Theater Regensburg

  
 
       Repertoirevorstellung 18.02.2010
  'Eugen Onegin'

     'Wie liebt ich Richardsons Romane'
 

 

 
 

MZ 26.04.2007
'Natürlich müsse man auf Qualität achten - [...] -
Es sei aber nicht Aufgabe der Politik, diese zu definieren.
Genauso wenig wie es Aufgabe des Regensburger Theaters sei, in überregionalen Feuilletons zu glänzen.'
(Dr. Bernd Meyer, ehemaliger Kulturreferent Stadt Regensburg)

 
     
   
 
 

Announcement Theater Regensburg

Eugen Onegin

Lyrische Szenen in drei Aufzügen

Dichtung von Konstantin S. Schilowskij
Musik von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky (1840-1893)

Musikalische Leitung: Alexander Livenson
Inszenierung: Jirí Nekvasil
Bühne und Kostüme: Daniel Dvorák


Tschaikowsky untertitelte seine 1877 begonnene und zwei Jahre später in Moskau uraufgeführte Oper „Eugen Onegin“ mit „Lyrische Szenen“. „Ich halte Ausschau nach einem intimen, aber kraftvollen Drama, das aufgebaut ist aus dem Konflikt von Umständen, den ich selbst erfahren und gesehen habe, einem Konflikt, der mich wirklich berührt“, schrieb Tschaikowsky in einem Brief. Die Anregung zu dem bekenntnishaften Stoff verdankte er dem gleichnamigen Verspoem von Puschkin.
Im Mittelpunkt der Oper steht die zurückhaltende Tatjana, die es, im Gegensatz zu ihrer lebenslustigen Schwester Olga, mit der Liebe nicht leicht nimmt. Als sie den weltgewandten Onegin kennenlernt, verliert sie sogleich ihr Herz, ist jedoch zu schüchtern, sich direkt zu offenbaren und bekennt in einem Brief an ihn ihre Gefühle.
Großspurig erklärt ihr der Dandy Onegin, dass die Liebe an sich nur Phantasterei
und die Ehe ein Irrtum, also ausgeschlossen sei.
Jahre später – Onegin reist seit langem unstet durch die Welt, nachdem er in einem Duell seinen besten Freund erschossen hatte – findet Onegin Tatjana wieder. Inzwischen hat sie den reichen Fürsten Gremin geheiratet, obwohl sie Onegin noch immer liebt.
Doch für Tatjana und Onegin ist es zu spät. Zwei in provinzieller Einöde gefangene Menschen, die eigentlich von Anfang an füreinander bestimmt schienen, finden nicht mehr zusammen. Sie hält fest an den Fesseln der bürgerlichen Gesellschaft, er wird zum Zyniker. Ihr Wiedersehen in der Metropole ist ein Desaster:
Er erkennt endgültig, was er im Leben verpasst hat, sie will keinen Neuanfang mehr.


 

Besetzung      
Larina, Gutsbesitzerin Silvia Fichtl    
Tatjana Bianca Koch    
Olga Jasmin Etezadzadeh    
Filipjewna, Amme Anna Fischer    
Eugen Onegin Seymur Karimov    
Lenski Jung-Hwan Choi    
Fürst Gremin Ruben Gerson    
Ein Hauptmann Mikhail Kuldyaev    
Saretzki Matthias Degen    
Triquet Berthold Gronwald    
Guillot, Kammerdiener Statist

 

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Alexander Puschkins Gesamtwerk umfasst etwa 800 Stücke ganz unterschiedlicher Länge, Gestalt - jedoch in den meisten Fällen gereimt. Schon zu Lebzeiten wurden etwa 300 Gedichte veröffentlicht, die später von der politischen Situation in Russland, anfänglich noch sehr von anderen Dichtern, beeinflusst waren.
Frankreich, Italien, Deutschland und England wirkten auf die Literatur in Russland, mit Puschkin beginnt sich der russische Realismus zu entwickeln.

Die Zeiten, in denen Puschkin im Exil verbringen muss, ermöglichen auf der einen Seite, durch die Abgeschiedenheit der Wohnorte, Möglichkeiten zu intensiver dichterischer Tätigkeit, Aufenthalte im Süden wie auf der Krim erweitern seine Kenntnisse über historische Zusammenhänge und geben durch die klimatischen Bedingungen seinen Werken Farbe und Glanz.

Unter dem Eindruck von Byrons 'Adieu, My native Shore' entsteht seine Elegie 'Erloschen ist des Tages Leuchte' und nach Goethes 'Vorspiel auf dem Theater' gestaltet er ein 'Gespräch des Buchhändlers mit dem Dichter'.
1825 entsteht 'Andrej Šen'e',  (André Chénier), das sich um die Verse gruppiert, die der französische Dichter vor seiner Hinrichtung verfasste.

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Kritik am Absolutismus, die Beschreibung sozialer Verhältnisse in Russland nimmt in zunehmenden Umfang Raum in der russischen Literatur ein und führt zur Konflikten mit dem System.

Puschkin nimmt sozial-kritische Gedanken auf und stellt im "Roman in Versen", die Welt des Landadels, des Bildungsbürgertums dem 'überflüssigen Menschen' oder dem 'Mann von zweifelhafter Moral' gegenüber.

Diesen Mann sieht er nach Byrons Don Juan und Beppo im Onegin, der Mann mit dem Egoismus eines auf sich selbst fixierten Einzelgängers, ein Außenseiter, dem es jedoch nicht um gesellschaftliche Veränderungen, sondern um die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse geht, ohne Sinn für Tiefgang, realitätsfern. 

