bayreuth eingeladen, ein Abschied ohne jede Begründung.
 

Auf das letzte Jahrzehnt zurückblickend kann man sagen, dass die Festspiele in vielerlei Hinsicht Kontinuität ausstrahlten. Wolfgang Wagner war stolz darauf, namhafte Dirigenten für die Laufzeit der einzelnen Stücke verpflichtet zu haben. Das Gleiche galt auch für die Sänger. Manche Künstler, die neu auf dem Spielplan erschienen, waren Jahre zuvor bereits als Assistenten in Bayreuth tätig gewesen. Wolfgang Wagner arbeitete gerne mit jungen Leuten und griff auch ihre Ideen auf.

Wolfgang Wagners Intendanz neigte sich ihrem Ende entgegen. Von seinen Inszenierungen waren die „Meistersinger von Nürnberg“ und der „Parsifal“ noch im Spielplan. Diesen Schöpfungen seines Großvaters stand er besonders nahe. Wolfgang Wagner ist in seinen Inszenierungen niemals dem Zeitgeist nachgelaufen, er hat sich niemals einer Mode unterworfen. Bei der Nennung seines Namens fällt einem sofort das Positive bei den Bayreuther Festspielen ein, die Einzigartigkeit der Vorstellungen. Aber auch, dass er auf den öfter von außen einfließenden Vorschlag, den Spielplan um die Jugendwerke seines Großvaters zu erweitern, nicht eingehen wollte. Doch seine Führung der Festspiele war seriös, verlässlich, nur der Kunst zugewandt. Leider hat er nichts dafür getan, dass die nächste Generation der Gesamt-Familie (ihren Qualitäten und Vorleistungen gemäß) in die Festspielleitung eingebunden werden konnte, um das Amt (in absehbarer Zeit) in die Hände von Personen zu übergeben, die höchstmögliche Kontinuität garantierten.

In den Jahren zwischen 1987 und 1999 war das Ehepaar Wagner – zusammen mit seinen Anwälten – nicht untätig, wenn es um Fragen der Nachfolge Wolfgang Wagners im Amt des Festspielleiters und aller sich daraus entwickelnden Veränderungen gegenüber dem damaligen Status quo ging. Das Ganze spielte sich natürlich im Geheimen ab, nur kein Aufsehen erregen!
 

Ein mit großer Sorge beobachtetes Phänomen war jedoch die schleichende Machtübernahme der Festspielleitung durch Gudrun Wagner. Sie hatte leichtes Spiel, weil ihres Mannes Klarsicht, seine Widerstandskraft, seine physischen und mentalen Fähigkeiten spürbar nachließen. Er wurde schrittweise entmachtet, aus der Leitung der Festspiele entfernt, er bekam sogar ein eigenes kleines Büro am Ende des Ganges, damit er nicht mehr alles mitbekam, was da so hinter seinem Rücken von seiner Frau entschieden wurde. In der Belegschaft nannte man Gudrun Wagner mittlerweile die „Chefin“. Auch der Umgangston zwischen Gudrun und Wolfgang Wagner wurde rauer, ja, es fielen sogar Sätze – laut und in aller Öffentlichkeit, vor Zeugen gesprochen –, die ich hier nicht wiedergeben kann.

Die Leser meiner Überlegungen, wie wohl die Zukunft der Bayreuther Festspiele aussehen könnte, werden sich fragen, warum die Vergangenheit der Festspiele so ausführlich geschildert wird und was diese – als sie damals in die „Gegenwart um 2007/2008“ mündete – mit meiner Zukunftsprognose zu tun hat. Erschreckendes wird der Leser erfahren und dann kann er unschwer feststellen, welche Qualität die Festspiele der letzten 50 Jahre des 20. Jahrhunderts hatten und wie sich die künstlerische Qualität und die Außendarstellung Bayreuths in den Jahren ab ca. 2004 so radikal verschlechtert haben.

 
Die Festspiele 2000 bis 2007

Das neue Jahrhundert begann bei den Festspielen 2000 mit einer noch von Wolfgang Wagner geplanten Neuinszenierung des „Ring des Nibelungen“, Regie: Jürgen Flimm, Bühnenbild: Erich Wonder, Dirigent: Giuseppe Sinopoli.

Die Inszenierung war zeitlos angelegt und bühnenbildnerisch ohne besondere Glanzpunkte. Bei den Solisten ist Alan Titus hervorzuheben, der den Wotan und den Wanderer sang, besonders aber Placido Domingo und Waltraud Meier, die als Siegmund und Sieglinde zu hören und zu sehen waren. Giuseppe Sinopoli dirigierte erstmals den Ring, der im kommenden Jahr – so hoffte man – durch diesen Dirigenten noch an Ausdruckskraft gewinnen würde. Leider verstarb Giuseppe Sinopoli im Frühjahr des folgenden Jahres unerwartet in Berlin.

Als Delegierter des bayerischen Kulturministeriums erschien im Jahre 2000 der Ministerialdirigent Toni Schmid im Stiftungsrat.

Im Jahre 2001 stand Wolfgang Wagners „Parsifal“ letztmals auf dem Programm. Dirigent war Christoph Eschenbach, der jedoch Schwierigkeiten mit dem Orchester hatte und deshalb auch in den kommenden Jahren nicht mehr nach Bayreuth kam. Mit Bescheidenheit nahm Wolfgang Wagner den ehrlichen Applaus des Bayreuther Publikums entgegen. Eine Neuinszenierung gab es in diesem Jahre nicht. Die im vergangenen Jahr – noch unter der musikalischen Leitung von Giuseppe Sinopoli – auf dem Spielplan erschienene „Ring“-Neuinszenie-rung übernahm in diesem Jahr Adam Fischer.

Eine neue „Tannhäuser“-Inszenierung machte 2002 von sich reden. Der Franzose Philippe Arlaud war Regisseur und Bühnenbildner, Dirigent war – erstmals in Bayreuth – Christian Thielemann. Eine farbenprächtige Dekoration, die bei wechselnden Lichtfarben jede geforderte Stimmung genau traf. Besonders gelungen war die schnelle Verwandlung vom Venusberg ins Wartburgtal, möglich gemacht durch den Einsatz moderner Hydraulik. Wolfgang Wagners letzte „Meistersinger“-Inszenierung stand letztmalig auf dem Spielplan. Nach Schluss nahm Wolfgang Wagner Abschied vom Bayreuther Publikum, große Emotionen und Tränen!

Genau genommen endet hier die Ära, an die wir uns so gerne erinnern. Der Garant für große Opernerlebnisse, Festspielleiter Wolfgang Wagner, zieht sich Schritt für Schritt (aber schweren Herzens), bedingt durch seine stark angeschlagene Gesundheit in den Ruhestand zurück. Ohne ihn ist niemand mehr da, der das uns überlieferte Erbe Richard Wagners schützt, der renommierte Regisseure und Bühnenbilder einlädt, um in Bayreuth unter idealen Bedingungen Wagners Musikdramen in immer neuen, aber „werkgerechten“ Inszenierungen zur Aufführung zu bringen. Auch der Kontakt zur Branche, immer wieder die besten Wagnersänger zu kleinen Gagen in diesem Theater zu vereinen, um einzigartige Aufführungen erlebbar zu machen, ist Vergangenheit. Wie es dazu kam und wie es dann weiterging, dazu wird mein Bericht Auskunft geben, wenn meine Ausführungen die Jahre 2007/2008 erreicht haben werden.

Nun fahre ich fort im Jahre 2003: Mit einer Neuinszenierung des „Fliegenden Holländers“ begann die Ära des „Regie“-Theaters in Bayreuth. Im Bühnenbild von Christian Schmidt inszenierte Claus Guth eine Handlung, mit der kaum ein Zuschauer zurechtkam, wenn ihm nicht zuvor die Dramaturgie des Stückes erklärt wurde. Zu sehen war fast alles zweimal und auf dem Kopf stand auch alles, die Kostümierung sorgte ebenfalls für Verwirrung, denn auch hier trugen öfter zwei verschiedene Personen die gleiche Kleidung. Das Ganze spielte sich in einem überdimensionierten Treppenhaus ab, dessen obere Hälfte die untere (auf dem Kopf stehend) spiegelte. Applaus trotzdem, aber auch zahlreiche Buhrufe. Der Technische Direktor meinte, das Bühnenbild (also dieses Treppenhaus) sei die größte jemals in Bayreuth aus gezogenem Rohr gebaute Bühnenkonstruktion in einem Stück. Ihr Gewicht war beträchtlich. Die musikalische Seite dieser Inszenierung war gut. Dirigent war Debütant Marc Albrecht, den Holländer verkörperte John Tomlinson, die Senta wurde gesungen von Adrienne Dugger. Applaus für die Künstler!
 

Und dann nahte 2004 in Bayreuth der erste richtige Skandal, eine neue „Parsifal“-Inszenierung durch Christoph Schlingensief, einen intelligenten Jung-Regisseur, den Katharina Wagner ihrem Vater empfohlen hatte. Schlingensief hatte Wolfgang Wagner ein Inszenierungskonzept vorgestellt, das den Festspielleiter offensichtlich überzeugt hatte, denn er erhielt den Regie-Auftrag. Herr Schlingensief weilte – ehe er im Frühjahr 2004 mit den Proben begann – fast ein ganzes Jahr in Afrika. Die dramatischen Erlebnisse, die er dort hatte (Hunger, Elend, Arbeitslosigkeit, Gewaltanwendung usw.) veranlassten ihn offensichtlich, diese Erfahrungen in sein „Parsifal“-Konzept einzuarbeiten, ohne Herrn Wagner davon etwas mitzuteilen. Mit anderen Worten: Er inszenierte etwas ganz Anderes, als er zwei Jahre zuvor Wolfgang und Gudrun Wagner vorgestellt hatte. Das führte zu schweren, öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzungen mit dem Ehepaar Wagner, das sich damit nicht abfinden wollten. Schließlich brach er die Proben ab und verließ für eine Woche die Festspiele, deren Probenplan in einige Unordnung geriet. Als er wiederauftauchte, wurden die Proben ohne Änderungen des Konzepts fortgesetzt. Das, was dann bei der Premiere auf der Bühne sichtbar wurde, hatte mit dem Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ nicht das Geringste zu tun. Ich nenne diese Zumutung den „Müllberg-Parsifal“, denn mit einem Bühnenbild hatte die Ansammlung von Schrott auf der Bühne auch nichts Gemeinsames. Daran konnte auch der Dirigent der Produktion Pierre Boulez, der den „Parsifal“ schon unter Wieland Wagner in Bayreuth dirigiert hatte, nichts mehr ändern.

Auch die Neu-Inszenierung des Jahres 2005, „Tristan und Isolde“, war die wohl schwächste Inszenierung dieses Werkes in Bayreuth seit 1951. Der Regisseur Christoph Marthaler und seine Bühnenbildnerin Anna Viebrock fertigten die wohl langweiligste Inszenierung an, die man sich für dieses Werk nur wünschen kann. Das ganze Drama spielte in einem einzigen, hallenartigen Raum mit Neonbeleuchtung, der eher an einen unterirdischen, Atombombensicheren Bunker in der ehemaligen DDR erinnerte, in keinem Fall aber die Schauplätze dieses Musikdramas darstellte. Trotz guter Sängerbesetzung kann man da nur verzweifelt den Kopf schütteln und bemerken: Das hat Richard Wagner nicht geschaffen, und diese Wiedergabe hat das Stück nicht verdient. Der Dirigent Eiji Oue erfüllte auch nicht die in ihn gesetzten Erwartungen und kam im nächsten Jahr nicht wieder.

Erwähnenswert war ein Konzert der Bayreuther Festspiele im August 2005 in der Oberfrankenhalle, bei dem alle vier Festspiel-Dirigenten zum Einsatz kamen. Auf dem Programm standen Werke von Richard Wagner, Siegfried Wagner und Franz Liszt.

Herr Toni Schmid, Delegierter aus München, wurde – fünf Jahre nach seinem Auftauchen in Bayreuth – Vorsitzender des Stiftungsrates. Wie er das geschafft hat, entzieht sich meiner Kenntnis, die Erlangung des Vorsitzes in diesem Gremium sollte aber für die Außendarstellung der Bayreuther Festspiele in den nächsten Jahrzehnten größte Bedeutung erlangen.

Eine wohltuende Ausnahme machte im Jahre 2006 die Neu-Inszenierung des „Ring des Nibelungen“ durch Regisseur Tankred Dorst und seinen Bühnenbildner Frank-Philipp Schlössmann. Der Dramatiker Tankred Dorst war eingesprungen, weil der ursprünglich vorgesehene Regisseur Lars von Trier aus nicht nachvollziehbaren persönlichen Gründen seine Mitarbeit aufgekündigt hatte. Es wird heute viel gestritten, ob es besser gewesen wäre, wenn Lars von Trier die Regie übernommen hätte oder ob er den Abwärtstrend bei den Werkentfremdungen noch beschleunigt hätte. So aber bekam Bayreuth einen Ring, der gute und passende Bühnenbilder zeigte, in der Regie allerdings keine Bäume ausriss. Musikalisch hatte der „Ring“ Bayreuth-Niveau. Unter der Leitung von Christian Thielemann sangen und spielten die Darsteller mit Freude.

Die „Ring“-Inszenierung des Jahres 2006 war tatsächlich die letzte Inszenierung, die in Bayreuth – in Bühnenbild und Handlung – „ein komplettes – wie von Wagner hinterlassenes – Werk darstellte“, bis zum heutigen Tage!

Das Jahr 2007 wurde ein unglückliches Jahr für die Festspiele und für die Familie Wolfgang Wagners. Vor allen Dingen aber begann in ihm der gewaltige Umbruch in der Festspielleitung.

Katharina Wagner, nun 29 Jahre alt, die sich in Sachen Regie seit 2002 in Würzburg, Budapest, München und Berlin „versucht“ hatte, durfte nun erstmals in Bayreuth eine Oper ihres Urgroßvaters inszenieren. Sie „verhob sich gründlich“ an den „Meistersingern von Nürnberg“. Ihr gesundheitlich schwer angeschlagener Vater saß mit steinerner Miene im Zuschauerraum – und schwieg. Kein Wunder, hatten ihm schon die zuvor genannten vier Regie-Versuche (wie er sich gegenüber einem engen Vertrauten äußerte) in keiner Weise zugesagt. Es würde den Rahmen dieser Ausarbeitung sprengen, sich ausführlich mit dieser „abartigen Darstellung“ von Wagners humorvollfränkischem Meisterwerk zu beschäftigen. Dieser Regie-Versuch war eine einzige Respektlosigkeit gegenüber ihrem Urgroßvater. Der Schaden, den diese Inszenierung angerichtet hat, ist unermesslich. Nicht genug damit, dass zirka 50 Mitglieder der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth ihre Mitgliedschaft kündigten, nein, der Abwärtstrend in der Nachfrage nach Eintrittskarten, der bereits nach der „Holländer“-Inszenierung von Claus Guth im Jahre 2003 begann, sich nach dem „Schlingensief-Parsifal“ verstärkte, setzte sich in noch stärkerem Maßstab in diesem Jahr fort. Das schien zunächst niemanden zu beunruhigen, noch wurden alle Plätze im Zuschauerraum besetzt. Der für den „Tannhäuser“ dieses Jahres vorgesehene Dirigent Fabio Luisi sagte seine Mitwirkung bei den Festspielen wenige Tage vor Beginn der Proben ab. Er wurde kurzfristig von Christoph Ulrich Meier ersetzt, einem bisher namenlosen Dirigenten.

Das schlimmste Unglück dieses Jahres stand noch bevor: Gudrun Wagner hatte sich Ende November zu einem notwendigen, aber nicht lebensbedrohenden Eingriff ins Klinikum Bayreuth begeben. Die Operation war gut verlaufen, ihr Zustand stabil und trotzdem verstarb sie überraschend in der Nacht zum 28. November, ohne dass dies zunächst bemerkt worden wäre. Erst bei der Früh-Visite stellte man ihren Tod fest. Gudrun Wagner wurde nur 63 Jahre alt. Ihr Mann, Wolfgang Wagner, selbst schwer angeschlagen, stand allein da, die Festspiele waren ohne Führung, da auch niemand anderer Prokura hatte. Zum Glück waren für die Festspielzeit 2008 bereits die richtigen Weichen gestellt, es mussten nur noch wenige Korrekturen erfolgen.


Die Beerdigung Gudrun Wagners auf dem Stadtfriedhof in Bayreuth war gerade vorbei, als bei der Festspiele GmbH und innerhalb der Familie Wolfgang Wagners eine Geschäftigkeit nie dagewesenen Ausmaßes einsetzte, die sich ausschließlich um die Nachfolge Wolfgang Wagners drehte. Wie sich später herausstellen sollte, hatten die ganzen, unter großer Verschwiegenheit ablaufenden Aktivitäten, eindeutig nichts mit der dringend notwendigen künstlerischen Erneuerung, sondern nur mit Machterhalt und Bereicherung zu tun. 

Schon im Dezember 2007 stellte sich heraus, dass möglicherweise nicht mehr eine Einzelperson die Festspiele leiten würde, denn es formierten sich zwei Teams, die diese Position in Arbeitsteilung ausfüllen wollten.

Team I: Katharina Wagner und Peter Ruzicka, Dirigent, Komponist und früherer Intendant der Hamburgischen Staatsoper. 

Team II: Nike Wagner, Tochter Wieland Wagners, und Eva Wagner-Pasquier, Tochter Wolfgang Wagners aus dessen erster Ehe, von ihrem Vater verstoßen und 2001 schon als nicht geeignet abgestempelt.

Nach nur wenigen Wochen allerdings stieg Peter Ruzicka aus dieser Bewerbung wieder aus und Christian Thielemann trat an seine Stelle. Doch auch diese Verbindung hatte nur kurze Zeit Bestand. Möglicherweise haben beide Mitbewerber frühzeitig erkannt, dass sie ihre Vorstellungen, wie man die Festspiele wieder so hochklassig machen könnte, wie sie bis zur letzten Jahrhundertwende waren, mit einer Anfängerin wie Katharina Wagner nicht verwirklicht werden könnten. Christian Thielemann hätte außerdem seine Dirigenten-Tätigkeit bestimmt nicht so stark einschränken wollen. Nun musste sich Katharina Wagner erneut nach einem geeigneten Partner umsehen. Bis zur Jahreswende 2007/2008 hatte sie noch keinen neuen Mitstreiter gefunden.

Unterschwellig kam aber in Bayreuth das immer dichter werdende Gerücht auf, die Nachfolge sei längst entschieden, Katharina Wagner würde ihren Vater beerben – mal ganz von dem noch fehlenden zweiten Partner abgesehen. Es wurden aber auch Stimmen laut, die ebenso eindringlich vor einer solchen Entscheidung warnten. Viele Mitarbeiter der Festspiele hielten Katharina Wagner für absolut nicht geeignet, die Festspiele zu leiten.


Die Festspiele von 2008 und die Geschehnisse um die Einsetzung einer neuen Festspielleitung

 

Wie oben geschildert, gründete Wolfgang Wagner 1985 die Wolfgang Wagner GmbH, die dann zwei Jahre später in die Bayreuther Festspiele GmbH umbenannt wurde, wobei zu vermerken ist, dass Wolfgang Wagner jetzt alleiniger Gesellschafter der Bayreuther Festspiele GmbH war und als Veranstalter der jährlich stattfindenden Festspiele mit Festspielleitervertrag auf Lebenszeit weiterhin fest im Sattel saß. Diese Konstellation wurde zum Ausgangspunkt der heute bestehenden Differenzen zwischen der Festspiele GmbH und der Richard-Wagner-Stiftung.

Um die weiteren Geschehnisse rund um die Festspielleitung, um das Kompetenzgerangel zwischen Wolfgang Wagner und seiner Frau, um die langsame Machtübernahme durch Gudrun Wagner innerhalb der Festspielleitung und um die allmähliche Einmischung der Tochter Katharina in die Geschäfte ihrer Eltern überschaubar darstellen zu können, habe ich noch einmal die gesamten Pressemitteilungen gelesen, die Verlautbarungen der Festspiele GmbH und die „leisen“ Wortmeldungen der Richard-Wagner-Stiftung studiert. Ferner habe ich mir die Aufzeichnungen der Fernsehübertragungen des Senders 3sat vom 31. August 2008 aus dem Bayreuther Rathaus angesehen und mit zahlreichen Zeitzeugen gesprochen.

Im Januar 2008 gingen die Bemühungen, für Katharina Wagner einen geeigneten Partner zu finden, ungebremst weiter. In der Zwischenzeit jedoch wurde zunächst einmal die Bayreuther Festspiele GmbH „zukunftsfähig“ gemacht, d. h. zum Ende der Amtszeit Wolfgang Wagners würde die Festspiele GmbH von einem Gesellschafter auf vier Gesellschafter erweitert.

