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... vom 15. Juli
1933
In Rom wird der auf Initiative Mussolinis geschlossene
Viermächtepakt zwischen dem Deutschen Reich, Frankreich, Großbritannien
und Italien unterzeichnet. Er soll außerhalb der Abrüstungsverhandlungen
in Genf eine Friedenspolitik in Europa sichern.
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Kalenderblatt / Archiv | Beitrag vom 15.07.2008
Unterzeichnung des Viermächtepakts
Vor 75 Jahren wurde der Vertrag von Rom unterschrieben, in Kraft trat er
nie
Von Otto Langels
Adolf Hitler wird 1933 jubelnd in München begrüßt (AP Archiv)
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten Anfang 1933 herrschte im
Ausland Unsicherheit, welche Ziele das Deutsche Reich verfolgte. Strebte
Adolf Hitler mit einem aggressiven Vorgehen eine baldige Revision der
Gebietsverluste nach dem Ersten Weltkrieg an? Oder zeigte sich das
NS-Regime um Ausgleich mit den europäischen Nachbarn bemüht, so wie in
Rom, wo am 15. Juli 1933 Deutschland mit Italien, Frankreich und
Großbritannien einen Pakt über kollektive Sicherheit in Europa schloss.
"Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich, alle Anstrengungen zu
machen, um im Rahmen des Völkerbundes eine Politik wirksamer
Zusammenarbeit zwischen allen Mächten zur Erhaltung des Friedens zur
Anwendung zu bringen."
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Mit diesem Satz beginnt das Vertragswerk des sogenannten "Viererpakts",
den Italien, Deutschland, Großbritannien und Frankreich am 15. Juli 1933
in Rom unterzeichneten. Das Abkommen ging auf eine Initiative Benito
Mussolinis zurück. Da sich eine internationale Abrüstungskonferenz in
Genf seit Monaten fruchtlos dahinschleppte, sah der italienische
Diktator eine günstige Gelegenheit, sein Land außenpolitisch
aufzuwerten. Allerdings beschränkte sich der Viererpakt auf allgemeine,
verklausulierte Absichtsbekundungen.
"Artikel 3. Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich, alle
Anstrengungen zu machen, um den Erfolg der Abrüstungskonferenz
sicherzustellen. Sie behalten sich vor, falls Fragen, die sie besonders
betreffen, bei Beendigung der Konferenz offen geblieben sein sollten,
sicherzustellen, dass sie auf geeignetem Wege gelöst werden."
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In Deutschland wurde der 'Viererpakt' als Mussolinis 'Großer
Friedensplan' gerühmt. Während die Nationalsozialisten mit brutaler
Gewalt ihr Terrorregime im Innern festigten, verzichteten sie auf
außenpolitische Provokationen. Solange das Deutsche Reich gegenüber den
europäischen Großmächten militärisch unterlegen war, suchte das
NS-Regime internationale Konflikte zu vermeiden.
Adolf Hitler gab sich gegenüber dem Ausland moderat und friedliebend.
Intern aber ließ er keinen Zweifel daran, dass er die nach dem Ersten
Weltkrieg verlorene nationale Größe Deutschlands so bald wie möglich
wiedergewinnen und ausdehnen wollte, auch mit Waffengewalt.
Nur wenige Tage nach seiner Ernennung zum Reichskanzler hatte Hitler in
einer in handschriftlichen Aufzeichnungen festgehaltenen, geheimen Rede
vor Generälen der Reichswehr angekündigt:
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"Kampf gegen Versailles. Aufbau der Wehrmacht wichtigste
Voraussetzung für die Wiedererringung der politischen Macht.
Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose
Germanisierung."
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Die europäische Ordnung nach dem Ersten Weltkrieg blockierte jedoch
deutsche Expansionsgelüste. Im Versailler Vertrag waren die
territorialen Verluste, darunter Elsaß-Lothringen, Posen und
Westpreußen, die alliierte Besatzung des linken Rheinlands, die
Vernichtung von Kriegswaffen und die Begrenzung des Heeres auf 100.000
Mann ohne Flugzeuge und Panzer festgeschrieben.
Das NS-Regime wollte die eigene Aufrüstung vorantreiben, ohne eine
militärische Intervention der Westmächte zu provozieren, um anschließend
mit kriegerischen Mitteln nach der Weltmacht zu greifen.
Als Meisterstück propagandistischer Kunst gilt die so genannte 'Friedensrede', die Adolf Hitler im Mai 1933 vor dem Reichstag hielt.
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"Kein neuer europäischer Krieg wäre in der Lage, anstelle der
unbefriedigenden Zustände von heute etwas Besseres zu setzen. Im
Gegenteil, weder politisch noch wirtschaftlich könnte die Anwendung
irgendwelcher Gewalt in Europa eine günstigere Situation hervorrufen,
als sie heute besteht."
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Der Ausbruch eines solchen Wahnsinns ohne Ende würde zu einem
Zusammenbruch der Gesellschafts- und Staatenordnung führen, so Hitler.
Er stellte Deutschland als einzige Nation dar, die nach dem Ersten
Weltkrieg abgerüstet habe, und forderte nun auch von den anderen
europäischen Mächten entsprechende Schritte.
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"Indem wir mit grenzenloser Liebe und Treue an unserem eigenen Volkstum
hängen, respektieren wir die nationalen Rechte auch der anderen Völker
aus dieser selben Gesinnung heraus und möchten aus innerstem Herzen in
Frieden und Freundschaft leben. Selbst bei ausschlaggebendem Erfolg
einer neuen europäischen Gewaltlösung würde als Endergebnis nur noch
eine Vergrößerung der Störung des europäischen Gleichgewichts eintreten
und damit so oder so der Keim für spätere neue Gegensätze und neue
Verwicklungen gelegt werden."
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So wie Hitler mit seiner Reichstagsrede die internationale
Öffentlichkeit zu täuschen versuchte, nutzte er auch Mussolinis
'Viererpakt', um die Friedens- und Verhandlungsbereitschaft des
NS-Regimes zu bekunden. Der Vertrag von Rom wurde für eine Dauer von
zehn Jahren beschlossen, trat aber nie in Kraft, da die vorgeschriebene
Ratifizierung unterblieb. Deshalb war der 'Viererpakt' letztlich ein
wirkungsloses Abkommen, das von nationalsozialistischen Aufrüstungs- und
Expansionsplänen ablenkte.
Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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