Dieser 'Held', in den Werken von Byron vorgegeben, von Puschkin übernommen und Tschaikowski überträgt diese von Puschkin vorgegebene Situation der Menschen auf dem Land, die Abgeschiedenheit von Möglichkeiten der geistigen und gesellschaftlichen Entfaltung des Einzelnen, dessen In-sich-verschließen in Träumereien, oftmals aus der West-Literatur abgeleitet, 'als ich noch Richardson gelesen', mit dem durch eine Erbschaft hierher verschlagenen Städter konfrontiert:
Filipjewna, Larina, Olga, Tatjana und Onegin mit Lenski.

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1810 starb Ekaterina Daschkowa, Kulturpolitikerin, Managerin einer international renommierten Akademie, Leiterin einer Lexikonredaktion und Herausgeberin mehrerer Zeitschriften - das wäre auch heute eine höchst eindrucksvolle Karriere.

Vor mehr als 200 Jahren, gelang ihr das als Frau im rückständigen Russland.
Dort war damals eine Frau an der Macht, die Vorurteile beiseite fegen konnte:
Katharina die Große.

Als Katharina II. 1762 gegen ihren Ehemann putschte und sich selbst zur Zarin machte, war Fürstin Ekaterina Romanowna Daschkowa an ihrer Seite. In Offiziersuniform ritten sie an der Spitze von 12.000 Soldaten von Petersburg nach Peterhof, um den Zaren zur Abdankung zu zwingen. Viele hielten die Fürstin für die Rädelsführerin, und der Präsident der Moskauer Universität schrieb an Voltaire:
"Eine neunzehnjährige Frau hat die Regierung dieses Landes gestürzt."

Eigenwillig und impulsiv geriet sie bald in Konflikte mit der Zarin und wurde vom Hof verbannt. Früh verwitwet, ging Ekaterina Daschkowa auf Reisen. Neun Jahre lang streifte sie mit ihren Kindern durch Europa. Die hochgebildete Fürstin, die fünf Sprachen beherrschte, traf Könige, Künstler und Gelehrte. Mit den großen Köpfen der Aufklärung diskutierte sie, wie Diderot vermerkte,
"über Gesetze, Gebräuche, Regierung, Finanzen, Politik, Sitten, Künste, Wissenschaften, Literatur."

Als Ekaterina Daschkowa 1782 nach Russland zurückkehrte, empfing die Zarin sie als alte Vertraute. Und ernannte sie zur Direktorin der Akademie der Wissenschaften - unerhört in einer Zeit, in der Frauen von Universitäten und Akademien ausgeschlossen waren.

Die Akademie, das Forschungszentrum des russischen Reichs, war durch Korruption und Schlendrian fast ruiniert. Ekaterina Daschkowa machte aus dem Akademieverlag ein profitables Unternehmen; mit den Gewinnen modernisierte sie die Labore, legte den botanischen Garten neu an und finanzierte einen Neubau.

Als sie eines Tages mit der Kaiserin in ihrem Garten spazieren ging, sprachen sie über die Schönheit und den Reichtum der russischen Sprache. Die Fürstin  drückte ihr Erstaunen darüber aus, dass Katharina noch keine Russische Akademie eingerichtet hatte."

Die Aristokratie sprach und las Französisch. Die russische Sprache und eine eigenständige Literatur zu fördern, war das kulturpolitische Projekt der Fürstin.

Es sei die wichtigste Aufgabe, der Herrscherin eine Grammatik, exakt und methodisch, und ein reiches und umfassendes Wörterbuch zu erstellen.

Sie gab das erste russische Wörterbuch heraus und schrieb selbst Hunderte von Einträgen. In den Literaturzeitschriften der Russischen Akademie veröffentlichte sie auch eigene Satiren, Essays und Theaterstücke. Inzwischen ließ die Revolution in Frankreich die Zarin alle Toleranz vergessen. Das spürte auch Fürstin Daschkowa, als sie das vermeintlich aufrührerische Drama eines Akademiemitglieds drucken ließ.

Empört ließ sich die Fürstin beurlauben. Zur Versöhnung kam es nicht mehr. Katharina die Große starb, und ihr Nachfolger Paul verfolgte die Protegés seiner Mutter.

Sie wurde in eine Bauernhütte in Nordrussland verbannt, durfte dann aber
auf ihrem Landgut bei Moskau leben.
Als Paul  I.1801 ermordet wurde, bot ihr der neue Zar Alexander I.
ihre Ämter wieder an.
Sie lehnte ab.

Als Herrin riesiger Ländereien widmete sie sich der Modernisierung der Landwirtschaft.
An der Leibeigenschaft allerdings rüttelte die Besitzerin von 5000 Bauern nicht -
in diesem Punkt blieb sie taub für die Ideen der Aufklärung.

Am 16. Januar 1810 starb Ekaterina Daschkowa.
Begraben wurde sie auf ihrem Landgut, in dessen Park ein Denkmal an den Umsturz von 1762 erinnerte.



'Nach Ulrike Rückert - 2010'

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Samuel Richardson (1689 - 1761) schrieb u.a. zwei Romane, die zu seiner Zeit und über die Jahre auch später noch eine starke Wirkung auf die Leserschaft ausübten - betitelt waren der eine mit 'Pamela' der andere mit  'Clarissa'.
Beide waren in der damals neuen Form des Briefromans abgefasst. Es wurde nicht rückblickend berichtet, sondern das gerade Erlebte und Empfundene dargestellt. So empfand das Publikum den Inhalt unmittelbar.