Die Gesellschaftsanteile Wolfgang Wagners sollten auf die vier neuen Gesellschafter übergehen. Zunächst blieb Wolfgang Wagner noch der Geschäftsführer der GmbH, doch wurde ihm seine Tochter Katharina gleichberechtigt zur Seite gestellt. Diese Maßnahme war wieder ein Indiz für die Absicht Wolfgang Wagners und der Festspiele GmbH, eine solche Konstellation auf Dauer zu zementieren. Nicht genug damit: die Festspiele GmbH gründete eine hundertprozentige Tochtergesellschaft, die „Bayreuther Festspiele Medien GmbH“ (kurz BF-Medien genannt), die als Vertriebsgesellschaft künftige Festspielprodukte verkaufen sollte.

Geschäftsführerin wurde Katharina Wagner. Zur Hauptsache ging es hier um die Vermarktung in Form von Vorführungen der Inszenierungen in den deutschen Kinos, im Fernsehen oder in Großveranstaltungen als Public Viewing z. B. auf dem Bayreuther Volksfestplatz, aber es war auch an die Herstellung von CDs und DVDs gedacht. Sogar der Vertrieb von Erinnerungsartikeln wie Tassen mit dem Autogramm Richard Wagners, Mützen und T-Shirts mit der Aufschrift „Bayreuther Festspiele“ oder Schneekugeln (Inhalt: das verschneite Festspielhaus) usw. sollten zu Geld gemacht werden. Aber – so fragte sich mancher Beobachter der Szene –, wie kann sich denn die BF-Medien GmbH so sicher sein, dass sie auch Aufträge erhält? Antwort: Ganz einfach, es würde dafür gesorgt werden (und das mit hundertprozentiger Sicherheit), dass Katharina Wagner auch Festspielleiterin werden würde. Basta! Damit wären die Aufträge dann gesichert. Geldfluss aus der linken Tasche heraus und gleich wieder in die rechte Tasche hinein! So einfach würde das gehen!
 

Am Rande sei hier vermerkt, dass dieses Geschäftsmodell nicht zum Erbe Richard Wagners gehörte und auch nicht Gegenstand des Auftrags an zukünftige Festspielleiter werden sollte. In der Stiftungsurkunde und in der Satzung der Richard-Wagner-Stiftung ist darüber kein Wort zu lesen.

Um nun die „Wahl“ Katharina Wagners zur Festspielleiterin zu sichern, brauchte man Verbündete, und da sprang Toni Schmid in die Bresche. Er allein konnte das nicht regeln, er nahm dafür den 1. Vorstand der Richard-Wagner-Stiftung, den Regierungspräsidenten von Oberfranken, Herrn Wilhelm Wenning, und den Geschäftsführer der Stiftung, den Bayreuther Oberbürgermeister, Herrn Dr. Michael Hohl, „mit ins Boot“.

Das also war der Beginn einer sich über das ganze Jahr erstreckenden Kette von Verschleierung und Machtsicherung.

Zunächst galt es, Katharina Wagner wieder einen zweiten Partner zu beschaffen. Das wurde „unkompliziert erledigt“, indem der Kultusminister Thomas Goppel Eva Wagner-Pasquier aufforderte, aus der Partnerschaft mit Nike Wagner auszusteigen. Ohne eine weitere Erklärung „wechselte Eva Wagner ins andere Lager“. Etwas später trafen sich die beiden Töchter Wolfgang Wagners, die sich noch nie zuvor begegnet waren, erstmals in ihrem Leben und reichten kurz darauf ein Konzept unter dem Namen „Zukunft Bayreuth“ beim Stiftungsrat ein, dessen Inhalt Schwerpunkte zukünftiger Leistungen der Festspiele auflistete. Dieses Papier war aber nicht das geistige Produkt der beiden Bewerberinnen, sondern es war Monate zuvor von Nike Wagner erstellt worden, als diese noch mit Eva Wagner-Pasquier kandidierte.

Nike Wagner ihrerseits erklärte auch sofort, an ihrer Bewerbung festhalten zu wollen und zu gegebener Zeit auch einen neuen, namhaften Partner präsentieren zu können.

In einem Brief an den Bayreuther Oberbürgermeister Dr. Hohl (der, wie Herr Wenning auch Sitz und Stimme im Stiftungsrat hatte) verwendete ich mich aus tiefster Überzeugung für Nike Wagner, deren Qualifikation und ihre bisherigen Leistungen im Bereich deutscher Kultur sie nach meiner Ansicht zur besten Kandidatin für die Leitung der Festspiele machten. Herr Dr. Hohl antwortete mir in einem kurzen Schreiben mit Datum vom 23. April 2008, das mit den Worten endete: „Ich darf Ihnen versichern, dass der Stiftungsrat die beste Lösung finden wird“. Heute wissen wir, dass eine Entscheidung längst gefallen war! Ich sollte nur „ruhiggestellt“ werden.
 

Am 15. April 2008 veröffentlichte dpa einen Brief Wolfgang Wagners an den Stiftungsrat, der datiert ist auf den 8. April 2008. Herr Wagner spricht in diesem Schreiben jedes einzelne Stiftungsratsmitglied an und beginnt mit den Worten: „Sehr geehrter …“

Es ist daraus nicht abzuleiten, ob Herr Wagner alle Stiftungsräte mit diesem Schreiben beehrt hat. Zum Inhalt: Wolfgang Wagner beruft sich eingangs auf das Ergebnis der Stiftungsratssitzung vom 6. November 2007, in der der Stiftungsrat potenzielle Bewerber aus der Familie Wagner auffordert, eine Bewerbung um die Festspielleitung einzureichen. Danach verwendet er sich für ein Dreierteam, bestehend aus Christian Thielemann, Peter Ruzicka und Tochter Katharina. Danach begrüßte er, dass sich seine beiden Töchter Katharina und Eva näher kennengelernt haben und meint, dass auch diese zusammen mit Christian Thielemann eine gute Festspielleitung abgeben könnten. Die beiden letzten Absätze zitiere ich hier wörtlich: „Sowohl der erstgenannten Variante – eine Bewerbung mit Christian Thielemann, Peter Ruzicka und Katharina Wagner –, aber insbesondere auch einer Bewerbung meiner beiden Töchter für die Festspielleitung würde ich zustimmen. In beiden Fällen wäre ich bereit, die Festspielleitung zu einem angemessenen, von mir zu bestimmenden Zeitpunkt, abzugeben. Ich hoffe, dass ich mit diesen wenigen Zeilen ein deutliches Signal setzen konnte und baue am 29. April 2008 auf einen entscheidungsfreudigen Stiftungsrat“. Ende des Zitats!

Zu diesem Brief, dessen Echtheit von vielen bezweifelt wird, besonders aber zu den zitierten Absätzen, wäre zu sagen:

1. Wer Herrn Wagner gekannt hat, hält es mit größter Wahrscheinlichkeit für nahezu unmöglich, dass er sich mit einem solchen Schreiben an den Stiftungsrat gewandt hat, den er seit Jahren zutiefst verachtete. Es ist auch nicht sein Briefstil.
 

2. Was ist eigentlich aus seiner seit Jahrzehnten fanatisch gepredigten Ansicht, er sehe niemanden im Familienkreise, der die Fähigkeiten mitbringe, um die Festspiele zu leiten, geworden? Hat er das vergessen oder sind seine Töchter plötzlich Ausnahmen dieser Regel geworden?
 

3. Herr Wagner war im April 2008 bereits gesundheitlich so schwer angeschlagen, dass er seine Tochter Eva beim ersten Wiedersehen nach vielen Jahren zunächst nicht erkannt hatte.
 

4. Wurde nicht immer wieder behauptet, Herr Wagner habe keine Bedingungen für seinen Rückzug gestellt?

Im Internet ist dieser Vorgang heute bei „Wikipedia“ folgendermaßen nachzulesen:

Wolfgang Wagner erklärte sich im April 2008 bereit, zu Gunsten seiner Töchter Katharina und ihrer Halbschwester Eva Wagner-Pasquier vom Posten des Festspielleiters zurückzutreten“. Kein Wort von Beratungen des Stiftungsrates über insgesamt zwei vorliegende Bewerbungen, kein Eingeständnis eines eindeutigen Satzungsbruches oder über eine vorgesehene demokratische Abstimmung. Was kam da auf uns zu?

Der Deutsche Kulturrat forderte – so zu lesen in einer Notiz des „Nordbayerischen Kuriers“ vom 17. April 2008 – ein „transparentes Auswahlverfahren“ bei der Entscheidung über die künftige Leitung der Bayreuther Festspiele. Es müssten dieselben Spielregeln gelten wie in jeder anderen Kultureinrichtung, die durch öffentliche Mittel mitfinanziert würde. Der Vorsitzende des Kulturrats Olaf Zimmermann meinte, wenn eine solche Entscheidung, wie sie von Wolfgang Wagner vorgeschlagen worden war, in Bayreuth gefällt werden würde, dann würde dies ein schlechtes Licht auf den gesamten Kulturbereich in Deutschland werfen. Die Bevölkerung müsse den Eindruck erhalten, dass „vordemokratische Auswahlverfahren“ in unserem Lande gang und gäbe seien.

Solche Ermahnungen kümmerten den Stiftungsratsvorsitzenden Toni Schmid überhaupt nicht!

Der nächste Schritt war nun, Wolfgang Wagner zur Kündigung seines auf Lebenszeit befristeten Festspielleitervertrags zu bewegen. Die Kündigung musste bis 30. April bei der Stiftung eingehen, damit am 1. Mai 2008 die in der Stiftungssatzung verankerte Bewerbungsfrist für die Kandidatur um den Festspielleiterposten beginnen konnte, denn die Wahl des neuen Festspielleiters war für den 31. August 2008 vorgesehen. Mit dieser Kündigung tat sich Wolfgang Wagner bekanntlich schwer. Der „Nordbayerische Kurier“ meldete am 28. April, ein Kündigungsschreiben sei bis heute nicht bei der Richard-Wagner-Stiftung eingegangen. Erstaunlicherweise teilte nur einen Tag später – also am 29. April – der Stiftungsratsvorsitzende Schmid mit, „die Kündigung sei in München“ eingetroffen. Wieso in München, der Sitz der Stiftung ist doch Bayreuth? Oder? Hatte Toni Schmid da auch wieder daran gedreht? Am gleichen Tage war auch noch Stiftungsratssitzung in Bayreuth, während der natürlich keine Entscheidung über die Nachfolge Wolfgang Wagners fallen konnte. Die nächste Sitzung wurde dabei auf den 11. Juni 2008 festgelegt.

Ende Mai und Anfang Juni meldeten sich noch zwei gewichtige Stimmen zur Nachfolgefrage, es waren dies der Direktor der Wiener Staatsoper Ioan Holender und der Intendant der Bayerischen Staatsoper, Peter Jonas. Zusammengefasst meinten beide, Bayreuth müsse wieder die Vorbildfunktion in Sachen Inszenierung Wagnerscher Musikdramen übernehmen, man sollte auch Wagners Frühwerke in den Spielplan aufnehmen, es sollten nur renommierte Regisseure beschäftigt werden und keine Anfänger – das Gleiche gelte für Dirigenten. Peter Jonas meinte sogar, wenn Richard Wagner wieder auferstehen würde, er würde gleich aus diesem Theater aussteigen.

Jeder Beobachter der Szene hatte in den Jahren 2007/2008 ja die Information, dass – wenn es so weit sei und der Nachfolger Wolfgang Wagners gefunden werden müsste – der Stiftungsrat diesen Festspielleiter (möglicherweise unter mehreren Bewerbern) suchen, prüfen und in demokratischer Abstimmung wählen würde.

Es bleibt keine andere Option übrig als anzunehmen, dass das Ehepaar Wagner in seinen Überlegungen längst (vielleicht auch auf Drängen Gudrun Wagners) von dieser Herangehensweise abgerückt war, weil damit keine absolute Sicherheit bestand, dass ein Mitglied der Familie Wolfgang Wagners die Festspielleitung hätte übernehmen können.

Von der Stiftung bzw. vom Stiftungsrat war in diesen Sommermonaten des Jahres 2008 nichts zu hören oder zu sehen.

Nein, Toni Schmid und seine Helfer (Herr Wenning und Herr Dr. Hohl) benötigten die Sommermonate um allen Stiftungsratsmitgliedern (außer denen, die der Familie Wagner angehörten) „einzutrichtern“, dass bei der Abstimmung nur um Zustimmung zu Team I (Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier) gebeten werde, da deren Wahl „alternativlos“ sei. Diese Vorgehensweise wurde später von einem Stiftungsratsmitglied, das selbst an der Abstimmung teilgenommen hat, gegenüber einem Mitglied der Familie Wagner absolut glaubwürdig bestätigt.

Mitte August 2008 präsentierte Nike Wagner ihren Partner, der mit ihr zusammen eine Bewerbung um die Leitung der Festspiele eingereicht habe. Es handelte sich bei dieser Person um den weltbekannten belgischen Theatermanager Gerard Mortier.

Ganz kurz muss hier auch auf die Qualifikation und die bisherigen Leistungen der beiden Bewerberteams eingegangen werden.

Team I: Katharina Wagner hatte keinen Studienabschluss in irgendeinem Kunstfach, was ihr bei der Bewältigung dieser doch mit hohem Kunstanspruch versehenen Tätigkeit als Festspielleiterin geholfen hätte. Sie hatte keinerlei Erfahrung in der Leitung eines großen Operntheaters. Einige nicht besonders erfolgreiche Regie-Versuche zeigten alle Tendenzen zum in Mode gekommenen Regie-Theater.
 

Eva Wagner-Pasquier hatte den sehr ehrenvollen Beruf einer Kindergärtnerin erlernt. Dann hatte sie neun Jahre als Assistentin ihres Vaters im Festspielhaus „gedient“, ohne allerdings eine feste Aufgabe zu haben. Nach der „Verbannung“ aus der Familie und aus dem Festspielhaus war sie an verschiedenen Opernhäusern im künstlerischen Betriebsbüro oder anderen der Organisation dienenden Bereichen tätig gewesen, ohne irgendwo länger sesshaft zu werden.
 

Team II: Nike Wagner hatte sich seit über 30 Jahren auf die Übernahme der Verantwortung bei den Bayreuther Festspielen vorbereitet, sie sah sich dort in der Nachfolge ihres Vaters Wieland, der als der große Erneuerer von Bayreuth gilt.
 

Nike Wagner hat über einen längeren Zeitraum zahlreiche verantwortungsvolle Aufgaben bei hochrangigen Kultureinrichtungen übernommen. 2002/2003 begleitete sie als Dramaturgin die „Ring“-Inszenierung von Herbert Wernicke und David Alden an der Bayerischen Staatsoper. 2004 übernahm sie die Gesamtleitung des Kunstfestes Weimar. In ihrem Buch „Wagner-Theater“ setzt sie sich mit dem Werk Richard Wagners auseinander bzw. sie entwickelt eine komplexe Dramaturgie zu den Werken ihres Urgroßvaters.

Der belgische Theatermanager Gerard Mortier ist ein Weltbegriff. Er leitete viele Jahre erfolgreich die Salzburger Festspiele und die Pariser Oper. Er war wohl der beste Branchenkenner und hatte Kontakte zu allen wichtigen Opernhäusern, Intendanten, Dirigenten, Regisseuren, Bühnenbildnern sowie zu Sängerinnen und Sängern. Für seine Leistungen erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, hier einige davon: Ehrendoktorwürde der Universität Salzburg, Großes Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland, Ritter der Ehrenlegion in Frankreich, Erhebung in den belgischen Adelstand eines Barons, Kommandeur des Kronenordens in Belgien u.v.a.m. Gerard Mortier war auch Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.


In Sachen Qualifikation und bisher erbrachte Leistungen war Team II ganz eindeutig und haushoch Favorit für die Nachfolge Wolfgang Wagners als Leiter der Festspiele.

Den Lesern dieser Seiten ist es sicher schon aufgefallen, dass – wenn von Team I die Rede ist – zu keinem Zeitpunkt von der Notwendigkeit, einen künstlerischen Neuanfang zu beginnen, gesprochen worden wäre. Stimmt, die Presse dieser Monate der Jahre 2007/2008 enthält keinerlei Notizen dieser Art, denn solche Informationen hätten ja aus der Presseabteilung der Festspiele kommen müssen.
 

Die nächste Stiftungsratssitzung am 11. Juni 2008 behandelte nur Themen, die mit der Festspielleiterwahl nichts zu tun hatten. Toni Schmid brauchte nur dafür zu sorgen, dass die Stiftungsratsmitglieder erst gar nicht in die Versuchung kommen würden, z. B. nach den Plänen des Teams II zu fragen, eine Diskussion über die Vorzüge oder Nachteile des einen oder anderen Bewerbers zu beantragen, oder eine umfassende Aufklärung über den Stand der Vorbereitungen der Wahl zu fordern.

Die Festspiele des Jahres 2008 eröffneten mit einer Neuinszenierung des „Parsifal“. Regie führte Stefan Herheim, das Bühnenbild schuf Heike Scheele, die Kostüme steuerte Gesine Völlm bei. Dirigent war der Italiener Daniele Gatti. Die musikalische Seite können wir vernachlässigen, denn insgesamt wurden gute Solisten eingesetzt, die trotz der ungewohnten Regie auch darstellerisch gute Akzente setzen konnten. Auch Chor und Orchester boten die erwartete Qualität. Aber das, was auf der Bühne zu sehen war, war nicht „Parsifal“, sondern ein ganz anderes Stück, sowohl im Bühnenbild – das Ganze spielt innerhalb Wahnfrieds und im Wahnfried-Garten. Es ist die Dramaturgie und das Vorhandensein von drei übereinanderliegenden Handlungen, es ist einfach die Regie, die diese Inszenierung ganz eindeutig der Unsitte „Regie-Theater“ zuordnet. Man weiß als Zuschauer dieser Inszenierung überhaupt nicht, wo man sich befindet. Sind da Reste der ursprünglichen „Parsifal“-Handlung zu erkennen, zeigt das Stück die Geschichte des Hauses Wahnfried oder sind wir im Laufe der deutschen Geschichte im Deutschen Bundestag gelandet? Das Ganze wird zusätzlich verwässert durch die Einspielung von stummen Videos, die teilweise nicht einmal etwas mit den aufgezeigten Themen zu tun haben. In dem Ganzen geht natürlich die Musik vollkommen unter und die Kostümierung macht alles nur noch lächerlicher. Manchmal glaubt man, sich auf einem Kostümball im Wien der 1890er-Jahre wiederzufinden, dann befindet man sich in einem Bordell, gleich darauf im Krankenzimmer eines Armee-Lazaretts. Ich frage mich schon, warum die Regisseure innerhalb eines Jahrzehnts in Bayreuth nun schon zum zweiten Mal so rüde mit Wagners letztem Bühnenwerk umgehen? Die Ära Wolfgang Wagner endete mit einem „Regie“-Theaterstück. Was würde zukünftig auf uns zukommen?

Erstmals 2008 wurde eine Vorstellung aus dem Festspielhaus live auf dem Volksfestplatz in Bayreuth übertragen. Im Rahmen des sogenannten Public Viewing hatten die Besucher dort die Möglichkeit, die Vorstellung der „Meistersinger von Nürnberg“ auf einer riesigen Bildwand und mit Unterstützung einer großen Lautsprecheranlagemitzuerleben. Die Presse berichtete anderntags, dass während der fast siebenstündigen Übertragung fast 35.000 Menschen (viele eben nur teilweise) diese Veranstaltung besucht hatten. Für viele Menschen war dies die erste Begegnung mit Wagner. Die Zustimmung oder Ablehnung dieser Art, des großen Komponisten Wagners Werke zu erleben, war gemischt. Einige meinten, es fehlte einfach das Fluidum des Zuschauerraums mit seiner herrlichen Akustik, die anderen meinten, sie hätten sich die „Meistersinger“ ganz anders vorgestellt, im Opernführer würde die Handlung ganz anders beschrieben, wieder andere meinten, wenn ein solches „Event“ im kommenden Jahr wieder veranstaltet würde, kämen sie wieder. (Es gab ja auch reichlich Bier und Bratwürstchen).

