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04.01.2010 - dradio.de

 


Damals in Regensburg

10.06.2005

Theater Regensburg

"Welche Huld und welche Reize"

 

 

Gaetano Donizetti:
'Der Liebestrank'

 
     

10.06.05

 

 


 Regensburg - Theater am Bismarckplatz

Es sind eben erst 10 Jahre vergangen, dass 'Der Liebestrank' in der Regie von Jörg Fallheier in Regensburg über die Bühne ging.
Fluchs greift Theaterdirektor Ernö Weil zum Bewährten und zum Publikumszugstück.
Mariel Bravo war damals Adina, Omar Jara war Nemorino, Kurt Schober Belcore und Jörgen Christensen der Dulcamara.

 

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Wäre Richard Wagner der große Komponist geworden, ohne Theodor Weinlig? 

Wer war Donizetti, wie wurde er, was er war?
Wäre er auch allein auf sich gestellt das geworden?
Hätte sich sein Talent auch Bahn gebrochen, ohne Simon Mayr
?

Simon Mayr, geboren am 14. Juni 1763 in Mendorf bei Beilgries - gestorben am 2. Dezember 1845 in Bergamo war ein bayerischer Komponist, der zunächst Theologie an der Hohen Schule in Ingolstadt, der damaligen ersten bayerischen Landesuniversität studierte.
Die erste musikalische Ausbildung erhielt Simon Mayr von seinem Vater, der Organist in Mendorf war. Und so spielte der Sohn bald selber die Orgel.
Thomas Freiherr de Bassus (1742-1815) zählt zu dem ersten und wichtigsten Förderern. Er erkannte das musikalische Talent und holte Mayr als Musiklehrer auf Schloss Sandersdorf. Von 1787 an ebnete er ihm  den Weg in Italien, wo er Unterricht bei Carlo Lenzi und Ferdinando Bertoni, dem Kapellmeister an St. Markus in Venedig, erhielt.
1802 wurde Simon Mayr als Nachfolger seines Lehrers Lenzi der Leiter der Musikschule in Bergamo, den Posten bis zu
seinem Tode 1815 inne habend. Er setzte sich für Beethoven in Italien ein und schrieb im Laufe seines Lebens 70 Musikwerke, die zum Teil noch gelegentlich gespielt werden
Der größte Verdienst kommt Simon Mayr als Lehrer von Gaetano Donizetti zu.


 

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Geburtshaus Donizettis

In einem fensterlosen Keller kam Gaetano Maria Donizetti am 29. November 1797 in größter Armut als fünftes von sechs Kindern zur Welt. Ohne Aussichten für ein ertragsreiches Leben hatte er das Glück zur ersten Gruppe von Kindern zu gehören, die Simon Mayr in seine 1806 neue gegründete freie Singschule aufnahm, mit dem Bestreben, junge Stimmen auszubilden für Chöre und Soli. Auch damals herrschte Mangel an Tenören, derer Mayr sich besonders annahm.
Er glaubte an das Talent Donizettis und schickte ihn nach Bologna, wo er zwei Jahre Kontrapunkt und Komposition auf Kosten Mayrs studierte.

 

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1817 kehrte Donizetti nach Bergamo zurück und erhielt durch die Mithilfe Mayrs einen Vertrag mit dem Impresario Zanda, für den er vier Opern schrieb.
Donizetti komponierte während seines Lebens auch Kirchen- und Kammermusik, neben komischen und tragischen Opern. Seine manisch-depressive Gemütsverfassung war mit den verarbeiteten Stoffen und  den Todesfällen in seiner Familie in Zusammenhang zu bringen.
Innerhalb von acht Jahren verlor er seine Eltern, zwei Söhne, eine Tochter und seine Frau Virgina Vasselli, mit der er sieben Jahre verheiratet war und von deren Tod er sich seelisch nie richtig erholte.

 

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1835 ging Donizetti auf Einladung Rossinis nach Paris, der Stadt der Grand' Opéra, beherrscht damals von Meyerbeer und Halévy, kehrte aber schon im Herbst nach Neapel zurück, um dort am 23. September am Teatro San Carlo seine 'Lucia die Lammermoor' nach Sir Walter Scott mit dem Libretto von Salvatore Cammerano herauszubringen.
1837 erfolgte die Uraufführung von 'Roberto Devereux'.
 
Eigentlich sollte er Leiter des Konservatoriums in Neapel werden, aber Mercadante wurde im vorgezogen und enttäuscht über die Missachtung und den Tod seiner Frau verließ Donizetti die Stadt und ging wieder nach Paris, wo er 1840 mit seiner Oper 'La fille du régiment' Erfolge feierte.
Mangels qualifizierter Tenöre - wer, außer San Diego Flórez vermag schon neun hohe Cs in kurzer Folge hintereinander singen - wird diese Oper heute kaum noch gegeben.

