Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften 
zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 

 


Nr. 41

 

 

 

 


Frage an Frau B. aus H.:

Haben Sie schon ‘Cosi fan tutte‘
an der Niedersächsischen Staatsoper Hannover
gesehen?


Antwort von Frau B. aus H.:

Nein!
Das, was ich darüber in der
‘Mitteilung an meine Freunde‘
gelesen habe, langt mir!

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Zitat


Tarifverhandlungen - Normal-Vertrag-Bühne

GDBA kämpft für Gerechtigkeit und zeitgemäße Mindestbezüge

Als Theatergewerkschaft hat die GDBA als Sofortmaßnahmen vier sehr konkrete Forderungen formuliert. Am 9. März haben dazu die Manteltarifverhandlungen mit dem Deutschen Bühnenverein (DBV) begonnen. Nach vier Stunden gab es noch kein Ergebnis - das war aber auch nicht zu erwarten. Am 1. April sollten die Verhandlungen fortgesetzt werden. Erster Punkt auf der GDBA-Forderungsliste ist die dringend notwendige Steigerung der Mindestgagen. Das Angebot des DBV lag deutlich unter unseren Forderungen. Seit 2018 liegt die Mindestgage für Solo-Künstler:innen und Bühnentechniker:innen bei nur 2.000 Euro pro Monat. Sie wurde seitdem nicht erhöht und wird in der Branche schon lange als prekär eingestuft.

Die GDBA fordert eine Mindestgage zwischen 2.750 Euro und 3.100 Euro je nach Größe der Häuser und Qualifikation der Mitarbeiter:innen

Bühnenkünstler:innen haben meist einen Hochschulabschluss, sie arbeiten an Sonn- und Feiertagen, unter der Woche oftmals im zweigeteilten Dienst und häufig länger als andere Berufsgruppen. In der Regel haben sie zeitlich begrenzte Verträge, was die Lebensplanung erschwert. Aktuell liegt die Mindestgage von 2.000 Euro im Vergleich zum öffentlichen Dienst im Bereich der un- und angelernten Küchenhilfen und Boten.
Zudem hat die Inflation den höchsten Stand seit 30 Jahren erreicht. Im Februar 2022 lag sie bei 5,1 Prozent. Die Mieten und Energiekosten steigen rasant an. Der Mindestlohn wird auf 12 Euro ansteigen, 35 Prozent mehr als 2018. Eine drastische Erhöhung der Mindestgage ist darum eine längst überfällige Korrektur, die schnellstmöglich umgesetzt werden muss.

Was wir fordern ist zweifellos ein ziemlicher Sprung: von 2.000 Euro auf mindestens 2.750 Euro. Aber die Mindestgage ist seit Jahren viel zu niedrig und wurde immer nur minimal erhöht.

Als Gewerkschaft ist es unsere Aufgabe, das zu fordern, was unseren Mitgliedern zusteht, und nicht das zu fordern, was einer gefühlten Verhältnismäßigkeit entspricht.

Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, hat die GDBA eine Online-Petition auf Open Petition gestartet.

Hier kommen unsere Mitglieder ins Spiel: Unterstützt unsere Forderungen! Bis jetzt haben das über 6.900 Menschen getan und die Zahl steigt beständig. Möglichst viele weitere Unterstützer:innen machen es dem Bühnenverein schwer, unser berechtigtes Verlangen zu ignorieren. Solidarität ist gefragt: Mit eurer Stimme verleiht ihr der Notwendigkeit nach einer Erhöhung der Mindestgage Ausdruck. Und selbstverständlich können auch Nicht-Kulturschaffende gern abstimmen. Darüber hinaus lässt sich die Position der GDBA in den Tarifgesprächen weiter unterstützen: Teilt unsere Beiträge aus den sozialen Netzwerken, verbreitet die Online-Petition und thematisiert unsere Forderungen im Kreis von Freund:innen, Familien und Kolleg:innen.

Wer noch kein Mitglied ist, sollte Mitglied werden! Je stärker wir als Gewerkschaft sind, desto mehr können wir gemeinsam erreichen. Wer bereits Mitglied ist, kann uns aktiv in der Mobilisierung unterstützen.

Unter https://gdba-faq.de haben wir Fragen im Zusammenhang mit unserer Forderung beantwortet und informieren detaillierter. Die Seite wird fortlaufend aktualisiert werden: Kommende Fragen sollen dort dann im Sinne völliger Transparenz beantwortet werden. Auf diese Weise möchten wir unseren Mitgliedern außerdem die Möglichkeit geben, unsere Wege nachzuvollziehen und selbstständig zu argumentieren. Außerdem sollen Journalist:innen und Abgeordnete sich hier mit guten Argumenten versorgen und sie verbreiten.

Auf dem YouTube-Kanal der GDBA sowie unseren Social-Media-Kanälen haben wir Videos von Mitgliedern zur Kampagne hochgeladen - to
be continued.

Bessere Gagen auch für Gäste

Die Mindestgage der Gäste muss höher sein, als die Mindestgage der festangestellten Bühnenmitglieder, denn Gäste tragen ein erhöhtes unternehmerisches Risiko und werden nicht durchgehend beschäftigt. Während der Pandemie wurden Gäste häufig trotz Engagement nicht oder nur unzureichend bezahlt. Außerdem werden sie seit Corona wesentlich weniger engagiert. Die meisten Theaterbetriebe sind auf Gäste angewiesen, besonders wenn Ensemblestellen eingespart werden. Ihre Relevanz und Flexibilität muss sich auch in den Gagen widerspiegeln. Ihr Leben und Arbeiten ist schwierig planbar, zudem fallen sie durch die sozialen Sicherheitsnetze wie etwa die Künstlersozialkasse.

Anpassung der Mindestgagen an die Lebenshaltungskosten

Die Mindestgage für den Bereich Solo und BT muss jährlich entsprechend der Tariferhöhungen gesteigert werden, wie es für andere Berufsgruppen am Theater und im öffentlichen Dienst längst üblich ist, damit sie nicht hinter Mindestlohn und den Gagen anderer Beschäftigter zurückliegt. Das Schlüsselwort lautet „Dynamisierung". Gemeint ist damit, dass die Tariferhöhungen sich in der Mindestgage widerspiegeln und diese die Steigerung der Lebenshaltungskosten abbilden.

Einführung von Gagenstufen nach Dienstjahren

Mit Mindestgagen für Berufseinsteiger ist es nicht getan: Erfahrung muss belohnt werden. In allen Theaterbereichen gibt es bei mehr Berufsjahren auch mehr Vergütung - nur im Bereich Solo und BT nicht. Auch hier müssen Gagenstufen nach Dienstjahren eingeführt werden, um Gerechtigkeit herzustellen.

Wir haben ein Gagensystem entwickelt, gestaffelt nach Dienstjahren und A- und B-Häusern. Details hierzu ebenfalls auf unserer FAQ-Seite.




Hier findet ihr Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen zu unseren Forderungen und zu unserer Gewerkschaft. Wenn ihr weitere Fragen habt, schreibt uns gern eine E-Mail oder ruft uns an!


Wie war die zweite Runde der Manteltarifverhandlungen am 1. April?

Wir sind uns nicht einig geworden. Über unsere Forderungen und das Angebot des Deutschen Bühnenvereins werden wir in einem Mitglieder-Meeting Spezial […] berichten. Die Einladung erfolgt an alle Mitglieder per Mail.

Gilt eure Argumentation auch für Menschen mit Abschlüssen von privaten Schulen?

Ja! Denn Künstler:innen von privaten Schulen haben auch studiert und somit einen Abschluss erhalten. Ob staatlich oder privat spielt dabei keine Rolle. Auch üben sie die gleichen Tätigkeiten aus wie die Kolleg:innen mit staatlichem Hochschulabschluss. Unsere Argumentation gilt auch für Menschen, die dieselbe Tätigkeit ausüben und gar keinen künstlerischen Abschluss haben, aber künstlerisch tätig sind. Es gibt hier und da Kolleg:innen, die z. B. durch erfolgreiche Arbeit im Jugendclub in Ensembles gerutscht sind. Diese haben auch das Recht, gleichwertig vergütet zu werden.

Ihr fordert eine Mindestgage zwischen 2.750 und 3.100 €.
Wie kommt ihr auf diese Zahlen?


Bei der Gagenhöhe berücksichtigen wir sowohl die Tätigkeit und Verantwortung der Beschäftigten als auch die Größe des Hauses. Für die Einordnung von Tätigkeiten und Verantwortung schlagen wir zwei Kategorien vor.

Kategorie 1:
Tätigkeiten, die in der Regel ein Studium erfordern und mit einer größeren Verantwortung und Belastung verbunden sind.

Kategorie 2:
Tätigkeiten, die in der Regel kein Studium voraussetzen.

Bei der Höhe der Gagen haben wir uns an den Entgelten (Bezahlung) des TVöD orientiert. Der TVöD ist der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Danach entsprechen die Berufe, die sich hier in Kategorie 1 finden, der Entgeltgruppe E 9a, und die Berufe, die sich in der Kategorie 2 befinden, der Entgeltgruppe E 7.

Ist der Sprung von 2.000 € auf 3.100 € nicht unverhältnismäßig hoch?

Ja, der Sprung ist sehr hoch. Denn die Mindestgage ist seit Jahren zu niedrig und wurde immer nur minimal erhöht. Die Inflation liegt laut Statistischem Bundesamt im Februar 2022 bei 5,1 %. Diese Erhöhung der Lebenshaltungskosten findet sich nicht in der Mindestgage wieder. Als Gewerkschaft ist es unsere Aufgabe, das zu fordern, was unseren Mitgliedern zusteht, und nicht das zu fordern, was einer “gefühlten” Verhältnismäßigkeit entspricht. Wir denken: Die Mindestgage ist viel zu lange schon unverhältnismäßig niedrig, sie muss so schnell wie möglich steigen. Oder: Wenn man beim Marathon lange nur kleine Schritte gemacht hat, muss man im Endspurt viele sehr große Schritte machen, um ans Ziel zu kommen. Im Übrigen zahlen die meisten mittleren und großen Häuser seit Jahren wesentlich mehr als die Mindestgage. Das Land Hessen hat per Gesetz eine Mindestgage für alle Theater auf 2.300 € festgelegt. Bremen zahlt sogar 3.000 €.

Welche Gagenstufen nach Dienstjahren stellt ihr euch für A- und B-Häuser vor?

A-Häuser Kategorie 1

Zunächst stellen wir uns 4 Stufen vor. Für die Kategorie 1 (A-Häuser), also die Arbeitnehmer:innen mit Studium, könnte das Gagensystem zunächst so aussehen:

Stufe 1 Mindestgage = 3.100 €
Stufe 2 nach 3 Jahren = 3.350 €
Stufe 3 nach 6 Jahren = 3.600 €
Stufe 4 nach 9 Jahren = 3.850 €

Hier gibt es eine Übersicht der Entgeltgruppen des öffentlichen Dienstes. Und hier geht es zur Entgelttabelle.

Einordnung der Berufe Kategorie 1

Einzeldarsteller:innen, Kabarettist:innen und Puppentheaterspieler:innen, Dirigent:innen, Kapellmeister:innen, Studienleiter:innen, Repetitor:innen, Spielleiter:innen, angestellte Regisseur:innen, Chordirektor:innen, Choreograf:innen, Tanz-/Ballettmeister:innen sowie Trainingsleiter:innen, Dramaturg:innen, Leiter:innen des künstlerischen Betriebsbüros, Disponent:innen, Ausstattungsleiter:innen, Bühnenbildner:innen, Kostümbildner:innen und Lightdesigner:innen, Inspizient:innen, Theaterpädagog:innen, Schauspielmusiker:innen, Souffleure, Theaterfotograf:innen, Presse- und Marketingreferenten sowie Referenten der Öffentlichkeitsarbeit, Grafiker:innen, technische Direktor:innen und technische Leiter:innen, Vorstände der Malsäle, Leiter:innen des Beleuchtungswesens, Leiter:innen der Bühnenplastikerwerkstätten, Leiter:innen des Kostümwesens, Leiter:innen der Ausstattungswerkstätten, Chefmaskenbildner:innen, Tonmeister:innen, Oberinspektor:innen und Inspektor:innen, Beleuchtungsmeister:innen, Gewandmeister:innen, Bühnenmeister:innen, Requisitenmeister:innen.

Für sie wurden 3.100 € für A-Häuser und 2.900 € für B-Häuser gefordert.

Einordnung der Berufe Kategorie 2

Referent:innen und Assistent:innen von Intendant:innen sowie des künstlerischen Betriebsbüros, Beleuchter:innen, Maskenbildner:innen, Requisiteur:innen, Veranstaltungstechniker:innen, Tontechniker:innen, Bühnenmaler und -plastiker:innen, Kostümmaler:innen, Referent:innen und Assistent:innen der technischen Direktionen.
Es handelt sich um Gagenstufen, die eine Untergrenze beschreiben. Es steht jedem frei, eine höhere Gage zu verhandeln.

Hier wurden 2.900 € für A-Häuser und 2.750 € für B-Häuser gefordert.

A-Häuser Kategorie 2
Für die Kategorie 2 könnte das Gagensystem so aussehen:

Stufe 1 Mindestgage = 2.900 €
Stufe 2 nach 3 Jahren = 3.150 €
Stufe 3 nach 6 Jahren = 3.400 €
Stufe 4 nach 9 Jahren = 3.650 €

Auch hier handelt es sich um Gagenstufen, die lediglich eine Untergrenze abbilden. Höhere Gagen können verhandelt werden.

B-Häuser Kategorie 1
Auch hier stellen wir uns 4 Stufen vor. Für die Kategorie 1 (B-Häuser), also die Arbeitnehmer mit Studium, könnte das Gagensystem so aussehen:

Stufe 1 Mindestgage = 2.900 €
Stufe 2 nach 3 Jahren = 3.100 €
Stufe 3 nach 6 Jahren = 3.300 €
Stufe 4 nach 9 Jahren = 3.600 €

Es handelt sich um Gagenstufen, die eine Untergrenze beschreiben. Es steht jedem frei, eine höhere Gage zu verhandeln.

B-Häuser Kategorie 2
Für die Kategorie 2 könnte das Gagensystem so aussehen:

Stufe 1 Mindestgage = 2.750 €
Stufe 2 nach 3 Jahren = 2.950 €
Stufe 3 nach 6 Jahren = 3.150 €
Stufe 4 nach 9 Jahren = 3.350 €

Auch hier handelt es sich um Gagenstufen, die lediglich eine Untergrenze abbilden. Höhere Gagen können verhandelt werden.

Werden durch das Erhöhen der Gagen die Theater nicht kaputtgehen?

Nein. Denn wenn wir im Tarifvertrag bessere Gagen festlegen, dann werden die meisten Kommunen und Länder sich nach diesen Zahlen richten und ihre Zuschüsse anpassen müssen. 

Bei der Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015, damals waren es 8,50 €, dachten auch viele, dass die Gastronomie, die Taxiunternehmen und die Baubranche ruiniert werden. Das war aber nicht der Fall. Wenn sich die Tarife der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erhöhen, denkt auch niemand, dass die Theater kaputtgehen. Dies ist ein altes Narrativ, dass uns lange daran gehindert hat, das zu fordern, was uns zusteht. Wenn Theater schließen müssen, weil das Personal fair bezahlt wird, dann sind die Träger:innen dafür verantwortlich, nicht das Personal. Dahinter steht die Entscheidung, was der Politik Kultur- und Bildungseinrichtungen wert sind.

2.400 DM – 1991/ 1992
2.500 DM – 1994
1.550 € – 2003
1.600 € – 2009
1.650 € – 2013
1.765 € – 2015
1.850 € – 2017
2.000 € – 2018

Was kann ich für eine höhere Gage tun?

Teilt unsere Beiträge in den sozialen Netzwerken, verbreitet die Online-Petition und thematisiert unsere Forderungen im Kreis der Freund:innen, Familien und Kolleg:innen. Und werdet unbedingt Mitglied in der GDBA. Je stärker wir als Gewerkschaft sind, umso mehr können wir gemeinsam erreichen. Außerdem bieten wir Rechtsschutz und Rechtsberatung. Wer bereits Mitglied ist, kann uns aktiv in der Mobilisierung unterstützen, denn wir planen demnächst eine Arbeitsgruppe zur Mobilisierung zu gründen.

Warum schaltet die GDBA eine Online-Petition?

Die Online-Petition auf Open Petition wurde ins Leben gerufen, um dem Bedürfnis der Theaterschaffenden und der Notwendigkeit nach einer Erhöhung der Mindestgage Ausdruck zu verleihen. Die GDBA plant den NV Bühne zu reformieren, dafür wird die Solidarität aller Kulturschaffenden und Kulturinteressierten benötigt. Jede Stimme unterstützt uns in den Tarifgesprächen.

Warum liegt die Honoraruntergrenze (HUG) für Freischaffende unverändert bei 2.490 € brutto?

Der Bundesverband der Freien Darstellenden Künste (BFDK) orientiert sich bei der Honoraruntergrenze (HUG) an der Mindestgage des NV Bühne. Das sind aktuell 2.000 €. Die HUG beträgt für Künstler:innen, die in der Künstlersozialkasse (KSK) sind, 2.490 € und für Künstler:innen, die nicht in der KSK sind, 2.875 €. Es ist also davon auszugehen, dass sich die HUG erhöhen wird, wenn sich die Mindestgage im NV Bühne verändert. Hier kann man sie nachlesen.

Wieso führt die GDBA bei der Begründung der Höhe der Mindestgage die Gage von Ungelernten auf?

Das ist nur ein Beispiel, um zu verdeutlichen, wo die aktuelle Mindestgage im Vergleich zum öffentlichen Dienst liegt. Wir möchten nicht, dass gelerntes Fachpersonal, das wir vertreten, wie un- und angelerntes Personal bezahlt wird. Qualifikationen, wie abgeschlossene Ausbildungen oder Hochschulabschlüsse sowie Verantwortung müssen sich in der Bezahlung wiederfinden. Hier kann man die Eingruppierung der Entgeltgruppen einsehen. Und hier geht es zur Entgelttabelle für die Kommunen und die Bundesländer.

Wie kommt die GDBA zu der Behauptung, dass Ungelernte mehr verdienen als die derzeitige Mindestgage von 2.000 €?

Bei dieser Aussage haben wir uns auf den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst berufen (TVöD für Kommunen und TV-L für Länder). Hier kann man die Eingruppierung der Entgeltgruppen einsehen. Und hier  geht es zur Entgelttabelle für die Kommunen und die Bundesländer.

Würden ältere Kolleg:innen überhaupt noch engagiert werden, wenn sie “teurer“ werden?

Diese Frage beschäftigt uns auch. Denn genau wissen wir das nicht. Wir appellieren deswegen an die Theaterleitungen, das Niveau und die Vielfältigkeit der Mitarbeiter:innen in Bezug auf Geschlecht, Herkunft und Alter auf dem höchsten Niveau der Diversität zu halten. Ältere Kolleg:innen verfügen über wichtiges Wissen und Erfahrung – das ist ein Schatz, auf den eine moderne Personaldecke nicht verzichten kann. Wir fordern aus diesem Grund übrigens keine Gagenstufen bis ins Unendliche. Nach 9 Jahren endet vorerst die letzte Gagenstufe. Das bedeutet nicht, dass die Gage an dem Punkt stagniert. Jede Stufe ist als Mindestgagenstufe gedacht. Man soll also mehr verhandeln können.

Ihr fordert eine Dynamisierung. Was ist damit gemeint?

Mit Dynamisierung ist gemeint, dass die Mindestgage sich entsprechend der Tariferhöhungen jährlich anpasst. Die Tariferhöhungen berücksichtigen die Steigerung der Lebenshaltungskosten, sie werden bundesweit regelmäßig von der Gewerkschaft ver.di ausgehandelt.

Warum fordert ihr nicht eine Mindestgage für alle von 3.100 €?

Wir halten eine Differenzierung der Höhe der Gage abhängig von Verantwortung und Ausbildung für gerecht. Wir möchten zudem, dass sich auch kleine Häuser mit weniger Budget eine entsprechende Erhöhung der Mindestgage leisten können. Daher berücksichtigen wir bei unseren Gagenforderungen sowohl die Tätigkeiten (studiert/nicht studiert/Verantwortung) als auch die Größe der Häuser.

Schadet eine Mindestgage von 3.100 € nicht den Theatern, weil sie so wenig Geld haben?

Wir haben nie das Argument vernommen, dass es Ensembles und Theatern schaden würde oder sie verkleinert werden müssen, wenn eine bessere Bezahlung für Orchestermusiker:innen oder Techniker:innen erkämpft wurde. Nur die Bühnenkünstler:innen sollen immer wieder verstehen, dass sie lieber nicht dafür kämpfen sollen, angemessen und anderen Theaterbeschäftigten vergleichbar bezahlt zu werden.

Warum verhandelt der BFFS nicht mit?

Der BFFS (Bundesverband Schauspiel e.V.) will gerne mit an den Verhandlungstisch. Wir sind mit dem BFFS in engen, konstruktiven Gesprächen darüber.

Der Vorstand der GDBA hat sich für eine Zusammenarbeit mit dem BFFS ausgesprochen. Nun werden Gespräche zwischen dem BFFS, der VdO sowie dem DBV folgen.

Wie war die Tarifverhandlung am 9. März und wer war alles mit dabei?

Es haben die Tarifausschüsse der GDBA, der VdO (Vereinigung deutscher Opern- und Tanzensembles e.V.) und des DBV (Deutschen Bühnenvereins) digital miteinander verhandelt. Zentrales Thema war die seit 2018 stagnierende Mindestgage in Höhe von 2.000 € im NV Bühne. Die Tarifausschüsse der GDBA und der VdO haben jeweils ihre Forderungen bzgl. der Mindestgage vor dem DBV begründet. Das Angebot des DBV lag deutlich unter unseren Forderungen. Es kam nach vier Stunden zu keinem Ergebnis. […]. Um die Verhandlungen zu unterstützen, unterschreibt bitte die Petition.



FAQ – Viele Antworten auf eure Fragen

 Ein Service der GDBA -
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger


Zitatende
Quelle: Fachzeitschrift der Genossenschaft ‘Deutscher Bühnen-Angehöriger‘ – Ausgabe 3/22

 

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Zitat
Lebenslügen und Kumpanei

Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag hat ein Wort benutzt, das ins Bild passt. Amira Mohamed Ali sprach von ‘Kriegsbesoffenheit‘ und meinte jene Parlamentsabgeordneten, die ‘Ja‘ sagen zum 100 Millionen Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr, das Kanzler Olaf Scholz angekündigt hat.

An der Äußerung sieht man:
Der von Wladimir Putin befehligte Angriff russischer Soldaten auf die Ukraine stellt auch die Grundüberzeugung jener Parteien auf eine harte Probe, die dem Spektrum links der Mitte zuzuordnen sind. Manche tragen ihre ideologischen Habseligkeiten aus den Trümmern des Krieges und stellen fest, dass sie in einen Kulturbeutel passen.

Die Grünen haben zwar eine ihrer Wurzeln in der westdeutschen Friedensbewegung, die sich einst gegen den Rüstungswettlauf zwischen Nato und Warschauer Pakt wandte.
Vielen ging es neben Frieden aber auch um Demokratie und Menschenrechte.
Das ist ein Grund, warum Außenministerin Annalena Baerbock nun keine Mühe damit hat, einer Stärkung der deutschen Rüstungsindustrie das Wort zu reden.

Die Sozialdemokratie kämpft nicht allein mit Altkanzler Gerhard Schröder, sondern mit sich selbst. Nicht wenigen ist am Tag des Angriffs der Schreck in die Glieder gefahren. Darum ist das Schweigen der ‘Friedenspartei‘ bisweilen laut. Zugleich bleibt das Verhältnis zur Ukraine distanziert. Es ist ja kein Zufall, dass Scholz auf die Videoansprache des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Parlament nicht reagiert hat und sich namhafte Parteivertreter am streitbaren Botschafter Andrij Melnyk abarbeiten. Der Glaube, man könne Putin mit einer Neuauflage der Entspannungspolitik Willy Brandts beikommen, liegt in Scherben. Der Zorn darüber richtet sich manchmal nicht gegen Moskau, sondern gegen Kiew.

Bei der Linken ist es schlimmer, in der Fraktion gibt es Abgeordnete, die Putin unverändert rhetorisch zuarbeiten. Sahra Wagenknecht, Sevim Dargelen, Andrej Hunko, der schon 2015 die russischen Separatisten an der Ostukraine besuchte, oder Klaus Ernst, der Ex-Parteichef und Schröder-Freund zog zuletzt die Nato-Mitgliedschaft der baltischen Staaten in Zweifel.

Im Kern hat sich die Linke von ihrer autoritär prosowjetischen Tradition nie ganz lösen können. Das tritt angesichts der täglichen Toten heute auf eine brutale Art und Weise zutage. Meinungen sind nicht mehr schuldlos. Weil die Partei bei Wahlen und Umfragen immer weiter absackt, beißt sie sich immer tiefer in ihre Irrtümer fest. Der Angriff auf die Ukraine hat jedenfalls die Lebenslügen all jener entlarvt, die glaubten, es reiche, irgendwie für Frieden einzutreten - und die die Freiheit vergaßen. Die Herausforderung wird sich auch nicht durch infame Warnungen vor einer ‘Kriegsbesoffenheit‘ bewältigen lassen.
Zitatende
Quelle: Markus Decker: in Hannoversche Allgemeine – 21. März 2022 – Seite 2

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Zitat
Hohe Einsparungen

Oper Frankfurt droht Zehn-Millionen-Euro-Kahlschlag

Leere kommunale Kassen nach der Pandemie und drastische Kürzungsvorschläge bedrohen das größte Opernhaus Hessens. Jetzt hofft man in Frankfurt auf Hilfe vom Land – kann das Haus von einer städtischen zur Staatsoper werden?

Fittkau, Ludger | 07. April 2022, 17:36 Uhr

Deutschlandfunk - Kultur heute
Sprecher DLF:
Dass Kommunen, im Vergleich zu Bund und Ländern, wenig Geld haben, das ist schon lange Gegenstand von Diskussionen und ja, auch von Verhandlungen eben dieser Ebenen, und auch, dass sich durch Schuldenbremse und Corona-Krise die Lage der Haushalte in den Gemeinden zuspitzen wird und damit die Lage der freiwilligen Aufgabe ‘Kultur‘.

Gerade beginnen vielerorts die Haushaltsberatungen für das kommende Jahr und als erstes hört man nun einen Aufschrei aus Frankfurt.
Schauspiel und Oper sollen dort im nächsten Jahr 10 Millionen Euro einsparen. Das können sie nicht, sagt die deutschsprachige Opernkonferenz, in der die großen Häuser aus Deutschland Österreich und der Schweiz organisiert sind.

Eine Hoffnung für die Oper am Main könnte sein, sie wird ‘Hessische Staatsoper‘.

Unser Korrespondent Ludger Fittkau berichtet.

Sprecher Ludger Fittkau:
10 Millionen Euro oder noch mehr, diese Summe sollen die städtischen Bühnen in Frankfurt am Main ab 2023 einsparen – jährlich.

Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
In diesen Dimensionen und bei Nichtübernahme von den Tariferhöhungen werden in meinem Haus keine Neuproduktionen mehr möglich sein. Das war's mit der Form von Opern, wie wir das bisher gemacht haben.

Sprecher Ludger Fittkau: Sagt Dietmar Schwarz, der Intendant der Deutschen Oper Berlin und stellvertretende Vorsitzende der deutschsprachigen Opernkonferenz. Mit diesen Kürzungen könnte die Oper Frankfurt am Main ihr international anerkanntes Niveau nicht mehr halten. Dietmar Schwarz befürchtet auch, dass die drastische Kürzungsdebatte, die nun in der Main-Metropole geführt wird, nach der Pandemie kein Einzelfall bleibt.

Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
Das ist zu befürchten. Die Münchner Situation ist ja auch nicht ganz unproblematisch.

Sprecher Ludger Fittkau:
Auch in München geht es um Millionen-Kürzungen im Theaterbereich, wenn auch nicht in den Dimensionen, die nun in Frankfurt am Main diskutiert werden. Ina Hartwig, die SPD-Kulturdezernentin der Stadt, teilt die Befürchtungen der deutschsprachigen Opernkonferenz. Kämen tatsächlich jährlich zweistellige Millionenkürzungen im Theater, wäre das in diesem Bereich ein kultureller Kahlschlag, so Hartwig.

Ina Hartwig:
Da kann ich auch dem offenen Brief der Deutschen unserer Konferenz nur zustimmen: Diese Konsolidierung wird so nicht zu bringen sein, daher befindet sich auch die Römer-Koalition in weiteren Gesprächen.

Sprecher Ludger Fittkau:
Die Koalition im Römer, dem Frankfurter Rathaus, besteht aus Grünen, SPD, FDP und Volt. Die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig bittet aber nun auch das Land Hessen um Hilfe.

Ina Hartwig:
Denn wir sind die größte Stadt in Hessen, aber keine Landeshauptstadt. Wir haben insofern auch keine Landesmittel. Unser Opernhaus – und das unterscheidet uns von vergleichbaren Opernhäusern in Deutschland – ist natürlich für die Stadt Frankfurt, die kreisfreie Stadt ist, eine extreme Herausforderung, dies alleine zu stemmen. Dieses unglaublich tolle Kulturangebot unserer Oper, das wiederum ja auch sehr gerne von den Umlandgemeinden wahrgenommen wird.

Sprecher Ludger Fittkau:
Das bestreitet Angela Dorn, die grüne Kunstministerin des Landes Hessen nicht, doch sie habe bereits 3 Landestheater zu finanzieren: in Wiesbaden, Darmstadt und Kassel.

Angela Dorn:
An ganz vielen Stellen ist das Land in erheblicher Verantwortung und auch ich muss in diesen schwierigen finanziellen Zeiten schauen, dass ich all diese Förderungen weiterbringe, die strukturellen Herausforderungen angehe.
Wäre schön, in meinem Haushalt gäbe es, sozusagen, noch einen kleinen 'Geldsack' den ich noch öffnen könnte, aber das ist doch nicht die Realität.

Sprecher Ludger Fittkau:
Dietmar Schwarz von der deutschsprachigen Opernkonferenz will sich mit der Aussage nicht abfinden, dass Hessen mit den Theatern in Wiesbaden, Darmstadt und Kassel schon genug finanziere.

Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
Ich finde, Frankfurt ist die größte Stadt von den erwähnten und gerade im Vergleich zu den anderen Städten, die Staatstheater sind im Land Hessen, wäre es gerade ein Grund mehr, dass man Frankfurt auch zum Staatstheater macht.

Sprecher Ludger Fittkau:
Der Intendant der Deutschen Oper Berlin möchte über den Fall Frankfurt am Main hinaus eine grundlegende Diskussion anstoßen. Er fände es nun wirklich an der Zeit, so Schwarz,...

Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
... auch mit den Trägern zusammen Missionen nach der Pandemie zu entwickeln. Was wollen wir mit unseren Theatern und auch mit unseren Konzertsälen für die Gesellschaft, für die junge Generation, machen.

Sprecher Ludger Fittkau:
Dabei ginge es aktuell auch aufgrund der Kriegsfolgen gerade nicht um Kürzungen im Theaterbereich - im Gegenteil, so Schwarz.

Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
Wir haben etwa 37 Prozent Mehrkosten für Energie, wir haben - was mir mein technischer Direktor jetzt gesagt hat - bis zu 50% Erhöhung von Materialkosten für Bühnenbilder. Das ist sowieso jetzt eine Situation, wo man eigentlich auch die Budgets der Häuser auch nochmal neu diskutieren muss.

Sprecher Ludger Fittkau:
Sie führen eine Diskussion über einen Theater-Neubau in Frankfurt am Main, während gleichzeitig das Budget für die laufenden Produktionen radikal gekürzt werden soll, die versteht der Intendant der Deutschen Oper Berlin nicht, denn eine aufwendige neue Hülle für Inhalte, die dann aus Geldmangel nicht entfaltet werden können, hält er für verfehlt.

Schwarz, Intendant Deutsche Oper Berlin:
- finde ich ganz Russisch Version der allerdings im ja teilweise auch in anderen Städten zu leben ist.  

Sprecher Ludger Fittkau:
Neue, womöglich immer größere Bühnen zu bauen, um dann aber für den Spielbetrieb kleinere Orchester und weniger Sänger zu haben - Dietmar Schwarz hält diese Entwicklung schlicht für absurd.

Sprecher DLF:
Die Zukunft der Theater diskutiert an einem Beispiel aus Frankfurt, wo Schauspiel und Oper erhebliche Einsparungen leisten sollen - Ludger Fittkau berichtete -
Deutschlandfunk Kultur heute.

Zitatende

Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/folgen-der-pandemie-frankfurt-will-an-den-theatern-sparen-dlf-2ed2665c-100.html

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Zitat
-------- Weitergeleitete Nachricht --------
Betreff:         Pressemitteilung der GRÜNEN JUGEND Regensburg:

Straßenumbenennung - Jetzt!
Datum:         Fr, 25. Feb. 2022 18:39:39 +0100
Von:         Nicolas Muje <nicolas.muje@gj-regensburg.de>
An:         vorstand@gj-regensburg.de


Sehr geehrte Vertreter*innen der Presse,
Im  Folgenden finden Sie die Pressemitteilung der Grünen Jugend zum Thema Straßenumbenennungen in Regensburg.
Wir würden uns sehr über eine Veröffentlichung  und über Berichterstattung freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Nicolas Muje - für die Grüne Jugend Regensburg

Straßenumbenennung - Jetzt!

*Die GRÜNE JUGEND Regensburg fordert eine rasche Umbenennung von Straßennamen mit rassistischer, kolonialistischer oder nationalsozialistischer Konnotation.*

Die Debatte um die Umbenennung einiger Straßennamen in Regensburg ist keine neue. Seit Jahren fordern verschiedene Stimmen aus der Zivilgesellschaft unter anderem die "Drei-M*-Straße" oder auch den "Karl-Freytag-Park" umzubenennen.

Die Koalition steht in der Pflicht, Straßennamen an die Lebensrealität der Regensburger:innen anzupassen. "Wenn ich als schwarze Person durch die Stadt laufe und jedes Mal diesen diskriminierenden Ausdruck lesen muss, frage ich mich ehrlich gesagt schon, ob Politik tatsächlich für alle Regensburger:innen Initiative ergreift, oder eben nur für die Mehrheit.", sagt Nicolas Muje, Sprecher der GJ Regensburg. "Wir unterstützen deswegen den Vorschlag der Aktionsgruppe Straßenumbenennung, den Namen der 'Drei-M*-Straße' in 'May-Ayim-Straße' zu ändern. Die afrodeutsche Dichterin, Erziehungswissenschaftlerin und Logopädin May Ayim wohnte während ihres Studiums in den 1980er Jahren in Regensburg. Sie engagierte sich in der antirassistischen und in der feministischen Bewegung und war 1985 eine der Gründer*innen der 'Initiative Schwarze Menschen in Deutschland'. Es täte Regensburg gut, im Zuge der Aufarbeitung seiner kolonialen Vergangenheit dieser wichtigen Frau eine Straße zu widmen", fügt er hinzu.

 Der unserer Meinung nach dringend notwendige Prozess, problematische Straßennamen zu erkennen und in der Folge umzubenennen, ist von der CSU sehr lange blockiert worden. Die Frage der Umbenennungen sollte in einer Fachkommission geklärt werden, auf deren Einsetzung eigentlich schon alle eingestellt waren. Dennoch ließen es sich die Konservativen nicht nehmen, den Prozess mit einem eigenen Vorschlag ad absurdum zu führen.
"Die Forderung, den Karl-Freytag-Park in Hildegard-Anke-Park umzubenennen, ist schon allein deswegen absurd, da eine Benennung nach noch lebenden Persönlichkeiten nicht gestattet ist. Damit wird der notwendige Prozess nur unnötig in die Länge gezogen. Außerdem spricht es Bände, dass die CSU sich erst dafür interessiert, problematische Straßennamen umzubenennen, wenn in Zukunft eine CSU-Politikerin dem Park den Namen geben soll. Das zeigt, dass es der CSU in Wahrheit nicht um die Sache geht, sondern um parteipolitisches Kalkül, und das kritisieren wir als GRÜNE JUGEND Regensburg aus Schärfste", macht Nicolas Muje deutlich.

Felicia Telschow, Mitglied des Vorstands der GJ Regensburg, ergänzt: "Die Stadt sollte sich an die Empfehlung des von ihr selbst 2017 in Auftrag gegebenen Gutachtens zur Regensburger Erinnerungskultur halten: Sie sollte schnellstmöglich eine Fachkommission einrichten, die alle Straßennamen überprüft und dann die für unsere städtischen Debatten notwendigen historischen Informationen bereitstellt. Wir von der Grünen Jugend freuen uns auf eine breite kritische Diskussion über die Straßennamen in Regensburg, an der möglichst viele zivilgesellschaftliche Akteure und der Integrationsbeirat beteiligt werden sollten."

Im Anhang finden Sie Bilder, die gerne zur Berichterstattung verwendet werden dürfen.
Ansprechpartner*innen für Rückfragen:
/Nicolas Muje/
nicolas.muje@gj-regensburg.de
0175/3648700

Felicia Telschow
felicia.telschow@gj-regensburg.de

Zitatende
Quelle: Pressemitteilung der GRÜNEN JUGEND Regensburg:
Straßenumbenennung - Jetzt!
Datum:   Fr, 25. Feb. 2022 18:39:39 +0100

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Pressemitteilung - 28. Februar 2022

Wann sollten Straßen umbenannt werden?

Masterarbeit von Nelly Klein: Handlungskonzept zur Überprüfung von Straßennamen

Was soll eine Stadt tun, wenn eine Person, nach der eine Straße benannt wurde, als Akteur*in des Nationalsozialismus enttarnt wird? Oder wenn Orte, die an kolonialistische Bestrebungen Deutschlands erinnern, als Namensgeberinnen eines Platzes oder einer Gasse fungieren? Dies sind Fragen, die in aktuelle gesellschaftliche Debatten um die (Um-)Benennung von Straßen einmünden, und mit denen sich aktuell auch die Stadt Regensburg beschäftigt. Nelly Klein, ehemalige Masterstudentin an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg), hat ein Handlungskonzept zur Überprüfung der Regensburger Straßennamen erarbeitet.

„Erarbeitung eines Handlungskonzepts zur Überprüfung der Regensburger Straßennamen auf koloniale, nationalsozialistische und anderweitig belastende Zusammenhänge“ heißt die Masterarbeit von Nelly Klein, die im Studiengang „Soziale Arbeit – Inklusion und Exklusion“ entstanden und von Prof. Dr. Clarissa Rudolph und Prof. Dr. Philip Anderson an der Fakultät Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften betreut worden ist.

Straßennamen, so hat Nelly Klein herausgearbeitet, haben vor allem zwei Funktionen: sie dienen der Orientierung und dem Gedenken. Letzteres ist als Bestandteil eines kollektiven und kommunikativen Gedächtnisses einer Gesellschaft zu verstehen. Somit könnte man Straßennamen als einen Spiegel der Geschichte betrachten, in dem sich städtisches Erinnern dokumentiert, weshalb eine Umbenennung Stadtgeschichte zerstört oder unsichtbar macht. Allerdings verweist Nelly Klein mit Saskia Handro darauf, dass es dabei um „historisch gewachsene politische Machtstrukturen und Modi der Ausgrenzung und Integration gesellschaftlicher Gruppen aus dem symbolischen Haushalt städtischer Ehrungen“ handelt. So wird deutlich, an wen sich eine Gesellschaft erinnern will, wer zum Kanon wichtiger Persönlichkeiten gehört und wer die Macht hat(te), diesen Kanon zu definieren. „Dass sich dies im Laufe der Zeit verändert, macht den Wandel von Gesellschaft deutlich und zeigt die Möglichkeit auf, sich aktiv mit der globalen, der nationalen und der Stadtgeschichte auseinanderzusetzen“, sagt Prof. Dr. Clarissa Rudolph. Denn es hat sich ein breiter Konsens etabliert, dass öffentliches Gedenken nicht dazu beitragen darf, Personen oder Taten zu ehren, die andere Menschen oder soziale Gruppen diskriminieren oder die die nationalsozialistische Vergangenheit relativieren.

In diesem Kontext sind die kommunalen Überlegungen zu verstehen, sich mit den Straßennamen der Stadt auseinanderzusetzen und ihre Bedeutung kritisch zu reflektieren. Allerdings sind diese Prozesse der Überprüfung von Straßennamen meistens komplizierte und langwierige Prozesse, deren Ergebnis selbst bei belasteten Personen oder Orten nicht zwangsläufig eine Umbenennung sein muss. Auch Möglichkeiten der Kontextualisierung durch eine erklärende Gedenktafel oder durch digital aufgearbeitete Straßenkarten und geschichtliche Einordnungen können einen sinnvollen Umgang mit belasteten Straßennamen darstellen. Wichtig ist, dass ein solch aktiver und diskursiver Prozess, der durchaus länger dauern kann, unter Einbezug sowohl von Expert*innen als auch von Mitgliedern der Zivil- und Stadtgesellschaft stattfindet. Das von Nelly Klein vorgelegte Konzept für einen solchen Prozess in Regensburg geht auf die differenzierte Auseinandersetzung mit den theoretischen Hintergründen und Erfahrungen anderer Kommunen zurück und entwickelt einen konkreten Vorschlag zur Umsetzung. Dabei liegt die Herausforderung darin, ein solches Projekt, wie Geschichte überhaupt, nicht als abgeschlossen zu betrachten, sondern als Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung einer offenen Stadtgesellschaft mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichermaßen: Wer wollen wir sein und wo wollen wir uns verorten?

Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer bezeichnet Nelly Kleins Masterarbeit als „wichtigen Meilenstein“ in der Debatte vor Ort. 900 von 1.300 Straßen in Regensburg müssten noch überprüft werden, 400 Straßennamen wurden bereits als eindeutig unbelastet eingestuft. Letztlich soll eine Expertenkommission Vorschläge erarbeiten, wie mit jedem einzelnen der belasteten Namen am besten zu verfahren ist.

Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich von Schiller gelten als zwei der bedeutendsten Dichter der deutschen Geschichte. Kein Wunder also, dass sie die beiden vordersten Plätze in der Liste der am meisten nach Personen benannten Straßen in Deutschland belegen.

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Quelle: Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg

 

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Aus der Schmoll-Ecke:
Anna, sing mir das Lied vom Tod 

Eine Kolumne von Thomas Schmoll 05.03.2022, 10:04 Uhr

 

Putin und Netrebko nach der Verleihung der Auszeichnung
"Volkskünstlerin Russlands" im Februar 2008.
(Foto: AP)

Plötzlich entdecken alle, dass Künstler wie Netrebko und Ex-Politiker wie Gazprom-Gerd sehr nah am russischen Zaren waren. Was macht man nun mit diesen Leuten? Unser Kolumnist hat eine Idee, die er mit dem Warnhinweis versieht, dass es sich um ein Hirngespinst handelt.

Da ich - die Angabe lässt sich nicht unabhängig überprüfen, aber glauben Sie es mir einfach - ein tadelloser Sehr-Gutmensch bin, mache ich mir natürlich Gedanken, was ich als Normalsterblicher tun kann gegen diesen mörderischen Irrsinn, den der Moskauer Größenwahn in die Welt gebracht hat. Ich bin ratlos. Für meine Wohnung habe ich schon vor Jahren Hausverbot für alle Diktatoren verhängt. In meinen Saustall lasse ich kein Schwein. Mit anderen Worten: Ich bekenne mich zu meiner Ohnmacht.

Ich denke darüber nach, welches Ausmaß an Sarkasmus und Zynismus in Zeiten, in denen vom Roten Stern mehr Gefahr ausgeht als vom Genderstern, gestattet ist. Darf ich Karl Lauterbach als Kriegsverlierer bezeichnen, weil seine TV-Auftritte radikal abgenommen haben und ihn niemand fragt, ob er den Ukrainern in den U-Bahnschächten rät, (Gas-)Masken zu tragen? Nein, das darf ich nicht, das geht zu weit.
 

Politik 01.03.22

Folge aus "Fehleinschätzung" -
Platzeck gibt Vorsitz im Deutsch-Russischen Forum ab

Also worüber schreibe ich dann? Vielleicht über das neue Wir-Gefühl, das nun vor allem die erzeugen wollen, die Zar Wladimir dem Schreckhaften jahrelang die Treue hielten und ihr individuelles Versagen durch Kollektivierung verschwinden lassen möchten. "Wir haben uns alle getäuscht", sagen jetzt alle, die sich gerne täuschen ließen, weil ihnen Geld von Zar Wladimir dem Schreckhaften nicht genug stank.

Auftragsmorde, Opposition plattmachen, Hetze, Krim-Annexion, Wahlbeeinflussung im Westen, Unterstützung von Ländern wie Syrien und Venezuela, Kriege - woher sollten das Borussia Dortmund und die Universität Göttingen wissen, die sich nun von Gazprom-Gerd trennen oder dem Schurken die Ehrendoktorwürde aberkennen wollen? Die "Welt" schrieb im Januar 2021 über die "Fake-Umweltstiftung" von Pipeline-Manu: "Sie macht sich damit zur Helfershelferin russischer Einflussnahme." Das hat die SPD ignoriert, um die Harmonie zwischen Gazprom-Gerd und Pipeline-Manu nicht zu gefährden. Im September war ja Landtagswahl in Meck-Pomm.

"Komplett isoliert"

Aber nun hat sich Pipeline-Manu geschwind zu den Getäuschten gesellt und die SPD von Gazprom-Gerd "komplett isoliert". Ganz schnell geht so was heutzutage. Auch der Oberbürgermeister von München, ebenfalls ein Sozi, hat gerade rechtzeitig gerafft, dass das bei ihm ortsansässige Orchester seit Jahren einen Chefdirigenten beschäftigt, der Homosexuelle doof, die Heimholung der Krim ins Zarenreich im Jahre 2013 prima findet und 2016 ein Konzert vor den antiken Ruinen im syrischen Palmyra gab. Eine bizarre Veranstaltung, die Zar Wladimir der Schreckhafte - aus Sicherheitsgründen nur per Video zugeschaltet - als "wunderbare humanitäre Aktion" bezeichnete. Der Mann hat ein Bild von Humanismus, das ins 19. Jahrhundert passt.

Unterhaltung 01.03.22

"Klares Signal für Orchester" - München entlässt russischen Chefdirigenten

Aber da die Münchner Philharmoniker derlei Positionierungen bisher als "Privatmeinung" bezeichneten, hat das der Oberbürgermeister erst jetzt mitbekommen. Der Dirigent ist Valery Gergiev, tatsächlich ein begnadeter Musiker. Ezra Pound war allerdings ebenfalls ein genialer Künstler. Na gut, der ist schon tot. Das Fass will ich nicht aufmachen. Anna Netrebko lebt noch. Nur singt sie gerade nicht, jedenfalls nicht öffentlich. Die gute Mamutschka hat "nach reiflicher Überlegung" entschieden, sich "bis auf Weiteres aus dem Konzertleben zurückzuziehen".

Vorher hat sie noch fix erklärt, dass es ganz böse ist, "irgendeine öffentliche Person" - sie meinte Gergiev - "zu zwingen, ihre politischen Ansichten öffentlich zu machen und ihr Vaterland zu beschimpfen". Aus "Das wird man doch noch sagen dürfen" wird nun "Das wird man doch nicht mehr sagen müssen". Sich selbst erklärte Netrebko zur "unpolitischen Person". Deshalb hat sie auch vergangenes Jahr ihren 50. Geburtstag ganz unpolitisch im Kreml gefeiert und vor ein paar Jahren an der Seite eines Donezker Separatistenführers die "neurussische" Fahne gewedelt - ganz unpolitisch, versteht sich.


Gergiev dirigiert, Netrebko singt

Unterhaltung 04.03.22

Opernsängerin non grata - Auch New Yorker Met wirft Netrebko raus

Was können Gergiev und Netrebko nun tun? Ich habe eine Idee, die ich mit dem Warnhinweis versehe, dass es sich um ein Hirngespinst handelt. Nach dem russischen Pyrrhussieg im zweiten großen Vaterländischen Krieg gegen das Brudervolk der Ukraine findet eine Gala auf dem Maidan in Kiew statt, deren Ablauf ich hier gerne skizziere. Zar Wladimir der Schreckhafte wird per Video zugeschaltet - wegen Attentats- und Corona-Gefahr ist er nicht vor Ort. Er sitzt an einem Tisch, der von Kiew nach Moskau reicht. Organisiert hat das Ganze der Semperopernball in Dresden, der sich auf Russland spezialisiert hat.

Zunächst liest Gérard Depardieu aus "Spezialoperation und Frieden" von Leo Tolstoi vor. Dann folgt ein Wettbewerb über die schönste Fantasieuniform des Abends, den El Presidente aus Venezuela knapp vor Baschar al-Assad gewinnt. Der belarussische Despot ärgert sich, nur Bronze errungen zu haben. Gazprom-Gerd, Ehrengast aus Deutschland, schmunzelt. Pipeline-Manu war eingeladen, hat aber "aus Protest" abgesagt, was die SPD gut findet. Es war erwogen worden, Wagners "Götterdämmerung" zu spielen. Doch als der Zensor die Zeile "Fort, treuloser Bruder, du Mörder" im Text der Oper liest, wird die Idee als unpassend verworfen.

Ein verkappter Gegner von Zar Wladimir dem Schreckhaften hat sich einen Scherz erlaubt und klandestin ein staatsfernes Werk ins Programm geschmuggelt: Schostakowitschs "Die Nase". Gergiev dirigiert, Netrebko singt - und zwar alle Rollen. Schostakowitsch, einst Opfer des Stalinismus, was aber übersehen wurde, hat die Oper nach Gogols gleichnamiger Erzählung komponiert. Sie ist ein Mix aus Komödie und Trauerspiel. Ein braver Beamter verliert eines Tages seine Nase, die sich daraufhin im höheren Dienst von St. Petersburg selbstständig und sozusagen Karriere macht. Der Nasenlose muss lernen, wie schwierig es ist, ein anständiger Mensch zu bleiben, wenn man anders ist als die anderen.

Gemeint ist: Wer hat die Nase vorn, wobei es besser lauten müsste: Wer hat den Längsten? Zar Wladimir der Schreckhafte fasst sich an die Nase und schaut besorgt nach unten, ob er mithalten kann. Er ist froh, weit weg vom Geschehen zu sitzen. Er denkt: Anna, sing mir das Lied vom Tod. Doch dann versteht der Herrscher die Botschaft der Oper. Ihm bleibt das Lachen im Halse stecken. Der Potentat erstickt daran und fällt tot vom Stuhl, ein letztes Mal seinen Lieblingstisch berührend. Gergiev und Netrebko verbeugen sich. Gazprom-Gerd findet es lustig und klatscht als Einziger.
Der Vorhang fällt.
Die Ukrainer feiern.

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Quelle: https://www.n-tv.de/leben/Anna-sing-mir-das-Lied-vom-Tod-article23173370.html

 

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Ist Schweigen ein Kündigungsgrund?
 

 

 

 

Deutschlandfunk Kultur
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Rauswurf wegen Nähe zu Putin

07:59 Minuten
 

Öffentlich demonstrierte Nähe:
Am 1. Mai 2013 würdigte Wladimir Putin den Dirigenten Valery Gergiev als „Helden der Arbeit“.
2014 befürwortete Gergiev die Annexion der Krim. © imago / ITAR-TASS


Rolf Bolwin im Gespräch mit Vladimir Balzer · 07. März 2022, 23:20 Uhr

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München kündigt dem Dirigenten Valery Gergiev, die New Yorker Met sagt Anna Netrebko ab. Arbeitsrechtlich sei das fragwürdig, so der Jurist Rolf Bolwin. Denn Putin-Freund Gergiev schwieg zum Ukraine-Krieg, Netrebko habe sich vorsichtig distanziert.

Deutschlandfunk Kultur
Fazit
Sprecher
… (…) aber es gibt doch Künstler auch im Ausland, die sich nicht mit dem Putin-System anlegen wollen oder können, und die Reaktion darauf ist oft auch eine Kündigung oder Absage wegen des Vorwurfs der Nähe zum Putin-System.
Der Dirigent Valery Gergiev zum Beispiel in München, ein besonders prominentes Beispiel oder die Sängerin Anna Netrebko - die prominentesten Fälle - kürzlich auch der Chefdirigent des Bolschoi-Theaters, der dort von seinem Posten zurückgetreten ist, weil er im Westen wiederum zu einem konkreten Bekenntnis gegen Putins Krieg aufgefordert wurde, dem er nicht nachkam.

Die Liste ließe sich fortsetzen: Ausladungen, Kündigungen, Ende von Projekten, aber das Ganze auf welcher arbeitsrechtlichen Grundlage eigentlich?
Wollte ich genau wissen von Rolf Bolwin, er ist Jurist und war 25 Jahre geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins –
„Guten Abend“ –

Bolwin: „Guten Abend“

Sprecher: Gibt das Vertragsrecht es eigentlich her, einem Künstler aus politischen Gründen und mögen sie noch so nachvollziehbar sein, zu kündigen?

Bolwin: Die Verträge, die abgeschlossen werden, sind ja sehr unterschiedlich, aber welcher Vertrag auch immer es ist, man stellt bei genauem Hinsehen fest, man muss sich mit einer Kündigung aus den Verträgen lösen, und wenn das aus politischen Gründen für notwendig gehalten wird, dann braucht man einen Kündigungsgrund und die Frage stellt sich immer wieder, liegt ein solcher Kündigungsgrund tatsächlich vor, wenn persönliche Meinungen, politische Meinungen auch öffentlich geäußert werden, die mit den Zielen des Betriebes, bei dem man beschäftigt ist, nicht in Einklang zu bringen sind - und um diese Frage geht es hier.

Sprecher: Aber wie kann man das konkretisieren? Das sind ja oft auch so Graubereiche, wo man das vielleicht schwierig formulieren kann. Also man könnte bei Valery Gergiev zum Beispiel sagen, dem ja nun entlassenen Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker, er hatte eine doch relativ starke Nähe zum Putin-System, wurde von ihm persönlich gefördert, ist auch ein Vertreter, sag ich mal, der russischen Kulturnomenklatura, wenn man so will, da am Mariinski-Theater in Sankt Petersburg. Anna Netrebko wiederum aber ist eine Sängerin, die international tätig ist, seit Langem schon nicht mehr in Russland lebt, auf eigene Rechnung unterwegs ist, also wo setzt man da die Grenze? Wann ist jemand ein Repräsentant des Putin-Regimes?