Am Vormittag des 28. August 2008 wurde Wolfgang Wagner von der Belegschaft der Bayreuther Festspiele und vielen auswärtigen Gästen aus Politik, Kultur und früheren Weggefährten aus seinem Amt als Festspielleiter verabschiedet. Diesen würdevollen Abschied hatte er zweifellos verdient. Aber es war eine Tortur für Herrn Wagner, dessen Gesundheit so schwer in Mitleidenschaft gezogen war, dass er kaum noch gehen oder stehen konnte. Seine Stimme war ganz ausgeschaltet, er selbst hat kein Wort mehr sprechen können. Trotzdem, seine Verdienste um die Festspiele wurden in zahlreichen Beiträgen sehr gut gewürdigt. Immerhin hatte Wolfgang Wagner die Festspiele insgesamt 57 Jahre geleitet (die ersten 15 Jahre mit seinem Bruder Wieland gemeinsam). Zum Ende der Veranstaltung wurde er im Rollstuhl in sein Wohnhaus zurückgebracht und niemand hat ihn seit diesem Tage – außer den Familienmitgliedern, den Ärzten und dem Pflegepersonal – noch einmal lebend gesehen. Er starb still und friedlich, nur umgeben von Familienmitgliedern am 21. März 2010 in seinem Hause.

Der 31. August des Jahres 2008, war der Tag, an dem die neue Festspielleitung gewählt wurde. Der Kultur-Fernsehsender 3sat sendete live aus dem Bayreuther Rathaus, dort wurde die Wahl durchgeführt. Beide Bewerberteams waren vor Ort, der Stiftungsrat vollständig vertreten.

Toni Schmid eröffnete als Vorsitzender dieses Gremiums die Sitzung.

Team I (Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier), deren Programm-Papier „Zukunft Bayreuth“ dem Stiftungsrat vorlag, wollte keine Erklärung abgeben.
 

Team II (Nike Wagner und Gerard Mortier) trugen ihre Pläne einer zukünftigen Festspielleitung in mündlicher Form vor.

Wie mir der Bayreuther OB, Dr. Hohl zwei Jahre später während eines Gesprächs über das Thema Bayreuther Festspiele mitteilte, habe Herr Mortier in einem fulminanten Vortrag die Pläne und Ziele von Team II dargelegt!
(Da aber die Entscheidung insgeheim bereits gefallen war, dürfte dieses „Zwischenspiel“ keinerlei Eindruck auf die Stiftungsräte gemacht haben).

Es waren seit Eröffnung der Sitzung gerade mal 20 Minuten vergangen – Nike Wagner und Gerard Mortier hatten ihr Konzept vorgetragen, irgendwelche Fragen dazu wurden nicht gestellt, eine Diskussion fand auch nicht statt –, da meinte der Stiftungsratsvorsitzende Toni Schmid, wer dafür sei, dass das Team I (Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier) die Festspielleitung übernehmen solle, der möge die Hand heben. Und damit wurde die schreckliche Befürchtung amtlich: Mit 22 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen wurden die Töchter Wolfgang Wagners zu Festspielleiterinnen ernannt.

Sie stiegen in den zu diesem Zeitpunkt noch gültigen alten Mietvertrag für das Festspielhaus ein, den ihr Vater 1990 mit der Richard-Wagner-Stiftung abgeschlossen hatte. Und damit erhielten sie auch „künstlerische Freiheit“! In einem einzigen Punkt hatte man möglicherweise – so schien es damals – richtig gedacht: Nach Ansicht des damals im Bundeskanzleramt für Vertragsangelegenheiten zuständigen Beamten, Herrn Knut Nevermann, sollten die beiden Festspielleiterinnen einen ersten Vertrag über fünf Jahre erhalten (es wurden dann sieben Jahre daraus). Während der Laufzeit dieses Vertrags sei man dann ja frei zu entscheiden, ob der Vertrag verlängert wird oder ob man sich um eine neue Leitung kümmern muss, so Knut Nevermann im Jahre 2008. Genau darum wird es im letzten Kapitel meines Berichtes gehen. Festspiele GmbH oder Stiftung? Wer hat hier das Sagen, wer bestimmt oder wählt den Festspielleiter?
 

Nach Abschluss der Sitzung gab es eine Pressekonferenz, auf der die beiden Gewählten nichts Neues zu verkünden hatten. Sie teilten lediglich mit, dass Eva Wagner-Pasquier für die Besetzungen sorgen und für künstlerische Belange zuständig sein soll, natürlich immer in Absprache mit ihrer Halbschwester, Katharina würde sich um Marketing, Presse und Öffentlichkeitsarbeit kümmern. Eine Einladung des Fernsehsenders 3sat, vor die Kameras zu treten, schlugen sie aus, weil dort auch die Kulturkritikerin der FAZ, Frau Julia Spinola, erscheinen würde, deren Anwesenheit sie nicht mochten, weil sie gelegentlich unangenehme Fragen stellte. Stattdessen erschienen dort der damalige Vorsitzende der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth, Herr Karl Gerhard Schmidt, und der Bayreuther Oberbürgermeister Dr. Hohl, Geschäftsführer der Richard-Wagner-Stiftung. Beide Herren hatten auch Sitz und Stimme im Stiftungsrat. Etwas blieb in deren Aussage ungeklärt, denn sie berichteten darüber, dass der Stiftungsrat nach dem Vortrag von Herrn Mortier noch eine Stunde lang beraten habe, welchem Team die Festspielleitung übertragen werden sollte. Man habe sich dann für die beiden Töchter Wolfgang Wagners entschieden. Eva Wagner habe große Opernerfahrung, außerdem habe sie ja viele Jahre mit ihrem Vater im Festspielhaus gearbeitet. Katharina Wagner kenne das Werk Wagners und den Festspielbetrieb. Dazu wäre zu sagen: Katharina Wagner hat nicht einmal den Auftrag der Stiftung verstanden. Sie kennt auch das Werk nicht, da sie die Historie des Unternehmens nicht interessiert. Der Beweis für meine Behauptung ist die Berufung der Regisseure, die sie in den dann folgenden 13 Jahren ihrer bisherigen Leitungs-Verantwortung verpflichtet hat. Darüber wird noch zu berichten sein. Es tut mir leid sagen zu müssen, dass die Herren Schmidt und Dr. Hohl wirklich keinerlei Wissen über die Abläufe in einem Operntheater haben. Von der Moderatorin befragt, beteuerten beide, dass das Ergebnis der Wahl sie selbst überrascht habe und sie wiesen die Vermutung, dass dieses Ergebnis abgesprochen sei, weit von sich. Zum Schluss meinte Herr Dr. Hohl, jetzt würde in Bayreuth alles besser werden. Anmerkung: Was alles in Bayreuth hätte besser werden sollen, haben wir bis heute nicht erfahren. Die wohl wichtigste Verbesserung, eine künstlerische Erneuerung, war wohl nicht eingeplant, denn davon war nie die Rede.

Abschließend erschienen vor der Kamera der Münchner Theaterwissenschaftler und Autor verschiedener Bücher über Wagner und Bayreuth, Jens Malte Fischer, und die schon angesprochene FAZ-Journalistin Julia Spinola. Beide hielten den Wahlausgang zu Gunsten der beiden Töchter Wolfgang Wagners für kein gutes Omen für das zukünftige Erscheinungsbild der Festspiele. Jens Malte Fischer war aufgefallen, dass in allen Verlautbarungen nur die Rede von Öffentlichkeitsarbeit, von Sponsoring und Marketing die Rede war, die Worte Dramaturgie (die berühmte „Bayreuther Dramaturgie“) oder künstlerischer Neubeginn dagegen überhaupt nicht vorkamen. Herr Fischer meinte sogar, wer Gerard Mortier zurückweise, brauche schon sehr gute Argumente. Nike Wagner, die Mitunterlegene hielt die ganze Veranstaltung für ein äußerst „unwürdiges Procedere“, wünschte aber ihren Cousinen trotzdem viel Glück bei der Bewältigung der großen Anforderungen und sagte abschließend:

 „Ich bin zwar traurig über die Niederlage, aber verloren hat vor allen Dingen Bayreuth.“ (Eine weise Voraussage).

Die Kritik am Ausgang der Wahl war vielfältig. So äußerte sich z.B. der Direktor der Wiener Staatsoper, Ioan Holender: „Der Stiftungsrat habe in einer „Geschlossenheit wie das Zentralkomitee der nordkoreanischen KP“ abgestimmt. Holender nannte das gesamte Auswahlverfahren samt Konzepteinreichung und 20-minütiger Vorsprache „lächerlich“ und sowohl für die Kandidaten als auch für die Bayreuther Festspiele „entwürdigend“.

Um es auf den Punkt zu bringen:
Für Bayreuth und seine Festspiele war dieses Ergebnis der absolute Supergau!

Die Politik hatte sich eingemischt und über die Kultur gesiegt. Toni Schmid, der Eindringling aus München, hat alles zerstört!

Nach den Richtlinien der Stiftungssatzung war die Entscheidungsfindung und das Ergebnis im Sinne dessen, dass bei der Wahl die bestmögliche Festspielleitung beauftragt werden sollte, eine krasse Fehlentscheidung!

Hier stand die eigentlich völlig überflüssige und in Sachen Leitung eines Theaterbetriebs unerfahrene „Bayreuther Festspiele GmbH“ und die „BFMedien GmbH“, dort die kaltgestellte „Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth“, die durch Mitverschulden ihres Vorstands und ihrer Geschäftsführung um das Recht, den Festspielleiter demokratisch zu wählen, betrogen worden war.

Hier war Toni Schmid Vorsitzender des Verwaltungsrates, dort war er Stiftungsratsvorsitzender. Beide Institutionen wurden kontrolliert und manipuliert durch ein und dieselbe Person, durch Toni Schmid.

Und nun standen sie da, die unerfahrenen und völlig überforderten Festspielleiterinnen, am Tag nach der Wahl, ohne richtiges Programm, ohne eine wohldurchdachte Prioritätenliste und ohne künstlerische Visionen. Dafür aber hatte ihnen Toni Schmid bereits den ersten Auftrag erteilt: Sie sollten fleißig neue Sponsoren gewinnen. Das aber – so sollte sich herausstellen – ist leichter gesagt als getan. Im Gegenteil: auf diesem Gebiet traten bald erste schwere Rückschläge ein. Siemens stieg aus der Festspielförderung 2012 aus, Audi wenige Jahre später. Damit fehlten im Budget bereits 1,6 Mio. Euro.

Katharina Wagner eilte am 1. September 2008 nach Bremen, um einen RegieAuftrag (die Oper „Rienzi“, ein Jugendwerk ihres Urgroßvaters) zu beginnen und – wie sich bald zeigte – ihren insgesamt sechsten Inszenierungs-Flop hinzulegen.

Ihre Halbschwester Eva begann ihren Dienst im Festspielhaus, in dem sie zuletzt vor 32 Jahren einmal die Assistentin ihres Vaters gewesen war. 

Mit Datum vom 4. September 2008 erschien ein Gespräch mit Katharina Wagner im „Nordbayerischen Kurier“, das sie mit der „Berliner Morgenpost“ geführt hatte. Ein sehr aufschlussreiches Gespräch. Zu Beginn stellt sich aber doch die Frage, warum nicht mit beiden Festspielleiterinnen gesprochen wurde, es betraf doch die Aufgaben beider Leiterinnen? Einleitend kündigte Katharina Wagner „eine flexible, weniger patriarchenhafte“ Festspielleitung an.

Es wird in Bayreuth jetzt auch „keine Nacht der langen Messer geben“, fügte die erst 30-jährige Urenkelin Richard Wagners noch hinzu. Hierzu wäre zu sagen: Sie kündigte einigen, sehr wichtigen Mitarbeitern, deren Rat für die reibungslose Übernahme der Festspielverantwortung sie sehr dringend bedurft hätte. Um diese Leute los zu werden, musste sie Ablösesummen von insgesamt fast 300.000 Euro hinblättern.

Sie kündigte eine größere Öffnung der Festspiele in die Medienöffentlichkeit an. Ihre Worte: „Ich bin für Transparenz total“. Bayreuth solle ein „sympathisches Festival werden“. Auch hierzu: Weniger Öffentlichkeit ist fast nicht mehr möglich. Die Abkapselung ist sogar optisch wahrnehmbar. Als Folge einer (angeblichen) Bombendrohung ließ Frau Wagner um den gesamten Bereich der Nebengebäude einen stabilen Metallzaun errichten. (Das Dorf in der Stadt).

Die bisherigen Publikationen, wie z. B. das große Festspielbuch, entfielen ab 2008. Lediglich die Programmhefte, die bis auf ein paar mittlerweile großformatige Fotos der Inszenierungen keinen künstlerischen Wert besitzen (man kann sie nicht einmal aufgeklappt hinlegen), sind geblieben. Am Jahresende gab man nun ein dünnes Heftchen heraus, in dem zwar nichtssagend der nächstjährige Spielplan und die voraussichtlich mitwirkenden Künstler des kommenden Jahres zu finden waren. Dann gab es aber noch eine DVD-Beilage mit „Beiträgen aus dem Festspiel-Podcast des abgelaufenen Jahres“. Als dafür verantwortlicher Pressechef hätte ich mich geschämt, diese von ständiger Werbung unterbrochenen Informationen als von den „Bayreuther Festspielen stammend“ auszugeben. Mehr Informationen gibt es bisher nicht. Mittlerweile wird zur Festspielzeit nicht mal mehr ein Mitwirkenden-Verzeichnis herausgegeben. Auch das Thema „Aufarbeitung der Familiengeschichte – welche Verbindungen hatte die Familie Wagner zu den Nazi-Größen“ – wurde angeschnitten. Hier versprach Frau Wagner Bewegung. Geschehen ist bis heute nichts, es ist auch mittlerweile fast überflüssig.

Katharina Wagner räumte ein, dass die Besetzungen hochklassiger werden müssten. So z. B. verhandle man für die „Lohengrin“-Inszenierung im Jahre 2010 noch mit dem „Traum-Schwanenritter“. Anmerkung: Der „Traum-Schwanenritter“ war Jonas Kaufmann, er kam auch, sang drei Vorstellungen und meldete sich krank. Die restlichen drei Vorstellungen sang Klaus Florian Vogt den Lohengrin (Nordbayerischer Kurier). Jonas Kaufmann wurde mit Bayreuth bis heute nie mehr in Verbindung gebracht. Man sprach auch über den Regisseur der nächsten „Ring“-Inszenierung im Jubiläumsjahr 2013. Da sei noch keine Entscheidung gefallen. Sie nannte ein paar Namen, die alle nicht in Frage kämen, verschwieg aber, dass mit Wim Wenders verhandelt würde. Das aber zerschlug sich wegen geringfügiger finanzieller Differenzen. Gerade mit Wim Wenders, der parallel zur „Ring“-Inszenierung noch einen großen Film drehen wollte, hätte Bayreuth einen künstlerischen Erfolg und eine weltweite, kostenfreie Werbung für die Stadt verbuchen können. Stattdessen musste Frank Castorf erscheinen, darüber wird man noch sprechen müssen. Sie fügte aber noch an, dass Bayreuth bis 2013 wieder der „unstrittige Mittelpunkt der Wagner-Welt sein würde“. Welche Naivität steckt in dieser Aussage? Hätte sie da bloß Recht behalten, dann müsste ich diesen ganzen Artikel nicht schreiben!

Ich füge noch an, dass Katharina Wagner einfach keinen Zugang zur Branche hat. Wieland und Wolfgang Wagner luden jeweils die besten Sänger für die zu besetzenden Partien ein – und sie kamen, um mit ihresgleichen jede einzelne der Vorstellungen zu etwas ganz Besonderem zu machen.

Katharina Wagner kam also im September aus Bremen zurück und hat sich gleich darangemacht, alles „über den Haufen zu werfen“, kein Stein blieb auf dem anderen. Und so ergaben sich Probleme, die teilweise bis heute nicht behoben sind. Für 2009 war keine Neuinszenierung vorgesehen, was hätte man in diesem Jahr nicht alles sinnvoll verändern, ergänzen, verbessern können! Sie übernahm einen strukturierten und organisierten Opernbetrieb (sofern man das von einem Operntheater behaupten kann, das nur drei Monate pro Jahr betrieben wird und dessen künstlerischer Betrieb immer wieder neu hochgefahren werden muss).

Die Festspiele hatten zu dieser Zeit zirka 60 Fachkräfte sehr verschiedener

Berufe (Verwaltungsangestellte, Handwerker mit jahrelanger TheaterErfahrung, Presseleute, Reinigungspersonal usw.) in Festanstellung. Auch waren einige Vorstände wie z.B. die Leiter der Kostümabteilung und der Maskenbildnerei sowie ein Assistent der Festspielleitung vertraglich gebunden. Was hätte nähergelegen, einmal Bilanz zu ziehen und alle die nützlichen Dienste in die neu zu strukturierenden Abläufe zu integrieren? Es kamen aber keine neuen Strukturen. An Motivation hat es dem Personal nie gefehlt, das weiß ich noch aus eigener Erfahrung.

Die zuvor genannte Aufgabenteilung der beiden Festspielleiterinnen ist in dieser Form – wie sie bei der Pressekonferenz am 8. September 2008 angekündigt worden war – nie in Gang gekommen. (Eva Wagner-Pasquier hatte nicht den Mut, sich durchzusetzen, sie stand sehr stark unter dem dominanten Einfluss ihrer Halbschwester). Die beiden Damen hatten auch niemanden, den sie mal um Rat hätten fragen können. Die Mitglieder des Verwaltungsrates waren entweder nicht vor Ort oder – wie Toni Schmid – hatten keine Ahnung von Opernbetrieben. Außerdem: Rat von anderen anzunehmen, ist Katharina Wagners Stärke nicht! Es wurde also munter drauflosgewirtschaftet. Die Presse, die das zum Teil mitbekam, berichtete über jeden erkannten Fehler, ja, sie walzte ihn richtiggehend aus. Katharina Wagners Hauptsorge in den ersten beiden Jahren galt ohnehin dem Erfolg der Tochtergesellschaft BF-Medien GmbH, weiß ein ehemaliger Mitarbeiter zu berichten.

Ursprünglich wollte ich an dieser Stelle eine Reihe von Entscheidungen auflisten, die die beiden Festspielleiterinnen im Laufe der Jahre ab 2009 getroffen hatten und die fast alle nichts zu einer Verbesserung der Arbeitssituation bzw. des auf der Bühne bei den kommenden Vorstellungen sichtbar gewordenen Ergebnisses beigetragen haben. Nach Sichtung und Priorisierung dieser ungezählten Fehlschläge (sie würden weitere sieben bis acht Blätter füllen) verzichte ich darauf, zumal dies schon x-mal geschehen ist. Auf Wunsch kann eine solche Auflistung an dieser Stelle hinzugefügt werden.

 

Die Festspiele von 2010 bis 2021
 

Wer geglaubt oder gehofft hatte, mit dem Wechsel der Festspielleitung würde die Nachfrage nach Eintrittskarten wieder steigen, wurde sehr enttäuscht, denn der Winkel in der Abwärtsbewegung blieb gleichbleibend steil. Gestiegen sind nur die Eintrittspreise.

Die Festspielleiterinnen hatten – jedenfalls nach außen hin – nichts Sichtbares oder Spürbares positiv verbessert, Herr Toni Schmid zog die Fäden und damit erschien dann im Juli 2010 die erste Neuinszenierung ihrer Regentschaft mit der romantischen Oper „Lohengrin“. Diese Inszenierung war die erste von insgesamt 13 Werken (die vier „Ring“-Opern einzeln gerechnet), die auf den Spielplänen, den Eintrittskarten, den Programmheften oder dem Tagesbesetzungsblatt usw. die Aufschrift eines Wagnerschen Bühnenwerks trugen, das aber auf der Bühne gar nicht stattfand. Nein, sehr geehrte Leser, Sie haben sich nicht verlesen! 

In diesem zweiten Jahrzehnt ist auf der Bayreuther Bühne bis heute kein Musikdrama von Wagner aufgeführt worden. Den Gesamtkunstwerken fehlen die zu den Texten und zur Musik gehörenden Handlungen. Was Sie dort erleben, sind die jetzt in Mode gekommenen „Regie“-Theaterinszenierungen – Fantasiegeschöpfe!

Was der Zuschauer jetzt zu sehen bekommt, sind die Ausgeburten von Jungregisseuren, von Profilierungssüchtigen oder puren Angebern, denen von der Festspielleitung die Gelegenheit gegeben wird, ihre kranken Fantasien auszuleben. Nein, ich habe mich nicht geirrt und die einigen hunderttausend Besucher der letzten Jahrzehnte, die immer alles darangesetzt haben, eine der begehrten Karten für eine Vorstellung in Bayreuth zu ergattern, sind maßlos enttäuscht und kommen nicht mehr.

Bis jetzt habe ich ja nur meine Gedanken in chronologischer Reihenfolge niedergeschrieben, ab hier spreche ich Sie, sehr geehrte, oberste Entscheidungsträger der Gesellschafter, Sie, sehr geehrte Mitglieder des Vorstands der Richard-Wagner-Stiftung und deren Geschäftsführer, und Sie, sehr geehrte Mitglieder des Verwaltungsrates der Bayreuther Festspiele GmbH, direkt an!

