Regensburg - Theater am Bismarckplatz
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Es sind
eben erst 10 Jahre vergangen, dass 'Der Liebestrank' in der
Regie von Jörg Fallheier in Regensburg über die Bühne ging.
Fluchs greift Theaterdirektor Ernö Weil zum
Bewährten und zum Publikumszugstück.
Mariel Bravo war damals Adina, Omar Jara war Nemorino, Kurt Schober Belcore und Jörgen Christensen
der Dulcamara.
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Wäre Richard Wagner der große
Komponist geworden, ohne Theodor Weinlig?
Wer war Donizetti, wie wurde er, was
er war?
Wäre er auch allein auf sich gestellt das geworden?
Hätte sich sein Talent
auch Bahn gebrochen, ohne Simon Mayr?
Simon Mayr, geboren am 14. Juni 1763
in Mendorf bei Beilgries - gestorben am 2. Dezember 1845 in Bergamo
war ein bayerischer Komponist, der zunächst Theologie an der Hohen
Schule in Ingolstadt, der damaligen ersten bayerischen
Landesuniversität studierte.
Die erste musikalische Ausbildung erhielt Simon Mayr von seinem Vater, der Organist in Mendorf war.
Und so spielte der Sohn bald selber die Orgel.
Thomas Freiherr de Bassus (1742-1815) zählt zu dem ersten und
wichtigsten Förderern. Er erkannte das musikalische Talent und holte
Mayr als Musiklehrer auf Schloss Sandersdorf. Von 1787 an ebnete er
ihm den Weg in Italien, wo er Unterricht bei Carlo
Lenzi und Ferdinando Bertoni, dem Kapellmeister an St. Markus in
Venedig, erhielt.
1802 wurde Simon Mayr als Nachfolger seines Lehrers Lenzi der Leiter
der Musikschule in Bergamo, den Posten bis zu
seinem Tode 1815
inne habend. Er setzte sich für Beethoven in Italien ein und schrieb
im Laufe seines Lebens 70 Musikwerke, die zum Teil noch gelegentlich
gespielt werden
Der größte Verdienst kommt Simon Mayr als Lehrer von Gaetano
Donizetti zu.
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In einem fensterlosen Keller kam
Gaetano Maria Donizetti am 29. November 1797 in größter Armut als
fünftes von sechs Kindern zur Welt. Ohne Aussichten für
ein ertragsreiches Leben hatte er das Glück zur ersten Gruppe von
Kindern zu gehören, die Simon Mayr in seine 1806 neue gegründete
freie Singschule aufnahm, mit dem Bestreben, junge Stimmen
auszubilden für Chöre und Soli. Auch damals herrschte Mangel an
Tenören, derer Mayr sich besonders annahm.
Er glaubte an das Talent Donizettis und schickte ihn nach Bologna,
wo er zwei Jahre Kontrapunkt und Komposition auf Kosten Mayrs studierte.
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1817 kehrte Donizetti nach Bergamo
zurück und erhielt durch die Mithilfe Mayrs einen Vertrag mit dem
Impresario Zanda, für den er vier Opern schrieb.
Donizetti komponierte während seines Lebens auch Kirchen- und
Kammermusik, neben komischen und tragischen Opern. Seine
manisch-depressive Gemütsverfassung war mit den verarbeiteten
Stoffen und den Todesfällen in seiner Familie in Zusammenhang
zu bringen.
Innerhalb von acht Jahren verlor er seine Eltern, zwei Söhne, eine
Tochter und seine Frau Virgina Vasselli, mit der er sieben Jahre
verheiratet war und von deren Tod er sich seelisch nie richtig
erholte.
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1835 ging
Donizetti auf Einladung Rossinis nach Paris, der Stadt der Grand'
Opéra, beherrscht damals von Meyerbeer und Halévy, kehrte aber schon
im Herbst nach Neapel zurück, um dort am 23. September am Teatro San
Carlo seine 'Lucia die Lammermoor' nach Sir Walter Scott mit dem
Libretto von Salvatore Cammerano herauszubringen.
1837 erfolgte die Uraufführung von 'Roberto Devereux'.
Eigentlich sollte er Leiter des Konservatoriums in Neapel werden,
aber Mercadante wurde im vorgezogen und enttäuscht über die
Missachtung und den Tod seiner Frau verließ Donizetti die Stadt und
ging wieder nach Paris, wo er 1840 mit seiner Oper 'La fille du
régiment' Erfolge feierte.
Mangels qualifizierter Tenöre - wer, außer San Diego Flórez vermag
schon neun hohe Cs in kurzer Folge hintereinander singen - wird
diese Oper heute kaum noch gegeben.