Bolwin: Also ich glaube, man kann bei diesen Künstlern grundsätzlich nicht sagen, dass sie Repräsentanten des Putin-Regimes sind. Sondern sie haben ihre Nähe zu Putin in unterschiedlichem Zusammenhang geäußert, als man Gergiev engagiert hat, war das ja auch bekannt. Jetzt haben wir eine andere Situation. Putin hat diesen menschenverachtenden Krieg vom Zaun gebrochen und jetzt taucht die Frage auf: Wie stellen sich Künstler zu diesem Vorgang und zu Putin? In den konkreten Fällen allerdings gibt es ja, was Gergiev angeht, nur ein Schweigen, was von Netrebko angeht, eine - sagen wir vorsichtige Distanzierung von Putin und diesem Krieg - und daraus bereits einen Kündigungsgrund herzuleiten, ist doch relativ - sagen wir - mutig oder auch schneidig, denn beide Personen, aber auch viele andere, um die es geht, haben sich nicht in dieser Situation konkret zu Putin bekannt oder gar diesen Krieg ausdrücklich unterstützt. Das hat es ja gar nicht gegeben, dann könnte man darüber sprechen, ob das in bestimmten Zusammenhängen ein Kündigungsgrund sein kann, aber genau diese Fälle liegen ja gar nicht vor und insofern ist es sehr schwierig, hier zu solchen konsequenten Entscheidungen zu kommen und Kündigungen auszusprechen von Verträgen, die teilweise schon lange existieren.

Sprecher: Also das reine Schweigen zu diesem Krieg ist für sie kein Kündigungsgrund?

Bolwin: Also da kann man allenfalls darüber nachdenken, wenn man so eine exponierte Person ist, wie es Gergiev ist, der ja nun wirklich im Zentrum der Öffentlichkeit steht, generell liegt in dem Schweigen zu diesem Krieg mit Sicherheit kein Kündigungsgrund, aber der Kulturbetrieb ist natürlich ein Betrieb, der für Aufklärung, Verständigung, Vermittlung kultureller Werte sowie Menschenrechte, Demokratie und ähnliche Ideale steht, und wenn ich mich dann im Sinne dieses Krieges also für Putin äußern würde, dann würde ich natürlich diametral gegen diese Ausrichtung des Betriebes verstoßen, aber noch einmal, das hat ja hier gar nicht stattgefunden, sondern man hat geschwiegen oder sich zurückhaltend von diesem Krieg distanziert. Also diese extreme Konfrontation zwischen diesen Idealen eines Kulturbetriebes auf der einen Seite und dieser Einstellung der Personen auf der anderen Seite hat es ja bisher gar nicht gegeben.

Sprecher: Man könnte natürlich ganz allgemein argumentieren, dass ja, wenn jemand wie Gergiev, dem eine gewisse Putin-Nähe nachgesagt wird, sich gar nicht äußert, dass das auch Unruhe reinbringt in ein Orchester zum Beispiel, dass das vielleicht das Publikum spaltet, dass das, wenn man so will, auch den Orchester-Frieden stört, könnte das ein Grund sein?
Bolwin: Ja das kann ein Grund sein. Das Bundesarbeitsgericht hat gesagt, wenn persönliche Meinungen in den Betrieb hineingetragen werden und dann der Betriebsfrieden gestört wird, kann das ein Kündigungsgrund sein, aber bisher ist darüber zumindest nach außen hin nichts bekannt geworden. Es gab keine Orchestermusiker oder gar das Orchester zum Beispiel in München, das sich in diese Richtung eindeutig artikuliert hat.

Sprecher: Und die Frage, wie steht es um das Publikum?

Bolwin: Selbstverständlich muss man sich als politisch Verantwortlicher oder auch als künstlerisch Verantwortlicher für einen großen Betrieb mit der Frage auseinandersetzen: kann der Auftritt eines Künstlers zu Auseinandersetzungen mit dem Publikum führen, aber dann kommt man vielleicht zu der Erkenntnis, dass man das ein oder andere Mal jetzt vorläufig einen Künstler nicht auftreten lässt, selbst wenn man das ernsthaft befürchten muss, aber man kann doch nicht gleich sagen, wir trennen uns komplett von diesem Künstler und zwar - wenn man so will - mit einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung. Das ist dann noch einmal ein Unterschied zu der Entscheidung, wir lassen jemanden eine Zeitlang nicht auftreten.

Sprecher: Das heißt, es könnte durchaus zu unangenehmen juristischen Folgen kommen, zum Beispiel für die Münchner Philharmoniker, aber auch für andere Kulturbetriebe in Deutschland.

Bolwin: Wenn man das konkret beantworten will, muss man den Vertrag von Herrn Gergiev anschauen, den habe ich nie in der Hand gehabt, ich kann also nicht beurteilen, was da drinsteht. Ich kann nur generell sagen, bei einer Auflösung eines Vertrages im vorliegenden Zusammenhang muss man vorsichtig sein und sich genau überlegen, wie weit man gehen möchte und vor allem auch sich überlegen, inwieweit tatsächlich persönliche Meinungen von Künstlern - diese Fragen stellen sich auch in anderem Zusammenhang - ein Grund dafür sein können, Verträge zu kündigen, die man bereits abgeschlossen hat, wir reden nicht über die Frage, kann ich einen Künstler engagieren, mit dem ich noch gar keinen Vertrag habe, da bin ich völlig frei und kann mich zu allem und nichts entscheiden, ob das politisch dann richtig oder falsch und verständlich oder nicht verständlich ist, ist wiederum eine andere Frage, aber wenn ein Vertrag da ist, muss ich mich von diesem Vertrag durch eine Kündigung lösen und da werde ich in der Regel einen Kündigungsgrund brauchen und da ist eben die Frage, reicht eine persönliche Meinung, die nicht geäußert worden ist, dazu aus, eine solche Kündigung auszusprechen.

Sprecher: Es gibt ja diesen Begriff von der Sonderkündigung. Das ist, glaub ich, auch im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt, aber das ist wahrscheinlich auch nicht genau genug für diese Fälle, von denen wir reden, oder?

Bolwin: Nein das ist die außerordentliche Kündigung, die in der Tat im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist, und die stellt ja noch höhere Anforderungen als die sogenannte ordentliche Kündigung, die bei Vertragsverhältnissen in unterschiedlichem Zusammenhang stattfinden kann, aber in bestimmten Fällen auch einer Begründung bedarf. Da ist der Unterschied zu einer außerordentlichen Kündigung nicht sehr groß, wenn ich aber über eine außerordentliche Kündigung rede, dann brauche ich erst recht einen sogenannten ‘wichtigen Grund‘ und da taucht schon die Frage auf, wann liegt der in einem solchen Zusammenhang vor.

Sprecher: Das sagt Rolf Bolwin, Jurist und jahrelang geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins über die Frage, inwieweit man Künstlerinnen und Künstlern, denen eine Nähe zum Putin-Regime nachgesagt wird, nur weil sie sich nicht äußern, kündigen kann. Ich danke ihnen sehr für das Gespräch.

Bolwin: Dankeschön!

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Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/kuendigung-wegen-putin-naehe-ueber-die-grenzen-des-arbeitsrechts-dlf-kultur-08836b5f-100.html
 

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MITTELBAYERISCHE - Regensburg Stadt | Regensburg | 26.02.2022 - Seite 26

Gut 100 Kandidaten für den Posten am Pult

Nachfolge: Chin-Chao Lin verlässt das Theater im Sommer.
Der neue Generalmusikdirektor soll noch im Herbst starten – im Idealfall.

Von Marianne Sperb

Das Theater Regensburg braucht einen neuen Generalmusikdirektor. Die Chancen, den Posten noch zum Start der neuen Saison besetzen zu können, stehen gar nicht mal so schlecht. Mehr als 100 Herren und Damen haben sich beworben.
Die Nachricht vom Abschied von Chin-Chao Lin war ein Paukenschlag. Überraschend kündigte der Generalmusikdirektor, der im Haus, vom Publikum und bei Rezensenten geschätzt wird, Ende 2021 seinen Wechsel an. Er verlässt das Haus im Sommer 2022. Intendant Klaus Kusenberg bedauerte den Schritt: Er sei Chin-Chao Lin für herausragenden Einsatz und gute Zusammenarbeit „sehr dankbar“. Sebastian Ritschel, designierter Intendant in Regensburg, nannte damals als Ziel, schon für die Saison im Herbst 2022 einen Nachfolger, eine Nachfolgerin präsentieren zu können.

„Das Bewerbungsverfahren läuft“, hieß es damals. Tatsächlich war es nur Tage zuvor gestartet. In so kurzer Zeit noch einen adäquaten Chef-Dirigenten finden zu können, hielten Beobachter für äußerst fraglich. Inzwischen ist klar: Die Auswahl ist groß.
„Wir sind erfreut über die Zahl an Bewerbungen“, sagte Matthias Schloderer am Freitag. Der Finanzchef des Theaters führt das auf mehrere Faktoren zurück: Der Aufbruch, den das Haus mit neuem Intendanten und neuem Team erleben wird, reize offenbar, außerdem sei das Theater bekannt als Bühne, die nicht einfach das erwartbare Repertoire abspult, sondern mit Uraufführungen und Auftragswerken einen Anspruch zeigt, der an einem regionalen Theater ungewöhnlich ist.
Ende Dezember lief die Frist für den Posten am Pult aus. Mehr als 100 Kandidaten hatten da ihren Hut in den Ring geworfen, „überwiegend Männer, aber auch einige Frauen“, hieß es. Schloderer und Ritschel betonen in einem gemeinsamen Statement: „Toll wäre es, wenn wir den neuen GMD zur neuen Saison dem Regensburger Publikum vorstellen könnten.“ Aber der Auswahlprozess werde „sehr aufwendig und gründlich durchgeführt“. Deshalb könne das Verfahren einen deutlich längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Ins Auswahlverfahren wird, wie es üblich ist, auch das Orchester eingebunden. Sebastian Ritschel will voraussichtlich im Mai sein Programm für seine erste Spielzeit präsentieren und sein neues Leitungsteam vorstellen.

Gut 100 Bewerber:
Ist das nun viel oder wenig?

Die Einschätzung schwankt.
Regensburger Beobachter halten die Nachfrage für bemerkenswert stark und führen das auch auf die schwierige Situation für Dirigenten zurück.
„Es ist viel Elend unterwegs“, sagt ein Experte.
Nach der pandemiebedingten Durststrecke drängten viele Musiker in eine Festanstellung. Und: Es gebe ganz generell ein Überangebot an Dirigenten. Der Deutsche Bühnenverein, die Dachorganisation der öffentlichen und privaten Träger der deutschen Theater und Orchester mit Sitz in Köln, sieht die Sache anders. „Gut 100 Bewerber für diesen Posten, das ist keinesfalls eine Zahl, die außergewöhnlich hoch wäre“, so ein Sprecher. Die Nachfrage hänge allerdings ab von den Modalitäten der Ausschreibung. Und ein großer Teil der Kandidaten werde schon früh ausgesiebt, weil er nicht in Frage kommt.
Wir sind erfreut über die Zahl an Bewerbungen.“
Matthias Schloderer
Finanzchef des Theaters

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Quelle:
MITTELBAYERISCHE
Regensburg Stadt | Regensburg | 26.02.2022 - Seite 26

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Screenshot: br.de - Bildrechte: Anastasia Maslakova/Theater Meiningen

04.05.2022, 23:58 Uhr

"Freiheit ist ansteckend":
"Fidelio" aus Kiew kommt nach Coburg

Die Anreise war abenteuerlich, die männlichen Mitwirkenden müssen den Militärdienst fürchten: Beethovens Revolutions- und Freiheitsoper kam in der Ukraine wenige Tage vor Kriegsbeginn heraus und tourt jetzt durch Deutschland - mit Stalin im Gepäck.

04.05.2022, 23:58 Uhr

Von Peter Jungblut

Alles andere als einfach, derzeit ein Bühnenbild von Kiew nach Deutschland zu bringen. Erstens gibt es Krieg, zweitens scharf bewachte Grenzen, und drittens verlangen alle Fahrer Vorkasse. Ob sie dann tatsächlich ihr Ziel ansteuern oder nicht doch irgendwo anders landen, wer weiß es. In diesem Fall ging es gut aus. Die Ausstattung für Beethovens "Fidelio" kam im thüringischen Meiningen an. Der Trick dabei: Der Fahrer bekam seine Sofortüberweisung erst, als er sich unterwegs in Ungarn vor einem markanten Gebäude fotografierte. Der Kiewer Theatermacher und Sänger Andrei Maslakov (46), der viele Jahre in Augsburg studiert hat, gegenüber dem BR: "Da haben wir ein bisschen gekämpft, unter den Bomben. Das Bühnenbild fuhr erst mal von Kiew an die rumänische Grenze bei Czernowitz und von dort 1.500 Kilometer nach Meiningen."

"Das ist schon was Gutes"

Übrigens passte die gesamte Kulisse in einen "mittleren" Transporter, jeder Zentimeter wurde genutzt. Die Idee, sperrige Teile auf dem Dach durch Wind und Wetter zu transportieren, wurde nach etwas Nachdenken wieder fallen gelassen. Ein einziges Mal wurde der "Fidelio" aus Kiew jetzt am Theater in Meiningen aufgeführt, in Coburg, dessen Landestheater spontan den Chor stellte, soll es voraussichtlich am 8. und 9. Juni weitere Vorstellungen geben, auch in Heidelberg und im westfälischen Siegen. Für die Künstler ist das eine Art Psychotherapie, so Andrei Maslakov, denn sonst hätten sie nichts als den Krieg: "Dadurch, dass wir hier die Möglichkeit haben, unsere Kunst zu präsentieren, gelingt es mir als Regisseur und Organisator für die ganze Geschichte, unsere Sänger für zwei Wochen abzulenken, acht Stunden am Tag, das ist schon was Gutes."

Klar, die Proben haben hinten und vorne nicht gereicht, zumal die Sänger in wenigen Tagen deutsche Sprechdialoge lernen mussten, was sie achtbar bewältigten. Im Nachhinein hatten die Beteiligten allerdings das Gefühl, dass es wohl besser gewesen wäre, die Texte auf Ukrainisch spielen zu lassen, mit deutschen Übertiteln, als eindrückliches Sinnbild des Freiheitskampfs.

Andrei Maslakov (links) und Jens Neundorff von Enzberg

Bildrechte: Jungblut/BR

Einige Tage die Illusion von Normalität, denn alle Mitwirkenden haben natürlich in der Ukraine Verwandte, Freunde, Menschen, an die sie permanent denken, um die sie fürchten. Jens Neundorff von Enzberg (56), Intendant in Meiningen und früher Chef des Regensburger Theaters ist überzeugt: Solche Gastspiele sind wichtig, um Zeichen zu setzen - über reine Symbolik hinaus: "Es geht natürlich um unsere demokratischen und kulturellen Werte. Diese Sichtbarmachung ist ja in dieser Oper beabsichtigt. Der Beethoven hat diese Revolutionsoper am Beginn des 19. Jahrhunderts geschrieben, die einzige, die er in seinem ganzen Leben zu Papier gebracht. Das zeugt von einem demokratischen Verständnis und einem hohen kulturellen Wert, und wenn das alles nicht mehr sichtbar gemacht werden kann, ist das natürlich in Gefahr."

"Krieg hat mich gelehrt, keine Pläne zu machen"

Der Krieg verändert alles: Das Leben, die Arbeit, die Wahrnehmung von Zeit - was wichtig war, wird bedeutungslos, und umgekehrt, gerade auch für Zivilisten. Andrei Maslakov ist im Hauptberuf Bariton am Nationaltheater von Kiew, singt dort in Gounods "Faust", Donizettis "Liebestrank" und Puccinis "La Bohème" und leitet sein eigenes, kleineres Opernhaus nebenbei: "Ja, die Theater sind geschlossen, auf ungewisse Zeit. Die Nationaloper, wo ich Solo-Mitglied bin, hofft, dass sie im Mai einen 'Barbier von Sevilla' aufführen kann. Schauen wir mal, wie dann die Situation ist. Die Lage ist ernst, das wissen wir ja, von heute auf morgen kann alles ganz anders sein. Der Krieg hat mich gelehrt, keine Pläne mehr zu machen. Der Krieg hat mich auch gelehrt, dass ich mich auf das konzentriere, was ich hier und heute erledigen kann, die nächsten Stunden werden dann zeigen, was danach geht."
 

Sehnsucht nach Freiheit

Bildrechte: Anastasia Maslakova/Theater Meiningen

Männer zwischen 18 und 60 dürfen die Ukraine ja eigentlich nicht verlassen, es musste eine Sondererlaubnis des ukrainischen Botschafters in Deutschland her, und selbst die reichte zunächst nicht. Was geschieht, wenn die Künstler zurück in die Heimat fahren, ist völlig unvorhersehbar, was Maslakov sichtlich mitnimmt: "Wissen wir noch nicht. Natürlich besteht immer die Möglichkeit, dass wir zum Militär müssen, wenn wir zurück sind, je nach Situation und wie viele Leute gebraucht werden."

Sonderlich zuversichtlich ist der Opernmacher derzeit nicht, woher sollte der Optimismus auch kommen: "Mein Realismus basiert auf dem, was ich gerade in diesem Moment sehe, wo wir jetzt gerade diesen Zustand haben, und da sehe ich kurzfristig keinen Ausgang. Natürlich wollen wir Frieden, der Krieg muss stoppen, sofort."

Zu Stalins Geburtstag gibt´s Erschießungen

Die Vorstellung zeigte übrigens, wie weit westliche und östliche Regiekonzepte auseinander liegen, hier oft experimentelle Sichtweisen, dort sehr realistisches Musiktheater mit einer klaren Botschaft. So spielte dieser "Fidelio" in einem KGB-Gefängnis, in dem gerade Stalins Geburtstag "gefeiert" wird, wie anders als mit Erschießungen. "Freiheit ist ansteckend", heißt es auf einem Transparent an der Bühnenrampe.

Vor dem Krieg gab es viel zu wenig Austausch zwischen Ost und West, was die Theatersprachen betrifft, legt dieser Abend nahe. Außer reisenden Balletttruppen mit "Schwanensee" und "Nussknacker" kamen ja kaum Künstler aus Osteuropa in deutsche Städte. Als die Deutsche Oper Berlin vor vielen Jahren mal Gastspiele - wohlgemerkt keine Koproduktionen - des Bolschoi-Theaters auf den Spielplan setzte, war das ein viel besprochenes Großereignis.

Jens Neundorff von Enzberg zum BR:

"Ich finde, das ist ein - leider notgedrungen - guter Weg, auch mal wieder einen kulturellen Austausch zu pflegen. Dieser Realismus wirft in Deutschland sicherlich Fragen auf. Aber unsere, um viele Ecken gedachten Interpretationen, lassen sich auch hinterfragen. Vielleicht findet man dadurch ja wieder einen positiven Realismus, um sich mit diesen Werken auseinanderzusetzen."
Zitatende

Quelle: https://www.br.de/nachrichten/kultur/freiheit-ist-ansteckend-fidelio-aus-kiew-kommt-nach-coburg,T4u3Xk1

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Blutsauger –
Ersan Mondtag inszeniert Oper „Der Vampyr“ in Hannover

06:17 Minuten

 

Friedrich, Uwe · 25. März 2022, 23:36 Uhr

Deutschlandfunk
Kultur heute
DLF:
Hört man allein den Titel der Oper, mit der wir jetzt anfangen, ‘Der Vampyr‘ von Heinrich Marschner, könnte man ja vielleicht an moderne Kompositionen frühes 20. Jahrhundert denken, hört man allein die Ouvertüre, ist man in die Zeit des jungen Mendelssohn versetzt, in die 1820er Jahre.
[Einspielung Musikstück]

Klangvoll die Ouvertüre von Heinrich Marschners ‘Vampyr‘ von 1826, aufgeführt in Hannover, inszeniert von Regiestar Ersan Mondtag, gesehen und jetzt im Kritikergespräch mit Uwe Friedrich. Uwe Friedrich: Was ist das bitteschön, die Neuinszenierung eines romantischen Stoffes?

Uwe Friedrich: Eines schauerromantischen Stoffes, wenn man es genau nimmt. Lord Ruthwen ist nämlich dieser Vampyr. Der muss innerhalb von 24 Stunden drei neue weibliche Opfer finden, die er eben in altbekannter Weise zu Tode beißen muss, um weiterleben zu dürfen. Das erinnert schon so ein bisschen an ‘Freischütz‘ und wir sind in der Tat in der Zeit zwischen Weber und Wagner, auch musikalisch. Er trifft also drei Frauen, zwei davon kriegt er rum und tötet sie.
An der Dritten beißt er sich die Zähne aus und dann kommt noch dazu, dass der Tenor-Liebhaber der Dritten weiß, dass er Vampir ist, er könnte das verraten, aber er ist durch einen Schwur gebunden. Also alles sehr romantisch, sehr wild, sehr
schauerlich.

DLF: Sagen Sie mal, dieser Herr Marschner war ja auch Hofkapellmeister in Hannover. Hat Ersan Mondtag das ausgenutzt?

Uwe Friedrich: Das hat er! Im ersten Teil sehen wir die zerstörte Synagoge, alte Synagoge von Hannover, die 1938 zerstört wurde. Da leben diese Untoten, die Gespenster, die uns Deutsche, ich interpretiere das jetzt erstmal wohlwollend, die uns Deutsche verfolgen und uns Albträume bereiten. Im zweiten Teil spielt es dann vor dieser Schlossattrappe, die man sich in Braunschweig hingebaut hat als Einkaufszentrum, da merkt man schon, auch so eine gesellschaftspolitische und antikapitalistische Stoßrichtung, die sind auch alle in so Öl-Kleidung, offensichtlich aus Öl gefertigte Kleidung, in den Kostümen von Josa Marx gekleidet, also auch da ganz direkte heutige Bezüge.
Das Problem damit ist, vor allen Dingen mein Problem, mit diesem Bild der zerstörten Synagoge, dass auf dieses Gebäude referiert wird als die Vampirhöhle, und dorthin zieht er sich auch zurück. Gemeint ist, dass der Vampir zu etwas anderem gemacht wird, ausgegrenzt wird, zum Sündenbock gemacht wird und das eben auf die entsprechende gesellschaftliche Behandlung der jüdischen Gemeinden abzielt.
Ich finde das wirklich schwierig, denn das antisemitische Klischee vom kinderbluttrinkenden Juden ist natürlich ganz was anderes, als diese sexuelle Chiffre des Vampirs, erstens und zweitens, na, was hätte diese Gesellschaft denn machen sollen, er bringt ja wirklich Frauen um. Es ist ja keine falsche Beschuldigung, also ist er selbstverständlich das Andere, was von der Gesellschaft bekämpft wird.

DLF: Ja, Frauenopfer in der deutschen romantischen Oper sehr beliebt, bei Wagner geht es nicht ohne, also starke lokale Bezüge in dieser Oper ‘Der Vampyr‘ von Marschner.
Gesungen wird aber auch noch?

Uwe Friedrich: Natürlich wird gesungen und zwar von ziemlich vielen. Es gibt auch viele Dialoge, die werden bearbeitet, zum Teil gestrichen.
Lord Byron tritt auf. Benny Claessens, der Schauspieler, ganz großartig, witzig, schlagfertig.
Malwina, an der Ruthwen dann letzten Endes scheitert. Das ist Mercedes Arcuri und wir hören sie.
[Einspielung Sopranstimme]

DLF: Die ist so fröhlich und frühlingshaft, die weiß noch nicht, was ihr geschieht oder?

Uwe Friedrich: Absolut, noch gar nichts zu diesem Zeitpunkt und man hört sehr schön, dass das sehr nahe ist, sagen wir an einer ‘Freischütz-Agathe‘, zum Beispiel, und auch die restliche Partitur ist fast wie eine Blaupause des ‘Fliegenden Holländers‘. Da ist der Hannoveraner Generalmusikdirektor Stefan Zilias wirklich nicht genug zu loben, dass er diese Zwischenposition hörbar macht, ohne es zu einem Proto-Wagner aufzudonnern.
Da gibt es dann also ein Terzett, das ist wie dieses Schluss-Terzett im ‘Fliegenden Holländer‘.
Lord Ruthwen, Michael Kupfer-Radetzky, ist ein bisschen polterig in dieser Aufführung, nicht besonders viel erotischer Charme, der hat auch eine Bekenntnisarie zu singen wie der ‘Fliegende Holländer‘.
Total spannend, musikgeschichtlich, auch in der Handlung.
Ich würde mir wünschen, dass es mal einen Regisseur gibt, der das ernst nimmt, der nicht meint, er muss das retten durch eine Aktualisierung wie jetzt Ersan Mondtag.

DLF: Sagt Uwe Friedrich, er sah in Hannover Heinrich Marschners ‘Vampyr‘, die romantische, die schauerromantische Oper. Danke für diese Auskünfte.

Zitatende
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/blutsauger-ersan-mondtag-mit-marschners-oper-der-vampyr-in-hannover-dlf-8745883c-100.html

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‘Die Gamer‘


„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“
Friedrich Schiller in ‘Über die ästhetische Erziehung des Menschen‘

 

„Im Bereich Games ist Deutschland ein Importland“

Ein Gespräch auch darüber, was die Computerspiel-Branche mit Architektur, Bildhauerei, Musik und Literatur zu tun hat.
Das Spiel ist so alt wie die Menschheit. Gerade im Spiel sammeln wir Wissen, machen (Grenz-)Erfahrungen, können uns ausprobieren und frei entfalten. Kinder lernen vor allem über das freie und angeleitete Spiel, sich und ihre Umwelt wahrzunehmen, soziale Interaktionen zu suchen und einzugehen sowie mit positiven und vermeintlich negativen Erfahrungen umzugehen. Für viele Erwachsene scheint das Spielen rein für die Kindheitszeit bestimmt zu sein, leider vergessen wir viel zu häufig, dass die im Spiel erlernten Kompetenzen unseren Lebensweg von Anfang an erleichtern und dass dies natürlich – im Zeichen von lebenslangem Lernen – auch für die Erwachsenenwelt zutreffen kann und sollte. Seit über 15 Jahren rücken Computerspiele als ernstzunehmender Forschungsgegenstand in den Fokus medien-, kulturwissenschaftlicher und informatischer Forschung. Computer- und Videospiele sind das Leitmedium der Digitalgesellschaft. Sie sind Kulturgut, sie sind Innovationstreiber. Und der Game-Markt wächst schneller als jeder andere Medienmarkt. Marktforscher sind sich einig: Der Markt hat seinen Höhepunkt noch lange nicht erreicht. Noch sehr viel mehr Wissenswertes zum Thema haben uns die Brüder Florian und Korbinian Fischer vom Verein GameDev Regensburg in einem Interview verraten.

 

Wie nennt ihr euch selbst? Spieleentwickler?

Florian: Ja. Oftmals verwenden wir auch den Ausdruck GameDev. Das ist die abgekürzte englische Version. Developer, also.

 

Außenstehende assoziieren mit „Games“ oft Ballerspiele wie „Counterstrike“, „Call of Duty“ und das legendäre „Moorhuhn“. Habt ihr mit Vorurteilen zu kämpfen?

Florian: Das ist tatsächlich sehr unterschiedlich. Bedauerlicherweise haben manche noch immer Vorbehalte gegenüber digitalen Spielen. Doch die Akzeptanz ist in den letzten Jahren gestiegen. Die WHO hat während der Corona-Pandemie auch aktiv dazu aufgerufen, in der Isolation auf digitale Spiele zurückzugreifen. Games sind so viel mehr als nur „Ballerspiele“. Genauso gut könnte man das Feuer verteufeln – es mag ganze Gebäude niederbrennen, dennoch brauchen wir es, um uns zu wärmen und um darauf unsere Nahrung zuzubereiten. Ein Werkzeug ist weder gut noch böse, wer es nutzt entscheidet, wie er damit umgeht und was er damit tut.

 

Computerspiele sind Alltag – seit Jahren sind sie eine der wichtigsten Freizeitbeschäftigungen sowie Hobby und somit ganz klar Lebenswelt von Heranwachsenden. Hat die Gaming-Branche eine Lobby? Gegen welche Widerstände kämpft ihr?

