Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages:

07.08.2014

RW-Stipendiatenkonzert

   



 


 


Dies ein Screenshot aus
http://www.richard-wagner-stipendienstiftung.de/de/07.html

mit den Statuten der RW-Stipendienstiftung.
 

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Nun lud man wieder einmal zu einem Konzert in die Stadthalle Bayreuth - es kam auch Publikum, allerdings nicht in der gewünschten Menge erschienen die Menschen - Plätze blieben frei.
Viele der Besucher gaben sich kommod, Herren ohne Schlips und Kragen, manche adjustiert, als habe man gerade den Schrebergarten verlassen, Popelinehosen, T-Shirts, Jeans.
Waren nicht auch kurze Hosen dabei?
Achtung vor dem Werk?
Hatte sich 'Katharina, die Grobe' nicht mal gegen die RW-Tümelei ausgesprochen?
So wird eben heute alles runtergebrochen, so weit, dass alles in den Dreck gezogen wird.

Allein Frau Präsidentin RWV-International außer Diensten kam äußerst elegant, dem Anlass entsprechend, gewandet.
Frau Präsidentin RWV-International außer Diensten Mutter - bescheiden im Hintergrund.

Dann gab man sich dem Programm hin, freute sich über das modische Outfit - 'rausses' Hemd, dies länger als das Jackett - des ersten Sängers und dem von ihm ganz dem Holunder gewidmeten Fliedermonolog.
Dass man den diesjährigen Wotan an den Anfang stellte, ohne eine instrumentale Darbietung als Introduktion zu offerieren, verdrießte den kritischen Beobachter.

Besonders interessant war der Punkt zwei der Programmfolge, veröffentlicht im für zwei Euro fünfzig käuflich erworbenen Ablaufheft. Angekündigt waren eine  Dame an der Violine und ein Herr am Klavier.
Die Geigerin kam alleine heraus, hub an, sehr virtuos mit dem Bogen über die Saiten zu streichen, ohne auf den im Programmheft angekündigten Begleiter zu warten. Eine gewisse Unruhe machte sich im Volke breit, man wollte das Geld zurück, da ja ein Solist nicht erschienen war.
Dann bemerkte das Publikum, dass es sich bei dem Stück um eine Sonate für Violine  s o l o  handelte, also der Mann am Klavier zu Recht zu Hause bzw. in den Kulissen geblieben war.
Bei der Redaktion für das Programmheft nahm man es offensichtlich nicht so genau und druckte eine Begleitung durch Klavier, obwohl der Komponist nichts derartiges vorsah.

 

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Es folgten als Stipendiaten mehr Damen als Herren, die sich sängerisch hervortaten.
Das Programmheft gab Aufschluss über die 'Viten' der Herrschaften, die allesamt schon über große Erfahrungen an den verschiedensten Institutionen besitzen - gemäß dem Motto:
20-Jährige mit 40-jähriger Erfahrung.

Man sang Rossini und Händel und Berg und Wolf und Strauss und schließlich auch etwas von Wagner, dem ja die ganze Angelegenheit - einschließlich der Stadt - gewidmet war.

Natürlich fragt sich da der im Zuschauerraum sitzende Agent: Was soll das?
Wie soll erfasst werden, ob - gemäß Statuten - sich eine Rosina mal zu einer Fricka in Bayreuth entwickelt?
Den Spruch, 'ich höre da was' kennt man schon zur Genüge von Aufnahmeprüfungen an Hochschulen, um die Klassen voll zu bekommen.
 

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Der Schritt von einer Händel-Cleopatra zur Brangäne ist ein großer. Eine tat ihn und es kam dazu, worauf RW schon hinwies, nämlich aufzupassen beim Atem, 'dass er nicht knappt.'

Positioniert war die Dame zudem noch ganz hinten auf der Bühne, unmittelbar vor dem schallschluckenden Aushang. Den Flügel hatte vor dem Auftritt ein rot-behoster sonstiger Mitarbeiter extra für sie rumgedreht, so dass der Schall aus dem offenen Deckel des Instruments nach hinten sich verbreiten konnte - oder warum die Action?

Eine Strauss-Sängerin, der man später mal die Marschallin, die Capriccio-Gräfin wünscht - singt heute schon Desdemona - wie kommt die bei dem großen Otello-Ensemble über das Orchester - und Violetta, so dass man sich besorgt an den Kopf fasst:
Wie lange soll das gut gehen?
Und kann die unter den Umständen hoffentlich noch was anderes als sehr schön und als typisch Lyrische eines der vier letzten Lieder singen?

Außer dem Bariton-Star trat nur ein Herr sängerisch an, der hoch griff - aber warum nicht mal einem ganz jungen Tenor die Gralserzählungen geben, obwohl man stimmlich eher an den jungen Hirt im dritten Tristan-Akt dachte.
Ob er mal die Stimmkraft von Herrn Botha erreicht, bleibt - auch nach längerem Nachdenken - zur Beurteilung offen.
 

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Irritiert fragte sich der kritische Beobachter, warum zwei Tage drauf der Bayreuther Kurier auf der Seite 9 seiner Ausgabe vom 9./10. August 2014 kaum auf die Stipendiaten und das Konzert einging und nur ein Bild des Sachs brachte - mit einem kümmerlichen Textbeitrag als Randnotiz.
Von der auch aufgetretenen arrivierten Senta überhaupt keine Spur - weder von gut sitzender Stimme, noch ebenso perfekt vorgetragenem Abendkleid - keinerlei Rede.
Dabei hatte da ein Mensch an der Seite des Auditorium den ganzen Abend über sein fotografisches Apparätchen im Anschlag und in störender Funktion.

Bei aller Fragwürdigkeit dieses Stipendiaten-Unternehmens - eine solche Missachtung haben die Mitwirkenden nicht verdient.

Auch der Schlussbeifall -  doch wohl kläglich.
Möglicherweise nahm man übel, dass man als Publikum nicht geflissentlich begrüßt wurde - keine OB-in, kein RWVI-Präsident, kein RW-Stipendiatenstiftungs-Vorsitzender, auch niemand, der zum Schluss dankte, dass nach der Pause doch so viele geblieben waren.

 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz,
in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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