Gleichzeitig mit der Form machte Richardson auf die Probleme des Zusammenlebens der Menschen in der damaligen Zeit aufmerksam als er der tugendhaften, bürgerlichen jungen Frau einen sittenlosen Adeligen mit seinen Rechtsansprüchen in sexueller Hinsicht gegenüberstellte. 
In 'Pamela' droht der Adelige die Titelfigur zu vergewaltigen, im Laufe der Zeit wird er aber reumütig sein Fehlverhalten einsehen und und die Hand bitten - während er sich in 'Clarissa' tatsächlich an der jungen Frau vergeht und er keine Gehör mehr findet, als er sie später heiraten möchte.

Richardson ermöglicht auf diese Weise in seinen Liebesromanen den Titelfiguren als Sprecherin, als Autorin bzw. Heldin den Lesern gegenüberzutreten, um zu zeigen wie im Moment gedacht, gefühlt und gehandelt wird - so auch bei der Abwehr von Gefahren, die im Zusammenleben von Adligen und Bürgern sich zeigen.

Adlige - männlich, skrupellos - stehen in der Tradition der außerehelichen Liebschaften und werden aufgrund ihrer Stellung aktiv - die Bürgerin passiv, häuslich, gefühlsbetont und in Bezug auf Sexualität prinzipienfest und tugendhaft.
Mit dieser Projektion der ständischen Gegensätze auf die Geschlechter zeigt Richardson einen sozialen Konflikt, einen Geschlechterkampf zwischen adeligem Laster und bürgerlicher Tugend, wobei der weibliche Engel von einem männlichen Teufel behelligt wird.
Diese Polarisierung wurde von der Öffentlichkeit und von der Geistlichkeit begrüßt, da endlich die Tugend als das Erstrebenswerte herausgestellt wurde.
Die Form des Briefromans förderte die innere Beteiligung vornehmlich der weiblichen Leserschaft durch das quasi unmittelbare Miterleben.

Den Werken Richardsons stellte Goethe 1774 seinen Briefroman 'Die Leiden des jungen Werthers' gegenüber, der im Weltschmerz der Titelfigur eine sehr starke Wirkung auf die Bevölkerung hatte. Man identifizierte sich mit 'Werther' - es ging so weit, dass eine Werther-Mode kreiert wurde, man trug blauen Frack und gelbe Weste wie einen Filzhut. Dass tatsächlich junge Menschen durch den Selbstmord Werthers auch ihrem Leben ein Ende bereiteten, kann wissenschaftlich nicht belegt werden.

Puschkin - sein Leben dauerte nur von 1799 bis 1837, am 10. Februar des Jahres starb er an den Folgen eines Duells - schrieb seinen 'Eugen Onegin' 1833 als Roman in Versform, rückblickend auf den Zeitraum als man noch Richardson gelesen.

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Der 'Onegin' am Theater Regensburg in einem Einheitsbühnenbild - Pfeiler, die imaginäre Lasten von Decken abfangen, ein Boden mit großen Karos, Marmorplatten nachempfunden, wie in Fürstenhäusern oder U-Bahnstationen, halbhohe Abschottungen auf der Bühne, die wie sich später herausstellt, Abgänge zu U-Bahnsteigen sind, Spiegelwände links und rechts am Portal, Veränderungen an dieser Konstruktion werden nicht vorgenommen, gelegentlich ein- und ausfahrende Züge bzw. Schriftzüge aus Druckvorlagen eingeblendet.

Tatjana, das gefühlvolle 'Provinzfräulein' - wohl mitten in der Pubertät - lebt im Original auf dem Lande in der Nähe von St. Petersburg mit Mutter, Schwester, Amme und Gesinde. Die lebensfrohe Schwester Olga ist bereits mit dem jungen Dichter Lenski aus der Nachbarschaft des Gutes von Mutter Larina verlobt, während 'Tanja' sich 'ihr Leben' aus Büchern erträumt wie die Figuren in entsprechenden Werken der damaligen Zeit der Empfindsamkeit.

Links am Bühnenrand steht sie nun in der Regensburger Fassung in ihrem modernen - nicht zum Stück und nicht zur Rolle passenden - Outfit, mit dem sie gegenüber den Kollegen auf der Bühne ausgegrenzt wird. Diese Kostümierung stellt - noch bevor der männliche Hauptdarsteller auf der Bühne erschienen und ein Vergleich möglich ist - die Sache auf den Kopf.
Tatjana ist hier eine junge emanzipierte Frau, die allenfalls durch eine Amoure etwas aus dem Tritt geraten könnte, niemals aber die lyrische Landpomeranze, die auf einen Snob trifft und diesem mit einem Brief Avancen macht.

Diese Tatjana überragt den Träger der Titelrolle allein durch die hohen Absätze ihres Schuhwerks. Damit dominiert sie schon optisch die Szene. Die Sängerin macht sich zwar die Mühe, gelegentlich Kummer und Seelenqual zu veranschaulichen, die vielleicht ein junges Mädchen im ausgehenden 18. und im 19. Jahrhundert ertragen musste, aber diese Tatjana hier gerät nicht derart aus den Fugen, weil sie auf einen Liebesbrief an einen Mann eine Absage erhält.