Ich bitte Sie sehr, fühlen Sie sich ruhig angesprochen, ich drücke mich so verständlich aus, wie das überhaupt möglich ist:
Wer auch immer Herrn Toni Schmid beauftragt hat, die Festspielleitung – so wie sie sich heute präsentiert – zu installieren, wer geduldet oder gefördert hat, dass der Stiftungsrat entmachtet wurde, der hat es sich sehr leicht gemacht mit dieser Entscheidung, da er nichts von dem verstanden hat, was seit Beginn des 21. Jahrhunderts mit den Bayreuther Festspielen geschehen ist.

Was hat sich Herr Schmid, der in seiner Funktion als Stiftungsratsvorsitzender – mit diesem Gremium zuständig für die Wahl des Festspielleiters – dabei gedacht, als er zunächst zusammen mit dem Vorstand und der Geschäftsführung der Richard-Wagner-Stiftung dafür gesorgt hat, dass der Stiftungsrat gar nicht erst in Erscheinung trat, um dann in maßloser Selbstüberschätzung die „alternativlos“ und „einzig dafür geeigneten“ Töchter Wolfgang Wagners mit der Festspielleitung zu beauftragen? Wie hat Toni Schmid denn diese Eignung festgestellt? Hat er sich denn die Mühe gemacht zu ergründen, wie der dringend erforderliche künstlerische Neuanfang bewerkstelligt werden sollte? Es war doch schon 2008 klar erkennbar, dass das Stammpublikum in steigendem Maße von Bayreuth abrückte. Hat Toni Schmid gewusst, wie die Inszenierungen ab 2010 aussehen würden? War er sich darüber im Klaren, was die beiden Festspielleiterinnen mit der ihnen gewährten „künstlerischen Freiheit“ anfangen würden? Wenn ja, dann wusste er, dass die Besucher zukünftig nicht mehr Wagners Werke – so wie sie uns der Komponist überlassen hat – zu sehen bekommen? Hat er die bis 2008 schon sehr stark nachlassende Kartennachfrage berücksichtigt?

Kurz vor der am 31. August 2008 stattgefundenen „Festspielleiter-Bestimmung“ war die schon bestehende Bayreuther Festspiele GmbH von einem auf vier Gesellschafter erweitert worden. Haben sich die zuständigen Entscheidungsträger dieser nun erheblich vergrößerten und mit gewaltigen Aufgaben betrauten Gesellschaft denn gar nicht mal darum gekümmert, wie das in Bayreuth nun zukünftig ablaufen soll (oder würde)? Wie konnte es geschehen, dass zwei sich bewerbende Teams nicht qualitativ bewertet wurden, bzw. dass nicht erkannt wurde, dass jedes Opernhaus der Welt Bayreuth um Nike Wagner und Gerard Mortier beneidet hätte, wären diese beiden Theater-Fachleute aus dem Vergleich der Bewerber als Sieger hervorgegangen? Wie war es möglich, dass nicht der Stiftungsrat den Festspieleiter demokratisch ermittelt und gewählt hat, sondern dass Herr Schmid mit seinen Helfern (wie oben dargelegt) die Geschäftsführerin der Bayreuther Festspiele GmbH Katharina Wagner einfach so zur Festspielleiterin bestimmte? War er sich tatsächlich nicht der Konsequenzen bewusst, die da auf die Außendarstellung der Festspiele zukommen würden?

Kehren wir zurück zum „Lohengrin“ des Jahres 2010, der dramaturgisch in den Betrieb eines Ratten-Versuchslabors umgeschrieben wurde, sehen wir uns den „Tannhäuser“ des Jahres 2011 an, der uns in der neuen Handlung in eine Biogas-Anlage entführte (einschließlich des Gestanks) und berücksichtigen wir mal den „Fliegenden Holländer“ des Jahres 2012, der die Arbeit einer Packstation eines Ventilator-Herstellers schildert, der seinen Betrieb in einer von glitzernden Stahlrohren umgebenen Halle aufgebaut hatte, und fragen wir mal Herrn Schmid, ob er nicht spätestens nach diesen drei totalen Fehlschlägen hätte zur Einsicht kommen müssen, dass die Berufung der beiden Wagner-Töchter eine Fehlentscheidung war?

Wir befinden uns jetzt im Herbst 2012. Wäre jetzt nicht zwingend notwendig gewesen, die nötigen Schritte zu tun, um ab 2015 einen besseren Festspielleiter zu präsentieren? Hatte Toni Schmid nicht längst vernommen, dass mit dem im Jahre 2013 auf uns zukommenden „Ring des Nibelungen“ in der Inszenierung durch Frank Castorf die nächste Katastrophe ins Haus stand? Hatte er nicht mitbekommen, was die Festspielleiterin einem Journalisten 2011 geantwortet hatte, der bei der Bekanntgabe, Herr Castorf werde den „Ring“ 2013 inszenieren, folgende Frage gestellt hatte: „Herr Castorf hat noch nie eine Oper inszeniert und Noten kann er auch nicht lesen. Wie soll dieser Mann sich mit seiner Regie durch die Partitur hindurcharbeiten, wenn er die Musik nicht kennt?“ Katharina Wagner antwortete: „Ach, mit der Musik wird er schon irgendwie zurechtkommen!“ Das ist die Antwort der Festspielleiterin der bedeutendsten und ältesten Musikfestspiele der Welt, selbst ein Mitglied der Familie Wagner!

Hätte Toni Schmid nicht schon im Herbst 2012 – wie von verschiedenen Personen laut angedacht – die Festspielleiterstelle ausschreiben können? Warum musste sich Bayreuth mit der schlechtesten Lösung weiter herumschlagen? Ich selbst habe 2010 mit Herrn Dr. Hohl und Anfang 2013 mit Herrn Wenning genau über dieses Thema gesprochen. Sie hätten doch die Notbremse ziehen können. Gewiss, es hätte einen riesigen Aufruhr bedeutet, aber es wäre um die Qualität der Aufführungen und um die Glaubwürdigkeit der handelnden Gremien gegangen. Längst hätte der Stiftungsrat „grunderneuert“ werden müssen, so wie z.B. Frau Iris Wagner, Stiftungsratsmitglied und Vertreterin der Stifterfamilie Wieland Wagner, schon 2012 in einem Brief an Herrn Wenning angeregt hatte, den ich hier – auszugsweise – noch einmal wörtlich zitiere:

Die Aufgabe und Darstellung der Stiftung ist von nationaler Bedeutung, die nur durch ein leidenschaftliches und kompetentes Engagement aller Stiftungsratsmitglieder angemessen zu bewältigen ist. Die Stiftung bedarf der personellen und strukturellen Erneuerung. Nicht schweigendes Desinteresse von beamteten Funktionsträgern, sondern der Diskurs von Kulturfachleuten sollte in künftigen Stiftungsratssitzungen vorherrschen.“ Ende des Zitats.

Um es auf den Punkt zu bringen: Es wurde nicht einmal versucht, alle Stifter, Gesellschafter und Förderer, die im Stiftungsrat vertreten sind, dazu zu bewegen, Vorschläge für eine fachlich bessere personelle Vertretung im Stiftungsrat einzuleiten. Es wurde von Herrn Schmid auch keine Ausschreibung der Festspielleiterstelle veranlasst, es wurde weder die Ämterhäufung (Mitglied im Verwaltungsrat und gleichzeitig auch Mitglied des Stiftungsrates) behoben, noch wurde Herr Schmid in seine Schranken verwiesen. Nein, stattdessen konnte er – in wessen Auftrag auch immer – in aller Ruhe einen Folgevertrag mit Katharina Wagner für die Jahre 2015 bis 2020 aushandeln, und auch hier kam ein beratender Stiftungsrat nicht zum Zuge. Wer hat diesen Vertrag eigentlich unterschrieben? Es ging ausschließlich um den Machterhalt für die Nachfahren der Familie Wolfgang Wagners.

Der Jubiläums-„Ring“ des Jahres 2013 hatte selbstverständlich mit Wagners (in mythischen Zeiten spielendem) Ring nichts gemeinsam. Jetzt spätestens hätte der Stiftungsrat aufbegehren müssen. Er wurde auch jetzt nicht zu Beratungen eingeschaltet, die in die Suche nach einer neuen Festspielleitung geführt hätten. Außerdem äußerte sich Toni Schmid in einem Interview zur Wahl des Festspielleiters folgendermaßen: „Die Bayreuther Festspiele GmbH hat mit der Richard-Wagner-Stiftung nichts zu tun, die Stiftung vermietet lediglich das Festspielhaus, das ist alles!“
 

Um diesen Machterhalt zu vereinfachen, strengte Toni Schmid den Abschluss eines neuen langfristigen Mietvertrages für das Festspielhaus zwischen der Eigentümerin, der Richard-Wagner-Stiftung, und der Festspiele GmbH an. Mit dem Abschluss dieses Vertrages wäre man dann über eine Generation hinweg von der Frage nach der Anmietung des Festspielhauses befreit. Nach einigem Gerangel ist es ihm auch gelungen, einen Mietvertrag über eine Laufzeit von 20 Jahren (beginnend 2020) durchzusetzen, in dem der Vermieter über die gesamte Laufzeit kein Kündigungsrecht hat. Begründet wurde die Notwendigkeit der langen Laufzeit mit der Gestellung von Sicherheiten für die hohen Kosten der Sanierung der Festspielgebäude. (Kosten, deren endgültige Höhe bis heute nicht genau ermittelt sind, außerdem könnte die Festspiele GmbH solche hohen Summen niemals garantieren). Ein Einspruch der Nachfahren Wieland Wagners gegen diesen Vertrag wies das Landgericht Bayreuth ab.

Im Jahre 2014 gab es keine Neuinszenierung, 2015 dann eine Neuinszenierung von „Tristan und Isolde“, Regie: Katharina Wagner. Christian Thielemann, der Dirigent dieser Inszenierung, wurde nun zusätzlich vertraglich Musikdirektor der Festspiele. Einmal eine gute Entscheidung. Herr Thielemann ist ein erfahrener Operndirigent, der zum Thema Besetzungen sicher gute Ratschläge geben kann. Weiter ging es 2016 mit einer „Parsifal“-Inszenierung, 2017 dann mal wieder eine Neuinszenierung der „Meistersinger von Nürnberg“, Regie Barrie Kosky, 2018 dann ein neuer „Lohengrin“ und 2019 der „Tannhäuser“ in der Inszenierung von Tobias Kratzer.

Die Bühnenhandlungen auch dieser Inszenierungen haben mit Wagners Überlieferungen nichts zu tun. Man muss nur die Dramaturgen in Ruhe machen lassen, sie erfinden neue Krimis, die dann – unpassender Weise – mit Wagners Texten versehen werden. Damit wird der Schaden nur noch größer, weil die nicht passenden Handlungen durch den Gebrauch der Wagnerschen Texte direkt lächerlich wirken. Eine Besprechung dieser Aufführungen ist nahezu unmöglich, es gibt keine Bezüge zu Wagners Werken, keine Vergleiche, es macht einfach nur betroffen und hoffnungslos.
 

Nur wenige Bemerkungen zu den Aufführungen von 2015 bis 2019:

Katharina Wagners „Tristan und Isolde“ wurde von der Premiere 2015 bis zur letzten Aufführung 2019 vorwiegend mit Buhrufen bedacht. Das menschliche Drama dieser drei in enger Beziehung stehenden Hauptpersonen erstickte in Technik und Licht. Kaum war die Premieren-Vorstellung vorbei, als auch schon verkündet wurde, Toni Schmid bereite schon wieder einen neuen Vertrag mit Katharina Wagner von 2020 bis 2025 vor. Auch diesmal keine Beratung des Stiftungsrates, keine andere Person, die sich beworben hätte.
 

Und wieder meldet sich keiner der Gesellschafter, um mal zu prüfen, warum

Katharina Wagner Festspielleiterin bleibt? Warum? Auch der Vorstand der Richard-Wagner-Stiftung erhebt keinen Einspruch dagegen, dass der Stiftungsrat schon wieder nicht beteiligt wird. Man duckt sich einfach weg.

Das große Bühnenweihfestspiel „Parsifal“ wurde in der Inszenierung von 2016 zur Kammeroper herabgestuft. Hatte die Festspielleitung ursprünglich den „Performancekünstler“ Jonathan Meese als Regisseur verpflichtet, der nach entschiedenem Protest der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth wieder ausgeladen wurde, so hat der Ersatzregisseur Uwe Laufenberg ebenfalls nicht das richtige Rezept für dieses große Bühnenwerk gefunden.

Ganz schlimm wurde es bei den „Meistersingern von Nürnberg“ 2017, Regie: Barry Kosky. Wieder einmal eine Inszenierung, die mit einem Vorspiel begann, dem eine Handlung zugewiesen wurde, obwohl Wagner keine überliefert hat. Außer, dass diese Vorspielhandlung die Entstehungsgeschichte der Oper abbilden sollte (sie spielte im großen Saal des Hauses Wahnfried), diese aber zeitlich der falschen Epoche zugewiesen wurde, nimmt man dem Zuschauer die Möglichkeit, sich genussvoll und besonnen in die musikalische Thematik der Komposition einzuhören. Zum ersten Akt bleibt das gleiche Bühnenbild bestehen, was wiederum falsch ist, weil der erste Akt in der Katharinenkirche spielt, der 2. und der 3. Akt spielen dann – laut Barry Kosky – im Gerichtsaal Nr. 600 des Nürnberger Amtsgerichtes, in dem die Kriegsverbrecherprozesse der alliierten Siegermächte des 2. Weltkriegs durchgeführt wurden. Eine Geschmacklosigkeit! Bis heute habe ich noch niemanden getroffen, der für diesen widerlichen Einfall eine einleuchtende Erklärung gefunden hat. Die ganze Poesie des Wahn- oder Fliedermonologs ist dahin, und zum Schluss singt dann Hans Sachs auf leerer Bühne – dem Publikum zugewandt – „Verachtet mir die Meister nicht und ehrt mir ihre Kunst“! Ein Mitglied des Verwaltungsrates der Festspiele GmbH, mit dem ich schriftlichen und telefonischen Kontakt hatte, bezeichnete die Inszenierung als einen großen Erfolg. Meine Frage, wie er zu dieser Einschätzung gelangt sei, beantwortete er mit den Worten: „In der Generalprobe geschah etwas, das es bei den Festspielen noch nie gegeben hatte. Die Zuschauer standen nach dem Schließen des Schlussvorhanges auf, wendeten sich dem Regiepult in der Saalmitte zu und applaudierten dem Regisseur“. Dazu konnte ich nur sagen, dass dies die wenigen Besucher waren, die keine einzigartige Vorstellung sehen wollten, sondern lediglich ein „Event“ besuchten. Je wilder die Regie, umso besser! Ist das nun das Bayreuth, an welches man sich gewöhnen muss?

Kommen wir zum „Lohengrin“ von 2018: Vor einem über das ganze Stück erhaltenen blauen Hintergrundprospekt wird mit Möbeln, technischen Vorrichtungen und obskuren Requisiten herumhantiert, die mit der romantischen Oper „Lohengrin“ nichts zu tun haben. Schwere Entgleisungen in der Regie und ein Brautgemach, ausgestattet als Folterkammer, verderben dem Besucher die ganze Freude am Besuch dieser Oper. Einziger Lichtblick: Piotr Beczala, der polnische Tenor in der Rolle des Lohengrin, ein wahrer Genuss. Er war der Ersatzmann für den vorgesehenen Roberto Alagna, der nicht rechtzeitig mit der deutschen Sprache zurechtkam.
 

Das Jahrzehnt der Entgleisungen endet 2019 mit einer neuen „Tannhäuser“-Inszenierung von Tobias Kratzer. Hierzu findet man kaum noch Worte. Vom ersten Takt des Vorspiels, das selbstverständlich auch wieder eine absurde Handlung erhielt, bis zum endgültigen Schluss der Oper – eine einzige Aneinanderreihung von Blödsinn. Der Regisseur baute auch zwei stumme Mitwirkende ein (einen kleinwüchsigen Mann und einen Transvestiten schwarzer Hautfarbe), die beide – wie Falschgeld – durch das ganze Stück wuseln. Ich weigere mich, dazu in die Details zu gehen und ich verstehe auch die Welt nicht mehr, dass diese Fehlleistung des Regisseurs mit dem Titel „Regie des Jahres“ ausgezeichnet wurde. 

Die Corona-Pandemie verhinderte im Jahr 2020 die Durchführung der Festspiele. Der Vertrag mit Christian Thielemann als Musikdirektor wurde nicht verlängert. Ich bedauere das sehr. Gründe wurden – wie immer nicht genannt. Die Festspielleiterin erkrankte im Frühjahr schwer, hat sich aber erstaunlich gut erholt. Fern von Bayreuth hat sie ihren bisherigen Stress einmal ablegen können. Hätte man hoffen dürfen, dass sie sich bei der Gelegenheit mal in aller Ruhe Gedanken zum Zustand und zur Zukunft der Festspiele machen würde? Vermutlich hat sie das nicht getan, denn es ging 2021 genauso weiter wie bisher, zu Beginn schon wieder mit einer Inszenierung, die unter dem Namen „Der fliegende Holländer“ verkauft wurde, mit diesem aber nun gar nichts mehr gemeinsam hatte. Das ganze Stück, angefangen schon wieder mit einer zum Vorspiel erfundenen Handlung, besteht ausschließlich aus dem Hin- und Hergeschiebe von vier Betonklötzen, die in ständigem grau-grünem Licht die Häuser eines Dorfes in Norwegen in Ufernähe darstellen sollen. Kein einziger Hinweis auf ein Seefahrerstück, kein Schiff, keine Segel, keine Poesie im Duett des Holländers mit Senta, nichts was einen an irgendetwas aus diesem großartigen Jugendwerk Wagners erinnern würde. Ganz schnell abhaken und vergessen! Der Rest der Spielzeit 2021 bestand aus Wiederaufnahmen des „Tannhäuser“ und der „Meistersinger von Nürnberg“, zwei Konzerten des Festspielorchesters unter Andris Nelsons, einem sogenannten „Parsifal“-Konzert (Dirigent: Christian Thielemann) und aus drei konzertanten Aufführungen der „Walküre“, bei der die Solisten an der Rampe sangen und der Wiener Aktionskünstler Hermann Nitsch riesige Leinwände mit Farbe beschmierte, wodurch er seinen von der Walküre getrübten Weltblick beschrieb. So etwas gehört, gemäß alter Traditionen, nicht auf die Bühne des Festspielhauses. Wenn ich richtig informiert bin, will die Stadt Bayreuth die Farb-„Kunstwerke“ ankaufen.

Übrigens: Seit Jahren gibt es bei den Bayreuther Festspielen die sogenannten „inszenierungsbezogenen Einführungsvorträge“. Der Leiter des RichardWagner-Museums, Dr. Sven Friedrich, unterrichtet interessierte Besucher der am gleichen Tage stattfindenden Vorstellung über das, was sie auf der Bühne als die Handlung des Stückes vorgesetzt bekommen.

Meine Hoffnung, dass sich nach einem Jahr Pause und nach mittlerweile 13 „Regie“-Theater-Inszenierungen irgendetwas ändern würde und dass in Zukunft in Bayreuth wieder Wagner gespielt und gesungen würde, so wie uns der Komponist seine Werke hinterlassen hat, hat sich mit dem Erscheinen dieser „Holländer“-Inszenierung restlos zerschlagen. Katharina Wagner hat mit Hilfe der Ränkespiele von Politikern und Beamten alles zerschlagen, was ihre Vorfahren in mehr als 130 Jahren aufgebaut hatten. Die berühmtesten und ältesten Opernfestspiele haben ihren hohen Rang und ihre Vorreiterrolle bei der Interpretation der Wagner‘schen Musikdramen endgültig eingebüßt. Bayreuth ist sehr tief gesunken. Die Kartennachfrage unterschreitet mittlerweile das Platzangebot und die Eintrittspreise zu den Vorstellungen haben Rekordhöhen erreicht.
 

Die Strukturen und die Finanzen unter dem nun strengeren Blick der Gesellschafter und Überlegungen zur Änderung der Stiftungssatzung auf Betreiben der Festspiele GmbH


Anfang Juli 2021, also kurz bevor uns die Neuinszenierung des „Fliegenden Holländer“ erneut enttäuschte, erreichte uns die Pressemitteilung, z. B. auf BR 24 vom 2. Juli 2021, die lautete: „Katharina Wagner kündigt Reformen bei Bayreuther Festspielen an“, oder bei RP Online vom 12.07.2021: „Bayreuths Finanzen kommen unter die Lupe“.