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Der
österreichische Hof lud ihn nach Wien ein, wo 1843 - nach dem 'Don
Pasquale' in Paris - seine Oper 'Maria die Rohan' uraufgeführt
wurde.
Ein Liebling der Wiener – vom Kaiser mit dem Titel ’Hofkompositeur’
ausgezeichnet – dirigierte an der Hofoper eigene Werke und die
anderer.
Da die GEMA noch nicht erfunden war und nicht wie heute jedes
Theater jeweils die Rechte zur Aufführung kaufen muss, sondern
einmalige Pauschalen gezahlt wurden, mussten die freischaffenden
Komponisten eine Vielzahl von Werken
- neben den rund 70 Opernpartituren stehen aus den früheren
Jahren Streichquartette, Quintette und Sinfonien wie auch
Kirchenmusik -
schaffen, die dann ein Impresario kaufte, um sie weiterzuverkaufen.
Hier ging es also darum, die Vergnügungssüchtigen zu befriedigen und
die großen Gesangsstars mit ihnen auf die Stimme geschriebenen
Rollen zu versorgen. Die Bezahlung des Komponisten war wesentlich
schlechter als die eines der Protagonisten, dessen monatliches Salär
bei 10 Vorstellung höher lag als die Kompositionspauschale.
Der Impresario konnte das Werk, da es ihm nach dem Kauf gehörte,
weiter zu Geld machen, ohne dass der Komponist an dem oft großen
Geldsegen beteiligt wurde.
Mit der Komposition allein jedoch war es nicht getan, ein Komponist
– so auch Donizetti – musste zu den Aufführungsstätten fahren, mit
den Sängern arbeiten, Ihre Kapricen aushalten, Arien einfügen,
streichen oder umschreiben, bis sie ’passten’. Alle Nachfolgerinnen
der Konstanze Mozart leiden heute noch unter der geläufigen Gurgel
der Gattin des Unsterblichen, wenn sie die hohen Töne in der Rachearien
anstimmen müssen.
Nach dem Einstudieren war meist auch noch alles in Szene zu setzen
und zu den jeweiligen Spielorten mit den damals unbequemen Kutschen
zu reisen. Dass der ungesunde, nervenaufreibende Lebenswandel auch
Donizettis angriff, ist wohl zu erkennen.
Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich seit 1845 zusehends,
1846 wurde er in die Klinik Ivry bei Paris eingeliefert. Im
September 1847 brachte man den Kranken in seine Heimatstadt Bergamo,
da vom milden Klima Linderung erhofft wurde.
Am 8.
April 1848 starb Donizetti in seiner Heimatstadt Bergamo. Unter den
Klängen des Requiems seines Lehrers Simon Mayr wurde er bestattet.
Ein Denkmal von Francesco Scrace erinnert an den berühmten Sohn der
Stadt.
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Eine seiner unbestritten erfolgreichsten Opern ist 'Der
Liebestrank' von 1832 - 34 hatte er bis dahin mit
unterschiedlichem Erfolg schon geschrieben - mit dem Text von
Felice Romani nach einer Vorlage 'Le Philtre' von Eugène Scribe
in der Vertonung von Daniel Francois Esprit Auber für deren
Komposition Donizetti drei Wochen Zeit hatte.
In der Tradition der Opera buffa wird von Romani die eigentlich
französische Vorlage in das Italien des beginnenden 18.
Jahrhunderts verlegt und in den liebevoll ausgefeilten Versen
der Dialoge zwischen Adina und Nemorino zeigen sich Anklänge an
Pietro Metastasio und Carlo Goldoni.
Donizetti setzt sich in seiner Komposition mit seinem Landsmann
und Kollegen Rossini und auch den Komponisten des ausgehenden
18. Jahrhunderts wie Paisello oder Cimarosa auseinander.
Donizetti vermeidet beim Liebestrank die große weitgespannten
Bögen und legt das Schwergewicht auf die Leichtigkeit vieler
kurzgliederiger Kanzonen, Lieder mit Choranmerkung und Refrains,
wobei die Figuren schnell aus Trauer in Seligkeit oder aus
Verzweiflung in Überschwang stürzen.
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So ist es
möglich, dass ein beschwingtes Publikum nach einer Aufführung des
'Liebestrank' glücklich schmunzelnd ins normale Leben zurückkehrt,
während manch anderes wohl gut konstruiertes Werk ratlos oder
missmutig macht?
Es sind vor allem die Melodien, die der Komponist seinen Figuren
zuordnet, die sie genau charakterisieren, aber dabei so wohltuend
sind wie ein delikates Festmahl. die Melodie, schon seit Platon
belegt als 'Lied-Gesang' zeichnet sich durch innerer
Folgerichtigkeit, Gesanglichkeit, Fasslichkeit und Geschlossenheit
ihrer Gestalt aus.
Die Handlung einer komischen Oper ist ein Brautwerbespiel, in
unzähligen Variationen zu allen Zeiten beliebt bis zu heutigen
Kino-Komödien:
Pretty Woman' oder hier Nemorino der 'Pretty Boy.
Nach kurzen Vorspiel, in dem das pompöse Gehabe des Doktors, das
Schmachten Nemorinos, das eckige Marschieren der Soldaten, die
Koketterie Adinas und das den Körper Durchrieseln des
Rotwein-Liebestranks aufblitzen, beginnt das Stück mit einem
Chor-Tableau, einer ländlichen Idylle, fröhlich über die liebe
plappernde Landleute im 6/8 Takt.
In seiner Cavatina, Nr. 2, Larghetto, bewundert Nemorino, der
lyrische Tenor die junge reiche Pächterein Adina, die im Gegensatz
zu ihm lesen und schreiben kann und beklagt sich, dass ihm das
studieren nicht möglich ist. Nach den Linien des ertsten Teils in
hoher, an Tamino erinnernder tessitura, folgt ein Alegretto im 6/8
Takt, in dem er energisch fragt, welches Mittel ihm hilft, die Liebe
Adinas zu erringen.
Der chor, angeführt von Gianetta, stellt plappernd fest, dass es
besser ist, die Liebe zu fliehen, während Adina die Geschichte von
Tristan und isolde liest, in ihrer Cavatina und mit dem Chor gerne
wissen möchte, ob der Wundermann mit dem Rezept des Liebestranks
noch lebt. Im ensemble lösen Adina und Nemorino ihre Liebesehnsucht
in triolische Achtel-Fiorituren auf und es endet in E-Dur mit einem
hohen H Adinas, für einen lyrischen Koloratursopran eine Freude.
Die Scene Nr. 4, Kavatine und Ensemble zeigt den Auftritt des
zackigen Belcore, prägnant rhythmisiert, seine Unwiderstehlichkeit
mit hohen Fs im stürmischen Allegro vivace vorstellen und gleich die
Hochzeit vorschlagen. Die Szene endet mit Quartett und Chor, eine
vorsichtige Adina, eine beobachtentde Gianetta, ein schüchtern
leidender Nemorino, ein fordernder Belcore und ein amüsiert
beobachtender Chor, ein rasanter Abschluss in F-Dur.
In Nr. 5, Rezitativ und duett können die freunde 'geläufiger
Gurgeln' in Verzierungen der Gesangslinien schwelgen, in denen sich
Donizetti an die Meister Paisiello und Cimarosa des 18. Jahrhunderts
anlehnt.
Ab Poco piu mosso singen sie zwar unterschiedliche Texte - Adina
verteidigt die Freiheit, Nemorino verteidigt die Einmaligkeit der
wahren Liebe - beide aber singen in melodischer und rhythmischer
Eintracht, aus der der Gleichklang der Seelen schon trotz aller
Differenzen herauszudeuten ist.
In Nr. 6 kündigt der Chor Allegro vivace und assai die Ankunft eines
außergewöhnlichen Mannes in einer goldenen Kutsche an, Dulcamara
Marktschreier und selbst ernannter heiler, der mit Titeln und
Zertifikaten seine naive Klientel zum Kauf seiner Wundermittel
animieren will. Diese Praxis ist höchst aktuell, denn die heutigen
Boulevard-Blätter sind voll davon. Der Bass-Buffo schwadroniert,
wirft mit Fremdworten um sich, um Sachkenntnis zu suggerieren, wie
es in der Pseudo - aber auch bedauerlicherweise in der Wissenschaft
üblich ist.
Donizetti charakterisiert ihn mit schnellem Tempo und einhämmernden
Ton-Repetitionen, ein gängiger Trick jeder Werbung. Und er hat
Erfolg: der schüchterne Nemorino kauft als Wunderelixier eine
Flasche Bordeaux, dessen Konsum ihn so mutig macht, den
aufgeblasenen Macho Belcore zu vertreiben. Adina von der Größe
seiner Liebe zu überzeugen und der in Komödien üblichen 'marraige'
steht nichts mehr im Wege. Man gönne den beiden ihr Glück trotz
unterschiedlichen Bildungsniveaus. Man selber gönne sich die Freude
an Romanis romantischer Idylle und Donizettis Zauber der Melodie,
die Das harte Leben verklärt und dem Publikum heilsame Stunden des
Wohlklangs beschert.
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