Zweifelsohne hätte Katharina Leitgeb die Tatjana - siehe Antonia, Arabella, Agathe - verinnerlichter, damit  glaubwürdiger gestaltet.
Frau Koch belebt die Bühne durch raumgreifende Gänge. Stimmlich sei sie - wie anlässlich der Neuproduktion von 'Zigeunerbaron' seitens der MZ behauptet - eine jugendlich, dramatische Sängerin. Ihr wird dann ja wohl die Elsa besser zu Stimme und Gestaltung stehen. Sie aber neben Herrn Lee als Lohengrin ergibt wieder ein Problem der Körpergrößen und somit der Optik.

Der Chor, hier als Landvolk, in einer weißen Gewandung, da dies sich so besonders gut für das Einsammeln von Kartoffeln oder sonstiger Erdfrüchte - man kommt ja gerade von der Ernte und beklagt die schwere Arbeit - eignet, beendet seine Aufwartung gegenüber der Gutsherrin Larina,
Olga schnappt Tatjana das Buch weg, das diese eng umschlungen an sich drückt - während ihrer Arie gibt 'der kleine Wildfang', mit wohl tönender, dem Fach entsprechender, Stimme - das Buch Tatjana wieder zurück und diese führt, auf der linken Bank sitzend, die Lektüre fort. Olga legt sich auf die rechte Bank, ihr Kopf im Schoß von Larina.

TATJANA
"Gewiss, die Schilderung der Schicksalswege
der Liebenden erregt mich lebhaft.
Ach, ich fühle mit ihnen,
fühle, was sie leiden.
"

Tatjana kann sich nicht von ihrem Lesestoff trennen, erst als sie meint, ein Wagen komme und sie erkennt, dass Onegin mit Lenski da sein wird, schrickt sie auf und läuft hinter einen Pfeiler, sich zu verstecken vor dem, was sie von vorne aus dem Publikum anzukommen wähnt

Weit gefehlt - Regisseur Nekrasil lässt Lenski und Onegin von hinten aus dem imaginären U-Bahnschacht auftreten und so schauen die Damen in die falsche Richtung. Tatjana merkt den Fehler und huscht um den Pfeiler herum nach links vorne, die Arme mit dem Buch vor dem Oberkörper verschränkt.

Larina stellt die Töchter vor, Onegin: "ich bin entzückt Medames."
Mit Filipjewna verlässt Larina über den linken U-Bahnabgang die Bühne, nicht ohne vorher die Worte an die Töchter mit: 
"Ihr widmet euch den Gästen
wie auch an Lenski und Onegin mit - sie verzeih'n."
gerichtet zu haben.

Licht wird reduziert, ein Zeichen, dass nun in Kunst gemacht wird.
Onegin fragt Lenski: "Und welche ist denn nun Tatjana?"
Hieraus entwickelt sich ein Quartett - links Tatjana, rechts Olga, Onegin und Lenski in der Mitte.
Das Licht entflammt wieder - Onegin nach links, er nähert sich Tatjana, sie weicht ihm aus, lässt sich auf der linken Bank nieder und setzt ihre Lesung fort. Lenski nach rechts zu Olga, er freut sich diese wiedergesehen zu haben. Sie tändeln miteinander - Olga und Lenski nach rechts hinten ab.

Vom Regisseur ist keinerlei Form eines Interessiertseins von Tatjana an Onegin angelegt.
Sie liest weiter in ihrem Buch, nimmt von Onegin neben sich keine Notiz. Weder dass sie ängstlich ist, ihm nahe zu sein oder aufgeregt - es ist ihr keine Reaktion anzumerken, dass sie in Wahrheit nach ihm giert.
Jedenfalls spielt das Frau Koch nicht.

Onegin richtet das Wort an Tatjana, er meint, sie leide hier draußen auf dem Land doch wohl oft an Langeweile - sie aber gibt vor, gerne zu lesen.

Olga und Lenski kommen zurück, er äußert sich klar, dass er sie liebe - "bei Tag und Nacht das gleiche Bangen" - "ja ich liebe dich, ja ich liebe dich." - und das von einem Koreaner in einem sehr gut verständlichen Deutsch gesungen.

Onegin und Tatjana währenddessen in einem imaginären Gespräch im Bühnenhintergrund.
Larina und Filipjewna kommen aus dem linken U-Bahn-Aufgang - "der Tisch ist fertig, die Gäste werden hungrig sein. - Herr Lenski, ich bitte!"
Olga, Lenski - galant reicht er ihr den Arm - mit Larina nach rechts vorne ab.

Onegin - unhöflich gegenüber Tatjana - kein Wunder, da diese keine Notiz von ihm nimmt - geht allein nach rechts ab - Filipjewna sucht noch schnell Gelegenheit, Tatjana als "mein Täubchen" anzusprechen.

Abrupter Lichtwechsel für zweites Bild
U-Bahnsteig mit herumwimmelnden Statisten. Diese dann ab.
Lichtwechsel - Projektion von Schriftzeichen.

Nr. 8 a - Orchestereinleitung
Spot auf linke Bank mit Tatjana - rechte Bank mit Flipjewna im Dunkel - für sie nur Umgebungslicht.
Tatjana legt sich über den rechten Arm auf die Bank - ihre augenblicklichen Gefühle wie Verzweiflung, Kummer, Irritation dem Publikum zu vermitteln versuchend.
Sie steht auf, geht ganz ruhig, ohne irgendwelche Gefühlsregung zu zeigen, mit Buch in der Hand und Hirtentasche über der Schulter links um die Bank herum, quer über die Bühne, von links kommend hinten um die rechte Bank herum und setzt sich neben Filipjewna.
Nun beide im Spot nebeneinander - schweigend.