Florian: Wir sind bei weitem nicht so präsent wie die Automobilindustrie, aber auch die Spielebranche hat eine Lobby. Hier in Regensburg haben wir erst jüngst den GameDev Regensburg e.V. gegründet. Auf Landesebene gibt es den Games Bavaria Munich e.V. und auf Bundesebene den GAME – Bundesverband der deutschen Games-Branche e.V. Außerdem verstehen wir uns als Teil der Kunst- und Kreativschaffenden, weshalb auch der Bayerische Landesverband der Kultur- und Kreativwirtschaft für uns eintritt. Ja leider gibt es besonders in den älteren Generationen und damit auch unter den Politikern durchaus noch Vorbehalte gegenüber Games. Zwar wurden mittlerweile staatliche Förderprogramme aufgelegt, doch diese sind noch mit sehr hohen bürokratischen Aufwänden verbunden. Das vorrangige Ziel unserer Lobby-Arbeit ist daher, mehr Wertschätzung für Games zu schaffen. Spiele haben enormes Potential, Menschen zu bilden, sie zusammenzubringen, ihnen Unterhaltung und Entspannung zu bieten, aber auch, sie zu Bewegung zu animieren, etwas für die Fitness und die Gesundheit zu tun, um nur ein paar positive Effekte zu nennen.

 

Wie wird man Spieleentwickler? Kann man das studieren? Ist das ein Ausbildungsberuf? Wie und wo lernt man so etwas?

Florian: Genauso bunt wie die Palette an Spielen, sind die Tätigkeitsbereiche in der Spieleentwicklung. Tatsächlich kann man an ein paar Universitäten in Deutschland bereits Game-Design studieren, seit dem Wintersemester 2015/16 gibt es den Masterstudiengang Computerspielwissenschaften an der Universität Bayreuth. Das Arbeiten in der Games-Branche ist unglaublich vielfältig und genauso zahlreich sind auch die Wege, die dahin führen. Der Beruf ist (noch) nicht staatlich anerkannt. Entsprechend gibt es keine klassische, staatlich geregelte Ausbildung. Es gibt auch private Schulen, an denen ein meist kostenpflichtiges Studium zum Gamedesigner absolviert werden kann. Die Qualität der Ausbildung ist jedoch für Interessierte nicht immer gleich ersichtlich. Viele Spieleentwickler haben Informatik studiert oder sind über ein Praktikum in den Beruf gekommen. Es gibt viele Quereinsteiger, denn das benötigte Wissen kann man sich bei entsprechendem Willen relativ gut selbst aneignen. Um aber ein Game schließlich bis zur Marktreife zu produzieren, braucht es noch viel mehr Professionen.

 

Zitat
„In Anlehnung an die international geltende Definition der Kultur- und Kreativwirtschaft wurde die Software-Industrie auch in Deutschland als Teilmarkt in die Kultur- und Kreativwirtschaft mit einbezogen. [...] Durch den wachsenden Markt mit Online- und Browserspielen wächst auch die Bedeutung von Online-Plattformen. Webportale werden der Software-/Games-Industrie ebenso zugeordnet wie die Entwicklung und Programmierung von Internetpräsentationen. Die Software-/Games-Industrie ist nach der bisherigen Definition des Branchenmonitorings der größte Teilmarkt der deutschen Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) und erwirtschaftete 2020 einen Umsatz von über 50 Mrd. Euro. Aufgrund der relativ geringen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Teilmarkt, hat sich dessen Anteil am Gesamtumsatz der Branche weiter erhöht

(29 % aller Umsätze in der KKW). In 2020 waren in der Software-/Games-Industrie 570.340 Personen erwerbstätig, rund 5 % mehr als im Vorjahr.“
Zitatende
Quelle: Auszug aus dem Monitoringbericht Kultur- und Kreativwirtschaft 2021 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz

 

Wie ist der Weg von der Idee bis zur Programmierung?

Außer Elektrotechnikern und Softwareentwicklern braucht es da ja noch mehr.
Florian: Das ist lustig, da ich tatsächlich Elektrotechnik studiert habe. Sowas ist zum Beispiel dann nützlich, wenn man sich mit Game-Controllern (Nachfolger des Joy-Sticks) beschäftigt. Wie bereits genannt, benötigt man neben Gamedesignerinnen und -designern, also denjenigen, die die Spielidee ausarbeiten, außerdem noch Zeichner und Modellierer (oft Artists genannt), Programmierer, Autorinnen, Musiker, beziehungsweise Sound-Editoren und Komponisten, Level-Designerinnen (das sind die Leute, die sich knifflige Rätsel ausdenken, die dann in die Spiele als „Hürden“ eingebaut werden), Synchronsprecher, Grafiker, Werbeleute, Übersetzer … okay, lassen Sie mich mal Luft holen … Eigentlich können wir jeden Kreativschaffenden einbinden. Es kamen bereits Architekten zum Einsatz, die ganze Spielstädte modellierten, Schauspieler, die durch bestimmte Aufnahmeverfahren (sogenanntes motion capturing) Spielcharakteren Leben einhauchten oder Bildhauer, die Figuren wie Monster zuerst in Ton modellierten, ehe sie dann per 3D-Scan ins Spiel übertragen wurden.
 

Wie steht es um die Gaming-Branche und Gaming-Szene in Regensburg? Ist man vernetzt? Steht man im Austausch?

Florian: Im globalen Vergleich ist Deutschland als Land der Spieleentwickler noch unterrepräsentiert. Jüngst eingerichtete großvolumige Förderprogramme zielen jedoch gerade darauf ab, das zu ändern. Jetzt ist der beste Zeitpunkt, um einzusteigen! Durch unsere starke Vernetzung hier fließen immer mehr Fördergelder nach Regensburg. Mit Cipsoft und vielen kleinen Software- und Games-Unternehmen haben wir hier eine gute Basis. Zu den wichtigen Netzwerkveranstaltungen gehört der „GameDev MeetUp“, zu dem sich einmal im Monat Spieleentwicklerinnen, -entwickler und Interessierte zusammenfinden, um sich über die Ausarbeitung, Gestaltung und Programmierung von Games auszutauschen. Dabei beginnt das MeetUp immer mit einem spannenden Vortrag zu einem branchenrelevanten Thema. Korbinian: Im Übrigen gibt es dieses Jahr zwei Nominierungen aus Regensburg für den Deutschen Computerspielpreis (DCP). Zum einen steht Cipsoft auf der Shortlist als „bestes Studio“ und das Narrative-Novel-Game „Wiblu“ von „Donausaurus“ als „bester Prototyp“.

 

Gibt es Trends? Welche Art von Spielen sind aktuell am erfolgreichsten?

Korbinian: Tatsächlich sind Männer und Frauen unter den Gamern proporzmäßig fast gleich verteilt und so trenden besonders Gelegenheitsspiele auf dem Smartphone, die sogenannten Casual Games. Interessant ist auch, dass die Gruppe der Spieler über 50 Jahre besonders stark zunimmt.

Welches Spiel-Genre ist gerade am erfolgreichsten?
Korbinian: Das hängt davon ab, welche Plattform man betrachtet. Auf dem PC beziehungsweise auf den Spielekonsolen sind Shooter- und Action-Rollenspiele das dominante Genre. Auf dem Smartphone erfreuen sich Gelegenheits- und Rätselspiele, die beliebten Puzzle Games, größerer Beliebtheit. In den letzten Jahren gab es außerdem einen großen Hype um die sogenannten Battle-Royale-Spiele – dabei bekämpfen sich Spieler in einer gemeinsamen Spielwelt und es gewinnt derjenige, der als letzter übrigbleibt.

 

Unterscheiden sich heimische oder deutsche Spiele von denen auf dem internationalen Markt?

Florian: Ja und Nein. „Das deutsche Spiel“ gibt es nicht. Prinzipiell kann man aber unterscheiden zwischen Spiele-Titeln, die von großen etablierten Studios entwickelt wurden und solchen, hinter denen kleine unabhängige Spieleentwickler stehen, die sogenannten Indies; also Independent Developer. Letztere sind es üblicherweise, die Neues wagen – sei es mit einer ausgefallenen und neuen Spielidee oder sie überzeugen durch Innovation, was die verwendeten Technologien anbelangt. Allgemein zielen Spieleentwickler generell auf den internationalen Markt, so dass Games immer auch in einer englischen Version herauskommen.

 

Welche Art von Unterstützung brauchen Spieleentwickler am dringendsten?

Korbinian: Im deutschen Vergleich zu anderen Kreativbereichen ist die Games-Branche deutlich unterfördert. Wie bereits von Florian angemerkt, kämpfen wir vorrangig um eine größere Wertschätzung von Games und GameDevs. Das ist von größter kultureller Bedeutung, denn das Medium Game wird kommende Generationen stark beeinflussen, bei der Vermittlung von Werten und Kultur und der Meinungsbildung ganz allgemein. Das muss von uns Europäern endlich erkannt und angepackt werden. Der Markt wird von China, USA und Japan dominiert. Im Bereich Games ist Deutschland ein Importland! Dabei hätten wir alles, was nötig wäre, um selbst große Spieltitel zu produzieren!

 

Wie ist es um den Geschlechterproporz bestellt? Also, wie hoch ist der Anteil an Frauen in eurem Business?

Florian: Was die Technikberufe in der Spieleentwicklung anbelangt, sind Frauen noch unterrepräsentiert. Nach meiner Erfahrung und meinem Empfinden ist man unter den unabhängigen Spieleentwicklern allen Geschlechtern gegenüber aufgeschlossen. Mit Sophia ist auch eine Frau im Vorstand des GameDev Regensburg e. V. Ich kann alle Interessentinnen nur ermuntern, sich einmal mit ihr zu unterhalten.

 

Der deutsche Kulturrat hat Computerspiele als Kulturgut anerkannt. Als wirtschaftlich relevante Größe steht die Spieleindustrie ohnehin außer Frage. Sollte da nicht die Konsequenz sein, Computerspiele in die Schule zu integrieren?

Florian: Allgemein sollte Digitalisierung an Schulen viel konsequenter verfolgt werden. Ich höre zunehmend von Computer- und Tabletanschaffungen. Der nächste Schritt muss sein, die Lehrkräfte bei der Unterrichtsgestaltung mit diesen neuen Medien zu unterstützen. In puncto Games würde ich mir vonseiten der Lehrer und Lehrerinnen Aufgeschlossenheit und Interesse wünschen. Im Matheunterricht könnte man an Rätselspielen knobeln, im Geschichtsunterricht mit einer Virtual-Reality-Brille durch das antike Ägypten schlendern und in Deutsch spielt man ein Rollenspiel und schreibt gemeinsam mit der Klasse eine Fantasiegeschichte. All das wäre heute schon möglich. Tatsächlich wäre ich beinahe Lehrer für Elektrotechnik geworden, hätte mich die Spieleentwicklung nicht so in ihren Bann gezogen.

 

Wohin wendet sich, wer Interesse hat, bei euch mitzumachen?

Florian: Einmal mit Spieleentwicklern quatschen. Ganz gleich, ob mit dem Hintergedanken selbst einzusteigen oder einfach nur so aus Interesse – der Discord-Server, eine Art digitale Taverne, ist die richtige Anlaufstelle dafür. Dort bekommt man auch alle regionalen Events wie unsere MeetUps, Vorträge, Stammtische, GameJams et cetera mit. Den Link findet man auf gamedevregensburg.de.

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Kein Wandel durch Handel‘

 

 

 

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Egon Bahrs Ostpolitik

Sonderbotschafter Egon Bahr (SPD) bei seiner Rückkehr aus Moskau 1970.

Die Ostpolitik unter Willy Brandt gilt immer noch als Erfolgsgeschichte.
© picture alliance / dpa / Peter Popp

 

Behrends, Jan · 18. März 2022, 08:08 Uhr

 

Als Architekt der Ostpolitik unter Willy Brandt setzte Egon Bahr auf Annährung. Diese Politik habe den Weg zur Wiedervereinigung bereitet, wird oft behauptet. Der Historiker Jan Behrends hat Zweifel, ob das stimmt. Der Mythos müsse hinterfragt werden, sagt er.

Deutschlandfunk Kultur
Interview
DLF: Ich bin sicher, Sie werden mir zustimmen, wenn ich sage: wir leben gerade in merkwürdigen Zeiten oder im Prinzip steht die Welt Kopf.
Ich meine, überlegen Sie mal, die Grünen waren mal die Pazifisten-Partei.
Nach noch nicht mal hundert Tagen Mitregieren billigen die nun hundert Milliarden Aufrüstung für die Bundeswehr.
Der grüne Klimaschutzminister Habeck sagt auf einmal:
„Die Versorgungssicherheit sei wichtiger als der Klimaschutz!“ 
Und Olaf Scholz als SPD-Kanzler in der Tradition von Willy Brandt bricht mit Putin, als hätte es das Prinzip ‘Wandel durch Annäherung‘ nie gegeben.
Und das ist wiederum eng mit der SPD verknüpft. Erfunden hatte es nämlich der SPD-Politiker Egon Bahr, der vor hundert Jahren, am 18. März 1922, geboren wurde.

Was das genau war, diese spezielle Ostpolitik der SPD, das lassen wir uns mal erklären vom Osteuropa-Historiker Jan Claas Behrends vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam.
Herr Behrends, Guten Morgen

Behrends: Schönen guten Morgen

DLF: Egon Bahr hatte in den 60er Jahren bereits eine neue Politik vorbereitet unter diesem berühmten Slogan ‘Wandel durch Annäherung‘.
Was war genau das Ziel?

Behrends: Na ja, das große Ziel der deutschen Politik zu dieser Zeit war natürlich oder das langfristige Ziel war natürlich immer die deutsche Einheit, die pragmatischeren Ziele waren eben, die Beziehungen zu Osteuropa, auch zur DDR zu verbessern und man hatte sehr genau verstanden, dass der Schlüssel natürlich für eine solche Politik in Moskau lag, deswegen war diese Ostpolitik zunächst einmal eine Politik des Ausgleichs und der Entspannung mit der Sowjetunion, mit dem Kreml, und man hat mit Breschnew verhandelt.
Man hat eben eine größere Hoffnung, auch eine strategische sozusagen Hoffnung, darauf gelegt, dass durch diese Annäherung sich die andere Seite auch wandeln würde, das heißt sozusagen in dem Moment, wenn man Entspannungspolitik macht, dass vielleicht auch die Diktatur dann hinter dem Eisernen Vorhang nicht mehr ganz so hart sein würde, das war eben eine Annahme von Bahr.

DLF: Was für Widerstände musste man damals überwinden, um diese Denkweise durchzusetzen?

Behrends: Sehr große, also sowohl innenpolitisch natürlich, die Opposition aus CDU/CSU hat das damals abgelehnt, das war ja ein Projekt der neuen Brandt-Regierung, es ging ja auch um die Anerkennung der neuen Grenzen von 1945, sozusagen der deutschen Ostgrenze, das wurde von den Vertriebenenverbänden natürlich stark bekämpft, insofern gab es auch Skepsis der Amerikaner auf der anderen Seite des Atlantik, dass die Deutschen da sozusagen so eine eigene Politik mit den Russen betreiben, da gab es schon große Widerstände innen und außen.

DLF: Ich erinnere mich an den CDU-Politiker Heiner Geißler, der die SPD in diesen Tagen die fünfte Kolonne Moskaus genannt hatte, es wurde also mit harten Bandagen gekämpft. Nun gilt Egon Bahr als Architekt der Ostverträge, also die Westgrenze Polens wurde anerkannt, ein Anspruch auf die ehemaligen deutschen Ostgebiete aufgegeben.
Ich komme selbst aus einer Vertriebenenfamilie, für uns hieß das Anfang der 70er erstmals wieder in die alte Heimat reisen zu dürfen.
War das also klug, aus heutiger Sicht, was da passiert ist?

Behrends: Ja, da kam man sicherlich zu ganz konkreten Verbesserungen, das ist ein großes Verdienst von Bahr, auch für die Menschen in der DDR, auch da gab es dann ja diesen kleinen Grenzverkehr, Erleichterungen auch für Westberliner usw.
Für Westdeutsche, die in die DDR reisen konnten, zu Verwandten.
Aber eben auch für die Vertriebenen, das ist ja eigentlich erst dadurch möglich gemacht worden, dass die diplomatischen Beziehungen zu Polen dann ja auch wieder aufgenommen wurden. Es gab ja gar keine diplomatischen Beziehungen in den 50er/60er Jahren, insofern war das ja eine erfolgreiche Normalisierung.

DLF: Und dann kam die Perestroika, der Fall der Mauer, die Wende, das alles schien doch Egon Bahr und der Ostpolitik noch 1989 recht zu geben oder halten Sie das für einen Mythos?

Behrends: Ja, das ist natürlich die große Erzählung, die man sich auch gerne in der SPD erzählt, dass sozusagen der Weg direkt von der Ostpolitik zur deutschen Einheit führt.
Das würde ich schon durchaus kritisch sehen, weil diese Ostpolitik in den 80er Jahren, schon als die Solidarność-Bewegung in Polen begann, eigentlich in eine Krise gerät, wo man sozusagen sich dann doch eher entschieden hat, die Regimes zu stabilisieren, auf die Herrschenden zu setzen, nicht auf die Opposition, nicht auf Wałęsa , nicht auf Solidarność, und aus dieser Krise ist die Außenpolitik - nach meiner Ansicht - nie so richtig rausgekommen und die Einheit hat dann - nach meiner Ansicht - doch eher etwas mit Gorbatschow und der internationalen Politik zu tun, als dass sie originär auf die deutsche Ostpolitik zurückzuführen ist.

DLF: Also würden Sie so weit gehen, zu sagen, dass das Prinzip ‘Wandel durch Annäherung‘ letztlich dann doch die Systeme der Autokraten gestärkt hat?

Behrends: Vielleicht nicht unbedingt gestärkt, aber es ist einfach nicht so eingetreten, wie man sich das vorgestellt hat.
Der Wandel kommt eigentlich durch Gorbatschow und die Annäherung kommt dadurch, dass die Sowjets sich selber zur Annäherung entschließen. Es ist weniger diese Entspannung, die von Deutschland ausging als vielmehr sozusagen der Entschluss zur Reform in Moskau, der dann wirklichen Wandel bringt.

DLF: Führt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zu einem Umdenken auch in der SPD? Was glauben Sie?

Behrends: Na, das hoffe ich! Ich meine hier die Rede des Bundeskanzlers drei Tage - glaube ich - nach Kriegsbeginn oder an diesem Sonntag jedenfalls, die hat ja schon gezeigt, dass man bereit ist, sozusagen lange, lange unumstößliche - sagen wir mal - Wahrheiten auch anzugehen, andererseits muss man dann wieder ein bisschen skeptisch sein, wenn man sich die Reaktion auf diese Selenskyj-Rede im Bundestag anschaut, das war natürlich enttäuschend, da blieb die Debatte aus. Da gab es ja auch eine explizite Kritik des ukrainischen Präsidenten an der deutschen Politik und das wäre der Ort gewesen natürlich, wo man sich hätte darüber aussprechen können, und das hat man ja - vielleicht aus einer gewissen Bequemlichkeit - eher unterlassen und ist zur Tagesordnung übergegangen.
Das halte ich für eine verfehlte Gelegenheit.

DLF: Der Bundeskanzler sprach zum Lebenswerk von Egon Bahr vor der Ebert-Stiftung. Sie sind selbst SPD-Mitglied, auch aktiv im Geschichtsforum der Partei. Erwarten Sie von Olaf Scholz auch Selbstkritik, was die Ostpolitik der SPD angeht?

Behrends: Ja, ich denke das ist eine Politik, die man mal grundsätzlich in der Partei, jenseits der Mythen, die über diese Politik existieren, kritisch aufarbeiten sollte und darüber hinaus auch sozusagen natürlich dieses, ja diese sozusagen Kontinuität der Ostpolitik in der Zeit nach der Einheit der 1990er Jahre, 2000er Jahre. Die Kontakte von hohen SPD-Funktionären in den Putin Kreml, auch das sind ja auch alle Sachen die sozusagen natürlich jetzt auch aufgearbeitet gehören aber das ist natürlich sozusagen Teil dieses Gesamtphänomens.

DLF: Wie sehen Sie Bahr denn heute? Schmälert das sein Ansehen, dass wir heute anders auf die Dinge blicken? Und ich muss sagen, wir sind ja auch vom Deutschland-Radio verbunden mit ihm, war er doch vor 1960 Leiter des Bonner Büros des RIAS und ich sende hier aus dem alten RIAS Funkhaus.

Behrends: Ja, ich glaube, es gibt nicht den einen Bahr. Man muss hinschauen, dieser Bahr der West-Berliner-Zeit, der war ja auch ein ziemlicher kalter Krieger. Dann gibt es den Bahr, eben den der Ostverträge und der Entspannungspolitik, und dann gibt es ja diesen späten Bahr der 90er und 2000er Jahre, dem man dann vielleicht auch zu Recht vorgeworfen hat, seine Politik sei sehr auf Großmachtstatus orientiert, man hat ihn so einen SPD-Metternich genannt – weil er eben sehr auf Russland fixiert blieb, er hat - glaube ich - er ist nie ganz angekommen in dieser Welt nach 1991, wo es eben Polen, Tschechien, Ukraine - also viele unterschiedliche Staaten in Osteuropa – gab, und dem gerecht zu werden, dazu brauchte man mehr als - sozusagen - nur diese Achse Deutschland–Russland, und in dieser Komplexität ist er vielleicht nie so ganz angekommen, aber das gilt natürlich auch für die deutsche Ostpolitik allgemein.

DLF: Was lernen wir denn daraus, aus dieser Geschichte der Ostpolitik für den Umgang mit Autokraten? Da fallen einem ja noch ganz viele ein, zuallererst natürlich China.

Behrends: Na ja, wir können wieder, wenn wir zurückgehen Anfang der 70er Jahre, dann wissen wir, dass - sozusagen - warum hat Breschnew jetzt auch mit Brandt und Bahr verhandelt?
Weil die Bundesrepublik damals durchaus auch aus einer Position der Stärke verhandelt hat. Willy Brandt war Bundeskanzler, das verdrängen viele ja heute, der dreieinhalb Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung ausgegeben hat, das würde ich jetzt nicht idealisieren, aber Autokraten verstehen vielleicht auch nur oder reden auch dann eher mit Leuten, wenn die aus einer Position der Stärke und nicht aus einer Position der vollständigen Abrüstung verhandeln.

DLF: Zum einhundertsten Geburtstag von Egon Bahr, der Osteuropahistoriker Jan Klaas Behrends, Forscher am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, Herr Behrends, herzlichen Dank für dieses Gespräch im Deutschlandfunk Kultur.

Behrends: Ich danke Ihnen

Zitatende

Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/wandel-durch-annaeherung-egon-bahrs-ostpolitik-kritisch-hinterfragt-dlf-kultur-11e651e3-100.html

 

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Kommentar

zur Produktion der Nds. Staatsoper Hannover GmbH von
‘Die Hochzeit des Figaro‘
im Netz unter:
https://staatstheater-hannover.de/de_DE/mediathek?item=515

Lydia Steier, Operndirektorin am Luzerner Theater, ist ohne Frage eine der interessantesten Protagonistinnen des aktuellen Regietheaters. Mit schlüssigen Konzepten, Gespür für Bühnenwirksamkeit und einer meist ausgeklügelten Personenführung überzeugen ihre Arbeiten durch Ästhetik, Stimmigkeit und – im modernen Theaterbetrieb leider keine Selbstverständlichkeit – fundierte Werkanalyse.

Das hebt sie weit über die zahlreichen Pfuscher, Scharlatane und Experimentier-Kids, die - von Feuilleton, Management oder einem vermeintlichen Zeitgeist gehypt - persönliche Befindlichkeiten, private Wehwehchen, Ideologien und Weltanschauungen über jedes Bühnenwerk, jede Oper stülpen. Was nicht passt, wird irgendwie passend gemacht. Der Zuschauer von heute ist ja unbedarft! Wo nicht, drängt man ihn einfach in die konservative, am besten noch in die rechte Ecke, schon kann jeder Murks als Ausdruck freiheitlicher, fortschrittlicher oder emanzipatorischer Mission gefeiert werden.

Lydia Steier driftet nie ins Beliebige oder Willkürliche ab, das sei betont. Den Transfer, einen Bezug etwa zwischen der Zeit vor der Französischen Revolution zum 6. Januar 2021, der Erstürmung des Kapitols in Washington, herzustellen, fordert sie vom Rezipienten ihrer Hannoveraner Figaro-Inszenierung ein. Der gelingt auch mühelos. Ohne Fahnenschwenken, ohne Stars-and-Stripes, ohne Trump-Transparente, ohne Hörnermann.

Nur leider stößt auch Frau Steier an Grenzen, wenn sie es mit einem Ensemble zu tun bekommt, mit Akteuren, die nicht in der Lage sind, ihren Intentionen zu folgen. Und schon erhebt sich die Frage, handelt es sich beim sängerischen Personal der Staatsoper Hannover noch um ein Ensemble, oder lediglich um Söldner, die gezielt für nur eine Partie (um Kosten zu sparen) verpflichtet werden?
Dann: Was hat Frau Steier tatsächlich inszeniert? Was und wie viel hat sie ihren Assistenten und der Abendspielleitung anvertraut?
Frau Steier ist ja viel unterwegs, eine viel gefragte Regisseurin, aber über die Fähigkeit der Bilokation dürfte auch sie wohl kaum verfügen.

Man muss der Staatsoper Hannover dankbar sein, dass sie ihre Neuinszenierung von Mozarts La nozze di Figaro bis Mitte Juli 2022 als Stream zur Verfügung stellt.

Das gibt Gelegenheit, die lebendige, sprudelnde und fraglos eine der wenigen Produktionen auf der Habenseite der glücklos agierenden Intendantin Laura Berman genau unter die Lupe zu nehmen.

Okay, es handelt sich um abgefilmtes Theater. Man spielt und singt schließlich auch für den dritten Rang, wenn er denn ausnahmsweise einmal für das zahlende Publikum geöffnet ist.
Dennoch: oft agiert die Sängerriege unsicher, unnötig hektisch und übertrieben.
Früher nannte man das: Outrieren, heute würde man Overacting dazu sagen. Man rollt mit den Augen, fuchtelt mit den Armen und stampft und stapft, hüpft in bloßem Aktionismus umher, dass einem schwindelig wird.
Dazu gesellt sich eine Komparserie, die mechanisch und ohne innere Beteiligung Regieanweisungen ausführt, weil man den Kleindarstellern halt gesagt hat, „jetzt hinsetzen“, „an der Stelle den Kopf schütteln“, „wenn Figaro aufs Bett springt, die Hände vors Gesicht schlagen“. Details, die den Gesamteindruck leider trüben.

Ein Ärgernis stellt– im wahrsten Wortsinn – ‘der Pausenclown‘ dar, dessen auf Englisch vorgetragenen Sottisen – anders mag man das irrelevante und nervige Gerede nicht nennen – nichts zum Verständnis, nichts Erhellendes und nichts Geistreiches beitragen. Da darf sich einer produzieren und nutzt auch reichlich die Gelegenheit dazu! Was originell sein soll, das Pausengespräch als Pillowtalk, kommt abgeschmackt daher, plump und peinlich. Wie gut, dass einem dieses überflüssige, unwürdige und unsinnige Schauspiel beim analogen Besuch der Vorstellung erspart bleibt.
 

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Kommentar
zur Produktion der Nds. Staatsoper Hannover GmbH von
‘Der Vampyr‘
im Netz unter:
https://operavision.eu/de/bibliothek/auffuehrungen/opern/der-vampyr-staatsoper-hannover





Screenshot Nds. Staatsoper Hannover GmbH – Foto Sandra Then

Die Neue Synagoge von Hannover liegt in Trümmern. Der große Davidstern in der Fassade ist abgebrochen, ein riesiger Haufen Geröll liegt davor. Bevölkert wird er von Untoten mit zwei Reihen Augen, Messern im Körper und Spuren triefenden Blutes auf den Körpern. Dem Team ging es darum, einen Ort aus der Region zu wählen, einen Ort, mit dem sich auch das Bild des Blutsaugers verbinden lässt, sagt Dramaturg Till Briegleb.

