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Nr. 41
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Frage an Frau B. aus H.:
Haben Sie schon ‘Cosi fan tutte‘
an der Niedersächsischen Staatsoper Hannover
gesehen?
Antwort von Frau B. aus H.:
Nein!
Das, was ich darüber in der
‘Mitteilung an meine Freunde‘
gelesen habe, langt mir!
Zitat
Tarifverhandlungen - Normal-Vertrag-Bühne
GDBA kämpft für Gerechtigkeit und zeitgemäße Mindestbezüge
Als Theatergewerkschaft hat die GDBA als
Sofortmaßnahmen vier sehr konkrete Forderungen formuliert. Am 9.
März haben dazu die Manteltarifverhandlungen mit dem Deutschen
Bühnenverein (DBV) begonnen. Nach vier Stunden gab es noch kein
Ergebnis - das war aber auch nicht zu erwarten. Am 1. April
sollten die Verhandlungen fortgesetzt werden. Erster Punkt auf
der GDBA-Forderungsliste ist die dringend notwendige Steigerung
der Mindestgagen. Das Angebot des DBV lag deutlich unter unseren
Forderungen. Seit 2018 liegt die Mindestgage für
Solo-Künstler:innen und Bühnentechniker:innen bei nur 2.000 Euro
pro Monat. Sie wurde seitdem nicht erhöht und wird in der
Branche schon lange als prekär eingestuft.
Die GDBA fordert eine
Mindestgage zwischen 2.750 Euro und 3.100 Euro je nach Größe der
Häuser und Qualifikation der Mitarbeiter:innen
Bühnenkünstler:innen haben meist einen
Hochschulabschluss, sie arbeiten an Sonn- und Feiertagen, unter
der Woche oftmals im zweigeteilten Dienst und häufig länger als
andere Berufsgruppen. In der Regel haben sie zeitlich begrenzte
Verträge, was die Lebensplanung erschwert. Aktuell liegt die
Mindestgage von 2.000 Euro im Vergleich zum öffentlichen
Dienst im Bereich der un- und angelernten Küchenhilfen und
Boten.
Zudem hat die Inflation den höchsten Stand seit 30 Jahren
erreicht. Im Februar 2022 lag sie bei 5,1 Prozent. Die Mieten
und Energiekosten steigen rasant an. Der Mindestlohn wird auf 12
Euro ansteigen, 35 Prozent mehr als 2018. Eine drastische
Erhöhung der Mindestgage ist darum eine längst überfällige
Korrektur, die schnellstmöglich umgesetzt werden muss.
Was wir fordern ist zweifellos ein ziemlicher Sprung: von 2.000
Euro auf mindestens 2.750 Euro. Aber die Mindestgage ist seit
Jahren viel zu niedrig und wurde immer nur minimal erhöht.
Als Gewerkschaft ist es unsere Aufgabe, das zu fordern, was
unseren Mitgliedern zusteht, und nicht das zu fordern, was einer
gefühlten Verhältnismäßigkeit entspricht.
Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, hat die GDBA eine
Online-Petition auf Open Petition
gestartet.
Hier kommen unsere Mitglieder ins Spiel: Unterstützt unsere
Forderungen! Bis jetzt haben das über 6.900 Menschen getan und
die Zahl steigt beständig. Möglichst viele weitere
Unterstützer:innen machen es dem Bühnenverein schwer, unser
berechtigtes Verlangen zu ignorieren. Solidarität ist gefragt:
Mit eurer Stimme verleiht ihr der Notwendigkeit nach einer
Erhöhung der Mindestgage Ausdruck. Und selbstverständlich können
auch Nicht-Kulturschaffende gern abstimmen. Darüber hinaus lässt
sich die Position der GDBA in den Tarifgesprächen weiter
unterstützen: Teilt unsere Beiträge aus den sozialen Netzwerken,
verbreitet die Online-Petition und thematisiert unsere
Forderungen im Kreis von Freund:innen, Familien und Kolleg:innen.
Wer noch kein Mitglied ist, sollte Mitglied werden! Je stärker
wir als Gewerkschaft sind, desto mehr können wir gemeinsam
erreichen. Wer bereits Mitglied ist, kann uns aktiv in der
Mobilisierung unterstützen.
Unter https://gdba-faq.de haben wir Fragen im Zusammenhang mit
unserer Forderung beantwortet und informieren detaillierter. Die
Seite wird fortlaufend aktualisiert werden: Kommende Fragen
sollen dort dann im Sinne völliger Transparenz beantwortet
werden. Auf diese Weise möchten wir unseren Mitgliedern außerdem
die Möglichkeit geben, unsere Wege nachzuvollziehen und
selbstständig zu argumentieren. Außerdem sollen Journalist:innen
und Abgeordnete sich hier mit guten Argumenten versorgen und sie
verbreiten.
Auf dem YouTube-Kanal der GDBA sowie unseren
Social-Media-Kanälen haben wir Videos von Mitgliedern zur
Kampagne hochgeladen - to
be continued.
Bessere Gagen auch für Gäste
Die Mindestgage der Gäste muss höher sein, als
die Mindestgage der festangestellten Bühnenmitglieder, denn
Gäste tragen ein erhöhtes unternehmerisches Risiko und werden
nicht durchgehend beschäftigt. Während der Pandemie wurden Gäste
häufig trotz Engagement nicht oder nur unzureichend bezahlt.
Außerdem werden sie seit Corona
wesentlich weniger engagiert. Die meisten Theaterbetriebe sind
auf Gäste angewiesen, besonders wenn Ensemblestellen eingespart
werden. Ihre Relevanz und Flexibilität muss sich auch in den
Gagen widerspiegeln. Ihr Leben und Arbeiten ist schwierig
planbar, zudem fallen sie durch die sozialen Sicherheitsnetze
wie etwa die Künstlersozialkasse.
Anpassung der Mindestgagen an
die Lebenshaltungskosten
Die Mindestgage für den Bereich Solo und
BT muss jährlich entsprechend der Tariferhöhungen gesteigert
werden, wie es für andere Berufsgruppen am Theater und im
öffentlichen Dienst längst üblich ist, damit sie nicht hinter
Mindestlohn und den Gagen anderer Beschäftigter zurückliegt. Das
Schlüsselwort lautet „Dynamisierung". Gemeint ist damit, dass
die Tariferhöhungen sich in der Mindestgage widerspiegeln und
diese die Steigerung der Lebenshaltungskosten abbilden.
Einführung von Gagenstufen
nach Dienstjahren
Mit Mindestgagen für Berufseinsteiger ist es
nicht getan: Erfahrung muss belohnt werden. In allen
Theaterbereichen gibt es bei mehr Berufsjahren auch mehr
Vergütung - nur im Bereich Solo und BT
nicht. Auch hier müssen Gagenstufen nach Dienstjahren eingeführt
werden, um Gerechtigkeit herzustellen.
Wir haben ein Gagensystem entwickelt, gestaffelt nach
Dienstjahren und A- und B-Häusern. Details hierzu ebenfalls auf
unserer FAQ-Seite.
Hier findet ihr Antworten auf die am häufigsten
gestellten Fragen zu unseren Forderungen und zu unserer
Gewerkschaft. Wenn ihr weitere Fragen habt, schreibt uns gern
eine E-Mail oder ruft uns an!
Wie war die zweite Runde der
Manteltarifverhandlungen am 1. April?
Wir sind uns nicht einig geworden. Über unsere Forderungen und
das Angebot des Deutschen Bühnenvereins werden wir in einem
Mitglieder-Meeting Spezial […] berichten. Die Einladung erfolgt
an alle Mitglieder per Mail.
Gilt eure Argumentation auch für
Menschen mit Abschlüssen von privaten Schulen?
Ja! Denn Künstler:innen von privaten Schulen haben auch studiert
und somit einen Abschluss erhalten. Ob staatlich oder privat
spielt dabei keine Rolle. Auch üben sie die gleichen Tätigkeiten
aus wie die Kolleg:innen mit staatlichem Hochschulabschluss.
Unsere Argumentation gilt auch für Menschen, die dieselbe
Tätigkeit ausüben und gar keinen künstlerischen Abschluss haben,
aber künstlerisch tätig sind. Es gibt hier und da Kolleg:innen,
die z. B. durch erfolgreiche Arbeit im Jugendclub in Ensembles
gerutscht sind. Diese haben auch das Recht, gleichwertig
vergütet zu werden.
Ihr fordert eine Mindestgage
zwischen 2.750 und 3.100 €.
Wie kommt ihr auf diese Zahlen?
Bei der Gagenhöhe berücksichtigen wir sowohl die Tätigkeit und
Verantwortung der Beschäftigten als auch die Größe des Hauses.
Für die Einordnung von Tätigkeiten und Verantwortung schlagen
wir zwei Kategorien vor.
Kategorie 1: Tätigkeiten, die in der Regel ein Studium
erfordern und mit einer größeren Verantwortung und Belastung
verbunden sind.
Kategorie 2: Tätigkeiten, die in der Regel kein Studium
voraussetzen.
Bei der Höhe der Gagen haben wir uns an den Entgelten
(Bezahlung) des TVöD orientiert. Der TVöD ist der Tarifvertrag
für den öffentlichen Dienst. Danach entsprechen die Berufe, die
sich hier in Kategorie 1 finden, der Entgeltgruppe E 9a, und die
Berufe, die sich in der Kategorie 2 befinden, der Entgeltgruppe
E 7.
Ist der Sprung von 2.000 € auf
3.100 € nicht unverhältnismäßig hoch?
Ja, der
Sprung ist sehr hoch. Denn die Mindestgage ist seit Jahren zu
niedrig und wurde immer nur minimal erhöht. Die Inflation liegt
laut Statistischem Bundesamt im Februar 2022 bei 5,1 %. Diese
Erhöhung der Lebenshaltungskosten findet sich nicht in der
Mindestgage wieder. Als Gewerkschaft ist es unsere Aufgabe, das
zu fordern, was unseren Mitgliedern zusteht, und nicht das zu
fordern, was einer “gefühlten” Verhältnismäßigkeit entspricht.
Wir denken: Die Mindestgage ist viel zu lange schon
unverhältnismäßig niedrig, sie muss so schnell wie möglich
steigen. Oder: Wenn man beim Marathon lange nur kleine Schritte
gemacht hat, muss man im Endspurt viele sehr große Schritte
machen, um ans Ziel zu kommen. Im Übrigen zahlen die meisten
mittleren und großen Häuser seit Jahren wesentlich mehr als die
Mindestgage. Das Land Hessen hat per Gesetz eine Mindestgage für
alle Theater auf 2.300 € festgelegt. Bremen zahlt sogar 3.000 €.
Welche Gagenstufen nach
Dienstjahren stellt ihr euch für A- und B-Häuser vor?
A-Häuser Kategorie 1
Zunächst stellen wir uns 4
Stufen vor. Für die Kategorie 1 (A-Häuser), also die
Arbeitnehmer:innen mit Studium, könnte das Gagensystem zunächst
so aussehen:
Stufe 1 Mindestgage = 3.100
€
Stufe 2 nach 3 Jahren = 3.350 €
Stufe 3 nach 6 Jahren = 3.600 €
Stufe 4 nach 9 Jahren = 3.850 €
Hier gibt es eine Übersicht der Entgeltgruppen des öffentlichen
Dienstes. Und hier geht es zur Entgelttabelle.
Einordnung der
Berufe Kategorie 1
Einzeldarsteller:innen,
Kabarettist:innen und Puppentheaterspieler:innen, Dirigent:innen,
Kapellmeister:innen, Studienleiter:innen, Repetitor:innen,
Spielleiter:innen, angestellte Regisseur:innen,
Chordirektor:innen, Choreograf:innen, Tanz-/Ballettmeister:innen
sowie Trainingsleiter:innen, Dramaturg:innen, Leiter:innen des
künstlerischen Betriebsbüros, Disponent:innen,
Ausstattungsleiter:innen, Bühnenbildner:innen,
Kostümbildner:innen und Lightdesigner:innen, Inspizient:innen,
Theaterpädagog:innen, Schauspielmusiker:innen, Souffleure,
Theaterfotograf:innen, Presse- und Marketingreferenten sowie
Referenten der Öffentlichkeitsarbeit, Grafiker:innen, technische
Direktor:innen und technische Leiter:innen, Vorstände der
Malsäle, Leiter:innen des Beleuchtungswesens, Leiter:innen der
Bühnenplastikerwerkstätten, Leiter:innen des Kostümwesens,
Leiter:innen der Ausstattungswerkstätten,
Chefmaskenbildner:innen, Tonmeister:innen, Oberinspektor:innen
und Inspektor:innen, Beleuchtungsmeister:innen,
Gewandmeister:innen, Bühnenmeister:innen,
Requisitenmeister:innen.
Für sie wurden 3.100 € für
A-Häuser und 2.900 € für B-Häuser gefordert.
Einordnung der
Berufe Kategorie 2
Referent:innen und
Assistent:innen von Intendant:innen sowie des künstlerischen
Betriebsbüros, Beleuchter:innen, Maskenbildner:innen,
Requisiteur:innen, Veranstaltungstechniker:innen,
Tontechniker:innen, Bühnenmaler und -plastiker:innen,
Kostümmaler:innen, Referent:innen und Assistent:innen der
technischen Direktionen.
Es handelt sich um Gagenstufen, die eine Untergrenze
beschreiben. Es steht jedem frei, eine höhere Gage zu
verhandeln.
Hier wurden 2.900 € für
A-Häuser und 2.750 € für B-Häuser gefordert.
A-Häuser Kategorie 2
Für die Kategorie 2 könnte das Gagensystem so aussehen:
Stufe 1 Mindestgage = 2.900
€
Stufe 2 nach 3 Jahren = 3.150 €
Stufe 3 nach 6 Jahren = 3.400 €
Stufe 4 nach 9 Jahren = 3.650 €
Auch hier handelt es sich um
Gagenstufen, die lediglich eine Untergrenze abbilden. Höhere
Gagen können verhandelt werden.
B-Häuser Kategorie 1
Auch hier stellen wir uns 4 Stufen vor. Für die Kategorie 1
(B-Häuser), also die Arbeitnehmer mit Studium, könnte das
Gagensystem so aussehen:
Stufe 1 Mindestgage = 2.900
€
Stufe 2 nach 3 Jahren = 3.100 €
Stufe 3 nach 6 Jahren = 3.300 €
Stufe 4 nach 9 Jahren = 3.600 €
Es handelt sich um
Gagenstufen, die eine Untergrenze beschreiben. Es steht jedem
frei, eine höhere Gage zu verhandeln.
B-Häuser Kategorie 2
Für die Kategorie 2 könnte das Gagensystem so aussehen:
Stufe 1 Mindestgage = 2.750
€
Stufe 2 nach 3 Jahren = 2.950 €
Stufe 3 nach 6 Jahren = 3.150 €
Stufe 4 nach 9 Jahren = 3.350 €
Auch hier handelt es sich um
Gagenstufen, die lediglich eine Untergrenze abbilden. Höhere
Gagen können verhandelt werden.
Werden durch das Erhöhen der Gagen
die Theater nicht kaputtgehen?
Nein. Denn
wenn wir im Tarifvertrag bessere Gagen festlegen, dann werden
die meisten Kommunen und Länder sich nach diesen Zahlen richten
und ihre Zuschüsse anpassen müssen.
Bei der Einführung des
Mindestlohns im Jahr 2015, damals waren es 8,50 €, dachten auch
viele, dass die Gastronomie, die Taxiunternehmen und die
Baubranche ruiniert werden. Das war aber nicht der Fall. Wenn
sich die Tarife der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes
erhöhen, denkt auch niemand, dass die Theater kaputtgehen. Dies
ist ein altes Narrativ, dass uns lange daran gehindert hat, das
zu fordern, was uns zusteht. Wenn Theater schließen müssen, weil
das Personal fair bezahlt wird, dann sind die Träger:innen dafür
verantwortlich, nicht das Personal. Dahinter steht die
Entscheidung, was der Politik Kultur- und Bildungseinrichtungen
wert sind.
2.400 DM – 1991/ 1992
2.500 DM – 1994
1.550 € – 2003
1.600 € – 2009
1.650 € – 2013
1.765 € – 2015
1.850 € – 2017
2.000 € – 2018
Was kann ich für eine höhere Gage
tun?
Teilt unsere Beiträge in den sozialen
Netzwerken, verbreitet die
Online-Petition und thematisiert unsere
Forderungen im Kreis der Freund:innen, Familien und Kolleg:innen.
Und werdet unbedingt
Mitglied in der GDBA. Je stärker wir als
Gewerkschaft sind, umso mehr können wir gemeinsam erreichen.
Außerdem bieten wir Rechtsschutz und Rechtsberatung. Wer bereits
Mitglied ist, kann uns aktiv in der Mobilisierung unterstützen,
denn wir planen demnächst eine Arbeitsgruppe zur Mobilisierung
zu gründen.
Warum schaltet die GDBA eine
Online-Petition?
Die
Online-Petition auf Open Petition wurde ins Leben
gerufen, um dem Bedürfnis der Theaterschaffenden und der
Notwendigkeit nach einer Erhöhung der Mindestgage Ausdruck zu
verleihen. Die GDBA plant den NV Bühne zu reformieren, dafür
wird die Solidarität aller Kulturschaffenden und
Kulturinteressierten benötigt. Jede Stimme unterstützt uns in
den Tarifgesprächen.
Warum liegt die Honoraruntergrenze
(HUG) für Freischaffende unverändert bei 2.490 € brutto?
Der
Bundesverband der Freien Darstellenden Künste (BFDK) orientiert
sich bei der Honoraruntergrenze (HUG) an der Mindestgage des NV
Bühne. Das sind aktuell 2.000 €. Die HUG beträgt für
Künstler:innen, die in der Künstlersozialkasse (KSK) sind, 2.490
€ und für Künstler:innen, die nicht in der KSK sind, 2.875 €. Es
ist also davon auszugehen, dass sich die HUG erhöhen wird, wenn
sich die Mindestgage im NV Bühne verändert.
Hier kann man sie nachlesen.
Wieso führt die GDBA bei der
Begründung der Höhe der Mindestgage die Gage von Ungelernten
auf?
Das ist
nur ein Beispiel, um zu verdeutlichen, wo die aktuelle
Mindestgage im Vergleich zum öffentlichen Dienst liegt. Wir
möchten nicht, dass gelerntes Fachpersonal, das wir vertreten,
wie un- und angelerntes Personal bezahlt wird. Qualifikationen,
wie abgeschlossene Ausbildungen oder Hochschulabschlüsse sowie
Verantwortung müssen sich in der Bezahlung wiederfinden.
Hier kann man die Eingruppierung der
Entgeltgruppen einsehen. Und hier geht es zur Entgelttabelle für
die
Kommunen und die
Bundesländer.
Wie kommt die GDBA zu der
Behauptung, dass Ungelernte mehr verdienen als die derzeitige
Mindestgage von 2.000 €?
Bei dieser
Aussage haben wir uns auf den Tarifvertrag für den öffentlichen
Dienst berufen (TVöD für Kommunen und TV-L für Länder).
Hier kann man die Eingruppierung der
Entgeltgruppen einsehen. Und hier geht es zur Entgelttabelle
für die
Kommunen und die
Bundesländer.
Würden ältere Kolleg:innen
überhaupt noch engagiert werden, wenn sie “teurer“ werden?
Diese
Frage beschäftigt uns auch. Denn genau wissen wir das nicht. Wir
appellieren deswegen an die Theaterleitungen, das Niveau und die
Vielfältigkeit der Mitarbeiter:innen in Bezug auf Geschlecht,
Herkunft und Alter auf dem höchsten Niveau der Diversität zu
halten. Ältere Kolleg:innen verfügen über wichtiges Wissen und
Erfahrung – das ist ein Schatz, auf den eine moderne
Personaldecke nicht verzichten kann. Wir fordern aus diesem
Grund übrigens keine Gagenstufen bis ins Unendliche. Nach 9
Jahren endet vorerst die letzte Gagenstufe. Das bedeutet nicht,
dass die Gage an dem Punkt stagniert. Jede Stufe ist als
Mindestgagenstufe gedacht. Man soll also mehr verhandeln können.
Ihr fordert eine Dynamisierung. Was
ist damit gemeint?
Mit
Dynamisierung ist gemeint, dass die Mindestgage sich
entsprechend der Tariferhöhungen jährlich anpasst. Die
Tariferhöhungen berücksichtigen die Steigerung der
Lebenshaltungskosten, sie werden bundesweit regelmäßig von der
Gewerkschaft ver.di ausgehandelt.
Warum fordert ihr nicht eine
Mindestgage für alle von 3.100 €?
Wir halten
eine Differenzierung der Höhe der Gage abhängig von
Verantwortung und Ausbildung für gerecht. Wir möchten zudem,
dass sich auch kleine Häuser mit weniger Budget eine
entsprechende Erhöhung der Mindestgage leisten können. Daher
berücksichtigen wir bei unseren Gagenforderungen sowohl die
Tätigkeiten (studiert/nicht studiert/Verantwortung) als auch die
Größe der Häuser.
Schadet eine Mindestgage von 3.100
€ nicht den Theatern, weil sie so wenig Geld haben?
Wir haben
nie das Argument vernommen, dass es Ensembles und Theatern
schaden würde oder sie verkleinert werden müssen, wenn eine
bessere Bezahlung für Orchestermusiker:innen oder
Techniker:innen erkämpft wurde. Nur die Bühnenkünstler:innen
sollen immer wieder verstehen, dass sie lieber nicht dafür
kämpfen sollen, angemessen und anderen Theaterbeschäftigten
vergleichbar bezahlt zu werden.
Warum verhandelt der BFFS nicht
mit?
Der
BFFS (Bundesverband Schauspiel e.V.) will gerne
mit an den Verhandlungstisch. Wir sind mit dem BFFS in engen,
konstruktiven Gesprächen darüber.
Der Vorstand der GDBA hat sich für eine Zusammenarbeit mit dem
BFFS ausgesprochen. Nun werden Gespräche zwischen dem BFFS, der
VdO sowie dem DBV folgen.
Wie war die Tarifverhandlung am 9.
März und wer war alles mit dabei?
Es
haben die Tarifausschüsse der GDBA, der
VdO (Vereinigung deutscher Opern- und
Tanzensembles e.V.) und des
DBV (Deutschen Bühnenvereins) digital miteinander
verhandelt. Zentrales Thema war die seit 2018 stagnierende
Mindestgage in Höhe von 2.000 € im NV Bühne. Die Tarifausschüsse
der GDBA und der VdO haben jeweils ihre Forderungen bzgl. der
Mindestgage vor dem DBV begründet. Das Angebot des DBV lag
deutlich unter unseren Forderungen. Es kam nach vier Stunden zu
keinem Ergebnis. […]. Um die Verhandlungen zu unterstützen,
unterschreibt bitte die
Petition.
FAQ – Viele Antworten auf eure Fragen
Ein
Service der GDBA -
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger
Zitatende
Quelle: Fachzeitschrift der Genossenschaft ‘Deutscher
Bühnen-Angehöriger‘ – Ausgabe 3/22
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Zitat
Lebenslügen und Kumpanei
Die
Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag hat ein Wort benutzt,
das ins Bild passt. Amira Mohamed Ali sprach von
‘Kriegsbesoffenheit‘ und meinte jene Parlamentsabgeordneten, die
‘Ja‘ sagen zum 100 Millionen Euro schweren Sondervermögen für
die Bundeswehr, das Kanzler Olaf Scholz angekündigt hat.
An der
Äußerung sieht man:
Der von Wladimir Putin befehligte Angriff russischer Soldaten
auf die Ukraine stellt auch die Grundüberzeugung jener Parteien
auf eine harte Probe, die dem Spektrum links der Mitte
zuzuordnen sind. Manche tragen ihre ideologischen Habseligkeiten
aus den Trümmern des Krieges und stellen fest, dass sie in einen
Kulturbeutel passen.
Die Grünen
haben zwar eine ihrer Wurzeln in der westdeutschen
Friedensbewegung, die sich einst gegen den Rüstungswettlauf
zwischen Nato und Warschauer Pakt wandte.
Vielen ging es neben Frieden aber auch um Demokratie und
Menschenrechte.
Das ist ein Grund, warum Außenministerin Annalena Baerbock nun
keine Mühe damit hat, einer Stärkung der deutschen
Rüstungsindustrie das Wort zu reden.
Die
Sozialdemokratie kämpft nicht allein mit Altkanzler Gerhard
Schröder, sondern mit sich selbst. Nicht wenigen ist am Tag des
Angriffs der Schreck in die Glieder gefahren. Darum ist das
Schweigen der ‘Friedenspartei‘ bisweilen laut. Zugleich bleibt
das Verhältnis zur Ukraine distanziert. Es ist ja kein Zufall,
dass Scholz auf die Videoansprache des Präsidenten Wolodymyr
Selenskyj im Parlament nicht reagiert hat und sich namhafte
Parteivertreter am streitbaren Botschafter Andrij Melnyk
abarbeiten. Der Glaube, man könne Putin mit einer Neuauflage der
Entspannungspolitik Willy Brandts beikommen, liegt in Scherben.
Der Zorn darüber richtet sich manchmal nicht gegen Moskau,
sondern gegen Kiew.
Bei der
Linken ist es schlimmer, in der Fraktion gibt es Abgeordnete,
die Putin unverändert rhetorisch zuarbeiten. Sahra Wagenknecht,
Sevim Dargelen, Andrej Hunko, der schon 2015 die russischen
Separatisten an der Ostukraine besuchte, oder Klaus Ernst, der
Ex-Parteichef und Schröder-Freund zog zuletzt die
Nato-Mitgliedschaft der baltischen Staaten in Zweifel.
Im Kern hat
sich die Linke von ihrer autoritär prosowjetischen Tradition nie
ganz lösen können. Das tritt angesichts der täglichen Toten
heute auf eine brutale Art und Weise zutage. Meinungen sind
nicht mehr schuldlos. Weil die Partei bei Wahlen und Umfragen
immer weiter absackt, beißt sie sich immer tiefer in ihre
Irrtümer fest. Der Angriff auf die Ukraine hat jedenfalls die
Lebenslügen all jener entlarvt, die glaubten, es reiche,
irgendwie für Frieden einzutreten - und die die Freiheit
vergaßen. Die Herausforderung wird sich auch nicht durch infame
Warnungen vor einer ‘Kriegsbesoffenheit‘ bewältigen lassen.
Zitatende
Quelle:
Markus Decker: in Hannoversche Allgemeine – 21. März 2022 –
Seite 2
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Zitat
Hohe Einsparungen
Oper
Frankfurt droht Zehn-Millionen-Euro-Kahlschlag
Leere kommunale Kassen nach
der Pandemie und drastische Kürzungsvorschläge bedrohen das
größte Opernhaus Hessens. Jetzt hofft man in Frankfurt auf Hilfe
vom Land – kann das Haus von einer städtischen zur Staatsoper
werden?
Fittkau, Ludger | 07. April 2022, 17:36 Uhr
Deutschlandfunk - Kultur heute
Sprecher DLF:
Dass Kommunen, im Vergleich zu Bund und Ländern, wenig Geld
haben, das ist schon lange Gegenstand von Diskussionen und ja,
auch von Verhandlungen eben dieser Ebenen, und auch, dass sich
durch Schuldenbremse und Corona-Krise die Lage der Haushalte in
den Gemeinden zuspitzen wird und damit die Lage der freiwilligen
Aufgabe ‘Kultur‘.
Gerade beginnen vielerorts die Haushaltsberatungen für das
kommende Jahr und als erstes hört man nun einen Aufschrei aus
Frankfurt.
Schauspiel und Oper sollen dort im nächsten Jahr 10 Millionen
Euro einsparen. Das können sie nicht, sagt die deutschsprachige
Opernkonferenz, in der die großen Häuser aus Deutschland
Österreich und der Schweiz organisiert sind.
Eine Hoffnung für die Oper am Main könnte sein, sie wird
‘Hessische Staatsoper‘.
Unser Korrespondent Ludger Fittkau berichtet.
Sprecher Ludger Fittkau:
10 Millionen Euro oder noch mehr, diese Summe sollen die
städtischen Bühnen in Frankfurt am Main ab 2023 einsparen –
jährlich.
Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
In diesen Dimensionen und bei Nichtübernahme von den
Tariferhöhungen werden in meinem Haus keine Neuproduktionen mehr
möglich sein. Das war's mit der Form von Opern, wie wir das
bisher gemacht haben.