 
Der österreichische Hof lud ihn nach Wien ein, wo 1843 - nach dem 'Don Pasquale' in Paris - seine Oper 'Maria die Rohan' uraufgeführt wurde.
Ein Liebling der Wiener – vom Kaiser mit dem Titel ’Hofkompositeur’ ausgezeichnet – dirigierte an der Hofoper eigene Werke und die anderer.

Da die GEMA noch nicht erfunden war und nicht wie heute jedes Theater jeweils die Rechte zur Aufführung kaufen muss, sondern einmalige Pauschalen gezahlt wurden, mussten die freischaffenden Komponisten eine Vielzahl von Werken - neben den rund 70 Opernpartituren stehen aus den früheren Jahren Streichquartette, Quintette und Sinfonien wie auch Kirchenmusik - schaffen, die dann ein Impresario kaufte, um sie weiterzuverkaufen. Hier ging es also darum, die Vergnügungssüchtigen zu befriedigen und die großen Gesangsstars mit ihnen auf die Stimme geschriebenen Rollen zu versorgen. Die Bezahlung des Komponisten war wesentlich schlechter als die eines der Protagonisten, dessen monatliches Salär bei 10 Vorstellung höher lag als die Kompositionspauschale.
Der Impresario konnte das Werk, da es ihm nach dem Kauf gehörte, weiter zu Geld machen, ohne dass der Komponist an dem oft großen Geldsegen beteiligt wurde.
Mit der Komposition allein jedoch war es nicht getan, ein Komponist – so auch Donizetti – musste zu den Aufführungsstätten fahren, mit den Sängern arbeiten, Ihre Kapricen aushalten, Arien einfügen, streichen oder umschreiben, bis sie ’passten’. Alle Nachfolgerinnen der Konstanze Mozart leiden heute noch unter der geläufigen Gurgel der Gattin des Unsterblichen, wenn sie die hohen Töne in der Rachearien anstimmen müssen.
Nach dem Einstudieren war meist auch noch alles in Szene zu setzen und zu den jeweiligen Spielorten mit den damals unbequemen Kutschen zu reisen. Dass der ungesunde, nervenaufreibende Lebenswandel auch Donizettis angriff, ist wohl zu erkennen.
Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich seit 1845 zusehends, 1846 wurde er in die Klinik Ivry bei Paris eingeliefert. Im September 1847 brachte man den Kranken in seine Heimatstadt Bergamo, da vom milden Klima Linderung erhofft wurde.
Am 8. April 1848 starb Donizetti in seiner Heimatstadt Bergamo. Unter den Klängen des Requiems seines Lehrers Simon Mayr wurde er bestattet. Ein Denkmal von Francesco Scrace erinnert an den berühmten Sohn der Stadt.

 

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Eine seiner unbestritten erfolgreichsten Opern ist 'Der Liebestrank' von 1832 - 34 hatte er bis dahin mit unterschiedlichem Erfolg schon geschrieben - mit dem Text von Felice Romani nach einer Vorlage 'Le Philtre' von Eugène Scribe in der Vertonung von Daniel Francois Esprit Auber für deren Komposition Donizetti drei Wochen Zeit hatte.
In der Tradition der Opera buffa wird von Romani die eigentlich französische Vorlage in das Italien des beginnenden 18. Jahrhunderts verlegt und in den liebevoll ausgefeilten Versen der Dialoge zwischen Adina und Nemorino zeigen sich Anklänge an Pietro Metastasio und Carlo Goldoni.
Donizetti setzt sich in seiner Komposition mit seinem Landsmann und Kollegen Rossini und auch den Komponisten des ausgehenden 18. Jahrhunderts wie Paisello oder Cimarosa auseinander. Donizetti vermeidet beim Liebestrank die große weitgespannten Bögen und legt das Schwergewicht auf die Leichtigkeit vieler kurzgliederiger Kanzonen, Lieder mit Choranmerkung und Refrains, wobei die Figuren schnell aus Trauer in Seligkeit oder aus Verzweiflung in Überschwang stürzen.

 

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So ist es möglich, dass ein beschwingtes Publikum nach einer Aufführung des 'Liebestrank' glücklich schmunzelnd ins normale Leben zurückkehrt, während manch anderes wohl gut konstruiertes Werk ratlos oder missmutig macht?
Es sind vor allem die Melodien, die der Komponist seinen Figuren zuordnet, die sie genau charakterisieren, aber dabei so wohltuend sind wie ein delikates Festmahl. die Melodie, schon seit Platon belegt als 'Lied-Gesang' zeichnet sich durch innerer Folgerichtigkeit, Gesanglichkeit, Fasslichkeit und Geschlossenheit ihrer Gestalt aus.

Die Handlung einer komischen Oper ist ein Brautwerbespiel, in unzähligen Variationen zu allen Zeiten beliebt bis zu heutigen Kino-Komödien:
Pretty Woman' oder hier Nemorino der 'Pretty Boy.