„Der Grund, warum wir diese Ruine der Synagoge genommen haben, ist, weil natürlich auch Juden immer als Blutsauger und als Parasiten bezeichnet worden sind. Und es gibt einfach eine inhaltliche Nähe zwischen der Verteufelung von Juden, die angeblich christliches Kinderblut trinken und solchen Horrorgeschichten und der Verfilmung von Vampiren als Monstern.“

Sehr geehrter Herr Briegleb: Nein, die gibt es nicht, diese inhaltliche Nähe! Ihre Äußerung ist als purer Antisemitismus zu deuten!

Was bildet sich die Niedersächsische Staatsoper ein? Das Tun und Treiben eines Bühnen-Vampirs mit dem jüdischer Mitbürger gleichzusetzen, ist eine Entgleisung ohne Beispiel. Der Vergleich, wie ihn die Staatsoper Hannover anstellt, eine banale Horrorgeschichte und die Judenverfolgung auf eine Ebene zu zerren, ist eine unsägliche Entgleisung. Weder Friedrich Wilhelm Murnaus Verfilmung 'Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens' aus dem Jahr 1922 noch das Remake 'Nosferatu – Phantom der Nacht' von Werner Herzog von 1979 konnotieren auch nur im Geringsten den Vampirismus mit dem Judentum! Im Gegenteil! Man muss nur nachlesen beim großen Filmtheoretiker Siegfried Kracauer, der in der Gestalt des Vampirs vielmehr eine Antizipation Hitlers erkennt!

Der bloße Bühnenzauber und -schauder reicht wohl nicht! Es muss die Steigerung allen Horrors bemüht werden: die Shoa.
Pfui, Niedersächsische Staatsoper GmbH!

 

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Kalenderblätter

Vor achtzig Jahren
- Sommer 1942

 

 

 

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Zweiter Weltkrieg
Vor 80 Jahren begannen die Briten mit dem Flächenbombardement deutscher Städte

1942 entschied die britische Militärführung, „ohne Einschränkung“ Bomben über dicht besiedelten deutschen Städten abzuwerfen. Vorbild für die Flächenbombardierungen waren verheerende deutsche Luftangriffe auf Städte wie London und Coventry oder Warschau.

Von Otto Langels | 14.02.2022


Bremen nach den Bombardierungen durch die britische Royal Air Force
(picture alliance / Heritage Images)

 

„Die deutsche Luftwaffe eröffnet den Entscheidungskampf gegen England. Pausenlos brausen die deutschen Geschwader nach England. Tag und Nacht belegen sie London mit Millionen Kilo von Bomben“, berichtete die deutsche Wochenschau über die „Luftschlacht um England“ während des Zweiten Weltkriegs. Nach dem Sieg über Frankreich flogen deutsche Bomber seit dem Sommer 1940 massive Luftangriffe gegen militärische und zivile Einrichtungen auf der britischen Insel. Als Ziele wurden bewusst Städte wie London und Coventry ausgewählt, über 40.000 Zivilisten kamen bei den Angriffen ums Leben.

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Munition und Blindgänger in Meer und Boden

„Die Moral der feindlichen Zivilbevölkerung“ zum Ziel

Währenddessen stellte die Royal Air Force fest, dass den eigenen Bombern die nötige Präzision fehlte, um strategische Ziele wie deutsche Flugplätze oder Waffenfabriken zu zerstören. Nur etwa jeder fünfte Angriff war erfolgreich – Grund genug für das Londoner Luftfahrtministerium, die Taktik zu ändern. Am 14. Februar 1942 erging die „Area Bombing Directive Nr. 5“, die Anweisung zum Flächenbombardement:

„Sie werden ermächtigt, ihre Streitkräfte ohne Einschränkung einzusetzen. Der Beschluss lautet, den Schwerpunkt der Operationen auf die Moral der feindlichen Zivilbevölkerung zu konzentrieren, insbesondere der Industriearbeiter.“

Einen Tag später präzisierte Charles Portal, Stabschef der britischen Luftwaffe, die Anweisung: „Es sollte klar sein, dass die Ziele bebaute Gebiete sind und nicht zum Beispiel Werften oder Flugzeugwerke. Das muss ganz deutlich gemacht werden, falls es so noch nicht verstanden wurde.“

„Bomber Harris“:
„Die Deutschen säten Wind, jetzt werden sie Sturm ernten“

Mit der Ausführung wurde Arthur Harris betraut, der Oberkommandierende der britischen Bomberflotte. Den ersten Angriffen auf Essen Anfang März folgten weitere auf andere Städte des Ruhrgebiets sowie auf Köln, Düsseldorf und Hamburg:

„Die Nazis begannen den Krieg mit der kindischen Vorstellung, sie könnten jeden bombardieren, aber niemand würde sie bombardieren“, erklärte Arthur Harris, genannt „Bomber-Harris“. Er rechtfertigte die Flächenbombardements mit den vorangegangenen deutschen Luftangriffen auf Rotterdam, London und Warschau: „Die Deutschen säten Wind, und jetzt werden sie Sturm ernten. Köln, Lübeck, Rostock sind erst der Anfang.“

Der als „Bomber-Harris“ bekannt gewordene britische Luftwaffenoffizier Arthur Harris ließ während des Zweiten Weltkriegs deutsche Städte mit dem Ziel der „Zermürbung der Moral des deutschen Volkes“ flächendeckend bombardieren.

Thomas Manns Lübeck schwer zerstört

Eine der von Harris erwähnten Städte war Lübeck, die Heimatstadt des Literatur-Nobelpreisträgers Thomas Mann. Am 29. März warfen 200 britische Flieger rund 400 Tonnen Bomben ab, zwei Drittel davon Brandbomben. Sie richteten einen verheerenden Schaden an, über 300 Menschen kamen ums Leben, die Altstadt war weitgehend zerstört. Mann wandte sich kurz darauf aus dem Exil an die deutschen Hörer:

„Hat Deutschland geglaubt, es werde für die Untaten, die sein Vorsprung in der Barbarei ihm gestattete, niemals zu zahlen haben? Beim jüngsten britischen Raid über Hitler-Land hat das alte Lübeck zu leiden gehabt. Es ist meine Vaterstadt, und lieb ist es mir nicht. Aber ich denke an Coventry und habe nichts einzuwenden gegen die Lehre, dass alles bezahlt werden muss.“

„Um euch die Fortführung des Krieges unmöglich zu machen“

Dem Luftangriff auf Lübeck folgten zahllose weitere, um den Durchhaltewillen der Bevölkerung zu brechen. Ein massenhaft über dem Deutschen Reich abgeworfenes Flugblatt begründete das Vorgehen:

„Warum wir das tun? Nicht aus Rachsucht, obwohl wir Warschau, Rotterdam, Coventry nicht vergessen. Wir bombardieren Deutschland, um euch die Fortführung des Krieges unmöglich zu machen. Was ihr erlebt habt, wird nicht zu vergleichen sein mit dem, was kommt.“

Waren die Flächenbombardments legitim?

Was kam, waren Angriffe der Alliierten auf rund 150 Städte mit mehr als einer halben Million Toten. Doch die erhoffte Wirkung des sogenannten Moral Bombing blieb aus. Massive Schläge gegen dicht besiedelte Innenstädte mochten die heimische Bevölkerung zermürben und die Weltöffentlichkeit beeindrucken, die Deutschen erhoben sich aber nicht gegen das NS-Regime, sondern setzten den Krieg bis zum bitteren Ende fort. Zudem erlitt die britische Luftwaffe erhebliche Verluste, nahezu die Hälfte der Flieger kehrte nicht zurück. Der militärische Nutzen sowie die moralische und völkerrechtliche Bewertung des Flächenbombardements sind daher bis heute umstritten.

Zitatende

Quelle:
https://www.deutschlandfunk.de/vor-80-jahren-beginn-des-britischen-flaechenbombardments-100.html

 

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Hilfe für den ‘Duce‘

Mussolini ließ am 9. September 1940 in Nordafrika, aus Italienisch-Libyen heraus, seine 10. Armee nach Osten marschieren, um Ägypten zu erobern.

Die Invasion verlief allerdings wenig erfolgreich und kam aufgrund der schlechten Versorgung und Ausrüstung der Truppen nur wenig mehr als 100 km hinter der ägyptisch-libyschen Grenze zum Stehen. Am 8. Dezember 1940 starteten Briten und Truppen der Commonwealth-Staaten mit der Operation Compass eine Gegenoffensive. Das ursprünglich auf nur wenige Tage begrenzte und die Vertreibung der italienischen Armee aus Ägypten gerichtete Unternehmen erwies sich als derart erfolgreich, dass der Vormarsch bis nach Libyen fortgesetzt wurde. Bis Anfang Februar 1941 hatten die alliierten Truppen die Kyrenaika bis einschließlich El Agheila besetzt und die 10. italienische Armee nahezu restlos aufgerieben.

Noch im Dezember 1940 hatte Mussolini ein deutsches Hilfsangebot zur Entsendung von Truppen nach
Afrika abgelehnt. Nachdem die Operation Compass aber am 7. Februar 1941 mit der Vernichtung der 10. Armee endete, kam er auf dieses Angebot zurück.

Das
OKW (Oberkommando der Wehrmacht) erteilte als Reaktion auf Mussolinis Bitte am 6. Februar 1941 Weisung für den Beginn des ‘Unternehmens Sonnenblume‘. Am 11. Februar 1941 landeten erste deutsche Truppen in Tripolis. Die italienischen Truppen waren aufgrund ihrer Niederlagen bereits moralisch angeschlagen und ihre Verteidigungsstellungen waren nur lückenhaft ausgebaut.

 

 

Zitat
13. Februar 1941
In der nördlichen Cyrenaika erzählte die deutsche Luftwaffe Bombentreffer schweren Kalibers in britischen Truppenlagern und militärischen Anlagen.

Auf einem Flugplatz bei Bengasi trafen Bomben abgestellte Flugzeuge.

Kraftwagenkolonnen wurden durch MG-Feuer und Bombenwurf zersprengt. Kampfflugzeuge griffen den Flughafen Lucca auf der Insel Malta erfolgreich an.
Bei Luftkämpfen über der Insel verlor der Feind 3 Flugzeuge vom Muster Hurricane.

Im Mittelmeerraum zerstörten Kampffliegerkräfte der deutschen Luftwaffe Hallen Feldlager und abgestellte Flugzeuge des Feindes auf Flugplätzen. Erfolgreiche Tagesangriffe richteten sich gegen militärische Anlagen auf der Insel Malta.

An der libyschen Küste südostwärts Agedabia stieß in den Morgenstunden des 24. Februar ein deutscher und ein englischer motorisierter Spähtrupp zusammen.
Eine Anzahl englischer Kraftfahrzeuge darunter mehrere Panzerspähwagen wurde vernichtet einige Gefangene eingebracht. Auf deutscher Seite entstanden keine Verluste.

In Nordafrika richtete sich erfolgreiche Angriffe deutscher Kampfflugzeuge gegen die Hafenanlagen von Tobruk sowie gegen Truppenansammlungen Kraftwagenkolonnen und Feldlager Agedabia.

Ein an der libyschen Küste Vorgehender deutscher motorisierter Spähtrupp brachte erneut Gefangene ein und erbeutete einen britischen Panzerwagen.

In Nordafrika belegten deutsche Kampfflieger-Verbände bei Derna Fahrzeugkolonnen, Truppenansammlungen und wer Barackenlager mit Bomben leichten und mittleren Kalibers. In den Lagern entstanden heftige Brände, zahlreiche Fahrzeuge wurden zerstört. Gebäude durch Volltreffer vernichtet oder schwer beschädigt.

Zitatende
Quelle: Die Wehrmachtsberichte – Verlag Literatur und Bildung – Köln 1989 – Seite 420-430

 

Im Gegensatz zur geplanten, defensiven Haltung des Afrikakorps hielt Rommel ein offensives Vorgehen gegen die britischen Truppen für unbedingt notwendig. Das Deutsche Afrikakorps konnte sich allerdings wegen des herrschenden Nachschubmangels auch nicht Nordafrika halten. Am 13. Mai 1943 kapitulierte Rommels Nachfolger Generaloberst Hans-Jürgen von Arnim. Fast 255.000 deutsche und italienische Soldaten gerieten in britische Kriegsgefangenschaft in Ägypten, da Hitler eine Rückführung der Mannschaften über das Mittelmeer nach Zentraleuropa verbot.

Neben den Aktionen in Nordafrika hatte Mussolini am 28. Oktober 1940 Griechenland angegriffen, war aber bald in die Defensive geraten und hatte sogar Teile italienisch Albaniens preisgeben müssen. Schon im November 1940 war von deutscher Seite der Plan zu einem Eingreifen auf dem Balkan zugunsten Italiens gefasst worden.

So musste parallel zu den Hilfen für Mussolini in Nordafrika die deutsche Wehrmacht am 6. April 1941 auch das Königreich Jugoslawien und das Königreich Griechenland attackieren. Beide Länder wurden innerhalb weniger Wochen besetzt, nachdem zuvor der Angriff des italienischen Bündnispartners auf Griechenland in einem Desaster geendet hatte. Die Invasion der Wehrmacht wurde von italienischen, bulgarischen und ungarischen Truppen unterstützt. Am 17. April 1941 kapitulierten die jugoslawischen Streitkräfte, Griechenland am 23. April 1941. Die Kämpfe auf der Insel Kreta, wo britische Truppen gelandet waren, zogen sich jedoch bis zum 1. Juni 1941 hin.

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Am 27. April 1942 hatte Goebbels eine Besprechung mit Hitler, anlässlich derer auch der erneute britischer Bombenangriff auf Rostock zur Sprache kam. Der Führer sei sehr erbost über das Versagen der Flak gewesen.
Man müsse jetzt vermehrt Vergeltung üben, indem man die Badeorte an der englischen Küste, die Kulturzentren, damit die touristischen Mittelpunkte und die bürgerlichen Städte treffe. Es wurde mit heftigen Bombenangriffen begonnen, wobei die Luftwaffe die Südküste Englands mit den Badeorten ins Visier nahm. So flogen deutsche Flugzeuge im April und Mai Angriffe gegen Exeter, Bath, Norwich, York und Canterbury, konnten aber gegen die Air Force, der nun Flugzeuge und Piloten in größerer Zahl zur Verfügung standen, kaum mehr etwas ausrichten. Die sogenannten ‘Baedecker-Angriffe‘ richteten zwar beträchtliche Schäden an, konnten aber die Kriegsanstrengungen der Briten nicht beeinträchtigen.

 

 

Zitat
[…]
Als
Reichspropagandaminister Joseph Goebbels von der ungeahnten Karriere der Formulierung erfuhr, diktierte er am 1. Mai 1942 seinem Sekretär für die als Tagebuch bekannten täglichen Aufzeichnungen: „Die Engländer stimmen ein sentimentales Gegreine um unsere Angriffe auf Bath und die anderen englischen Kulturstädte an. Sie behaupten scheinheilig, sie hätten bisher immer nur militärische oder wirtschaftliche Ziele bombardiert, während wir unsere Angriffe vor allem auf Kulturziele eingestellt hätten.“

Zur Entstehung des Begriffs fügte er hinzu: „Sie sprechen in diesem Zusammenhang von Baedeker-Angriffen, weil einer unserer Herren törichterweise auf einer Auslandspressekonferenz diesen Ausdruck geprägt hat. Ich werde versuchen, durch Nichtaufgreifen einer solchen Parole sie sich totlaufen zu lassen.“
[…]

Zitatende

Quelle: https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article196419519/Luftwaffe-1942-Jedes-Gebaeude-mit-drei-Sternen-angreifen.html

Hitler war mit dem ‘Duce‘ übereingekommen, mit dem ‘Unternehmen Thesus‘ die Südfront – also Nordafrika - zu einem Erfolg zu führen, indem man Tobruk erobere, um danach die Übernahme von Malta – als Eingangstor zu Kämpfen am Suezkanal – anzugehen.

Am 26. Mai 1942 begann daraufhin das ‘Unternehmen Theseus‘, das tatsächlich zur Eroberung der Festung Tobruk führte. Die erfolgreiche Offensive hatte den weiteren Vormarsch der deutsch-italienischen Truppen bis nach El Alamein und damit dem weitesten östlichen Vordringen der Achsenmächte in Nordafrika während des Zweiten Weltkriegs, zur Folge.
Ohne dass es weitere Erwähnung fand, waren bereits durch das Eingreifen Hitlers zu Gunsten Mussolinis am Balkan und in Griechenland, wie auch den Kämpfen des Afrikakorps in Libyen mehrere starke Fronten entstanden, wie sie von Stalin von den Engländern und Amerikanern gefordert, von Hitler aber als ‘Gefasel‘ abgetan, wurde, was dazu führte, dass Goebbels den Begriff auf Weisung des ‘Führers‘ nicht mehr in der Propaganda aufführen ließ.

Wie problematisch sich die ganze Situation darstellte, zeigen an der Realität vorbeigehende Überlegungen der Führung der Wehrmacht.
Irreale Einschätzungen der Gesamtkriegslage auf allen Fronten und besetzten Ländern und der Ausstattung der Wehrmacht prägten nach Bernd Wegner in hohem Maße das Meinungsbild des „Führers und seiner militärischen Umgebung“ über die zu erwartende Widerstandskraft vor allem der Sowjetunion und trugen zu einem Optimismus bei, dessen Brüchigkeit sich erst auf den Schlachtfeldern erweisen sollte.

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Die nächtlichen Angriffe der RAF über Norddeutschland gingen weiter. Es wurden nicht nur die Heinkel Werke in Warnemünde bombardiert, sondern auch die Wohngebiete der Bevölkerung getroffen.

In der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1942 flog die Royal Air Force mit 167 Bombern einen Angriff im Hoch- und Tiefflug mit 316 Tonnen Bomben auf die
Arado Flugzeugwerke, die Kröger-Werft bei Warnemünde und gegen den Ort. Auch Rostock war betroffen. 20 Maschinen wurden abgeschossen, was die deutsche Luftabwehr als großen Erfolg verbuchte: „Flak-Schlacht“, „Großangriff erfolgreich abgeschlagen“. Der Angriff wurde von den Briten als „mäßig erfolgreich“ eingestuft. Die deutsche Flak war nach den April-Angriffen erheblich verstärkt worden und 90 Sperrballons erschwerten die britischen Attacken.

Die Zerstörung von Flugzeugwerken betraf besonders den ‘Göring-Plan‘ vom Juni 1941, der damals eine Vervierfachung der Kräfte im Bereich der Luftwaffe und der Marine zur Entlastung des Heeres vorsah.

 

 

Zitat

Der ‘Göring-Plan sah drei Eckpfeiler vor:

  1. Den Bau dreier neuer Flugzeugfabriken und eines Flugzeugmotorenwerkes mit einer Kapazität von 1000 Motoren monatlich.
  2. Verdoppelung der Leichtmetallerzeugung von 531.000 Tonnen im Jahr durch den Leichtmetall-Ausbauplan.
  3. Steigerung der Erzeugung von Flugbenzin von 160.000 t monatlich auf 390.000 t durch den Flugtreibstoff-Ausbauplan.

Der Leichtmetallausbauplan sah die Steigerung der Produktion hauptsächlich in Norwegen, wegen seiner reichen Energiequellen, vor. Das Bauxit sollte vorwiegend aus Ungarn herantransportiert werden.

Der Flugtreibstoff-Ausbauplan, unter Leitung des Aufsichtsratsvorsitzenden der I.G. Farben Carl Krauch, sah die Lieferung von 4 Millionen Jahrestonnen Erdöl aus der Sowjetunion über eine Pipeline von Odessa nach Schlesien und Brüx im Sudetenland vor. Zur Verarbeitung sollten mehrere große Erdölverarbeitungsanlagen errichtet werden. Der General Georg Thomas meinte dazu: „Ohne Besitz des Kaukasus hat es keinen Zweck mehr, das Flugbenzinprogramm von Krauch weiter zu verfolgen.“
Quelle: Dietrich Eichholtz: Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft. Berlin 1985, Band 2, S. 17

Auch hier zeigte sich, dass der Plan Hitlers aufgehen musste, den Kaukasus und seine Erdölfelder zu erreichen, um die eigene Produktion von Treibstoff sicherzustellen.

 

 

Zitat
Der Chef des OKW Wilhelm Keitel äußerte auf einer Lagebesprechung im Mai 1942 gegenüber Georg Thomas, „dass die Operationen des Jahres 1942 uns an das Öl bringen müssen. Wenn dies nicht gelingt, können wir im nächsten Jahr keine Operationen führen“.

Die
Seekriegsleitung hielt die Eroberung von Maikop für notwendig, da die dünne Treibstoffdecke für die Kriegsmarine bis zum Zerreißen gespannt war, denn das Unternehmen Barbarossa verschlang das für sie vorgesehene rumänische Öl.

Im April 1942 waren ihre Reservebestände fast völlig aufgebraucht und
Erich Raeder musste an Hitler melden, dass sämtliche heizölverbrauchenden leichten und schweren Schiffe nur noch Notoperationen unter Rückgriff auf den Noteinsatzbestand durchführen können. Nur die U-Boote erfuhren keine Einschränkung.

Mit dieser Erkenntnis legte Hitler den Schwerpunkt auf den östlichen Kriegsschauplatz und suchte die strategische Entscheidung im Osten.
„Krieg wird im Osten entschieden“ hatte Generalstabschef Halder schon am 28. März 1942 in seinem Kriegstagebuch notiert. Entsprechend legte Hitlers Befehl für die „Rüstung 1942“ den Rüstungsschwerpunkt eindeutig auf das Heer. Damit war nach
Dietrich Eichholtz das Göring-Programm zum Kampf gegen die Westmächte „begraben“. Dieses hatte vorgesehen, dass der Rüstungsschwerpunkt auf die Luftwaffe verlagert wird und zur Vervierfachung der deutschen Luftwaffe innerhalb von zwei bis zweieinhalb Jahren zum Kampf gegen die Westmächte führt. Er basierte auf einer geplanten Verlagerung des Rüstungsschwerpunktes vom Heer auf die Luftwaffe und Marine.

Generalstabschef
Franz Halder berichtet über Rüstungskapazitäten der Feindstaaten, indem er für die UdSSR die monatliche Produktion von 1.200 Panzern angab, dass sich Hitler wütend zeigte, dass Deutschland als größter Industriestaat mit der größten Industrieorganisation der Welt nur 600 Panzer je Monat produziere und es unmöglich sei, dass ein anderes Land mehr schaffe.
Erst sehr viel später, im Januar 1943, erließ Hitler das
Adolf-Hitler-Panzerprogramm zur Vervierfachung der Produktion von Panzerfahrzeugen.

Das Göring-Programm musste aufgegeben werden, da die Umrüstung an technischen Schwierigkeiten, ganze Produktionszweige kurzfristig umzustellen, scheiterte und den „bürokratischen und politischen Hemmnissen und Reibungsverlusten“, die sich aus der nationalsozialistischen
Polykratie ergaben.

Die Umsteuerungsbemühungen scheiterten aber vornehmlich am Widerstand von
Monopolgruppierungen, die besonders eng mit der Heeres- und Marinerüstung verflochten waren. Es wurden einfach keine Ingenieure oder sonstige Werkarbeiter abgegeben. Dadurch seien die Umsteuerungsbemühungen zugunsten der Luftwaffe „mehr oder weniger wirkungslos verpufft.“
Zitatende
Quelle: MGFA (Hrsg.): Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Stuttgart 1990, Band 5/1, S. 612

Am 22. Oktober 1941 war dann in einem Gespräch zwischen Erhard Milch und General Thomas festgestellt worden, dass eine Umstellung bisher noch nicht stattgefunden habe. Am 10. November 1941 kam man im Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt zu der Erkenntnis, dass das Heer „praktisch keine nennenswerten Kapazitäten und Arbeitskräfte freigegeben hatte.
Der Führerbefehl ‘Rüstung 1942‘ vom 10. Januar 1942 legte den Rüstungsschwerpunkt auf das Heer. Damit war die Umrüstung und der ‘Göring-Plan‘ endgültig gescheitert.

Für das Jahr 1942 schätzte das Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt im OKW die sowjetische Panzerproduktion auf 6.000 und die Abteilung Fremde Heere Ost auf 11.000.
Tatsächlich lag sie bei 24.690.

An Geschützen wurde mit einer Produktion von höchstens 7.800 Geschützen über 7,6 cm Kaliber, einschließlich Pak und Flak, gerechnet, tatsächlich waren es 33.000.

Die sowjetische Flugzeugproduktion erreichte mit 25.000 Stück das dreifache der deutschen Prognose.

Hitler verstand nichts von Flugzeugen. Nach der Übernahme des Oberbefehls über das Heer am 19. Dezember 1941 widmete sich Hitler verstärkt der waffentechnischen Entwicklung des Heeres, besonderes Interesse und Eifer galten der Panzerwaffe. So hatte er die Bewaffnung der Wehrmacht am T 34 der Russen zu messen, der zur Zeit des deutschen Angriffs 1941 allen deutschen Panzern überlegen war.

Schnell wurden der Wehrmacht die Fähigkeiten des T-34-Panzers deutlich, vor allem hinsichtlich Mobilität und Panzerschutz. Die deutsche 3,7-cm-Panzerabwehrkanone konnte der Panzerung des T-34 – abgesehen von Glückstreffern in den Turmdrehkranz – nichts anhaben.

Der im Frühjahr 1942 erschienene deutsche Panzer IV F2 konnte mit seiner langen 7,5-cm-Kanone vom Typ KwK 40 L/43 zwar das Gleichgewicht bei der Bewaffnung wiederherstellen, war dem T-34 in Bezug auf Panzerung und Mobilität aber weiterhin deutlich unterlegen.

Erst mit der Einführung des Panzers V „Panther“ (Ausführung D) verfügte die Wehrmacht über einen mehr als gleichwertigen mittleren Panzer. Der Panther war zwar schwerer, etwas langsamer und hatte eine wesentlich geringere Reichweite, dafür aber war er stärker bewaffnet und gepanzert als der T-34.
Als weiterer Vorteil es T-34 erwiesen sich bald auch die breiten Ketten, welche die Geländegängigkeit gegenüber den deutschen Panzern mit ihren relativ schmalen Gleisketten erhöhten.

Vom Sommer 1941 bis zur Kapitulation 1945 setzten Wehrmacht, Waffen-SS und Ordnungspolizei erbeutete T-34-Panzer der verschiedensten Versionen ein. Intakte T-34 wurden oft direkt nach ihrer Erbeutung von den deutschen Verbänden eingesetzt. Als dann Munition und Ersatzteile fehlten, wurden die Wiederinstandsetzungen bis Mitte 1942 auch wieder aufgegeben. Dann aber ab Mitte 1942 begannen Wehrmacht und Waffen-SS Einheiten planmäßig mit T-34-Panzern auszustatten. Diese wurden vorher bei der Panzer-Instandsetzungs-Gruppe Nord in Riga überholt. Unter anderem wurden die Panzer umlackiert und umgerüstet. Viele Panzer erhielten deutsche Funkgeräte, Funkantennen und Notek-Tarnscheinwerfer. Ein Teil der Panzer bekam Kommandantenkuppeln von nicht mehr instandsetzungsfähigen Panzern. Im Jahr 1943 begann man, diese Instandsetzungsarbeiten und Umbauten auch im Daimler-Benz-Werk Berlin-Marienfelde und bei Waggon- und Maschinenbau AG (WUMAG) in Görlitz durchzuführen. Ein Teil der erbeuteten T-34 wurde aber weiterhin auch bei den Truppen selbst instandgesetzt und umgebaut.

