Giacomo Puccini
Manon Lescaut
'Ach dieser kalte Reichtum hier'
Repertoirevorstellung 12.10.2008
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Announcement
Theater
Regensburg
Lyrisches Drama in vier Akten
Text nach Abbé Prévost von Luigi Illica, Domenico Oliva, Marco Praga, Ruggero Leoncavallo,
Giuseppe Giacosa, Giacomo Puccini und Giulio Ricordi
Musik von Giacomo Puccini (1858-1924)
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung: Alexander Livenson
Inszenierung: Gregor Horres
Bühne und Kostüme: Frank Lichtenberg
Mit überraschender Skrupellosigkeit versteht es die junge Manon Lescaut, ihre Ziele durchzusetzen, aber das mindert ihren Reiz weder für ihre Liebhaber noch für den Komponisten. Leidenschaftliches Gefühl, starke Kontraste, ein ganz und gar unsentimentaler Blick auf Menschen aus Fleisch und Blut, auf ihre Schwächen, aber auch auf ihr Leiden an Willkür und sozialer Unterdrückung – in seiner Oper gelingt Puccini ein faszinierendes Spektrum an Farben und Stimmungen. Die junge hübsche Manon, die ihren Geliebten Des Grieux ohne zu zögern verlässt, um mit dem betuchten, wenngleich ungeliebten Geronte zu leben, verfügt über einen so ausgeprägten Hang zu luxuriöser Zerstreuung, dass sie ihrer Lust am Vergnügen ihr persönliches Glück, am Ende sogar ihr Leben opfert. Denn obwohl sie sich entschließt, zu Des Grieux zurückzukehren, will sie die beruhigende Sicherheit materiellen Wohlstands nicht missen. Hätte sie darauf verzichtet, ihren Schmuck zusammenzupacken, als die Polizei auf Veranlassung Gerontes vor ihrer Tür erschien, wäre sie der Verhaftung und anschließenden Deportierung möglicherweise entgangen. Doch so endet sie mit Des Grieux in einer endlosen Wüste Amerikas.
Puccini musste sich vor allem an Jules Massenets „Manon“ messen lassen und war bei der Arbeit mit seinen zahlreichen Librettisten bestrebt, möglichst keine Parallelen zu Massenet erkennbar werden zu lassen. Puccini selbst schrieb: „Massenets Musik wird eben französisch empfunden sein – Puderquaste und Menuett –, die meine italienisch – Leidenschaft und Verzweiflung.“ Leidenschaft und Verzweiflung, aber auch eine gehörige Portion Realismus haben aus dem Stoff die Geschichte einer eigenwilligen Frau von starker Anziehungskraft gemacht, keiner Heldin, aber eines „Mädchens mit Herz“.
Besetzung 12.10.2008 |
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Manon Lescaut |
Katharina E. Leitgeb |
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Lescaut, ihr Bruder |
Seymur Karimov |
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Chevalier Renato Des Grieux, Student |
Enrico Lee |
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Geronte de Ravoir |
Sung-Heon Ha |
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Edmond, Student |
Dae Young Kwon |
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Der Wirt / Kapitän (Detektiv) |
Martin-Jan Nijhof |
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Ein Musiker (Sängerin) |
Anna Peshes |
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Ein Ballettmeister (Barkeeper) |
Michael Berner |
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Tänzer |
Mirko Lodderstedt |
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Lampenanzünder (Freier) |
Michael Berner |
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Sergeant (Joe) |
Steffen Köllner |
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1. Akt
Was soll man hier sagen, was erwartet
man bei Ziffer 15?*
Bei Puccini steht 'con grazia' und
'piano'.
Der arme Des
Grieux, hält die Stimme fest, drückt auf
die Kehle, statt frei strömen zu lassen,
damit diese Stelle den erforderlichen
Charme und Schmelz bekommt,
so hört man schon auf dem hohen G die
langsame Schaukel.
Er hat
zweifellos schöne Anlagen, hier aber
sind wieder die Lehrer zu kreuzigen, die
Falsches beigebracht haben, er rettet
sich in mezzoforte bis forte, damit
einheitlich und langweilig.
Dabei ist
Puccini der Komponist, der am
differenziertesten seine Anweisungen in
Bezug auf Dynamik und Agogik notiert
hat. Nur Des Grieux folgt ihnen aufgrund
seiner Gesangs-Technik nicht.
Oper ist nicht nur laut - vielleicht
sagt ihm das mal einer vom Regensburger
Theater.
Hier ist besonders der musikalische
Oberleiter und damit Vertreter der Stadt
nach außen gefragt, der nicht das singen
lässt, was in der Partitur vorgegeben
ist.
Besonders auffallend ab Nr. 34 - der
Komponist schreibt eine Steigerung vom
piano zum forte über 14 Takte vor -
gesungen wird durchgängig ohne
Veränderungen.
Individualität ist in Regenburg nicht
gefragt - Hauptsache: es findet statt
und es kann gepinselt werden.
Auffallend an
diesem Nachmittag unter der
musikalischen Leitung von Herrn
Livenson, wie aufmerksam das Orchester
ist, auf der Stuhlkante sitzt und dem
Dirigenten folgt.
Trimmt aber einer alles nur auf ‘peng’,
wird eine ’Gigli-Phrasierung’ so nicht
möglich sein.
Wie man dagegen eine Phrase aus dem
piano zum forte aufbaut, zeigt der Chor
- das ist doch wohl das Spannende an der
Musik - um dem Publikum nicht nur
Einheitsbrei vorzusetzen.
Geradezu
erstaunlich sind die stimmlichen
Qualitäten von Geronte und Lescaut -
aber warum auch im parlando mit voller
Stimme (‘Eine Kleinigkeit muss ich noch
ordnen im Haus’), durch dieses
Nichtdifferenzieren, nimmt sich der
Sänger die Möglichkeit, damit im arioso
wirklich zu glänzen. Es ist nicht
sinnvoll, immer und bei jeder
Gelegenheit, 'das Stimme zeigen’ zu
praktizieren.
Bei 57
leuchtend, rund und stabil das hohe ‘B’
bei Manon und Des Grieux, warum aber
merkt man nichts von dem aus dem piano
entstehenden crescendo, das ein neues
Tempo hineinführt.
Bei dieser Manon kann man sich an den
hohen Tönen wirklich erfreuen, sie
differenziert, legt die Phrasen
musikalisch gut an - dagegen der Tenor,
er ist wirklich nicht unmusikalisch, er
gibt sich viel Mühe, aber es wird alles
monochrom, dadurch wird es für ihn
stimmlich und für das Publikum
belastend, ihm zu folgen.
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Szenisch - wir sehen ja die Oper 'Manon'
von Gregor Horres, unter Benutzung der
Texte von Luigi Illica, Domenico Oliva,
Marco Praga, Ruggero Leoncavallo,
Giuseppe Giacosa, Giacomo Puccini und
Giulio Ricordi mit der Musik von Giacomo
Puccini - wird nicht dargestellt, dass
Manon ihren Charakter, unter dem Aspekt
Geld zu haben, völlig verändert hat, das
Personal - hier eigentlich den
Perückenmacher - schikaniert - in
Regensburg sie aber sich selbst
beschimpft, weil für den vorgegebenen
Text niemand da ist.
Als Ausgleich für den szenischen Unfug
von Regisseur Horres kann sich der Hörer
am perfekten Flötenkonzert, 2. Akt, Nr.
1 erfreuen.
Bei Nr. 4 klingt der Lescaut mit seiner
zweifellos sehr reizvoll timbrierten
Stimme, im Stimmsitz noch
unentschlossen.
Den Körper nach unten hin mitklingen
lassen!
Das gäbe der Stimme mehr Süffigkeit -
was auch bei einem schlankem Körper sehr
wohl möglich ist, erinnert sei an Siepi.
- Hierfür gibt es Übungen!
Außerdem viel
Zeit zum tiefen Atemholen nehmen und den
Tonstrom in die Kuppel fließen lassen -
das erfordert aber das Ruhen in sich,
runter mit dem Atem - der Sänger wird
von Livenson auch nicht gedrängelt -
also kein Anlass, sich selber zu hetzen
und den Ton über den langen Hals ‘zu
rufen’.
In der entspannten Lage hört man das
außerordentlich schöne Timbre.
Das nun in aller Ruhe in die hohe Lage
mitnehmen. Das wäre es dann!
Ganz wunderbar - alles das ausgeführt,
was Puccini sich wünschte - die Nr. 6 -
eine kurze Atemknappheit nach dem hohen
‘B’ - da könnte sich Manon etwas mehr
Zeit lassen - aber sonst, alles
gleichbleibende Tonschönheit.
Eigentlich den ganzen Abend,
elektrisierend das Livenson-Dirigat -
das Orchester zeigt alle Finessen
präzise.
Nr. 9 mit einem schwingenden, klingenden
hohen Manon-‘C’.
Lescaut scheint sich stimmlich hier jetzt
gefunden zu haben. Der Anschluss der
Manon, (ist’s wahr, dass dieses Kleid
mir so wundervoll steht') stimmlich
saftig ausgeprägt neben Lescaut’s sonor
vorgetragenen Komplimenten.
Nr. 11 Wohlklang par excellence, die
Chordamen mit der ‘Sängerin’ - eine
delikate Episode - bei der Qualität
bedauert man, dass die Szene so kurz ist
- man hört allen gern zu und im Falle
der Solistin kann man verstehen, dass
sie sich die ‘Wozzeck-Marie’ verkneifen
wird.
Bei Nr. 14 - die ganze Zartheit eines
niedlichen Tenor-Buffos - ein
strahlendes, rundes-schärfeloses hohes
Manon-‘H’ in Nr. 17 - die Triller gehen
ihr leicht ‘von der Hand’. Aufblühend,
vollmundig Nr. 22 mit einem üppigen
hohen Manon-‘C’.
Was will der Komponist uns nur mit dem
nachfolgenden Unisono der Streicher
sagen?
Ein wohl-klingendes Manon-‘Ces’ in Nr.
28, die seitens Puccini nicht unbedingt
zu den stärksten Passagen gehört.
Die Nr. 29 - 36 - das rauschhafte
Liebesduett gestalten Manon und Des
Grieux mit Kraft und Verve - bis hinauf
auf ein sieghaftes hohes ‘B’ für beide.
Warum nur schiebt der Tenor am Ende des
Duettes ein crescendo nach, während
Puccini drei- und vierfaches pianissiomo
diminuendo vorgibt. Meint er, man hörte
ihn nicht mehr. Er hat doch vorher das
piano - warum sollte es dann später
nicht funktionieren.?
Nr. 40 - Untadelig der Geronte, ein
gesunder, sauber geführter, gut
sitzender Bass - auch die hohen Töne in
Gänze rund und im Timbre.
Nr. 43 Die Des Grieux Klage - eine
Phrase 'con intensa passione' - ein
bisher unterdrückter, nun
ausgesprochener heftiger Vorwurf. Geld
und Schmuck sind Manon wichtiger als
seine Liebe.
Die Gedanken ‘sag was soll werden aus
mir’ - müssten mit drei 'ppp' 'con
profondo abbattimento' - eben
verhauchend gesungen werden. Seine
Angst, diese mitzufühlen fällt dem
Publikum schwer.
Dann wieder sein hohes ‘H’ - alle
Stentortöne hat er.
Das Finale 2. Akt.
Die Livenson’sche Orchesterleitung -
faszinierend, mitreißend. Dieses
Orchester hier mit einer bestechenden
Attacke, den Applaus herausfordernd.
Das Zwischenspiel wird sicher bei mehr
Routine auch noch abgestufter zwischen
piani und forte klingen.
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3. Akt, Nr. 9 vom Orchester
hingezaubert.
In Nr. 22 problemlos das Manon-’C’
während ihres Klagegesanges.
In Nr. 27 wie auch im 4. Akt kann Des
Grieux wieder alles zeigen wie ein
Koreaner sich die Oper vorstellt - vor
allem die italienische - hoch und laut -
hier allerdings auch als forte
vorgegeben.
Die hohen Töne, spät am Ende der Oper,
sind eine Herausforderung und sie wird
gemeistert.
Dass dem Regensburger Publikum eine so
respektable Leistung als
Repertoirevorstellung geboten wird, ist
dem Orchester, dem Dirigenten, den
Solisten und dem Chor zu danken.
Das Publikum schließe die Augen
bestmöglich, schaue nicht auf die Bühne
und nicht auf die eingeblendeten Texte.
Da optisch nichts Stückgerechtes geboten
wird, verlange es die Hälfte des
Eintrittsgeldes zurück.
Nach den Internet-Vorgaben des Theaters
Regensburg:
'Doch
so endet sie mit Des Grieux in einer
endlosen Wüste Amerikas'.
und auch gemäß dem Text ((‘vor Durst
muss ich vergehen, gib mir zu trinken’)
..... (‘kein Tropfen, garnichts - nur
dürre Flächen, nirgendwo ist Wasser’)),
endet das Stück in der Wüste, die dann
allerdings in Regensburg realiter ein
Puff ist, wo jedoch massenhaft
Flüssigkeit in Flaschen herumsteht, die
aber für Des Grieux nicht erreichbar
ist, da ihm Regisseur Horres unter
Zustimmung des Regensburger
Theaterdirektors wohl die Kreditkarte
nicht mitgab und Des Grieux sich nun
nicht traut, einfach so die Manon zu
laben - nicht einmal mit einem
‘Noagerl’.
Wieder einmal ein typischer Fehleinsatz
der Göhring’schen Übertitelungsanlage.
Aber die
Musik-Dramaturgie bringt ja nicht einmal
eine Übereinstimmung zwischen Übertitel
und Bühnengeschehen zustande.
Da dies nicht zum ersten Mal geschieht,
muss unterstellt werden, man geht bei
diesem städtischen Betrieb davon aus,
für die doofen Regensburger reicht’s
doch!
Wie meinte ein Stadtrat diese Woche:
’Das Haus wird dilettantisch geführt!'
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*Klavierauszug
Ricordi |
Als
Premieren-Abonnent Theater Regensburg und Abnehmer von Karten
aus dem freien Verkauf
dieses und anderer Theater veröffentliche ich auf dieser
privaten Homepage meine Meinung.
Ich verstehe
die Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik
willen,
sondern als Hinweis auf nach meiner Auffassung zu Geglücktem
oder Misslungenem.
Neben Sachaussagen enthalten die Texte auch Überspitztes und
Satire.
Für diese nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5
Grundgesetz in Anspruch.
In die Texte baue ich gelegentlich Fehler ein, um Kommentare
herauszufordern.
Dieter Hansing
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