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... am 06. Dezember 1804 geboren
Schon als Kind stand sie auf der Bühne,
spielte neben ihrer Mutter Sophie Schröder am Burgtheater in Wien, ging
mit ihr nach Dresden.
1823 heiratete die damals Achtzehnjährige den Schauspieler Carl August
Devrient. Sohn Friedrich wurde 1827 in Dresden geboren, mit ihm spielte
der Vater häufig gemeinsam.
1828 ließ er sich von Wilhelmine scheiden; sie arbeiteten aber bis 1834
weiterhin zusammen.
Für Richard Wagner war sie der Prototyp der
dramatischen Sängerin - speziell - des dramatischen Soprans und damit
stand sie Modell für alle Brünnhilden, die Isolde, die Kundry. - Sie
gestaltete die Senta, die Venus auf der Bühne und brachte sie mit
Richard Wagners dramaturgischen Vorgaben in Einklang.
Er erlebte sie als Fidelio-Leonore auf dem Höhepunkt
ihrer Künstler-Laufbahn - 'jugendlich, schön und warm, wie nie seitdem
auf der Bühne mir ein Weib erscheinen sollte.'
Wörtlich notierte er:
“ Ein sehr junges
Mädchen gab die Leonore; diese Sängerin schien sich aber schon in so
früher Jugend mit dem Genius Beethoven's vermählt zu haben. Mit welcher
Gluth, mit welcher Poesie, wie tief erschütternd stellte sie dieß
außerordentliche Weib dar!“
[Sämtliche Schriften und Dichtungen: Erster
Band, S. 184. Digitale Bibliothek Band 107: Richard Wagner: Werke,
Schriften und Briefe, S. 217 (vgl. Wagner-SuD Bd. 1, S. 105)]
Nach dem Gastspiel schrieb er ihr in einem
Brief, gab den im Hotel ab, dass von dem Tage an sein Leben seine
Bedeutung erhalten habe und wenn sie je dereinst in der Kunstwelt seinen
Namen rühmlich genannt hören sollte, sie sich erinnern möge, dass sie an
diesem Abend ihn zu dem gemacht habe, was er schwöre zu werden wolle.
Als die Schröder-Devrient dann 1842 in Dresden den
Adriano in Wagners 'Rienzi' sang, zitierte sie nach der Vorstellung aus
Wagners Brief, den sie - da er ihr offensichtlich etwas bedeutete -
aufbewahrt hatte.
In Bezug auf die Isolde schrieb er an König Ludwig II.:
Frau Schnorr
übertrifft Alles, was ich erwarten konnte: ich wüsste keine für diese
Aufgabe ihr an die Seite stellen zu können: sie ruft mir lebhaft mein
Jugendvorbild, die berühmte Wilhelmine Schröder-Devrient zurück. Von ihr
wird man lernen können, was eine Tragödin ist!
