Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 

 

    Theater Regensburg

  
 Bemerkungen eines voll zahlenden Zuschauers zur szenischen Umsetzung von

   
Monteverdi / Bach

  
'Il Combattimento' / 'Die Kaffeekantate'

       Premiere 12.04.2014

     'L'onta irrita lo sdegno a la vendetta'
 


Zitatzende

Announcement Theater Regensburg
 

Il Combattimento / Die Kaffeekantate (Kooperation)

Die Kaffeekantate „Schweigt stille, plaudert nicht!“ | Kantate für Sopran, Bariton und Bass von Johann Sebastian Bach | Text von Christian Friedrich Henrici | "Il Combattimento di Tancredi e Clorinda" | Madrigal von Claudio Monteverdi

Neuhaussaal

Musikalische Leitung Thomas Engel
Inszenierung
Christina Schmidt
Bühne Sascha Gratza
Kostüme Antonia Fietz

In Kooperation mit der Hochschule für katholische Kirchenmusik

Mit freundlicher Unterstützung durch Rehorik


Zum Videobeitrag der Mittelbayerischen Zeitung geht es hier.

Zwei barocke Raritäten von Claudio Monteverdi und Johann Sebastian Bach sind ab April im Neuhaussaal in einer Inszenierung von Christina Schmidt zu erleben und knüpfen an die Aufführung von Purcells „The Fairy Queen“ an.
Zwischen Monteverdis „Il Combattimento di Tancredi e Clorinda“ und Bachs „Kaffeekantate“ liegen etwa hundert Jahre. In beiden Werken geht es um eine Frau, die sich nicht in die ihr zugedachte Rolle fügen will. Im „Comabattimento“ greift Clorinda zur Waffe, um wie ein Mann zu kämpfen. Zu spät erkennt Tancredi in dem verbitterten Zweikampf, den die beiden miteinander führen, dass er seiner eigenen Geliebten eine tödliche Verletzung zugefügt hat. Das kurze Drama besticht durch die Dramatik und Eindringlichkeit, mit der die Gefühle der unerkannt Liebenden musikalisch ausgedrückt werden und rührte bei der Uraufführung 1624 in Venedig das Publikum zu Tränen.
Weitaus versöhnlicher geht es in Bachs „Kaffekantate“ („Schweigt stille, plaudert nicht“, BWV 211) zu. Sie entstand 1734/35 und ist ein kurzes Drama, in dem ironischhumorvoll Szenen aus dem „bürgerlichen Leben“ dargestellt werden. Von Johann Sebastian Bach weiß man, dass er über zwei Jahrzehnte lang zweimal wöchentlich das Zimmermannsche Kaffeehaus in der Leipziger Katharinenstraße besuchte, was darauf hindeutet, dass er selbst auch passionierter Kaffeetrinker war. Schlendrians eigenwillige, quirlige Tochter Lieschen hat vor allem eins im Sinn: Kaffeetrinken.
Ihr Vater kann das nicht gutheißen, da man dem Kaffee damals Wirkungen zuschrieb, die man bei einem unverheirateten Mädchen lieber nicht beobachten wollte. Deshalb bemüht er sich, Lieschen auf den rechten Weg, abseits der Kaffeepfade, zu bringen. Nach ernsten Gesprächen und heftigem Drängen stellt er sie vor die Wahl: Entweder Kaffee oder einen Mann! Die Aussicht für den Rest ihres Lebens „unbemannt“ zu bleiben, lässt Lieschen – zum Schein – dem verlockenden Genussmittel abschwören. Doch sie schlägt ihren Vater mit seinen eigenen Waffen: Sie lässt heimlich verbreiten, dass ihr kein Zukünftiger ins Haus kommt, der nicht ihre Kaffeeleidenschaft teilt …
Im opulenten Ambiente des Neuhaussaals erwartet den Zuschauer bei diesem Doppelabend nicht nur ein ungewöhnliches Raumkonzept, sondern auch Kaffeegenuss vom Regensburger Genuss-Spezialisten Rehorik.

Altersempfehlung: 12+


Besetzung

Claudio Monteverdi
Il combattimento di Tancredi e Clorinda

Erzähler Matthias Wölbitsch
Tancredi Arpad Vulkan

Clorinda Aurora Perry

Johann Sebastian Bach
Die Kaffeekantate

Erzähler Arpad Vulkan
Lieschen Aurora Perry
Vater Schlendrian Torsten Frisch

Instrumentalisten der Hochschule für Katholische Kirchenmusik


Zitatende

 

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Entrada

Überrascht zeigt sich das Publikum - wusste es zwar 'die Veranstaltung findet im Saale statt' - jedoch nicht, dass es zunächst einmal in den zweiten Stock steigen muss, um dort vor verschlossenen Türen zu warten.

Der Hinweis auf der Eintrittskarte 'Freie Platzwahl' hatte viele dazu verleitet, sehr früh im Haus zu sein, um einen solchen Platz in freier Auswahl zu ergattern. Nun standen viele zwangsläufig vor Vorstellungsbeginn herum und meinten, das sei doch alles ganz merkwürdig!

Sich köstlich amüsierend sieht man den kaufmännischen Vorstand der 'Anstalt' nebst Gattin in der Menge - freut man sich über die hohen Preise? Das Publikum meint, teuer genug sei es ja auch - und wird dafür auch was geboten?

Dann plötzlich darf man auf die Galerie des Neuhaussaales und bemerkt durch den von der Technik ausgestrahlten Nebel unten auf einem Podest eine Person mit einem Streichinstrument, dieses in Gang setzend.