Sprecher Ludger Fittkau: Sagt Dietmar Schwarz, der
Intendant der Deutschen Oper Berlin und stellvertretende
Vorsitzende der deutschsprachigen Opernkonferenz. Mit diesen
Kürzungen könnte die Oper Frankfurt am Main ihr international
anerkanntes Niveau nicht mehr halten. Dietmar Schwarz befürchtet
auch, dass die drastische Kürzungsdebatte, die nun in der
Main-Metropole geführt wird, nach der Pandemie kein Einzelfall
bleibt.
Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
Das ist zu befürchten. Die Münchner Situation ist ja auch nicht
ganz unproblematisch.
Sprecher Ludger Fittkau:
Auch in München geht es um Millionen-Kürzungen im
Theaterbereich, wenn auch nicht in den Dimensionen, die nun in
Frankfurt am Main diskutiert werden. Ina Hartwig, die
SPD-Kulturdezernentin der Stadt, teilt die Befürchtungen der
deutschsprachigen Opernkonferenz. Kämen tatsächlich jährlich
zweistellige Millionenkürzungen im Theater, wäre das in diesem
Bereich ein kultureller Kahlschlag, so Hartwig.
Ina Hartwig:
Da kann ich auch dem offenen Brief der Deutschen unserer
Konferenz nur zustimmen: Diese Konsolidierung wird so nicht zu
bringen sein, daher befindet sich auch die Römer-Koalition in
weiteren Gesprächen.
Sprecher Ludger Fittkau:
Die Koalition im Römer, dem Frankfurter Rathaus, besteht aus
Grünen, SPD, FDP und Volt. Die Frankfurter Kulturdezernentin Ina
Hartwig bittet aber nun auch das Land Hessen um Hilfe.
Ina Hartwig:
Denn wir sind die größte Stadt in Hessen, aber keine
Landeshauptstadt. Wir haben insofern auch keine Landesmittel.
Unser Opernhaus – und das unterscheidet uns von vergleichbaren
Opernhäusern in Deutschland – ist natürlich für die Stadt
Frankfurt, die kreisfreie Stadt ist, eine extreme
Herausforderung, dies alleine zu stemmen. Dieses unglaublich
tolle Kulturangebot unserer Oper, das wiederum ja auch sehr
gerne von den Umlandgemeinden wahrgenommen wird.
Sprecher Ludger Fittkau:
Das bestreitet Angela Dorn, die grüne Kunstministerin des Landes
Hessen nicht, doch sie habe bereits 3 Landestheater zu
finanzieren: in Wiesbaden, Darmstadt und Kassel.
Angela Dorn:
An ganz vielen Stellen ist das Land in erheblicher Verantwortung
und auch ich muss in diesen schwierigen finanziellen Zeiten
schauen, dass ich all diese Förderungen weiterbringe, die
strukturellen Herausforderungen angehe.
Wäre schön, in meinem Haushalt gäbe es, sozusagen, noch einen
kleinen 'Geldsack' den ich noch öffnen könnte, aber das ist doch
nicht die Realität.
Sprecher Ludger Fittkau:
Dietmar Schwarz von der deutschsprachigen Opernkonferenz will
sich mit der Aussage nicht abfinden, dass Hessen mit den
Theatern in Wiesbaden, Darmstadt und Kassel schon genug
finanziere.
Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
Ich finde, Frankfurt ist die größte Stadt von den erwähnten und
gerade im Vergleich zu den anderen Städten, die Staatstheater
sind im Land Hessen, wäre es gerade ein Grund mehr, dass man
Frankfurt auch zum Staatstheater macht.
Sprecher Ludger Fittkau:
Der Intendant der Deutschen Oper Berlin möchte über den Fall
Frankfurt am Main hinaus eine grundlegende Diskussion anstoßen.
Er fände es nun wirklich an der Zeit, so Schwarz,...
Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
... auch mit den Trägern zusammen Missionen nach der Pandemie zu
entwickeln. Was wollen wir mit unseren Theatern und auch mit
unseren Konzertsälen für die Gesellschaft, für die junge
Generation, machen.
Sprecher Ludger Fittkau:
Dabei ginge es aktuell auch aufgrund der Kriegsfolgen gerade
nicht um Kürzungen im Theaterbereich - im Gegenteil, so Schwarz.
Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
Wir haben etwa 37 Prozent Mehrkosten für Energie, wir haben -
was mir mein technischer Direktor jetzt gesagt hat - bis zu 50%
Erhöhung von Materialkosten für Bühnenbilder. Das ist sowieso
jetzt eine Situation, wo man eigentlich auch die Budgets der
Häuser auch nochmal neu diskutieren muss.
Sprecher Ludger Fittkau:
Sie führen eine Diskussion über einen Theater-Neubau in
Frankfurt am Main, während gleichzeitig das Budget für die
laufenden Produktionen radikal gekürzt werden soll, die versteht
der Intendant der Deutschen Oper Berlin nicht, denn eine
aufwendige neue Hülle für Inhalte, die dann aus Geldmangel nicht
entfaltet werden können, hält er für verfehlt.
Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
- finde ich ganz Russisch Version der allerdings im ja teilweise
auch in anderen Städten zu leben ist.
Sprecher Ludger Fittkau:
Neue, womöglich immer größere Bühnen zu bauen, um dann aber für
den Spielbetrieb kleinere Orchester und weniger Sänger zu haben
- Dietmar Schwarz hält diese Entwicklung schlicht für absurd.
Sprecher DLF:
Die Zukunft der Theater diskutiert an einem Beispiel aus
Frankfurt, wo Schauspiel und Oper erhebliche Einsparungen
leisten sollen - Ludger Fittkau berichtete -
Deutschlandfunk Kultur heute.
Zitatende
Quelle:
https://www.deutschlandfunk.de/folgen-der-pandemie-frankfurt-will-an-den-theatern-sparen-dlf-2ed2665c-100.html |
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Zitat
-------- Weitergeleitete Nachricht --------
Betreff: Pressemitteilung der GRÜNEN JUGEND Regensburg:
Straßenumbenennung - Jetzt!
Datum: Fr, 25. Feb. 2022 18:39:39 +0100
Von: Nicolas Muje <nicolas.muje@gj-regensburg.de>
An:
vorstand@gj-regensburg.de
Sehr geehrte Vertreter*innen der Presse,
Im Folgenden finden Sie die Pressemitteilung der Grünen Jugend
zum Thema Straßenumbenennungen in Regensburg.
Wir würden uns sehr über eine Veröffentlichung und über
Berichterstattung freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Nicolas Muje - für die Grüne Jugend Regensburg
Straßenumbenennung - Jetzt!
*Die GRÜNE JUGEND Regensburg fordert eine rasche
Umbenennung von Straßennamen mit rassistischer,
kolonialistischer oder nationalsozialistischer Konnotation.*
Die Debatte um die Umbenennung einiger Straßennamen in
Regensburg ist keine neue. Seit Jahren fordern verschiedene
Stimmen aus der Zivilgesellschaft unter anderem die "Drei-M*-Straße"
oder auch den "Karl-Freytag-Park" umzubenennen.
Die Koalition steht in der Pflicht, Straßennamen an die
Lebensrealität der Regensburger:innen anzupassen. "Wenn ich als
schwarze Person durch die Stadt laufe und jedes Mal diesen
diskriminierenden Ausdruck lesen muss, frage ich mich ehrlich
gesagt schon, ob Politik tatsächlich für alle Regensburger:innen
Initiative ergreift, oder eben nur für die Mehrheit.", sagt
Nicolas Muje, Sprecher der GJ Regensburg. "Wir unterstützen
deswegen den Vorschlag der Aktionsgruppe Straßenumbenennung, den
Namen der 'Drei-M*-Straße' in 'May-Ayim-Straße' zu ändern. Die
afrodeutsche Dichterin, Erziehungswissenschaftlerin und
Logopädin May Ayim wohnte während ihres Studiums in den 1980er
Jahren in Regensburg. Sie engagierte sich in der
antirassistischen und in der feministischen Bewegung und war
1985 eine der Gründer*innen der 'Initiative Schwarze Menschen in
Deutschland'. Es täte Regensburg gut, im Zuge der Aufarbeitung
seiner kolonialen Vergangenheit dieser wichtigen Frau eine
Straße zu widmen", fügt er hinzu.
Der unserer Meinung nach dringend notwendige Prozess,
problematische Straßennamen zu erkennen und in der Folge
umzubenennen, ist von der CSU sehr lange blockiert worden. Die
Frage der Umbenennungen sollte in einer Fachkommission geklärt
werden, auf deren Einsetzung eigentlich schon alle eingestellt
waren. Dennoch ließen es sich die Konservativen nicht nehmen,
den Prozess mit einem eigenen Vorschlag ad absurdum zu führen.
"Die Forderung, den Karl-Freytag-Park in Hildegard-Anke-Park
umzubenennen, ist schon allein deswegen absurd, da eine
Benennung nach noch lebenden Persönlichkeiten nicht gestattet
ist. Damit wird der notwendige Prozess nur unnötig in die Länge
gezogen. Außerdem spricht es Bände, dass die CSU sich erst dafür
interessiert, problematische Straßennamen umzubenennen, wenn in
Zukunft eine CSU-Politikerin dem Park den Namen geben soll. Das
zeigt, dass es der CSU in Wahrheit nicht um die Sache geht,
sondern um parteipolitisches Kalkül, und das kritisieren wir als
GRÜNE JUGEND Regensburg aus Schärfste", macht Nicolas Muje
deutlich.
Felicia
Telschow, Mitglied des Vorstands der GJ Regensburg, ergänzt:
"Die Stadt sollte sich an die Empfehlung des von ihr selbst 2017
in Auftrag gegebenen Gutachtens zur Regensburger
Erinnerungskultur halten: Sie sollte schnellstmöglich eine
Fachkommission einrichten, die alle Straßennamen überprüft und
dann die für unsere städtischen Debatten notwendigen
historischen Informationen bereitstellt. Wir von der Grünen
Jugend freuen uns auf eine breite kritische Diskussion über die
Straßennamen in Regensburg, an der möglichst viele
zivilgesellschaftliche Akteure und der Integrationsbeirat
beteiligt werden sollten."
Im Anhang finden Sie Bilder, die gerne zur Berichterstattung
verwendet werden dürfen.
Ansprechpartner*innen für Rückfragen:
/Nicolas Muje/
nicolas.muje@gj-regensburg.de
0175/3648700
Felicia Telschow
felicia.telschow@gj-regensburg.de
Zitatende
Quelle:
Pressemitteilung der GRÜNEN JUGEND Regensburg:
Straßenumbenennung - Jetzt!
Datum: Fr, 25. Feb. 2022 18:39:39 +0100
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Pressemitteilung -
28.
Februar 2022
Wann sollten
Straßen umbenannt werden?
Masterarbeit von Nelly Klein:
Handlungskonzept zur Überprüfung von Straßennamen
Was soll eine Stadt tun, wenn eine
Person, nach der eine Straße benannt wurde, als Akteur*in des
Nationalsozialismus enttarnt wird? Oder wenn Orte, die an
kolonialistische Bestrebungen Deutschlands erinnern, als
Namensgeberinnen eines Platzes oder einer Gasse fungieren? Dies
sind Fragen, die in aktuelle gesellschaftliche Debatten um die (Um-)Benennung
von Straßen einmünden, und mit denen sich aktuell auch die Stadt
Regensburg beschäftigt. Nelly Klein, ehemalige Masterstudentin
an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH
Regensburg), hat ein Handlungskonzept zur Überprüfung der
Regensburger Straßennamen erarbeitet.
„Erarbeitung eines
Handlungskonzepts zur Überprüfung der Regensburger Straßennamen
auf koloniale, nationalsozialistische und anderweitig belastende
Zusammenhänge“ heißt die Masterarbeit von Nelly Klein, die im
Studiengang „Soziale Arbeit – Inklusion und Exklusion“
entstanden und von Prof. Dr. Clarissa Rudolph und Prof. Dr.
Philip Anderson an der Fakultät Angewandte Sozial- und
Gesundheitswissenschaften betreut worden ist.
Straßennamen, so hat Nelly Klein
herausgearbeitet, haben vor allem zwei Funktionen: sie dienen
der Orientierung und dem Gedenken. Letzteres ist als Bestandteil
eines kollektiven und kommunikativen Gedächtnisses einer
Gesellschaft zu verstehen. Somit könnte man Straßennamen als
einen Spiegel der Geschichte betrachten, in dem sich städtisches
Erinnern dokumentiert, weshalb eine Umbenennung Stadtgeschichte
zerstört oder unsichtbar macht. Allerdings verweist Nelly Klein
mit Saskia Handro darauf, dass es dabei um „historisch
gewachsene politische Machtstrukturen und Modi der Ausgrenzung
und Integration gesellschaftlicher Gruppen aus dem symbolischen
Haushalt städtischer Ehrungen“ handelt. So wird deutlich, an wen
sich eine Gesellschaft erinnern will, wer zum Kanon wichtiger
Persönlichkeiten gehört und wer die Macht hat(te), diesen Kanon
zu definieren. „Dass sich dies im Laufe der Zeit verändert,
macht den Wandel von Gesellschaft deutlich und zeigt die
Möglichkeit auf, sich aktiv mit der globalen, der nationalen und
der Stadtgeschichte auseinanderzusetzen“, sagt Prof. Dr.
Clarissa Rudolph. Denn es hat sich ein breiter Konsens
etabliert, dass öffentliches Gedenken nicht dazu beitragen darf,
Personen oder Taten zu ehren, die andere Menschen oder soziale
Gruppen diskriminieren oder die die nationalsozialistische
Vergangenheit relativieren.
In diesem Kontext sind die
kommunalen Überlegungen zu verstehen, sich mit den Straßennamen
der Stadt auseinanderzusetzen und ihre Bedeutung kritisch zu
reflektieren. Allerdings sind diese Prozesse der Überprüfung von
Straßennamen meistens komplizierte und langwierige Prozesse,
deren Ergebnis selbst bei belasteten Personen oder Orten nicht
zwangsläufig eine Umbenennung sein muss. Auch Möglichkeiten der
Kontextualisierung durch eine erklärende Gedenktafel oder durch
digital aufgearbeitete Straßenkarten und geschichtliche
Einordnungen können einen sinnvollen Umgang mit belasteten
Straßennamen darstellen. Wichtig ist, dass ein solch aktiver und
diskursiver Prozess, der durchaus länger dauern kann, unter
Einbezug sowohl von Expert*innen als auch von Mitgliedern der
Zivil- und Stadtgesellschaft stattfindet. Das von Nelly Klein
vorgelegte Konzept für einen solchen Prozess in Regensburg geht
auf die differenzierte Auseinandersetzung mit den theoretischen
Hintergründen und Erfahrungen anderer Kommunen zurück und
entwickelt einen konkreten Vorschlag zur Umsetzung. Dabei liegt
die Herausforderung darin, ein solches Projekt, wie Geschichte
überhaupt, nicht als abgeschlossen zu betrachten, sondern als
Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung einer offenen
Stadtgesellschaft mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
gleichermaßen: Wer wollen wir sein und wo wollen wir uns
verorten?
Regensburgs Oberbürgermeisterin
Gertrud Maltz-Schwarzfischer bezeichnet Nelly Kleins
Masterarbeit als „wichtigen Meilenstein“ in der Debatte vor Ort.
900 von 1.300 Straßen in Regensburg müssten noch überprüft
werden, 400 Straßennamen wurden bereits als eindeutig unbelastet
eingestuft. Letztlich soll eine Expertenkommission Vorschläge
erarbeiten, wie mit jedem einzelnen der belasteten Namen am
besten zu verfahren ist.
Johann Wolfgang von Goethe
und Friedrich von Schiller gelten als zwei der bedeutendsten
Dichter der deutschen Geschichte. Kein Wunder also, dass sie die
beiden vordersten Plätze in der Liste der am meisten nach
Personen benannten Straßen in Deutschland belegen.
Zitatende
Quelle: Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg |
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Zitat
Aus der Schmoll-Ecke:
Anna, sing mir das Lied vom Tod
Eine Kolumne von Thomas
Schmoll 05.03.2022, 10:04 Uhr
Putin und Netrebko nach der
Verleihung der Auszeichnung
"Volkskünstlerin Russlands" im Februar 2008.
(Foto: AP)
Plötzlich entdecken alle, dass
Künstler wie Netrebko und Ex-Politiker wie Gazprom-Gerd sehr nah
am russischen Zaren waren. Was macht man nun mit diesen Leuten?
Unser Kolumnist hat eine Idee, die er mit dem Warnhinweis
versieht, dass es sich um ein Hirngespinst handelt.
Da ich - die Angabe lässt sich
nicht unabhängig überprüfen, aber glauben Sie es mir einfach -
ein tadelloser Sehr-Gutmensch bin, mache ich mir natürlich
Gedanken, was ich als Normalsterblicher tun kann gegen diesen
mörderischen Irrsinn, den der Moskauer Größenwahn in die Welt
gebracht hat. Ich bin ratlos. Für meine Wohnung habe ich schon
vor Jahren Hausverbot für alle Diktatoren verhängt. In meinen
Saustall lasse ich kein Schwein. Mit anderen Worten: Ich bekenne
mich zu meiner Ohnmacht.
Ich denke darüber nach, welches
Ausmaß an Sarkasmus und Zynismus in Zeiten, in denen vom Roten
Stern mehr Gefahr ausgeht als vom Genderstern, gestattet ist.
Darf ich Karl Lauterbach als Kriegsverlierer bezeichnen, weil
seine TV-Auftritte radikal abgenommen haben und ihn niemand
fragt, ob er den Ukrainern in den U-Bahnschächten rät, (Gas-)Masken
zu tragen? Nein, das darf ich nicht, das geht zu weit.
Politik 01.03.22
Folge aus "Fehleinschätzung" -
Platzeck gibt Vorsitz im Deutsch-Russischen Forum ab
Also worüber schreibe ich dann?
Vielleicht über das neue Wir-Gefühl, das nun vor allem die
erzeugen wollen, die Zar Wladimir dem Schreckhaften jahrelang
die Treue hielten und ihr individuelles Versagen durch
Kollektivierung verschwinden lassen möchten. "Wir haben uns alle
getäuscht", sagen jetzt alle, die sich gerne täuschen ließen,
weil ihnen Geld von Zar Wladimir dem Schreckhaften nicht genug
stank.
Auftragsmorde, Opposition
plattmachen, Hetze, Krim-Annexion, Wahlbeeinflussung im Westen,
Unterstützung von Ländern wie Syrien und Venezuela, Kriege -
woher sollten das Borussia Dortmund und die Universität
Göttingen wissen, die sich nun von Gazprom-Gerd trennen oder dem
Schurken die Ehrendoktorwürde aberkennen wollen? Die "Welt"
schrieb im Januar 2021 über die "Fake-Umweltstiftung" von
Pipeline-Manu: "Sie macht sich damit zur Helfershelferin
russischer Einflussnahme." Das hat die SPD ignoriert, um die
Harmonie zwischen Gazprom-Gerd und Pipeline-Manu nicht zu
gefährden. Im September war ja Landtagswahl in Meck-Pomm.
"Komplett isoliert"
Aber nun hat sich Pipeline-Manu
geschwind zu den Getäuschten gesellt und die SPD von
Gazprom-Gerd
"komplett isoliert". Ganz
schnell geht so was heutzutage. Auch der Oberbürgermeister von
München, ebenfalls ein Sozi, hat gerade rechtzeitig gerafft,
dass das bei ihm ortsansässige Orchester seit Jahren einen
Chefdirigenten beschäftigt, der Homosexuelle doof, die
Heimholung der Krim ins Zarenreich im Jahre 2013 prima findet
und 2016 ein Konzert vor den antiken Ruinen im syrischen Palmyra
gab. Eine bizarre Veranstaltung, die Zar Wladimir der
Schreckhafte - aus Sicherheitsgründen nur per Video zugeschaltet
- als "wunderbare humanitäre Aktion" bezeichnete. Der Mann hat
ein Bild von Humanismus, das ins 19. Jahrhundert passt.
Unterhaltung 01.03.22
"Klares Signal für Orchester" -
München entlässt russischen Chefdirigenten
Aber da die Münchner
Philharmoniker derlei Positionierungen bisher als
"Privatmeinung" bezeichneten, hat das der Oberbürgermeister erst
jetzt mitbekommen. Der Dirigent ist Valery Gergiev, tatsächlich
ein begnadeter Musiker. Ezra Pound war allerdings ebenfalls ein
genialer Künstler. Na gut, der ist schon tot. Das Fass will ich
nicht aufmachen. Anna Netrebko lebt noch. Nur singt sie gerade
nicht, jedenfalls nicht öffentlich. Die gute Mamutschka hat
"nach reiflicher Überlegung" entschieden, sich "bis auf Weiteres
aus dem Konzertleben zurückzuziehen".
Vorher hat sie noch fix
erklärt, dass es ganz böse ist, "irgendeine öffentliche Person"
- sie meinte Gergiev - "zu zwingen, ihre politischen Ansichten
öffentlich zu machen und ihr Vaterland zu beschimpfen". Aus "Das
wird man doch noch sagen dürfen" wird nun "Das wird man doch
nicht mehr sagen müssen". Sich selbst erklärte Netrebko zur
"unpolitischen Person". Deshalb hat sie auch vergangenes Jahr
ihren 50. Geburtstag ganz unpolitisch im Kreml gefeiert und vor
ein paar Jahren an der Seite eines Donezker Separatistenführers
die "neurussische" Fahne gewedelt - ganz unpolitisch, versteht
sich.
Gergiev dirigiert, Netrebko singt
Unterhaltung 04.03.22
Opernsängerin non grata - Auch New
Yorker Met wirft Netrebko raus
Was können Gergiev und Netrebko
nun tun? Ich habe eine Idee, die ich mit dem Warnhinweis
versehe, dass es sich um ein Hirngespinst handelt. Nach dem
russischen Pyrrhussieg im zweiten großen Vaterländischen Krieg
gegen das Brudervolk der Ukraine findet eine Gala auf dem Maidan
in Kiew statt, deren Ablauf ich hier gerne skizziere. Zar
Wladimir der Schreckhafte wird per Video zugeschaltet - wegen
Attentats- und Corona-Gefahr ist er nicht vor Ort. Er sitzt an
einem Tisch, der von Kiew nach Moskau reicht. Organisiert hat
das Ganze der Semperopernball in Dresden, der sich auf Russland
spezialisiert hat.
Zunächst liest
Gérard Depardieu aus
"Spezialoperation und Frieden" von Leo Tolstoi vor. Dann folgt
ein Wettbewerb über die schönste Fantasieuniform des Abends, den
El Presidente aus Venezuela knapp vor Baschar al-Assad gewinnt.
Der belarussische Despot ärgert sich, nur Bronze errungen zu
haben. Gazprom-Gerd, Ehrengast aus Deutschland, schmunzelt.
Pipeline-Manu war eingeladen, hat aber "aus Protest" abgesagt,
was die SPD gut findet. Es war erwogen worden, Wagners
"Götterdämmerung" zu spielen. Doch als der Zensor die Zeile
"Fort, treuloser Bruder, du Mörder" im Text der Oper liest, wird
die Idee als unpassend verworfen.
Ein verkappter Gegner von Zar
Wladimir dem Schreckhaften hat sich einen Scherz erlaubt und
klandestin ein staatsfernes Werk ins Programm geschmuggelt:
Schostakowitschs "Die Nase". Gergiev dirigiert, Netrebko singt -
und zwar alle Rollen. Schostakowitsch, einst Opfer des
Stalinismus, was aber übersehen wurde, hat die Oper nach Gogols
gleichnamiger Erzählung komponiert. Sie ist ein Mix aus Komödie
und Trauerspiel. Ein braver Beamter verliert eines Tages seine
Nase, die sich daraufhin im höheren Dienst von St. Petersburg
selbstständig und sozusagen Karriere macht. Der Nasenlose muss
lernen, wie schwierig es ist, ein anständiger Mensch zu bleiben,
wenn man anders ist als die anderen.
Gemeint ist: Wer hat die
Nase vorn, wobei es besser lauten müsste: Wer hat den Längsten?
Zar Wladimir der Schreckhafte fasst sich an die Nase und schaut
besorgt nach unten, ob er mithalten kann. Er ist froh, weit weg
vom Geschehen zu sitzen. Er denkt: Anna, sing mir das Lied vom
Tod. Doch dann versteht der Herrscher die Botschaft der Oper.
Ihm bleibt das Lachen im Halse stecken. Der Potentat erstickt
daran und fällt tot vom Stuhl, ein letztes Mal seinen
Lieblingstisch berührend. Gergiev und Netrebko verbeugen sich.
Gazprom-Gerd findet es lustig und klatscht als Einziger.
Der Vorhang fällt.
Die Ukrainer feiern.
Zitatende
Quelle:
https://www.n-tv.de/leben/Anna-sing-mir-das-Lied-vom-Tod-article23173370.html |
Mehr zum Thema
Ist Schweigen ein
Kündigungsgrund?
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Deutschlandfunk Kultur
Zitat
Rauswurf wegen Nähe zu Putin
07:59
Minuten
Öffentlich
demonstrierte Nähe:
Am 1. Mai 2013 würdigte Wladimir Putin den Dirigenten Valery
Gergiev als „Helden der Arbeit“.
2014 befürwortete Gergiev die Annexion der Krim. © imago /
ITAR-TASS
Rolf Bolwin im Gespräch mit Vladimir Balzer · 07. März 2022,
23:20 Uhr
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München
kündigt dem Dirigenten Valery Gergiev, die New Yorker Met sagt
Anna Netrebko ab. Arbeitsrechtlich sei das fragwürdig, so der
Jurist Rolf Bolwin. Denn Putin-Freund Gergiev schwieg zum
Ukraine-Krieg, Netrebko habe sich vorsichtig distanziert.
Deutschlandfunk Kultur
Fazit
Sprecher
… (…) aber es gibt doch Künstler auch im Ausland,
die sich nicht mit dem Putin-System anlegen wollen oder können,
und die Reaktion darauf ist oft auch eine Kündigung oder Absage
wegen des Vorwurfs der Nähe zum Putin-System.
Der Dirigent Valery Gergiev zum Beispiel in München, ein
besonders prominentes Beispiel oder die Sängerin Anna Netrebko -
die prominentesten Fälle - kürzlich auch der Chefdirigent des
Bolschoi-Theaters, der dort von seinem Posten zurückgetreten
ist, weil er im Westen wiederum zu einem konkreten Bekenntnis
gegen Putins Krieg aufgefordert wurde, dem er nicht nachkam.
Die Liste ließe sich fortsetzen: Ausladungen, Kündigungen, Ende
von Projekten, aber das Ganze auf welcher arbeitsrechtlichen
Grundlage eigentlich?
Wollte ich genau wissen von Rolf Bolwin, er ist Jurist und war
25 Jahre geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins
–
„Guten Abend“ –
Bolwin:
„Guten Abend“
Sprecher:
Gibt das Vertragsrecht es eigentlich her, einem Künstler aus
politischen Gründen und mögen sie noch so nachvollziehbar sein,
zu kündigen?
Bolwin:
Die Verträge, die abgeschlossen werden, sind ja sehr
unterschiedlich, aber welcher Vertrag auch immer es ist, man
stellt bei genauem Hinsehen fest, man muss sich mit einer
Kündigung aus den Verträgen lösen, und wenn das aus politischen
Gründen für notwendig gehalten wird, dann braucht man einen
Kündigungsgrund und die Frage stellt sich immer wieder, liegt
ein solcher Kündigungsgrund tatsächlich vor, wenn persönliche
Meinungen, politische Meinungen auch öffentlich geäußert werden,
die mit den Zielen des Betriebes, bei dem man beschäftigt ist,
nicht in Einklang zu bringen sind - und um diese Frage geht es
hier.
Sprecher:
Aber wie kann man das konkretisieren? Das sind ja oft auch so
Graubereiche, wo man das vielleicht schwierig formulieren kann.
Also man könnte bei Valery Gergiev zum Beispiel sagen, dem ja
nun entlassenen Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker, er
hatte eine doch relativ starke Nähe zum Putin-System, wurde von
ihm persönlich gefördert, ist auch ein Vertreter, sag ich mal,
der russischen Kulturnomenklatura, wenn man so will, da am
Mariinski-Theater in Sankt Petersburg. Anna Netrebko wiederum
aber ist eine Sängerin, die international tätig ist, seit Langem
schon nicht mehr in Russland lebt, auf eigene Rechnung unterwegs
ist, also wo setzt man da die Grenze? Wann ist jemand ein
Repräsentant des Putin-Regimes?