Ganz neu ist diese Aktion ja nicht, denn die Kulturstaatsministerin Frau Prof. Grütters hatte schon zum Jahresanfang 2021 mitgeteilt, dass sie sich die Strukturen auf dem Grünen Hügel vornehmen werde und ab sofort auch mal mehr aufs Geld schauen will! Ich muss gestehen, das findet meine volle Zustimmung. Nun will auch der Freistaat Bayern mehr aufs Geld schauen und „die Interessen der öffentlichen Hand im Blick haben“!
 

Freilich, ein großer Posten sind die Betriebskosten. Wie Sie oben lesen konnten, belief sich das Jahres-Budget der Festspiele im Jahre 1997 auf 21 Mio. DM (umgerechnet mit dem Faktor 1,96 = 10,7 Mio. Euro). In diesem Jahre liegen die Budgetkosten bei 32,5 Mio. Euro, fast dreimal so viel wie 1997. Sind die Festspiele um so viel besser geworden? Man muss dabei auch bedenken, dass die Personalkosten hierbei bei ca. 80 % liegen. Zudem wird seit 2010 immer mehr Personal eingesetzt.

Für 2016 habe ich einmal einen Vergleich der Personalstärke zum Jahre 1994 angestellt, mit dem Ergebnis: Die Abteilungen Beleuchtung, Videooperateure, Akustiker, Bühnentechnik, Maske, Kostüm inklusive Ankleider und Ankleiderinnen, Presse, Medien, Publikation und Türsteherinnen, beschäftigten bei den Festspielen jetzt durchschnittlich 60 Prozent mehr Personal.

Wie ist das möglich? Sind die Vorstellungen um 60 Prozent besser geworden? Nein! Der zweite große Posten ist die Sanierung der Festspielgebäude: Der Bund hat im vergangenen Jahr dafür 84,7 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, Bayern will noch einmal so viel dazu tun. Dass hier also einmal richtig hingeschaut werden soll, ist mehr als verständlich!

Nun aber kommt ein großes Ärgernis hinzu: Wieder einmal ist das Thema „Reform der Satzung der Richard-Wagner-Stiftung“ auf der Tagesordnung des Stiftungsrates aufgetaucht, und das ist nun ein sehr schwieriges und vielschichtiges Thema. Zunächst stelle ich fest, der Wunsch, über Änderungen der Satzung nachzudenken, kommt aus dem Stiftungsrat, genauer gesagt, hat ihn die neue Vorsitzende des Stiftungsrates Frau Angelika Kaus auf die Tagesordnung gesetzt. Das ist ja nicht neu, denn schon Ende 2013 hat Toni Schmid dieses Thema favorisiert, ist damit aber nicht weitergekommen.

Ersatzweise hat sich Herr Schmid damals dem Thema „langfristiger Mietvertrag für das Festspielhaus“ zugewandt, mit dem er ja dann auch „erfolgreich“ war.

Jetzt ist ein neuer Arbeitskreis gegründet worden, der sich mit dem Thema Stiftungssatzung beschäftigen und Vorschläge zur Änderung der Satzung ausarbeiten soll. In der Pressemitteilung von RP Online ist zu lesen, dass es der Arbeitsgruppe nach Ministeriumsangaben „um die Stiftung selbst sowie deren Leistungsbeziehungen zur Bayreuther Festspiele GmbH als Mieterin des Festspielhauses und Festspielunternehmerin“ geht.

Erlauben Sie mir bitte die Frage: „Lese ich das richtig, soll nun der Stiftungsrat über seine eigene Entmachtung nachdenken“?

Weiter ist in dieser Pressemitteilung zu lesen: Mit welchen Punkten sich der Arbeitskreis genau beschäftigen soll, ist unbekannt; das Ministerium wollte sich dazu nicht konkret äußern und bemerkte lediglich: „Die Tätigkeit der von der Richard-Wagner-Stiftung eingesetzten Arbeitsgruppe soll nach Möglichkeit nicht durch eine breite öffentliche Diskussion beeinflusst werden. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir zu den von der Stiftung als rechtlich selbstständig handelnden juristischen Person zu bearbeitenden Handlungsfeldern keine näheren Aussagen machen“, teilte eine Sprecherin des Kunstministeriums mit.

Weiter heißt es dann in der Pressemeldung: „Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das Festspielhaus als Privatvermögen der Familie Wagner in die Richard-Wagner-Stiftung eingebracht wurde und zum unveräußerlichen Grundstockvermögen dieser Stiftung zählt, kann hier eine Neustrukturierung nur unter Würdigung der Interessen aller Beteiligten erfolgen, zumal auch wesentliche Regelungen der Stiftungssatzung bis auf Weiteres nicht gegen die Stimmen der Familie Wagner geändert werden können“, heißt es aus dem Kunstministerium. Es wurden ausdrücklich alle Mitglieder des Stiftungsrates zur Mitarbeit beziehungsweise Entsendung von Vertretern in diese Arbeitsgruppe ermuntert.
 

Zu dem gesamten Thema nun einmal ein paar grundsätzliche Anmerkungen. Wenn diese verständlich und in der richtigen Reihenfolge aufgelistet werden, könnten sie – so meine Ansicht – ein Beitrag zur Diskussion der Arbeitsgruppe sein:
 

Der Stiftungsrat hatte bereits Anfang 2014 eine Arbeitsgruppe gebildet, die aber nur einmal zusammengetreten ist. Den Vorsitz dieser Gruppe hatte seinerzeit Herr Martin Eifler vom Staatsministerium für Kunst und Medien in Berlin übernommen. Liest man das Protokoll dieser Sitzung, dann erkennt man unschwer: Es geht vorwiegend darum, Paragraf 8 zu verändern oder zu streichen.

Nike Wagner sprach Ende Februar 2013 auf einer Tagung in Wiesbaden über das Warum und Wie, mit dem die Richard-Wagner-Stiftung seinerzeit in Bayreuth gegründet worden war. Frau Wagner erklärte in diesem sehr ausführlichen Vortrag Sinn und Zweck der Stiftung. Abschließend erkannte sie Verbesserungsbedarf und erklärte: „Es besteht Handlungsbedarf bei der Richard-Wagner-Stiftung. Das setzt aber einiges an Erkenntniswillen und Engagement der beteiligten Gremien und Beamten voraus“. Sie schloss ihren Vortrag mit den Worten: „Die Richard-Wagner-Stiftung ist eine der bedeutendsten Kulturstiftungen Deutschlands und es ist angesichts ihrer internationalen Bedeutung vollkommen inakzeptabel, dass so viele ungeklärte Verhältnisse – auf Grund einer juristisch fragwürdigen, handwerklich schlecht gemachten, faktisch nicht praktikablen und völlig unzeitgemäßen Stiftungssatzung – die Zukunft dieser weltbedeutenden Kultureinrichtung weiter paralysiere. Wir sind es dem Gründer der Bayreuther Festspiele und seinem Vermächtnis schuldig“.
 

Der Vorstoß zur Satzungsänderung kommt wieder aus den Reihen der Festspiele GmbH. Toni Schmid ist in Pension, jetzt greift die amtierende Vorsitzende des Stiftungsrats dieses Thema wieder auf. Nun wurde bereits ein Arbeitsausschuss gegründet, der Vorschläge zur Änderung der Satzung erarbeiten soll. Aus dem Kunstministerium kommt – wie bereits zuvor erläutert – gleichzeitig die Mitteilung, dass der Arbeitsausschuss ungestört arbeiten soll und dass man deshalb eine öffentliche Diskussion vermeiden will. Mit anderen Worten: Nachrichtensperre! Zensur! Weiteres Gemauschel? Im gleichen Absatz wird der Stiftung aber auch bestätigt, dass sie eine „rechtlich selbstständig handelnde juristische Person“ sei.

Merke: Bürger haben ein Anrecht darauf, Fragen zu einer, „rechtsfähigen, öffentlichen Stiftung bürgerlichen Rechts“ beantwortet zu bekommen.

Das Vorhandensein der Richard-Wagner-Stiftung ist der Dorn im Auge der Festspiele GmbH.

Das geht auch aus verschiedenen Äußerungen von Stiftungsratsmitgliedern hervor, die in einigen Sitzungsprotokollen nachzulesen sind. So regte vor Jahren der damalige stellvertretende Vorsitzende der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth, Herr Dr. Wolfgang Wagner in einer Diskussion über den Haushaltsplan für das Richard-Wagner-Museum an, das Museum zu schließen und die „Stiftung aufzulösen“! – Wenn das so einfach ginge! Katharina Wagner riet der Stiftung sogar „Insolvenz anzumelden“. Während einer anderen Sitzung äußerte sie sich folgendermaßen: „Wenn die Stiftung kein Geld hat, kann man sie ja gleich auflösen“! Auch warf sie mal die Frage in die Runde, ob die Stiftung überhaupt noch lebensfähig sei.

Herr Eifler, der selbst Mitglied des Verwaltungsrates der Festspiele GmbH ist, hat ja schon häufig den Begriff verwendet, dass die „Festspiele GmbH große Probleme habe“, die es zu beseitigen gelte. Ich glaube eher: Die Bayreuther Festspiele GmbH ist selbst das eigentliche Problem. Überspitzt formuliert sehe ich das folgendermaßen:

Die Bayreuther Festspiele GmbH und ihr Tochterunternehmen BF-Medien GmbH haben ihr Unternehmensziel nicht erreicht. Das Hauptprodukt, die Festspiel-Inszenierungen, sind längst nicht so gefragt, wie man sich das vorgestellt hatte. Auch der erhoffte Werbeeffekt durch die Verbreitung dieser Inszenierungen im Fernsehen oder die Übertragung der PremierenVorstellung in die deutschen Kinos war nicht so erfolgreich wie ursprünglich erhofft. Der mäßige Absatz von CDs oder DVDs ist auch kein Geschäft. Um sich nicht zu blamieren, wird jetzt abgelenkt, indem man erneut Änderungen an der Stiftungssatzung verlangt.
 

Die Stiftungssatzung soll geändert werden, ehe ihr wichtigster Paragraf, der mit der Nummer 8 – in dem die Wahl des Festspielleiters geregelt ist – erstmals wirksam angewendet wird!

Die Stiftung hat mit Sicherheit kein Verschulden, wenn die GmbH Probleme hat. Die Stiftung hat sich auch nie in die Geschäfte der GmbH eingemischt.
 

Nach den Worten von RP Online klingt das aber so. Dort heißt es, „es gehe bei der Reform der Stiftungssatzung um „die Stiftung selbst sowie deren Leistungsbeziehungen zur Bayreuther Festspiele GmbH“. Hier möchte ich gerne noch einmal etwas unmissverständlich klären: Das Wort Leistungsbeziehungen stößt mir gewaltig auf: 

Die Richard-Wagner-Stiftung schuldet der Bayreuther Festspiele GmbH nichts.

Die Richard-Wagner-Stiftung ist der Inhaber und Rechtsnachfolger des materiellen und ideellen Besitzes der vier Zweige der Familie Wagner in der Erbfolge rückwärts über Siegfried zu Richard Wagner. Die Stiftungsurkunde und die Stiftungssatzung drücken den Stifterwillen aus, die Satzung hat Gesetzeskraft.

Ein wichtiger Paragraf der Stiftungssatzung ist der mit der Nummer 8. Er sagt, dass der Festspielunternehmer (gemeint ist damit der künstlerische Leiter der Festspiele) vom Stiftungsrat gewählt wird. Dieser Paragraf ist schlecht abgefasst, nicht eindeutig formuliert und bedarf einiger Richtigstellungen, schon der Begriff Festspielunternehmer ist stark umstritten. Auch fehlt eine eindeutige Aussage, über welchen (begrenzten Zeitraum) eine Amtsperiode des gewählten Festspielleiters andauert, wie sie verlängert werden kann oder ob die Stiftung beschließt, einen neuen Festspielleiter zu suchen (z. B. über eine Ausschreibung o. Ä.). Einen Festspielleiter auf Lebenszeit soll es ja nicht mehr geben!
 

In der Pressenotiz von RP Online äußert sich auch Daphne Wagner, die den Familienzweig Wieland Wagners im Stiftungsrat vertritt: Daphne Wagner erkennt an, „dass die Satzung veraltet ist und dass ihre Überholung ein langwieriger Prozess werden könnte“. Es ist ihr besonders wichtig zu betonen, „dass die Familie nicht einfach rausdividiert werden kann, immerhin sind wir die Stifter-Familie“. Auch – so betont sie besonders – muss das Festspielhaus ausschließlich der Aufführung der Werke ihres Urgroßvaters vorbehalten bleiben.

Und noch etwas: Die Richard-Wagner-Stiftung wurde 1973 gegründet, sie war also schon vorhanden, als an eine zu gründende GmbH noch niemand einen Gedanken verschwendete. Ihre Satzung hat Gesetzeskraft, ihr Text ist verbindlich!

Die eigentlich völlig überflüssige Bayreuther Festspiele GmbH wurde (offiziell) gegründet, um die Festspiele zu veranstalten, tatsächlich aber diente (und dient) sie der Machterhaltung der Familie Wolfgang Wagners, der mit Vertrag auf Lebenszeit die Festspiele leitete und der erst von seinem Posten als Festspielleiter zurückgetreten ist, nachdem er die sichere Gewissheit bekam, dass seine beiden Töchter die Festspielleitung übernehmen werden. Hier geht es ganz eindeutig um eine Vererbung des Festspielleiterpostens und nicht um eine demokratische Wahl. Außerdem ist Wolfgang Wagner von seiner immer wieder geäußerten Ansicht, dass „niemand im Familienkreise die Festspiele leiten könne“ (aus ganz egoistischen Gründen) abgerückt. Und – damit das in Zukunft so weitergehen kann – muss § 8 (Wahl des Festspielleiters) geändert oder – so die Absicht der Festspiele GmbH – (möglichst) aus der Stiftungssatzung entfernt werden. In der jetzigen Fassung der Stiftungssatzung hat die Familie ein Erstrecht auf die Besetzung des Festspielleiterpostens. Wenn der Paragraf 8 verschwindet, ist die Familie ihrer Rechte beraubt!
 

Es ist allerhöchste Zeit, dass die Festspiele GmbH das Recht des Stiftungsrats, den Festspielleiter zu wählen, anerkennt und auch nicht erneut versucht, den Stiftungsrat auszuschalten. Herr Toni Schmid hat den Stiftungsrat 2008 – mit Duldung bzw. Mithilfe des Vorstands und der Geschäftsführung der Stiftung – kaltgestellt. Er hat das Gremium, dem er vorstand, um das Recht, den Festspielleiter zu wählen, betrogen. Ob das Satzungsbruch und Untreue gegenüber dem Gremium ist, darüber kann trefflich gestritten werden.
 

Als allerspätestens 2013 feststand, dass die Festspiele unter der Leitung von Katharina Wagner und ihrer Halbschwester schweren Schaden nehmen, hat er trotzdem einen neuen Vertrag mit Katharina für den Zeitraum 2015 bis 2020 abgeschlossen. Und wieder ist niemand Toni Schmid in den Arm gefallen, um das zu unterbinden. Und weil das ja zweimal so gut gelaufen ist, hat er – ehe er pensioniert wurde – das Ganze ein drittes Mal für die Jahre 2020 bis 2025 durchgezogen.
 

Die Anzahl der Kartenwünsche ist weiterhin gefallen. Seit 2015 gibt es zu den meisten Vorstellungen noch Karten an der Abendkasse (vorwiegend natürlich die der teuren Segmente).

Zukünftig will also weiterhin die Festspiele GmbH – so deren Pläne – die Festspiele veranstalten, mit der Tochtergesellschaft die mangelhaften Produkte (die Festspielaufführungen) meistbietend verscherbeln, damit gleichzeitig die schlechtest- mögliche Werbung betreiben und dann auch noch den Festspielleiter wählen, obwohl sie dafür (z. B. mit den Herren von Waldenfels oder Herrn Martin Eifler) über keine kompetenten Fachleute verfügt. Kann man sich eigentlich noch mehr blamieren?
 

Es ist äußerst bedenklich, dass Toni Schmids Nachfolge in der Position des Stiftungsratsvorsitzenden eine Beamtin aus dem gleichen Ressort angetreten hat. Ich möchte allerdings versichern, dass ich Frau Angelika Kaus nicht unterstelle, dass sie jetzt Ähnliches plant. Gerne hätte ich mit Frau Kaus einmal telefoniert, das kam leider nicht zustande. Selbst der bayerische Kunstminister Sibler hat sich nicht für mich verwendet. Selbst eine Dienstaufsichtsbeschwerde über Frau Kaus– eingereicht beim bayerischen Ministerpräsidenten Söder – wurde weitergereicht an das Personalreferat des Kunstministeriums, das mir bestätigte (nach einer Rücksprache mit Frau Kaus), „dass ein Fehlverhalten der Beamtin nicht festgestellt werden konnte“! Es ist sehr schade, dass man mit den zuständigen Sachbearbeitern nicht einmal telefonisch Kontakt bekommt, wenn man zu diesem Themenpaket etwas Substanzielles beizutragen hat.
 

Zurück zu den angestrebten Änderungen der Stiftungssatzung:

Gewiss, es gibt Dinge in der Satzung bzw. ungeschickte Formulierungen darin, die einer Änderung bedürfen. So zum Beispiel: die Überschrift des § 8, der heute lautet: „Vermietung des Festspielhauses an den

Festspielunternehmer“. Das ist irreführend. Die Überschrift müsste lauten: „Wahl des Festspielleiters und Vermietung des Festspielhauses an den gewählten Festspielleiter für die Dauer seines Festspielleiter-Vertrages“.

Die Wahl des Festspielleiters ist eine künstlerische Entscheidung. Das geht ganz eindeutig aus dem Text des § 8 (3) hervor, der sich ausdrücklich mit Fragen der Qualifizierung eines Kandidaten, der sich für den Posten des Festspielleiters bewirbt, ergibt.

Als Änderung wäre auch das Hinzufügen der Laufzeit der Festspielleiter-Verträge sinnvoll. Wenn die spätere Leistung des gewählten Festspielleiters nicht überzeugt, dann ist es die logische Folge und die Pflicht und das Recht des Stiftungsrates, einen neuen Festspielleiter zu wählen! Dies wiederum ist die einzige Möglichkeit, einen Missbrauch der künstlerischen Freiheit (die derzeit nachweislich zur schweren Schädigung der Bayreuther Festspiele führt) durch eine Nichtverlängerung seines laufenden Vertrags bzw. durch die Wahl eines neuen Festspielleiters dauerhaft abzuwenden.


Und noch ein Aspekt in diesem neuen Versuch, die Stiftung zu schwächen, ist hier zu nennen:

Die Stiftung hat ja nicht nur das Festspielhaus und seine Nebengebäude übernommen sowie die Verpflichtung, den Festspielleiter zu wählen und ihm das Haus zu vermieten. Daneben geht es ja auch noch um das Haus Wahnfried bzw. um das Richard-Wagner-Museum mit Nebengebäuden und Park, um das Siegfried-Wagner-Haus und um das Richard-Wagner-Archiv (einschließlich Bibliothek und Zubehör). Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Festspiele GmbH – sollte sie das Recht erhalten, selbstständig den Festspielleiter zu wählen oder seinen Vertrag beliebig zu verlängern – sehr schnell das Interesse an einer Mitwirkung im Stiftungsrat verliert, denn ihre Geschäftsgrundlage ist ja einzig die Durchführung der Festspiele und die Gewinnerzielung mit Hilfe der BF-Medien GmbH. Der Rest der Stiftung bzw. des Stiftungsrates kann sich dann ja mit diesen umfangreichen und wirklich schwierigen Problemen des Museums, des Archivs usw. herumschlagen. Auch dazu könnte ich eine Stichpunkte-Sammlung zur Verfügung stellen.

Und so stehen die Festspiele, immer noch mitten in der Corona-Pandemie und vor der nächsten Ring-Inszenierung, fast ohne Zuschauer da. Sie meinen, ich übertreibe?! Bestimmt nicht: Für die 25 Vorstellungen dieses Jahres standen 22.775 Karten zur Verfügung. Nicht einmal die konnten alle verkauft werden. Ein Bekannter von mir war außer am Eröffnungstag täglich im Kartenbüro und an allen diesen 24 Tagen waren noch Karten zu haben. Erinnern Sie sich noch? Im Jahre 1997 hätten 357.513 Karten verkauft werden können, und nun dieses Ergebnis.

Ein Blick in die nahe und mittelfristige Zukunft der Festspiele
 

Meine Bayreuth-Freunde und ich gehen nun von der Voraussetzung aus, dass alle (die Stiftung mit ihren Organen, die Festspiele GmbH und deren Verwaltungsrat sowie die Gesellschafter der Festspiele GmbH) mitbekommen haben, dass die Bayreuther Festspiele auf der Rangliste der besten Wagner-Aufführungs-Opernhäuser nicht mehr zu finden sind. Mit anderen Worten: Die Festspiele GmbH mit ihrer Leiterin hat weder künstlerisch noch kaufmännisch ihr Unternehmensziel erreicht. Zudem hat sie ihr Stammpublikum von ca. 500.000 Besuchern nahezu vollständig verloren. Erschwerend hinzu kommt, dass die Eintrittspreise im Durchschnitt niemand mehr aufbringen kann. Dazu kommt die miserable Werbung durch die Übertragung der Inszenierungen in die deutschen Kinos und ins Fernsehen. Nun werden dafür Schuldige gesucht und man hat auch gleich einen gefunden, die Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth, und die soll nun durch eine Änderung der Stiftungssatzung dafür büßen.

