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    Betrachtungen zu

        Friedrich Schiller

      
    'Die Räuber'
       
    am Theater Regensburg

         'Possen, Possen!'

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    Wie sehr die heutige Öffentlichkeit gebildet ist, zeigt sich daran, dass es auch einem Kritiker des Springerblattes 'Die Welt' nicht gelingt, das Uraufführungsdatum von Schillers 'Die Räuber' richtig anzugeben und dieses in das Jahr 1783 verlegt, wo das Stück doch nachweislich am 13. Januar 1782 dem Publikum zum ersten Mal aufgeführt wurde.
    http://www.welt.de/kultur/article108910697/Die-Welt-ist-alles-was-der-Knall-ist.html

    So wie hier, zeigt sich auch das Publikum an jenem 2. September 2012, an dem die zweite Vorstellung der neuen Inszenierung am MGT in Berlin stattfand.
    Entweder lachte das Publikum nun über die Darstellung der Rollen durch die drei Protagonisten oder es lachte einfach so, über das es einfach nichts zu lachen gab, es aber nicht verstand, um was es sich bei dem Jugendwerk Schillers handelte.

    Abwechslung sei die Seele des Lebens - soll Bismarck gesagt haben. Ob er das auch in Bezug auf das heutige deutsche Theater gemeint haben könnte, darf nur vermutet werden .

    Sollte es so sein, so haben viele Theaterleute seit der Entstehung des Stückes gemeint, Abwechslung schaffen zu müssen, indem sie dem Franz ein Monokel und einen Zigarre mitgaben, Spiegelberg trat in braunem Gehrock und Melone auf oder Kosinsky als Versicherungsvertreter mit modischer Brille, Scheitel, Samtjackett über Leinenhose mit Hosenträgern und dem unvermeidlichen Laptop - natürlich auch mit einem Handy.

    Es geht im heutigen Regisseurtheater darum, die Klassiker runterzubrechen, zu verzerren und zu behaupten, mit den vom Autor vorgegebenen Texten könne man die Stücke als Steinbruch ansehen und damit opfern.
    Da fallen Rollen weg, da werden dann auch Striche gemacht, die das Skelett oder die Filetstücke übriglassen.

    Der Erlkönig reduziert sich dann laut Alfred Kerr auf:
    Reitet, spät, Nacht, Wind, Vater, Kind tot.

    So wird das Stück auf wenige und damit weniges reduziert, siehe MGT Berlin:
    Es bleiben drei Darsteller und eine Meute von Schauspielschülern als Räuber und die auch noch im Parkett zwischen Vollzahlern sitzend.

    Regensburg wollte offensichtlich entsprechend einer heute nicht mehr gezeigten Mitteilung im Internet ähnlich verfahren und dabei war nach Probenbeginn noch nicht einmal 'Der alte Moor' besetzt:


    Die Räuber

    Schauspiel von Friedrich Schiller

    Theater am Bismarckplatz

    Inszenierung Marcus Lobbes
    Bühne und Kostüme Christoph Ernst


    Friedrich Schiller war 22 Jahre alt, als er sein erstes Theaterstück »Die
    Räuber« veröffentlichte. Der Inhalt war so brisant, dass es zunächst anonym
    gedruckt werden musste. Schiller erzählt die Geschichte zweier ungleicher
    Brüder: Franz ist der Jüngere und gegenüber seinem Bruder Karl in jeder Hinsicht benachteiligt. Franz fühlt sich ungeliebt und hässlich, er ist neidisch auf Karl, der einmal alles erben wird, der eine Freundin hat und der in Leipzig studiert, während er selbst zuhause hockt. In seinem Kopf dreht sich alles darum, die Macht an sich zu reißen. Franz gelingt es, mit gefälschten Briefen das gute Verhältnis zwischen Vater und Karl zu zerstören.
    Doch das reicht ihm noch nicht, er versucht seinen Vater umzubringen und Karls Freundin Amalie zu erobern. Karl, der glaubt, dass sein Vater ihn für immer aus dem Haus verbannt hat, geht als Anführer einer Räuberbande in die Wälder. Im Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit entgleitet ihm die Kontrolle über die Gruppe und er muss mit ansehen, wie sich Raub- und Mordlust verselbständigen. Ihm wird klar, wie viele Unschuldige bei ihren Aktionen zu Tode kommen. Die Verkettung der Umstände führt in eine Spirale der Gewalt, in der das Gute und das Böse nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind. Friedrich Schiller bekam wegen der »Räuber« große Schwierigkeiten mit seinem Landesherrn Herzog Karl Eugen. Er kam in Arrest und ihm wurde verboten zu schreiben. Schiller beschloss daraufhin aus Stuttgart zu fliehen und verließ in der Nacht vom 22. auf den 23. September
    1872 während der großen Feierlichkeiten für den russischen Zaren heimlich die Stadt.