Nr. 8 b - Rezitativ
Filipjewna zu Tatjana behauptend: "Nun genug geschwatzt" - kein Wort ist gefallen zwischen den beiden, nicht einmal angesehen haben sie sich.

Tatjana steht auf, geht nach links, lässt die Hirtentasche fallen, zieht sich das Lederjäckchen aus, lässt das auch zu Boden rutschen, damit Filipjewna - dem Einfall des Regisseurs folgend - ihr nachgehend alles aufheben kann. Das Kleid zieht Tatjana über den Kopf - sieht sehr gewöhnlich aus - lässt es fallen und steht im Unterrock da. Während sie sich auf der linken Bank niedersetzt, um sich die Stiefel in bequemerer Position auszuziehen, behauptet sie, sie könne nicht schlafen.

Ihren 'Wohltönen' entschlüsselt das Publikum nur bei sehr genauem Hinhören, Filipjewna möge das Fenster aufmachen, da es schwül sei.
Und schon hebt sich im Hintergrund eine Abdeckung, gibt den Blick frei auf eine blau ausgeleuchtete Folie.
Filipjewna setzt sich auf die linke Bank zu Tatjana, diese legt den Kopf in den Schoß der Amme und lässt sich erzählen wie früher es einmal war. Indiskret will Tatjana wissen; "Sag, Nanja, wie warst du verliebt?" Die stark abgedunkelten Töne der Sängerin der Filipjewna und die von ihr wie von Frau Koch kaum wie selten verwendeten Konsonanten machen es schwer, zu verstehen, was eigentlich Sache ist.

"Hörst du mir auch zu mein Kind?" - fragt die Amme und selbst wenn Tatjana kein Wort verstanden hat, was Filipjewna sang, so richtete sie sich im rechten Moment auf, genau auf ihre Musik und stimmt in das unartikulierte Singen der Kollegin Amme ein als hätte sie diese Gesangstechnik mit der Milch der Amme als Säugling eingesogen.
Man vernimmt und versteht gerade noch, dass sie die Amme um das Schreibzeug bittet und sie dann schlafen wolle.

Die Abdeckung im Hintergrund der Bühne fährt herunter, das blaue Licht im Hintergrund erlischt - Filipjewna geht durch den linken U-Bahn-Abgang von der Spielfläche.

Und schon ertönt im Regensburger Orchestergraben das Vorspiel zum zweiten Auftritt, zur Nr. 9, der Briefszene: "Und wär's mein Untergang" teilt Tatjana unmittelbar ins Publikum hineinsingend mit.

Unruhig läuft sie dann zwischen linker und rechter Seite pendelnd auf und ab, rutscht auf der Bank hin und her - man sieht, es fällt ihr schwer, eine SMS abzusetzen. Sie hatte - wie berichtet - die Amme zwar gebeten, ihr das Schreibzeug zu geben - aber nun wird die Nachricht an Onegin auf elektronischem Wege gesandt.
Auf den Boden hingestreckt liegt Tatjana. So soll deutlich gemacht werden wie sehr dieser innere Kampf bedingt durch starke Hormonwallungen sie belastet.
"Sei's wie's sei" -
sie springt auf - die Schriftzeichen erscheinen wieder im Bühneraum "Ich will es wagen!"

Zum dritten Auftritt und zur Nr.10 verlöschen die Schriftzeichen, die Abdeckung im Bühnenhintergrund fährt hoch und 'leuchtet der Tag schon auf ' - Morgendämmerung - "es ist Tag und alles rings erwacht."

Da Tatjana das Kleid beim Ausziehen nicht ordentlich hinlegte, ergibt sich jetzt beim Wiederanziehen ein reichliches Gefummel, dann die Jacke, dann der Gürtel und zuletzt die Stiefel - Filipjewna kommt und wundert sich, dass Tatjana schon fertig angezogen ist.
Das einzige Wort, das der/die Zuhörer/in anschließend bei beiden versteht, ist: 'Brief' - nur wird ein solcher zur Weiterleitung an Onegin sichtbar nicht übergeben.

Nachspiel und Übergang zum 3. Bild wieder in der U-Bahn-Anlage - die schon bekannten Statisten wuseln umeinander, die Person mit den Einkaufstaschen usw, usw.
Auch Tatjana erscheint, setzt sich links aufs 'Bankerl', einer mit einer Flasche setzt sich neben sie und trinkt - auf ihrer anderen Seite nimmt der Mann mit dem Handy Platz - sie flieht nach vorne, in die Nähe des Portals, will nicht zwischen den beiden Männern ausharren.
Jemand kommt durch die Mitte, Obst fällt zu Boden, wohl Äpfel, die bis an den Graben rollen - glücklicherweise aber nicht auf Orchestermitglieder oder Instrumente stürzen - das gäbe Ärger.
Zwei Damen treten auf, gehen kichernd ab - die anderen Mitspieler 'ruhig und besonnen' auch.

Tatjana noch immer vorne links in der Nähe des Portals - die versierten Chordamen treten durch die Mitte für die Nr. 11 auf - alle in den weißen Gewändern wie am Anfang als Landvolk wandern sie im Gänsemarsch nach vorne, biegen mäandrierend nach links ab und kommen hintenherum wieder durch die Mitte nach vorne - das ganze erweckt den Eindruck - und womöglich entlehnt - dem Einzug der Nonnen im 'Troubadour'.
Die Damen nach hinten, biegen nach links und an der Bühnenrückwand entlang mit gutem Timing, genau auf die Musik, ab.