Jetzt haben Sie gelesen, wie sich das außerhalb der Festspiele und ihrer Organe und Gremien darstellt. Es ist jetzt an der Zeit, dass Sie alle, ob Sie nun daran mitgewirkt haben oder ob Sie nur „duldender“ Mitarbeiter waren, handeln. Es gilt jetzt, die von Toni Schmid ausgesuchte und durchgesetzte äußerst schwache Festspielleiterin, die seit 13 Jahren diesen Notstand, ja man könnte fast sagen, diesen Missstand nach außen hin sichtbar gemacht hat, auf Dauer zu beseitigen. Das ist nur möglich, wenn Sie bereit sind zu akzeptieren, dass zukünftig die Bereiche innerhalb der Festspiel-Organisation die Aufgaben und Zuständigkeiten erledigen, die ihnen von jeher zugewiesen waren, d.h. als Erstes: Der Stiftungsrat wählt zukünftig den Festspielleiter.

Also, wir wünschen uns, dass sich die Stiftung mit neuem Selbstbewusstsein aufrappelt und zunächst im Sinne von Iris Wagners Appell an Herrn Wenning im Jahre 2012 (Sie erinnern sich auch daran?) alles in die Wege leitet, um einen personell hochwertigen Stiftungsrat mit neuen, den Festspielen und Bayreuth verbundenen, vielleicht sogar mit Fachwissen ausgestatteten Personen zu installieren, die loyal zu Bayreuth und seinen Festspielen stehen und die dann, wenn der neue, 24-köpfige Stiftungsrat gebildet ist, aus deren Mitte einen Vorsitzenden wählen, der ebenso loyal zur Stiftung und zum Stiftungsrat steht. Zukünftig sollen im Stiftungsrat keine Personen mehr vertreten sein, die schon in einem anderen Wirkungskreis der Festspiele arbeiten.


Das umzusetzen ist eine echte Aufgabe und sie kostet Zeit. Das bedarf einiger zusätzlicher Sitzungen für Diskussionen, Befragungen von Bewerbern, Abwägungen und Beschlüssen, bis zum Schluss – in demokratischer Abstimmung – ein neuer Festspielleiter gewählt wird, von dem man schon zuvor erfahren hat, wie er die Festspiele zu leiten gedenkt. In Abänderung eines bekannten Spruches würde ich sagen: Vertrauen ist gut, Wissen ist besser. Bestimmte Parameter sollten schon im Vertrag verankert sein, dann hat man bei der Vergabe der „künstlerischen Freiheit“ ein ruhigeres Gewissen.
 

Ein neues Selbstbewusstsein muss in der Stiftung bzw. auch im Stiftungsrat herrschen. Dieses Gremium darf nicht länger am Gängelband der Festspiele GmbH hängen, sein Vorsitzender muss loyal zur Stiftung und zum Stiftungsrat stehen. Sorgen Sie dafür, dass diese Maßnahmen umgehend in Angriff genommen werden, denn nach 13 Inszenierungs-Pleiten in den letzten Jahren, haben Sie von Katharina Wagner nichts Besseres mehr zu erwarten.
 

Die Festspiele benötigen (spätestens zum 1. September 2025) als neuen Leiter einen erfahrenen Künstler mit Führungskraft, mit Kenntnis des Wagnerschen Werkes, der auch umfassende Kontakte zur Branche besitzt. Nur so kann gewährleistet werden, dass wieder hochwertige Besetzungen und die besten Dirigenten die Festspiele qualitativ an die Leistungen der 1950er-, 60er- und 70er-Jahre und damit auch wieder an die Weltspitze heranführen können.

Schaffen Sie neue Strukturen, nehmen Sie bewährte Traditionen wieder auf, erwecken Sie die berühmte „Bayreuther Dramaturgie“* (siehe unten) zu neuem Leben, sorgen Sie für gute Abteilungsleiter, die mit großem Engagement ihre Bereiche führen, machen Sie Kassensturz und senken Sie die Eintrittspreise und – last but not least – ermöglichen Sie wieder unvergleichliche und einzigartige Vorstellungen, Sie werden sehen, wie die Festspiele wieder aufblühen!

Wenn sich jetzt immer noch nichts tut (weil vielleicht München das so will), dann sieht die nahe und die mittelfristige Zukunft der Bayreuther Festspiele noch düsterer aus als zurzeit. Und damit hätten sich auch meine Sorgen um diese einstmals so großartige kulturelle Einrichtung leider bestätigt. Ich will es nicht glauben, dass es so kommt, denn ich hoffe auf mutige Entscheider.

Zum Schluss also noch einige wenige Hinweise, die sich bisher nicht in die vorangegangenen Sachthemen einarbeiten ließen:

Sorgen Sie bitte dafür, dass der Stiftungsauftrag ernst genommen und erfüllt wird!

Die Handlungen (d. h. der sichtbare Teil des Musikdramas, Bühnenbild, die Bewegung der Chöre und der Solisten im Ablauf der Handlung) gehören ebenso zum Gesamtkunstwerk wie der Text, die Musik oder die Akustik im Zuschauerraum.

Wieland Wagner, der aus der Partitur heraus inszeniert hat, der z. B. die

Poesie, die im Text und in der Musik vereinigt sind, in Bühnenbilder, in Licht, Formen und Farben umgesetzt hat, er hat Bayreuth großgemacht. Künftige Regisseure und Bühnenbildner mögen ihm nacheifern.
 

Der Stiftungsauftrag (der durch einen Vertrag an den gewählten Festspielleiter vergeben wird) beinhaltet auch einen Bildungsauftrag. Stiftungsurkunde und Stiftungssatzung enthalten diesen Auftrag in § 2 / Stiftungssatzung, Punkt 3 und 4: § 2 / Stiftungszweck: „Der Zweck der Stiftung ist es, im Sinne des gemeinschaftlichen Testamentes von Siegfried und Winifred Wagner vom 08. März 1929 …

Punkt 3: Die Richard Wagner Forschung zu fördern, und …

Punkt 4: Das Verständnis für die Werke Richard Wagners insbesondere bei der Jugend und beim künstlerischen Nachwuchs zu fördern“.

Als sehr schmerzlich empfunden wird das jegliche Fehlen von Publikationen der Bayreuther Festspiele, die – die Festspiele begleitend – Themen aufgreifen, die mittelbar oder unmittelbar mit der Geschichte der Festspiele, ihren Aufführungen, den Künstlern, die verpflichtet werden, oder anderen interessanten begleitenden Ereignissen zu tun haben. Dazu gehört auch eine sofortige Qualitätssteigerung der Programmhefte, die aktuell ein Niveau erreicht haben, dass unter dem eines Kinoprogramms liegt. 

Eine Wiederauflage des „großen Festspielbuches“ und ein interessantes Heft mit Vorschau zum Jahresende werden schmerzlich vermisst.

Die „Bayreuther Dramaturgie“

Und damit komme ich zur Erklärung, was ist (oder was war) die „Bayreuther Dramaturgie“?

Wieland Wagner begründete sie in der Epoche von Neu-Bayreuth (also ab 1951) und gab ihr auch ihren Namen.

Wieland Wagner war der Vordenker, seine Inszenierungen standen für

Innovation, sie waren richtungsweisende Interpretationen, Vorbild und Diskussionsgrundlagen für die Wagner-Deutung, allgemein und weltweit (streng nach Oswald Georg Bauer).

Demgemäß enthielten die Publikationen Bayreuths (z.B. das große Festspielbuch) Beiträge bedeutender Schriftsteller, Theaterwissenschaftler, Musiker oder Philosophen usw. zu Parallelthemen zu den jeweils auf dem Spielplan erscheinenden Musikdramen oder Beiträge zu aktuellen kulturellen, politischen oder gesellschaftlichen Themen der Gegenwart. In diesen Beiträgen wurden auch die Erfahrungen mit den Festspielen in über einhundert Jahren verarbeitet. Ebenso wurde mit den Programmheften oder den kleinen Heften zum Jahreswechsel verfahren, die immer gern gelesene Beiträge enthielten.

Bleibt meine Frage: Warum wird dieser Reichtum Bayreuths nicht wieder hervorgeholt? Warum wird nicht z. B. in Zusammenarbeit mit der Theaterwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth eine „neue Bayreuther Dramaturgie“ entwickelt?
 

Und wenn jetzt immer noch Zweifel bestehen, wie die Musikdramen Wagners in Bayreuth aufzuführen sind, der sollte sich an Richard Wagners Ausspruch erinnern, der da lautet: „Gar nichts liegt mir daran, ob man meine Sachen gibt: mir liegt einzig daran, dass man sie so gibt, wie ich's mir gedacht habe, wer das nicht will und kann, der soll's bleiben lassen“! Richard Wagner schrieb dies in einem Brief im Jahre 1852 an Ferdinand Heine.

Die Bayreuther Festspiele gehen auf Richard Wagner zurück. Der Begriff „Festspiele“ wurde von Wagner selbst eingeführt und benutzt. Da diese Musik-Festspiele bewusst auf Bayreuth fixiert sind, heißen sie also logischerweise „Bayreuther Festspiele“. Ursprünglich zur Aufführung des „Ring des Nibelungen“ erdacht, wurde dieses Theater bewusst in Bayreuth gebaut. Die Wahl dieser Stadt hat mannigfaltige Gründe, die in dieser Betrachtung keine Rolle spielen. Mit der ersten kompletten Aufführung des „Ring des Nibelungen“ konnte Wagner 1876 sein Werk als gelungen betrachten. Geplante weitere Aufführungen (ab 1877 jährlich) scheiterten aus finanziellen Gründen. Sein letztes großes Musikdrama, das von ihm selbst als Bühnenweihfestspiel bezeichnete Musikdrama „Parsifal“, konnte er 1882 selbst noch in seinem Theater uraufführen.
 

Als Richard Wagner 1883 (knapp 70-jährig, eigentlich zu diesem Zeitpunkt unerwartet) starb, hat er kein Testament hinterlassen, das über die Weiterführung von Festspielen Auskunft gegeben hätte. Er hatte selbst zwar schon Spielpläne für die unmittelbar folgenden Jahre ausgearbeitet, aber mit seinem Ableben war der Weiterbestand dieses Unternehmens zunächst sehr fraglich. Einzig seiner Witwe Cosima ist es zu verdanken, dass die Festspielidee allumfassend erhalten und durch die Nachfolgegenerationen bis in die heutige Zeit hinübergeführt wurde. Einzigartig auf der Welt hat Deutschlands bedeutendster Opernkomponist sein Werk (inkl. des eigenen Theaters) der Nachwelt hinterlassen. Über dieses Gelingen gibt mein zuvor erstellter Bericht umfassende Auskunft. Der letzte, männliche Festspielleiter, Wagners Enkel Wolfgang, hat aus Berufung und mit großem Verantwortungsbewusstsein die Festspiele über 50 Jahre lang hochklassig bis ca. zum Jahre 2000 geführt. Warum es dann bis zum Jahre 2007/2008 so sehr viel schlechter wurde – auch darüber gibt mein Bericht Auskunft.

Mit der Wahl eines neuen Festspielleiters im Jahre 2008 hätte eine grundlegende künstlerische Erneuerung einsetzen müssen. Warum das nicht gelungen ist, wurde auch auf vielen Seiten erklärt. Als selbst der letzte Verantwortliche innerhalb der Festspielhierarchie festgestellt haben musste, dass da vieles ganz falsch angepackt wurde, und als es offenkundig wurde, dass die große Masse der langjährigen Festspielbesucher Bayreuth längst den Rücken gekehrt hatte, änderte sich nichts! Und dieses „Nichtreagieren“ – oder so tun, als sei alles in bester Ordnung – das hat einen Grund: Es geht nicht mehr darum, dem Publikum das bestmögliche Ergebnis zu präsentieren, sondern es geht um Geschäftemacherei.

Die Bayreuther Festspiele GmbH verkauft Karten für ihre Vorstellungen mit dem Aufdruck, dies seien Werke Richard Wagners, z.B. „Tannhäuser“ oder „Der fliegende Holländer“ usw. Den Besuchern wird also – wenn sie dann im Zuschauerraum sitzen – absichtlich etwas Anderes geboten, als sie zuvor eingekauft hatten. Sie können sich aussuchen, wie man solche

Manipulationen in Deutschland nennt! Noch offensichtlicher wird das, wenn diese Inszenierungen in deutsche Kinos übertragen oder von deutschen Fernsehanstalten ausgestrahlt werden. Die Festspielleitung verkauft dies alles lauthals als großen Erfolg. Welchen Erfolg meint sie denn da? Einen künstlerischen Erfolg kann sie ja damit nicht gemeint haben, denn immer weniger Menschen wollen diese Art von Inszenierungen sehen, also geht es doch wohl um den finanziellen Erfolg der BF-Medien GmbH! Es wird schon lange nicht mehr für das Publikum inszeniert!

Eine oft zitierte Redewendung unserer obersten politischen Repräsentanten möchte ich noch einmal aufgreifen: So z. B. äußerten sich auf Fragen von Journalisten nach der staatlichen Unterstützung solcher Kultureinrichtungen wie den Bayreuther Festspielen unsere bayerischen Regierungschefs sinngemäß übereinstimmend: „Die Bayreuther Festspiele sind das kulturelle Aushängeschild Bayerns, ja sogar der Bundesrepublik, und die genießen unsere volle Unterstützung“. Genauere Angaben zu der zugesagten Unterstützung wurden nie gemacht. Die finanzielle Unterstützung ist deutlich wahrnehmbar, ihr Ausmaß wird derzeit ja mal unter die Lupe genommen. Bezieht sich diese Aussage aber auch auf ein bestimmtes Maß an Schutz (egal ob auf Angriffe von außen oder von innen)? Oder kann die Unterstützung auch noch ganz anders aussehen?

Der große Erfolg der Bayreuther Festspiele rührt doch auch daher, dass in Bayreuth Wagners Musikdramen als Gesamtkunstwerke aufgeführt wurden, so wie sie der geniale Komponist geschaffen hatte. Dass gerade eine direkte Nachfahrin Wolfgang Wagners, seine Tochter Katharina, allen seinen Werken die Handlung entzogen hat, ist eine Respektlosigkeit, für die es keine Worte gibt. Und das alles finden die heutigen Unterstützer richtig, niemand schreitet da ein, die Stiftung resigniert, die Förderer merken nichts? Was ist bloß aus diesem wunderbaren Lebenswerk Richard Wagners in Bayreuth geworden?

Die demokratischen Regeln sind außer Kraft gesetzt und niemand lehnt sich gegen diesen Zustand auf! Wenn ich als Besucher eine Eintrittskarte z. B. für den „Parsifal“ kaufe, dann möchte ich dieses Werk – gemäß den Anordnungen Richard Wagners – entsprechend in Regie und Bildern wiederfinden, die das Werk eindeutig wiedergeben. Darauf erhebe ich konkret Anspruch!

An allen diesen Aspekten wird sich nichts ändern, solange die Festspiele ideologisch von der Politik gesteuert und künstlerisch von Katharina Wagner geleitet werden.

Hiermit fordere ich Sie, die Verantwortungsträger in der Festspiele GmbH und in der Richard-Wagner-Stiftung zur Stellungnahme genau zu diesen Themen auf. Brechen Sie doch jetzt Ihr Schweigen und antworten Sie doch einmal auf diese Vorwürfe! Es ist doch auch Ihnen nicht entgangen, dass die Zuschauer ausbleiben, aber die Kosten rasant steigen. Zeigen Sie doch einmal eine sachbezogene Reaktion!

Schließen möchte ich mit einem Ausspruch Christian Thielemanns, den dieser häufig in Gesprächen über die Bayreuther Festspiele, ihre Mitwirkenden, ihre speziellen Eitelkeiten oder ihre Allüren benutzte.

Er lautet:

In diesem Hause gibt es nur einen Star –
und der ist 1883 gestorben.


Nachwort
 

Als ich – gerade mal 33-jährig – an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im Juli 1971 die Bayreuther Festspiele kennenlernte, war ich schon seit 14 Jahren Mitarbeiter der Kölner Oper (im technischen Bereich). Die Begeisterung für die klassische Musik, besonders aber für die Oper, hatte schon mein Vater in mir geweckt. Knapp ein Jahr nach dem Abschluss meiner Berufsausbildung zum Industrie-Starkstromelektriker begann ich meine Tätigkeit bei der Kölner Oper (im gerade eröffneten neuen Opernhaus am Offenbachplatz) als Betriebselektriker im Bereich Instandhaltung, Bedienung der elektrischen Antriebe im Bühnenbereich, gelegentlich auch als Aushilfe in der Beleuchtungsabteilung. Ich hatte also meinen Beruf mit meiner Liebe zur Oper sinnvoll verbinden können. Richard Wagners Opern lernte ich (bis auf „Tristan und Isolde“) alle kennen. Von ganz besonderer Bedeutung war dabei die durch Wieland Wagner in den Jahren 1962/63 erfolgte Inszenierung des „Ring des Nibelungen“. Wie ich später erfuhr, bildete diese (als inoffizielle Generalprobe deklarierte) Inszenierung die Grundlage für Wieland Wagners zweiten (und letzten) „Ring“ in Bayreuth.
 

Bayreuth kannte ich bisher nur durch die Rundfunkübertragungen der Premieren-Vorstellungen, durch Erzählungen verschiedener Kollegen aus dem technischen Bereich, die jedes Jahr Ende August von ihrer (freiwilligen) Mitwirkung bei den Festspielen zurückkehrten, sowie aus gelegentlichen Gesprächen mit Orchester- oder Chormitgliedern oder auch mit Solisten, die in Bayreuth dabei waren. Manchmal berichtete im Kino auch die Wochenschau über die Eröffnung der Bayreuther Festspiele.
 

Als ich mich nun am Vormittag des 19. Juli 1971 beim Ostpförtner des Festspielhauses nach einem bestimmten Kölner Kollegen erkundigte, der mir versprochen hatte, mir den Betrieb einmal zu zeigen, ahnte ich nicht, wie beeindruckend die nächsten Stunden auf mich einwirken würden. Man zeigte mir den ganzen Betrieb, das Bühnenhaus mit der Elektromotorik, die sehr umfangreiche Bühnenbeleuchtungsanlage, das Zuschauerhaus, den Zuschauerraum, den Orchestergraben (dieses Wunderwerk) sowie die Werkstätten und die Probebühnen. Kurz, alles, was für den reibungslosen Proben- und Vorstellungsablauf von Bedeutung war. Man stellte mich auch einigen wichtigen Personen im Hause vor und gestattete mir, einer „Rheingold“-Bühnenprobe mit Orchester, Beleuchtung, in Kostüm und Maske auf der Bühne beizuwohnen. Ehe ich das Haus verließ, überreichte man mir zwei Generalprobenkarten für die am nächsten Tag stattfindende „Lohengrin“-Generalprobe.
 

Am nächsten Tage erlebte ich also zusammen mit meiner Frau, in der 6. Reihe sitzend, erstmals eine Aufführung in Bayreuth als Zuschauer und Zuhörer. Die unglaublich tolle Akustik und die Wirkung der den gesamten Bühnenraum nutzenden Bühnenbilder war sehr beeindruckend.
 

Die Eindrücke der beiden Tage zusammengefasst: Ich war einfach begeistert vom gesamten Betrieb, der in einer positiven Stimmung schnell und reibungslos ablief. Man spürte überall die Begeisterung, mit der das gesamte Personal hier zu Werke ging. Die Generalprobe vermittelte mir, warum so viele Freunde der Wagnerschen Werke diese immer wieder in Bayreuth erleben wollten. Und dann, von einem Moment zum anderen, verspürte ich den Wunsch, auch hier arbeiten zu können, auch wenn ich mir momentan noch nicht vorstellen konnte, wie ich das bewerkstelligen könnte.

Doch die Verwirklichung dieses Wunsches erfolgte schneller als gedacht. Im Herbst sprach mich der Kölner Beleuchtungschef Kurt Winter, der diese Funktion seit einigen Jahren auch in Bayreuth erfüllte und der meinen Besuch im Festspielhaus mitbekommen hatte, an und fragte mich, ob ich eventuell Interesse daran hätte, im nächsten Sommer mal in Bayreuth in der Beleuchtungsabteilung mitzuarbeiten. Meine Antwort lautete: Selbstverständlich!