    Besetzung

    Maximilian, regierener Graf von Moor

    NN

     

     

    Karl

    Gunnar Blume

    Franz

    Clemens Giebel

    Amalia von Ehrenreich

    Pina Kühr

       

    Räuber

    Thomas Birnstiel

     

    Frerk Brockmeyer

     

    Sebastian Ganzert

     

    Jacob Keller

     

    Michael Lämmermann


    In einer späteren Veröffentlichung hieß es dann:


    Die Räuber

    Schauspiel von Friedrich Schiller

    Theater am Bismarckplatz

    Inszenierung Marcus Lobbes
    Bühne und Kostüme Christoph Ernst

    Friedrich Schiller war 22 Jahre alt, als er sein erstes Theaterstück »Die Räuber« veröffentlichte. Der Inhalt war so brisant, dass es zunächst anonym gedruckt werden musste. Schiller erzählt die Geschichte zweier ungleicher Brüder: Franz ist der Jüngere und gegenüber seinem Bruder Karl in jeder Hinsicht benachteiligt. Franz fühlt sich ungeliebt und hässlich, er ist neidisch auf Karl, der einmal alles erben wird, der eine Freundin hat und der in Leipzig studiert, während er selbst zuhause hockt. In seinem Kopf dreht sich alles darum, die Macht an sich zu reißen. Franz gelingt es, mit gefälschten Briefen das gute Verhältnis zwischen Vater und Karl zu zerstören. Doch das reicht ihm noch nicht, er versucht seinen Vater umzubringen und Karls Freundin Amalie zu erobern. Karl, der glaubt, dass sein Vater ihn für immer aus dem Haus verbannt hat, geht als Anführer einer Räuberbande in die Wälder. Im Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit entgleitet ihm die Kontrolle über die Gruppe und er muss mit ansehen, wie sich Raub- und Mordlust verselbständigen. Ihm wird klar, wie viele Unschuldige bei ihren Aktionen zu Tode kommen. Die Verkettung der Umstände führt in eine Spirale der Gewalt, in der das Gute und das Böse nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind. Friedrich Schiller bekam wegen der »Räuber« große Schwierigkeiten mit seinem Landesherrn Herzog Karl Eugen. Er kam in Arrest und ihm wurde verboten zu schreiben. Schiller beschloss daraufhin aus Stuttgart zu fliehen und verließ in der Nacht vom 22. auf den 23. September
    1772 während der großen Feierlichkeiten für den russischen Zaren heimlich die Stadt.

    Besetzung
     

    Karl

    Gunnar Blume

    Franz

    Clemens Giebel

    Amalia von Ehrenreich

    Pina Kühr

    Räuber  
      Thomas Birnstiel
      Frerk Brockmeyer
      Sebastian Ganzert
      Jacob Keller
      Michael Lämmermann
       

    So fallen nach dieser Veröffentlichung der Kosinksy, der Spiegelberg weg - da schrumpft das Schauspiel auf ein Minimum an Zeit und es bleibt dann u.U. übrig:

    Aber ist Euch auch wohl, Vater?
    Franz heißt die Canaille?
    Dem Mann kann geholfen werden.

    Der Regisseur darf - im Rahmen der Erfüllung des Bildungsauftrages auch und vor allem Migranten gegenüber - das Werk eben nicht verbiegen, Rollen streichen, die zum Verständnis der Situation beitragen.
    Siehe 'Kabale' an 'Ostermeiers Schaubühne':
    der Hofmarschall ist gestrichen.