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Später dann, am 6. März 1943, notierte Joseph Goebbels in seinem Tagebuch über die Folgen der Aufgabe des Göring-Programms und der Stärkung der Luftwaffe:
„Wir haben eben durch den Krieg im Osten die Luftherrschaft über Europa in wesentlichen Teilen verloren und sind jetzt den Engländern wenigstens in dieser Beziehung auf Gnade und Ungnade ausgeliefert.“

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Am 8. Mai 1942 begann das Unternehmen ‘Trappenjagd‘, das die Rückeroberung der Halbinsel Kertsch zum Ziel hatte.



Quelle: Die Wehrmachtsberichte – Verlag Literatur und Bildung – Köln 1989 – Seite 114

Am 28. Mai 1942 gelang Nazi-Deutschland noch die Eroberung von Charkow und am 4. Juli 1942 die Einnahme der Stadt mit Festung
Sewastopol. Damit war die Krim mit der Vernichtung von drei sowjetischen Armeen und der Gefangennahme von 190.000 Rotarmisten wieder unter der Gewalt der deutschen Wehrmacht.

 

 

Zitat
Der Erfolg unseres Angriffs auf die Halbinsel Kertsch ist ein voller. Wir können darüber eine Sondermeldung herausgeben. Es ergibt sich die Frage, ob wir diese Sondermeldung mit dem großen Zeremoniell im Rundfunk herausbringen sollen. Ich entscheide am Schluss: ja!

Wir müssen unser Volk auch daran gewöhnen, solche Sondermeldungen als Einzelfälle anzusehen.
Zitatende
Quelle: Tagebücher – Dr. Goebbels – Band 4 – Seite 1793 – Piper Verlag - 1992




Quelle: Die Wehrmachtsberichte – Verlag Literatur und Bildung – Köln 1989 – Seite 115


Diese durchaus zunächst positive Situation führte dazu, dass alles wieder einmal als zu gut eingeschätzt wurde. Der ‘Führer‘ sehe die Gesamtlage im Osten außerordentlich positiv. Er sei der Überzeugung, dass der Sieg bei Charkow eine weitesttragende Bedeutung habe. Auch das Überrennen der bolschewistischen Divisionen auf der Halbinsel Kertsch gäbe Anlass zu größten Hoffnungen für die weiteren militärischen Operationen. Immerhin seien in dieser Schlacht drei sowjetische Armeen vernichtet worden.
Man hätte zwar noch einen schweren Weg vor sich, aber der könne bezwungen werden.

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Gingen an den Fronten die Kämpfe und die Luftangriffe wie der am 31. Mai 1942 auf Köln mit 1.000 britischen Flugzeugen weiter, so hatte Goebbels in der Wochenzeitung ‘Das Reich‘ zusätzlich damit zu kämpfen, den Deutschen die Probleme der Rationierung näherzubringen. Es werde im kommenden Herbst ein Mangel an Brotgetreide einsetzen, so dass man an Kürzungen nicht vorbeikäme.
Es müsste zum Brotgetreide Gerste beigefügt werden, was die Qualität der Brote noch zusätzlich herabsetzen werde.
Er hoffte, dass wenigstens reichlich Kartoffeln zu Verfügung stünden, aber bei dem herrschenden Sauwetter könne von einem Überangebot keine Rede sei.

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Ab dem 16. Juli 1942 befand sich das deutsche Führerhauptquartier ‘Werwolf‘ in einem Wald 8 km nördlich von Winniza. Hitler hatte befohlen, sein Hauptquartier möglichst nahe an die Front der Heeresgruppe Süd zu verlegen. So hatte die ‘Organisation Todt‘ Blockhäuser in einen dichten Wald stellen lassen, so dass die Tarnung von oben nahezu perfekt gelungen war. Der Nachteil dieser Positionierung der Gebäude waren dichte Mückenschwärme, die das Leben zur Unerträglichkeit erschwerten.

Die Folge waren Reizbarkeit der gesamten Mannschaft, die sich in gegenseitigen Tobsuchtsanfällen entluden, die umso mehr, als Hitler die Aussichtslosigkeit seiner Vormärsche nicht erkennen, mit der Heeresgruppe Süd - geteilt die Gruppen A und B - die Ostküste des Schwarzen Meeres erobern und die gesamte Kaukasusregion einschließlich der Ölfelder von Maikop, Grosny und Baku in Besitz nehmen wollte. Gegen den Rat von Generalstabschef Halder wollte Hitler in gleichzeitigen, nicht nebeneinander laufenden Teiloffensiven nach Osten vorankommen, um seiner eigenen Erkenntnis zu folgen, dass der Krieg so schnell als möglich zu Ende gebracht werden müsse. Diese Fehlentscheidung führte dann zu einer Überforderung der sowieso geschwächten deutschen Angriffskräfte. Hitlers Wunschträume verleiteten ihn zu dem bei ihm bekannten Hasardspiel, alles auf eine Karte zu setzen. Dies aber zeigte seinen Dilettantismus als Feldherr.

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Am 23. Juli 1942 begann dann die deutsche Sommeroffensive, die zum Ziel hatte, endlich das Rüstungs- und Verkehrszentrum Stalingrad und die Ölfelder im Kaukasus zu erobern. Man kam bis Stalingrad, jedoch gelang es nicht, die Südgrenze Russlands zu erreichen, so dass die Versorgung der Russen über den Iran nicht gestoppt werden konnte.
 

Als in dieser Zeit des Sommers1942 die Heeresgruppe Süd in schweren Kämpfen langsam nach Südosten zog, stellte das Führer-Hauptquartier eine vermehrte Partisanentätigkeit hinter der eigentlichen Front fest.
Dies nahm Hitler zum Anlass, die Weisung Nr. 46 am 18. August 1942 herauszugeben.

Einleitend hieß es
 

 

 

Zitat
Das Bandenunwesen im Osten hat in den letzten Monaten einen nicht mehr erträglichen Umfang angenommen und drohte zu einer ernsten Gefahr für die Versorgung der Front und die wirtschaftliche Ausnutzung des Landes zu werden.
Bis zum Beginn des Winters müssen diese Banden im Wesentlichen ausgerottet und damit der Osten hinter der Front befriedet werden, um entscheidende Nachteile für die Kampfführung der Wehrmacht im Winter zu vermeiden.
Zitatende
Quelle: Walter Hubatsch - Hitlers Weisungen für die Kriegsführung 1939-1945 – Karl Müller Verlag - 1983


Immerhin gelang der Heeresgruppe Süd mit ihrem Kampfteil A am 6. August 1942 weiter im Osten den Fluss Kuban zu erreichen und drei Tage später an den Ölfeldern von Maikop anzulangen.
 

 

 

Zitat
Donnerstag, den 6. August 1942
Im Kaukasusgebiet wurde der Eisenbahnknotenpunkt Tichorezk genommen und die Bahnlinie nordwestlich der Stadt in breiter Front erreicht. Bewegliche Verbände der Infanterie-Divisionen stoßen nach Süden weiter vor. Zerstörerverbände unterstützten ihn Hoch- und Tiefangriffen die Panzertruppen bei der Erweiterung der Brückenköpfe über den Kuban. Südlich Woroschilowsk unterbrachen schnelle Verbände in raschem Vorstoß über den Kuban die große Eisenbahnverbindung zwischen Schwarzen und Kaspischem Meer
Zitatende
Quelle: Die Wehrmachtsberichte – Verlag Literatur und Bildung – Köln 1989 – Seite 233


Die Russen aber hatten die Anlagen in Maikop so gründlich zerstört, so dass an eine schnelle Wiederaufnahme der Ölförderung nicht zu denken war.
Als Goebbels Hitler in diesen Tagen in Winniza besuchte, machte der ‘Führer‘ trotz dieser Niederlage an den Ölfeldern schon Pläne über das weitere Voranschreiten nach Osten, um ganz Kleinasien zu besetzen und mit der Eroberung des Irak, des Iran und von Palästina England von seinen Ölreserven im Nahen Osten abzuschneiden.

Kampfteil B der Heeresgruppe Süd konnte ebenfalls weiter nach Osten vorrücken, litt aber ab 500 km östlich von Charkow zunehmend an Treibstoffmangel.
Dies erkennend gab Stalin seinen Befehl 227, wonach es in Zukunft für die russischen Truppen keinen “Schritt mehr zurück“ gebe.

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Verbittert zeigte sich Russland über das Ausbleiben der zweiten Front. So ließen sich die westlichen Alliierten verleiten, doch einen Landungsversuch in Nordfrankreich an der Atlantikküste zu wagen, der allerdings kläglich scheiterte.

 

 

Zitat
In der Nacht vom 18. auf den 19. August 1942 überquerte die Invasionsflotte den Ärmelkanal in Richtung Dieppe. Es war eine warme Sommernacht. Das Meer war ruhig, es herrschte völlige Windstille. Der Mond beleuchtete die Umrisse von 237 in Kiellinie fahrenden britischen Zerstören, Truppentransportern, Torpedo- und Landungsbooten.
An Bord der Schiffe warteten rund 6200 Mann auf ihren Einsatz: etwa 5000 Infanteristen aus Kanada und 1100 Mann britische Kommandotruppen, dazu 15 französische Soldaten, die sich in Großbritannien freiwillig gemeldet hatten, und etwa 50 amerikanische Rangers. So nannte sich die gerade in den USA aufgestellte Eliteeinheit, die nach dem Vorbild der britischen Spezialkräfte gebildet worden war. Dieppe sollte ihr erster Kampfeinsatz werden.

Zunächst verlief alles plangemäß: Zehn Seemeilen vor der Küste stoppten die Schiffe um drei Uhr morgens ihre Maschinen, die Soldaten wechselten in die Landungsfahrzeuge. Die Funkstille war eingehalten worden; feindliche Marinekräfte oder Flugzeuge befanden sich offenbar nicht in der Nähe. Alles sprach dafür, dass das "Operation Jubilee" gelingen würde.

Zuerst an Land gehen sollten die britischen Kommandotruppen, deren Angriffsziel die Geschützstellungen westlich und östlich Dieppes waren. Sie sollten sie erobern und außer Gefecht setzen. Für die kampferprobten Männer war eine Landung genau zum Zeitpunkt der Dämmerung vorgesehen, um 4:50 Uhr.

Doch das auf die Geschützstellung bei Berneval östlich Dieppes angesetzte Kommando Nr. 3 hatte Pech. Genau um 3:47 Uhr kreuzte der Kurs ihrer abgedunkelten Landungsboote die Route eines kleinen deutschen Küstenkonvois, der ebenfalls ohne Positionslichter fuhr. Ehe die britischen Seeleute ein Ausweichmanöver einleiten konnten, explodierten Leuchtgeschosse und tauchten das dunkle Meer in gleißendes Licht. Das Überraschungsmoment war dahin.

Am Abend des 19. August 1942 zogen die Generalstäbe beiderseits des Ärmelkanals Bilanz. Von den rund 6200 eingesetzten alliierten Soldaten kehrten nur 1450 zurück. Auch die Royal Navy erlitt mit 550 und die Air Force mit 153 Männern schwere Verluste. Auf deutscher Seite zählte man knapp 600 Mann Verluste, davon etwa die Hälfte Gefallene.
Die Generalprobe für die Invasion war katastrophal gescheitert.

Zitatende
Quelle: https://www.welt.de/kultur/history/article108555676/Dieppe-Katastrophe-bei-Generalprobe-zum-D-Day.html

Beobachter sahen in dieser dann fehlgeschlagenen Aktion nur einen politischen Aspekt, zurückzuführen auf den ständigen Druck aus dem sowjetischen Lager, endlich eine Front auf der Westseite des Deutschen Reiches aufzubauen.
 

 

 

Zitat
Donnerstag, 19. August 1942
Eine großangelegte Landung englischer, amerikanischer, kanadischer und de Gaulle Truppen in der Stärke etwa eine Division als erste Welle, die in den heutigen Morgenstunden gegen die französische Kanalküste bei Dieppe unter dem Schutz starker See und Luftstreitkräfte und unter Einsatz von gelandeten Panzern geführt wurde, ist durch die am Küstenschutz eingesetzten deutschen Kräfte unter hohen blutigen Verlusten für den Gegner zusammengebrochen. Seit 16:00 Uhr befindet sich kein bewaffneter Feind mehr auf dem Festland.
Zitatende
Quelle: Die Wehrmachtsberichte – Verlag Literatur und Bildung – Köln 1989 – Seite 254


Eben an diesem 19. August 1942, als in Dieppe an der französischen Atlantikküste ein Landungsversuch der Alliierten scheiterte, befahl General Paulus den Angriff auf Stalingrad.

Am 24. August 1942 dann hielt Generalstabschef Franz Halder dem Führer bei einer mittäglichen Lagebesprechung vor, dass man die bedrängte 9. Armee auf eine verkürzte Linie zurücknehmen müsse:

 

 

Zitat
Ich habe sie, mein Führer. Aber da draußen fallen die braven Musketiere und Leutnants zu Tausenden und Abertausenden als nutzlose Opfer in aussichtsloser Lage, nur weil die Führung nicht den einzig möglichen Entschluss durchführen darf und ihnen die Hände gebunden werden.
Zitatende
Quelle: Franz Halder – Kriegstagebuch – Bd. II, S. 510 – 24.08.1942 in Volker Ullrich ‘Adolf Hitler‘ – S. Fischer-Verlag – 2018 - S. 355


Hierauf kam es zu einem Tobsuchtsanfall Hitlers, währenddessen er die ‘Beziehung‘ zu Halder in rüdestem Ton abrach
Halder wusste: „Jetzt ist es aus!“

Dort besiegelte das Schicksal den endgültigen Beginn zum Untergang des Nazireichs.
Es war dies ein Datum, doch sollte es sich noch Jahre hinziehen, dass Nazi-Deutschland kapitulierte

Am 31. August 1942 berichtete Generalfeldmarschall List dem ‘Führer‘, dass die Divisionen seiner Heeresgruppe angesichts des starken Widerstands der sowjetischen Truppe zu einer Wiederaufnahme der Offensive nicht in der Lage seien. Wieder geriet Hitler außer Fassung, denn er blieb dabei, dass er die Ölgebiete bei Grosny in seine Hand bekommen müsse, um bis nach Astrachan am Kaspischen Meer vorstoßen zu können. Baku könne dann gegebenenfalls im nächsten Jahr in Angriff genommen werden.

Der Sommer 1942 neigte sich dem Herbst und endete in einer schweren Vertrauenskrise zwischen Hitler, seinem Führungsstab und seinen militärischen Ratgebern. Sämtliche Kontakte zu seinem Stab reduzierte der auf notwendige Zusammenkünfte, die gemeinsamen Essen fielen für ihn aus, seinen Sitz an der Tafel nahm bezeichnenderweise Bormann ein.

Hitlers Hass- und Wutausbrüche sind auch zu sehen in seiner offenbar steigenden Erkenntnis, dass er sich in seinen Kriegsvorstellungen verrannt hatte. Der Winter stand bevor und er sah das Land wieder in seiner Weite schneebedeckt vor sich. Den feldgrauen Rock wolle er von sich werfen, das Ende für alles herbeiführen.

Der bisherige Vormarsch auf den Kaukasus kam zum Stocken, die Eroberung von Stalingrad erwies sich als schwer zu bewerkstelligen. Zwar erreichte ein Panzerkorps am 23. August 1942 die Wolga nördlich der Stadt, aber man musste erkennen, dass sich die Eroberung als außerordentlich schwer darstellte.

General Paulus, der am 21. August 1942 den Angriff für seine 300.000 Mann starke Armee befohlen hatte, flog am 12. September 1942 ins Führerhauptquartier im ukrainische Winniza und gab dort seine Bedenken gegen die Vorstellung manch ‘williger‘ Berater bekannt, man könne Stalingrad im Handstreich nehmen. Er sah die Gefahr russischer Angriffe nördlich und südlich der Stadt, wovon Hitler nichts hören wollte. Er sah die Russen geschwächt und zu einem effektvollen Angriff für nicht befähigt.

Es kam anders.
Ein verbissener Stellungskrieg entbrannte um jeden Straßenzug Stalingrads, mal war ein Häuserblock in der Gewalt der Wehrmacht, dann wieder unter Kontrolle der russischen Armee.
Trotz der Eindeutigkeit der Lage, sah Hitler die Stadt fälschlicherweise in Kürze fallen, es könne der Feldzug im Kaukasus wieder aufgenommen und bis in die Ebenen von Mesopotamien wieder aufgenommen werden, um England von den dortigen Ölquellen abzuschneiden.

Immer wieder ließ sich die deutsche Bevölkerung einlullen, immer wieder gelang es Hitler, mit ausschweifenden Reden die Menschen aufzurütteln, der Sieg sei nah. Aber man glaubte auch der gesteuerten Propaganda nicht mehr und zweifelte an den Worten der Reichsführung.

Die immer noch verbreitete Zuversicht kam bei den Menschen nicht mehr vorbehaltlos an, denn auch an einem anderen Kriegsschauplatz bahnten sich Verluste an.

Im Juni 1942 hatte Rommel auf seinem Siegeszug entlang der nordafrikanischen Küste die Festung Tobruk erobert. 30.000 britische Soldaten gerieten in deutsche Gefangenschaft. Jetzt wendete sich das Blatt, als am 23. Oktober 1942 die Briten unter General Montgomery eine Gegenoffensive begannen und am 2. November 1942 die deutschen Linien durchbrachen. Hitler telegrafierte, der ‘Wüstenfuchs‘ solle in jedem Fall die Stellung halten, da aber hatte Rommel den Rückzug nach Westen bereist eingeleitet.

Ein weiteres Großereignis leitete eine Wende ein, als am 9. November 1942 – Hitler hielt sich zur Feier des Jahrestages des November-1923-Aufstandes in München auf – westliche Truppen in Algerien und Marokko eine weitere Front gegen Nazi-Deutschland eröffneten.
Diese Kampfmassierung endete dann im Mai 1943 vor den Toren von Tunis für die Achsenmächte ruhmlos mit 150.000 Soldaten, die in britische Gefangenschaft gerieten.

An der Ostfront musste Goebbels für Stalingrad dramatische Entwicklungen zur Kenntnis nehmen. Die Russen hatten die Stadt mitsamt den deutschen Truppen in und um die Stadt umklammert, was eine bedrohliche Situation für 260.000 Mann in 22 Divisionen hervorrief.

Diese 6. Armee habe auszuhalten, egal, was geschehe – so Hitler, obwohl ihm klar geworden sein muss, dass dies hier das Ende bedeuten würde, zumal das Versprechen Görings, die Soldaten aus der Luft täglich mit 500 Tonnen Lebensmitteln und Munition ausreichend zu versorgen, illusorisch war.
Die Reichweiten und die maximal mögliche Zuladung waren mit dem Bestand an Transportflugzeugen nicht zu erzielen. Die Flugzeuge hatten im Feindgebiet keine Möglichkeit zum Nachtanken, mussten also den Treibstoff für den Rückflug mitführen und konnten damit kaum Verwundete zurücknehmen.
Einen Ausbruch aus dem Kessel von Stalingrad verbot Hitler. Damit war das Schicksal der 6. Armee besiegelt.

Der Besuch des italienischen Außenministers Ciano am 18. Dezember 1942 in der Wolfsschanze führte nicht zu dem vom Duce favorisierten Sonderfrieden mit Stalin. Allein den Gedanken wies Hitler zurück, da Nazi-Deutschland und Russland aufgrund der Lage an den Fronten sich niemals auf einen Sonderfrieden einigen könnten.

So ging das Jahr 1942 an den Fronten mit aussichtslosen Kämpfen und im Reich mit machtvollen Fliegerangriffen der Briten und Amerikaner auf deutsche Städte und außenliegenden Rüstungsanlagen wie Verkehrswegen und sonstiger Infrastruktur zu Ende.

 

1942, vor achtzig Jahren, kämpfte Nazi-Deutschland in der Ukraine, Jetzt, achtzig Jahre später, 2022 kämpft Russland in der Ukraine, um das Land zu vereinnahmen.

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Kalenderblatt

 

 

Zitat
Vor 100 Jahren
Als Wilhelm Furtwängler Chefdirigent der Berliner Philharmoniker wurde

 

 


Am 20. März 1922 übernahm Wilhelm Furtwängler, längst international gefeierter Dirigent, die Leitung der Berliner Philharmoniker. Damit begann ein neues Kapitel im Leben des in seinem Inneren künstlerisch wie politisch höchst dissonanten Musikers.
Viel später erst wird er der Prophet Beethovens, Bruckners, Wagners.


Als Furtwängler am 20. März 1922 in Berlin den Vertrag mit Deutschlands wichtigstem Orchester unterzeichnet, ist er noch der rastlos Umtriebige, sich selbst Suchende – Nachfolger des legendären Arthur Nikisch, dessen Tod plötzlich eine jahrzehntelange Berliner Karriere beendet hat.
Von Wolfgang Schreiber | Foto: dhm.de


Der charismatische Aufsteiger des Jahrzehnts

Der lustige „Barbier von Sevilla“ war in den „Goldenen Zwanzigern“ offenbar kein Fremdkörper in der Berliner Philharmonie des jungen Wilhelm Furtwängler. In Berlin 1886 geboren, in München als Sohn eines prominenten Archäologieprofessors in die hohe Geisteswelt aufgenommen, hatte Furtwängler als ernster Komponist begonnen, er wurde Dirigent, bekam eine Stellung in Straßburg und Lübeck, danach am Nationaltheater zu Mannheim, dirigierte schon in Frankfurt, Wien, Amsterdam, gastierte in New York. Furtwängler war der charismatische Aufsteiger des Jahrzehnts. Der Publizist Carl Krebs stellte den Dreiunddreißigjährigen seinen Lesern als Ausdruckskünstler vor – 1919 in dem Buch „Meister des Taktstocks“.

„Ein Dirigent von größter Zartheit und Innigkeit ist Wilhelm Furtwängler, der auch im Konzertsaal das Publikum zu erwärmen und zu fesseln versteht. Er liebkost förmlich das Orchester und weiß es gleichzeitig geistig zu durchdringen, kann es heftig aufflammen lassen.“

Der frühe Furtwängler als Avantgardist

Dem jungen Furtwängler ist die Wiener Klassik, zumal Beethoven, noch nicht das Dringlichste. In den Konzerten seiner frühen Berliner Jahre glänzen die Novitäten, Furtwängler dirigiert Ravel und Debussy, Skrjabin und Strawinsky, Bartók und Hindemith, er leitet 1928 die Uraufführung der sperrigen Orchestervariationen Arnold Schönbergs. Furtwänglers frühe Konzerte verbreiten den Glauben an den musikalischen Fortschritt, sie verunsichern das ältere und begeistern das junge philharmonische Publikum. Und die Wiener Philharmoniker laden ihn ans Pult, doch Furtwängler bleibt Berlin treu, die Wiener gewinnen dauerhaft seine Partnerschaft.

Zerrissen zwischen dem Dirigieren und Komponieren

Furtwänglers im Zweiten Weltkrieg komponierte zweite Symphonie dröhnt dunkel. Der Dirigent fühlte sich stets als Komponist zu eigener Musik berufen. Da tönte sein tiefer künstlerischer Zwiespalt. Den konnten auch die Triumphe am Dirigentenpult nicht aufheben. Die Folge – eine Art innerer Dissonanz.

„Meine Dirigentenkarriere ist ernsthafter Erwähnung nicht wert. In Wirklichkeit war das Dirigieren das Dach, unter das ich mich im Leben geflüchtet habe, weil ich im Begriff war, als Komponist zu Grunde zu gehen.“

Zwischen Opportunismus und Resignation

Furtwänglers Brief an den Lehrer Ludwig Curtius macht eine tragische Zerrissenheit sichtbar. Vollends ins Wanken geriet sein Leben im NS-Deutschland, als er, die Symbolgestalt deutscher Musikkultur, die Emigration verweigerte, Amerika hatte eingeladen. Gegen Kriegsende wählt er die Flucht in die Schweiz. Furtwänglers politische Haltung zwischen Opportunismus und Resignation bleibt deutungsoffen. Wenige Jahre vor dem Tod 1954 heben die alliierten Siegermächte das Dirigierverbot auf, die Berliner Philharmoniker holen ihn zurück. Dokumentiert ist ein Beethoven-Konzert mit Stockholms Philharmonikern 1948. Die Orchester-Probe der Leonoren-Ouvertüre zeigt ungebrochen Furtwänglers Energie der Spannung des Augenblicks.

Zitatende

Quellen: https://www.deutschlandfunk.de/wilhelm-furtwaengler-102.html

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Vor achtzig Jahren

Bayreuth - Kriegsfestspiele 1942

Im Jahr 1930 hatte sich die Situation für die Wagners in Bayreuth geändert.
Am 1. April starb Cosima, am 4. August Siegfried.
Gemäß dem gemeinschaftlichen Testament Siegfried und Winifred Wagners vom 8. März 1919 ergab sich folgende Regelung:

 

Zitat
Frau Winifred Wagner wird Vorerbin des gesamten Nachlasses des Herrn Siegfried Wagner.
Als Nacherben werden bestimmt die gemeinsamen Abkömmlinge der Ehegatten Wagner zu gleichen Stammteilen.
Die Nacherbfolge tritt ein mit dem Tode oder mit der Wiederverheiratung der Frau Winifred Wagner.

Die Erben erhalten bezüglich des Festspielhauses folgende Auflage:
Das Festspielhaus darf nicht veräußert werden. Es soll stets den Zwecken, für den es sein Erbauer bestimmt hat, dienstbar gemacht werden, einzig also der festlichen Aufführung der Werke Richard Wagners.

Zitatende


Quelle: https://www.grin.com/document/230533

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Unbeeinflusst von den Problemen in den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten Norwegen, Dänemark, Benelux-Staaten, Frankreich, Polen, Jugoslawien, Griechenland, den eigentlichen Kriegsgebieten Ukraine, Russland, Nordafrika und der Mangelernährung der deutschen Bevölkerung im ‘Reich‘ begannen im Juli 1942 in Bayreuth die Wagner-Festspiele.

Die Einwohner der Stadt und der Umgebung waren empört, dass den Festspielgästen wieder einmal – wie schon 1940 – Sonderkonditionen eingeräumt wurden.

Damals hatte Hitler entschieden, dass die Festspiele ohne öffentlichen Kartenverkauf weitergeführt, ‘das Reich‘ die Kosten übernehmen und Besucher von der Organisation ‘Kraft durch Freude‘ nach Bayreuth geleitet werden sollten.

Fast 20.000 Arbeiter und Soldaten wurden in Sonderzügen herangeschafft, am Bahnhof von einer Musikkapelle begrüßt und den Organisatoren empfangen. Jeder erhielt von KdF ein Gutscheinheft für Quartier, die Aufführung, Vorträge, Führungen, Mahlzeiten, Zigaretten, Süßigkeiten, Fettkuchen und ein Glas Wein.

Uniformen bestimmten das Bild: die grauen des Heeres, die blauen der Marine, die hellblauen der Flieger - dazwischen Krankenschwestern in Tracht mit weißen Häubchen und Rüstungsarbeiterinnen.