Quelle:
[Briefe und
Briefwechsel in Einzelausgaben: König Ludwig II und Richard Wagner:
Briefwechsel, S. 754 / 755. Digitale Bibliothek Band 107: Richard
Wagner: Werke, Schriften und Briefe, S. 24381 (vgl. BW-Ludwig II. Bd. 1,
S. 89)]
Und Eduard Devrient zeichnete in seinen
Tagebüchern diverse Bemerkungen – nicht gerade schmeichelhafte - über
seine Schwägerin Wilhelmine auf:
23. Juli 1839 |
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Frau Schröder-Devrient war bei uns bis
½ 9, sehr wohl aussehend und angenehm. Therese
[Ehefrau von Eduard Devrient]
war entzückt von ihr. Es ist eine schöne Natur in ihr verhunzt. |
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23. Mai 1842 |
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Abends ’Werner’. Küstner kam auf die
Bühne, machte mir Komplimente und schwatzte noch allerlei. Die
Schröder-Devrient trat zu uns und fuhr ihm im Gespräch stets
über den Mund, verhöhnte ihn; er ließ es lachend geschehn. |
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28. Mai 1843 |
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Besuch von der Schröder-Devrient. Ich
liebe diesen Theaterton der Unterhaltung nicht, noch weniger die
zynischen Redensarten, die man kaum einem Manne zugute hält. Ihr
Gesang schubertscher Lieder war mir auch viel zu manirieert
gewaltsam. Sie ist für die Kunst voll redlichen Eifers, eine
tüchtige, großartig geschnittene, aber mir persönlich nicht
wohltuende Natur. |
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23. Februar 1844 |
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Abends im Theater ’Der fliegende
Holländer’ gehört. […] Die Schröder ist allerdings in eine
pathetische Manier verfallen, gibt ihre Momente, die von je
große Wirkungen machten, jetzt überall hin wie kleine Münze. Das
nor-
dische Fischermädchen Senta war wenig charakterisiert zwischen
ihr und Norma, Armida usw. war in Haltung und Bewegung kein
Unterschied. Den ganzen Abend ausgebreitete, viel über den Kopf
erhobene Arme. Für das Publikum aber war genug da, es zum
Entzücken zu verpflichten; aber sie ist nur einmal abgeurteilt,
sie sei alt, habe keine Stimme mehr usw. Dies wundervolle Talent
muß auf der Höhe seiner Kraft hier nah am Ausladen stehn. So
fand ich die Stimmung im Publikum. Und für solch Lumpenpack gibt
man nun sein Leben hin. |
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29. Februar 1844 |
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Zu Hause fand ich die
Schröder-Devrient, die aus Leibeskräften zuredete, nach Dresden
zu kommen, und Lüttichau gegen alle Beschuldigungen in Schutz
nahm. Sie behauptete, dass gerade meine Natur die der seinigen
zusagende sei, dass er meiner bedürfe, dass er selbst aus
Eigensinn, da er meine Berufung gemacht, mich in jeder Weise auf
dem Posten erhalten werde. Das ist ungefähr, was ich mir auch im
Stillen sage, aber wird es sich erfüllen. Wüsste ich das, nichts
sollte mich von Dresden zurückhalten. |
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19. März 1844 |
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Ich trieb mich im Theater eine Stunde
lang umher, geriet in die Garderobe der Schröder-Devrient, der
ich erzählte, dass ich die Oberregie auch über die Dresdener
Oper übernehme, wofür sie mir an den Hals flog und mich
abküsste, dass ich ganz verdutzt stand. |
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19. März 1845 |
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Abends Carl – er war unerwartet
angekommen – und Fritz bei uns. Wir waren ganz munter im
Austausch von Erinnerungen aus unserer Kinderzeit. Zuletzt teilt
Carl mir allein seine Absicht mit, von seiner geschiedenen Frau
Wilhelmine Schröder-Devrient gewisse Erziehungsgelder zu
reklamieren. Mir ekelt vor dieser stets wiederkehrenden Rupferei.
Er wollte von mir Nachweise und Erklärungen, die zu befürchtende
Gegenreklamation entkräften zu sollten. Ich hatte ihm solche
nicht zu geben und suchte ihn von seiner Absicht abzubringen zu
Ehren unseres Namens. Er scheint, er wird die Suche ruhen
lassen. |
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6. November 1845 |
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Abends im Theater ’Fidelio’. Tote,
geistlose Aufführung, selbst die Schröder-Devrient war
komödiantisch allgemein und sang nicht gut. |
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16. Februar 1846 |
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Abends mit Marie in ’Alceste’. Frau
Schröder-Devrient in vieler Hinsicht vortrefflich, aber sie war
nicht einmal sicher in der Partie, fehlte in wichtigen Momenten,
hatte also auch die Rolle durchaus nicht reiflich studiert,
wodurch sie nun in ihrer gewohnten monoton pathetischen Manier
hinging. Alle Momente des fortreißenden Ungetüms der
Leidenschaft blieben aus, sie verschleppte die Tempi, weil ihre
Stimme nicht frisch anschlägt – welch ein Abstand gegen die
Milder! |
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27. März 1946 |
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Abends mit Terese und Marie die
Schröder-Devrient als Lucrezia Borgia gesehen. Es ist nicht
anders, dies große Talent ist kalt geworden und steht jetzt
außerhalb ihrer Darstellungen, zeigt eine Reihe von Akzenten und
Stellungen, die sie in ihrer guten Zeit erfunden, und die ihr
von dieser als beifallswürdig bekannt sind. Die Momente der
äußersten Leidenschaft sind immer noch durch ihre Energie
erschütternd. |
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6. Februar 1847 |
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Abends in ’Acosta’ gespielt. Danach
war Schauspielerball. Ich saß zwischen Frau Schröder-Devrient
und Kapellmeister Wagner, mit dem ich viel über den
Entwicklungsprozess des deutschen Geistes und des deutschen
Dramas sprach. |
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24. Februar 1847 |
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Abends ’Iphigenie in Aulis’ gehört.