Bolwin:
Also ich glaube, man kann bei diesen Künstlern grundsätzlich
nicht sagen, dass sie Repräsentanten des Putin-Regimes sind.
Sondern sie haben ihre Nähe zu Putin in unterschiedlichem
Zusammenhang geäußert, als man Gergiev engagiert hat, war das ja
auch bekannt. Jetzt haben wir eine andere Situation. Putin hat
diesen menschenverachtenden Krieg vom Zaun gebrochen und jetzt
taucht die Frage auf: Wie stellen sich Künstler zu diesem
Vorgang und zu Putin? In den konkreten Fällen allerdings gibt es
ja, was Gergiev angeht, nur ein Schweigen, was von Netrebko
angeht, eine - sagen wir vorsichtige Distanzierung von Putin und
diesem Krieg - und daraus bereits einen Kündigungsgrund
herzuleiten, ist doch relativ - sagen wir - mutig oder auch
schneidig, denn beide Personen, aber auch viele andere, um die
es geht, haben sich nicht in dieser Situation konkret zu Putin
bekannt oder gar diesen Krieg ausdrücklich unterstützt. Das hat
es ja gar nicht gegeben, dann könnte man darüber sprechen, ob
das in bestimmten Zusammenhängen ein Kündigungsgrund sein kann,
aber genau diese Fälle liegen ja gar nicht vor und insofern ist
es sehr schwierig, hier zu solchen konsequenten Entscheidungen
zu kommen und Kündigungen auszusprechen von Verträgen, die
teilweise schon lange existieren.
Sprecher:
Also das reine Schweigen zu diesem Krieg ist für sie kein
Kündigungsgrund?
Bolwin:
Also da kann man allenfalls darüber nachdenken, wenn man so eine
exponierte Person ist, wie es Gergiev ist, der ja nun wirklich
im Zentrum der Öffentlichkeit steht, generell liegt in dem
Schweigen zu diesem Krieg mit Sicherheit kein Kündigungsgrund,
aber der Kulturbetrieb ist natürlich ein Betrieb, der für
Aufklärung, Verständigung, Vermittlung kultureller Werte sowie
Menschenrechte, Demokratie und ähnliche Ideale steht, und wenn
ich mich dann im Sinne dieses Krieges also für Putin äußern
würde, dann würde ich natürlich diametral gegen diese
Ausrichtung des Betriebes verstoßen, aber noch einmal, das hat
ja hier gar nicht stattgefunden, sondern man hat geschwiegen
oder sich zurückhaltend von diesem Krieg distanziert. Also diese
extreme Konfrontation zwischen diesen Idealen eines
Kulturbetriebes auf der einen Seite und dieser Einstellung der
Personen auf der anderen Seite hat es ja bisher gar nicht
gegeben.
Sprecher:
Man könnte natürlich ganz allgemein argumentieren, dass ja, wenn
jemand wie Gergiev, dem eine gewisse Putin-Nähe nachgesagt wird,
sich gar nicht äußert, dass das auch Unruhe reinbringt in ein
Orchester zum Beispiel, dass das vielleicht das Publikum
spaltet, dass das, wenn man so will, auch den Orchester-Frieden
stört, könnte das ein Grund sein?
Bolwin:
Ja das kann ein Grund sein. Das Bundesarbeitsgericht hat gesagt,
wenn persönliche Meinungen in den Betrieb hineingetragen werden
und dann der Betriebsfrieden gestört wird, kann das ein
Kündigungsgrund sein, aber bisher ist darüber zumindest nach
außen hin nichts bekannt geworden. Es gab keine Orchestermusiker
oder gar das Orchester zum Beispiel in München, das sich in
diese Richtung eindeutig artikuliert hat.
Sprecher:
Und die Frage, wie steht es um das Publikum?
Bolwin:
Selbstverständlich muss man sich als politisch Verantwortlicher
oder auch als künstlerisch Verantwortlicher für einen großen
Betrieb mit der Frage auseinandersetzen: kann der Auftritt eines
Künstlers zu Auseinandersetzungen mit dem Publikum führen, aber
dann kommt man vielleicht zu der Erkenntnis, dass man das ein
oder andere Mal jetzt vorläufig einen Künstler nicht auftreten
lässt, selbst wenn man das ernsthaft befürchten muss, aber man
kann doch nicht gleich sagen, wir trennen uns komplett von
diesem Künstler und zwar - wenn man so will - mit einer
außerordentlichen und fristlosen Kündigung. Das ist dann noch
einmal ein Unterschied zu der Entscheidung, wir lassen jemanden
eine Zeitlang nicht auftreten.
Sprecher:
Das heißt, es könnte durchaus zu unangenehmen juristischen
Folgen kommen, zum Beispiel für die Münchner Philharmoniker,
aber auch für andere Kulturbetriebe in Deutschland.
Bolwin:
Wenn man das konkret beantworten will, muss man den Vertrag von
Herrn Gergiev anschauen, den habe ich nie in der Hand gehabt,
ich kann also nicht beurteilen, was da drinsteht. Ich kann nur
generell sagen, bei einer Auflösung eines Vertrages im
vorliegenden Zusammenhang muss man vorsichtig sein und sich
genau überlegen, wie weit man gehen möchte und vor allem auch
sich überlegen, inwieweit tatsächlich persönliche Meinungen von
Künstlern - diese Fragen stellen sich auch in anderem
Zusammenhang - ein Grund dafür sein können, Verträge zu
kündigen, die man bereits abgeschlossen hat, wir reden nicht
über die Frage, kann ich einen Künstler engagieren, mit dem ich
noch gar keinen Vertrag habe, da bin ich völlig frei und kann
mich zu allem und nichts entscheiden, ob das politisch dann
richtig oder falsch und verständlich oder nicht verständlich
ist, ist wiederum eine andere Frage, aber wenn ein Vertrag da
ist, muss ich mich von diesem Vertrag durch eine Kündigung lösen
und da werde ich in der Regel einen Kündigungsgrund brauchen und
da ist eben die Frage, reicht eine persönliche Meinung, die
nicht geäußert worden ist, dazu aus, eine solche Kündigung
auszusprechen.
Sprecher:
Es gibt ja diesen Begriff von der Sonderkündigung. Das ist,
glaub ich, auch im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt, aber das
ist wahrscheinlich auch nicht genau genug für diese Fälle, von
denen wir reden, oder?
Bolwin:
Nein das ist die außerordentliche Kündigung, die in der Tat im
Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist, und die stellt ja noch
höhere Anforderungen als die sogenannte ordentliche Kündigung,
die bei Vertragsverhältnissen in unterschiedlichem Zusammenhang
stattfinden kann, aber in bestimmten Fällen auch einer
Begründung bedarf. Da ist der Unterschied zu einer
außerordentlichen Kündigung nicht sehr groß, wenn ich aber über
eine außerordentliche Kündigung rede, dann brauche ich erst
recht einen sogenannten ‘wichtigen Grund‘ und da taucht schon
die Frage auf, wann liegt der in einem solchen Zusammenhang vor.
Sprecher:
Das sagt Rolf Bolwin, Jurist und jahrelang geschäftsführender
Direktor des Deutschen Bühnenvereins über die Frage, inwieweit
man Künstlerinnen und Künstlern, denen eine Nähe zum
Putin-Regime nachgesagt wird, nur weil sie sich nicht äußern,
kündigen kann. Ich danke ihnen sehr für das Gespräch.
Bolwin:
Dankeschön!
Zitatende
Quelle:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/kuendigung-wegen-putin-naehe-ueber-die-grenzen-des-arbeitsrechts-dlf-kultur-08836b5f-100.html
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Zitat
MITTELBAYERISCHE - Regensburg Stadt |
Regensburg | 26.02.2022 - Seite 26
Gut 100 Kandidaten für den
Posten am Pult
Nachfolge: Chin-Chao Lin verlässt das Theater im
Sommer.
Der neue Generalmusikdirektor soll noch im Herbst starten – im
Idealfall.
Von Marianne Sperb
Das Theater Regensburg braucht einen neuen Generalmusikdirektor.
Die Chancen, den Posten noch zum Start der neuen Saison besetzen
zu können, stehen gar nicht mal so schlecht. Mehr als 100 Herren
und Damen haben sich beworben.
Die Nachricht vom Abschied von Chin-Chao Lin war ein
Paukenschlag. Überraschend kündigte der Generalmusikdirektor,
der im Haus, vom Publikum und bei Rezensenten geschätzt wird,
Ende 2021 seinen Wechsel an. Er verlässt das Haus im Sommer
2022. Intendant Klaus Kusenberg bedauerte den Schritt: Er sei
Chin-Chao Lin für herausragenden Einsatz und gute Zusammenarbeit
„sehr dankbar“. Sebastian Ritschel, designierter Intendant in
Regensburg, nannte damals als Ziel, schon für die Saison im
Herbst 2022 einen Nachfolger, eine Nachfolgerin präsentieren zu
können.
„Das Bewerbungsverfahren läuft“, hieß es damals. Tatsächlich war
es nur Tage zuvor gestartet. In so kurzer Zeit noch einen
adäquaten Chef-Dirigenten finden zu können, hielten Beobachter
für äußerst fraglich. Inzwischen ist klar: Die Auswahl ist groß.
„Wir sind erfreut über die Zahl an Bewerbungen“, sagte Matthias
Schloderer am Freitag. Der Finanzchef des Theaters führt das auf
mehrere Faktoren zurück: Der Aufbruch, den das Haus mit neuem
Intendanten und neuem Team erleben wird, reize offenbar,
außerdem sei das Theater bekannt als Bühne, die nicht einfach
das erwartbare Repertoire abspult, sondern mit Uraufführungen
und Auftragswerken einen Anspruch zeigt, der an einem regionalen
Theater ungewöhnlich ist.
Ende Dezember lief die Frist für den Posten am Pult aus. Mehr
als 100 Kandidaten hatten da ihren Hut in den Ring geworfen,
„überwiegend Männer, aber auch einige Frauen“, hieß es.
Schloderer und Ritschel betonen in einem gemeinsamen Statement:
„Toll wäre es, wenn wir den neuen GMD zur neuen Saison dem
Regensburger Publikum vorstellen könnten.“ Aber der
Auswahlprozess werde „sehr aufwendig und gründlich
durchgeführt“. Deshalb könne das Verfahren einen deutlich
längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Ins Auswahlverfahren wird,
wie es üblich ist, auch das Orchester eingebunden. Sebastian
Ritschel will voraussichtlich im Mai sein Programm für seine
erste Spielzeit präsentieren und sein neues Leitungsteam
vorstellen.
Gut 100 Bewerber:
Ist das nun viel oder wenig?
Die Einschätzung schwankt.
Regensburger Beobachter halten die Nachfrage für bemerkenswert
stark und führen das auch auf die schwierige Situation für
Dirigenten zurück.
„Es ist viel Elend unterwegs“, sagt ein Experte.
Nach der pandemiebedingten Durststrecke drängten viele Musiker
in eine Festanstellung. Und: Es gebe ganz generell ein
Überangebot an Dirigenten. Der Deutsche Bühnenverein, die
Dachorganisation der öffentlichen und privaten Träger der
deutschen Theater und Orchester mit Sitz in Köln, sieht die
Sache anders. „Gut 100 Bewerber für diesen Posten, das ist
keinesfalls eine Zahl, die außergewöhnlich hoch wäre“, so ein
Sprecher. Die Nachfrage hänge allerdings ab von den Modalitäten
der Ausschreibung. Und ein großer Teil der Kandidaten werde
schon früh ausgesiebt, weil er nicht in Frage kommt.
Wir sind erfreut über die Zahl an Bewerbungen.“
Matthias Schloderer
Finanzchef des Theaters
Zitatende |
Quelle: MITTELBAYERISCHE
Regensburg Stadt | Regensburg | 26.02.2022 - Seite 26
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Zitat
Screenshot: br.de - Bildrechte: Anastasia Maslakova/Theater
Meiningen
04.05.2022,
23:58 Uhr
"Freiheit ist
ansteckend":
"Fidelio" aus Kiew kommt nach Coburg
Die Anreise war abenteuerlich, die
männlichen Mitwirkenden müssen den Militärdienst fürchten:
Beethovens Revolutions- und Freiheitsoper kam in der Ukraine
wenige Tage vor Kriegsbeginn heraus und tourt jetzt durch
Deutschland - mit Stalin im Gepäck.
04.05.2022, 23:58 Uhr
Von
Peter Jungblut
Alles andere als einfach, derzeit
ein Bühnenbild von Kiew nach Deutschland zu bringen. Erstens
gibt es Krieg, zweitens scharf bewachte Grenzen, und drittens
verlangen alle Fahrer Vorkasse. Ob sie dann tatsächlich ihr Ziel
ansteuern oder nicht doch irgendwo anders landen, wer weiß es.
In diesem Fall ging es gut aus. Die Ausstattung für Beethovens
"Fidelio" kam im thüringischen Meiningen an. Der Trick dabei:
Der Fahrer bekam seine Sofortüberweisung erst, als er sich
unterwegs in Ungarn vor einem markanten Gebäude fotografierte.
Der Kiewer Theatermacher und Sänger Andrei Maslakov (46), der
viele Jahre in Augsburg studiert hat, gegenüber dem BR: "Da
haben wir ein bisschen gekämpft, unter den Bomben. Das
Bühnenbild fuhr erst mal von Kiew an die rumänische Grenze bei
Czernowitz und von dort 1.500 Kilometer nach Meiningen."
"Das
ist schon was Gutes"
Übrigens passte die gesamte
Kulisse in einen "mittleren" Transporter, jeder Zentimeter wurde
genutzt. Die Idee, sperrige Teile auf dem Dach durch Wind und
Wetter zu transportieren, wurde nach etwas Nachdenken wieder
fallen gelassen. Ein einziges Mal wurde der "Fidelio" aus Kiew
jetzt am Theater in Meiningen aufgeführt, in Coburg, dessen
Landestheater spontan den Chor stellte, soll es voraussichtlich
am 8. und 9. Juni weitere Vorstellungen geben, auch in
Heidelberg und im westfälischen Siegen. Für die Künstler ist das
eine Art Psychotherapie, so Andrei Maslakov, denn sonst hätten
sie nichts als den Krieg: "Dadurch, dass wir hier die
Möglichkeit haben, unsere Kunst zu präsentieren, gelingt es mir
als Regisseur und Organisator für die ganze Geschichte, unsere
Sänger für zwei Wochen abzulenken, acht Stunden am Tag, das ist
schon was Gutes."
Klar, die Proben haben hinten und
vorne nicht gereicht, zumal die Sänger in wenigen Tagen deutsche
Sprechdialoge lernen mussten, was sie achtbar bewältigten. Im
Nachhinein hatten die Beteiligten allerdings das Gefühl, dass es
wohl besser gewesen wäre, die Texte auf Ukrainisch spielen zu
lassen, mit deutschen Übertiteln, als eindrückliches Sinnbild
des Freiheitskampfs.
Andrei Maslakov (links) und Jens
Neundorff von Enzberg
Bildrechte:
Jungblut/BR
Einige Tage die Illusion von
Normalität, denn alle Mitwirkenden haben natürlich in der
Ukraine Verwandte, Freunde, Menschen, an die sie permanent
denken, um die sie fürchten. Jens Neundorff von Enzberg (56),
Intendant in Meiningen und früher Chef des Regensburger Theaters
ist überzeugt: Solche Gastspiele sind wichtig, um Zeichen zu
setzen - über reine Symbolik hinaus: "Es geht natürlich um
unsere demokratischen und kulturellen Werte. Diese
Sichtbarmachung ist ja in dieser Oper beabsichtigt. Der
Beethoven hat diese Revolutionsoper am Beginn des 19.
Jahrhunderts geschrieben, die einzige, die er in seinem ganzen
Leben zu Papier gebracht. Das zeugt von einem demokratischen
Verständnis und einem hohen kulturellen Wert, und wenn das alles
nicht mehr sichtbar gemacht werden kann, ist das natürlich in
Gefahr."
"Krieg hat mich gelehrt, keine Pläne zu machen"
Der Krieg verändert alles:
Das Leben, die Arbeit, die Wahrnehmung von Zeit - was wichtig
war, wird bedeutungslos, und umgekehrt, gerade auch für
Zivilisten. Andrei Maslakov ist im Hauptberuf Bariton am
Nationaltheater von Kiew, singt dort in Gounods "Faust",
Donizettis "Liebestrank" und Puccinis "La Bohème" und leitet
sein eigenes, kleineres Opernhaus nebenbei: "Ja, die Theater
sind geschlossen, auf ungewisse Zeit. Die Nationaloper, wo ich
Solo-Mitglied bin, hofft, dass sie im Mai einen 'Barbier von
Sevilla' aufführen kann. Schauen wir mal, wie dann die Situation
ist. Die Lage ist ernst, das wissen wir ja, von heute auf morgen
kann alles ganz anders sein. Der Krieg hat mich gelehrt, keine
Pläne mehr zu machen. Der Krieg hat mich auch gelehrt, dass ich
mich auf das konzentriere, was ich hier und heute erledigen
kann, die nächsten Stunden werden dann zeigen, was danach geht."
Sehnsucht nach Freiheit
Bildrechte:
Anastasia Maslakova/Theater Meiningen
Männer zwischen 18 und 60 dürfen
die Ukraine ja eigentlich nicht verlassen, es musste eine
Sondererlaubnis des ukrainischen Botschafters in Deutschland
her, und selbst die reichte zunächst nicht. Was geschieht, wenn
die Künstler zurück in die Heimat fahren, ist völlig
unvorhersehbar, was Maslakov sichtlich mitnimmt: "Wissen wir
noch nicht. Natürlich besteht immer die Möglichkeit, dass wir
zum Militär müssen, wenn wir zurück sind, je nach Situation und
wie viele Leute gebraucht werden."
Sonderlich zuversichtlich ist der
Opernmacher derzeit nicht, woher sollte der Optimismus auch
kommen: "Mein Realismus basiert auf dem, was ich gerade in
diesem Moment sehe, wo wir jetzt gerade diesen Zustand haben,
und da sehe ich kurzfristig keinen Ausgang. Natürlich wollen wir
Frieden, der Krieg muss stoppen, sofort."
Zu
Stalins Geburtstag gibt´s Erschießungen
Die Vorstellung zeigte übrigens,
wie weit westliche und östliche Regiekonzepte auseinander
liegen, hier oft experimentelle Sichtweisen, dort sehr
realistisches Musiktheater mit einer klaren Botschaft. So
spielte dieser "Fidelio" in einem KGB-Gefängnis, in dem gerade
Stalins Geburtstag "gefeiert" wird, wie anders als mit
Erschießungen. "Freiheit ist ansteckend", heißt es auf einem
Transparent an der Bühnenrampe.
Vor dem Krieg gab es viel zu wenig
Austausch zwischen Ost und West, was die Theatersprachen
betrifft, legt dieser Abend nahe. Außer reisenden Balletttruppen
mit "Schwanensee" und "Nussknacker" kamen ja kaum Künstler aus
Osteuropa in deutsche Städte. Als die Deutsche Oper Berlin vor
vielen Jahren mal Gastspiele - wohlgemerkt keine Koproduktionen
- des Bolschoi-Theaters auf den Spielplan setzte, war das ein
viel besprochenes Großereignis.
Jens Neundorff von Enzberg zum
BR:
"Ich finde, das ist ein - leider notgedrungen - guter
Weg, auch mal wieder einen kulturellen Austausch zu pflegen.
Dieser Realismus wirft in Deutschland sicherlich Fragen auf.
Aber unsere, um viele Ecken gedachten Interpretationen, lassen
sich auch hinterfragen. Vielleicht findet man dadurch ja wieder
einen positiven Realismus, um sich mit diesen Werken
auseinanderzusetzen."
Zitatende
Quelle:
https://www.br.de/nachrichten/kultur/freiheit-ist-ansteckend-fidelio-aus-kiew-kommt-nach-coburg,T4u3Xk1
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Was andere
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Zitat
Blutsauger –
Ersan Mondtag inszeniert Oper „Der Vampyr“ in Hannover
06:17 Minuten
Friedrich,
Uwe · 25. März 2022, 23:36 Uhr
Deutschlandfunk
Kultur heute
DLF:
Hört man allein den Titel der Oper, mit der wir jetzt anfangen,
‘Der Vampyr‘ von Heinrich Marschner, könnte man ja vielleicht an
moderne Kompositionen frühes 20. Jahrhundert denken, hört man
allein die Ouvertüre, ist man in die Zeit des jungen Mendelssohn
versetzt, in die 1820er Jahre.
[Einspielung Musikstück]
Klangvoll die Ouvertüre von Heinrich Marschners ‘Vampyr‘ von
1826, aufgeführt in Hannover, inszeniert von Regiestar Ersan
Mondtag, gesehen und jetzt im Kritikergespräch mit Uwe
Friedrich. Uwe Friedrich: Was ist das bitteschön, die
Neuinszenierung eines romantischen Stoffes?
Uwe Friedrich:
Eines schauerromantischen Stoffes, wenn man es genau nimmt. Lord
Ruthwen ist nämlich dieser Vampyr. Der muss innerhalb von 24
Stunden drei neue weibliche Opfer finden, die er eben in
altbekannter Weise zu Tode beißen muss, um weiterleben zu
dürfen. Das erinnert schon so ein bisschen an ‘Freischütz‘ und
wir sind in der Tat in der Zeit zwischen Weber und Wagner, auch
musikalisch. Er trifft also drei Frauen, zwei davon kriegt er
rum und tötet sie.
An der Dritten beißt er sich die Zähne aus und dann kommt noch
dazu, dass der Tenor-Liebhaber der Dritten weiß, dass er Vampir
ist, er könnte das verraten, aber er ist durch einen Schwur
gebunden. Also alles sehr romantisch, sehr wild, sehr
schauerlich.
DLF:
Sagen Sie mal, dieser Herr Marschner war ja auch
Hofkapellmeister in Hannover. Hat Ersan Mondtag das ausgenutzt?
Uwe Friedrich:
Das hat er! Im ersten Teil sehen wir die zerstörte Synagoge,
alte Synagoge von Hannover, die 1938 zerstört wurde. Da leben
diese Untoten, die Gespenster, die uns Deutsche, ich
interpretiere das jetzt erstmal wohlwollend, die uns Deutsche
verfolgen und uns Albträume bereiten. Im zweiten Teil spielt es
dann vor dieser Schlossattrappe, die man sich in Braunschweig
hingebaut hat als Einkaufszentrum, da merkt man schon, auch so
eine gesellschaftspolitische und antikapitalistische
Stoßrichtung, die sind auch alle in so Öl-Kleidung,
offensichtlich aus Öl gefertigte Kleidung, in den Kostümen von
Josa Marx gekleidet, also auch da ganz direkte heutige Bezüge.
Das Problem damit ist, vor allen Dingen mein Problem, mit diesem
Bild der zerstörten Synagoge, dass auf dieses Gebäude referiert
wird als die Vampirhöhle, und dorthin zieht er sich auch zurück.
Gemeint ist, dass der Vampir zu etwas anderem gemacht wird,
ausgegrenzt wird, zum Sündenbock gemacht wird und das eben auf
die entsprechende gesellschaftliche Behandlung der jüdischen
Gemeinden abzielt.
Ich finde das wirklich schwierig, denn das antisemitische
Klischee vom kinderbluttrinkenden Juden ist natürlich ganz was
anderes, als diese sexuelle Chiffre des Vampirs, erstens und
zweitens, na, was hätte diese Gesellschaft denn machen sollen,
er bringt ja wirklich Frauen um. Es ist ja keine falsche
Beschuldigung, also ist er selbstverständlich das Andere, was
von der Gesellschaft bekämpft wird.
DLF:
Ja, Frauenopfer in der deutschen romantischen Oper sehr beliebt,
bei Wagner geht es nicht ohne, also starke lokale Bezüge in
dieser Oper ‘Der Vampyr‘ von Marschner.
Gesungen wird aber auch noch?
Uwe Friedrich:
Natürlich wird gesungen und zwar von ziemlich vielen. Es gibt
auch viele Dialoge, die werden bearbeitet, zum Teil gestrichen.
Lord Byron tritt auf. Benny Claessens, der Schauspieler, ganz
großartig, witzig, schlagfertig.
Malwina, an der Ruthwen dann letzten Endes scheitert. Das ist
Mercedes Arcuri und wir hören sie.
[Einspielung Sopranstimme]
DLF:
Die ist so fröhlich und frühlingshaft, die weiß noch nicht, was
ihr geschieht oder?
Uwe Friedrich:
Absolut, noch gar nichts zu diesem Zeitpunkt und man hört sehr
schön, dass das sehr nahe ist, sagen wir an einer ‘Freischütz-Agathe‘,
zum Beispiel, und auch die restliche Partitur ist fast wie eine
Blaupause des ‘Fliegenden Holländers‘. Da ist der Hannoveraner
Generalmusikdirektor Stefan Zilias wirklich nicht genug zu
loben, dass er diese Zwischenposition hörbar macht, ohne es zu
einem Proto-Wagner aufzudonnern.
Da gibt es dann also ein Terzett, das ist wie dieses
Schluss-Terzett im ‘Fliegenden Holländer‘.
Lord Ruthwen, Michael Kupfer-Radetzky, ist ein bisschen polterig
in dieser Aufführung, nicht besonders viel erotischer Charme,
der hat auch eine Bekenntnisarie zu singen wie der ‘Fliegende
Holländer‘.
Total spannend, musikgeschichtlich, auch in der Handlung.
Ich würde mir wünschen, dass es mal einen Regisseur gibt, der
das ernst nimmt, der nicht meint, er muss das retten durch eine
Aktualisierung wie jetzt Ersan Mondtag.
DLF:
Sagt Uwe Friedrich, er sah in Hannover Heinrich Marschners ‘Vampyr‘,
die romantische, die schauerromantische Oper. Danke für diese
Auskünfte.
Zitatende
Quelle:
https://www.deutschlandfunk.de/blutsauger-ersan-mondtag-mit-marschners-oper-der-vampyr-in-hannover-dlf-8745883c-100.html
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‘Die
Gamer‘
„Der Mensch spielt nur, wo er in voller
Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er
spielt.“
Friedrich Schiller in ‘Über die ästhetische Erziehung des Menschen‘
„Im Bereich Games
ist Deutschland ein Importland“
Ein Gespräch auch
darüber, was die Computerspiel-Branche mit Architektur, Bildhauerei,
Musik und Literatur zu tun hat.
Das Spiel ist so alt wie die Menschheit. Gerade im Spiel sammeln wir
Wissen, machen (Grenz-)Erfahrungen, können uns ausprobieren und frei
entfalten. Kinder lernen vor allem über das freie und angeleitete Spiel,
sich und ihre Umwelt wahrzunehmen, soziale Interaktionen zu suchen und
einzugehen sowie mit positiven und vermeintlich negativen Erfahrungen
umzugehen. Für viele Erwachsene scheint das Spielen rein für die
Kindheitszeit bestimmt zu sein, leider vergessen wir viel zu häufig,
dass die im Spiel erlernten Kompetenzen unseren Lebensweg von Anfang an
erleichtern und dass dies natürlich – im Zeichen von lebenslangem Lernen
– auch für die Erwachsenenwelt zutreffen kann und sollte. Seit über 15
Jahren rücken Computerspiele als ernstzunehmender Forschungsgegenstand
in den Fokus medien-, kulturwissenschaftlicher und informatischer
Forschung. Computer- und Videospiele sind das Leitmedium der
Digitalgesellschaft. Sie sind Kulturgut, sie sind Innovationstreiber.
Und der Game-Markt wächst schneller als jeder andere Medienmarkt.
Marktforscher sind sich einig: Der Markt hat seinen Höhepunkt noch lange
nicht erreicht. Noch sehr viel mehr Wissenswertes zum Thema haben uns
die Brüder Florian und Korbinian Fischer vom Verein GameDev Regensburg
in einem Interview verraten.
Wie nennt ihr euch
selbst? Spieleentwickler?
Florian: Ja. Oftmals
verwenden wir auch den Ausdruck GameDev. Das ist die abgekürzte
englische Version. Developer, also.
Außenstehende
assoziieren mit „Games“ oft Ballerspiele wie „Counterstrike“, „Call of
Duty“ und das legendäre „Moorhuhn“. Habt ihr mit Vorurteilen zu kämpfen?
