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zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 


Thema des Tages

Bemerkungen eines Abonnenten und Abnehmers voll bezahlter Eintrittskarten aus dem freien Verkauf zur szenischen Umsetzung von

Nds. Staatsoper Hannover

Giuseppe Verdi

'Rigoletto'

Wiederaufnahme 18. Juni 2016


'Wofür man ja nicht so schwärmt,
wenn er wieder aufgewärmt!'

 


Es geht um eine Produktion des 'Rigoletto', die 2006 an der Nds. Staatsoper Hannover in der Inszenierung von Karsten Wiegand (heute Intendant vom Staatstheater Darmstadt) herauskam und die nun ihre Wiedergeburt erlebte.

Viel fiel dem Regisseur für die szenische Umsetzung des Werkes nicht viel ein, und wenn, dann war es 'Quatsch'.

Dass es sich hier nicht um eine 'Sex and Crime-Angelegenheit', sondern um ein Problem des Ständestaates handelt, wird überhaupt nicht klar.

Mätzchen bestimmen den Ablauf der Darstellung.

Da treten Herren vor den Dekorationsvorhang, stehen an der Schamwand zum Publikum gerichtet, bepinkeln diese.
Bevor die Abtrennung hochgezogen wird, haben die Herren den vorderen Inhalt ihrer Hosen weggepackt oder was man dafür halten soll, und wieder in ihren Kostümen versteckt.

Der Chor tritt in Klamotten mit Rettungsringen um den Bauch auf, als wäre der Untergang der Titanic soeben beschlossene Sache, während der Herzog seine Nr. 3  'Freundlich blick ich auf diese und jene' - wobei er sich bei dem fröhlichem Gepinkel umschaut und vielleicht meint, 'freundlich blick ich auf diesen und jenen' - singt.

Die Verhüllung der Aufbauten wird heruntergerissen, das Salonorchester auf diesem Gerüst platziert, wird nach links weggefahren.
Die leere Bühnen bleibt, Hängeleuchter fahren herunter, diese werden gelöscht (ganz normale heutige Glühbirnen) und Rigoletto verabredet in der Nr. 7 mit Sparafucile den Mord am Herzog.

Ein Rechteck am Boden aufgemalt, soll die Abgeschlossenheit der Behausung des Hofnarren darstellen.

Gilda quält sich in der Enge, malt ihre Wünsche mit der Nr. 5 'Teuer Name, dessen Klang' auf den Bühnenboden und fällt ganz klar auf die Zauberkunststückchen des Herzogs herein, die - im Programmheft ausdrücklich erwähnt - von einem Tillmann Wiegand - (das ist doch nicht etwa der heutige Künstlerische Betriebsdirektor der Oper in Hamburg?) - einstudiert wurden.

Der Chor - weiß gekleidet, mit Masken vor den Gesichtern - stellt Pappwände auf, schleppt Gilda ab, im Beisein des Vaters, der mit verbundenen Augen nichts mitkriegt.

Kronleuchter runter, Rigoletto schiebt Klunker an ihm beiseite, Gilda setzt sich in die Leuchte, Vater Rigoletto schubst die Lampe an und so schaukelt man vor und zurück.
Die Giovanna ist übrigens gestrichen.

Hochformatige Wände fahren, der Chor in Zwangsjacken verhöhnt in der Nr. 8 den Narren mit dessen 'Feile Sklaven'.
Der muss die Gewalt erkennen, der seine Tochter ausgesetzt war, sie aber schwelgt mit der Nr. 9 in Träumereien - endlich ein Mann, endlich passiert was.
'Wenn ich an Festestagen!'

Eine Häuserwand. Fenster im EG und im ersten Stock, Klappläden.
Hier soll die Rache am Herzog gelingen. Der aber singt mit der Nr. 10 sein 'O wie so trügerisch' und als Quartett mit den anderen die Nr. 11 das 'Als Tänzerin erschienst du mir', womit Maddalena, die Schwester von Sparafucile, gemeint ist, die zum Fenster rausguckt und er deswegen einschläft.

Gilda geht in das Haus, wird erstochen, der Herzog singt im Hintergrund die Reste seiner Verführungsarie.
Rigoletto findet die sterbende Tochter vor der fremden Haustür - 'Ha, jener Fluch des Alten!'

Ergo:
Resteverwertung ist löblich, aber nicht alles wird durch Liegenlassen besser.
 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:


Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Dieter Hansing
 

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