 

 

Zitat
[…]
Nun waren die Festspiele völlig von Hitler und der Partei abhängig. Aber die KdF-Lösung hatte für Winifred Wagner große Vorteile. Sie musste nicht mehr mühsam Karten verkaufen, Werbung und Pressearbeit machen. […]

Außerdem verdiente das Haus Wagner sicheres Geld für relativ wenig Arbeit.
KdF übernahm alle Karten en bloc und ersetzte für sämtliche Ausgaben der Festspiele, also Honorare, Beleuchtung, Kostüme, Reinigung, Abschreibungen usw. Auf diese Kosten schlug Winifred ihre Gewinnspanne von fünf Prozent auf, was jährlich 30 – 50.000 Mark ausmachte, etwa so viel, wie Tietjen oder ein Star-Sänger wie Max Lorenz erhielt. […]

Nebeneinnahmen wie Garderobengeld und Führungen brachten rund 18.000 Mark ein, dazu kamen Tantiemen für Schallplatten und die nun häufigen Rundfunkübertragungen (rund 15.000 Reichsmark) sowie Zinsen von rund 24.000 Mark, eine wahrhaft komfortable Situation, die sich Richard wie Cosima und Siegfried Wagner nicht hätten träumen lassen.
Zitatende

Quelle: Brigitte Hamann – Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth – Piper München – 2002 – Seite 420
 

 

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Anfang des Jahres 1942 hatte Winifred Wagner als Festspielleiterin bei Hitler angefragt, ob die Festspiele in Anbetracht des problematischen Ausgangs des ersten Kriegswinters 1941/1942 im Osten überhaupt stattfinden sollten.

 

Quelle: Foto musiklexicon.ac.at

Der ‘Führer‘ beantwortete die Anfrage sofort positiv und so konnte Bayreuth am 12. Februar 1942 bestätigen, dass man glücklich sei, auf diese Weise seinen Beitrag zum Gewinn der Unternehmen zur Erweiterung des Lebensraums des deutschen Volkes im Osten leisten zu können.
Man müsse aber bedenken, was man spielen wolle. Immerhin kämen ja doch sehr viele Verwundete, die durch KdF die Möglichkeit erhielten, einmal Wagner an ‘Ort und Stelle‘ zu erleben. Man könne den Tristan kaum aufführen, denn die armen Soldaten wären kaum in der Lage, den 3. Akt mit den Fieberphantasien des Helden - ohne an das eigene Leid erinnert zu werden - durchzustehen. Außerdem sei unklar, ob Germaine Lubin wiederkäme.




Foto: Germaine Lubin als Isolde
Quelle: Brigitte Hamann – Hitlers Bayreuth –Piper München – 2002 - Seite 393
https://www.youtube.com/watch?v=7Dgb6z4RLbk

Und ob die Isolde mit ihr besetzt werden könne.
Immerhin hatte sie ja gerade 1941 unter Karajan im besetzten Paris die Isolde gesungen.

  

Foto_Bundesarchiv_Bild_183-R92291,_Herbert_von_Karajan_und_Germaine_Lubin

Auch den Ring - mit seinen vier Abenden - könne man kaum als Ganzes zeigen, die Zuschauer reisten ja eher für die einzelnen Vorstellungen an und blieben nicht für sieben Tage, zählt man die freien Tage zwischen Walküre und Siegfried und zwischen Siegfried und Götterdämmerung hinzu – so wäre es doch eher angebracht, die ‘Meistersinger‘ zu geben, die ihre aufbauende Wirkung kaum verfehlten und so zum Erfolg beitrügen, den man beim Publikum in diesen schweren Zeiten erzielen wolle.

Am Geld lag es nicht, die Produktionen wurden wieder vom Reich finanziert und so war es auch möglich, dass Tietjen die Gagen heraufsetzen konnte. Lagen sie im Jahr 1941 noch bei 391.000 Mark, so erhöhte sich die Gesamtsumme in 1942 auf 622.000 Mark.

Hitler stimmte zu und Wieland sollte die Bühnenbilder machen. Als aber Tietjen die Zahl der Statisten für den 3. Akt Meistersinger reduzieren wollte, protestierte Wieland in Briefen an Tietjen, Preetorius und Winifred. Weniger als 500 Personen auf der Bühne dürften es nicht sein, das widerspreche dem Willen des Dichterkomponisten Richard Wagner.
Wieland teilte mit, wenn er nicht die volle Mannschaft bekäme, mache er die Bühnenbilder eben nicht, er werde zu Hitler fahren, der möge dann entscheiden.
Deutlich zeigt sich, wie sehr die Stimmung auf dem Grünen Hügel zur damaligen Zeit vergiftet war, wurde doch dieser Brief von einem Rechtsanwalt aufgesetzt und von Wieland nur noch unterschrieben.

Durch die Verbindung der Wagner-Enkel Verena, Wieland und Wolfgang zu ‘Wolf‘, dem Reichskanzler und ‘Führer‘ - Friedelind hatte sich ja schon 1939 aus Hitler-Deutschland nach England und US-Amerika abgesetzt - war für Winifred die Gefahr verbunden, dass ‘ihr Heinz Tietjen‘ bei Hitler in Ungnade fallen und vom Posten des Bayreuther Festspielleiters abgesetzt würde.

Es galt auch zu bedenken, dass die Wagner-Junioren sehr wohl wussten, dass Goebbels gegen den von Göring protegierten Tietjen als Leiter des Berliner Staatstheaters war, und sich liebend gerne den Aufmüpfigen aus Bayreuth anschließen wollte.
Wieland soll gesagt haben, dass er schon dafür sorgen werde, dass Tietjen in Bayreuth und in Berlin kaltgestellt werde.

Daraufhin fuhr die Festspielchefin Winifred kurz entschlossen nach Berlin, wurde von Hitler überraschenderweise auch empfangen und konnte erreichen, dass wegen der Kriegslage überhaupt keine Neuinszenierung in Frage käme. Somit auch keine Meistersinger. Bei einer solchen Neuinszenierung wolle er, Hitler, schließlich dabei sein, was aber 1942 wegen der Lage des Reichs nicht möglich sei. Er plädiere auch nicht für 1943, da sei die Sache mit Russland noch zu Ende zu bringen. Aber der Krieg sei 1944 schließlich abgeschlossen. Und dann solle sofort mit dem Um- und Anbau des Festspielhauses begonnen und diese Maßnahme innerhalb eines Jahres beendet werden.




Foto: Der Festspielhügel in den Plänen für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg
Zitiert nach: Brigitte Hamann – Hitlers Bayreuth –Piper München – 2002 - Seite 346

Die Stückfolge für die Festspiele wurde dann mit Hitler für 1942 abgestimmt.
Gegeben wurde:
12 mal Holländer
01 mal Ring
04 mal Götterdämmerung

Besonders überschattet waren die Festspiele in dieser Zeit vor allem durch die Zwistigkeiten - innerhalb der künstlerischen Leitung und der Familie.
Der aufsässige und sich ungehörig aufführende Enkel Richard Wagners – Wieland – meinte die Leitung der Festspiele für sich beanspruchen zu können und intrigierte gegen seine Mutter und gegen Tietjen, der sich einem Vernichtungskrieg ausgesetzt sah, und Preetorius als dem Leitungsteam bei Hitler. Der ‘Führer‘ wiederum war der Meinung, nun doch einem gerade mal 25-Jährigen die Leitung der Festspiele nicht übertragen zu können. Er vertröstete Wieland auf spätere Zeiten.
Zitiert nach: Brigitte Hamann – Hitlers Bayreuth –Piper München – 2002 - Seite 436

Friedelind war durch Wieland ja erfolgreich im Einvernehmen mit der Mutter beiseite gedrängt und ausgeschlossen, dass
Zitat
„…. die Friedelind bei den Festspielen mitwirke, bevor der Wieland soweit sei.“
Zitatende
Quelle: Gertrud Strobel – Tagebuch – Richard-Wagner-Archiv – in Brigitte Hamann – Hitlers Bayreuth –Piper München – 2002 - Seite 328

Friedelind hatte sich in Tietjen verliebt, der aber stand ja Winifred nah bzw. sie ihm, denn er war die Liebe ihres Lebens und sie war entsetzt:
Zitat
„mich schmeißt er sozusagen heraus und lässt sich die Maus kommen, für die er Zeit zu haben behauptet und für mich hat er keine Zeit.“
Zitatende
Quelle: Winifred Wagner an Helena Roesener – in Brigitte Hamann – Hitlers Bayreuth –Piper München – 2002 - Seite 328

So musste Tietjen hier einen Schlussstrich ziehen. Außerdem war klar, dass Friedelind keine Chance als Festspielleiterin hätte, gegen Wieland aufzukommen, den Hitler ja für ein Genie hielt. Er empfahl Friedelind, sich der Kleintierzucht zuzuwenden – wenn sie da Unterstützung brauche, könne sie sich ja an den Reichsjägermeister – also an Göring – wenden.

Am 14. Februar 1942 schon hatte sich Friedelind aus New York gemeldet. An der Met gab man anlässlich des 59. Todestages von Richard Wagner den Tannhäuser mit deutschsprachigen Sängern und in der Sprache des Autors. Friedelind nutzte die Gelegenheit zu einem Interview, das sie mit der Tochter von Thomas Mann, Erika, führte und in dem sie sich fragte, ob denn Richard Wagner in den Zeiten in Deutschland geblieben wäre oder - wie sie - ins Ausland emigriert wäre, kam sie zu der Festlegung, ihr Großvater wäre selbstverständlich gegangen, denn die Freiheit hätte für ihn alles bedeutet.
Hitler, der Gotteslästerer, hätte Richard Wagner zu seinem Liebling gemacht und deswegen sei sie aus Deutschland weggegangen. (Hitlers Bayreuth Seite 437)

Winifred war weiterhin besorgt um den Bestand der Festspiele, denn viele der von ihr früher engagierten Künstler – Bockelmann und Prohaska - wurden von Wieland abgelehnt bzw. durften in Deutschland nicht mehr auftreten. (Hitlers Bayreuth Seite 436)

Dies betraf allerdings nicht den Bayreuther Tenor Max Lorenz, in den sich die Enkelin Friedelind nach Tietjen verliebt hatte und die hoffte, dass die NS-Reichsrassegesetze in Zukunft schärfer ausgelegt würden, dass Lorenz sich von seiner jüdischen Frau endgültig trennen müsse. Außerdem werde es ihr gelingen, aus dem an Frauen nicht interessierten Sänger einen richtigen Mann zu machen.
 

 

 

Zitat
Der war homosexuell, aber seit 1932 mit der Sängerin Charlotte (Lotte) Appel (1897–1964) verheiratet, einer Jüdin, die später auch als seine Managerin tätig war. Seine Homosexualität war von den Nationalsozialisten zunächst stillschweigend geduldet worden.

Als Lorenz jedoch wegen einer Affäre mit einem jungen Mann vor Gericht gestellt wurde, teilte Adolf Hitler der damaligen Leiterin der Bayreuther Festspiele Winifred Wagner mit, Lorenz sei für die Festspiele untragbar geworden.

Winifred Wagner soll ihm laut eigener Schilderung entgegnet haben, in diesem Fall könne sie „Bayreuth schließen“, denn ohne Lorenz sei „Bayreuth nicht zu machen“. Nach dem Ende des Gerichtsverfahrens versicherte ihr Hitler, Lorenz dürfe auch künftig in Bayreuth auftreten. 


 

Foto: https://elmiradornocturno.blogspot.com/2015/01/max-lorenz.html

Was seine jüdische Ehefrau betraf, bestand Lorenz darauf, sich mit ihr in der Öffentlichkeit zu zeigen, ein Verhalten, das von den Nationalsozialisten als Provokation empfunden wurde. Als SS-Leute während Lorenz’ Abwesenheit seine Frau und seine Schwiegermutter aus der Wohnung abholen sollten, konnte dies im letzten Moment verhindert werden: Lotte Lorenz konnte über eine Telefonnummer, die sie von Hermann Görings Schwester erhalten hatte, mit einer vorgesetzten Stelle telefonisch Kontakt aufnehmen; von dort erging an die SS-Leute die Weisung, die Wohnung zu verlassen und die Frauen unbehelligt zu lassen. Als Reaktion auf diesen Vorfall dekretierte Göring mit Schreiben vom 21. März 1943, Lorenz stehe unter seinem persönlichen Schutz; jedes Vorgehen gegen Lorenz, dessen Frau und deren Mutter habe zu unterbleiben. Waldemar Kmentt zufolge soll Max Lorenz seine privilegierte Stellung im Dritten Reich dazu verwendet haben, neben seiner Frau auch etliche jüdische Freunde und Kollegen vor Verfolgung zu schützen. Lorenz stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ sich Lorenz in Wien nieder und erwarb die österreichische Staatsbürgerschaft. Er war in dieser Zeit der führende Heldentenor an der Wiener Staatsoper und absolvierte auch zahlreiche Gastspiele an ausländischen Opernbühnen. In Bayreuth sang Lorenz zum letzten Mal 1954; dann folgten regelmäßige Auftritte bei den Salzburger Festspielen. Von 1962 bis 1974 unterrichtete Lorenz am Mozarteum in Salzburg und privat in München und Salzburg.
Zitatende
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Lorenz_(S%C3%A4nger)
Biographie Max Lorenz und dessen Auftritte/Rollen bei den Bayreuther Festspielen


Das Verhalten des 25-jährigen Wagner-Enkels Wieland konnte die 45-jährige Mutter nicht beiseiteschieben, die sich bester Gesundheit und Tatenlust erfreute. Gerade weil Wieland dies deutlich wurde, sabotierte er weiter und versuchte im August 1942 in einem 11-seitigen Brief an Hitler nun die Reputation von Preetorius ins Wanken zu bringen. Dabei führte er aus, dass der Bühnenbildner schon in den dreißiger Jahren die Szene - immerhin unter der Leitung von Siegfried - durch kubistische und expressionistische ‘Machwerke‘ verschlankt hatte, was den Vorstellungen des Meisters Richard angeblich niemals entsprochen hätte.
Hier kam eine Aussage Siegfried Wagners zum Tragen, der 1926 sinngemäß meinte: für hypermoderne Moden ist Bayreuth nicht da, das widerspricht dem Stile der Werke, die ja nicht kubistisch-expressionistisch-dadaistisch gedichtet und komponiert sind.

(Zitiert nach Peter Pachl - 'Siegfried Wagner - Genie im Schatten' - 1988 - Langen-Müller-Verlag - Seite 415)

Mutter Winifred ließ der Ungehörige wissen, sei nur eine ‘Zugelaufene‘, habe nichts mit dem Blut der Wagners zu tun, sie, die im Grunde nur als ‘Leihmutter‘ zum Ausbrüten gebraucht wurde. Schamlos nutzte der Enkel die Dämlichkeit Hitlers, der in seiner Abhängigkeit von Wagners Werk alle rationalen Einsichten beiseiteschob und nur in Sentimentalitäten schwamm.

Der Enkel meinte auch, Einfluss auf die Sendebetriebe des Großdeutschen Rundfunks nehmen zu können, in dem er vorschreiben wollte, dass nur noch Aufnahmen ihm genehmer Dirigenten gesendet werden dürften.




Quelle: Screenshot von youtube / 3sat

Immerhin merkte Goebbels die Absicht und meinte verstimmt, er wolle nicht in die Familienintrige hineingezogen werden, Bayreuth sei schon immer ein Klatsch- und Tratschnest gewesen und wer diesen Schmutz anfasse, der besudele sich auch damit.

Der Reichspropagandaminister nutzte aber seine Möglichkeit der Infiltration und Spionage, den Bayreuther Bühnenbildner Emil Preetorius in Misskredit zu bringen, als der behauptete, der habe Kontakte zu missliebigen Personen, was zur Verhaftung und Drangsalierung von Preetorius durch die Gestapo führte.

Irgendjemand intervenierte bei Hitler und Preetorius kam frei und durfte seine Tätigkeit fortsetzen.

Es dauerte zehn Jahre, dass Preetorius das Festspielhaus in Bayreuth überhaupt wieder betrat, er fühlte, dass ihn Wieland denunziert  hatte. Tietjen blieb in Berlin und Bayreuth auf seinem Posten. Hitler wusste die Spielstätten in guten Händen, da nahm er auch eine gewisse politische Unzuverlässigkeit in Kauf.

Aufgenommen wurde 1942 die ‘Götterdämmerung‘ unter Karl Elmendorff mit Martha Fuchs als Brünnhilde und Set Swanholm als Siegfried, die noch heute auf dem Markt zu haben ist.




 



Foto: en.wikipedia.org
 

 


Karl Elmendorff
erreichte seinen Karrierehöhepunkt in der Zeit von 1942 bis 1944, als er in Dresden die Nachfolge von Karl Böhm antrat und Leiter der Sächsischen Staatskapel-le Dresden und der Sem-peroper wurde. Hier entstanden künstlerisch signifikante Aufnahmen wie Hermann Goetz Der Widerspenstigen Zäh-mung, Hugo Wolfs Der Corregidor, Aubers Fra Diavolo, Luisa Miller von Giuseppe Verdi, Mozarts Don Giovanni und Webers Freischütz mit der Reichs-Rundfunk-Gesell-schaft, oftmals mit bedeutenden Sängern wie Kurt Böhme, Margarete Teschemacher, Hans Hotter oder Gottlob Frick.

In der Endphase des Zweiten Weltkriegs wurde er im August 1944 in die von Adolf Hitler genehmigte Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Dirigenten aufgenommen, was ihn von einem Kriegseinsatz, auch an der Heimatfront, bewahrte.

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Martha Fuchs
stand dem nationalsozialistischen Regime distanziert gegenüber.
Legendär ist ihr angeblich im schwäbischen Dialekt geführtes Gespräch in Bayreuth mit Hitler im Jahr 1938:
„Herr Hitler, Sie mache ä Krieg, das dürfe Sie net.“
Auf Hitlers verneinende Beteuerung antwortete Fuchs: „Ich traue Ihnen net“.

 

Im Mai 1939 fragte Hitler sie bei einem neuerlichen Empfang:
„Frau Fuchs habe ich ä Krieg gemacht?“

Marta Fuchs soll geantwortet haben:
„Ich traue Ihnen trotzdem net. Sie machen einen“.

Ab 1944 stand sie trotz ihrer direkten Aussagen in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.

Foto: archive.org

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Set Svanholm
debütierte im Jahre 1930 als Silvio in Ruggiero Leoncavallos Bajazzo als Bariton an der Königlichen Oper Stockholm.
Sechs Jahre später debütierte er im Tenorfach, ebenfalls an der Königlichen Oper Stockholm, als Radames in Giuseppe Verdis Aida.
Danach sang er an allen großen Opernbühnen in Europa. 1938 trat er auch in zwei Produktionen bei den Salzburger Festspielen auf.
Von 1945 an war er elf Jahre lang Mitglied der Metropolitan Opera in New York.
1956 kehrte er nach Schweden zurück und wurde Direktor der Königlichen Oper in Stockholm. Diese Position behielt er bis 1962.
Foto: europeana.eu

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Friedrich Dalberg
studierte in Dresden Gesang und debütierte 1931 an der Oper Leipzig als Monterone in Rigoletto. Dort sang er bis 1944 Sarastro, Osmin, Philipp II., Heinrich der Vogler und war in mehreren weiteren Wagner-Rollen zu sehen.

Bei den Bayreuther Festspielen (1942–44 und 1951) sang Dalberg Fafner, Hagen und Pogner. Von 1947 bis 1951 war er als erster Bassist an der Bayerischen Staatsoper in München engagiert.

Dalberg wurde 1951 Ensemblemitglied des Royal Opera House im Londoner Covent Garden. 1957 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er ein Engagement am Nationaltheater Mannheim annahm. Bis zu seinem Rückzug von der Bühne 1970 hatte er dort die Position des ersten seriösen Bassisten inne.
Foto: BT-Festspiele

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[…]
Bei der Umsetzung von Wünschen Hitlers in Bezug auf die Festspiele gab es keinerlei Schwierigkeiten mit der Leitung:

So konnte Hitler den von ihm geschätzten Bühnenbildner Roller für die Neuinszenierung des Parsifal 1934 erfolgreich vorschlagen, zudem initiierte er den ab 1938 jährlichen Turnus der Festspiele.

Noch entscheidender war seine Anweisung, ab 1940 ’Kriegsfestspiele’ abzuhalten.

’Bayreuth’ wurde im Dritten Reich zu dem, was Thomas Mann sehr treffend “Hitlers Hoftheater“ bezeichnet hat.

Diese Vereinnahmung bedeutete den öffentlichkeitswirksamen und propagandistischen Missbrauch ’Bayreuths’ als Repräsentationsbühne und kulturelles Aushängeschild des NS-Staates.

Zitatende
Quelle: Helmut Strauss – ’Bayreuth im Dritten Reich’ – Science Factory – 2013 – Seite 56
 

 

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Bemerkungen zur szenischen Umsetzung von Eugen Onegin einer Produktion der Niedersächsischen Staatsoper Hannover GmbH

„Hier in dem Hause“

Zitat

Nds. Staatsoper Hannover

im Klang der Lieder mich weit weg zu träumen …
Wie liebe ich es, beim Klang der Lieder mich weit weg zu träumen … Wie liebe ich es, beim Klang der Lieder mich weit weg zu träumen … Wie liebe ich es, beim Klang der Lieder mich weit weg zu träumen … Wie liebe ich es, beim Klang der Lieder mich weit weg zu träumen … Wie liebe ich es, beim Klang der Lieder mich weit weg zu träumen … Wie liebe ich es, beim Klang der Lieder mich weit weg zu träumen … Wie liebe ich es, beim Klang der Lieder mich weit weg zu träumen …

Eugen Onegin

Oper von Peter Tschaikowski (1840–1893)
nach dem Versroman von Alexander Puschkin


Premiere

21. Mai 2022

Opernhaus

Einführung: 30 Minuten vor Beginn

In russischer Sprache mit deutschen Übertiteln

ca. 3 Stunden 15 Minuten, eine Pause

Ab 14 Jahren

Musikalische Leitung James Hendry

Inszenierung Barbora Horáková

Bühne Susanne Gschwender

Kostüme Eva Butzkies

Licht Sascha Zauner

Chor Lorenzo Da Rio

Projektionen Philipp Contag-Lada

Dramaturgie Martin Mutschler

Xchange Keith Bernard Stonum

 

Eugen Onegin James Newby

Tatjana Barno Ismatullaeva / Lidia Fridman

Olga Ruzana Grigorian

Lenski Pavel Valuzhin

Fürst Gremin Shavleg Armasi / Pavel Chervinsky

Larina Monika Walerowicz

Triquet Robert Künzli

Filipjewna Vera Egorova

Saretzki Gagik Vardanyan / Yannick Spanier

Ein Hauptmann Gagik Vardanyan / Yannick Spanier

 

Chor der Staatsoper Hannover,

Statisterie der Staatsoper Hannover,

Niedersächsisches Staatsorchester Hannover

Zitatende

Quelle: https://staatstheater-hannover.de/de_DE/programm-staatsoper/eugen-onegin.1300540

 


Alexander Puschkin (1799 - 1837), der von den Russen als Nationaldichter so gesehen wird wie Goethe und Schiller für die Deutschen und Shakespeare für die Engländer, machte sich nicht nur durch satirische Texte gegen Minister missliebig, paktierte er auch mit den Dekabristen - einer Gruppe Intellektueller - die am 26. Dezember 1825 dem neuen Zaren Nikolaus I. den Eid verweigerten. Die Auswirkungen der französischen Revolution waren auch während der Regierungszeit seines Vorgängers, Alexander I., in Russland zu spüren, die Menschen wollten sich vom Joch des Absolutismus und den damit einhergehenden Restriktionen befreien. Der Staat war überall und Puschkin 1820 der Verbannung nach Sibirien nur durch die Intervention einflussreicher Freunde in Moskau und St. Petersburg entgangen. So war es nur das südliche Russland, in dem er zu der Zeit, statt in Petersburg oder Moskau, leben musste.

Er stand sein Leben lang 'unter Kontrolle' der Behörden wie auch später der unmittelbaren Zensur des Zaren Nikolaus I. selber.

Auch wenn Napoleon an Moskau gescheitert war und er die Ergebnisse der Französischen Revolution verspielte, so war der Kaiser der Franzosen für Puschkin immer noch die herausragende Persönlichkeit, die aus dem Dunkel der Vergangenheit den Weg zur Freiheit aufgezeigt hatte.

Puschkins Begeisterungsfähigkeit für alles Heldischfreiheitliche, seine Offenheit, über alles zu sprechen, verhinderten zu seinem Glück, dass er in den inneren Zirkel der Filiki Eteria, einen Geheimbund, der für die Befreiung Griechenlands vom türkischen Joch und Umwandlung des Landes in eine Republik eintrat, aufgenommen wurde.

Dass seine Vorstellungen für Freiheit der Völker nicht unmittelbar umgesetzt wurden, wollte er nicht zur Kenntnis nehmen. Er randalierte öffentlich herum, trat einer Freimaurerloge bei und konnte wieder nur gerettet werden, weil schöngefärbte Berichte nach Petersburg gesendet wurden.

Diese Exzesse - auch Frauengeschichten, immerhin war der Urgroßvater ein Negersklave, der Peter dem Großen zum Geschenk gemacht, dieser sein Pate wurde, wird sicherlich in jeder Hinsicht exotisch gewirkt haben und seinen Mann bei Frauen auf besondere Weise hat stehen können - auch seine Spielleidenschaft, Basis für seine 'Pique Dame', führten immer wieder zu Duellforderungen, die nicht zur Ausführung kamen, aber ihn dann doch ein solch von ihm gesuchter Händel 1837 das Leben kostete.

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Puschkin's Leben war geprägt durch die Herrschaft zweier Zaren, Alexander I. und Nikolaus I. - die Ermordung von Paul I. war ein Kindheitserlebnis.

Alexander I. - Kommentar von Napoleon: "Wenn er eine Frau wäre, hätte ich mich in ihn verliebt" - war in seinem Wirken geprägt vom Vorwurf zwar von der Abdankungsaufforderung, nicht aber von der geplanten Ermordung seines Vaters gewusst zu haben. Gegen die Verschwörer unter ihnen Fürst Platon Subow und Carl Magnus Freiherr von der Pahlen wurden vom Hof keine Strafen ausgesprochen.

Das Ende von Alexanders Vater wurde von Ernst Lubitsch 1928 mit Emil Jannings als Zar Paul I. verfilmt. Fünffach wurde 'Der Patriot' für einen Oscar nominiert, verliehen wurde er für das Drehbuch von Hans Kraly.

Entscheidend war die Erziehung von Alexander I. durch seine Großmutter Zarin Katharina II. Sie selber hielt engen Kontakt zu Voltaire - nach seinem Tod (1778) wurde sein gesamtes Werk von ihr aufgekauft und ist nun ein Teil der Nationalbibliothek in Petersburg.

Durch den Einfluss Rousseauscher Gedanken auf den jungen Zaren wurde - wie schon unter seiner Großmutter - die Bildung der Bevölkerung gefördert, Schulen gegründet - so auch 1810 das Lyzeum von Zardskoje Zelo, das Puschkin bis zum 9. Juni 1817 besuchte.

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1823 begann Puschkin mit der Niederschrift seines 'Eugen Onegin', an dem er bis 1830 arbeitete. 1825 hatte er bereits den 'Boris Godunow' beendet und die Tochter von General Rajewski - aus seinem damaligen Zufluchtsort Gursuf auf der Krim - als Vorbild für die Figur der Marina Mnischek, Tochter des Wojewoden von Sandomir, genommen.

Puschkin, der es als Intellektueller der Moskauer und Petersburger Bevölkerung gewohnt war, französisch zu sprechen - erst nach 1812 besann man sich in diesen Kreisen Russlands auf die eigene Sprache - war der Wegbereiter der russischen Literatur und hat mit dem 'Onegin' Tore aufgestoßen, durch die dann auch später Dostojewski, Tolstoi, Gogol und Tschechow gingen.

Gerade der 'Onegin' begeisterte die in Petersburg zurückgebliebenen Freunde und führte sie zum Vergleich mit Lord Byron, der ähnliche Motive aufgriff.

