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'Die
Regensburger Mischfassung oder
Lovestory unter erschwerten Bedingungen'
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Unstimmigkeiten prägten die Werk-Einführung zum Maskenball.
War im Internet die Rede davon, es handle sich bei der großen
Tenorpartie um einen Gouverneur – kam jetzt von der Dramaturgin noch
der Begriff Riccardo und König hinzu.
Was wird nun gegeben: die Stockholmer - quasi Ur-Fassung - oder die
Boston-Fassung?
Darüber schwieg das Regie-Team. Aber es plauderte erstmal munter
drauf los, als dann der für die musikalischen Kostproben benötigte
Pianist auftrat, einen eigenen Stuhl hereinschleppte, den
Klavier-Hocker mühsam wegräumte und sich dann erst mal den Flügel
zurechtschieben musste, war klar: Desorganisation oder "Was sind das
für Manieren."
Am Ende der Veranstaltung sprach die ehemalige Verlagsangestellte,
Christina Schmidt, man höre jetzt die Arie am Galgenberg.
Da aber zwei Herrschaften am Podium erschienen, war eine gewisperte
Absprache erforderlich, da der Pianist nicht wusste, was jetzt nun
zu begleiten sein sollte.
Es wurde dann das Duett gegeben, weil der Tenor eben auch schon da
stand.
Überschrift: Theater Regensburg!
Dabei hat das alles doch nichts mit mangelndem Geld zu tun.
Eher die Verpflichtung eines Regisseurs, der irgendwas von
Maskierungen aller Personen redete, jeder könne und dürfe nicht so
wie er/sie wolle und so sei eben den ganzen Abend ein Maskenball im
Gange, jeder verstecke sich irgendwie.
Nur Ulrika wisse, wie die Sache läuft, sie kennt die Fakten.
Ach,
was!
Oscar, der Page sei quasi ein Teil des Königs – ewig war nur die
Rede vom König mit dem Namen Richard – eigentlich war aber doch ein
Gouverneur gemeint.
Über das sonstige Verhältnis König – Oscar gab es keine Auskünfte –
auch nicht wer sich jetzt mit wem gegen was, warum verschwört,
immerhin werden im Internet die Figuren Samuel und Tom erwähnt, die
es aber in der Stockholmer-Urfassung so nicht, sondern als Grafen
Ribbing und Horn, gibt.
Richard und René, König und Vertrauter – eigentlich König Gustav
III. und Graf Anckarström.
Das Land verlöre den Herrscher – wieso, bei einem Gouverneur
verliert ein Land doch keinen Herrscher. Selbst König Gustav III.
von Schweden verliert doch die Macht nicht, nur weil er die Amelia
liebt. Außerdem liebt er sie ja bloß und geht eben nicht gleich -
wie heute üblich - mit ihr in die Kiste.
In diesem Nachtstück sei die Sache auch so schwierig, weil Amelia
und René oder Renato – what so ever - Ausländer seien. Ja wieso das
denn?
Allenfalls kann Amelia gemeint sein, die als dänische Prinzessin an
den schwedischen Hof kam und von Gustav geheiratet werden musste.
Graf Anckarström war immer ein zum schwedischen Adel gehöriger. Oder
meint der Regisseur jetzt wieder Richard Graf von Warwick, den
Gouverneur von Boston mit seinem Sekretär René, einem Kreolen.
Wo die Amelia herkommt, ist in der Bostoner Fassung nicht festgelegt
– oder, was meint die Dramaturgin ?
René sei voller Wut und Rachegelüste – was Wunder, wenn er als
Bariton die Gattin in dunkler Nacht mit einem Tenor erwischt
(Anmerkung des Abonnenten) – aber es gebe keine Rachearie, sagt der
Regisseur.
Aha!
Also was nun?
Welches Konzept?
Das kommt davon, wenn man sich in Beliebigkeiten verstrickt.
Alles sei holzschnittartig hier in dieser Situation, zwei Männer
eine Frau, in der eine Lawine auf die Beteiligten zurolle.
Am Ende des Regisseurs Gerede war klar: der alte ’Horres mit dem
Schnorres’ war besser als der Sohn jetzt.
Dagegen lobte man sich den Ausstatter Lichtenberg, er hielt mit
seinem Licht nicht hinterm Berg (wie sinnig) - sprach von seinem
eigenen Konzept, von Projektionen, von Licht und Schatten und von
Bildern, die er in seiner Arbeit beschwöre, er sprach von
’emblematisch’ und ’situativ’, auch die "große bewegliche
Drehbühne", die von der Chefin der Öffentlichkeitsarbeit in einem
Fernseh-Interview für die Misérables-Vorstellung am 30.6. schon am
15.6. beschworen wurde, fand bei ihm Berücksichtigung, die ihm die
Möglichkeit gebe, dem Werk, von sich aus schon kurzweilig, noch mehr
Tempo zu verleihen, damit der Zuschauer in den Bann der Oper gezogen
werde.
Wichtig war es Herrn Lichtenberg vor allem, da er für die Bühne der Regensburger
Inszenierung der 'Petra von Kant' verantwortlich war, heftig für
diese Produktion zu werben und es gäbe nur noch drei Vorstellungen.
Doch nicht etwa gähnende Leere im Velodrom? Nun ja, Pfingstferien,
tolles Wetter – wer schaut sich da einen alten Fassbinder an?
Die übliche Quälerei fand auch statt, SängerInnen in der Früh’ auf
einem Nudelbrett, mit dem Publikum vor der Nase, hohe Noten singen
zu lassen.
