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... am 23. April 1564 geboren
Zwischen 1589 und 1592 wurde Christopher Marlowe's 'Der Jude von Malta'
durch die Theatertruppe 'The Admiral's Men' uraufgeführt. Unmittelbar
danach, aber auch noch vor 1600, zeigte William Shakespeare in London
sein Stück 'Der Kaufmann von Venedig', das zwischen 1596 und 1598
entstanden war.
Beide Werke haben einen Juden im Rollenverzeichnis - in beiden Fällen
ein Mensch, der einer Schurkerei fähig ist.
Die Juden waren 1490 aus Spanien vertrieben worden, aber bereits 200
Jahre vorher musste diese Religionsgemeinschaft unter Eduard I. England
verlassen und durfte nicht wieder zurückkehren, ohne dass es eines
aktuellen Anlasses bedurfte.
Grundsätzlich waren die Juden im Misskredit, angeblich schändeten sie
Hostien und mordeten Christenkinder, um mit dem Blut Backwaren
herzustellen - der Geldverleih und die Annahme von Zinsen kam hinzu.
Zur Zeit Marlowe's und Shakespeare's gab es also nur noch kleine
Gruppen, die heimlich jüdische Bräuche praktizierten - sie traten
jedenfalls nicht mehr direkt in Erscheinung und doch waren sie, ihr
exotisches Wesen und nicht regelgerechtes Tun, immer wieder Thema von
Erzählungen, Berichten, Kolportagen, Diffamierungen.
So blieben sie weiter in den Köpfen der Menschen in England präsent und
lieferten den Dramatikern der Zeit wie Marlowe und Shakespeare genügend
Stoff für literarische Werke, grenzten sie als Ausnahmeerscheinungen
aus, von der übrigen Bevölkerung.
Dies trug verständlicherweise dazu bei, Hinweise über Theaterstücke auf
Menschen in der Gemeinschaft zu geben, die in irgendeiner Weise
auffielen - man konnte ihnen etwas vorhalten, ohne etwas beweisen zu
können - die Juden waren Schuld an den verschiedensten Vorkommnissen -
Marlowe's 'Jude von Malta' oder 'Das Massaker von Paris' trugen zur
Beeinflussung in der Bevölkerung bei.
So wusste Shakespeare, dass sein Altersgenosse Marlowe - beide
geboren1564 - hier schon vor ihm Figuren geschaffen hatte, die ihre
Wirkung auf das Publikum nicht verfehlten.
Shakespeare's Venedig, als Ort des 'Kaufmanns', verbot den Juden zwar
Land zu besitzen oder ein Gewerbe zu betreiben, gestattete ihnen aber
doch Geld zu verleihen, was Christen verboten war. So war Shakespeare's Antwort
auf die Vorgabe von Marlowe's skrupellosen 'Barabas' dann sein
rachsüchtiger 'Shylock'.
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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