    Aber auch ein Franz mit einem Funktelefon ist albern, wenn er sich dann auf eine Nachricht bezieht, die Vater Maximilian sehr leicht überprüfen könnte mittels eines Telefongesprächs 'unserm Correspondenten in Leipzig' –
    das Konstrukt bricht zusammen, wenn denn überhaupt eine Schlüssigkeit da sein sollte, geht sie gänzlich verloren.

    Beim heutigen Theater werden Stücke mithilfe der Theaterdirektoren der Willkür der Regisseure ausgesetzt. Es wird auf das Geschäft geschaut, auf die Auslastung. Originalität muss erzwungen werden. Bloß - um Himmels Willen - etwas machen, was möglichst noch nie da war und was die Leute - bei Klassikern meist unbedarft im Parkett und in den Rängen sitzend - juchzend auf die Schenkel klopfen lässt.

    Ob das Stück, wie im Spielplan vorgegeben, wirklich gespielt wird oder ein Nachbau, in dem Ferdinand Walter zur Gaudi des Publikums die Wände raufgeht, hat nichts mit dem Theater zu tun, das dem Publikum das Stück vorzeigen soll, wenn denn Steuer- oder Sponsoren-Gelder in Anspruch genommen werden.

    Die Herrschaften können ja mal mit einem 'Klinglbeutel' rumgehen - man weiß, Frau Stadträtin Göhring a.D. liebte den Ausdruck in Verbindung mit dem Theater nicht - aber was ist, wenn das - wie hier beschrieben - unter Verwendung öffentlicher Gelder dabei herauskommt:

    Über die 'Kabale' am Staatstheater Braunschweig - zu Zeiten eines Herrn von Enzberg als dortigem damaligem Operndirektor und damit für das Gesamterscheinungsbild des BSG-Theaters mitverantwortlich - ganz zu schweigen.

    Bemerkungen_zu_'Kabale_und_Liebe'_im_'Staatstheater_Braunschweig'

    Es ist schon merkwürdig, dass z.B. Frau Dörrie ihre Filme realitätsnah und storykonform inszeniert - macht sie aber 'Rigoletto' an der Bayerischen Staatsoper, dann spielt das Ganze nicht am Hofe des Herzogs von Mantua, sondern auf einem Stern der Affen.
    Beim Theater kann man es ja machen, da gibt es Steuer- und Sponsorengelder, wenn ein Film vor großem Publikum flopt ist das ja eine ganz andere Sache.

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    Wie die Internet-Veröffentlichungen des Theaters Regensburg zeigen, wurden mehrere Versuche unternommen, 'Die Regensburger Räuber' zu besetzen.
    Da gab es anfänglich keinen alten Moor, die Räubermannschaft wurden als Block dargestellt und mal floh Schiller 1872 aus Stuttgart - also knapp 70 Jahre nach seinem Tod, dann war Schiller 1772 unterwegs nachdem er 'Die Räuber' 1772 geschrieben hatte, also mit 13 Jahren und in beiden Fällen war von Feierlichkeiten für den Zaren die Rede.

    Es wurde hierüber der Verwaltungsratsvorsitzende von Theater Regensburg informiert:
    http://www.telezeitung-online.de/Thema_des_Tages_17._Oktober_2012.htm

    Er gab in einem Antwortschreiben vom 6. November 2012 zu bedenken, es sei eben zu Beginn der neuen Spielzeit nicht alles gut gelaufen.
    Viele hätten sich gemeldet und auf die Fehler in der Internet-Ankündigung hingewiesen und man habe 'zu Ungunsten der korrekten Daten' einen historisch falschen Sachverhalt angegeben.
    Die Frage ist nur, warum das Theater Regensburg seit der Hinweise auf die Fehler vom 6., 11. und 17. Oktober so lange, bis zum Ende des Monats für die Korrektur brauchte und dass es dazu bei dem hochqualifizierten und hochdotierten Theaterpersonal überhaupt kommen konnte.

    Wo war denn die neu ernannte Schauspieldirektorin und wo war 'die Margot' - die ja gemäß Aussagen aus dem Haus - für alle Veröffentlichungen verantwortlich ist?

    Haarsträubend wie fehlerhaft die völlig verquere Darstellung der Besetzung der Regensburger 'Csárdasfürstin' in der Oktoberausgabe 2012 des Fachblattes der Intendanten 'Die deutsche Bühne' auf Seite 69.
    Müsste nicht 'die Margot' wissen, was richtig, was falsch ist und was sie herausgeben kann?