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Während Puschkin seine russische Gesellschaft - also die um 1820 mit ihren 'abnormen' Regeln - Napoleon hatte gerade vor weniger als zehn Jahren seinen Russlandfeldzug verloren - in den Vordergrund seines Gedichts stellte und die Einzelpersonen sich bewegen so lässt, ohne dass diese die rechten Wege zum Ziel finden, stellen Tschaikowski durch die Straffung der Vorlage besonders die Einzelschicksale in den Vordergrund.

Der hochnäsige, des Lebens überdrüssige, "dieser kühle Dandy" Onegin "mein Herz liegt mit sich selbst im Streit", der in der Stadt alles hatte, mit dem er Tage und Nächte verbringen konnte, langweilt sich angewidert am Land bei den Lenski sehr schnell. "Es fehlt hier doch, so scheint es mir gänzlich an Zerstreuung?". Onegin, der durch seine Launen das Leben der Larina'schen Gutsbewohner stört, die Verbindung Olga / Lenski mutwillig hintertreibt, einen Menschen - zudem noch seinen Freund - in ein Duell verwickelt und ihn tötet, ein junges Mädchen, das in Liebe zu ihm entbrennt, er es aber vor den Kopf stößt mit seiner arroganten Ablehnung - kommt erst nach 26 Jahren - "gelebet ziellos immerdar" - zur Einsicht.

Tatjana wird zur verträumten - "ein ernstes, nachdenkliches Wesen war eigen mir von Kindheit an" - spieltragenden Figur, das Sein der Männer, das Patriarchat gefangen in Konventionen - "ganz nach der Herrn Belieben" - , - "sie können ungestraft mich kränken, ich beug' mich wehrlos ihrer Macht" - unterstrichen durch das Duell, läuft neben ihr, die ganz in sich gefangene Lyrische in einem Leben auf dem Lande in der Brief- ,  in der Garten-, in der Ballszene - "Tod durch ihn ist süß und licht" - und in dem, ehe sie seinem Werben, erliegt - sich selbst abgerungenen - "Leb' wohl auf ewig!" - Abschied von Onegin gezeigt wird.

Orientierten sich Tschaikowski und Schilowski grundsätzlich an der Vorlage Puschkins, so änderten sie - neben den Straffungen der Handlung - den Schluss des Werkes in der Fassung 1878 (Klavierauszug) und 1881 (Partitur), was in Petersburg bei der Uraufführung Irritationen hervorrief.

Tschaikowski ließ Eugen Onegin Tatjana umarmen und in dem Moment Gremin auftreten. Er weist dann Onegin zurück und nimmt Tatjana mit - in der geänderten Version von 1881 verharrt Onegin nach seinem Liebesgeständnis in Verzweiflung mit: 'Verschmäht, verstoßen, o welch hartes Los.' Puschkin hatte wie Tschaikowski hier einen Selbstmord Onegins vorgesehen.

Tschaikowski - immer wieder zog es ihn zur Oper, obwohl ihm viel zum Theater-Dramatiker fehlte - Schumann, Schubert und auch Beethoven ging es ebenso. Es fiel ihnen leichter Instrumentalmusik zu schreiben. So gestaltete er 1878 Text wie auch Musik des 'Onegin' in Form von 'lyrischen Szenen' - sein Zeitgenossen Richard Wager, den Tschaikowski, gerade in Bezug auf den 'Ring' für einen großen Symphoniker hielt - und den er 1876 in Bayreuth als Korrespondent der Moskauer Nachrichten erlebte - behagte ihm nicht.  Das hatte sich mit der Zeit auch nicht geändert.

Am 26. November 1877 schrieb er seiner Gönnerin, Nadeshda von Meck:

"[...] Und dann habe ich auch nie begreifen können weshalb man den Ring des Nibelungen als literarisches Meisterwerk betrachtet. Als Volksepos ist er das vielleicht, aber niemals als Libretto.

All diese Wotane und Brünnhilden, Friggas usw. sind so unmöglich, so gar nicht menschlich, dass es einem schwerfällt, ihr Schicksal voll lebendiger Teilnahme zu verfolgen. Und wie farblos und leblos wirken einige Szenen! Wotan hält der ungehorsamen Brünnhilde eine Strafpredigt von einer Dreiviertelstunde. Wie langweilig! Und dennoch gibt es unzählige erstaunliche starke und schöne Teile rein sinfonischen Charakters [...]
Wagner ist der große Vertreter einer Epoche des Verfalls. [...]"

'Teuere Freundin' - Briefe an Nadeshda von Meck
List Verlag - Leipzig - 1966

*

Bei der Textgestaltung zum 'Onegin' gibt es die unterschiedlichsten Informationen:

Nach 'Kloiber' wird nur Schilowskij als Librettist erwähnt, 'Döhring' zeigt Tschaikowski und Schilowski auf - wie auch 'Pahlen'.

Der 'Rahter'-Klavierauszug erwähnt weder Tschaikowskij noch Schilowskij als Textdichter.

Die Brüder Konstantin (1849-1893) und Vladimir (1852-1893) Stepanowitsch Schilowsky (Graf Vl. St. Wasiljew-Schilowsky) waren begabte junge Russen - strebten aber, von Haus auch verwöhnt und reich, nicht nach 'professionellem Künstlertum'. Der zweite, jüngere als Komponist (Schüler Tschaikowskys und mit dem Komponisten befreundet), der erstere als Künstler, Dichter, Musiker und Schauspieler (letzteres 1888-1893 am 'Kleinen Theater', dem Moskauer Schauspielhaus). Man kann nichts Monographisches über die Schilowskys finden, aber doch nicht wenige Hinweise in der Tschaikowsky-Literatur, sei es in den Kommentaren und biographischen Hinweisen der Register in den Briefbänden der Tschaikowski-Gesamtausgabe, sei es in der Sekundärliteratur (z.B. Brown, Pozanansky).

Es kamen die ersten großen Uraufführungen und dann die Scham, weil das Werk doch als ungenügend erkannt ward, ganz gleich, ob es dem Publikum, der Presse gefiel oder nicht -, und nach den qualvollen Premieren: der Fluch ins Ausland (irgendwo anders sein, nur nicht hier).
Diese gehetzten und melancholischen Ausflüge konnte Peter Iljitsch sich nun schon gestatten:
die Werke brachten ihm etwas Geld. Er reiste selten allein, sondern in der Begleitung eines Kameraden, etwas mit dem Verleger-Freund Jurgenson oder mit einem jungen Menschen, einem Schüler - oft war er mit dem jungen Konstantin Schilowsky unterwegs gewesen:
es gab kurze Stunden, da man beinahe glücklich war; oder, als die Verhältnisse es erlaubten - aber doch noch nicht ganz erlaubten - mit einem jungen Diener.

'Symphonie Pathétique' - Ein Tschaikowsky-Roman
Klaus Mann
rororo Verlag - Reinbek - 1979

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Interessant die Aussage von Lucinde Lauer im 'Döhring', die eine Mitarbeit von Schilowski ganz eindeutig einschränkt, in dem sie ausführt:

"Unter Mithilfe seines Freunds Schilowski, dessen Anteil sich eindeutig nur auf Triquets Couplets nachweisen lässt, machte er sich sofort an die Ausarbeitung des Librettos."

Die zitierte Passage entspricht dem allgemein akzeptierten Kenntnisstand in der Tschaikowskij-Literatur: von Konstantin Schilowsky stammen die französischen Verse der Couplets des Monsieur Triquet.

Konstantin Schilowski distanzierte sich von dem Libretto Tschaikowskijs und wollte nicht als Co-Autor desselben genannt sein. Böse Kritik am Libretto übte auch die Literaturwissenschaft - denn jede Bearbeitung von Puschkins Versroman oder gar die Umgestaltung von Passagen und ihrer einzelnen Verse musste damals fast als Sakrileg gelten. Der Liebe der Russen (und nicht nur ihrer Liebe) zu Tschaikowskijs 'Lyrischen Szenen' hat dies im übrigen nie Abbruch getan.

Was den 'Onegin' betrifft, ist Konstantin Schilowskys Mitarbeit also tatsächlich nur peripher.

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Alexander Puschkins Gesamtwerk umfasst etwa 800 Stücke ganz unterschiedlicher Länge, Gestalt - jedoch in den meisten Fällen gereimt. Schon zu Lebzeiten wurden etwa 300 Gedichte veröffentlicht, die später von der politischen Situation in Russland, anfänglich noch sehr von anderen Dichtern, beeinflusst waren.

Frankreich, Italien, Deutschland und England wirkten auf die Literatur in Russland, mit Puschkin beginnt sich der russische Realismus zu entwickeln.

Die Zeiten, in denen Puschkin im Exil verbringen musste, ermöglichen auf der einen Seite, durch die Abgeschiedenheit der Wohnorte, Möglichkeiten zu intensiver dichterischer Tätigkeit, Aufenthalte im Süden wie auf der Krim erweitern seine Kenntnisse über historische Zusammenhänge und geben durch die klimatischen Bedingungen seinen Werken Farbe und Glanz.

Unter dem Eindruck von Byrons 'Adieu, My native Shore' entsteht seine Elegie 'Erloschen ist des Tages Leuchte' und nach Goethes 'Vorspiel auf dem Theater' gestaltet er ein 'Gespräch des Buchhändlers mit dem Dichter'.

1825 entsteht 'Andrej Šen'e',  (André Chénier), das sich um die Verse gruppiert, die der französische Dichter vor seiner Hinrichtung verfasste.

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Kritik am Absolutismus, die Beschreibung sozialer Verhältnisse in Russland nimmt in zunehmenden Umfang Raum in der russischen Literatur ein und führt zu Konflikten mit dem System.

Puschkin nimmt sozial-kritische Gedanken auf und stellt im "Roman in Versen", die Welt des Landadels, des Bildungsbürgertums dem 'überflüssigen Menschen' oder dem 'Mann von zweifelhafter Moral' gegenüber.

Diesen Mann sieht er nach Byrons Don Juan und Beppo im Onegin, der Mann mit dem Egoismus eines auf sich selbst fixierten Einzelgängers, ein Außenseiter, dem es jedoch nicht um gesellschaftliche Veränderungen, sondern um die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse geht, ohne Sinn für Tiefgang, realitätsfern.

Dieser 'Held', in den Werken von Byron vorgegeben, von Puschkin übernommen und Tschaikowski überträgt diese von Puschkin vorgegebene Situation der Menschen auf dem Land, die Abgeschiedenheit von Möglichkeiten der geistigen und gesellschaftlichen Entfaltung des Einzelnen, dessen In-sich-verschließen in Träumereien, oftmals aus der West-Literatur abgeleitet, 'als ich noch Richardson gelesen', mit dem durch eine Erbschaft hierher verschlagenen Städter konfrontiert: Filipjewna, Larina, Olga, Tatjana und Onegin mit Lenski.

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1810 starb Ekaterina Daschkowa, Kulturpolitikerin, Managerin einer international renommierten Akademie, Leiterin einer Lexikonredaktion und Herausgeberin mehrerer Zeitschriften - das wäre auch heute eine höchst eindrucksvolle Karriere.

Vor mehr als 200 Jahren, gelang ihr das als Frau im rückständigen Russland.
Dort war damals eine Frau an der Macht, die Vorurteile beiseite fegen konnte:
Katharina die Große.

Als Katharina II. 1762 gegen ihren Ehemann putschte und sich selbst zur Zarin machte, war Fürstin Ekaterina Romanowna Daschkowa an ihrer Seite. In Offiziersuniform ritten sie an der Spitze von 12.000 Soldaten von Petersburg nach Peterhof, um den Zaren zur Abdankung zu zwingen. Viele hielten die Fürstin für die Rädelsführerin, und der Präsident der Moskauer Universität schrieb an Voltaire:
"Eine neunzehnjährige Frau hat die Regierung dieses Landes gestürzt."

Eigenwillig und impulsiv geriet sie bald in Konflikte mit der Zarin und wurde vom Hof verbannt. Früh verwitwet, ging Ekaterina Daschkowa auf Reisen. Neun Jahre lang streifte sie mit ihren Kindern durch Europa. Die hochgebildete Fürstin, die fünf Sprachen beherrschte, traf Könige, Künstler und Gelehrte. Mit den großen Köpfen der Aufklärung diskutierte sie, wie Diderot vermerkte,
"über Gesetze, Gebräuche, Regierung, Finanzen, Politik, Sitten, Künste, Wissenschaften, Literatur."

Als Ekaterina Daschkowa 1782 nach Russland zurückkehrte, empfing die Zarin sie als alte Vertraute. Und ernannte sie zur Direktorin der Akademie der Wissenschaften - unerhört in einer Zeit, in der Frauen von Universitäten und Akademien ausgeschlossen waren.

Die Akademie, das Forschungszentrum des russischen Reichs, war durch Korruption und Schlendrian fast ruiniert. Ekaterina Daschkowa machte aus dem Akademieverlag ein profitables Unternehmen; mit den Gewinnen modernisierte sie die Labore, legte den botanischen Garten neu an und finanzierte einen Neubau.

Als sie eines Tages mit der Kaiserin in ihrem Garten spazieren ging, sprachen sie über die Schönheit und den Reichtum der russischen Sprache. Die Fürstin  drückte ihr Erstaunen darüber aus, dass Katharina noch keine Russische Akademie eingerichtet hatte."

Die Aristokratie sprach und las Französisch. Die russische Sprache und eine eigenständige Literatur zu fördern, war das kulturpolitische Projekt der Fürstin.

Es sei die wichtigste Aufgabe, der Herrscherin eine Grammatik, exakt und methodisch, und ein reiches und umfassendes Wörterbuch zu erstellen.

Sie gab das erste russische Wörterbuch heraus und schrieb selbst Hunderte von Einträgen. In den Literaturzeitschriften der Russischen Akademie veröffentlichte sie auch eigene Satiren, Essays und Theaterstücke. Inzwischen ließ die Revolution in Frankreich die Zarin alle Toleranz vergessen. Das spürte auch Fürstin Daschkowa, als sie das vermeintlich aufrührerische Drama eines Akademiemitglieds drucken ließ.

Empört ließ sich die Fürstin beurlauben. Zur Versöhnung kam es nicht mehr. Katharina die Große starb, und ihr Nachfolger Paul verfolgte die Protegés seiner Mutter.

Sie wurde in eine Bauernhütte in Nordrussland verbannt, durfte dann aber auf ihrem Landgut bei Moskau leben.
Als Paul  I.1801 ermordet wurde, bot ihr der neue Zar Alexander I.
ihre Ämter wieder an.
Sie lehnte ab.

Als Herrin riesiger Ländereien widmete sie sich der Modernisierung der Landwirtschaft.
An der Leibeigenschaft allerdings rüttelte die Besitzerin von 5000 Bauern nicht -
in diesem Punkt blieb sie taub für die Ideen der Aufklärung.

Am 16. Januar 1810 starb Ekaterina Daschkowa.
Begraben wurde sie auf ihrem Landgut, in dessen Park ein Denkmal an den Umsturz von 1762 erinnert.

'Nach Ulrike Rückert - 2010'

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Samuel Richardson (1689 - 1761) schrieb u.a. zwei Romane, die zu seiner Zeit und über die Jahre auch später noch eine starke Wirkung auf die Leserschaft ausübten - betitelt waren der eine mit 'Pamela' der andere mit  'Clarissa'.

Beide waren in der damals neuen Form des Briefromans abgefasst. Es wurde nicht rückblickend berichtet, sondern das gerade Erlebte und Empfundene dargestellt. So empfand das Publikum den Inhalt unmittelbar.

Gleichzeitig mit der Form machte Richardson auf die Probleme des Zusammenlebens der Menschen in der damaligen Zeit aufmerksam als er der tugendhaften, bürgerlichen jungen Frau einen sittenlosen Adeligen mit seinen Rechtsansprüchen in sexueller Hinsicht gegenüberstellte.

In 'Pamela' droht der Adelige die Titelfigur zu vergewaltigen, im Laufe der Zeit wird er aber reumütig sein Fehlverhalten einsehen und um die Hand bitten - während er sich in 'Clarissa' tatsächlich an der jungen Frau vergeht und er kein Gehör mehr findet, als er sie später heiraten möchte.

Richardson ermöglicht auf diese Weise in seinen Liebesromanen den Titelfiguren als Sprecherin, als Autorin bzw. Heldin den Lesern gegenüberzutreten, um zu zeigen wie im Moment gedacht, gefühlt und gehandelt wird - so auch bei der Abwehr von Gefahren, die im Zusammenleben von Adligen und Bürgern sich zeigen.

Adlige - männlich, skrupellos - stehen in der Tradition der außerehelichen Liebschaften und werden aufgrund ihrer Stellung aktiv - die Bürgerin passiv, häuslich, gefühlsbetont und in Bezug auf Sexualität prinzipienfest und tugendhaft.

Mit dieser Projektion der ständischen Gegensätze auf die Geschlechter zeigt Richardson einen sozialen Konflikt, einen Geschlechterkampf zwischen adeligem Laster und bürgerlicher Tugend, wobei der weibliche Engel von einem männlichen Teufel behelligt wird.

Diese Polarisierung wurde von der Öffentlichkeit und von der Geistlichkeit begrüßt, da endlich die Tugend als das Erstrebenswerte herausgestellt wurde.

Die Form des Briefromans förderte die innere Beteiligung vornehmlich der weiblichen Leserschaft durch das quasi unmittelbare Miterleben.

Den Werken Richardsons stellte Goethe 1774 seinen Briefroman 'Die Leiden des jungen Werthers' gegenüber, der im Weltschmerz der Titelfigur eine sehr starke Wirkung auf die Bevölkerung hatte. Man identifizierte sich mit 'Werther' - es ging so weit, dass eine Werther-Mode kreiert wurde, man trug blauen Frack und gelbe Weste wie einen Filzhut. Dass tatsächlich junge Menschen durch den Selbstmord Werthers auch ihrem Leben ein Ende bereiteten, kann wissenschaftlich nicht belegt werden.

Puschkin - sein Leben dauerte nur von 1799 bis 1837, am 10. Februar des Jahres starb er an den Folgen eines Duells - schrieb seinen 'Eugen Onegin' 1833 als Roman in Versform, rückblickend auf den Zeitraum als man noch Richardson gelesen.

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Schriftverkehr

 

Abs.: BI – Fehrsweg 2 – 30655 Hannover – Tel. 0177 – 2 15 66 10 – info@bi-opernintendanz.de www.bi-opernintendanz.de

Theater Regensburg
Intendant Klaus Kusenberg
Kaufmännischer Direktor Dr. Matthias Schloderer
Bismarckplatz 7
93047 Regensburg
                                                                                      24.5.22



Betrifft: ‘Staatstheater Regensburg‘
Bezug:  Termin am 20.5.22 – 13 Uhr


Sehr geehrte Damen und Herren,

lädt man zu einer Veranstaltung, sollte man rechtzeitig vor dem Termin dafür sorgen und sicherstellen, dass alle Teilnehmer die zu vermittelnden Inhalte akustisch erkennen, um dann ihren Sinn erfassen zu können.

Die Veranstaltung am 20.5.22 im Neuhaussaal litt unter negativen Gegebenheiten, dass es zwangsläufig zu Missinterpretationen des Gesagten kommen musste.

Ist es richtig, dass wir unter den gegebenen Umständen vernehmen mussten, dass es noch länger dauern werde, bis ein musikalischer Oberleiter gefunden und installiert ist?
Wir dürfen daran erinnern, dass es die Aussage eines früheren Regensburger Theaterdirektors von 2008 gibt, der meinte: „Ich brauche keinen GMD!“
Sollte dies die Maxime des Hauses sein, dann kann man nur in Sorge um die musikalische Qualität des Kommunalunternehmens der Stadt Regensburg darauf hinweisen, dass fast tägliche musikalische Leitungswechsel zwangsläufig zu einer Qualitätsminderung des Orchesterapparates führen müssen.
Die häufigen Wechsel in der Orchesterleitung: Griffith, Rumstadt, Grüneis hatten ihre Folgen.

Weit schlimmer war das Kündigungsverhalten bei der Veränderung der Theaterleitung im Herbst 2021, das Marianne Sperb am 12. Mai 2022 – also jetzt nach mehr als einem halben Jahr – in der MZ mit:
„Sie hatten einen unfreundlichen Empfang in Regensburg. Es gab einen Aufschrei, als Sie Ihr Team vorstellten.“ nochmals thematisierte.

Kündigte man dem Personal einfach so, weil durch den NV-Bühne die Möglichkeit, dass man sich eines Personalkörpers entledigt, gegeben ist?
Die Regelung ist unfair und geradezu unmenschlich. Zumal durch die Pandemie die Situation noch prekärer wurde.

Man macht so etwas nicht, schon um dem Vorwurf des Machtmissbrauchs zu entgehen!
Man schmeißt nicht ein ganzes Ensemble raus, sondern man übernimmt beim Wechsel der Theaterleitung einen Personalkörper, macht sich mit den äußeren und inneren Gegebenheiten der Gemeinde und des Hauses vertraut und lässt wenigstens eine Spielzeit alles unverändert. Danach kann man austauschen.
In einem solchen Fall der Unfairness, wie er sich am Ende des letzten Jahres in Regensburg zugetragen hat und der jetzt noch immer wieder Tagesthema ist, hat der Verwaltungsrat einzugreifen.

Haben wir das akustisch richtig mitbekommen, – wie erwähnt war die Übertragung der gesprochenen Texte aller Anwesenden außerordentlich schlecht – dass die designierte Theaterleitung einräumte, keine Produktion aus den Intendanz-Jahren von Neundorff von Enzberg und Kusenberg besucht zu haben?

Offensichtlich will die Theaterleitung nun in die Bürgergesellschaft geradezu eindringen und in ‘der kleinsten Klinze‘ der jetzt schon durch Straßengastwirtschaft überfüllten Altstadt noch Bühnen aufbauen, sich damit aber wohl der Aufgabe entledigen, die eigentlichen Spielstätten zu bedienen.
Gleichzeitig will man wohl auf dem Niveau der Zeit der Hanswurste um Publikum und Beifall buhlen, wie es den Anschein erweckte, als ein Herr, notdürftig bekleidet, als Don Quijote die o.a. Veranstaltung ‘störte‘. Soll das ein Hinweis auf das Niveau vom antizipierten ‘Staatstheater Regensburg‘ sein?

Der Spielplan entspricht nicht den Vorgaben, die vom Staat als bildungsgebend eingerichtet sind und was vom Vorgänger in der Geschäftsführung noch am 14. Juli 2021 ‘coram publico‘ wörtlich bestätigt wurde:
“Das Theater hat einen Bildungsauftrag!“

Haben wir akustisch richtig verstanden, dass Frau Sperb auf eine ihrer Fragen die Antwort erhielt:
“Frau Sperb, mit Ihnen gehe ich mal ‘ne Tasse Kaffee trinken!“

Herr Dr. Ehlert vom Neuen Merker Wien wollte zu Recht wissen, wie es mit ‘Zar und Zimmermann‘ stehe.
Er wurde – wie wir meinen, verstanden zu haben, mit der Antwort:
“Das können die in Brauschweig machen“
beiseite geschoben.
Die ‘deutsche Spieloper‘ kommt im Spielplan 2022/23 jedenfalls nicht vor.
Ebensowenig die klassische Operette.
Der vorgelegte Spielplan ist bis dato nur in Umrissen erkennbar, erst im Juli 2022 soll er vollständig ausgearbeitet sein.
Gänzlich Unterhaltung ist – bis auf ganz wenige Ausnahmen – offensichtlich geplant.

Ist für das Theater am Bismarckplatz lediglich eine Schauspielproduktion vorgesehen? Soll das sogenannte ‘Neue Haus‘ sukzessive eine reine Musical- und Revuebühne werden?
Wie das alles umgesetzt wird, bedarf der genauen Beobachtung und Berichterstattung, zumal es sich u. U. um Vergeudung von Steuergeldern im Sinne StGB § 266 handeln könnte.

Wie Frau Schüdel bei Frage und Antwort behandelt wurde, war akustisch von unserem Platz nicht zu vernehmen.

Mit dem Ausdruck der vorzüglichsten Hochachtung!
BI-Opernintendanz

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Schlussbemerkung

Es will mir einfach nicht in meinen Kopf, dass es richtig oder gesund ist, nur Ekelhaftes, Verfälschtes und Unverständliches als Kunst zu präsentieren und dafür Millionen an Steuergeldern zu kassieren.

Inzwischen hat das Publikum die Theater, genervt durch hanebüchene Interpretationen der Stücke – sprich Verfälschungen – verlassen und es scheint nicht mehr wiederkommen zu wollen.

Nicht nur das Virus habe das Publikum vertrieben. Das Problem sitze tiefer – meint Thomas Kramer in 'Die Presse‘ vom 20. Mai 2022:

„So vollmundig etliche Theatermacher in Lockdown Zeiten die Unentbehrlichkeit des Theaters beschworen haben bis hin zur Betise dieses sei ‘systemrelevant‘ oder gar ein ‘Grundnahrungsmittel‘ - so kleinlaut müssen sie nun konstatieren, dass dies für große Teile des Publikums doch nicht so unentbehrlich ist.

Ihre Erklärung kommt schnell:

Corona sei Schuld und die Menschen hätten sich das Theater abgewöhnt - doch das ist eine Ausrede […]

Nein, die Theaterkrise ist keine Coronakrise, sie hat schon lange vor der Seuche begonnen und sie grassiert im gesamten deutschen Sprachraum.

Entstanden ist sie aus mangelndem Glauben an die spezielle Magie des Theaters. Die schwindet, wenn es postdramatisch wird.

Wenn es nicht auf die Wirkung von Stücken und Schauspielern vertraut.

Wenn es die Bühne als ‘diskursiven Ort‘ missversteht, um eine der Phrasen zu bemühen, mit den Dramaturgen die Programmhefte, aber nicht die Sitzreihen füllen.

Wenn es auf Experimente um der Experimente willen setzt.


Die Werke der Dichter und Komponisten haben Jahrhunderte und Jahrtausende überdauert, weil sie ewige Wahrheiten beinhalten.

Deshalb steht auch auf manchen Theatern der Wahlspruch:
Dem Wahren, Guten, Schönen.

Der entsprechende Text unserer Zeit aber lautet:
Dem Fake, der Gier, dem Horror!
 

ML Gilles

Impressum
 

…. erscheint als nichtkommerzielles Rundschreiben zu

    - ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg

kulturjournal  –  Büro 93047 Regensburg – Wahlenstraße 17 – info@kulturjournal-regensburg.de

Verteilung:
Direktversand an ausgewählte Leserschaft u.a.
Mitglieder der
Bürgerinitiative-Opernintendanz - http://bi-opernintendanz.de/
Niedersächsischer Landesrechnungshof,
Niedersächsische Landesregierung,
Aufsichtsrat der Nds. Staatstheater Hannover GmbH,
Politische Parteien im Nds. Landtag,
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover,
Bund der Steuerzahler,
Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten,
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger,
Richard-Wagner-Vereine,
Feuilletons von Tageszeitungen

RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover
RA Markus von Hohenhau, Fachanwalt für IT-Recht, Regensburg
RA Prof. Dr. Ernst Fricke, Fachanwalt für Bühnenrecht, München/Landshut

Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.
Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen vom Regionalfernsehen Regensburg, telezeitung-online.de und aus dem Internet, u.a. den Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..
Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich gemacht.
Fotos wurden Buch- und CD-Einbänden entnommen. Beiträge aus der Rubrik ‘Musiktheater‘ wurden als Zitate aus dem Hermes Handlexikon übernommen.
Leserbriefe stellen die Meinung des jeweiligen Verfassers dar.
Gender-Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf Differenzierung und geschlechtsneutrale Formulierung. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

 


Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5 Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing