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Der
fliegende Holländer ...
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gefiel dem Dresdner Publikum nicht sonderlich,
als er am 2. Januar 1843 uraufgeführt wurde. Man hatte von
Wagner große Oper à la Meyerbeer wie er sie im Jahr zuvor mit
seinem 'Rienzi' gezeigt hatte, erwartet. Nun aber 'dieses so
gänzlich schmucklose, dürftige und düstere Werk'. Hinzu kam,
dass der Sänger des Holländer vorher nur in leichten Rollen wie
in Rossinis 'Barbier' aufgetreten war und gegen 'das höchste
Toben des Orchesters' nicht ankam. Auch Wagners favorisierte
Sängerin, Wilhelmine Schröder-Devrient, als Senta konnte nicht
verhindern, dass 'Der fliegende Holländer' nach vier
Vorstellungen in Dresden abgesetzt wurde.
Der holländische Seefahrer ist zur Strafe seiner Kühnheit vom Teufel
(das ist hier sehr ersichtlich: dem Elemente der Wasserfluthen und der
Stürme) verdammt, auf dem Meere in alle Ewigkeit rastlos umherzusegeln.
Als Ende seiner Leiden ersehnt er, ganz wie Ahasveros, den Tod; diese,
dem ewigen Juden noch verwehrte Erlösung kann der Holländer aber
gewinnen durch - ein Weib, das sich aus Liebe ihm opfert: die Sehnsucht
nach dem Tode treibt ihn somit zum Aufsuchen dieses Weibes; dieß Weib
ist aber nicht mehr die heimathlich sorgende, vor Zeiten gefreite
Penelope des Odysseus, sondern es ist das Weib überhaupt, aber das noch
unvorhandene, ersehnte, geahnte, unendlich weibliche Weib, - sage ich es
mit einem Worte heraus: das Weib der Zukunft.
Dieß war der »fliegende Holländer«, der mir aus den Sümpfen und Fluthen
meines Lebens so wiederholt und mit so unwiderstehlicher Anziehungskraft
auftauchte: das war das erste Volksgedicht, das mir tief in das Herz
drang, und mich als künstlerischen Menschen zu seiner Deutung und
Gestaltung im Kunstwerke mahnte.
Von hier an beginnt meine Laufbahn als Dichter, mit der ich die des
Verfertigers von Operntexten verließ.
[ RW - Sämtliche Schriften und Dichtungen: Vierter
Band, S. 462.]
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Richard Wagner sieht
sich also nach dem 'Rienzi' und somit vom 'Holländer' als
Dichter, was nicht genügend gewürdigt wird.
Er muss in Dresden eine nicht vorhandene Akzeptanz bei der
Vorstellung des Werkes erkennen, beschönigt dies auch nicht und
spricht von einer im ganzen missglückten Aufführung. Daraus habe
er die Lehren zu ziehen, dass seine Werke allein das Publikum
nicht zwangsläufig erreichen, Partitur, Orchester und Sänger den
Erfolg nicht herbeizwingen könnten und es 'einer besonderen
Sorgfalt bedürfe', sich 'der dramatische Darstellung' seiner
'neueren Arbeiten zu versichern', selbst wenn der 'Holländer' in
die Zeit der Gespensteropern wie Marschners 'Vampyr' passt.
Hinderlich war für die Sänger auch nach dem glanzvollen 'Rienzi'
- Adriano hoch zu Ross - die grauenvolle Öde, in der sie sich
auf der Bühne befanden, die aber zumindest von der
Schröder-Devrient überspielt werden konnte. Da sie 'bald für
längere Zeit gänzlich von Dresden fortging' und da der
Misserfolg des Stückes durch den sich vermindernden Andrangs des
Publikums genügend zu erkennen war, konnte der 'Holländer' nicht
weiter auf dem Spielplan bleiben und wurde durch den 'Rienzi'
ersetzt.
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Anders sieht es der
'Schönredner' Glasenapp, schon die Ouvertüre sei mit Beifall
aufgenommen worden, der erste Akt habe die rechte Spannung auf
das Folgende erregt. Am Schluss des zweiten Aktes habe sich ein
Sturm sondergleichen erhoben. Komponist und Sänger hätten dem
Ruf des Publikums Folge zu leisten gehabt und seien auf der
Bühne erschienen, dies ebenfalls nach dem Fallen des Vorhangs am
Ende des Werkes bei nicht minder stürmischem Jubel.
Glasenapp zeigt - nachvollziehbar - Unverständnis, dass ein
Werk, welches durchaus Beifall gefunden habe, ohne einen
ersichtlichen Grund, auch ohne einen vorgeschobenen, für 22
Jahre aus dem Dresdener Repertoire verschwunden sei.
Immerhin spielten schon im gleichen Jahr Riga, musikalische
Leitung Heinrich Dorn und Kassel unter Louis Spohr die neue
romantische Oper.
In Berlin dirigierte Wager1844 selber die dortige
Erstaufführung.
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Die
Interpretationswut gerade bei diesem Werk begann nicht erst mit
Fehlings Inszenierung von 1929 an der Kroll-Oper, der kürzlich
verstorbene Joachim Herz verlegte das Werk 1962 an der KO in
Berlin in den Vormärz, bei Ulrich Melchinger war 1976 der
Holländer ein perverser Satanspriester, bei Harry Kupfer in BT
war Senta eine Traumverlorene.
Andere 'Holländer'-Produktionen zeigen, dass mit Wagners
Erlösungsgedanken, der aber auch die übrigen Werke, von den
'Feen' angefangen, durchzieht, keiner der Inszenatoren etwas
anfangen kann.
In Leipzig führte der 'Holländer' 2008 zu einem Eklat, der zu
einer Einberufung der Ost-RW-Vereine führte, mit der Aussage, dass man sich
gegen derartige Verfälschungen verwahre.
Die Vorstände sind sich einig, dass die Oper Leipzig
nicht zur Experimentalbühne
am Werk Richard Wagners mutieren darf.
Die Vorgänge um die Premiere der Oper „Der fliegende
Holländer“
dürfen sich nicht wiederholen.
Die versammelten Richard Wagner Verbände einigten sich
darauf,
ein verstärktes Augenmerk auf die Verantwortung der
Intendanzen gegenüber dem Werk
Richard Wagners und der Interpretation durch die
Regisseure zu legen.
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Die am Premierenabend in Leipzig gezeigte Holländer-Produktion
duldete der nun an Burnout leidende - bis 31.12.2011 - Chefregisseur der
Leipziger Oper.
Es hieß, er habe nicht gewusst, dass bei der Premiere etwas anderes gezeigt
würde, als bei der GP.
Schöner Chefregisseur, der nicht weiß, was an seinem Haus los ist.
Nicht erinnerlich, dass sonstwo, irgendwann mal einer der übrigen RW-Vereine
gegen Regie-Machwerke protestierte.
Dieses Schweigen lässt sich ableiten aus ist der 'Liebe' zu modischen
Inszenierungen der Frau Präsidentin International und die Festlegung vom 9.
Oktober 2011, dass RW-Vereine nicht zu kritisieren hätten, schon garnicht die
Regie-Qualifikation der Frau W. aus BT.
Selbst diese 'Liebe', die sich ja wohl auch auf die BT-Inszenierungen von
Lohengrin oder Parsifal oder diese entzückenden 'Meistersinger in der Malerbude'
des ersten Aufzugs oder Tannhäuser-2011 bezieht, diese Nähe zu Frau W. aus BT
kann nicht verhindern, dass die Vorstände der RW-Vereine keine Karten mehr für
BT bekommen sollen, selbst dann nicht, wenn sie Stipendiaten entsenden.
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