    E
    rst Ende Oktober gelang es dem Theater Regensburg, sich zu einer endgültigen Besetzung und Veröffentlichung mit Beseitigung der Fehler im Internet durchzuringen.


    Announcement Theater Regensburg
     


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    Schauspiel von Friedrich Schiller

    Theater am Bismarckplatz

    Inszenierung Marcus Lobbes
    Bühne und Kostüme Christoph Ernst


    Friedrich Schiller war 22 Jahre alt, als er sein erstes Theaterstück »Die Räuber« veröffentlichte. Der Inhalt war so brisant, dass es zunächst anonym gedruckt werden musste. Schiller erzählt die Geschichte zweier ungleicher Brüder: Franz ist der Jüngere und gegenüber seinem Bruder Karl in jeder Hinsicht benachteiligt. Franz fühlt sich ungeliebt und hässlich, er ist neidisch auf Karl, der einmal alles erben wird, der eine Freundin hat und der in Leipzig studiert, während er selbst zuhause hockt. In seinem Kopf dreht sich alles darum, die Macht an sich zu reißen. Franz gelingt es, mit gefälschten Briefen das gute Verhältnis zwischen Vater und Karl zu zerstören. Doch das reicht ihm noch nicht, er versucht seinen Vater umzubringen und Karls Freundin Amalie zu erobern. Karl, der glaubt, dass sein Vater ihn für immer aus dem Haus verbannt hat, geht als Anführer einer Räuberbande in die Wälder. Im Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit entgleitet ihm die Kontrolle über die Gruppe und er muss mit ansehen, wie sich Raub- und Mordlust verselbständigen. Ihm wird klar, wie viele Unschuldige bei ihren Aktionen zu Tode kommen. Die Verkettung der Umstände führt in eine Spirale der Gewalt, in der das Gute und das Böse nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind. Friedrich Schiller bekam wegen der »Räuber« große Schwierigkeiten mit seinem Landesherrn Herzog Karl Eugen. Er kam in Arrest und ihm wurde verboten zu schreiben. Schiller beschloss daraufhin, aus Stuttgart zu fliehen und verließ in der Nacht vom 22. auf den 23. September 1782 während der Feierlichkeiten anlässlich des Besuchs von Großfürst Paul von Russland, dem späteren Zaren, heimlich die Stadt.


     

    Besetzung

    Graf v. Moor/Schwarz

    Thomas Birnstiel

    Karl/Pater

    Gunnar Blume

    Franz/Pastor

    Clemens Giebel

    Amalia/Kosinsky

    Pina Kühr

    Spiegelberrg/Hermann

    Frerk Brockmeyer

    Schweizer/Daniel

    Michael Lämmermann

    Roller/Grimm

    Sebastian Ganzert

    Razmann/Schufterle

    Jacob Keller

     


    Änderungen vorbehalten!

    Stand 31.10.2012
     

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    Die Darstellung des charakterlich ungleichen Brüderpaares - Franz der verkümmerte, dagegen geistig mit lebendiger Fantasie ausgestattete Zweitgeborene, das Böse und den Sadismus von Grund auf verkörpernde gegen den Erstgeborenen Karl, der nur durch Zufall und ungünstige Situationen - 'unglückliche Konjunkturen' nennt Schiller es - vom Wege abgekommene, verlorene Sohn, stellt immer wieder an die jeweiligen Ensembles eine fast nicht zu bewältigende Herausforderung dar, wenn sich die Theater nicht entschließen, die eine oder die andere Rolle des Werkes mit einem Gast zu besetzen, der dem Typ der Rolle am nächsten kommt.
    Die sentimentale Amalia, der senile 'alte Moor' - Väterspieler, der draufgängerische Spiegelberg, der undurchsichtige Bastard Hermann, der servile Daniel und das Abbild Karls, der Kosinsky - und Pastor und Pfarrer und Roller.
    Die letzte Regensburger Inszenierung von 'Die Räuber' zeigte im Jahre 1993 Probleme auf, die sich schon daraus ergaben, dass die damalige Intendantin eine bestimmte Vorstellung des Werkes für die Regensburger Bühne hatte, die nicht zu realisieren war.