Für den dritten Auftritt Tatjana unruhig - entsprechend den Vorgaben der Musik - sie sucht, sich zu orientieren.
Onegin kommt "was sagt er mir?" - "was mach ich jetzt?" - "wie wird das enden?" - am rechten Pfeiler sinkt sie zusammen, springt wieder auf und versucht, sich hinter dem linken Pfeiler zu verbergen.
Da erscheint Onegin aus dem linken U-Bahn-Schacht - wieder ganz in weiß mit einem Zettel in der Hand, sollte das der Brief sein, den Tatjana ihm ja eigentlich geschrieben haben soll - hat sie zur SMS noch eine handschriftliche Mitteilung hinterher gesandt?

 "Ich muss gesteh'n, ich war betroffen" singt er hier wie auch in der folgenden Arie. Unter dem Aspekt, dass er aus östlichem Ausland kommt und Deutsch nicht seine Muttersprache ist, gut verständlich. Der runde, bassige Sound seiner Stimme gibt seinen Auftritten Seriosität, allerdings lässt das die Arroganz, den Snobismus mit der er sich in dieser Rolle zeigen müsste, vergessen.
Onegin will Tatjana nicht.

Die Chordamen links hinten, Onegin durch den U-Bahn-Schacht ab. Vorher wirft er den Zettel, den er beim Auftritt in der Hand hielt, den Brief Tatjanens wohl, einfach weg. - Da sitzt sie nun vorne allein auf dem linken Bänkchen - eine U-Bahn fährt ein und mit dem typischen Klingelsignal fährt 'der Eiserne' herunter.

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Nach der Pause die Nr. 13 - Ballgäste wie die Dorfbewohner am Anfang des Stückes weiß adjustiert. Diese Kostüme haben den Vorteil der einfachen Verwendbarkeit für jede Art von Situation - dokumentieren aber auch eine gewisse Einfallslosigkeit des Kostümbildners bzw. die Beschränkung durch die pekuniären Mittel des Theaters. Dies lässt Rückschlüsse zu, dass Gelder gespart werden müssen für das kommende zentrale Chefstück, den Hummel'schen 'Zarathustra'.

'Alles Walzer' - Lenski auf der rechten Seite mit Olga.
Onegin umrundet während der gesamten Chorszene Tatjana, die ein Buch lesend alles ignorierend, was um sie vor sich geht, in ihrem normalen Tagesdress links an der Rampe steht. Das Publikum rätselt, warum der Held immer hinten um sie herum ist, dabei einen Apfel in der Hand haltend. Wähnt er sich als Paris, der den Apfel der schönsten Frau geben will oder ist es eine umgekehrte Adam/Eva-Situation, dass er der Eva/Tatjana den Apfel der Sünde reichen will?
Natürlich ist Tatjana beleidigt, weil Onegin sie nicht will - aber was soll der Auftritt in dieser Form?
Ah, nun geht Tatjana von der Rampe nach hinten und setzt sich lesend auf die linke Bank, Blick nach vorne gerichtet, wohl um den Kapellmeister für alle Fälle im Auge zu behalten.
Lenski setzt sich - mag sein aus Erschöpfung wegen der fortwährenden Walzerdrehung oder um Kräfte für die kommende Arie zusparen, auf die rechte Bank, Olga tanzt allein - um sich rotierend - weiter.

Onegin attackiert nun Lenski, immerhin hat der ihn hierher auf diese Party geschleppt. Onegin tanzt mit Olga, die auf ihn zukommt - Freund Lenski ist im höchsten Grade befremdet - aber selber Schuld, was setzt er sich hin, wenn Olga noch tanzen will. Lenski fragt, warum sie ihn so quäle und ihr ist nicht bewusst: "was ich verbrochen hab!"

Filipjewna ist von links aufgetreten, sie zeigt Tatjana ein weißes Kleid. Diese ist von dem Anblick und der Aussicht, das Gewand anziehen zu dürfen offensichtlich so entzückt, dass sie tatsächlich ihr Buch weglegt und Filipjewna ohne die Lektüre - sie verblieb auf der Bank - nach links in die Kulisse folgt.
Die gegenseitigen Vorwürfe von Olga und Lenski werden heftiger, die Sache beginnt, zu eskalieren.

Zweiter Auftritt: Nr. 14 - Szene und Couplet des Monsieur Triquet. Ein eleganter Franzose - er singt mit dem für Berthold Grohnwald typischen Ausdruck - nicht vergessen sind all die Rollen, die er in Regensburg präsentierte - sein Couplet "A cette fête conviés" für Tatjana, die heute Namenstag hat, zur Freude aller. Zu dieser Huldigung kommt Tatjana gerade noch rechtzeitig, sie musste ja ihr Kostüm in einem relativ schnellen Umzug noch wechseln.

Da Olga auch den Kotillon mit Onegin und nicht mit ihm, Lenski, tanzt, beschimpfen sich Tenor und Bariton und schon ist die Forderung nach dem: "Onegin, du bist mein Freund nicht mehr!" zum Duell da.
Heute nicht auszudenken - wie gerne würde man mal jemanden zum Duell fordern, statt bis zur nächsten Wahl  warten zu müssen und auch bei einem für den Kandidaten negativen Ausgang der Election ist der/diejenige nicht gänzlich aus dem Weg geräumt.