Florian: Das ist
tatsächlich sehr unterschiedlich. Bedauerlicherweise haben manche noch
immer Vorbehalte gegenüber digitalen Spielen. Doch die Akzeptanz ist in
den letzten Jahren gestiegen. Die WHO hat während der Corona-Pandemie
auch aktiv dazu aufgerufen, in der Isolation auf digitale Spiele
zurückzugreifen. Games sind so viel mehr als nur „Ballerspiele“. Genauso
gut könnte man das Feuer verteufeln – es mag ganze Gebäude
niederbrennen, dennoch brauchen wir es, um uns zu wärmen und um darauf
unsere Nahrung zuzubereiten. Ein Werkzeug ist weder gut noch böse, wer
es nutzt entscheidet, wie er damit umgeht und was er damit tut.
Computerspiele
sind Alltag – seit Jahren sind sie eine der wichtigsten
Freizeitbeschäftigungen sowie Hobby und somit ganz klar Lebenswelt von
Heranwachsenden. Hat die Gaming-Branche eine Lobby? Gegen welche
Widerstände kämpft ihr?
Florian: Wir sind bei
weitem nicht so präsent wie die Automobilindustrie, aber auch die
Spielebranche hat eine Lobby. Hier in Regensburg haben wir erst jüngst
den GameDev Regensburg e.V. gegründet. Auf Landesebene gibt es den Games
Bavaria Munich e.V. und auf Bundesebene den GAME – Bundesverband der
deutschen Games-Branche e.V. Außerdem verstehen wir uns als Teil der
Kunst- und Kreativschaffenden, weshalb auch der Bayerische Landesverband
der Kultur- und Kreativwirtschaft für uns eintritt. Ja leider gibt es
besonders in den älteren Generationen und damit auch unter den
Politikern durchaus noch Vorbehalte gegenüber Games. Zwar wurden
mittlerweile staatliche Förderprogramme aufgelegt, doch diese sind noch
mit sehr hohen bürokratischen Aufwänden verbunden. Das vorrangige Ziel
unserer Lobby-Arbeit ist daher, mehr Wertschätzung für Games zu
schaffen. Spiele haben enormes Potential, Menschen zu bilden, sie
zusammenzubringen, ihnen Unterhaltung und Entspannung zu bieten, aber
auch, sie zu Bewegung zu animieren, etwas für die Fitness und die
Gesundheit zu tun, um nur ein paar positive Effekte zu nennen.
Wie wird man
Spieleentwickler? Kann man das studieren? Ist das ein Ausbildungsberuf?
Wie und wo lernt man so etwas?
Florian: Genauso bunt
wie die Palette an Spielen, sind die Tätigkeitsbereiche in der
Spieleentwicklung. Tatsächlich kann man an ein paar Universitäten in
Deutschland bereits Game-Design studieren, seit dem Wintersemester
2015/16 gibt es den Masterstudiengang Computerspielwissenschaften an der
Universität Bayreuth. Das Arbeiten in der Games-Branche ist unglaublich
vielfältig und genauso zahlreich sind auch die Wege, die dahin führen.
Der Beruf ist (noch) nicht staatlich anerkannt. Entsprechend gibt es
keine klassische, staatlich geregelte Ausbildung. Es gibt auch private
Schulen, an denen ein meist kostenpflichtiges Studium zum Gamedesigner
absolviert werden kann. Die Qualität der Ausbildung ist jedoch für
Interessierte nicht immer gleich ersichtlich. Viele Spieleentwickler
haben Informatik studiert oder sind über ein Praktikum in den Beruf
gekommen. Es gibt viele Quereinsteiger, denn das benötigte Wissen kann
man sich bei entsprechendem Willen relativ gut selbst aneignen. Um aber
ein Game schließlich bis zur Marktreife zu produzieren, braucht es noch
viel mehr Professionen.
Zitat
„In Anlehnung an
die international geltende Definition der Kultur- und Kreativwirtschaft
wurde die Software-Industrie auch in Deutschland als Teilmarkt in die
Kultur- und Kreativwirtschaft mit einbezogen. [...] Durch den wachsenden
Markt mit Online- und Browserspielen wächst auch die Bedeutung von
Online-Plattformen. Webportale werden der Software-/Games-Industrie
ebenso zugeordnet wie die Entwicklung und Programmierung von
Internetpräsentationen. Die Software-/Games-Industrie ist nach der
bisherigen Definition des Branchenmonitorings der größte Teilmarkt der
deutschen Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) und erwirtschaftete 2020
einen Umsatz von über 50 Mrd. Euro. Aufgrund der relativ geringen
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Teilmarkt, hat sich dessen
Anteil am Gesamtumsatz der Branche weiter erhöht
(29 % aller Umsätze in der KKW). In 2020 waren in der
Software-/Games-Industrie 570.340 Personen erwerbstätig, rund 5 % mehr
als im Vorjahr.“
Zitatende
Quelle:
Auszug aus dem Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft 2021 des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz
Wie ist der Weg
von der Idee bis zur Programmierung?
Außer
Elektrotechnikern und Softwareentwicklern braucht es da ja noch mehr.
Florian: Das ist lustig, da ich tatsächlich Elektrotechnik studiert
habe. Sowas ist zum Beispiel dann nützlich, wenn man sich mit
Game-Controllern (Nachfolger des Joy-Sticks) beschäftigt. Wie bereits
genannt, benötigt man neben Gamedesignerinnen und -designern, also
denjenigen, die die Spielidee ausarbeiten, außerdem noch Zeichner und
Modellierer (oft Artists genannt), Programmierer, Autorinnen, Musiker,
beziehungsweise Sound-Editoren und Komponisten, Level-Designerinnen (das
sind die Leute, die sich knifflige Rätsel ausdenken, die dann in die
Spiele als „Hürden“ eingebaut werden), Synchronsprecher, Grafiker,
Werbeleute, Übersetzer … okay, lassen Sie mich mal Luft holen …
Eigentlich können wir jeden Kreativschaffenden einbinden. Es kamen
bereits Architekten zum Einsatz, die ganze Spielstädte modellierten,
Schauspieler, die durch bestimmte Aufnahmeverfahren (sogenanntes motion
capturing) Spielcharakteren Leben einhauchten oder Bildhauer, die
Figuren wie Monster zuerst in Ton modellierten, ehe sie dann per 3D-Scan
ins Spiel übertragen wurden.
Wie steht es um
die Gaming-Branche und Gaming-Szene in Regensburg? Ist man vernetzt?
Steht man im Austausch?
Florian: Im globalen
Vergleich ist Deutschland als Land der Spieleentwickler noch
unterrepräsentiert. Jüngst eingerichtete großvolumige Förderprogramme
zielen jedoch gerade darauf ab, das zu ändern. Jetzt ist der beste
Zeitpunkt, um einzusteigen! Durch unsere starke Vernetzung hier fließen
immer mehr Fördergelder nach Regensburg. Mit Cipsoft und vielen kleinen
Software- und Games-Unternehmen haben wir hier eine gute Basis. Zu den
wichtigen Netzwerkveranstaltungen gehört der „GameDev MeetUp“, zu dem
sich einmal im Monat Spieleentwicklerinnen, -entwickler und
Interessierte zusammenfinden, um sich über die Ausarbeitung, Gestaltung
und Programmierung von Games auszutauschen. Dabei beginnt das MeetUp
immer mit einem spannenden Vortrag zu einem branchenrelevanten Thema.
Korbinian: Im Übrigen gibt es dieses Jahr zwei Nominierungen aus
Regensburg für den Deutschen Computerspielpreis (DCP). Zum einen steht
Cipsoft auf der Shortlist als „bestes Studio“ und das
Narrative-Novel-Game „Wiblu“ von „Donausaurus“ als „bester Prototyp“.
Gibt es Trends?
Welche Art von Spielen sind aktuell am erfolgreichsten?
Korbinian:
Tatsächlich sind Männer und Frauen unter den Gamern proporzmäßig fast
gleich verteilt und so trenden besonders Gelegenheitsspiele auf dem
Smartphone, die sogenannten Casual Games. Interessant ist auch, dass die
Gruppe der Spieler über 50 Jahre besonders stark zunimmt.
Welches Spiel-Genre ist gerade am erfolgreichsten?
Korbinian: Das hängt davon ab, welche Plattform man betrachtet. Auf
dem PC beziehungsweise auf den Spielekonsolen sind Shooter- und
Action-Rollenspiele das dominante Genre. Auf dem Smartphone erfreuen
sich Gelegenheits- und Rätselspiele, die beliebten Puzzle Games,
größerer Beliebtheit. In den letzten Jahren gab es außerdem einen großen
Hype um die sogenannten Battle-Royale-Spiele – dabei bekämpfen sich
Spieler in einer gemeinsamen Spielwelt und es gewinnt derjenige, der als
letzter übrigbleibt.
Unterscheiden sich
heimische oder deutsche Spiele von denen auf dem internationalen Markt?
Florian: Ja und Nein.
„Das deutsche Spiel“ gibt es nicht. Prinzipiell kann man aber
unterscheiden zwischen Spiele-Titeln, die von großen etablierten Studios
entwickelt wurden und solchen, hinter denen kleine unabhängige
Spieleentwickler stehen, die sogenannten Indies; also Independent
Developer. Letztere sind es üblicherweise, die Neues wagen – sei es mit
einer ausgefallenen und neuen Spielidee oder sie überzeugen durch
Innovation, was die verwendeten Technologien anbelangt. Allgemein zielen
Spieleentwickler generell auf den internationalen Markt, so dass Games
immer auch in einer englischen Version herauskommen.
Welche Art von
Unterstützung brauchen Spieleentwickler am dringendsten?
Korbinian: Im
deutschen Vergleich zu anderen Kreativbereichen ist die Games-Branche
deutlich unterfördert. Wie bereits von Florian angemerkt, kämpfen wir
vorrangig um eine größere Wertschätzung von Games und GameDevs. Das ist
von größter kultureller Bedeutung, denn das Medium Game wird kommende
Generationen stark beeinflussen, bei der Vermittlung von Werten und
Kultur und der Meinungsbildung ganz allgemein. Das muss von uns
Europäern endlich erkannt und angepackt werden. Der Markt wird von
China, USA und Japan dominiert. Im Bereich Games ist Deutschland ein
Importland! Dabei hätten wir alles, was nötig wäre, um selbst große
Spieltitel zu produzieren!
Wie ist es um den
Geschlechterproporz bestellt? Also, wie hoch ist der Anteil an Frauen in
eurem Business?
Florian: Was die
Technikberufe in der Spieleentwicklung anbelangt, sind Frauen noch
unterrepräsentiert. Nach meiner Erfahrung und meinem Empfinden ist man
unter den unabhängigen Spieleentwicklern allen Geschlechtern gegenüber
aufgeschlossen. Mit Sophia ist auch eine Frau im Vorstand des GameDev
Regensburg e. V. Ich kann alle Interessentinnen nur ermuntern, sich
einmal mit ihr zu unterhalten.
Der deutsche
Kulturrat hat Computerspiele als Kulturgut anerkannt. Als wirtschaftlich
relevante Größe steht die Spieleindustrie ohnehin außer Frage. Sollte da
nicht die Konsequenz sein, Computerspiele in die Schule zu integrieren?
Florian: Allgemein
sollte Digitalisierung an Schulen viel konsequenter verfolgt werden. Ich
höre zunehmend von Computer- und Tabletanschaffungen. Der nächste
Schritt muss sein, die Lehrkräfte bei der Unterrichtsgestaltung mit
diesen neuen Medien zu unterstützen. In puncto Games würde ich mir
vonseiten der Lehrer und Lehrerinnen Aufgeschlossenheit und Interesse
wünschen. Im Matheunterricht könnte man an Rätselspielen knobeln, im
Geschichtsunterricht mit einer Virtual-Reality-Brille durch das antike
Ägypten schlendern und in Deutsch spielt man ein Rollenspiel und
schreibt gemeinsam mit der Klasse eine Fantasiegeschichte. All das wäre
heute schon möglich. Tatsächlich wäre ich beinahe Lehrer für
Elektrotechnik geworden, hätte mich die Spieleentwicklung nicht so in
ihren Bann gezogen.
Wohin wendet sich,
wer Interesse hat, bei euch mitzumachen?
Florian: Einmal mit
Spieleentwicklern quatschen. Ganz gleich, ob mit dem Hintergedanken
selbst einzusteigen oder einfach nur so aus Interesse – der
Discord-Server, eine Art digitale Taverne, ist die richtige Anlaufstelle
dafür. Dort bekommt man auch alle regionalen Events wie unsere MeetUps,
Vorträge, Stammtische, GameJams et cetera mit. Den Link findet man auf
gamedevregensburg.de.
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‘Kein
Wandel durch Handel‘
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Zitat
Egon Bahrs Ostpolitik
Sonderbotschafter Egon Bahr (SPD) bei seiner Rückkehr aus Moskau
1970.
Die Ostpolitik unter Willy Brandt gilt immer noch als
Erfolgsgeschichte.
© picture alliance / dpa / Peter Popp
Behrends,
Jan · 18. März 2022, 08:08 Uhr
Als Architekt
der Ostpolitik unter Willy Brandt setzte Egon Bahr auf
Annährung. Diese Politik habe den Weg zur Wiedervereinigung
bereitet, wird oft behauptet. Der Historiker Jan Behrends hat
Zweifel, ob das stimmt. Der Mythos müsse hinterfragt werden,
sagt er.
Deutschlandfunk Kultur
Interview
DLF: Ich bin sicher, Sie werden mir zustimmen, wenn ich
sage: wir leben gerade in merkwürdigen Zeiten oder im Prinzip
steht die Welt Kopf.
Ich meine, überlegen Sie mal, die Grünen waren mal die
Pazifisten-Partei.
Nach noch nicht mal hundert Tagen Mitregieren billigen die nun
hundert Milliarden Aufrüstung für die Bundeswehr.
Der grüne Klimaschutzminister Habeck sagt auf einmal:
„Die Versorgungssicherheit sei wichtiger als der Klimaschutz!“
Und Olaf Scholz als SPD-Kanzler in der Tradition von Willy
Brandt bricht mit Putin, als hätte es das Prinzip ‘Wandel durch
Annäherung‘ nie gegeben.
Und das ist wiederum eng mit der SPD verknüpft. Erfunden hatte
es nämlich der SPD-Politiker Egon Bahr, der vor hundert Jahren,
am 18. März 1922, geboren wurde.
Was das genau war, diese spezielle Ostpolitik der SPD, das
lassen wir uns mal erklären vom Osteuropa-Historiker Jan Claas
Behrends vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung
Potsdam.
Herr Behrends, Guten Morgen
Behrends: Schönen guten Morgen
DLF: Egon Bahr hatte in den 60er Jahren bereits eine neue
Politik vorbereitet unter diesem berühmten Slogan ‘Wandel durch
Annäherung‘.
Was war genau das Ziel?
Behrends: Na ja, das große Ziel der deutschen Politik zu
dieser Zeit war natürlich oder das langfristige Ziel war
natürlich immer die deutsche Einheit, die pragmatischeren Ziele
waren eben, die Beziehungen zu Osteuropa, auch zur DDR zu
verbessern und man hatte sehr genau verstanden, dass der
Schlüssel natürlich für eine solche Politik in Moskau lag,
deswegen war diese Ostpolitik zunächst einmal eine Politik des
Ausgleichs und der Entspannung mit der Sowjetunion, mit dem
Kreml, und man hat mit Breschnew
verhandelt.
Man hat eben eine größere Hoffnung, auch eine strategische
sozusagen Hoffnung, darauf gelegt, dass durch diese Annäherung
sich die andere Seite auch wandeln würde, das heißt sozusagen in
dem Moment, wenn man Entspannungspolitik macht, dass vielleicht
auch die Diktatur dann hinter dem Eisernen Vorhang nicht mehr
ganz so hart sein würde, das war eben eine Annahme von Bahr.
DLF: Was für Widerstände musste man damals überwinden, um
diese Denkweise durchzusetzen?
Behrends: Sehr große, also sowohl innenpolitisch
natürlich, die Opposition aus CDU/CSU hat das damals abgelehnt,
das war ja ein Projekt der neuen Brandt-Regierung, es ging ja
auch um die Anerkennung der neuen Grenzen von 1945, sozusagen
der deutschen Ostgrenze, das wurde von den Vertriebenenverbänden
natürlich stark bekämpft, insofern gab es auch Skepsis der
Amerikaner auf der anderen Seite des Atlantik, dass die
Deutschen da sozusagen so eine eigene Politik mit den Russen
betreiben, da gab es schon große Widerstände innen und außen.
DLF: Ich erinnere mich an den CDU-Politiker Heiner
Geißler, der die SPD in diesen Tagen die fünfte Kolonne Moskaus
genannt hatte, es wurde also mit harten Bandagen gekämpft. Nun
gilt Egon Bahr als Architekt der Ostverträge, also die
Westgrenze Polens wurde anerkannt, ein Anspruch auf die
ehemaligen deutschen Ostgebiete aufgegeben.
Ich komme selbst aus einer Vertriebenenfamilie, für uns hieß das
Anfang der 70er erstmals wieder in die alte Heimat reisen zu
dürfen.
War das also klug, aus heutiger Sicht, was da passiert ist?
Behrends: Ja, da kam man sicherlich zu ganz konkreten
Verbesserungen, das ist ein großes Verdienst von Bahr, auch für
die Menschen in der DDR, auch da gab es dann ja diesen kleinen
Grenzverkehr, Erleichterungen auch für Westberliner usw.
Für Westdeutsche, die in die DDR reisen konnten, zu Verwandten.
Aber eben auch für die Vertriebenen, das ist ja eigentlich erst
dadurch möglich gemacht worden, dass die diplomatischen
Beziehungen zu Polen dann ja auch wieder aufgenommen wurden. Es
gab ja gar keine diplomatischen Beziehungen in den 50er/60er
Jahren, insofern war das ja eine erfolgreiche Normalisierung.
DLF: Und dann kam die Perestroika, der Fall der Mauer,
die Wende, das alles schien doch Egon Bahr und der Ostpolitik
noch 1989 recht zu geben oder halten Sie das für einen Mythos?
Behrends: Ja, das ist natürlich die große Erzählung, die
man sich auch gerne in der SPD erzählt, dass sozusagen der Weg
direkt von der Ostpolitik zur deutschen Einheit führt.
Das würde ich schon durchaus kritisch sehen, weil diese
Ostpolitik in den 80er Jahren, schon als die
Solidarność-Bewegung in Polen begann, eigentlich in eine Krise
gerät, wo man sozusagen sich dann doch eher entschieden hat, die
Regimes zu stabilisieren, auf die Herrschenden zu setzen, nicht
auf die Opposition, nicht auf Wałęsa , nicht auf Solidarność,
und aus dieser Krise ist die Außenpolitik - nach meiner Ansicht
- nie so richtig rausgekommen und die Einheit hat dann - nach
meiner Ansicht - doch eher etwas mit Gorbatschow und der
internationalen Politik zu tun, als dass sie originär auf die
deutsche Ostpolitik zurückzuführen ist.
DLF:
Also würden Sie so weit gehen, zu sagen, dass das Prinzip
‘Wandel durch Annäherung‘ letztlich dann doch die Systeme der
Autokraten gestärkt hat?
Behrends: Vielleicht nicht unbedingt gestärkt, aber es
ist einfach nicht so eingetreten, wie man sich das vorgestellt
hat.
Der Wandel kommt eigentlich durch Gorbatschow und die Annäherung
kommt dadurch, dass die Sowjets sich selber zur Annäherung
entschließen. Es ist weniger diese Entspannung, die von
Deutschland ausging als vielmehr sozusagen der Entschluss zur
Reform in Moskau, der dann wirklichen Wandel bringt.
DLF: Führt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine
zu einem Umdenken auch in der SPD? Was glauben Sie?
Behrends: Na, das hoffe ich! Ich meine hier die Rede des
Bundeskanzlers drei Tage - glaube ich - nach Kriegsbeginn oder
an diesem Sonntag jedenfalls, die hat ja schon gezeigt, dass man
bereit ist, sozusagen lange, lange unumstößliche - sagen wir mal
- Wahrheiten auch anzugehen, andererseits muss man dann wieder
ein bisschen skeptisch sein, wenn man sich die Reaktion auf
diese Selenskyj-Rede im Bundestag anschaut, das war natürlich
enttäuschend, da blieb die Debatte aus. Da gab es ja auch eine
explizite Kritik des ukrainischen Präsidenten an der deutschen
Politik und das wäre der Ort gewesen natürlich, wo man sich
hätte darüber aussprechen können, und das hat man ja -
vielleicht aus einer gewissen Bequemlichkeit - eher unterlassen
und ist zur Tagesordnung übergegangen.
Das halte ich für eine verfehlte Gelegenheit.
DLF: Der Bundeskanzler sprach zum Lebenswerk von Egon
Bahr vor der Ebert-Stiftung. Sie sind selbst SPD-Mitglied, auch
aktiv im Geschichtsforum der Partei. Erwarten Sie von Olaf
Scholz auch Selbstkritik, was die Ostpolitik der SPD angeht?
Behrends: Ja, ich denke das ist eine Politik, die man mal
grundsätzlich in der Partei, jenseits der Mythen, die über diese
Politik existieren, kritisch aufarbeiten sollte und darüber
hinaus auch sozusagen natürlich dieses, ja diese sozusagen
Kontinuität der Ostpolitik in der Zeit nach der Einheit der
1990er Jahre, 2000er Jahre. Die Kontakte von hohen
SPD-Funktionären in den Putin Kreml, auch das sind ja auch alle
Sachen die sozusagen natürlich jetzt auch aufgearbeitet gehören
aber das ist natürlich sozusagen Teil dieses Gesamtphänomens.
DLF: Wie sehen Sie Bahr denn heute? Schmälert das sein
Ansehen, dass wir heute anders auf die Dinge blicken? Und ich
muss sagen, wir sind ja auch vom Deutschland-Radio verbunden mit
ihm, war er doch vor 1960 Leiter des Bonner Büros des RIAS und
ich sende hier aus dem alten RIAS Funkhaus.
Behrends: Ja, ich glaube, es gibt nicht den einen Bahr.
Man muss hinschauen, dieser Bahr der West-Berliner-Zeit, der war
ja auch ein ziemlicher kalter Krieger. Dann gibt es den Bahr,
eben den der Ostverträge und der Entspannungspolitik, und dann
gibt es ja diesen späten Bahr der 90er und 2000er Jahre, dem man
dann vielleicht auch zu Recht vorgeworfen hat, seine Politik sei
sehr auf Großmachtstatus orientiert, man hat ihn so einen
SPD-Metternich genannt – weil er eben sehr auf Russland fixiert
blieb, er hat - glaube ich - er ist nie ganz angekommen in
dieser Welt nach 1991, wo es eben Polen, Tschechien, Ukraine -
also viele unterschiedliche Staaten in Osteuropa – gab, und dem
gerecht zu werden, dazu brauchte man mehr als - sozusagen - nur
diese Achse Deutschland–Russland, und in dieser Komplexität ist
er vielleicht nie so ganz angekommen, aber das gilt natürlich
auch für die deutsche Ostpolitik allgemein.
DLF: Was lernen wir denn daraus, aus dieser Geschichte
der Ostpolitik für den Umgang mit Autokraten? Da fallen einem ja
noch ganz viele ein, zuallererst natürlich China.
Behrends: Na ja, wir können wieder, wenn wir zurückgehen
Anfang der 70er Jahre, dann wissen wir, dass - sozusagen - warum
hat Breschnew jetzt auch mit Brandt und Bahr verhandelt?
Weil die Bundesrepublik damals durchaus auch aus einer Position
der Stärke verhandelt hat. Willy Brandt war Bundeskanzler,
das verdrängen viele ja heute, der dreieinhalb Prozent des
Bruttoinlandsprodukts für Rüstung ausgegeben hat, das würde
ich jetzt nicht idealisieren, aber Autokraten verstehen
vielleicht auch nur oder reden auch dann eher mit Leuten, wenn
die aus einer Position der Stärke und nicht aus einer Position
der vollständigen Abrüstung verhandeln.
DLF: Zum einhundertsten Geburtstag von Egon Bahr, der
Osteuropahistoriker Jan Klaas Behrends, Forscher am
Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, Herr
Behrends, herzlichen Dank für dieses Gespräch im Deutschlandfunk
Kultur.
Behrends: Ich danke Ihnen
Zitatende
Quelle:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/wandel-durch-annaeherung-egon-bahrs-ostpolitik-kritisch-hinterfragt-dlf-kultur-11e651e3-100.html
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Kommentar
zur Produktion
der Nds. Staatsoper Hannover GmbH von
‘Die Hochzeit des Figaro‘
im Netz unter:
https://staatstheater-hannover.de/de_DE/mediathek?item=515
Lydia Steier,
Operndirektorin am Luzerner Theater, ist ohne Frage eine der
interessantesten Protagonistinnen des aktuellen Regietheaters. Mit
schlüssigen Konzepten, Gespür für Bühnenwirksamkeit und einer meist
ausgeklügelten Personenführung überzeugen ihre Arbeiten durch Ästhetik,
Stimmigkeit und – im modernen Theaterbetrieb leider keine
Selbstverständlichkeit – fundierte Werkanalyse.
Das hebt sie weit über die zahlreichen Pfuscher, Scharlatane und
Experimentier-Kids, die - von Feuilleton, Management oder einem
vermeintlichen Zeitgeist gehypt - persönliche Befindlichkeiten, private
Wehwehchen, Ideologien und Weltanschauungen über jedes Bühnenwerk, jede
Oper stülpen. Was nicht passt, wird irgendwie passend gemacht. Der
Zuschauer von heute ist ja unbedarft! Wo nicht, drängt man ihn einfach
in die konservative, am besten noch in die rechte Ecke, schon kann jeder
Murks als Ausdruck freiheitlicher, fortschrittlicher oder
emanzipatorischer Mission gefeiert werden.
Lydia Steier driftet nie ins Beliebige oder Willkürliche ab, das sei
betont. Den Transfer, einen Bezug etwa zwischen der Zeit vor der
Französischen Revolution zum 6. Januar 2021, der Erstürmung des Kapitols
in Washington, herzustellen, fordert sie vom Rezipienten ihrer
Hannoveraner Figaro-Inszenierung ein. Der gelingt auch mühelos. Ohne
Fahnenschwenken, ohne Stars-and-Stripes, ohne Trump-Transparente, ohne
Hörnermann.
Nur leider stößt auch Frau Steier an Grenzen, wenn sie es mit einem
Ensemble zu tun bekommt, mit Akteuren, die nicht in der Lage sind, ihren
Intentionen zu folgen. Und schon erhebt sich die Frage, handelt es sich
beim sängerischen Personal der Staatsoper Hannover noch um ein Ensemble,
oder lediglich um Söldner, die gezielt für nur eine Partie (um Kosten zu
sparen) verpflichtet werden?
Dann: Was hat Frau Steier tatsächlich inszeniert? Was und wie viel hat
sie ihren Assistenten und der Abendspielleitung anvertraut?
Frau Steier ist ja viel unterwegs, eine viel gefragte Regisseurin, aber
über die Fähigkeit der Bilokation dürfte auch sie wohl kaum verfügen.
Man muss der Staatsoper Hannover dankbar sein, dass sie ihre
Neuinszenierung von Mozarts La nozze di Figaro bis Mitte Juli 2022 als
Stream zur Verfügung stellt.
Das gibt Gelegenheit, die lebendige, sprudelnde und fraglos eine der
wenigen Produktionen auf der Habenseite der glücklos agierenden
Intendantin Laura Berman genau unter die Lupe zu nehmen.
Okay, es handelt sich um abgefilmtes Theater. Man spielt und singt
schließlich auch für den dritten Rang, wenn er denn ausnahmsweise einmal
für das zahlende Publikum geöffnet ist.
Dennoch: oft agiert die Sängerriege unsicher, unnötig hektisch und
übertrieben.
Früher nannte man das: Outrieren, heute würde man Overacting dazu sagen.
Man rollt mit den Augen, fuchtelt mit den Armen und stampft und stapft,
hüpft in bloßem Aktionismus umher, dass einem schwindelig wird.
Dazu gesellt sich eine Komparserie, die mechanisch und ohne innere
Beteiligung Regieanweisungen ausführt, weil man den Kleindarstellern
halt gesagt hat, „jetzt hinsetzen“, „an der Stelle den Kopf schütteln“,
„wenn Figaro aufs Bett springt, die Hände vors Gesicht schlagen“.
Details, die den Gesamteindruck leider trüben.