Wagner hat schöne Blasinstrumente dazu gesetzt und den Schluss
sehr schön geändert. Der 2. und 3. Akt prachtvoll. Tichatscheck,
Frau Wagner [Johanna Wagner,
Nichte von Richard Wagner]
exzellent gesungen, die Schröder-Devrient erst im letzen Akte,
aber da auch in voller Größe. Mitterwurer als Agamemnon nobel,
aber matt; er bleibt zu sehr hinter der Aufgabe zurück. |
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9. Juni 1847 |
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Abends bei Hillers. Die
Schröder-Devrient machte mir lange Vorwürfe, dass ich die Regie
aufgegeben und damit das Beispiel eine besseren Leitung für ganz
Deutschland, sprach dann von ihrem Aufgeben der hiesigen
Verhältnisse und beschwerte sich gerade über Wagners
durchgreifende Leitung bei der Oper, derer es sich nun einmal
energisch annimmt, während sie bedauert, dass meine Leitung
vorüber sei. Welche Konfusion in diesen Köpfen vor bloßer
Selbstsucht. |
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18. August 1848 |
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Mit Therese und Marie
[Tochter von Eduard Devrient]
auf der Ausstellung. Bega’s Portrait von der Schröder-Devrient
ist ein Meisterwerk. Wie hat er die ganze Geschichte des Weibes
in der schönsten Weise auf dies Gesicht geprägt. |
Richard Wagner, der in finanzieller Hinsicht
anfangs seines Lebens stets Klamme musste, als Wilhelmine
Schröder-Devrient im August 1846 einen alten Schuldschein einklagte, bei
der Hofintendanz in Dresden ein Darlehen von fünftausend Talern
aufnehmen, rückzahlbar in zehn Jahresraten bei fünfprozentiger
Verzinsung.
Wilhelmine Schröder-Devrient, sang seinen Adriano, die
Senta und die Venus in den Dresdner Uraufführungen von ’Rienzi’,
’Fliegender Holländer’ und ’Tannhäuser’; seit 1850 mit dem Gutsbesitzer
H. v. Bock verheirtet, der vierzehn Jahre jünger war als sie und dem sie
in seine livländische Heimat folgte.
1849 beteiligte sie sich nicht unmittelbar aktiv am Aufstand in Dresden,
doch wurde sie zeitweilig verhaftet und musste das Land verlassen.
Die Amouren, die sie sich erlaubte, ruinierten ihre finanziellen
Möglichkeiten und die vielen Auftritte in dramatischen Rollen
überforderten ihre Möglichkeiten, dass sie sich stimmlich schadete.
Später meinte Richard Wagner:
“Nein! Sie hatte
gar keine »Stimme«; aber sie wußte so schön mit ihrem Athem umzugehen
und eine wahrhaftige weibliche Seele durch ihn so wundervoll tönend
ausströmen zu lassen, daß man dabei weder an Singen noch an Stimme
dachte!“
(Richard Wagner:
’Über Schauspieler und Sänger’, Leipzig 1872)
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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