Die Nr. 16 - Lenskis Arioso und Ensemble
- "Hier im Hause"
-
schließt die Annahme der Forderung durch Onegin, der dann durch die Mitte abgeht.
Über den Eklat Entsetzen auf allen Seiten, Lenski benutzt den U-Bahn-Schacht, um die Bühne zu verlassen.

Fünftes Bild - Erster Auftritt
Lenski auf der rechten Bank in Erwartung Onegins und des Sekundanten.

Nr. 17 - Einleitung, Rezitativ und Arie
Neben der Briefszene, und der später folgenden Arie des Gremin hier das dritte berühmte Solostück das "Wohin, wohin, wohin seid ihr entschwunden" von Tschaikowskis 'Onegin' - unvergessen Fritz Wunderlich an der Bayerischen Staatsoper in der Rolle des Lenski.
Unerwartet wie Herr Choi zu gestalten vermag, fing er mit dem Richard im 'Ballo' an, Lulus 'Alwa' folgte, so zeigt er hier Gesangskultur in gehobenem Maße - Legato, Crescendi, Diminuendi bis ins Pianissimo, der Schluchzer, wo er angebracht, kraftvolle Töne der dunkel timbrierten Stimme und alles mit einer für einen Asiaten fast perfekten Artikulation.

Zweiter Auftritt mit Nr. 18 - Duellszene
Duett Onegin / Lenski
Onegin aus dem U-Bahnschacht mit Sekundant.
Ersterer rechts, Lenski links am Portal.
Lichtwechsel, Projektion der bekannten Schriftzeichen.

Eine Kugel trifft Lenski, er fällt, stirbt - Onegin beugt sich über ihn, als nähme er intimen Abschied von einem Freund, wiegt ihn in seinen Armen.
Leider aber ist dafür die so ausdrucksvolle, in der Premiere gezeigte, Szene des Aufhebens von Lenskis Leiche, des diese in den Armen haltenden und zu den Klängen der Nr. 19, Polonaise hinaustanzenden Onegin gestrichen.
Statt dessen wird der 'leblose Körper' einfach nach links in die Gasse gezerrt.
Es fragt sich, wer diese Änderung mit oder ohne Wissen des Regieteams veranlasst hat.

Ohne Szenenwechsel nahtloser Übergang in den dritten Aufzug.
Die Damen und Herren des Chores - in Gedanken wohl schon bei der Produktion Nr. 1 der Spielzeit 2010/2011 bei der sie Sachsen und Thüringer - getrennt in Gruppen - (Ist es nicht so, dass Regensburger aufgefordert werden, bei diesen Chorstellen mitzumachen?) - darstellen sollen - hier aber doch beschwingt sich der Polonaise hingebend.

Die Ballgäste - im gleichen Bühnenaufbau, dieser stellt nun aber das Haus des Fürsten Gremin in St. Petersburg dar - jeweils links und rechts am Bühnenrand, Onegin kommt von hinten, durch die Mitte nach vorn, setzt sich auf die rechte Bank und trauert seinem Leben nach. Gemäß Libretto kommt er nach Jahren zurück in die Stadt, war im Ausland und hatte keinen Kontakt mehr zu seiner damaligen Umgebung.

Bei seinem Auftritt am Regensburger Theater ist nichts derartiges zu erkennen. Weder dass Onegin gealtert aussähe, nicht einmal eine andere Kostümierung hat man dem Sänger zugestanden. Alles wie immer.
Somit kann auch nicht glaubwürdig dargestellt werden, dass sich eine zeitliche und räumliche Veränderung gegenüber dem in den ersten Akten Gesehenen ergeben hat.

Dritter Auftritt
Tatjana in Weiß, Gremin in Uniform an ihrer Seite von rechts hinten durch die Mitte nach vorn. Onegin kann 'nach all den Jahren' angeblich nicht erkennen, ob sie es ist.
(Völlig unglaubwürdig das Ganze, aber das Theater Regensburg muss ja unter seiner aus Steuergeldern hoch bezahlten Leitung - Damen derselben kommen beispielsweise vor einer Vorstellung nachmittags um 1/2 5 aus dem Kneitinger - unbedingt Ungereimtheiten nachlaufen, die angeblich Mode sind.)

Und auch Tatjana tut so, als erkenne sie Onegin nicht - so wie der aussieht, natürlich überhaupt nicht nachvollziehbar.
Sie setzt sich auf die rechte Bank, um die nun folgende Arie des Gremin abzuwarten.

Nr. 20 - Rezitativ und Arie des Fürsten Gremin
Hier ein junger Bassist, dem noch vieles fehlt, was sein Kollege Herr Ha für diese Rolle schon mitbringt. Aber er hat ja Zeit, sich zu entwickeln, der Zsupán  und der Gremin wie auch der Tosca-Mesner werden ihn nicht umbringen. Die bis in ungewohnt hohe Lage führende Partie, die Töne nicht 'gerufen' - ein ganz schnelles Vibrato ist nicht zu überhören.