Ein Ärgernis stellt– im wahrsten Wortsinn – ‘der Pausenclown‘ dar,
dessen auf Englisch vorgetragenen Sottisen – anders mag man das
irrelevante und nervige Gerede nicht nennen – nichts zum Verständnis,
nichts Erhellendes und nichts Geistreiches beitragen. Da darf sich einer
produzieren und nutzt auch reichlich die Gelegenheit dazu! Was originell
sein soll, das Pausengespräch als Pillowtalk, kommt abgeschmackt daher,
plump und peinlich. Wie gut, dass einem dieses überflüssige, unwürdige
und unsinnige Schauspiel beim analogen Besuch der Vorstellung erspart
bleibt.
Kommentar
zur Produktion
der Nds. Staatsoper Hannover GmbH von
‘Der Vampyr‘
im Netz unter:
https://operavision.eu/de/bibliothek/auffuehrungen/opern/der-vampyr-staatsoper-hannover
Screenshot Nds. Staatsoper Hannover
GmbH – Foto Sandra Then
Die Neue Synagoge von Hannover liegt in Trümmern. Der große Davidstern
in der Fassade ist abgebrochen, ein riesiger Haufen Geröll liegt davor.
Bevölkert wird er von Untoten mit zwei Reihen Augen, Messern im Körper
und Spuren triefenden Blutes auf den Körpern. Dem Team ging es darum,
einen Ort aus der Region zu wählen, einen Ort, mit dem sich auch das
Bild des Blutsaugers verbinden lässt, sagt Dramaturg Till Briegleb.
„Der Grund, warum wir diese Ruine der Synagoge genommen haben, ist, weil
natürlich auch Juden immer als Blutsauger und als Parasiten bezeichnet
worden sind. Und es gibt einfach eine inhaltliche Nähe zwischen der
Verteufelung von Juden, die angeblich christliches Kinderblut trinken
und solchen Horrorgeschichten und der Verfilmung von Vampiren als
Monstern.“
Sehr geehrter Herr Briegleb: Nein, die gibt es nicht, diese inhaltliche
Nähe! Ihre Äußerung ist als purer Antisemitismus zu deuten!
Was bildet sich die Niedersächsische Staatsoper ein? Das Tun und Treiben
eines Bühnen-Vampirs mit dem jüdischer Mitbürger gleichzusetzen, ist
eine Entgleisung ohne Beispiel. Der Vergleich, wie ihn die Staatsoper
Hannover anstellt, eine banale Horrorgeschichte und die Judenverfolgung
auf eine Ebene zu zerren, ist eine unsägliche Entgleisung. Weder
Friedrich Wilhelm Murnaus Verfilmung 'Nosferatu – Eine Symphonie des
Grauens' aus dem Jahr 1922 noch das Remake 'Nosferatu – Phantom der
Nacht' von Werner Herzog von 1979 konnotieren auch nur im Geringsten den
Vampirismus mit dem Judentum! Im Gegenteil! Man muss nur nachlesen beim
großen Filmtheoretiker Siegfried Kracauer, der in der Gestalt des
Vampirs vielmehr eine Antizipation Hitlers erkennt!
Der bloße Bühnenzauber und -schauder reicht wohl nicht! Es muss die
Steigerung allen Horrors bemüht werden: die Shoa.
Pfui, Niedersächsische Staatsoper GmbH!
Kalenderblätter
Vor achtzig
Jahren
- Sommer 1942
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Zitat
Zweiter Weltkrieg
Vor 80 Jahren begannen die Briten mit dem Flächenbombardement
deutscher Städte
1942 entschied die britische
Militärführung, „ohne Einschränkung“ Bomben über dicht
besiedelten deutschen Städten abzuwerfen. Vorbild für die
Flächenbombardierungen waren verheerende deutsche Luftangriffe
auf Städte wie London und Coventry oder Warschau.
Von Otto Langels | 14.02.2022
Bremen nach den Bombardierungen durch die
britische Royal Air Force
(picture alliance / Heritage Images)
„Die
deutsche Luftwaffe eröffnet den Entscheidungskampf gegen
England. Pausenlos brausen die deutschen Geschwader nach
England. Tag und Nacht belegen sie London mit Millionen Kilo von
Bomben“, berichtete die deutsche Wochenschau über die
„Luftschlacht um England“ während des Zweiten Weltkriegs. Nach
dem Sieg über Frankreich flogen deutsche Bomber seit dem Sommer
1940 massive Luftangriffe gegen militärische und zivile
Einrichtungen auf der britischen Insel. Als Ziele wurden bewusst
Städte wie London und Coventry ausgewählt, über 40.000
Zivilisten kamen bei den Angriffen ums Leben.
Mehr
zum Thema:
Luftangriff auf Coventry – Schutzlos
deutschen Bomben ausgeliefert
Bombardierung von
Hamburg – Ein Feuersturm in Orkanstärke
Munition und Blindgänger in Meer und
Boden
„Die
Moral der feindlichen Zivilbevölkerung“ zum Ziel
Währenddessen
stellte die Royal Air Force fest, dass den eigenen Bombern die
nötige Präzision fehlte, um strategische Ziele wie deutsche
Flugplätze oder Waffenfabriken zu zerstören. Nur etwa jeder
fünfte Angriff war erfolgreich – Grund genug für das Londoner
Luftfahrtministerium, die Taktik zu ändern. Am 14. Februar 1942
erging die „Area Bombing Directive Nr. 5“, die Anweisung zum
Flächenbombardement:
„Sie
werden ermächtigt, ihre Streitkräfte ohne Einschränkung
einzusetzen. Der Beschluss lautet, den Schwerpunkt der
Operationen auf die Moral der feindlichen Zivilbevölkerung zu
konzentrieren, insbesondere der Industriearbeiter.“
Einen Tag
später präzisierte Charles Portal, Stabschef der britischen
Luftwaffe, die Anweisung: „Es sollte klar sein, dass die
Ziele bebaute Gebiete sind und nicht zum Beispiel Werften oder
Flugzeugwerke. Das muss ganz deutlich gemacht werden, falls es
so noch nicht verstanden wurde.“
„Bomber
Harris“:
„Die Deutschen säten Wind, jetzt werden sie Sturm ernten“
Mit der
Ausführung wurde Arthur Harris betraut, der Oberkommandierende
der britischen Bomberflotte. Den ersten Angriffen auf Essen
Anfang März folgten weitere auf andere Städte des Ruhrgebiets
sowie auf Köln, Düsseldorf und Hamburg:
„Die Nazis
begannen den Krieg mit der kindischen Vorstellung, sie könnten
jeden bombardieren, aber niemand würde sie bombardieren“,
erklärte Arthur Harris, genannt „Bomber-Harris“. Er
rechtfertigte die Flächenbombardements mit den vorangegangenen
deutschen Luftangriffen auf Rotterdam, London und Warschau: „Die
Deutschen säten Wind, und jetzt werden sie Sturm ernten. Köln,
Lübeck, Rostock sind erst der Anfang.“
Der als „Bomber-Harris“
bekannt gewordene britische Luftwaffenoffizier Arthur Harris
ließ während des Zweiten Weltkriegs deutsche Städte mit dem Ziel
der „Zermürbung der Moral des deutschen Volkes“ flächendeckend
bombardieren.
Thomas
Manns Lübeck schwer zerstört
Eine der von
Harris erwähnten Städte war Lübeck, die Heimatstadt des
Literatur-Nobelpreisträgers Thomas Mann. Am 29. März warfen 200
britische Flieger rund 400 Tonnen Bomben ab, zwei Drittel davon
Brandbomben. Sie richteten einen verheerenden Schaden an, über
300 Menschen kamen ums Leben, die Altstadt war weitgehend
zerstört. Mann wandte sich kurz darauf aus dem Exil an die
deutschen Hörer:
„Hat
Deutschland geglaubt, es werde für die Untaten, die sein
Vorsprung in der Barbarei ihm gestattete, niemals zu zahlen
haben? Beim jüngsten britischen Raid über Hitler-Land hat das
alte Lübeck zu leiden gehabt. Es ist meine Vaterstadt, und lieb
ist es mir nicht. Aber ich denke an Coventry und habe nichts
einzuwenden gegen die Lehre, dass alles bezahlt werden muss.“
„Um euch
die Fortführung des Krieges unmöglich zu machen“
Dem
Luftangriff auf Lübeck folgten zahllose weitere, um den
Durchhaltewillen der Bevölkerung zu brechen. Ein massenhaft über
dem Deutschen Reich abgeworfenes Flugblatt begründete das
Vorgehen:
„Warum wir
das tun? Nicht aus Rachsucht, obwohl wir Warschau, Rotterdam,
Coventry nicht vergessen. Wir bombardieren Deutschland, um euch
die Fortführung des Krieges unmöglich zu machen. Was ihr erlebt
habt, wird nicht zu vergleichen sein mit dem, was kommt.“
Waren
die Flächenbombardments legitim?
Was kam,
waren Angriffe der Alliierten auf rund 150 Städte mit mehr als
einer halben Million Toten. Doch die erhoffte Wirkung des
sogenannten Moral Bombing blieb aus. Massive Schläge gegen dicht
besiedelte Innenstädte mochten die heimische Bevölkerung
zermürben und die Weltöffentlichkeit beeindrucken, die Deutschen
erhoben sich aber nicht gegen das NS-Regime, sondern setzten den
Krieg bis zum bitteren Ende fort. Zudem erlitt die britische
Luftwaffe erhebliche Verluste, nahezu die Hälfte der Flieger
kehrte nicht zurück. Der militärische Nutzen sowie die
moralische und völkerrechtliche Bewertung des
Flächenbombardements sind daher bis heute umstritten.
Zitatende
Quelle:
https://www.deutschlandfunk.de/vor-80-jahren-beginn-des-britischen-flaechenbombardments-100.html
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Hilfe für den
‘Duce‘
Mussolini ließ am 9. September 1940 in Nordafrika, aus
Italienisch-Libyen heraus, seine
10. Armee nach Osten marschieren, um Ägypten zu erobern.
Die
Invasion
verlief allerdings wenig erfolgreich und kam aufgrund der schlechten
Versorgung und Ausrüstung der Truppen nur wenig mehr als 100 km hinter
der ägyptisch-libyschen Grenze zum Stehen. Am 8. Dezember 1940 starteten
Briten und Truppen der
Commonwealth-Staaten
mit der
Operation Compass
eine Gegenoffensive. Das ursprünglich auf nur wenige Tage begrenzte und
die Vertreibung der italienischen Armee aus Ägypten gerichtete
Unternehmen erwies sich als derart erfolgreich, dass der Vormarsch bis
nach Libyen fortgesetzt wurde. Bis Anfang Februar 1941 hatten die
alliierten Truppen die
Kyrenaika
bis einschließlich
El Agheila
besetzt und die 10. italienische Armee nahezu restlos aufgerieben.
Noch im Dezember 1940 hatte Mussolini ein deutsches Hilfsangebot zur
Entsendung von Truppen nach
Afrika
abgelehnt. Nachdem die
Operation Compass
aber am 7. Februar 1941 mit der Vernichtung der
10. Armee
endete, kam er auf dieses Angebot zurück.
Das
OKW
(Oberkommando der Wehrmacht) erteilte als Reaktion auf Mussolinis Bitte
am 6. Februar 1941 Weisung für den Beginn des ‘Unternehmens
Sonnenblume‘. Am 11. Februar 1941 landeten erste deutsche Truppen in
Tripolis.
Die italienischen Truppen waren aufgrund ihrer Niederlagen bereits
moralisch angeschlagen und ihre Verteidigungsstellungen waren nur
lückenhaft ausgebaut.
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Zitat
13.
Februar 1941
In der nördlichen Cyrenaika erzählte die deutsche Luftwaffe
Bombentreffer schweren Kalibers in britischen Truppenlagern und
militärischen Anlagen.
Auf einem Flugplatz bei Bengasi trafen Bomben abgestellte
Flugzeuge.
Kraftwagenkolonnen wurden durch MG-Feuer und Bombenwurf
zersprengt. Kampfflugzeuge griffen den Flughafen Lucca auf der
Insel Malta erfolgreich an.
Bei Luftkämpfen über der Insel verlor der Feind 3 Flugzeuge vom
Muster Hurricane.
Im Mittelmeerraum zerstörten Kampffliegerkräfte der deutschen
Luftwaffe Hallen Feldlager und abgestellte Flugzeuge des Feindes
auf Flugplätzen. Erfolgreiche Tagesangriffe richteten sich gegen
militärische Anlagen auf der Insel Malta.
An der libyschen Küste südostwärts Agedabia stieß in den
Morgenstunden des 24. Februar ein deutscher und ein englischer
motorisierter Spähtrupp zusammen.
Eine Anzahl englischer Kraftfahrzeuge darunter mehrere
Panzerspähwagen wurde vernichtet einige Gefangene eingebracht.
Auf deutscher Seite entstanden keine Verluste.
In Nordafrika richtete sich erfolgreiche Angriffe deutscher
Kampfflugzeuge gegen die Hafenanlagen von Tobruk sowie gegen
Truppenansammlungen Kraftwagenkolonnen und Feldlager Agedabia.
Ein an der libyschen Küste Vorgehender deutscher motorisierter
Spähtrupp brachte erneut Gefangene ein und erbeutete einen
britischen Panzerwagen.
In Nordafrika belegten deutsche Kampfflieger-Verbände bei Derna
Fahrzeugkolonnen, Truppenansammlungen und wer Barackenlager mit
Bomben leichten und mittleren Kalibers. In den Lagern entstanden
heftige Brände, zahlreiche Fahrzeuge wurden zerstört. Gebäude
durch Volltreffer vernichtet oder schwer beschädigt.
Zitatende
Quelle: Die
Wehrmachtsberichte – Verlag Literatur und Bildung – Köln 1989 –
Seite 420-430
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Im Gegensatz zur geplanten, defensiven
Haltung des Afrikakorps hielt Rommel ein offensives Vorgehen gegen die
britischen Truppen für unbedingt notwendig. Das Deutsche Afrikakorps
konnte sich allerdings wegen des herrschenden Nachschubmangels auch
nicht Nordafrika halten. Am 13. Mai 1943 kapitulierte Rommels Nachfolger
Generaloberst
Hans-Jürgen von Arnim. Fast 255.000 deutsche und italienische
Soldaten gerieten in britische
Kriegsgefangenschaft in Ägypten, da Hitler eine Rückführung der
Mannschaften über das Mittelmeer nach Zentraleuropa verbot.
Neben den Aktionen in Nordafrika hatte
Mussolini am 28. Oktober 1940 Griechenland angegriffen, war aber
bald in die Defensive geraten und hatte sogar Teile italienisch
Albaniens preisgeben müssen. Schon im November 1940 war von
deutscher Seite der Plan zu einem Eingreifen auf dem Balkan zugunsten
Italiens gefasst worden.
So musste parallel zu den Hilfen für Mussolini in Nordafrika die
deutsche
Wehrmacht am 6. April 1941 auch das
Königreich Jugoslawien und das
Königreich Griechenland attackieren. Beide Länder wurden innerhalb
weniger Wochen besetzt, nachdem zuvor der
Angriff des
italienischen
Bündnispartners auf Griechenland in einem Desaster geendet hatte.
Die Invasion der Wehrmacht wurde von italienischen,
bulgarischen und
ungarischen Truppen unterstützt. Am 17. April 1941 kapitulierten die
jugoslawischen Streitkräfte, Griechenland am 23. April 1941. Die
Kämpfe auf der Insel Kreta, wo
britische Truppen gelandet waren, zogen sich jedoch bis zum 1. Juni
1941 hin.
Am 27. April
1942 hatte Goebbels eine Besprechung mit Hitler, anlässlich derer auch
der erneute britischer Bombenangriff auf Rostock zur Sprache kam. Der
Führer sei sehr erbost über das Versagen der Flak gewesen.
Man müsse jetzt vermehrt Vergeltung üben, indem man die Badeorte an der
englischen Küste, die Kulturzentren, damit die touristischen
Mittelpunkte und die bürgerlichen Städte treffe. Es wurde mit heftigen
Bombenangriffen begonnen, wobei die Luftwaffe die Südküste Englands mit
den Badeorten ins Visier nahm. So flogen deutsche Flugzeuge im April und
Mai Angriffe gegen Exeter, Bath, Norwich, York und Canterbury, konnten
aber gegen die Air Force, der nun Flugzeuge und Piloten in größerer Zahl
zur Verfügung standen, kaum mehr etwas ausrichten. Die sogenannten
‘Baedecker-Angriffe‘ richteten zwar beträchtliche Schäden an, konnten
aber die Kriegsanstrengungen der Briten nicht beeinträchtigen.
|
|
Zitat
[…]
Als
Reichspropagandaminister Joseph Goebbels
von der ungeahnten Karriere der Formulierung erfuhr, diktierte
er am 1. Mai 1942 seinem Sekretär für die als Tagebuch bekannten
täglichen Aufzeichnungen: „Die Engländer stimmen ein
sentimentales Gegreine um unsere Angriffe auf Bath und die
anderen englischen Kulturstädte an. Sie behaupten scheinheilig,
sie hätten bisher immer nur militärische oder wirtschaftliche
Ziele bombardiert, während wir unsere Angriffe vor allem auf
Kulturziele eingestellt hätten.“
Zur Entstehung des Begriffs fügte er hinzu: „Sie
sprechen in diesem Zusammenhang von Baedeker-Angriffen, weil
einer unserer Herren törichterweise auf einer
Auslandspressekonferenz diesen Ausdruck geprägt hat. Ich werde
versuchen, durch Nichtaufgreifen einer solchen Parole sie sich
totlaufen zu lassen.“
[…]
Zitatende
Quelle:
https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article196419519/Luftwaffe-1942-Jedes-Gebaeude-mit-drei-Sternen-angreifen.html |
Hitler war mit dem ‘Duce‘
übereingekommen, mit dem ‘Unternehmen Thesus‘ die Südfront – also
Nordafrika - zu einem Erfolg zu führen, indem man Tobruk erobere, um
danach die Übernahme von Malta – als Eingangstor zu Kämpfen am Suezkanal
– anzugehen.
Am 26. Mai 1942 begann daraufhin das ‘Unternehmen Theseus‘, das
tatsächlich zur Eroberung der
Festung
Tobruk führte. Die erfolgreiche Offensive hatte den weiteren
Vormarsch der deutsch-italienischen Truppen bis nach
El Alamein und damit dem weitesten östlichen Vordringen der
Achsenmächte in Nordafrika während des Zweiten Weltkriegs, zur Folge.
Ohne dass es weitere Erwähnung fand, waren bereits durch das Eingreifen
Hitlers zu Gunsten Mussolinis am Balkan und in Griechenland, wie auch
den Kämpfen des Afrikakorps in Libyen mehrere starke Fronten entstanden,
wie sie von Stalin von den Engländern und Amerikanern gefordert, von
Hitler aber als ‘Gefasel‘ abgetan, wurde, was dazu führte, dass Goebbels
den Begriff auf Weisung des ‘Führers‘ nicht mehr in der Propaganda
aufführen ließ.
Wie problematisch sich die ganze Situation darstellte, zeigen an der
Realität vorbeigehende Überlegungen der Führung der Wehrmacht.
Irreale Einschätzungen der Gesamtkriegslage auf allen Fronten und
besetzten Ländern und der Ausstattung der Wehrmacht prägten nach
Bernd Wegner in hohem Maße das Meinungsbild des „Führers und seiner
militärischen Umgebung“ über die zu erwartende Widerstandskraft vor
allem der Sowjetunion und trugen zu einem Optimismus bei, dessen
Brüchigkeit sich erst auf den Schlachtfeldern erweisen sollte.
Die
nächtlichen Angriffe der RAF über Norddeutschland gingen weiter. Es
wurden nicht nur die Heinkel Werke in Warnemünde bombardiert, sondern
auch die Wohngebiete der Bevölkerung getroffen.
In der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1942 flog die Royal Air Force mit 167
Bombern einen Angriff im Hoch- und Tiefflug mit 316 Tonnen Bomben auf
die
Arado Flugzeugwerke,
die
Kröger-Werft
bei
Warnemünde
und gegen den Ort. Auch Rostock war betroffen. 20 Maschinen wurden
abgeschossen, was die deutsche Luftabwehr als großen Erfolg verbuchte: „Flak-Schlacht“,
„Großangriff erfolgreich abgeschlagen“. Der Angriff wurde von den Briten
als „mäßig erfolgreich“ eingestuft. Die deutsche Flak war nach den
April-Angriffen erheblich verstärkt worden und 90 Sperrballons
erschwerten die britischen Attacken.
Die Zerstörung von Flugzeugwerken betraf besonders den ‘Göring-Plan‘ vom
Juni 1941, der damals eine Vervierfachung der Kräfte im Bereich der
Luftwaffe und der Marine zur Entlastung des Heeres vorsah.
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|
Zitat
Der ‘Göring-Plan‘
sah drei Eckpfeiler vor:
-
Den Bau dreier neuer Flugzeugfabriken
und eines Flugzeugmotorenwerkes mit einer Kapazität von 1000
Motoren monatlich.
- Verdoppelung der
Leichtmetallerzeugung von 531.000 Tonnen im Jahr durch den
Leichtmetall-Ausbauplan.
-
Steigerung der Erzeugung von
Flugbenzin von 160.000 t monatlich auf 390.000 t durch
den Flugtreibstoff-Ausbauplan.
Der Leichtmetallausbauplan sah
die Steigerung der Produktion hauptsächlich in
Norwegen, wegen seiner reichen Energiequellen, vor. Das
Bauxit sollte vorwiegend aus
Ungarn herantransportiert werden.
Der Flugtreibstoff-Ausbauplan, unter Leitung des
Aufsichtsratsvorsitzenden der
I.G. Farben
Carl Krauch, sah die Lieferung von 4 Millionen Jahrestonnen
Erdöl aus der
Sowjetunion über eine
Pipeline von
Odessa nach
Schlesien und
Brüx im
Sudetenland vor. Zur Verarbeitung sollten mehrere große
Erdölverarbeitungsanlagen errichtet werden. Der General
Georg Thomas meinte dazu: „Ohne Besitz des
Kaukasus hat es keinen Zweck mehr, das Flugbenzinprogramm
von Krauch weiter zu verfolgen.“
Quelle:
Dietrich Eichholtz:
Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft. Berlin 1985,
Band 2, S. 17 |
Auch hier
zeigte sich, dass der Plan Hitlers aufgehen musste, den Kaukasus und
seine Erdölfelder zu erreichen, um die eigene Produktion von Treibstoff
sicherzustellen.
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Zitat
Der Chef
des OKW
Wilhelm Keitel
äußerte auf einer Lagebesprechung im Mai 1942 gegenüber
Georg Thomas,
„dass die Operationen des Jahres 1942 uns an das Öl bringen
müssen. Wenn dies nicht gelingt, können wir im nächsten Jahr
keine Operationen führen“.
Die
Seekriegsleitung
hielt die Eroberung von Maikop für notwendig, da die dünne
Treibstoffdecke für die Kriegsmarine bis zum Zerreißen gespannt
war, denn das Unternehmen Barbarossa verschlang das für sie
vorgesehene rumänische Öl.
Im April 1942 waren ihre Reservebestände fast völlig
aufgebraucht und
Erich Raeder
musste an Hitler melden, dass sämtliche heizölverbrauchenden
leichten und schweren Schiffe nur noch Notoperationen unter
Rückgriff auf den Noteinsatzbestand durchführen können. Nur die
U-Boote erfuhren keine Einschränkung.
Mit dieser Erkenntnis legte Hitler den Schwerpunkt auf den
östlichen Kriegsschauplatz und suchte die strategische
Entscheidung im Osten.
„Krieg wird im Osten entschieden“ hatte Generalstabschef Halder
schon am 28. März 1942 in seinem Kriegstagebuch notiert.
Entsprechend legte Hitlers Befehl für die „Rüstung 1942“ den
Rüstungsschwerpunkt eindeutig auf das Heer. Damit war nach
Dietrich Eichholtz
das
Göring-Programm
zum Kampf gegen die Westmächte „begraben“. Dieses hatte
vorgesehen, dass der Rüstungsschwerpunkt auf die
Luftwaffe
verlagert wird und zur Vervierfachung der deutschen
Luftwaffe
innerhalb von zwei bis zweieinhalb Jahren zum Kampf gegen die
Westmächte
führt. Er basierte auf einer geplanten Verlagerung des
Rüstungsschwerpunktes vom
Heer
auf die Luftwaffe und
Marine.
Generalstabschef
Franz Halder
berichtet über Rüstungskapazitäten der Feindstaaten, indem er
für die UdSSR die monatliche Produktion von 1.200 Panzern angab,
dass sich Hitler wütend zeigte, dass Deutschland als größter
Industriestaat mit der größten Industrieorganisation der Welt
nur 600 Panzer je Monat produziere und es unmöglich sei, dass
ein anderes Land mehr schaffe.
Erst sehr viel später, im Januar 1943, erließ Hitler das
Adolf-Hitler-Panzerprogramm
zur Vervierfachung der Produktion von Panzerfahrzeugen.
Das Göring-Programm musste aufgegeben werden, da die Umrüstung
an technischen Schwierigkeiten, ganze Produktionszweige
kurzfristig umzustellen, scheiterte und den „bürokratischen und
politischen Hemmnissen und Reibungsverlusten“, die sich aus der
nationalsozialistischen
Polykratie
ergaben.
Die Umsteuerungsbemühungen scheiterten aber vornehmlich am
Widerstand von
Monopolgruppierungen,
die besonders eng mit der Heeres- und Marinerüstung verflochten
waren. Es wurden einfach keine Ingenieure oder sonstige
Werkarbeiter abgegeben. Dadurch seien die Umsteuerungsbemühungen
zugunsten der Luftwaffe „mehr oder weniger wirkungslos
verpufft.“
Zitatende
Quelle:
MGFA
(Hrsg.):
Das
Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg.
Stuttgart 1990, Band 5/1, S. 612
|
Am 22. Oktober 1941 war dann in einem
Gespräch zwischen
Erhard Milch und General Thomas festgestellt worden, dass eine
Umstellung bisher noch nicht stattgefunden habe. Am 10. November 1941
kam man im Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt zu der Erkenntnis, dass das
Heer „praktisch keine nennenswerten Kapazitäten und Arbeitskräfte
freigegeben hatte.
Der
Führerbefehl
‘Rüstung 1942‘ vom 10. Januar 1942 legte den Rüstungsschwerpunkt auf das
Heer. Damit war die Umrüstung und der ‘Göring-Plan‘ endgültig
gescheitert.
Für das Jahr 1942 schätzte das
Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt im OKW die
sowjetische Panzerproduktion auf 6.000 und die
Abteilung Fremde Heere Ost auf 11.000.
Tatsächlich lag sie bei 24.690.
An Geschützen wurde mit einer Produktion von höchstens 7.800 Geschützen
über 7,6 cm Kaliber, einschließlich Pak und Flak, gerechnet, tatsächlich
waren es 33.000.
Die sowjetische Flugzeugproduktion erreichte mit 25.000 Stück das
dreifache der deutschen Prognose.
Hitler verstand nichts von Flugzeugen. Nach der Übernahme des
Oberbefehls über das Heer am 19. Dezember 1941 widmete sich Hitler
verstärkt der waffentechnischen Entwicklung des Heeres, besonderes
Interesse und Eifer galten der Panzerwaffe. So hatte er die Bewaffnung
der Wehrmacht am T 34 der Russen zu messen, der zur Zeit des
deutschen Angriffs 1941 allen deutschen Panzern überlegen war.
Schnell wurden der Wehrmacht die Fähigkeiten des T-34-Panzers deutlich,
vor allem hinsichtlich Mobilität und Panzerschutz. Die deutsche
3,7-cm-Panzerabwehrkanone konnte der Panzerung des T-34 – abgesehen
von Glückstreffern in den
Turmdrehkranz – nichts anhaben.
Der im Frühjahr 1942 erschienene deutsche
Panzer IV F2 konnte mit seiner langen 7,5-cm-Kanone vom Typ KwK 40
L/43 zwar das Gleichgewicht bei der Bewaffnung wiederherstellen, war dem
T-34 in Bezug auf Panzerung und Mobilität aber weiterhin deutlich
unterlegen.
Erst mit der Einführung des
Panzers V „Panther“ (Ausführung D) verfügte die
Wehrmacht über einen mehr als gleichwertigen mittleren Panzer. Der
Panther war zwar schwerer, etwas langsamer und hatte eine wesentlich
geringere Reichweite, dafür aber war er stärker bewaffnet und gepanzert
als der T-34.
Als weiterer Vorteil es T-34 erwiesen sich bald auch die breiten Ketten,
welche die Geländegängigkeit gegenüber den deutschen Panzern mit ihren
relativ schmalen
Gleisketten erhöhten.
Vom Sommer 1941 bis zur Kapitulation 1945 setzten
Wehrmacht,
Waffen-SS und
Ordnungspolizei erbeutete T-34-Panzer der verschiedensten Versionen
ein. Intakte T-34 wurden oft direkt nach ihrer Erbeutung von den
deutschen Verbänden eingesetzt. Als dann
Munition und
Ersatzteile fehlten, wurden die Wiederinstandsetzungen bis Mitte
1942 auch wieder aufgegeben. Dann aber ab Mitte 1942 begannen Wehrmacht
und Waffen-SS Einheiten planmäßig mit T-34-Panzern auszustatten. Diese
wurden vorher bei der Panzer-Instandsetzungs-Gruppe Nord in
Riga überholt. Unter anderem wurden die Panzer umlackiert und
umgerüstet. Viele Panzer erhielten deutsche Funkgeräte, Funkantennen und
Notek-Tarnscheinwerfer. Ein Teil der Panzer bekam
Kommandantenkuppeln von nicht mehr instandsetzungsfähigen Panzern. Im
Jahr 1943 begann man, diese Instandsetzungsarbeiten und Umbauten auch im
Daimler-Benz-Werk
Berlin-Marienfelde und bei
Waggon- und Maschinenbau AG (WUMAG) in
Görlitz durchzuführen. Ein Teil der erbeuteten T-34 wurde aber
weiterhin auch bei den Truppen selbst instandgesetzt und umgebaut.
Später dann, am 6. März 1943, notierte
Joseph Goebbels in seinem Tagebuch über die Folgen der Aufgabe des
Göring-Programms und der Stärkung der Luftwaffe:
„Wir haben eben durch den Krieg im Osten die Luftherrschaft über
Europa in wesentlichen Teilen verloren und sind jetzt den Engländern
wenigstens in dieser Beziehung auf Gnade und Ungnade ausgeliefert.“
Am 8.
Mai 1942 begann das Unternehmen ‘Trappenjagd‘, das die Rückeroberung der
Halbinsel Kertsch zum Ziel hatte.
Quelle: Die
Wehrmachtsberichte – Verlag Literatur und Bildung – Köln 1989 – Seite
114
Am 28. Mai 1942 gelang Nazi-Deutschland noch die
Eroberung von Charkow und am 4. Juli 1942 die Einnahme der Stadt mit
Festung
Sewastopol.
Damit war die Krim mit der Vernichtung von drei sowjetischen Armeen und
der Gefangennahme von 190.000 Rotarmisten wieder unter der Gewalt der
deutschen Wehrmacht.
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Zitat
Der Erfolg unseres Angriffs auf die Halbinsel Kertsch ist ein
voller. Wir können darüber eine Sondermeldung herausgeben. Es
ergibt sich die Frage, ob wir diese Sondermeldung mit dem großen
Zeremoniell im Rundfunk herausbringen sollen. Ich entscheide am
Schluss: ja!
Wir müssen unser Volk auch daran gewöhnen, solche
Sondermeldungen als Einzelfälle anzusehen.
Zitatende
Quelle: Tagebücher – Dr. Goebbels – Band 4 – Seite 1793 – Piper
Verlag - 1992
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Quelle: Die
Wehrmachtsberichte – Verlag Literatur und Bildung – Köln 1989 – Seite
115
Diese durchaus zunächst positive Situation führte dazu,
dass alles wieder einmal als zu gut eingeschätzt wurde. Der ‘Führer‘
sehe die Gesamtlage im Osten außerordentlich positiv. Er sei der
Überzeugung, dass der Sieg bei Charkow eine weitesttragende Bedeutung
habe. Auch das Überrennen der bolschewistischen Divisionen auf der
Halbinsel Kertsch gäbe Anlass zu größten Hoffnungen für die weiteren
militärischen Operationen. Immerhin seien in dieser Schlacht drei
sowjetische Armeen vernichtet worden.
Man hätte zwar noch einen schweren Weg vor sich, aber der könne
bezwungen werden.
Gingen an den Fronten
die Kämpfe und die Luftangriffe wie der am 31. Mai 1942 auf Köln mit
1.000 britischen Flugzeugen weiter, so hatte Goebbels in der
Wochenzeitung ‘Das Reich‘ zusätzlich damit zu kämpfen, den Deutschen die
Probleme der Rationierung näherzubringen. Es werde im kommenden Herbst
ein Mangel an Brotgetreide einsetzen, so dass man an Kürzungen nicht
vorbeikäme.
Es müsste zum Brotgetreide Gerste beigefügt werden, was die Qualität der
Brote noch zusätzlich herabsetzen werde.
Er hoffte, dass wenigstens reichlich Kartoffeln zu Verfügung stünden,
aber bei dem herrschenden Sauwetter könne von einem Überangebot keine
Rede sei.
Ab dem 16. Juli 1942 befand sich das deutsche
Führerhauptquartier ‘Werwolf‘ in einem Wald 8 km nördlich von Winniza.
Hitler hatte befohlen, sein Hauptquartier möglichst nahe an die Front
der Heeresgruppe Süd zu verlegen. So hatte die ‘Organisation Todt‘
Blockhäuser in einen dichten Wald stellen lassen, so dass die Tarnung
von oben nahezu perfekt gelungen war. Der Nachteil dieser Positionierung
der Gebäude waren dichte Mückenschwärme, die das Leben zur
Unerträglichkeit erschwerten.
Die Folge waren Reizbarkeit der gesamten Mannschaft, die sich in
gegenseitigen Tobsuchtsanfällen entluden, die umso mehr, als Hitler die
Aussichtslosigkeit seiner Vormärsche nicht erkennen, mit der
Heeresgruppe Süd - geteilt die Gruppen A und B - die Ostküste des
Schwarzen Meeres erobern und die gesamte Kaukasusregion einschließlich
der Ölfelder von Maikop, Grosny und Baku in Besitz nehmen wollte. Gegen
den Rat von Generalstabschef Halder wollte Hitler in gleichzeitigen,
nicht nebeneinander laufenden Teiloffensiven nach Osten vorankommen, um
seiner eigenen Erkenntnis zu folgen, dass der Krieg so schnell als
möglich zu Ende gebracht werden müsse. Diese Fehlentscheidung führte
dann zu einer Überforderung der sowieso geschwächten deutschen
Angriffskräfte. Hitlers Wunschträume verleiteten ihn zu dem bei ihm
bekannten Hasardspiel, alles auf eine Karte zu setzen. Dies aber zeigte
seinen Dilettantismus als Feldherr.
Am 23. Juli 1942
begann dann die deutsche Sommeroffensive, die zum Ziel hatte, endlich
das Rüstungs- und Verkehrszentrum Stalingrad und die Ölfelder im
Kaukasus zu erobern. Man kam bis Stalingrad, jedoch gelang es nicht, die
Südgrenze Russlands zu erreichen, so dass die Versorgung der Russen über
den Iran nicht gestoppt werden konnte.
Als in dieser Zeit des Sommers1942 die
Heeresgruppe Süd in schweren Kämpfen langsam nach Südosten zog, stellte
das Führer-Hauptquartier eine vermehrte Partisanentätigkeit hinter der
eigentlichen Front fest.
Dies nahm Hitler zum Anlass, die Weisung Nr. 46 am 18. August 1942
herauszugeben.
Einleitend hieß es
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Zitat
Das Bandenunwesen im Osten hat in den letzten Monaten einen
nicht mehr erträglichen Umfang angenommen und drohte zu einer
ernsten Gefahr für die Versorgung der Front und die
wirtschaftliche Ausnutzung des Landes zu werden.
Bis zum Beginn des Winters müssen diese Banden im Wesentlichen
ausgerottet und damit der Osten hinter der Front befriedet
werden, um entscheidende Nachteile für die Kampfführung der
Wehrmacht im Winter zu vermeiden.
Zitatende
Quelle: Walter Hubatsch - Hitlers Weisungen für die
Kriegsführung 1939-1945 – Karl Müller Verlag - 1983
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Immerhin gelang der Heeresgruppe Süd mit ihrem Kampfteil A am 6. August
1942 weiter im Osten den Fluss Kuban zu erreichen und drei Tage später
an den Ölfeldern von Maikop anzulangen.
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Zitat
Donnerstag, den 6. August 1942
Im Kaukasusgebiet wurde der Eisenbahnknotenpunkt Tichorezk
genommen und die Bahnlinie nordwestlich der Stadt in breiter
Front erreicht. Bewegliche Verbände der Infanterie-Divisionen
stoßen nach Süden weiter vor. Zerstörerverbände unterstützten
ihn Hoch- und Tiefangriffen die Panzertruppen bei der
Erweiterung der Brückenköpfe über den Kuban. Südlich
Woroschilowsk unterbrachen schnelle Verbände in raschem Vorstoß
über den Kuban die große Eisenbahnverbindung zwischen Schwarzen
und Kaspischem Meer
Zitatende
Quelle: Die Wehrmachtsberichte –
Verlag Literatur und Bildung – Köln 1989 – Seite 233
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Die Russen aber hatten die Anlagen in Maikop so gründlich
zerstört, so dass an eine schnelle Wiederaufnahme der Ölförderung nicht
zu denken war.
Als Goebbels Hitler in diesen Tagen in Winniza besuchte, machte der
‘Führer‘ trotz dieser Niederlage an den Ölfeldern schon Pläne über das
weitere Voranschreiten nach Osten, um ganz Kleinasien zu besetzen und
mit der Eroberung des Irak, des Iran und von Palästina England von
seinen Ölreserven im Nahen Osten abzuschneiden.
Kampfteil B der Heeresgruppe Süd konnte ebenfalls weiter nach Osten
vorrücken, litt aber ab 500 km östlich von Charkow zunehmend an
Treibstoffmangel.
Dies erkennend gab Stalin seinen Befehl 227, wonach es in Zukunft für
die russischen Truppen keinen “Schritt mehr zurück“ gebe.
Verbittert zeigte
sich Russland über das Ausbleiben der zweiten Front. So ließen sich die
westlichen Alliierten verleiten, doch einen Landungsversuch in
Nordfrankreich an der Atlantikküste zu wagen, der allerdings kläglich
scheiterte.
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In der Nacht vom 18. auf den 19. August 1942 überquerte die
Invasionsflotte den Ärmelkanal in Richtung Dieppe. Es war eine
warme Sommernacht. Das Meer war ruhig, es herrschte völlige
Windstille. Der Mond beleuchtete die Umrisse von 237 in
Kiellinie fahrenden britischen Zerstören, Truppentransportern,
Torpedo- und Landungsbooten.
An Bord der Schiffe warteten rund 6200 Mann auf ihren Einsatz:
etwa 5000 Infanteristen aus Kanada und 1100 Mann britische
Kommandotruppen, dazu 15 französische Soldaten, die sich in
Großbritannien freiwillig gemeldet hatten, und etwa 50
amerikanische Rangers. So nannte sich die gerade in den USA
aufgestellte Eliteeinheit, die nach dem Vorbild der britischen
Spezialkräfte gebildet worden war. Dieppe sollte ihr erster
Kampfeinsatz werden.
Zunächst verlief alles plangemäß: Zehn Seemeilen vor der
Küste stoppten die Schiffe um drei Uhr morgens ihre Maschinen,
die Soldaten wechselten in die Landungsfahrzeuge. Die Funkstille
war eingehalten worden; feindliche Marinekräfte oder Flugzeuge
befanden sich offenbar nicht in der Nähe. Alles sprach dafür,
dass das "Operation Jubilee" gelingen würde.
Zuerst an Land gehen sollten die britischen Kommandotruppen,
deren Angriffsziel die Geschützstellungen westlich und östlich
Dieppes waren. Sie sollten sie erobern und außer Gefecht setzen.
Für die kampferprobten Männer war eine Landung genau zum
Zeitpunkt der Dämmerung vorgesehen, um 4:50 Uhr.
Doch das auf die Geschützstellung bei Berneval östlich Dieppes
angesetzte Kommando Nr. 3 hatte Pech. Genau um 3:47 Uhr kreuzte
der Kurs ihrer abgedunkelten Landungsboote die Route eines
kleinen deutschen Küstenkonvois, der ebenfalls ohne
Positionslichter fuhr. Ehe die britischen Seeleute ein
Ausweichmanöver einleiten konnten, explodierten Leuchtgeschosse
und tauchten das dunkle Meer in gleißendes Licht. Das
Überraschungsmoment war dahin.
Am Abend
des 19. August 1942 zogen die Generalstäbe beiderseits des
Ärmelkanals Bilanz. Von den rund 6200 eingesetzten alliierten
Soldaten kehrten nur 1450 zurück. Auch die Royal Navy erlitt mit
550 und die Air Force mit 153 Männern schwere Verluste. Auf
deutscher Seite zählte man knapp 600 Mann Verluste, davon etwa
die Hälfte Gefallene.
Die Generalprobe für die Invasion war katastrophal gescheitert.
Zitatende
Quelle: https://www.welt.de/kultur/history/article108555676/Dieppe-Katastrophe-bei-Generalprobe-zum-D-Day.html
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Beobachter sahen in
dieser dann fehlgeschlagenen Aktion nur einen politischen Aspekt,
zurückzuführen auf den ständigen Druck aus dem sowjetischen Lager,
endlich eine Front auf der Westseite des Deutschen Reiches aufzubauen.
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Zitat
Donnerstag, 19. August 1942
Eine großangelegte Landung englischer, amerikanischer,
kanadischer und de Gaulle Truppen in der Stärke etwa eine
Division als erste Welle, die in den heutigen Morgenstunden
gegen die französische Kanalküste bei Dieppe unter dem Schutz
starker See und Luftstreitkräfte und unter Einsatz von
gelandeten Panzern geführt wurde, ist durch die am Küstenschutz
eingesetzten deutschen Kräfte unter hohen blutigen Verlusten für
den Gegner zusammengebrochen. Seit 16:00 Uhr befindet sich kein
bewaffneter Feind mehr auf dem Festland.
Zitatende
Quelle: Die Wehrmachtsberichte –
Verlag Literatur und Bildung – Köln 1989 – Seite 254
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Eben an diesem 19. August 1942, als in Dieppe an der
französischen Atlantikküste ein Landungsversuch der Alliierten
scheiterte, befahl General Paulus den Angriff auf Stalingrad.
Am 24. August 1942
dann hielt Generalstabschef Franz Halder dem Führer bei einer
mittäglichen Lagebesprechung vor, dass man die bedrängte 9. Armee auf
eine verkürzte Linie zurücknehmen müsse:
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Ich habe sie, mein Führer. Aber da draußen fallen die braven
Musketiere und Leutnants zu Tausenden und Abertausenden als
nutzlose Opfer in aussichtsloser Lage, nur weil die Führung
nicht den einzig möglichen Entschluss durchführen darf und ihnen
die Hände gebunden werden.
Zitatende
Quelle: Franz Halder – Kriegstagebuch – Bd. II, S. 510 –
24.08.1942 in Volker Ullrich ‘Adolf Hitler‘ – S. Fischer-Verlag
– 2018 - S. 355
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Hierauf kam es zu einem Tobsuchtsanfall Hitlers, währenddessen er die
‘Beziehung‘ zu Halder in rüdestem Ton abrach
Halder wusste: „Jetzt ist es aus!“
Dort besiegelte das Schicksal den endgültigen Beginn zum Untergang des
Nazireichs.
Es war dies ein Datum, doch sollte es sich noch Jahre hinziehen, dass
Nazi-Deutschland kapitulierte
Am 31. August 1942 berichtete Generalfeldmarschall List dem ‘Führer‘,
dass die Divisionen seiner Heeresgruppe angesichts des starken
Widerstands der sowjetischen Truppe zu einer Wiederaufnahme der
Offensive nicht in der Lage seien. Wieder geriet Hitler außer Fassung,
denn er blieb dabei, dass er die Ölgebiete bei Grosny in seine Hand
bekommen müsse, um bis nach Astrachan am Kaspischen Meer vorstoßen zu
können. Baku könne dann gegebenenfalls im nächsten Jahr in Angriff
genommen werden.
Der Sommer 1942 neigte sich dem Herbst und endete in einer schweren
Vertrauenskrise zwischen Hitler, seinem Führungsstab und seinen
militärischen Ratgebern. Sämtliche Kontakte zu seinem Stab reduzierte
der auf notwendige Zusammenkünfte, die gemeinsamen Essen fielen für ihn
aus, seinen Sitz an der Tafel nahm bezeichnenderweise Bormann ein.
Hitlers Hass- und Wutausbrüche sind auch zu sehen in seiner offenbar
steigenden Erkenntnis, dass er sich in seinen Kriegsvorstellungen
verrannt hatte. Der Winter stand bevor und er sah das Land wieder in
seiner Weite schneebedeckt vor sich. Den feldgrauen Rock wolle er von
sich werfen, das Ende für alles herbeiführen.
Der bisherige Vormarsch auf den Kaukasus kam zum Stocken, die Eroberung
von Stalingrad erwies sich als schwer zu bewerkstelligen. Zwar erreichte
ein Panzerkorps am 23. August 1942 die Wolga nördlich der Stadt, aber
man musste erkennen, dass sich die Eroberung als außerordentlich schwer
darstellte.
General Paulus, der am 21. August 1942 den Angriff für seine 300.000
Mann starke Armee befohlen hatte, flog am 12. September 1942 ins
Führerhauptquartier im ukrainische Winniza und gab dort seine Bedenken
gegen die Vorstellung manch ‘williger‘ Berater bekannt, man könne
Stalingrad im Handstreich nehmen. Er sah die Gefahr russischer Angriffe
nördlich und südlich der Stadt, wovon Hitler nichts hören wollte. Er sah
die Russen geschwächt und zu einem effektvollen Angriff für nicht
befähigt.
Es kam anders.
Ein verbissener Stellungskrieg entbrannte um jeden Straßenzug
Stalingrads, mal war ein Häuserblock in der Gewalt der Wehrmacht, dann
wieder unter Kontrolle der russischen Armee.
Trotz der Eindeutigkeit der Lage, sah Hitler die Stadt fälschlicherweise
in Kürze fallen, es könne der Feldzug im Kaukasus wieder aufgenommen und
bis in die Ebenen von Mesopotamien wieder aufgenommen werden, um England
von den dortigen Ölquellen abzuschneiden.
Immer wieder ließ sich die deutsche Bevölkerung einlullen, immer wieder
gelang es Hitler, mit ausschweifenden Reden die Menschen aufzurütteln,
der Sieg sei nah. Aber man glaubte auch der gesteuerten Propaganda nicht
mehr und zweifelte an den Worten der Reichsführung.
Die immer noch verbreitete Zuversicht kam bei den Menschen nicht mehr
vorbehaltlos an, denn auch an einem anderen Kriegsschauplatz bahnten
sich Verluste an.
Im Juni 1942 hatte Rommel auf seinem Siegeszug entlang der
nordafrikanischen Küste die Festung Tobruk erobert. 30.000 britische
Soldaten gerieten in deutsche Gefangenschaft. Jetzt wendete sich das
Blatt, als am 23. Oktober 1942 die Briten unter General Montgomery eine
Gegenoffensive begannen und am 2. November 1942 die deutschen Linien
durchbrachen. Hitler telegrafierte, der ‘Wüstenfuchs‘ solle in jedem
Fall die Stellung halten, da aber hatte Rommel den Rückzug nach Westen
bereist eingeleitet.
Ein weiteres Großereignis leitete eine Wende ein, als am 9. November
1942 – Hitler hielt sich zur Feier des Jahrestages des
November-1923-Aufstandes in München auf – westliche Truppen in Algerien
und Marokko eine weitere Front gegen Nazi-Deutschland eröffneten.
Diese Kampfmassierung endete dann im Mai 1943 vor den Toren von Tunis
für die Achsenmächte ruhmlos mit 150.000 Soldaten, die in britische
Gefangenschaft gerieten.
An der Ostfront musste Goebbels für Stalingrad dramatische Entwicklungen
zur Kenntnis nehmen. Die Russen hatten die Stadt mitsamt den deutschen
Truppen in und um die Stadt umklammert, was eine bedrohliche Situation
für 260.000 Mann in 22 Divisionen hervorrief.
Diese 6. Armee habe
auszuhalten, egal, was geschehe – so Hitler, obwohl ihm klar geworden
sein muss, dass dies hier das Ende bedeuten würde, zumal das Versprechen
Görings, die Soldaten aus der Luft täglich mit 500 Tonnen Lebensmitteln
und Munition ausreichend zu versorgen, illusorisch war.
Die Reichweiten und die maximal mögliche Zuladung waren mit dem Bestand
an Transportflugzeugen nicht zu erzielen. Die Flugzeuge hatten im
Feindgebiet keine Möglichkeit zum Nachtanken, mussten also den
Treibstoff für den Rückflug mitführen und konnten damit kaum Verwundete
zurücknehmen.
Einen Ausbruch aus dem Kessel von Stalingrad verbot Hitler. Damit war
das Schicksal der 6. Armee besiegelt.
Der Besuch des italienischen Außenministers Ciano am 18. Dezember 1942
in der Wolfsschanze führte nicht zu dem vom Duce favorisierten
Sonderfrieden mit Stalin. Allein den Gedanken wies Hitler zurück, da
Nazi-Deutschland und Russland aufgrund der Lage an den Fronten sich
niemals auf einen Sonderfrieden einigen könnten.
So ging das Jahr 1942
an den Fronten mit aussichtslosen Kämpfen und im Reich mit machtvollen
Fliegerangriffen der Briten und Amerikaner auf deutsche Städte und
außenliegenden Rüstungsanlagen wie Verkehrswegen und sonstiger
Infrastruktur zu Ende.
1942, vor achtzig
Jahren, kämpfte Nazi-Deutschland in der Ukraine, Jetzt, achtzig Jahre
später, 2022 kämpft Russland in der Ukraine, um das Land zu
vereinnahmen.
Kalenderblatt
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Vor 100 Jahren
Als Wilhelm Furtwängler
Chefdirigent der Berliner Philharmoniker wurde
Am
20. März 1922 übernahm Wilhelm Furtwängler, längst
international gefeierter Dirigent, die Leitung der
Berliner Philharmoniker. Damit begann ein neues Kapitel
im Leben des in seinem Inneren künstlerisch wie
politisch höchst dissonanten Musikers.
Viel später erst wird er der Prophet Beethovens,
Bruckners, Wagners.
Als
Furtwängler am 20. März 1922 in Berlin den Vertrag mit
Deutschlands wichtigstem Orchester unterzeichnet, ist er noch
der rastlos Umtriebige, sich selbst Suchende – Nachfolger des
legendären Arthur Nikisch, dessen Tod plötzlich eine
jahrzehntelange Berliner Karriere beendet hat.
Von Wolfgang Schreiber | Foto: dhm.de
Der charismatische Aufsteiger des Jahrzehnts
Der lustige
„Barbier von Sevilla“ war in den „Goldenen Zwanzigern“ offenbar
kein Fremdkörper in der Berliner Philharmonie des jungen Wilhelm
Furtwängler. In Berlin 1886 geboren, in München als Sohn eines
prominenten Archäologieprofessors in die hohe Geisteswelt
aufgenommen, hatte Furtwängler als ernster Komponist begonnen,
er wurde Dirigent, bekam eine Stellung in Straßburg und Lübeck,
danach am Nationaltheater zu Mannheim, dirigierte schon in
Frankfurt, Wien, Amsterdam, gastierte in New York. Furtwängler
war der charismatische Aufsteiger des Jahrzehnts. Der Publizist
Carl Krebs stellte den Dreiunddreißigjährigen seinen Lesern als
Ausdruckskünstler vor – 1919 in dem Buch „Meister des
Taktstocks“.
„Ein
Dirigent von größter Zartheit und Innigkeit ist Wilhelm
Furtwängler, der auch im Konzertsaal das Publikum zu erwärmen
und zu fesseln versteht. Er liebkost förmlich das Orchester und
weiß es gleichzeitig geistig zu durchdringen, kann es heftig
aufflammen lassen.“
Der
frühe Furtwängler als Avantgardist
Dem jungen
Furtwängler ist die Wiener Klassik, zumal Beethoven, noch nicht
das Dringlichste. In den Konzerten seiner frühen Berliner Jahre
glänzen die Novitäten, Furtwängler dirigiert Ravel und Debussy,
Skrjabin und Strawinsky, Bartók und Hindemith, er leitet 1928
die Uraufführung der sperrigen Orchestervariationen Arnold
Schönbergs. Furtwänglers frühe Konzerte verbreiten den Glauben
an den musikalischen Fortschritt, sie verunsichern das ältere
und begeistern das junge philharmonische Publikum. Und die
Wiener Philharmoniker laden ihn ans Pult, doch Furtwängler
bleibt Berlin treu, die Wiener gewinnen dauerhaft seine
Partnerschaft.
Zerrissen zwischen dem Dirigieren und Komponieren
Furtwänglers
im Zweiten Weltkrieg komponierte zweite Symphonie dröhnt dunkel.
Der Dirigent fühlte sich stets als Komponist zu eigener Musik
berufen. Da tönte sein tiefer künstlerischer Zwiespalt. Den
konnten auch die Triumphe am Dirigentenpult nicht aufheben. Die
Folge – eine Art innerer Dissonanz.
„Meine
Dirigentenkarriere ist ernsthafter Erwähnung nicht wert. In
Wirklichkeit war das Dirigieren das Dach, unter das ich mich im
Leben geflüchtet habe, weil ich im Begriff war, als Komponist zu
Grunde zu gehen.“
Zwischen Opportunismus und Resignation
Furtwänglers Brief an den Lehrer Ludwig Curtius macht eine
tragische Zerrissenheit sichtbar. Vollends ins Wanken geriet
sein Leben im NS-Deutschland, als er, die Symbolgestalt
deutscher Musikkultur, die Emigration verweigerte, Amerika hatte
eingeladen. Gegen Kriegsende wählt er die Flucht in die Schweiz.
Furtwänglers politische Haltung zwischen Opportunismus und
Resignation bleibt deutungsoffen. Wenige Jahre vor dem Tod 1954
heben die alliierten Siegermächte das Dirigierverbot auf, die
Berliner Philharmoniker holen ihn zurück. Dokumentiert ist ein
Beethoven-Konzert mit Stockholms Philharmonikern 1948. Die
Orchester-Probe der Leonoren-Ouvertüre zeigt ungebrochen
Furtwänglers Energie der Spannung des Augenblicks.
Zitatende |
Quellen:
https://www.deutschlandfunk.de/wilhelm-furtwaengler-102.html
Vor achtzig Jahren
Bayreuth - Kriegsfestspiele
1942
Im Jahr 1930 hatte sich die Situation für die
Wagners in Bayreuth geändert.
Am 1. April starb Cosima, am 4. August Siegfried.
Gemäß dem gemeinschaftlichen Testament Siegfried und Winifred
Wagners vom 8. März 1919 ergab sich folgende Regelung:
Zitat
Frau Winifred Wagner wird Vorerbin des
gesamten Nachlasses des Herrn Siegfried Wagner.
Als Nacherben werden bestimmt die gemeinsamen
Abkömmlinge der Ehegatten Wagner zu gleichen
Stammteilen.
Die Nacherbfolge tritt ein mit dem Tode oder mit der
Wiederverheiratung der Frau Winifred Wagner.
Die Erben erhalten bezüglich des Festspielhauses
folgende Auflage:
Das Festspielhaus darf nicht veräußert werden. Es soll
stets den Zwecken, für den es sein Erbauer bestimmt hat,
dienstbar gemacht werden, einzig also der festlichen
Aufführung der Werke Richard Wagners.
Zitatende |
Quelle:
https://www.grin.com/document/230533
Unbeeinflusst
von den Problemen in den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten
Norwegen, Dänemark, Benelux-Staaten, Frankreich, Polen,
Jugoslawien, Griechenland, den eigentlichen Kriegsgebieten
Ukraine, Russland, Nordafrika und der Mangelernährung der
deutschen Bevölkerung im ‘Reich‘ begannen im Juli 1942 in
Bayreuth die Wagner-Festspiele.
Die Einwohner der Stadt und der Umgebung waren empört, dass den
Festspielgästen wieder einmal – wie schon 1940 –
Sonderkonditionen eingeräumt wurden.