Nach kurzen Vorspiel, in dem das pompöse Gehabe des Doktors, das Schmachten Nemorinos, das eckige Marschieren der Soldaten, die Koketterie Adinas und das den Körper Durchrieseln des Rotwein-Liebestranks aufblitzen, beginnt das Stück mit einem Chor-Tableau, einer ländlichen Idylle, fröhlich über die liebe plappernde Landleute im 6/8 Takt.
In seiner Cavatina, Nr. 2, Larghetto, bewundert Nemorino, der lyrische Tenor die junge reiche Pächterein Adina, die im Gegensatz zu ihm lesen und schreiben kann und beklagt sich, dass ihm das studieren nicht möglich ist. Nach den Linien des ertsten Teils in hoher, an Tamino erinnernder tessitura, folgt ein Alegretto im 6/8 Takt, in dem er energisch fragt, welches Mittel ihm hilft, die Liebe Adinas zu erringen.
Der chor, angeführt von Gianetta, stellt plappernd fest, dass es besser ist, die Liebe zu fliehen, während Adina die Geschichte von Tristan und isolde liest, in ihrer Cavatina und mit dem Chor gerne wissen möchte, ob der Wundermann mit dem Rezept des Liebestranks noch lebt. Im ensemble lösen Adina und Nemorino ihre Liebesehnsucht in triolische Achtel-Fiorituren auf und es endet in E-Dur mit einem hohen H Adinas, für einen lyrischen Koloratursopran eine Freude.
Die Scene Nr. 4, Kavatine und Ensemble zeigt den Auftritt des zackigen Belcore, prägnant rhythmisiert, seine Unwiderstehlichkeit mit hohen Fs im stürmischen Allegro vivace vorstellen und gleich die Hochzeit vorschlagen. Die Szene endet mit Quartett und Chor, eine vorsichtige Adina, eine beobachtentde Gianetta, ein schüchtern leidender Nemorino, ein fordernder Belcore und ein amüsiert beobachtender Chor, ein rasanter Abschluss in F-Dur.
In Nr. 5, Rezitativ und duett können die freunde 'geläufiger Gurgeln' in Verzierungen der Gesangslinien schwelgen, in denen sich Donizetti an die Meister Paisiello und Cimarosa des 18. Jahrhunderts anlehnt.
Ab Poco piu mosso singen sie zwar unterschiedliche Texte - Adina verteidigt die Freiheit, Nemorino verteidigt die Einmaligkeit der wahren Liebe - beide aber singen in melodischer und rhythmischer Eintracht, aus der der Gleichklang der Seelen schon trotz aller Differenzen herauszudeuten ist.
In Nr. 6 kündigt der Chor Allegro vivace und assai die Ankunft eines außergewöhnlichen Mannes in einer goldenen Kutsche an, Dulcamara  Marktschreier und selbst ernannter heiler, der mit Titeln und Zertifikaten seine naive Klientel zum Kauf seiner Wundermittel animieren will. Diese Praxis ist höchst aktuell, denn die heutigen Boulevard-Blätter sind voll davon. Der Bass-Buffo schwadroniert, wirft mit Fremdworten um sich, um Sachkenntnis zu suggerieren, wie es in der Pseudo - aber auch bedauerlicherweise in der Wissenschaft üblich ist.
Donizetti charakterisiert ihn mit schnellem Tempo und einhämmernden Ton-Repetitionen, ein gängiger Trick jeder Werbung. Und er hat Erfolg: der schüchterne Nemorino kauft als Wunderelixier eine Flasche Bordeaux, dessen Konsum ihn so mutig macht, den aufgeblasenen Macho Belcore zu vertreiben. Adina von der Größe seiner Liebe zu überzeugen und der in Komödien üblichen 'marraige' steht nichts mehr im Wege. Man gönne den beiden ihr Glück trotz unterschiedlichen Bildungsniveaus. Man selber gönne sich die Freude an Romanis romantischer Idylle und Donizettis Zauber der Melodie, die Das harte Leben verklärt und dem Publikum heilsame Stunden des Wohlklangs beschert.

 

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Die Schwarzen
Musikalische Leitung Georgios Vranos
Inszenierung Wolfgang Quetes
Bühne/Kostüme Manfred Kaderk
Chöre Karl Andreas Mehling
Licht Klaus Herbert Welz
Dramaturgie Christina Schmidt
 

 


Die Besetzung

Adina - Ilonka Vöckel
Nemorino - Brent L. Damkier
Belcore - Jin-Ho Yoo
Dulcamara - Martin-Jan Nijhof
Gianetta - Elena Lemke

 




 

 
 
 













 


Theater Regensburg

Interessant die Reaktion des Publikums.
Bereits beim 'Mefistofele' fiel auf, wie begeisterungsfähig die Regensburger Theaterbesucher sein können.
Dort wurde bereits nach dem ersten Chorbild claquiert, war es hier erst am Ende der Vorstellung.




 

 
 
 

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DH
 
 
 

 

 

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Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen,
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Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
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Dieter Hansing