Alle, bis auf Onegin, ab.
Der gibt sich dem Selbstmitleid hin - auf das Thema der Tatjana aus der Briefszene, hier sein "Da ist kein Zweifel mehr!" - kommt er zur der Erkenntnis, Tatjana nun mehr als früher nahezustehen.
Sehr engagiert, sehr jugendlich beherzt Seymour Karimov - kein abgeklärter Charaktersänger, sondern ein lebendiger Mann, der das Tempo in seinen Gängen bis zum Ende durchhält und hier einen anderen Onegin vorstellt als man sonst gewohnt ist.
Dass da in einem 'Regensburger Blättchen' stand: 'Ein leidenschaftsloser Onegin' - ist nicht nachzuvollziehen.
Offensichtlich geht Frau Redakteurin Rundschau von falschen Voraussetzungen aus - oder sie hat noch nicht Bekanntschaft mit dem Onegin von Seymour Karimov gemacht.
Die Partie sitzt mittlerweile, sein "da gibt es kein zurück", kraftvoll, im Timbre, die Höhe.
Berechtigt der Beifall für ihn am Ende des Auftritts.

Ein Coach wäre - wie auch bei anderen Sängern/innen vor Ort - nötig, um zu kontrollieren, Unarten von Anfang an zu vermeiden und andere schon verfestigte, auszumerzen.
Da gibt es welche, die zu Hause sitzen, den Dackel streicheln, statt sich der jungen Leute anzunehmen. Oder hat man früher so schön gesungen, weil man nicht wusste wie es geht und es intuitiv richtig machte, die Künste aber nicht weitergeben kann?
Schade um dieses Erfahrungspotential!

Szenenwechsel
Vorspiel Nr. 22 a
Wieder einmal einfahrende U-Bahn - Statisten kamen, Statisten gingen.
Tatjana, links auf der Bank, wieder in ihrem schon bekannten daily-outfit (dass sie nicht noch Jeans trägt?!), das weiße Kleid liegt neben ihr auf der Bank.

"Was soll ich nur tun - schon wieder schreibt er -
warum verfolgt er mich und raubt mir meinen Frieden"
-

Onegin - der nun in Jeans und weißem Jackett, ein weißes Sakko trägt er über der Schulter als käme er mit dem Kleidungsstück gerade aus einer chemischen Reinigung - aus dem linken U-Bahnschacht, hinten an der Projektionsfläche auf und ab. Ein U-Bahn-Zug fährt ein - keiner steigt aus, keiner ein.

Onegin nach vorne an die linke Bank, fällt auf die Knie, was Tatjana sagen lässt: "Genug jetzt, bitte, steh'n sie auf".
Dann wieder - ohne Text - nur die bekannten 'Schöntöne'. Es hat mit der fehlenden Bereitschaft zu tun, den Text vermitteln zu wollen. Das Hauptaugenmerk wird auf abgedeckte Töne gelegt, nur nicht scharf werden - völlig richtig - aber das Gegenteil ist das Abdunkeln um jeden Preis und damit 'weg vom Text'.  Leider auch bei Altistinnen häufig zu hören und dann das Ganze besonders deutlich.

Tatjana verlässt die linke Bank, geht nach rechts und Onegin nutzt die Gelegenheit, die linke Bank zu erreichen und seinen Anzug auf das weiße Kleid der Tatjana zu legen.
Hübscher Regieeinfall.

Von der von Frau Koch gesungenen Passage
"Ich stand in meinen Blütenjahren" und folgende, ist ärgerlicherweise wieder einmal nichts zu verstehen, über die Tonproduktion vergisst sie den Text!

Onegin zur rechten Bank, setzt sich Rücken an Rücken zu Tatjana.
"Damals war das Glück ganz nahe!"
Er dreht sich auf der Bank herum, nach vorne - beide kommen sich näher -
"Aber das ist alles nun vorbei"
Tatjana steht auf und Onegin kann sich darauf nur zur Seite sinken lassen, an die Stelle wo sie saß. Tatjana zur linken Bank, auf der ihr Kleid ausgebreitet liegt, auch sie muss sich hinlegen, denn ihr wird klar, dass sie ihn noch liebt.
Auf Onegins darauf folgendes, begeistertes: "so bist du wieder ganz Tatjana!" - aber denkt sie an ihre Ehe mit Gremin und muss Onegin zurückweisen.

Für sein "du bist für mich der Sinn des Lebens" schwingt er die Beine über die Bank wie einer in den Zwanzig, jedenfalls kein hehrer, entrückter, vorzeitlicher Sänger - er forsch, es noch mal versuchend.

Tatjana eilt vorne links ab - Onegin stürzt hinten links von der Bühne, für ihn:
"Vorbei, vorbei  - für mich ist alles aus!"

Die schon hinlänglich bekannten Statisten strömen auf die Bühne - noch einmal das Volk der Gegenwart - gerade rechtzeitig zum Ende der Vorstellung und zum Schlussapplaus.

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Fazit:
Gemessen an der seinerzeitigen 'Norma' und der 'Manon' am Oberpfälzer Metropol-Theater Regensburg kann man den 'Onegin' ja noch vorzeigen.
Wären nicht deplatzierte Kostümierung der Tatjana und des Onegin im zweiten Teil, die Projektionen der U-Bahnzüge, die wieder einmal ein 'Verheutigen' signalisieren sollen, orientierte sich die Inszenierung mehr an dem Begriff: 'Lyrische Szenen' und die als eine Momentaufnahme im Russland des 19. Jahrhunderts.

Dass sich bei dieser Vorstellung im 3. Rang nur fünf (in Ziffern 5) Zuschauer/innen aufhielten, sei nur am Rande vermerkt.

Siehe auch:
Kritik_'Eugen_Onegin'_-_Theater_Regensburg_-_Premiere_19.12.2009

 


 

 
 



 

 



 

 




Schaubühne am Lehniner Platz
 

 

 

 

 

 


 

 


 

 



 

 

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