Der von Regensburg nach Hannover wechselnde Yin-Ho Yoo durfte groß
ausholen zum 'Steh' auf ! Dort im Zimmer magst deinen Sohn du
wiedersehn' und Neu-Zugang Christina Lamberti referierte nach der
Arie ’Der Tod sei mir willkommen’ über die mangelnde szenische
Ausbildung, die nur durch ’learning by doing’ aufgefangen werden
könne.
Frau Lamberti von ihrer Agentur gepriesen – was sollen die auch
anderes machen – ist ein jugendlicher Spinto, der schon weiß, mit
seinen Möglichkeiten umzugehen. Tongebung – soweit heute überhaupt
zu beurteilen – scheint zu funktionieren, so dass bei guter
Phrasierung ein ausgewogenes Klangbild von Kunstgesang entstehen
kann.
Interessant wird es sein, ihre 'Elvira', die 'Desdemona' und die 'Vitellia'
in Regensburg zu hören.
Danach und mit einigem Beben erwartet, der erst 28-jährige Koreaner
Jung-Hwan Choi - wobei sich die Frage stellt, wer murkst nun,
schreibt sich der Herr vorne nun Jung oder Jun - der nach Auskunft
sein Studium im Sommer 2006 an der Hochschule für Musik ’Hanns
Eisler’ beenden wird.
Die Rolle des Maskenball-Richard ist für ihn ein Wagnis – 'Ernesto',
'Cassio' und 'Titus' soll er in der nächsten Spielzeit – bisher von
Prof. Weir betreut – singen. Die drei Rollen lässt man sich gefallen
– aber beim Maskenball-Richard übernimmt er sich schon – die Folgen
werden bald zu hören sein. In Regensburg wäre er nicht der erste
Tenor, der stimmlich Schaden nimmt.
Für einen Asiaten von hoher Statur sitzt seine Stimme hauptsächlich
im koreanischen runden Katzenkopf. Der Körper schlank, bietet nicht
viel Raum für Resonanzen, so dass man ihm – der stimmlich wie ein
junges wildes Pferd daherstürmt – Zeit zum Runteratmen (Dirigenten
verwechseln oft Brio mit Gehetze) und zum Reifen lassen muss.
Sportlich schraubt er sich beim Duett kollegial mit der Partnerin
in die Höhe, wobei sich hier gleich die Frage stellt, wer hält sie
länger, die Töne.
Wir werden es am 23.6.06 im Theater Regensburg erleben.
Zur Verdeutlichung der Divergenzen, hier ein
Auszug der Internet-Darstellung Theater Regensburg
Ein Maskenball
Oper in drei Akten
Dichtung nach Eugène Scribes Drama
„Gustav III. ou le bal masqué" von Antonio Somma
Musik von Giuseppe Verdi (1813-1901)
Musikalische Leitung: Georgios Vranos
Inszenierung: Gregor Horres
Bühne und Kostüme: Frank Lichtenberg
Er war eine der schillerndsten Persönlichkeiten der
europäischen Geschichte: Gustav III., König von Schweden,
aufgeklärt und tolerant, Freund der schönen Künste, der
Liebe und Lebenslust. Weil er die Privilegien des Adels
abschaffen wollte, schuf er sich gefährliche Feinde. Bei
einem Maskenball 1792 auf der Bühne der Stockholmer Oper
wurde der kostümierte König vor den Augen der
Ballgesellschaft von einem maskierten Mann, dem Adeligen
Jacob Johan Anckarström, erschossen.
Dieser brisante Mord erregte bis ins 19. Jahrhundert
Menschen in ganz Europa. Giuseppe Verdi inspirierte er zu
einer seiner faszinierendsten Opern: „Un ballo in maschera
– Ein Maskenball". Zwar musste Verdi wegen eines Verbotes
der Zensurbehörde die Handlung nach Nordamerika verlegen,
doch dürften die Zeitgenossen hinter dem Bühnengeschehen
in Boston den historischen Vorgang in Schweden erkannt
haben. Um das politische Drama zugleich mit tiefen
Leidenschaften auszustatten, verband Verdi die Handlung
mit einer Liebesgeschichte: Aus dem Mörder Anckarström
machte er den engsten Vertrauten und Freund des Königs,
der mit Amelia verheiratet ist. Amelia verbindet eine
tiefe Liebe mit dem König. Obwohl die beiden ihrer Liebe
entsagen, schöpft der Freund bei einer unvorhergesehenen
Begegnung Verdacht. Seine Eifersucht treibt ihn in die
Arme der Verschwörer, an deren Spitze er sich stellt, um –
blind vor Hass auf seinen einstigen Freund – den König zu
ermorden. Der Maskenball bringt den tödlichen Showdown.
Eine Oper, die packend ist wie ein Thriller, und
leidenschaftlich, wie es nur ein Werk von Verdi sein kann.
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Besetzung
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Graf Richard von Warwick, Gouverneur |
Jung-Hwan Choi |
René |
Adam Kruzel / Jin-Ho Yoo |
Amelia |
Christina Lamberti |
Ulrica |
Jordanka Milkova |
Oscar |
Melanie Schneider / Ilonka Vöckel |
Silvano, Matrose |
Jin-Ho Yoo / Seymur Karimov |
Samuel |
Martin-Jan Nijhof |
Tom |
Jóhann Smári Saevarsson |
Richter |
Karsten Münster |
Diener Amelias |
Arpad Vulkan |
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DH |
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll
bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der
Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung - Geglücktes
oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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