1972 war ich dann zehn Wochen in Bayreuth und zu Beginn des Jahres 1973 wechselte ich als festangestellter Elektromaschinenmeister zu den Bayreuther Festspielen.
 

Zum Ende der Spielzeit 1981 verließ ich die Festspiele aus ganz persönlichen Gründen und schweren Herzens und ging in die freie Wirtschaft zu einem süddeutschen Großverlag nach München. Bayreuth jedoch blieb ich eng verbunden, dem Hause, Wolfgang und Gudrun Wagner, meinen früheren Mitarbeitern und dem ganzen Betrieb dort. Ich besuchte in den nächsten 22 Jahren zahlreiche Generalproben und Vorstellungen. Und immer wieder war eine solche Vorstellung ein überwältigendes Erlebnis, denn jede Aufführung dort ist einzigartig. Bayreuth wurde also in den Jahren nach der Wiedereröffnung der Festspiele nach dem II. Weltkrieg im Jahre 1951 zur wichtigsten und authentischsten Aufführungsstätte der Werke Richard Wagners. Als ich 2003 in Rente ging, zogen meine Frau und ich nach Bayreuth zurück, wo ich hautnah miterlebte, was ab diesem Zeitpunkt in Bayreuth geschah. Im Jahre 2018 hat es uns dann aus familiären Gründen nach Malente in Schleswig-Holstein verschlagen.


H.A. Bludau - Lindenallee 2 - 23714 Malente – Tel. 04523 9 84 74 14 – E-Mail heriblu@gmx.de


Verteiler:

Frau Claudia Roth, Staatsministerin für Kunst und Medien, Vertreterin des
Gesellschafters Bundesrepublik Deutschland

Herrn Dr. Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern

Frau Heidrun Piwernetz, Regierungspräsidentin von Oberfranken und
1. Vorstand der Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth

Herr Markus Blume, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Vertreter des Gesellschafters Freistaat Bayern

Herr Thomas Ebersberger, Oberbürgermeister der Stadt Bayreuth, Vertreter des Gesellschafters Stadt Bayreuth und Geschäftsführer der Richard-Wagner-Stiftung

Herr Freiherr
Dr. Georg von Waldenfels, Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth e.V., Vertreter des Gesellschafters 'Freunde von Bayreuth' und Verwaltungsratsvorsitzender der Bayreuther Festspiele GmbH

Frau Angelika Kaus, Ministerialdirigentin im Bayrischen Kunstministerium und Stiftungsratsvorsitzende in der Richard-Wagner-Stiftung

Bayerischer Oberster Rechnungshof München,
c/o Fran Braatz
Herr Christian
Thielemann, Dirigent, Sächsische Staatskapelle Dresden
Herr Senator
Dr. Carsten Brosda, Präsident des Deutschen Bühnenvereins
Herr Markus Kiesel, Theaterwissenschaftler, Heidelberg

Herr Oswald Georg Bauer, Theaterwissenschaftler

Frau Daphne Wagner
Frau Dr. Nike Wagner
Herrn Wolf-Siegfried Wagner

Frau Brigitte Merke-Erbe, Oberbürgermeisterin a.D. und Herr Thomas Erbe

Kanzlei 34, Herr RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Hannover

Richard Wagner-Vereine im deutschsprachigen Raum


Medien

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Berliner Zeitung

   

Bayerischer Rundfunk

     

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Der Spiegel

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TAZ

     

WDR

     

Wiesbadener Kurier

   

Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co KG

Zweites Deutsches Fernsehen

     


 


Zuschrift

 

 

Zitat

Richard-Wagner-Verband Ortsverband Chemnitz e. V.

Vorsitzender Matthias Ries-Wolff, Bauernweg 90, 09117 Chemnitz, den 09.06.2021

Liebe Mitglieder des Chemnitzer RWV,

in der Neuen sächsischen Galerie ging man am 21.06.2022 um 19:30 Uhr der Frage nach, ob sich jedes graphische Werk eignet, um auf einer vertieften und analytischen Basis Grundlage musikalischer Ereignisse zu werden. Von aktueller Druckgrafik ließ sich Enrico Olivanti inspirieren, um Livemusik und Elektronik zu schaffen. Etwas weniger experimentell ging es am 03.06.2022 im Opernhaus Chemnitz anlässlich der Uraufführung von „Spuk unterm Riesenrad" zu. Das Publikum war insbesondere von dem Bühnenbild beeindruckt, während die Musik von Ostermann von vielen als seicht empfunden wurde. Gleichwohl zeichnet sich hier ein großer Publikumserfolg ab.

„Drei Wochen Unendlichkeit" – so nennt GMD und Intendant Ulf Schirmer sein Projekt am Opernhaus Leipzig, sämtliche Opern von Richard Wagner in chronologischer Reihenfolge der Entstehung auf die Bühne zu bringen. Das Projekt begann am 20.06.2022. Die Intendanz in Leipzig übernimmt zum 01.08.2022 Tobias Wolff, während Ulf Schirmer sich zukünftig allein aufs Musizieren beschränken wird. Auch an der Berliner Staatsoper dreht sich das Personalkarussell: Ab 2025 wird Elisabeth Sobotka neue Intendantin, nachdem sie bereits von 2002 bis 2007 dem Haus als Operndirektorin verbunden war. In Regensburg hat der GMD das Handtuch geworfen und die Intendanz wurde von einer wahren Flutwelle an Bewerbungen überrannt. In Chemnitz sprachen sich mehr als 70 % der Orchestermitglieder gegen eine Vertragsverlängerung des GMD aus, sodass nun auch hier händeringend zum 01.08.2023 ein neuer musikalischer Leiter gesucht werden muss.

Am 12.06. hob sich an der Deutschen Oper Berlin der Vorhang zu einer Neuinszenierung von DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG. Die Regie lag in den Händen von Jossi Wieler & Sergio Morabito, während Sir Donald Runnicles krankheitsbedingt die musikalische Leitung an Markus Stenz übertragen musste. Der früher mal großartige Günther Groissböck wird als Nachtwächter zu erleben sein, allerdings wird seine Stimme vom Band eingespielt... Als Stolzing ist Klaus Florian Vogt zu erleben, der gerade dabei ist, sich eine neue Partie zu erarbeiten:
Im Frühjahr 2023 will er in Zürich in SIEGFRIED die Titelpartie übernehmen. An seiner Seite will dann übrigens Camilla Nylund als BRÜNNHILDE ebenfalls ein Rollendebüt geben.

In Dortmund begann der RING in einer Neuinszenierung von Peter Konwitschny nicht mit RHEINGOLD, sondern mit WALKÜRE, irgendwie erwartungsgemäß:
Bierdosen, Konfettikanonen, Walküren reiten auf Steckenpferden, wiehernde Pferde vom Tonband. Vielleicht hat auch die stimmliche Ausstattung der Herren Einfluss auf die Inszenierung genommen, denn nicht Siegmund, sondern Sieglinde zieht das Schwert aus dem Stamm und Brünnhilde muss es sich gefallen lassen, von Wotan gedemütigt zu werden, indem er sie als Clown anmalt und mit entsprechender Perücke in den Feuerkreis einschließt.
Zumindest der Süddeutschen Zeitung (22.05.2022) hat dieser Unsinn gefallen.

Der Richard Wagnerverband Ammersee hat jedenfalls genug von solchem Klamauk. DER FLIEGENDE HOLLÄNDER wird in der Regie von Georg Rothering, der weiß Gott kein Stückezerstörer ist, am 15. und 16.07.2022 in Schondorf aufgeführt. Weitere Informationen gibt es unter www.rwv-ammersee.de

Kurzentschlossene fuhren nach Jena, wo um 20.00 Uhr im Volkshaus „Ring – Ein Orchesterabenteuer“ von Henk de Vlieger aufgeführt wurde. Das sinfonische Werk aus dem Jahr 1991 ist ein Querschnitt durch den RING mit Überleitungen im Stile Wagners.

Seien Sie herzlich gegrüßt!

Matthias Ries-Wolff
Zitatende

 

 

Zitat
Richard-Wagner-Verband Ortsverband Chemnitz e. V.

Vorsitzender Matthias Ries-Wolff, Bauernweg 90, 09117 Chemnitz, den 09.08.2022

RWV-Chemnitz@gmx.de

Volksbank Chemnitz e.G., IBAN DE87 8709 6214 0021 2916 92

Liebe Mitglieder des Chemnitzer RWV,

Festspielzeit ist auch immer Beitragszeit. Deshalb werden wir in den nächsten Tagen die Mitgliedsbeiträge einziehen. Diejenigen, die nicht am Lastschriftverfahren teilnehmen, werden gebeten, den Mitgliedsbeitrag in Höhe von 25,00 € auf das o.g. Vereinskonto zu überweisen. Bei dieser Gelegenheit erlauben wir uns den Hinweis, dass der Mitgliedsbeitrag seit Bestehen des Ortsverbands noch nie angehoben wurde, dass aber die Kosten, nicht zuletzt auch die Portokosten in der gleichen Zeit davongelaufen sind. Um auch weiterhin neue Mitglieder nicht durch einen zu hohen Beitrag abzuschrecken, setzen wir auf freiwillige Spenden aus dem Kreis der Mitglieder.

Sicher haben Sie alle von dem Unfall bei der Premiere von WALKÜRE in Bayreuth gehört, als im 2. Akt Wotan nach dem Streit mit Fricka sich genervt in den Sessel setzen wollte und dessen Lehne genau in diesem Moment ihr zeitliches Ende segnete. Die Inszenierung von Valentin Schwarz ist so krude, dass viele Besucher dieses zunächst für einen Regieeinfall gehalten hatten und erst durch die Ansage, dass ein anderer Sänger die Partie des Göttervaters im 3. Akt übernimmt, eines Besseren belehrt wurden.

Krude, also unverdaulich und unausgegoren – mir fällt kein anderes Wort zu den „Regieeinfällen“ ein: Bei RHEINGOLD spielt eine Kindergartentruppe mit. Das Bühnenbild hat den Charme eines Einfamilienhauses aus den 50er Jahren. Freia stirbt und liegt bei WALKÜRE aufgebahrt. Sieglinde ist von Anfang an schwanger, nicht von Hunding, den sie hasst, und nicht von Siegmund, den sie erst lieben lernt, sondern von ihrem Vater Wotan! Die Walküren treffen sich auf einer Schönheitsfarm. Da es auch kein Schwert, sondern eine Pistole gab, ist bei SIEGFRIED nichts zu schmieden. Der Wanderer bringt eine Krücke, in der sich ein Schwert verbirgt. Gebraucht wird es nicht, denn Fafner liegt im Bett und stirbt an einem Herzinfarkt, nachdem Siegfried ihm den Rollator weggenommen hat. Das wichtigste Requisit ist ein Pappbecher mit Nudeln to go

... In GÖTTERDÄMMERUNG erfahren wir, dass Siegfried und Brünnhilde Eltern eines Kindes sind. Das Premierenpublikum hat mit einem nie dagewesenen Buhsturm reagiert. Manche Kritiker hingegen können dem noch etwas abgewinnen. So schreibt jemand in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung am 08.08.: „Ein Beziehungsgeflecht, das gemessen an der Vorlage zwar nicht ganz wahr ist, aber gut erfunden.“ In der Welt am Sonntag (07.08.) vergleicht man gar mit dem „Jahrhundert-Ring“ von Patrice Chéreau aus dem Jahr 1976 und meint, dass auch diese Familiensaga das Potential habe, Kult zu werden. Die NZZ sagt, was es ist: „Dieser angebliche Netflix-Ring ist ein Ärgernis“

Es fällt mir schwer, Ihnen diesen RING in Bayreuth zu empfehlen, denn auch musikalisch hat man wahrlich Besseres erlebt. „Gesang an der Grenze zum Geschrei“ (HAZ) und „laut und leidenschaftlich reicht nicht“ (BR 06.08.).

Aber es gibt ja auch Schönes in Bayreuth: Oxana Lyniv wirkte in der Ouvertüre zum FLIEGENDEN HOLLÄNDER etwas gehetzt, ihr ist aber danach der ganz große Wurf gelungen! Die Herren Zeppenfeld, Cuttler, Glaser (etwas zittrig bei den hohen Tönen) und Mayer sangen in der besuchten Vorstellung am 06.08. gut bis sehr gut, während Frau Teige die Senta gestresst und mit viel Druck sang und Frau Weissmann nicht bei Stimme war. Der LOHENGRIN (besucht am 07.08.) unter Christian Thielemann war insgesamt eine großartige Ensembleleistung, die zu recht mit 30-minütigen Standing Ovations belohnt wurde. Es wäre ungerecht, aus dem Team von Vogt, Nylund, Ganter, Lang, Zeppenfeld und Welton einen herauszugreifen, denn alle sangen auf höchstem Niveau. Ein Traum!

Im Richard-Wagner-Museum gibt es eine neue Ausstellung mit dem Titel „VolksWagner“, bei der es, so der Untertitel, um „Popularisierung, Aneignung, Kitsch“ geht. Man erfährt unter anderem von Karl Marx, Radeberger Bier, französischem Weichkäse, Hollywood und allerlei Kriegsgeschrei. Und Kuriositäten: So erhielt die Sektkellerei Söhnlein 1876 das Privileg, dass deutsche Kriegsschiffe nur mit der Sektmarke „Rheingold“ getauft werden.

Vielleicht haben Sie ja auch noch Gelegenheit, etwas von den Bayreuther Festspielen mitzubekommen. Schreiben Sie uns Ihre Eindrücke!

Im Namen des Vorstandes grüße ich Sie alle sehr herzlich,

Matthias Ries-Wolff  
Zitatende

 

 

Zitat
Leserbrief
zu den Berichten
über die neue Ring-Inszenierung 2022
:
 

Es hat schon bessere Familienserien im Fernsehen gegeben als dies bei dem ähnlichen Versuch, das auch auf der Bühne des Festspielhauses zu schaffen, gelungen wäre. Die erfolgreichen Fernseh-Familienserien hatten eine schlüssige Handlung, passende Texte und – in der Regel – eine 'ins Ohr gehende Musik'.

Von alledem kann bei der auf der Festspielhausbühne gezeigten 'Seifenoper in vier Teilen' keine Rede sein. Wildes hin und her Gerenne in undefinierbaren Bildern, die Handlung an den Haaren herbeigezogen, die Texte (weil von Wagner gestohlen) passen überhaupt nicht. Bei der Musik fragt man sich mit Recht, wem eigentlich die Idee gekommen ist, Wagners Ring-Musik für diesen Abklatsch zu verwenden. Man sollte sich über die Gültigkeitsdauer der Gesetzgebung zum Urheber-Rechtsschutz ernsthaft Gedanken machen.

Bayreuth hat damit eindeutig die Zeit hinter sich, als Jahr für Jahr Werke des Komponisten Richard Wagner festlich, großartig und eindeutig als das erkennbar, was auf der Eintrittskarte und im Programmheft angekündigt war, zur Aufführung gelangten. Die Einzigartigkeit der Bayreuther Aufführungen gibt es nicht mehr. Nach jeder neuen Pleite denkt man, es kann nicht noch schlimmer werden und jedes Mal wird es noch schlimmer. Die vier 'Ring' – Teile waren nun die Nummern 14, 15, 16 und 17 der Entgleisungsserie seit 2010.

Die Festspielleiterin, die diese Abwendung zu verantworten hat, erfüllt weder den Stiftungsauftrag, noch den Bildungsauftrag, den Bayreuth ebenfalls zu erfüllen hat.

Dem Vernehmen nach überlegen schon einige Richard Wagner Verbände, ob sie noch Stipendiaten nach Bayreuth entsenden sollen, das diese vor Ort nicht mehr Wagners Werk kennen lernen. Die Jugend hat Wagner durch diese Art der Interpretation schon längst abgeschrieben. Arme, erbärmliche Bayreuther Festspiele! Und ganz große Kopfschmerzen sollten sich die Personen und Gremien machen, die Katharina Wagner – ob nun dafür zuständig oder nicht – weiter im Amt halten.

Heribert A. Bludau, Malente
Zitatende

 

 

 

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Thema des Tages

12. Juli 2022

 

'Bayreuther Festspiele in Gefahr
 Corona-Alarm auf dem Hügel'

Von wegen normale Wagner-Festspiele! Immer mehr Künstler und Mitwirkende fallen wegen Corona aus. Jetzt auch noch der Dirigent des neuen „Rings“, Pietari Inkinen. Auch beim dezimierten Chor gibt es Ausfälle.
Zitatende
Quelle: https://www.kurier.de/inhalt.festspiele-in-gefahr-corona-alarm-auf-dem-huegel.7d719992-a5e8-42eb-8dce-f3f3af51e26b.html

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Bayreuther Festspiele:
Ring-Dirigent Inkinen ist erkrankt

Zwei Wochen vor Beginn der Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth gibt es auf dem Grünen Hügel einen weiteren Ausfall. Dirigent Pietari Inkinen kann die Proben für den "Ring des Nibelungen" krankheitsbedingt vorerst nicht fortsetzen.

 Am 25. Juli beginnen die Richard-Wagner-Festspiele und eigentlich ist Dirigent Pietari Inkinen, der in diesem Jahr den "Ring"-Zyklus dirigieren soll, jetzt in der heißen Phase. Doch krankheitsbedingt muss er pausieren. Das bestätigten die Festspiele gegenüber BR-Klassik.

Cornelius Meister übernimmt die Proben

Die Proben übernehme Cornelius Meister, heißt es vom Grünen Hügel. Meister ist auch für die musikalische Leitung bei der diesjährigen Eröffnungspremiere "Tristan und Isolde" zuständig. Zuletzt hatte Sänger John Lundgren alle seine Engagements "aufgrund persönlicher Probleme" in Bayreuth abgesagt. Nähere Angaben waren von Seiten der Festspiele nicht gemacht worden.
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Quelle:
https://www.br.de/nachrichten/bayern/bayreuther-festspiele-ring-dirigent-inkinen-ist-erkrankt,TBOSgLa

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Bayreuther Festspiele:
Lundgren sagt auch Holländer-Partie ab

Der Sänger John Lundgren wird bei den Bayreuther Festspielen nun auch nicht die Titelpartie in der Oper "Der fliegende Holländer" singen. Zuvor hatte der 53-Jährige bereits seine Rollen im "Ring des Nibelungen" zurückgegeben.

"Aufgrund der Schwere persönlicher Probleme" sehe sich John Lundgren nicht im Stande, die Titelpartie in 'Der fliegende Holländer' bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen zu gestalten. Der schwedische Opernsänger bat die Festspielleitung daher um Freistellung von der Partie. So lautet die offizielle Begründung der Bayreuther Festspiele. Weitere Angaben wurden nicht gemacht. Thomas J. Mayer wird die Partie nun übernehmen.

Lundgren hatte bereits seine Rolle für den "Ring" abgesagt

Lundgren war ursprünglich auch für die Partien des Wotan und des Wanderers im vierteiligen "Ring" vorgesehen, hatte aber dafür vor rund einem Monat abgesagt. Nun singt Egils Silins Wotan in "Das Rheingold", Tomasz Konieczny übernimmt die Wotan-Partie in "Walküre" und den Wanderer in "Siegfried".

Zum Artikel:
Bayreuther Festspiele mit zwei Neuproduktionen

Die Bayreuther Festspiele beginnen traditionell am 25. Juli, der Ticketvorverkauf startete vor mehr als einem Monat. In diesem Jahr wird der seit langem erwartete neue "Ring des Nibelungen" Premiere feiern, Regie führt Valentin Schwarz. Die musikalische Leitung hatte Pietari Inkinen inne.

Zuvor hatte der "Nordbayerische Kurier" über den Ausfall Lundgrens berichtet.
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Quelle: https://www.br.de/nachrichten/kultur/bayreuther-festspiele-lundgren-sagt-auch-hollaender-partie-ab,TB0Gz7u


 

 

 

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Grüner Hügel:
Sexismus-Vorwürfe bei den Bayreuther Festspielen

Dem "Nordbayerischen Kurier" haben Frauen berichtet, begrapscht worden zu sein. Sogar Festspielleiterin Katharina Wagner soll demnach Opfer von Übergriffen geworden sein.
[…]
Die Vorwürfe kommen für die Wagner-Festspiele zur Unzeit. Zwar waren die Proben für die aktuelle Spielzeit bislang ohne Verwerfungen oder Skandale vonstatten gegangen. Das Corona-Virus wirbelt die Pläne aber heftig durcheinander. So musste bereits der "Ring"-Dirigent Pietari Inkinen wegen einer Erkrankung passen. Auch Georg Zeppenfeld, der in dieser Spielzeit vier Partien singen soll, musste die Proben zwischenzeitlich krankheitsbedingt verlassen.