Damals hatte Hitler entschieden, dass die Festspiele ohne
öffentlichen Kartenverkauf weitergeführt, ‘das Reich‘ die Kosten
übernehmen und Besucher von der Organisation ‘Kraft durch
Freude‘ nach Bayreuth geleitet werden sollten.
Fast 20.000 Arbeiter und Soldaten wurden in Sonderzügen
herangeschafft, am Bahnhof von einer Musikkapelle begrüßt und
den Organisatoren empfangen. Jeder erhielt von KdF ein
Gutscheinheft für Quartier, die Aufführung, Vorträge, Führungen,
Mahlzeiten, Zigaretten, Süßigkeiten, Fettkuchen und ein Glas
Wein.
Uniformen bestimmten das Bild: die grauen des Heeres, die blauen
der Marine, die hellblauen der Flieger - dazwischen
Krankenschwestern in Tracht mit weißen Häubchen und
Rüstungsarbeiterinnen.
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Zitat
[…]
Nun waren die Festspiele völlig von Hitler und der
Partei abhängig. Aber die KdF-Lösung hatte für Winifred
Wagner große Vorteile. Sie musste nicht mehr mühsam
Karten verkaufen, Werbung und Pressearbeit machen. […]
Außerdem verdiente das Haus Wagner sicheres Geld für
relativ wenig Arbeit.
KdF übernahm alle Karten en bloc und ersetzte für
sämtliche Ausgaben der Festspiele, also Honorare,
Beleuchtung, Kostüme, Reinigung, Abschreibungen usw. Auf
diese Kosten schlug Winifred ihre Gewinnspanne von fünf
Prozent auf, was jährlich 30 – 50.000 Mark ausmachte,
etwa so viel, wie Tietjen oder ein Star-Sänger wie Max
Lorenz erhielt. […]
Nebeneinnahmen wie Garderobengeld und Führungen brachten
rund 18.000 Mark ein, dazu kamen Tantiemen für
Schallplatten und die nun häufigen Rundfunkübertragungen
(rund 15.000 Reichsmark) sowie Zinsen von rund 24.000
Mark, eine wahrhaft komfortable Situation, die sich
Richard wie Cosima und Siegfried Wagner nicht hätten
träumen lassen.
Zitatende
Quelle: Brigitte Hamann – Winifred
Wagner oder Hitlers Bayreuth – Piper München – 2002 –
Seite 420
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Anfang des
Jahres 1942 hatte Winifred Wagner als Festspielleiterin bei
Hitler angefragt, ob die Festspiele in Anbetracht des
problematischen Ausgangs des ersten Kriegswinters 1941/1942 im
Osten überhaupt stattfinden sollten.
Quelle:
Foto musiklexicon.ac.at
Der ‘Führer‘ beantwortete die Anfrage sofort positiv und so
konnte Bayreuth am 12. Februar 1942 bestätigen, dass man
glücklich sei, auf diese Weise seinen Beitrag zum Gewinn der
Unternehmen zur Erweiterung des Lebensraums des deutschen Volkes
im Osten leisten zu können.
Man müsse aber bedenken, was man spielen wolle. Immerhin kämen
ja doch sehr viele Verwundete, die durch KdF die Möglichkeit
erhielten, einmal Wagner an ‘Ort und Stelle‘ zu erleben. Man
könne den Tristan kaum aufführen, denn die armen Soldaten
wären kaum in der Lage, den 3. Akt mit den Fieberphantasien des
Helden - ohne an das eigene Leid erinnert zu werden -
durchzustehen. Außerdem sei unklar, ob Germaine Lubin
wiederkäme.
Foto: Germaine Lubin als Isolde
Quelle: Brigitte Hamann – Hitlers Bayreuth –Piper München – 2002
- Seite 393
https://www.youtube.com/watch?v=7Dgb6z4RLbk
Und ob die Isolde mit ihr besetzt werden könne.
Immerhin hatte sie ja gerade 1941 unter Karajan im besetzten
Paris die Isolde gesungen.
Foto_Bundesarchiv_Bild_183-R92291,_Herbert_von_Karajan_und_Germaine_Lubin
Auch den Ring - mit seinen vier Abenden -
könne man kaum als Ganzes zeigen, die Zuschauer reisten ja eher
für die einzelnen Vorstellungen an und blieben nicht für sieben
Tage, zählt man die freien Tage zwischen Walküre und
Siegfried und zwischen Siegfried und
Götterdämmerung hinzu – so wäre es doch eher angebracht, die
‘Meistersinger‘ zu geben, die ihre aufbauende Wirkung
kaum verfehlten und so zum Erfolg beitrügen, den man beim
Publikum in diesen schweren Zeiten erzielen wolle.
Am Geld lag es nicht, die Produktionen wurden wieder vom Reich
finanziert und so war es auch möglich, dass Tietjen die Gagen
heraufsetzen konnte. Lagen sie im Jahr 1941 noch bei 391.000
Mark, so erhöhte sich die Gesamtsumme in 1942 auf 622.000 Mark.
Hitler stimmte zu und Wieland sollte die Bühnenbilder machen.
Als aber Tietjen die Zahl der Statisten für den 3. Akt
Meistersinger reduzieren wollte, protestierte Wieland in
Briefen an Tietjen, Preetorius und Winifred. Weniger als 500
Personen auf der Bühne dürften es nicht sein, das widerspreche
dem Willen des Dichterkomponisten Richard Wagner.
Wieland teilte mit, wenn er nicht die volle Mannschaft bekäme,
mache er die Bühnenbilder eben nicht, er werde zu Hitler fahren,
der möge dann entscheiden.
Deutlich zeigt sich, wie sehr die Stimmung auf dem Grünen Hügel
zur damaligen Zeit vergiftet war, wurde doch dieser Brief von
einem Rechtsanwalt aufgesetzt und von Wieland nur noch
unterschrieben.
Durch die Verbindung der Wagner-Enkel Verena, Wieland und
Wolfgang zu ‘Wolf‘, dem Reichskanzler und ‘Führer‘ - Friedelind
hatte sich ja schon 1939 aus Hitler-Deutschland nach England und
US-Amerika abgesetzt - war für Winifred die Gefahr verbunden,
dass ‘ihr Heinz Tietjen‘ bei Hitler in Ungnade fallen und vom
Posten des Bayreuther Festspielleiters abgesetzt würde.
Es galt auch zu bedenken, dass die Wagner-Junioren sehr wohl
wussten, dass Goebbels gegen den von Göring protegierten Tietjen
als Leiter des Berliner Staatstheaters war, und sich liebend
gerne den Aufmüpfigen aus Bayreuth anschließen wollte.
Wieland soll gesagt haben, dass er schon dafür sorgen werde,
dass Tietjen in Bayreuth und in Berlin kaltgestellt werde.
Daraufhin fuhr die Festspielchefin Winifred kurz entschlossen
nach Berlin, wurde von Hitler überraschenderweise auch empfangen
und konnte erreichen, dass wegen der Kriegslage überhaupt keine
Neuinszenierung in Frage käme. Somit auch keine Meistersinger.
Bei einer solchen Neuinszenierung wolle er, Hitler, schließlich
dabei sein, was aber 1942 wegen der Lage des Reichs nicht
möglich sei. Er plädiere auch nicht für 1943, da sei die Sache
mit Russland noch zu Ende zu bringen. Aber der Krieg sei 1944
schließlich abgeschlossen. Und dann solle sofort mit dem Um- und
Anbau des Festspielhauses begonnen und diese Maßnahme innerhalb
eines Jahres beendet werden.
Foto: Der Festspielhügel in den Plänen für die Zeit nach dem
Zweiten Weltkrieg
Zitiert nach: Brigitte Hamann – Hitlers Bayreuth –Piper München
– 2002 - Seite 346
Die Stückfolge für die Festspiele wurde dann mit
Hitler für 1942 abgestimmt.
Gegeben wurde:
12 mal Holländer
01 mal Ring
04 mal Götterdämmerung
Besonders überschattet waren die Festspiele in dieser Zeit vor
allem durch die Zwistigkeiten - innerhalb der künstlerischen
Leitung und der Familie.
Der aufsässige und sich ungehörig aufführende Enkel Richard
Wagners – Wieland – meinte die Leitung der Festspiele für sich
beanspruchen zu können und intrigierte gegen seine Mutter und
gegen Tietjen, der sich einem Vernichtungskrieg ausgesetzt sah,
und Preetorius als dem Leitungsteam bei Hitler. Der ‘Führer‘
wiederum war der Meinung, nun doch einem gerade mal 25-Jährigen
die Leitung der Festspiele nicht übertragen zu können. Er
vertröstete Wieland auf spätere Zeiten.
Zitiert nach: Brigitte Hamann – Hitlers Bayreuth –Piper München
– 2002 - Seite 436
Friedelind war
durch Wieland ja erfolgreich im Einvernehmen mit der Mutter
beiseite gedrängt und ausgeschlossen, dass
Zitat
„…. die Friedelind bei den Festspielen
mitwirke, bevor der Wieland soweit sei.“
Zitatende
Quelle:
Gertrud Strobel – Tagebuch – Richard-Wagner-Archiv – in Brigitte
Hamann – Hitlers Bayreuth –Piper München – 2002 - Seite 328
Friedelind hatte sich in Tietjen verliebt, der
aber stand ja Winifred nah bzw. sie ihm, denn er war die Liebe
ihres Lebens und sie war entsetzt:
Zitat
„mich schmeißt er sozusagen heraus und lässt
sich die Maus kommen, für die er Zeit zu haben behauptet und für
mich hat er keine Zeit.“
Zitatende
Quelle:
Winifred Wagner an Helena Roesener – in Brigitte Hamann –
Hitlers Bayreuth –Piper München – 2002 - Seite 328
So musste Tietjen hier einen Schlussstrich
ziehen. Außerdem war klar, dass Friedelind keine Chance als
Festspielleiterin hätte, gegen Wieland aufzukommen, den Hitler
ja für ein Genie hielt. Er empfahl Friedelind, sich der
Kleintierzucht zuzuwenden – wenn sie da Unterstützung brauche,
könne sie sich ja an den Reichsjägermeister – also an Göring –
wenden.
Am 14. Februar 1942 schon hatte sich Friedelind aus New York
gemeldet. An der Met gab man anlässlich des 59. Todestages von
Richard Wagner den Tannhäuser mit deutschsprachigen
Sängern und in der Sprache des Autors. Friedelind nutzte die
Gelegenheit zu einem Interview, das sie mit der Tochter von
Thomas Mann, Erika, führte und in dem sie sich fragte, ob denn
Richard Wagner in den Zeiten in Deutschland geblieben wäre oder
- wie sie - ins Ausland emigriert wäre, kam sie zu der
Festlegung, ihr Großvater wäre selbstverständlich gegangen, denn
die Freiheit hätte für ihn alles bedeutet.
Hitler, der Gotteslästerer, hätte Richard Wagner zu seinem
Liebling gemacht und deswegen sei sie aus Deutschland
weggegangen. (Hitlers Bayreuth Seite 437)
Winifred war weiterhin besorgt um den Bestand der Festspiele,
denn viele der von ihr früher engagierten Künstler – Bockelmann
und Prohaska - wurden von Wieland abgelehnt bzw. durften in
Deutschland nicht mehr auftreten. (Hitlers Bayreuth Seite 436)
Dies betraf allerdings nicht den Bayreuther Tenor Max Lorenz, in
den sich die Enkelin Friedelind nach Tietjen verliebt hatte und
die hoffte, dass die NS-Reichsrassegesetze in Zukunft schärfer
ausgelegt würden, dass Lorenz sich von seiner jüdischen Frau
endgültig trennen müsse. Außerdem werde es ihr gelingen, aus dem
an Frauen nicht interessierten Sänger einen richtigen Mann zu
machen.
|
|
Zitat
Der war
homosexuell, aber seit 1932 mit der Sängerin
Charlotte (Lotte) Appel (1897–1964) verheiratet, einer
Jüdin, die später auch als seine Managerin tätig war.
Seine Homosexualität war von den
Nationalsozialisten zunächst stillschweigend
geduldet worden.
Als Lorenz jedoch wegen einer Affäre mit einem jungen
Mann vor Gericht gestellt wurde, teilte
Adolf Hitler der damaligen Leiterin der Bayreuther
Festspiele
Winifred Wagner mit, Lorenz sei für die Festspiele
untragbar geworden.
Winifred Wagner soll ihm laut eigener Schilderung
entgegnet haben, in diesem Fall könne sie „Bayreuth
schließen“, denn ohne Lorenz sei „Bayreuth nicht zu
machen“. Nach dem Ende des Gerichtsverfahrens
versicherte ihr Hitler, Lorenz dürfe auch künftig in
Bayreuth auftreten.
Foto:
https://elmiradornocturno.blogspot.com/2015/01/max-lorenz.html
Was seine jüdische
Ehefrau betraf, bestand Lorenz darauf, sich mit ihr in
der Öffentlichkeit zu zeigen, ein Verhalten, das von den
Nationalsozialisten als Provokation empfunden wurde. Als
SS-Leute während Lorenz’ Abwesenheit seine Frau und
seine Schwiegermutter aus der Wohnung abholen sollten,
konnte dies im letzten Moment verhindert werden: Lotte
Lorenz konnte über eine Telefonnummer, die sie von
Hermann Görings Schwester erhalten hatte, mit einer
vorgesetzten Stelle telefonisch Kontakt aufnehmen; von
dort erging an die SS-Leute die Weisung, die Wohnung zu
verlassen und die Frauen unbehelligt zu lassen. Als
Reaktion auf diesen Vorfall dekretierte Göring mit
Schreiben vom 21. März 1943, Lorenz stehe unter seinem
persönlichen Schutz; jedes Vorgehen gegen Lorenz, dessen
Frau und deren Mutter habe zu unterbleiben.
Waldemar Kmentt zufolge soll Max Lorenz seine
privilegierte Stellung im Dritten Reich dazu verwendet
haben, neben seiner Frau auch etliche jüdische Freunde
und Kollegen vor Verfolgung zu schützen. Lorenz stand
1944 in der
Gottbegnadeten-Liste des
Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ sich
Lorenz in Wien nieder und erwarb die österreichische
Staatsbürgerschaft. Er war in dieser Zeit der führende
Heldentenor an der Wiener Staatsoper und absolvierte
auch zahlreiche Gastspiele an ausländischen Opernbühnen.
In Bayreuth sang Lorenz zum letzten Mal 1954; dann
folgten regelmäßige Auftritte bei den
Salzburger Festspielen. Von 1962 bis 1974
unterrichtete Lorenz am
Mozarteum in Salzburg und privat in München und
Salzburg.
Zitatende
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Lorenz_(S%C3%A4nger)
Biographie Max Lorenz
und dessen Auftritte/Rollen bei den Bayreuther
Festspielen |
Das Verhalten des 25-jährigen
Wagner-Enkels Wieland konnte die 45-jährige Mutter nicht
beiseiteschieben, die sich bester Gesundheit und Tatenlust
erfreute. Gerade weil Wieland dies deutlich wurde, sabotierte er
weiter und versuchte im August 1942 in einem 11-seitigen Brief
an Hitler nun die Reputation von Preetorius ins Wanken zu
bringen. Dabei führte er aus, dass der Bühnenbildner schon in
den dreißiger Jahren die Szene - immerhin unter der Leitung von
Siegfried - durch kubistische und expressionistische ‘Machwerke‘
verschlankt hatte, was den Vorstellungen des Meisters Richard
angeblich niemals entsprochen hätte.
Hier kam eine Aussage Siegfried Wagners zum Tragen, der 1926
sinngemäß meinte: für hypermoderne Moden ist Bayreuth nicht da,
das widerspricht dem Stile der Werke, die ja nicht
kubistisch-expressionistisch-dadaistisch gedichtet und
komponiert sind.
(Zitiert nach Peter Pachl -
'Siegfried Wagner - Genie im Schatten' - 1988 -
Langen-Müller-Verlag - Seite 415)
Mutter Winifred ließ der Ungehörige wissen, sei
nur eine ‘Zugelaufene‘, habe nichts mit dem Blut der Wagners zu
tun, sie, die im Grunde nur als ‘Leihmutter‘ zum Ausbrüten
gebraucht wurde. Schamlos nutzte der Enkel die Dämlichkeit
Hitlers, der in seiner Abhängigkeit von Wagners Werk alle
rationalen Einsichten beiseiteschob und nur in Sentimentalitäten
schwamm.
Der Enkel meinte auch, Einfluss auf die Sendebetriebe des
Großdeutschen Rundfunks nehmen zu können, in dem er vorschreiben
wollte, dass nur noch Aufnahmen ihm genehmer Dirigenten gesendet
werden dürften.
Quelle: Screenshot von youtube /
3sat
Immerhin merkte Goebbels die Absicht und meinte
verstimmt, er wolle nicht in die Familienintrige hineingezogen
werden, Bayreuth sei schon immer ein Klatsch- und Tratschnest
gewesen und wer diesen Schmutz anfasse, der besudele sich auch
damit.
Der Reichspropagandaminister nutzte aber seine Möglichkeit der
Infiltration und Spionage, den Bayreuther Bühnenbildner Emil
Preetorius in Misskredit zu bringen, als der behauptete, der
habe Kontakte zu missliebigen Personen, was zur Verhaftung und
Drangsalierung von Preetorius durch die Gestapo führte.
Irgendjemand intervenierte bei Hitler und Preetorius kam frei
und durfte seine Tätigkeit fortsetzen.
Es dauerte zehn Jahre, dass Preetorius das Festspielhaus in
Bayreuth überhaupt wieder betrat, er fühlte, dass ihn Wieland
denunziert hatte. Tietjen blieb in Berlin und Bayreuth auf
seinem Posten. Hitler wusste die Spielstätten in guten Händen,
da nahm er auch eine gewisse politische Unzuverlässigkeit in
Kauf.
Aufgenommen wurde 1942 die ‘Götterdämmerung‘ unter Karl
Elmendorff mit Martha Fuchs als Brünnhilde und Set Swanholm als
Siegfried, die noch heute auf dem Markt zu haben ist.
In der Endphase des
Zweiten Weltkriegs wurde er im August 1944 in die von
Adolf Hitler genehmigte
Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Dirigenten
aufgenommen, was ihn von einem Kriegseinsatz, auch an der
Heimatfront, bewahrte.
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Martha Fuchs stand dem nationalsozialistischen
Regime distanziert gegenüber.
Legendär ist ihr angeblich im schwäbischen Dialekt
geführtes Gespräch in Bayreuth mit
Hitler im Jahr 1938:
„Herr Hitler, Sie mache ä Krieg, das dürfe Sie net.“
Auf Hitlers verneinende Beteuerung antwortete Fuchs:
„Ich traue Ihnen net“. |
Im Mai 1939 fragte Hitler sie bei
einem neuerlichen Empfang:
„Frau Fuchs habe ich ä Krieg gemacht?“
Marta Fuchs soll geantwortet haben:
„Ich traue Ihnen trotzdem net. Sie machen einen“.
Ab 1944 stand sie trotz ihrer direkten Aussagen in der
Gottbegnadeten-Liste des
Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.
Foto: archive.org
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Friedrich Dalberg
studierte in Dresden Gesang und debütierte 1931 an der
Oper Leipzig als Monterone in
Rigoletto. Dort sang er bis 1944 Sarastro,
Osmin, Philipp II., Heinrich der Vogler und war in
mehreren weiteren Wagner-Rollen zu sehen.
Bei den
Bayreuther Festspielen (1942–44 und 1951) sang
Dalberg Fafner, Hagen und Pogner. Von 1947 bis 1951 war
er als erster Bassist an der Bayerischen Staatsoper in
München engagiert.
Dalberg wurde 1951 Ensemblemitglied des Royal Opera
House im Londoner
Covent Garden. 1957 kehrte er nach Deutschland
zurück, wo er ein Engagement am Nationaltheater Mannheim
annahm. Bis zu seinem Rückzug von der Bühne 1970 hatte
er dort die Position des ersten seriösen Bassisten inne.
Foto: BT-Festspiele
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[…]
Bei der Umsetzung von Wünschen Hitlers in Bezug auf die
Festspiele gab es keinerlei Schwierigkeiten mit der
Leitung:
So konnte Hitler den von ihm geschätzten Bühnenbildner
Roller für die Neuinszenierung des Parsifal 1934
erfolgreich vorschlagen, zudem initiierte er den ab 1938
jährlichen Turnus der Festspiele.
Noch entscheidender war seine Anweisung, ab 1940
’Kriegsfestspiele’ abzuhalten.
’Bayreuth’ wurde im Dritten Reich zu dem, was Thomas
Mann sehr treffend “Hitlers Hoftheater“ bezeichnet hat.
Diese Vereinnahmung bedeutete den
öffentlichkeitswirksamen und propagandistischen
Missbrauch ’Bayreuths’ als Repräsentationsbühne und
kulturelles Aushängeschild des NS-Staates.
Zitatende
Quelle: Helmut Strauss – ’Bayreuth im Dritten Reich’ –
Science Factory – 2013 – Seite 56
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Bemerkungen zur
szenischen Umsetzung von Eugen Onegin einer Produktion der
Niedersächsischen Staatsoper Hannover GmbH
„Hier in dem
Hause“
Zitat
Nds. Staatsoper Hannover
im Klang der Lieder mich weit weg zu träumen …
Wie liebe ich es, beim Klang der
Lieder mich weit weg zu träumen …
Wie liebe ich es, beim Klang der
Lieder mich weit weg zu träumen …
Wie liebe ich es, beim Klang der
Lieder mich weit weg zu träumen …
Wie liebe ich es, beim Klang der
Lieder mich weit weg zu träumen …
Wie liebe ich es, beim Klang der
Lieder mich weit weg zu träumen …
Wie liebe ich es, beim Klang der
Lieder mich weit weg zu träumen …
Wie liebe ich es,
beim Klang der Lieder mich weit weg zu träumen …
Eugen Onegin
Oper von Peter Tschaikowski (1840–1893)
nach dem Versroman von Alexander Puschkin
Premiere
21. Mai 2022
Opernhaus
Einführung: 30
Minuten vor Beginn
In
russischer Sprache mit deutschen Übertiteln
ca. 3 Stunden
15 Minuten, eine Pause
Ab 14 Jahren
Musikalische Leitung
James Hendry
Inszenierung
Barbora Horáková
Bühne
Susanne Gschwender
Kostüme
Eva Butzkies
Licht
Sascha Zauner
Chor
Lorenzo Da Rio
Projektionen
Philipp Contag-Lada
Dramaturgie
Martin Mutschler
Xchange
Keith Bernard Stonum
Eugen Onegin
James Newby
Tatjana
Barno Ismatullaeva / Lidia Fridman
Olga
Ruzana Grigorian
Lenski
Pavel Valuzhin
Fürst Gremin
Shavleg Armasi /
Pavel Chervinsky
Larina
Monika Walerowicz
Triquet
Robert Künzli
Filipjewna
Vera Egorova
Saretzki
Gagik Vardanyan /
Yannick Spanier
Ein Hauptmann
Gagik Vardanyan /
Yannick Spanier
Chor der Staatsoper Hannover,
Statisterie der Staatsoper Hannover,
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
Zitatende
Quelle:
https://staatstheater-hannover.de/de_DE/programm-staatsoper/eugen-onegin.1300540
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Alexander Puschkin
(1799 - 1837), der von den Russen als Nationaldichter so gesehen wird
wie Goethe und Schiller für die Deutschen und Shakespeare für die
Engländer, machte sich nicht nur durch satirische Texte gegen Minister
missliebig, paktierte er auch mit den Dekabristen - einer Gruppe
Intellektueller - die am 26. Dezember 1825 dem neuen Zaren Nikolaus I.
den Eid verweigerten. Die Auswirkungen der französischen Revolution
waren auch während der Regierungszeit seines Vorgängers, Alexander I.,
in Russland zu spüren, die Menschen wollten sich vom Joch des
Absolutismus und den damit einhergehenden Restriktionen befreien. Der
Staat war überall und Puschkin 1820 der Verbannung nach Sibirien nur
durch die Intervention einflussreicher Freunde in Moskau und St.
Petersburg entgangen. So war es nur das südliche Russland, in dem er zu
der Zeit, statt in Petersburg oder Moskau, leben musste.
Er
stand sein Leben lang 'unter Kontrolle' der Behörden wie auch später der
unmittelbaren Zensur des Zaren Nikolaus I. selber.
Auch wenn Napoleon an Moskau gescheitert war und er die Ergebnisse der
Französischen Revolution verspielte, so war der Kaiser der Franzosen für
Puschkin immer noch die herausragende Persönlichkeit, die aus dem Dunkel
der Vergangenheit den Weg zur Freiheit aufgezeigt hatte.
Puschkins Begeisterungsfähigkeit für alles Heldischfreiheitliche, seine
Offenheit, über alles zu sprechen, verhinderten zu seinem Glück, dass er
in den inneren Zirkel der Filiki Eteria, einen Geheimbund, der für die
Befreiung Griechenlands vom türkischen Joch und Umwandlung des Landes in
eine Republik eintrat, aufgenommen wurde.
Dass seine Vorstellungen für Freiheit der Völker nicht unmittelbar
umgesetzt wurden, wollte er nicht zur Kenntnis nehmen. Er randalierte
öffentlich herum, trat einer Freimaurerloge bei und konnte wieder nur
gerettet werden, weil schöngefärbte Berichte nach Petersburg gesendet
wurden.
Diese Exzesse - auch Frauengeschichten, immerhin war der Urgroßvater ein
Negersklave, der Peter dem Großen zum Geschenk gemacht, dieser sein Pate
wurde, wird sicherlich in jeder Hinsicht exotisch gewirkt haben und
seinen Mann bei Frauen auf besondere Weise hat stehen können - auch
seine Spielleidenschaft, Basis für seine 'Pique Dame', führten immer
wieder zu Duellforderungen, die nicht zur Ausführung kamen, aber ihn
dann doch ein solch von ihm gesuchter Händel 1837 das Leben kostete.
Puschkin's Leben war geprägt durch die Herrschaft zweier Zaren,
Alexander I. und Nikolaus I. - die Ermordung von Paul I. war ein
Kindheitserlebnis.
Alexander I. - Kommentar von Napoleon: "Wenn er eine Frau wäre, hätte
ich mich in ihn verliebt" - war in seinem Wirken geprägt vom Vorwurf
zwar von der Abdankungsaufforderung, nicht aber von der geplanten
Ermordung seines Vaters gewusst zu haben. Gegen die Verschwörer unter
ihnen Fürst Platon Subow und Carl Magnus Freiherr von der Pahlen wurden
vom Hof keine Strafen ausgesprochen.
Das Ende von Alexanders Vater wurde von Ernst Lubitsch 1928 mit Emil
Jannings als Zar Paul I. verfilmt. Fünffach wurde 'Der Patriot' für
einen Oscar nominiert, verliehen wurde er für das Drehbuch von Hans
Kraly.
Entscheidend war die Erziehung von Alexander I. durch seine Großmutter
Zarin Katharina II. Sie selber hielt engen Kontakt zu Voltaire - nach
seinem Tod (1778) wurde sein gesamtes Werk von ihr aufgekauft und ist
nun ein Teil der Nationalbibliothek in Petersburg.
Durch den Einfluss Rousseauscher Gedanken auf den jungen Zaren wurde -
wie schon unter seiner Großmutter - die Bildung der Bevölkerung
gefördert, Schulen gegründet - so auch 1810 das Lyzeum von Zardskoje
Zelo, das Puschkin bis zum 9. Juni 1817 besuchte.
1823 begann Puschkin mit der Niederschrift seines 'Eugen Onegin', an dem
er bis 1830 arbeitete. 1825 hatte er bereits den 'Boris Godunow' beendet
und die Tochter von General Rajewski - aus seinem damaligen Zufluchtsort
Gursuf auf der Krim - als Vorbild für die Figur der Marina Mnischek,
Tochter des Wojewoden von Sandomir, genommen.
Puschkin, der es als Intellektueller der Moskauer und Petersburger
Bevölkerung gewohnt war, französisch zu sprechen - erst nach 1812 besann
man sich in diesen Kreisen Russlands auf die eigene Sprache - war der
Wegbereiter der russischen Literatur und hat mit dem 'Onegin' Tore
aufgestoßen, durch die dann auch später Dostojewski, Tolstoi, Gogol und
Tschechow gingen.
Gerade der 'Onegin' begeisterte die in Petersburg zurückgebliebenen
Freunde und führte sie zum Vergleich mit Lord Byron, der ähnliche Motive
aufgriff.