    Kai Tiedemann war dann 'Karl', Michael Heuberger 'Franz', Christiane Motter 'Amalia', Hans-Joachim Reinecke 'Der alte Moor', Jörg Puls 'Schweizer', Kai Möller 'Spiegelberg' - in einer Inszenierung von Rudolf Zollner.

    Stimmte hier zwar die typenmäßige Besetzung der Rollen, ging die Produktion des Stückes am Volkstheater in München insofern daneben, dass Maximilian Brückner - in einem späteren Saarbrücker Tatort fand für ihn das Wort 'Bayerischer Schülerlotse' Verwendung - Karl Moor sein sollte.
    Hier in Münchens 'Räuber' war er wahrhaftig nur ein 'Karlchen', was dazu führte,  das ganze Gebilde von Stückls 'Hauptmann' als einem 'Buberl' in sich zusammenbrechen zu lassen.
     


    'Die Räuber' am Volkstheater München 2003


    Wie kann dem Mann geholfen werden?
     

    Wenn der Jugendclub eines Provinztheaters nicht alle Rollen eines anspruchsvollen Werkes besetzen kann, ist das zur Not hinnehmbar. Bei einem Theater der Metropole München stimmt es bedenklich, wenn der Karl Mohr einem Buffo - wohl auch noch einem Schauspielschüler - anvertraut wird, der neben dem schöneren, präsenteren, charakteristischeren Darsteller des Franz - der ja eigentlich auch im Aussehen eine Kanaille sein sollte - völlig abstinkt. Da nutzt auch der heftige Aktionismus, ein hochgereckter Arm, der oben drauf drohende Zeigefinger, die erhobene Stimme nichts. Es ist und bleibt eine halbe Sache.

    Auch dass der alte Mohr, dessen Ableben von Franz so sehnlichst erwartet wird und das dieser ja auch noch heftig betreibt, ein äußerst vitaler Patriarch ist, lässt die Besetzungsfrage in einem noch bedenklicheren Licht erscheinen.
    Da der Darsteller des alten Mohr auch noch den Pfarrer spielen darf,  verdeutlicht: der Mann kann auch anders, ließe man ihn.

    Völlig unglaubwürdig ist die Darstellung der Amalia. Hier ist es eine Salondame - eine rasante noch dazu - die in bis zum Tanga hochgeschlitzten Kleidern dem Vetter Franz mit gezücktem Dolch 'an die Eier' geht.
    Niemals würde realiter diese Dame sich von

    diesem Typ - wie eine Sentimentale üblicherweise - reinreden lassen.

    Die Räuber, eine kraftvolle Truppe mit Bin-Laden-Umhängebärten bzw. Bader-Meinhoff-Bande-Attitüde
    wird von der Regie animiert, sich auf offener Szene in jeder Hinsicht zu amüsieren. Klar, wenn man so abgeschieden in der alten Kneipe leben muss, nutzt man jedes Loch!
    Positiv auffallend die Darstellerin des Spiegelberg. Sie findet Möglichkeiten, das glatte, subversive der Rolle auszuspielen. Hier wird das Teuflische einer bar aller Hemmungen ausgelebten Intelligenz offenkundig. Brigitte Hobmeier fesselt nicht nur die Räuber, sondern vermag auch den Zuschauer, in ihre Verführungsbemühungen einzubeziehen.

    Das Konzept der Produktion des hochgelobten Christian Stückl reißt das Stück durch die Aktualisierung aus seiner Welt, zumal der Text nur halbherzig angepasst wurde. Selbst wenn alles nur als Folie angesehen wird, 'a biss'l stimma sollt's scho'. Die FAZ als Lektüre des alten Mohr und Louisd'ore als Zahlungsmittel, ausgesetzt für die Ergreifung des Karl Mohr passen auch bei großzügigster  Auslegung nicht zusammen.

    Der Zuschauer schüttelt sich, glaubt er doch, hier eher der Folge einer sexuell aufgeheizten daily soap beigewohnt zu haben.
    (Dieter Hansing)

     

     

     

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    Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
     

     

    Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
    sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.

    Neben Sachaussagen enthalten diese Texte
    auch Überspitztes und Satire.

    Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt
    nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

    Dieter Hansing