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Quelle:
https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayreuth-festspiele-richard-wagner-uebergriffe-frauen-1.5625621

 

 

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Bayreuth: Das Corona-Virus hat die Wagner-Festspiele im Griff

Auf der Bühne ist Georg Zeppenfeld ein Ereignis, darüber sind sich Rezensenten in exotischer Einmütigkeit einig. Am Telefon freilich - auch wenn es dafür weniger Niederschläge in den internationalen Feuilletons gibt - ist dieser Mann nicht so viel weniger Anlass für Gänsehaut. Dieser Bass, man weiß nicht, ob man dem Reflex stattgeben soll, den Apparat einen gesunden Meter von sich weg zu halten; oder sich genau dem Gegenteil hingibt. Was jedenfalls klar ist dieser Tage: Anders bekommt man Zeppenfeld gerade nicht her. "Ich habe Besuch vom Virus", röhrt es.

Für Bayreuth ist das misslich, mindestens. Den Marke im Premieren-"Tristan" gibt Zeppenfeld heuer. Und damit es ihm nicht langweilig wird in Franken, ist er hernach noch als Hunding in der "Walküre", als Heinrich der Vogler im "Lohengrin" und Daland im "Holländer" zu hören. Kann man mal so machen, vor allem Zeppenfeld kann das, die Wagnerianer lieben es. Umso widriger ist es nun, dass Zeppenfeld anderthalb Wochen vor Festspielbeginn bei den Proben gerade nicht mittun kann und stattdessen in Bayreuther Land-Isolation seine Tage fristet.

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Quelle: https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayreuth-festspiele-coronavirus-gruener-huegel-georg-zeppenfeld-1.5620428

 


 

These und Tabu: Meyerbeer nach Bayreuth!

 

 

 

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Musikthema

STAND , 9:14 Uhr Maria Ossowski

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Giacomo Meyerbeer, einer der erfolgreichsten Opernkomponisten seiner Zeit, hatte Richard Wagners Genie früh erkannt, ihn protegiert und unterstützt. Wagner dankte seinem Ziehvater mit einer fürchterlichen Schmähschrift. Meyerbeer verschwand in der Nazi-Zeit von allen Spielplänen. Der Berliner Musikwissenschaftler Jascha Nemtsov hat die Verbindungen beider Komponisten untersucht und kommt zu dem Schluss:
Spielt Meyerbeers Werke auf dem Grünen Hügel!
Die Grand Opéra gehört ins Festspielhaus von Bayreuth!

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Neue Intendanz am Badischen Staatstheater

Ein Neustart ohne Mut und Signalwirkung

06:06 Minuten

Christian Firmbach: Am Badischen Staatstheater erwarten ihn große Aufgaben.
Unter anderem wird das Theater für eine halbe Milliarde Euro umgebaut.

Wetzel, Marie-Dominique · 28. Juli 2022, 23:44 Uhr

Sprecher:
Am Badischen Staatstheater Karlsruhe gab es heute eine wichtige Personalentscheidung. Christian Firmbach wird neuer Intendant ab der Spielzeit 2024 /25:
Der Verwaltungsrat des Theaters hat ihn einstimmig gewählt.

Bei dieser Meldung müssen wir natürlich die Vorgeschichte erwähnen. Der Ex General Intendant Peter Spuhler ist im Sommer 2020 massiv in die Kritik geraten, weil er - so der Vorwurf - ein Klima der Angst verbreitet und seine Mitarbeiter_innen systematisch schikaniert hatte. Das führte dazu, dass sein Vertrag vorzeitig aufgelöst wurde. Interims Intendant in Karlsruhe ist seitdem Ulrich Peters.
Christian Firmbach also wird der neue Intendant und ich bin jetzt in Karlsruhe mit Marie Dominique Wetzel verbunden. Sie kennt das Haus seit vielen Jahren sehr gut, hat die ganze Krise journalistisch auch begleitet.
Guten Abend Frau Wechsel.

Wetzel:
Ja, guten Abend.

Sprecher
Wie ist er denn, der Neue?
Können sie ein paar Sätze sagen zu Christian Firmbach?

Wetzel:
Ja, Christian Firmbach ist von Haus aus Sänger. Er hat in Köln Gesang studiert, dann aber schon bald angefangen, auch Regie zu führen und relativ schnell auch Leitungspositionen übernommen, als stellvertretender GMD und Intendant und momentan ist er Generalintendant am Oldenburgischen Staatstheater und das würde auch noch bis zum Beginn der Spielzeit 2024/25 bleiben, denn bis dahin ist ja hier in Karlsruhe noch der Interims-Intendant Ulrich Peters im Amt und erst dann wird er hierher nach Karlsruhe kommen.

Sprecher:
Und welche Aufgaben warten denn jetzt auf Firmbach am Badischen Staatstheater?

Wetzel:
Oh ja, viele und große Baustellen möchte man sagen. Nämlich zuerst mal ganz wörtlich das Badische Staatstheater wird gerade komplett saniert um- und neugebaut und das ganze wird 12 Jahre dauern und 508.000.000€ kosten - also laut jetzigem Stand. Das heißt, Christian Firmbach wird dafür sorgen müssen, dass das Publikum in der Zeit nicht verloren geht und muss schauen, wie und wo man in dieser Zeit hochwertige Kunst produzieren kann unter erschwerten Bedingungen.
Ja und dann sind da noch - sie haben es erwähnt _ die großen Wunden die Ex-Generalintendant Peter Spuhler durch seinen autoritären Führungsstil in der Belegschaft hinterlassen hat, denn die sind keineswegs verheilt und Christian Firmbach wird wohl erst mal viel Vertrauen aufbauen müssen und das weiß er auch, hat er heute gesagt und ja die Belegschaft erwartet eben, dass er diesen Reformprozess, der angestoßen wurde weiterführt. Und man muss ja bedenken, dass sich die fast 800 Mitarbeitenden des Badischen Staatstheaters seit dem Rauswurf von Peter Spuhler unheimlich engagiert haben.
Also sie diskutieren seit 2 Jahren in schier unendlichen Sitzungen und zahlreichen Arbeitsgruppen darüber wie sie sich die Zukunft ihres Theaters vorstellen und wie es künftig geleitet werden soll

Sprecher:
Also der Reformprozess oder ein Reformprozess, der hat begonnen. Wie steht den Christian Firmbach dazu?

Wetzel:
Das ist jetzt eben die große Preisfrage. Er hat heute bei seiner Vorstellung hier in Karlsruhe versprochen, dass er den angestoßenen Reformprozess eben weiterführen möchte und er hat betont, dass er großen Respekt davor habe wie intensiv sich die Mitarbeitenden am Theater in dem Reformprozess engagiert haben.

Aber diesen Worten müssen jetzt eben Taten folgen und bisher ist er nicht an seinen bisherigen Wirkungsstätten als großer Reformator aufgefallen, aber er hat auch immerhin keine Negativschlagzeilen produziert und ja Stadt und Land als Träger des Theaters haben und heute auf meine Nachfrage hin schon auch nochmal betont, dass sie darauf achten wollen, dass der Reform-Prozess weitergeht.

Sprecher:
Im Idealfall werden die aus Krisen auch Lehren gezogen, Frau Wetzel. Gibt es denn solche Lehren nach dem Debakel um Ex-Generalintendant Peter Spuhler?

Wetzel:
Naja, also immerhin hat man das Generalintendanten-Modell abgeschafft. Christian Firmbach wird nicht alleine an der Spitze stehen. Er ist als Intendant künstlerischer Leiter und ist als solcher Teil eines Dreiergremiums, das das Theater leiten soll. Ihm zur Seite stehen noch die derzeitige Betriebsdirektorin Uta Christine Deppermann und der Geschäftsführende Direktor Johannes Graf Hauber.
Ja und als ich heute nochmal nachgefragt habe, wie es denn mit der Partizipation der Mitarbeiterinnen auch wirklich aussieht und ob man die nicht stärken, will ich meine, nach einem solchen Debakel wäre es ja etwas naiv einfach, nur darauf zu vertrauen das Herr Firmbach das so weiterschreibt und die Kunststaatssekretärin sagte dann - sie verwies auf die interne Geschäftsordnung - die also genau regelt, wer wann an welchen Sitzungen auch wirklich teilnehmen muss und eben auch informiert sein muss und Mitspracherecht haben muss.
Ja da kann man jetzt nur drauf hoffen.

Sprecher:
Und was halten Sie von dieser Entscheidung? Ist Firmbach die richtige Wahl für das Badische Staatstheater?

Wetzel:
Na, das wird sich erst noch zeigen.
Also, er ist ein Mann des Musiktheaters, das ist sicher nicht schlecht, weil das die Sparte in Karlsruhe ist, mit den größten Problemen, besonders was die Publikumsgunst betrifft. Aber ich will es mal so sagen, das ist nicht die Signalwirkung, die viele sich für einen wirklichen Neuanfang erhofft haben.
Ja, Firmbach steht doch eher für ein konventionelles Theater und ich frag mich schon, warum man nicht mehr Mut gehabt hat, vielleicht ein Team oder vielleicht sogar ganz mutig, eine Frau zu holen, also jemand, der ganz dezidiert sagt:
Ja, ich möchte Theater neu denken!

Auch als ich ihn darauf ansprach wie das zum Beispiel ist - im Augenblick wird in der Theaterszene ganz viel darüber diskutiert wie das mit der Nichtverlängerung von Verträgen bei Intendantenwechseln ist, ja, also, das nicht ein neuer Intendant kommt, der erstmal die ganze bestehende Belegschaft kündigt und seine neuen Leute mitbringt. Und das wird ja sehr diskutiert und da war er etwas ausweichend.
Ja, man kommt mit einer neuen künstlerischen Handschriften und da muss man natürlich neue Leute mitbringt, aber natürlich muss man auch sehen und Härteregelungen beachten.

Also ja, es ist nicht jemand, der jetzt kommt und sagt:
Kommt Leute zusammen und denken wir das Theater neu und wir wollen, aus dem was hier passiert ist, lernen und wirklich in die Zukunft gerichtet etwas – ja schaffen - das vielleicht auch wirklich Signalwirkung in die ganze bundesweite Theaterszene hat.

Sprecher:
Also einen Generalintendanten wird es nicht mehr geben, sondern nur einen Intendanten und der heißt Christian Firmbach am Staatstheater in Karlsruhe.
Diese Meldung eingeschätzt hat für uns Marie Dominique Wetzel Dankeschön

Wetzel:
Gerne.

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Leserbriefe an die

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Preiswerte Plätze fielen Weg

In einem Leserbrief zu dem genannten Beitrag wird auch die geringe Auslastung von Veranstaltungen im Opernhaus angesprochen. Dazu möchte ich Folgendes ergänzen.
Es war zu hören, dass Frau Berman wegen der geringen Besucherzahlen für einige Veranstaltungen den dritten Rang geschlossen hat. Die Besucherzahlen sollen dann auf die verbliebenen Plätze umgerechnet worden sein was zu einer zahlenmäßig höheren Auslastungsquote führte.
Unschöner Nebeneffekt: Die preiswerten Plätze im 3. Rang fielen weg.


Prof. Klaus Peters, Hannover
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Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung – 15. Juni 2022- - Seite 6

 

 

 

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Verfälscht bis zur Unkenntlichkeit

Einen großen Dank der HAZ, dass sie dem Publikum die Möglichkeit gibt, sich zu den Zuständen an der Oper Hannover zu äußern. Das große Haus wird kaum bespielt, und wenn eine Vorstellung stattfindet, geht kaum jemand hin, weil die Werke szenisch bis zur Unkenntlichkeit verfälscht werden.

Prof. Marie-Louise Gilles, Dipl. Kulturwissenschaftlerin, Hannover
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Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung – 15. Juni 2022 – Seite 6

 

Letzte Meldung

 

 




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Kardinal Müller:
Deutsche machen sich bei Reformen Illusionen

31. Juli 2022 12:52 Uhr

 



 

Kardinal Gerhard Ludwig Müller betonte, er sei nicht dafür,
den Synodalen Weg komplett aufzugeben.
Foto: dpa

Die deutschen Katholiken geben sich mit ihrem Reformprozess nach Meinung von Kardinal Gerhard Ludwig Müller einer Illusion hin.

Die im Rahmen des Synodalen Wegs angestrebten Neuerungen hätten keinerlei Chance auf Umsetzung, sagte der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation und frühere Bischof von Regensburg der Deutschen Presse-Agentur in Rom. „Der Grund dafür ist nicht, dass wir hier in Rom diktatorisch auf unseren Überzeugungen beharren oder Macht ausüben wollen.
Der Grund ist, dass die Kirche von Jesus Christus eingesetzt und entworfen worden ist. Wir haben keine Vollmacht, diese Ordnung zu verändern.“

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Quelle:
https://www.mittelbayerische.de/panorama-nachrichten/kardinal-mueller-deutsche-machen-sich-bei-reformen-illusionen-21934-art2142630.html?utm_source=browser&utm_medium=push-notification&utm_campaign=mznews-2022-07-31T11%3A12%3A401659265961#?cleverPushBounceUrl=https%3A%2F%2Fwww.mittelbayerische.de&cleverPushNotificationId=qkedgEcNaPmvpyHZt

Über was andere schrieben

 

 

 

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Skandal bei den Öffentlich-Rechtlichen:
„Mangelhafte Aufsicht und Arroganz


Erstellt:
11.08.2022, 09:43 Uhr

Von: Georg Anastasiadis

Der Skandal erschüttert das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland, weil er dessen Schwächen gnadenlos offenlegt: das oft unterentwickelte Kostenbewusstsein, die mangelhafte Aufsicht und die Arroganz einer Institution, die sich aus zwangsweise erhobenen Gebühren finanziert und niemandem Rechenschaft ablegen zu müssen glaubt. Diese Arroganz passt gut zu dem in manchen Sendehäusern gepflegten Erziehungsjournalismus, der strenge Maßstäbe am liebsten bei anderen anlegt und dessen Herz im Zweifel links schlägt.
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Quelle: https://www.merkur.de/politik/patricia-schlesinger-ard-skandal-debatte-kommentar-oeffentlich-rechtliche-runfdunkanstalten-91716359.html



 

 

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Gebührenfinanzierter Kontrollverlust:
Die Affären der ehemaligen ARD-Vorsitzenden ziehen immer grössere Kreise

Teurer Neubau, Dienstwagen mit Chauffeur, dubiose Beraterverträge, fragwürdige Spesen – die Liste der Vorwürfe gegen Patricia Schlesinger, die Intendantin des RBB, weist über den Einzelfall hinaus. Als Vorsitzende der ARD ist sie nun zurückgetreten, Die grundlegenden Defizite des beitragsfinanzierten Rundfunks in Deutschland bleiben.
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Quelle:
https://www.nzz.ch/international/medien-der-skandal-beim-rbb-ist-symptomatisch-fuer-ard-und-zdf-ld.1696268

 



 

 

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Der Schlesinger-Rücktritt und seine Folgen:
RBB-Skandal:
Werden jetzt die TV-Gebühren abgeschafft?

Mit den Vorgängen in der RBB-Chefetagen wird wieder die Frage gestellt, ob die Gebühren für die öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehsender noch gerechtfertigt sind. Seit Jahren sehen sich  ARD, ZDF oder das  Deutschlandradio, die weiterhin eine sehr hohe Verbreitung und hohe Nutzerzahlen haben, Rechtfertigungsdruck ausgesetzt. Sie werden durch Rundfunkbeiträge von jährlich rund 8 Milliarden Euro finanziert. Die Beitragserhöhung auf monatlich auf 18,36 Euro im vergangenen Jahr war kein Selbstläufer - Sachsen-Anhalt hatte blockiert. Das Bundesverfassungsgericht setzte das Ganze vorläufig durch.

Die AfD setzt beim Thema öffentlich-rechtlicher Rundfunk auf Konfrontation, auch aus den Reihen der Union gibt es immer wieder Unmut. Die nächste Runde für die Finanzierung steht für die Sender im Herbst an, sie werden sich wieder in kritischeren Länderparlamenten rechtfertigen müssen. Die Bundesländer wollen zudem perspektivisch die Finanzierung des Rundfunksystems reformieren, das ist in einem Staatsvertrag geregelt. All das hätte Schlesinger verhandeln müssen. Nach den Vorwürfen undenkbar. Das muss nun zunächst ihr Vorgänger als ARD-Chef übernehmen, WDR-Intendant Tom Buhrow.

Die Gefahr, die von den Affären um Schlesinger ausgeht, sehen viele. Der RBB-Medienjournalist Jörg Wagner sagte im RBB-Inforadio gar: „Das ist die stärkste Krise, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk gerade durchmacht.“
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Quelle:
https://www.berliner-kurier.de/berlin/rbb-skandal-werden-jetzt-die-tv-gebuehren-abgeschafft-li.254651


 



 


 

Schlussbemerkung

Selbstzweck: Unterhaltung

Sich zu freuen und herzhaft zu lachen ist eine überaus gesunde Lebensäußerung.
Die Gründe dafür können sehr unterschiedlich sein:
ein schönes Geschenk, die Belohnung für etwas Gelungenes, das Wiedersehen mit einem lieben Menschen, das Staunen über einen beglückenden Anblick.
Auch ei guter Witz, der mit seiner Pointe genau trifft, ist ein Lachen wert.


Was aber ist Unterhaltung?
Für mich bringt dieses Wort die Verbindung zur Vorstellung, dass jemand mich hält, indem er mit seiner Hand unter meine Sitzfläche greift wobei ich das gar nicht will.
Unterhaltung drängt sich also auf, wir können ihr nicht entkommen.
Sie plappert und kichert in der Werbung, sie übergießt uns mit süßlichen Bildern, belügt uns mit Illusionen, weckt Vorstellungen vom sorgenfreien Leben, von ewiger Gesundheit und Schönheit zu niedrigen Preisen.
Sie ist eine riesige verlogene Industrie.
Sie hat sich so in den Köpfen eingenistet, dass unsere Theaterleitungen der Meinung sind, die großen Werke in der Form, wie sie von den Autoren gemeint sind, dem heutigen Publikum nur noch zur Unterhaltung anbieten zu müssen:
Verdreht, verfälscht, verjuxt mit sinnlosen Aktionen aufgepeppt.

Siehe Tannhäuser in Bayreuth,
siehe Lohengrin in Hamburg,
siehe Ring in Berlin,
siehe Rosenkavalier in München,
siehe Aida in Regensburg,
siehe Fledermaus in Frankfurt,
siehe Tristan in Landshut,
siehe Otello, Figaros Hochzeit wie Onegin in Hannover 

und so weiter, und so weiter, und so weiter.

Viele gehen nicht mehr hin und die noch hingehen, lassen sich durch ‘Äktschn‘ ohne Rücksicht auf das Werk zum Kreischen vor Lachen, zum Klatschen auf die Schenkel verleiten.

Das ist dann Erfolg durch Unterhaltung.
Rechtfertigt das die Millionen, die als Subventionen den Steuerzahlern aus der Tasche gezogen werden, ohne dass auch nur im Mindesten der Bildungsauftrag erfüllt wird.

Die Frau Geschäftsführerin der Nds. Staatsoper Hannover GmbH anlässlich der Vorstellung des Spielplanes 2022/2023:


Zitat

„Als Amerikanerin, ich mag Unterhaltung!“
Zitatende
 

ML Gilles 

Impressum

…. erscheint als nichtkommerzielles Rundschreiben zu

    - ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg

kulturjournal  –  Büro 93047 Regensburg – Wahlenstraße 17 – info@kulturjournal-regensburg.de

Verteilung:
Direktversand an ausgewählte Leserschaft u.a.
Mitglieder der
Bürgerinitiative-Opernintendanz -
http://bi-opernintendanz.de/

Niedersächsischer Landesrechnungshof,
Niedersächsische Landesregierung,
Aufsichtsrat der Nds. Staatstheater Hannover GmbH,
Politische Parteien im Nds. Landtag,
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover,
Bund der Steuerzahler,
Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten,
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger,
Deutscher Bühnenverein,
Richard-Wagner-Vereine,
Feuilletons von Tageszeitungen,
Pressestellen von Theatern im deutschsprachigen Raum.

RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover
RA Markus von Hohenhau, Fachanwalt für IT-Recht, Regensburg
RA Prof. Dr. Ernst Fricke, Fachanwalt für Bühnenrecht, München/Landshut

Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen vom Regionalfernsehen Regensburg, telezeitung-online.de und aus dem Internet u.a. den Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..

Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich gemacht.
Fotos wurden Buch- und CD-Einbänden entnommen. Beiträge aus der Rubrik ‘Musiktheater‘ wurden als Zitate aus dem Hermes Handlexikon übernommen.
Leserbriefe stellen die Meinung des jeweiligen Verfassers dar.

Gender-Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf Differenzierung und geschlechtsneutrale Formulierung. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

 

 



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