Während Puschkin
seine russische Gesellschaft - also die um 1820 mit ihren 'abnormen'
Regeln - Napoleon hatte gerade vor weniger als zehn Jahren seinen
Russlandfeldzug verloren - in den Vordergrund seines Gedichts stellte
und die Einzelpersonen sich bewegen so lässt, ohne dass diese die
rechten Wege zum Ziel finden, stellen Tschaikowski durch die Straffung
der Vorlage besonders die Einzelschicksale in den Vordergrund.
Der hochnäsige,
des Lebens überdrüssige, "dieser kühle Dandy" Onegin "mein Herz liegt
mit sich selbst im Streit", der in der Stadt alles hatte, mit dem er
Tage und Nächte verbringen konnte, langweilt sich angewidert am Land bei
den Lenski sehr schnell. "Es fehlt hier doch, so scheint es mir gänzlich
an Zerstreuung?". Onegin, der durch seine Launen das Leben der
Larina'schen Gutsbewohner stört, die Verbindung Olga / Lenski mutwillig
hintertreibt, einen Menschen - zudem noch seinen Freund - in ein Duell
verwickelt und ihn tötet, ein junges Mädchen, das in Liebe zu ihm
entbrennt, er es aber vor den Kopf stößt mit seiner arroganten Ablehnung
- kommt erst nach 26 Jahren - "gelebet ziellos immerdar" - zur Einsicht.
Tatjana wird zur
verträumten - "ein ernstes, nachdenkliches Wesen war eigen mir von
Kindheit an" - spieltragenden Figur, das Sein der Männer, das
Patriarchat gefangen in Konventionen - "ganz nach der Herrn Belieben" -
, - "sie können ungestraft mich kränken, ich beug' mich wehrlos ihrer
Macht" - unterstrichen durch das Duell, läuft neben ihr, die ganz in
sich gefangene Lyrische in einem Leben auf dem Lande in der Brief- , in
der Garten-, in der Ballszene - "Tod durch ihn ist süß und licht" - und
in dem, ehe sie seinem Werben, erliegt - sich selbst abgerungenen -
"Leb' wohl auf ewig!" - Abschied von Onegin gezeigt wird.
Orientierten
sich Tschaikowski und Schilowski grundsätzlich an der Vorlage Puschkins,
so änderten sie - neben den Straffungen der Handlung - den Schluss des
Werkes in der Fassung 1878 (Klavierauszug) und 1881 (Partitur), was in
Petersburg bei der Uraufführung Irritationen hervorrief.
Tschaikowski
ließ Eugen Onegin Tatjana umarmen und in dem Moment Gremin auftreten. Er
weist dann Onegin zurück und nimmt Tatjana mit - in der geänderten
Version von 1881 verharrt Onegin nach seinem Liebesgeständnis in
Verzweiflung mit: 'Verschmäht, verstoßen, o welch hartes Los.' Puschkin
hatte wie Tschaikowski hier einen Selbstmord Onegins vorgesehen.
Tschaikowski -
immer wieder zog es ihn zur Oper, obwohl ihm viel zum Theater-Dramatiker
fehlte - Schumann, Schubert und auch Beethoven ging es ebenso. Es fiel
ihnen leichter Instrumentalmusik zu schreiben. So gestaltete er 1878
Text wie auch Musik des 'Onegin' in Form von 'lyrischen Szenen' - sein
Zeitgenossen Richard Wager, den Tschaikowski, gerade in Bezug auf den
'Ring' für einen großen Symphoniker hielt - und den er 1876 in Bayreuth
als Korrespondent der Moskauer Nachrichten erlebte - behagte ihm nicht.
Das hatte sich mit der Zeit auch nicht geändert.
Am 26. November
1877 schrieb er seiner Gönnerin, Nadeshda von Meck:
"[...]
Und dann habe ich auch nie begreifen
können weshalb man den Ring des Nibelungen als literarisches Meisterwerk
betrachtet. Als Volksepos ist er das vielleicht, aber niemals als
Libretto.
All diese Wotane und Brünnhilden, Friggas usw. sind so
unmöglich, so gar nicht menschlich, dass es einem schwerfällt, ihr
Schicksal voll lebendiger Teilnahme zu verfolgen. Und wie farblos und
leblos wirken einige Szenen! Wotan hält der ungehorsamen Brünnhilde eine
Strafpredigt von einer Dreiviertelstunde. Wie langweilig! Und dennoch
gibt es unzählige erstaunliche starke und schöne Teile rein sinfonischen
Charakters [...]
Wagner ist der große Vertreter einer Epoche des Verfalls. [...]"
'Teuere Freundin' - Briefe an Nadeshda von Meck
List Verlag - Leipzig - 1966
Bei der
Textgestaltung zum 'Onegin' gibt es die unterschiedlichsten
Informationen:
Nach 'Kloiber'
wird nur Schilowskij als Librettist erwähnt, 'Döhring' zeigt
Tschaikowski und Schilowski auf - wie auch 'Pahlen'.
Der 'Rahter'-Klavierauszug
erwähnt weder Tschaikowskij noch Schilowskij als Textdichter.
Die Brüder
Konstantin (1849-1893) und Vladimir (1852-1893) Stepanowitsch Schilowsky
(Graf Vl. St. Wasiljew-Schilowsky) waren begabte junge Russen - strebten
aber, von Haus auch verwöhnt und reich, nicht nach 'professionellem
Künstlertum'. Der zweite, jüngere als Komponist (Schüler Tschaikowskys
und mit dem Komponisten befreundet), der erstere als Künstler, Dichter,
Musiker und Schauspieler (letzteres 1888-1893 am 'Kleinen Theater', dem
Moskauer Schauspielhaus). Man kann nichts Monographisches über die
Schilowskys finden, aber doch nicht wenige Hinweise in der
Tschaikowsky-Literatur, sei es in den Kommentaren und biographischen
Hinweisen der Register in den Briefbänden der
Tschaikowski-Gesamtausgabe, sei es in der Sekundärliteratur (z.B. Brown,
Pozanansky).
Es kamen die
ersten großen Uraufführungen und dann die Scham, weil das Werk doch als
ungenügend erkannt ward, ganz gleich, ob es dem Publikum, der Presse
gefiel oder nicht -, und nach den qualvollen Premieren: der Fluch ins
Ausland (irgendwo anders sein, nur nicht hier).
Diese gehetzten und melancholischen Ausflüge konnte Peter Iljitsch sich
nun schon gestatten:
die Werke brachten ihm etwas Geld. Er reiste selten allein, sondern in
der Begleitung eines Kameraden, etwas mit dem Verleger-Freund Jurgenson
oder mit einem jungen Menschen, einem Schüler - oft war er mit dem
jungen Konstantin Schilowsky unterwegs gewesen:
es gab kurze Stunden, da man beinahe glücklich war; oder, als die
Verhältnisse es erlaubten - aber doch noch nicht ganz erlaubten - mit
einem jungen Diener.
'Symphonie Pathétique' - Ein Tschaikowsky-Roman
Klaus Mann
rororo Verlag - Reinbek - 1979
Interessant die
Aussage von Lucinde Lauer im 'Döhring', die eine Mitarbeit von
Schilowski ganz eindeutig einschränkt, in dem sie ausführt:
"Unter Mithilfe
seines Freunds Schilowski, dessen Anteil sich eindeutig nur auf Triquets
Couplets nachweisen lässt, machte er sich sofort an die Ausarbeitung des
Librettos."
Die zitierte
Passage entspricht dem allgemein akzeptierten Kenntnisstand in der
Tschaikowskij-Literatur: von Konstantin Schilowsky stammen die
französischen Verse der Couplets des Monsieur Triquet.
Konstantin
Schilowski distanzierte sich von dem Libretto Tschaikowskijs und wollte
nicht als Co-Autor desselben genannt sein. Böse Kritik am Libretto übte
auch die Literaturwissenschaft - denn jede Bearbeitung von Puschkins
Versroman oder gar die Umgestaltung von Passagen und ihrer einzelnen
Verse musste damals fast als Sakrileg gelten. Der Liebe der Russen (und
nicht nur ihrer Liebe) zu Tschaikowskijs 'Lyrischen Szenen' hat dies im
übrigen nie Abbruch getan.
Was den 'Onegin'
betrifft, ist Konstantin Schilowskys Mitarbeit also tatsächlich nur
peripher.
Alexander
Puschkins Gesamtwerk umfasst etwa 800 Stücke ganz unterschiedlicher
Länge, Gestalt - jedoch in den meisten Fällen gereimt. Schon zu
Lebzeiten wurden etwa 300 Gedichte veröffentlicht, die später von der
politischen Situation in Russland, anfänglich noch sehr von anderen
Dichtern, beeinflusst waren.
Frankreich,
Italien, Deutschland und England wirkten auf die Literatur in Russland,
mit Puschkin beginnt sich der russische Realismus zu entwickeln.
Die Zeiten, in
denen Puschkin im Exil verbringen musste, ermöglichen auf der einen
Seite, durch die Abgeschiedenheit der Wohnorte, Möglichkeiten zu
intensiver dichterischer Tätigkeit, Aufenthalte im Süden wie auf der
Krim erweitern seine Kenntnisse über historische Zusammenhänge und geben
durch die klimatischen Bedingungen seinen Werken Farbe und Glanz.
Unter dem
Eindruck von Byrons 'Adieu, My native Shore' entsteht seine Elegie
'Erloschen ist des Tages Leuchte' und nach Goethes 'Vorspiel auf dem
Theater' gestaltet er ein 'Gespräch des Buchhändlers mit dem Dichter'.
1825 entsteht
'Andrej Šen'e', (André Chénier), das sich um die Verse gruppiert, die
der französische Dichter vor seiner Hinrichtung verfasste.
Kritik am
Absolutismus, die Beschreibung sozialer Verhältnisse in Russland nimmt
in zunehmenden Umfang Raum in der russischen Literatur ein und führt zu
Konflikten mit dem System.
Puschkin nimmt
sozial-kritische Gedanken auf und stellt im "Roman in Versen", die Welt
des Landadels, des Bildungsbürgertums dem 'überflüssigen Menschen' oder
dem 'Mann von zweifelhafter Moral' gegenüber.
Diesen Mann
sieht er nach Byrons Don Juan und Beppo im Onegin, der Mann mit dem
Egoismus eines auf sich selbst fixierten Einzelgängers, ein Außenseiter,
dem es jedoch nicht um gesellschaftliche Veränderungen, sondern um die
Befriedigung persönlicher Bedürfnisse geht, ohne Sinn für Tiefgang,
realitätsfern.
Dieser 'Held',
in den Werken von Byron vorgegeben, von Puschkin übernommen und
Tschaikowski überträgt diese von Puschkin vorgegebene Situation der
Menschen auf dem Land, die Abgeschiedenheit von Möglichkeiten der
geistigen und gesellschaftlichen Entfaltung des Einzelnen, dessen
In-sich-verschließen in Träumereien, oftmals aus der West-Literatur
abgeleitet, 'als ich noch Richardson gelesen', mit dem durch eine
Erbschaft hierher verschlagenen Städter konfrontiert: Filipjewna, Larina,
Olga, Tatjana und Onegin mit Lenski.
1810 starb Ekaterina Daschkowa,
Kulturpolitikerin, Managerin einer international renommierten Akademie,
Leiterin einer Lexikonredaktion und Herausgeberin mehrerer Zeitschriften
- das wäre auch heute eine höchst eindrucksvolle Karriere.
Vor mehr als 200 Jahren, gelang ihr das als Frau im
rückständigen Russland.
Dort war damals eine Frau an der Macht, die Vorurteile beiseite
fegen konnte:
Katharina die Große.
Als Katharina II. 1762 gegen ihren Ehemann putschte und sich
selbst zur Zarin machte, war Fürstin Ekaterina Romanowna Daschkowa an
ihrer Seite. In Offiziersuniform ritten sie an der Spitze von 12.000
Soldaten von Petersburg nach Peterhof, um den Zaren zur Abdankung zu
zwingen. Viele hielten die Fürstin für die Rädelsführerin, und der
Präsident der Moskauer Universität schrieb an Voltaire:
"Eine neunzehnjährige Frau hat
die Regierung dieses Landes gestürzt."
Eigenwillig und impulsiv geriet sie bald in Konflikte mit der Zarin und
wurde vom Hof verbannt. Früh verwitwet, ging Ekaterina Daschkowa auf
Reisen. Neun Jahre lang streifte sie mit ihren Kindern durch Europa. Die
hochgebildete Fürstin, die fünf Sprachen beherrschte, traf Könige,
Künstler und Gelehrte. Mit den großen Köpfen der Aufklärung diskutierte
sie, wie Diderot vermerkte,
"über Gesetze, Gebräuche, Regierung,
Finanzen, Politik, Sitten, Künste, Wissenschaften, Literatur."
Als Ekaterina Daschkowa 1782 nach Russland zurückkehrte, empfing die
Zarin sie als alte Vertraute. Und ernannte sie zur Direktorin der
Akademie der Wissenschaften - unerhört in einer Zeit, in der Frauen von
Universitäten und Akademien ausgeschlossen waren.
Die Akademie, das Forschungszentrum des russischen Reichs, war durch
Korruption und Schlendrian fast ruiniert. Ekaterina Daschkowa machte aus
dem Akademieverlag ein profitables Unternehmen; mit den Gewinnen
modernisierte sie die Labore, legte den botanischen Garten neu an und
finanzierte einen Neubau.
Als sie eines Tages mit der Kaiserin in ihrem
Garten spazieren ging, sprachen sie über die Schönheit und den Reichtum
der russischen Sprache. Die Fürstin drückte ihr Erstaunen darüber aus,
dass Katharina noch keine Russische Akademie eingerichtet hatte."
Die Aristokratie sprach und las Französisch. Die russische Sprache und
eine eigenständige Literatur zu fördern, war das kulturpolitische
Projekt der Fürstin.
Es sei die wichtigste Aufgabe, der
Herrscherin eine Grammatik, exakt und methodisch, und ein reiches und
umfassendes Wörterbuch zu erstellen.
Sie gab das erste russische Wörterbuch heraus und schrieb selbst
Hunderte von Einträgen. In den Literaturzeitschriften der Russischen
Akademie veröffentlichte sie auch eigene Satiren, Essays und
Theaterstücke. Inzwischen ließ die Revolution in Frankreich die Zarin
alle Toleranz vergessen. Das spürte auch Fürstin Daschkowa, als sie das
vermeintlich aufrührerische Drama eines Akademiemitglieds drucken ließ.
Empört ließ sich die Fürstin beurlauben. Zur Versöhnung kam es nicht
mehr. Katharina die Große starb, und ihr Nachfolger Paul verfolgte die
Protegés seiner Mutter.
Sie wurde in eine Bauernhütte in Nordrussland verbannt, durfte dann aber
auf ihrem Landgut bei Moskau leben.
Als Paul I.1801 ermordet wurde, bot ihr der neue Zar Alexander I.
ihre Ämter wieder an.
Sie lehnte ab.
Als Herrin riesiger Ländereien widmete sie sich der Modernisierung der
Landwirtschaft.
An der Leibeigenschaft allerdings rüttelte die Besitzerin von 5000
Bauern nicht -
in diesem Punkt blieb sie taub für die Ideen der Aufklärung.
Am 16. Januar 1810 starb Ekaterina Daschkowa.
Begraben wurde sie auf ihrem Landgut, in dessen Park ein Denkmal an den
Umsturz von 1762 erinnert.
'Nach Ulrike Rückert - 2010'
Samuel
Richardson (1689 - 1761) schrieb u.a. zwei Romane, die zu seiner Zeit
und über die Jahre auch später noch eine starke Wirkung auf die
Leserschaft ausübten - betitelt waren der eine mit 'Pamela' der andere
mit 'Clarissa'.
Beide waren in
der damals neuen Form des Briefromans abgefasst. Es wurde nicht
rückblickend berichtet, sondern das gerade Erlebte und Empfundene
dargestellt. So empfand das Publikum den Inhalt unmittelbar.
Gleichzeitig mit
der Form machte Richardson auf die Probleme des Zusammenlebens der
Menschen in der damaligen Zeit aufmerksam als er der tugendhaften,
bürgerlichen jungen Frau einen sittenlosen Adeligen mit seinen
Rechtsansprüchen in sexueller Hinsicht gegenüberstellte.
In 'Pamela'
droht der Adelige die Titelfigur zu vergewaltigen, im Laufe der Zeit
wird er aber reumütig sein Fehlverhalten einsehen und um die Hand bitten
- während er sich in 'Clarissa' tatsächlich an der jungen Frau vergeht
und er kein Gehör mehr findet, als er sie später heiraten möchte.
Richardson
ermöglicht auf diese Weise in seinen Liebesromanen den Titelfiguren als
Sprecherin, als Autorin bzw. Heldin den Lesern gegenüberzutreten, um zu
zeigen wie im Moment gedacht, gefühlt und gehandelt wird - so auch bei
der Abwehr von Gefahren, die im Zusammenleben von Adligen und Bürgern
sich zeigen.
Adlige -
männlich, skrupellos - stehen in der Tradition der außerehelichen
Liebschaften und werden aufgrund ihrer Stellung aktiv - die Bürgerin
passiv, häuslich, gefühlsbetont und in Bezug auf Sexualität
prinzipienfest und tugendhaft.
Mit dieser
Projektion der ständischen Gegensätze auf die Geschlechter zeigt
Richardson einen sozialen Konflikt, einen Geschlechterkampf zwischen
adeligem Laster und bürgerlicher Tugend, wobei der weibliche Engel von
einem männlichen Teufel behelligt wird.
Diese
Polarisierung wurde von der Öffentlichkeit und von der Geistlichkeit
begrüßt, da endlich die Tugend als das Erstrebenswerte herausgestellt
wurde.
Die Form des
Briefromans förderte die innere Beteiligung vornehmlich der weiblichen
Leserschaft durch das quasi unmittelbare Miterleben.
Den Werken
Richardsons stellte Goethe 1774 seinen Briefroman 'Die Leiden des jungen
Werthers' gegenüber, der im Weltschmerz der Titelfigur eine sehr starke
Wirkung auf die Bevölkerung hatte. Man identifizierte sich mit 'Werther'
- es ging so weit, dass eine Werther-Mode kreiert wurde, man trug blauen
Frack und gelbe Weste wie einen Filzhut. Dass tatsächlich junge Menschen
durch den Selbstmord Werthers auch ihrem Leben ein Ende bereiteten, kann
wissenschaftlich nicht belegt werden.
Puschkin - sein
Leben dauerte nur von 1799 bis 1837, am 10. Februar des Jahres starb er
an den Folgen eines Duells - schrieb seinen 'Eugen Onegin' 1833 als
Roman in Versform, rückblickend auf den Zeitraum als man noch Richardson
gelesen.
Schriftverkehr
Abs.: BI – Fehrsweg 2 – 30655 Hannover – Tel. 0177 – 2 15 66 10 –
info@bi-opernintendanz.de
–
www.bi-opernintendanz.de
Theater Regensburg
Intendant Klaus Kusenberg
Kaufmännischer Direktor Dr. Matthias Schloderer
Bismarckplatz 7
93047
Regensburg
24.5.22
Betrifft: ‘Staatstheater Regensburg‘
Bezug: Termin am 20.5.22 – 13 Uhr
Sehr geehrte Damen und Herren,
lädt man zu einer Veranstaltung, sollte man rechtzeitig vor dem Termin
dafür sorgen und sicherstellen, dass alle Teilnehmer die zu
vermittelnden Inhalte akustisch erkennen, um dann ihren Sinn erfassen zu
können.
Die Veranstaltung am 20.5.22 im Neuhaussaal litt unter negativen
Gegebenheiten, dass es zwangsläufig zu Missinterpretationen des Gesagten
kommen musste.
Ist es richtig, dass wir unter den gegebenen Umständen vernehmen
mussten, dass es noch länger dauern werde, bis ein musikalischer
Oberleiter gefunden und installiert ist?
Wir dürfen daran erinnern, dass es die Aussage eines früheren
Regensburger Theaterdirektors von 2008 gibt, der meinte: „Ich brauche
keinen GMD!“
Sollte dies die Maxime des Hauses sein, dann kann man nur in Sorge um
die musikalische Qualität des Kommunalunternehmens der Stadt Regensburg
darauf hinweisen, dass fast tägliche musikalische Leitungswechsel
zwangsläufig zu einer Qualitätsminderung des Orchesterapparates führen
müssen.
Die häufigen Wechsel in der Orchesterleitung: Griffith, Rumstadt,
Grüneis hatten ihre Folgen.
Weit schlimmer war das Kündigungsverhalten bei der Veränderung der
Theaterleitung im Herbst 2021, das Marianne Sperb am 12. Mai 2022 – also
jetzt nach mehr als einem halben Jahr – in der MZ mit:
„Sie hatten einen unfreundlichen Empfang in Regensburg. Es gab einen
Aufschrei, als Sie Ihr Team vorstellten.“ nochmals thematisierte.
Kündigte man dem Personal einfach so, weil durch den NV-Bühne die
Möglichkeit, dass man sich eines Personalkörpers entledigt, gegeben ist?
Die Regelung ist unfair und geradezu unmenschlich. Zumal durch die
Pandemie die Situation noch prekärer wurde.
Man macht so etwas nicht, schon um dem
Vorwurf des Machtmissbrauchs zu entgehen!
Man schmeißt nicht ein ganzes Ensemble raus, sondern man übernimmt beim
Wechsel der Theaterleitung einen Personalkörper, macht sich mit den
äußeren und inneren Gegebenheiten der Gemeinde und des Hauses vertraut
und lässt wenigstens eine Spielzeit alles unverändert. Danach kann man
austauschen.
In einem solchen Fall der Unfairness, wie er sich am Ende des letzten
Jahres in Regensburg zugetragen hat und der jetzt noch immer wieder
Tagesthema ist, hat der Verwaltungsrat einzugreifen.
Haben wir das akustisch richtig mitbekommen, – wie erwähnt war die
Übertragung der gesprochenen Texte aller Anwesenden außerordentlich
schlecht – dass die designierte Theaterleitung einräumte, keine
Produktion aus den Intendanz-Jahren von Neundorff von Enzberg und
Kusenberg besucht zu haben?
Offensichtlich will die Theaterleitung nun in die Bürgergesellschaft
geradezu eindringen und in ‘der kleinsten Klinze‘ der jetzt schon durch
Straßengastwirtschaft überfüllten Altstadt noch Bühnen aufbauen, sich
damit aber wohl der Aufgabe entledigen, die eigentlichen Spielstätten zu
bedienen.
Gleichzeitig will man wohl auf dem Niveau der Zeit der Hanswurste um
Publikum und Beifall buhlen, wie es den Anschein erweckte, als ein Herr,
notdürftig bekleidet, als Don Quijote die o.a. Veranstaltung ‘störte‘.
Soll das ein Hinweis auf das Niveau vom antizipierten ‘Staatstheater
Regensburg‘ sein?
Der Spielplan entspricht nicht den Vorgaben, die vom Staat als
bildungsgebend eingerichtet sind und was vom Vorgänger in der
Geschäftsführung noch am 14. Juli 2021 ‘coram publico‘ wörtlich
bestätigt wurde:
“Das Theater hat einen Bildungsauftrag!“
Haben wir akustisch richtig verstanden, dass Frau Sperb auf eine ihrer
Fragen die Antwort erhielt:
“Frau Sperb, mit Ihnen gehe ich mal ‘ne Tasse Kaffee trinken!“
Herr Dr. Ehlert vom Neuen Merker Wien wollte zu Recht wissen, wie es mit
‘Zar und Zimmermann‘ stehe.
Er wurde – wie wir meinen, verstanden zu haben, mit der Antwort:
“Das können die in Brauschweig machen“ –
beiseite geschoben.
Die ‘deutsche Spieloper‘ kommt im Spielplan 2022/23 jedenfalls nicht
vor.
Ebensowenig die klassische Operette.
Der vorgelegte Spielplan ist bis dato nur in Umrissen erkennbar, erst im
Juli 2022 soll er vollständig ausgearbeitet sein.
Gänzlich Unterhaltung ist – bis auf ganz wenige Ausnahmen –
offensichtlich geplant.
Ist für das Theater am Bismarckplatz lediglich eine
Schauspielproduktion vorgesehen? Soll das sogenannte ‘Neue Haus‘
sukzessive eine reine Musical- und Revuebühne werden?
Wie das alles umgesetzt wird, bedarf der genauen Beobachtung und
Berichterstattung, zumal es sich u. U. um Vergeudung von Steuergeldern
im Sinne StGB § 266 handeln könnte.
Wie Frau Schüdel bei Frage und Antwort behandelt wurde, war akustisch
von unserem Platz nicht zu vernehmen.
Mit dem Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung!
BI-Opernintendanz
Schlussbemerkung
Es will mir einfach nicht in meinen Kopf, dass es
richtig oder gesund ist, nur Ekelhaftes, Verfälschtes und
Unverständliches als Kunst zu präsentieren und dafür Millionen an
Steuergeldern zu kassieren.
Inzwischen hat das Publikum die Theater, genervt durch hanebüchene
Interpretationen der Stücke – sprich Verfälschungen – verlassen und es
scheint nicht mehr wiederkommen zu wollen.
Nicht nur das Virus habe das Publikum vertrieben. Das Problem sitze
tiefer – meint Thomas Kramer in 'Die Presse‘ vom 20. Mai 2022:
„So vollmundig etliche Theatermacher in
Lockdown Zeiten die Unentbehrlichkeit des Theaters beschworen haben bis
hin zur Betise dieses sei ‘systemrelevant‘ oder gar ein
‘Grundnahrungsmittel‘ - so kleinlaut müssen sie nun konstatieren, dass
dies für große Teile des Publikums doch nicht so unentbehrlich ist.
Ihre Erklärung kommt schnell:
Corona sei Schuld und die Menschen hätten sich das Theater abgewöhnt -
doch das ist eine Ausrede […]
Nein, die Theaterkrise ist keine Coronakrise, sie hat schon lange vor
der Seuche begonnen und sie grassiert im gesamten deutschen Sprachraum.
Entstanden ist sie aus mangelndem Glauben an die spezielle Magie des
Theaters. Die schwindet, wenn es postdramatisch wird.
Wenn es nicht auf die Wirkung von Stücken und Schauspielern vertraut.
Wenn es die Bühne als ‘diskursiven Ort‘ missversteht, um eine der
Phrasen zu bemühen, mit den Dramaturgen die Programmhefte, aber nicht
die Sitzreihen füllen.
Wenn es auf Experimente um der Experimente willen setzt.“
Die Werke der Dichter und Komponisten haben Jahrhunderte und
Jahrtausende überdauert, weil sie ewige Wahrheiten beinhalten.
Deshalb steht auch auf manchen Theatern der Wahlspruch:
Dem Wahren, Guten, Schönen.
Der entsprechende Text unserer Zeit aber lautet:
Dem Fake, der Gier, dem
Horror!
ML Gilles
Impressum
…. erscheint als
nichtkommerzielles Rundschreiben zu
-
ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg
kulturjournal – Büro 93047 Regensburg – Wahlenstraße 17 –
info@kulturjournal-regensburg.de
Verteilung:
Direktversand an ausgewählte Leserschaft u.a.
Mitglieder der
Bürgerinitiative-Opernintendanz -
http://bi-opernintendanz.de/
Niedersächsischer Landesrechnungshof,
Niedersächsische Landesregierung,
Aufsichtsrat der Nds. Staatstheater Hannover GmbH,
Politische Parteien im Nds. Landtag,
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover,
Bund der Steuerzahler,
Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten,
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger,
Richard-Wagner-Vereine,
Feuilletons von Tageszeitungen
RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover
RA Markus von Hohenhau, Fachanwalt für IT-Recht, Regensburg
RA Prof. Dr. Ernst Fricke, Fachanwalt für Bühnenrecht, München/Landshut
Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der
Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung -
Geglücktes oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte
auch Überspitztes und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach
Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.
Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen vom
Regionalfernsehen Regensburg, telezeitung-online.de und aus dem
Internet, u.a. den Veröffentlichungen des Deutschen Historischen
Museums, der Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..
Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich
gemacht.
Fotos wurden Buch- und CD-Einbänden entnommen. Beiträge aus der Rubrik
‘Musiktheater‘ wurden als Zitate aus dem Hermes Handlexikon übernommen.
Leserbriefe stellen die Meinung des jeweiligen Verfassers dar.
Gender-Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf
Differenzierung und geschlechtsneutrale Formulierung. Entsprechende
Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle
Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und
beinhaltet keine Wertung.
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
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Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5
Grundgesetz,
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Dieter Hansing
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