Jemand erscheint in weißem Hemd und flüstert nach oben - wo ja die Zuschauer ringsum dem Geländer folgend sich versammelt hatten - dass ... dass krank und ... schlimmer als sonst ... und man bedaure ... aber sie werde singen.
Nachbarin auf der Galerie raunt einem zu, was man schon ahnte: "Der junge Vater!"
Nun denn - spräche dieser deutlich auf der Stütze, käme oben auch was an, so aber steht das Volk mit 'intermittend' aufgenommenen Sprechblasen da, darf aber unmittelbar nach Übermittlung der Botschaft die Galerie wieder verlassen und nach unten zum Neuhaussaal strömen.

Meist ältere Herrschaften hangeln sich die Treppen wieder hinunter, in Sorge, zu straucheln - so auch Frau van Spronsen in Begleitung einer älteren Dame. Unten mühsam wieder angekommen, darf man nun auch den Neuhausssaal betreten und sich auf den wahllos herumstehenden Sitzgelegenheiten einen Platz suchen.

Treppauf / Treppab das Publikum gescheucht - was für ein Regieeinfall.

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'S'apre il ciel: io vado in pace'

Die Schlacht der beiden Kontrahenten Tankred und Clorinda - szenisch aufbereitet durch die 'Leitende Musiktheater- und Tanzdramaturgin' des Theaters Regensburg - Christina Schmidt - auf der von ihr und der Bühnenbildnerin Sascha Gratza aufstellten Art von Hinrichtungsstätte in der Mitte des Raumes Neuhaussaal - beginnt.
Vermeintlich Aktuelles wird in den Text hineingeplappert (der Bezug zum Heute muss ja unbedingt hergestellt werden) Zorn, Mäßigung und Demut sind auf dem Bühnenpodest wie bei einer Wanderbühne darzustellen.
Dank Präsenz der Protagonisten ist das Stück, das weder Madrigal, noch Oratorium, noch Oper ist, erkennbar.
Der Speer, der in einem anderen Stück vom Kontrahenten geworfen und vom Tenor aus der Luft gegriffen wird, fiel hier zu Boden und wurde von einer hilfreichen Maid in den Kampfring hinaufgereicht.

1624 führte Monteverdi das 'Combattimento' in einem Akt über Tancredi und Clorinda in Venedig auf, von wo es sich schnell verbreitete, hatte es doch bei der Uraufführung heftige Reaktionen beim Publikum ausgelöst, was sich herumsprach.

Dresden könnte ein Aufführungsort gewesen sein, da in der Stadt ein Schriftstück mit der Stimme des Testo, des Erzählers, mit einem deutschen Text, der von Heinrich Schütz stammen könnte, gefunden wurde.

Auch in der Neuzeit hielt sich das Werk, 1937 spielte es Turin, 1940 die Scala in Mailand, 1959 die Bregenzer Festspiele.
1978 zeigte man es in Avignon - hier wurden die Sänger durch Tänzer gedoppelt.

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Eine Unterbrechung des Abends wurde von der Firma Rehorik zu einer Werbeveranstaltung genutzt, es wurde referiert über die Kaffee aus Afrika und seine Verarbeitung.

Lichtbilder zeigte man nicht!

Das Publikum durfte näher treten und eine Tasse eines frischen Aufgusses zu sich nehmen - jemand meinte, wenn man bei Rehorik röste, erfülle dies die ganze Stadt mit gutem Geruch - der Kaffee rieche besser, als er schmecke.

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'Du böses Kind, du loses Mädchen'

... so in der 'Kaffeekantate' von Johann Sebastian Bach.

Es fliegen die Fetzen, Gardinen werden heruntergerissen, nur weil das Kind des Hauses sich dem Kaffeegenuss verschrieben hat.
Der Vater, der es nicht dulden will, sucht einen Mann für die Tochter (der schleicht durchs Publikum) und zum Schluss wird bekannt gegeben:
nur der Freier wird akzeptiert, der es der Tochter erlaubt, Kaffe zu genießen, wann sie es wolle.


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Fazit

Da gab es von ihr schon 'Die wüste Insel' von Haydn, ja und 'Hänsel und Gretel' - und nun ein Werk 'aus eigener Feder' - zwei Stücke der Welt zusammengefasst für die Truppe am Oberpf. Metropol-Theater.

Herausragend die Musikanten der Hochschule für Kirchenmusik mit ihrem musikalischen Leiter und die vier Solisten auf der Bühne.
Ohne die käme das Ganze einer szenischen Übung der Theatergruppe eines Gymnasiums gleich.
Auch an der Uni in Regensburg - dort droben auf dem Berg - wird manches gezeigt, das nicht durch einen städtischen Betrieb zu Lasten des Gesamtapparates 'Anstalt des öffentlichen Rechts' und zu Lasten des Steuerzahlers auf direkte Weise aktiviert wird.

Noch 'ne Aktion, vier Spielstätten reichen ja nicht, es kann ja nicht genug geboten werden, um sich wichtig zu tun.
Arme Technik, arme Werkstätten!

Das Publikum gab an dem Abend - vor allem Damen durch schrille Schreie - eine Meinung - wes Nam' und Art auch immer - bezüglich der Inszenierung kund.
Schon bei der Uraufführung war das Publikum in Tränen ausgebrochen.

In Regensburg 'Cobattimento' und 'Kaffeekantate' szenisch als Kooperation (what ever it means) betreut von der erfahrenen Regisseurin Christina Schmidt - in zwölf Jahren als Regensburger Musikdramaturgin die fünfte Inszenierung.
Ganz toll!

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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