Announcement
Theater
Regensburg
Romantische
Oper in drei
Aufzügen
Dichtung von
Johann Friedrich
Kind
Musik von Carl
Maria von Weber
(1786-1826)
Musikalische
Leitung: Raoul
Grüneis
Inszenierung:
Raik Knorscheidt
Bühnenbild und
Kostümbild: Ruth
Schaefer,
Ausführung
Rainer Sellmaier
Der junge Jäger
Max hat ein
großes Problem:
Er liebt Agathe,
die Tochter des
fürstlichen
Försters Cuno.
Um sie jedoch
heiraten zu
dürfen und
zugleich
Erbförster zu
werden, muss er
einen schweren
Probeschuss
ausführen. Doch
seit einiger
Zeit scheint Max
vom Glück
verlassen –
immer wieder
verfehlt er
seine Ziele.
Schon sieht er
sich dem
Gespött der
Bauern
ausgesetzt. In
seiner
Verzweiflung
wird er zum
willigen Opfer
des
zwielichtigen
Jägers Kaspar,
der mit dunklen
Mächten im Bunde
steht. So
gelingt es
Kaspar, Max zum
Gießen von
Freikugeln des
Nachts in die
Wolfsschlucht zu
locken. Die
Macht des
Schwarzen Jägers
Samiel bewirkt,
dass sechs
Freikugeln
unfehlbar das
gewünschte Ziel
treffen, die
siebte jedoch
dem Schwarzen
Jäger gehört.
Diese Kugel
wird ein
unschuldiges
Opfer treffen
und das
teuflische
Bündnis zwischen
Kaspar und
Samiel
verlängern.
Nichts ahnend
ist Max kurz vor
seinem
Probeschuss nur
noch im Besitz
der siebten
Kugel. Er
schießt und
Agathe fällt.
Doch sie wird
beschützt von
den geweihten
Rosen ihres
Brautkranzes. An
ihrer statt
stirbt Kaspar.
Das Machtwort
eines alten
Eremiten
verhindert, dass
der Fürst den
reumütigen Max
aus der
Gemeinschaft
verstößt. Der
Probeschuss wird
abgeschafft und
Max darf nach
einem Jahr seine
Agathe heiraten.
Der „Freischütz“
gilt als erste
deutsche
romantische
Oper.
Irrationale
Handlungsmomente
und die düstere
atmosphärische
Dichte der
Wolfsschlucht
treffen hier auf
die
reglementierten
Konventionen der
Jäger.
Dazwischen,
hinter den
scheinbar so
harmlosen
Jägersliedern,
lauert jedoch
immer auch der
Abgrund der
Wolfsschlucht.
|
Besetzung
|
|
|
|
Ottokar,
böhmischer Fürst |
Adam Kruzel |
|
|
Cuno,
fürstlicher
Erbförster |
Martin-Jan
Nijhof |
|
|
Agathe, seine
Tochter |
Katharina E.
Leitgeb / NN |
|
|
Ännchen, eine
junge Verwandte |
Julia Amos /
Gesche Geier |
|
|
Caspar, 1.
Jägerbursche |
Seymur Karimov |
|
|
Max, 2.
Jägerbursche |
Markus Ahme |
|
|
Ein Eremit |
Sung-Heon Ha |
|
|
Kilian, ein
reicher Bauer |
Michael Berner /
Brent Damkier |
|
|
Vier
Brautjungfern |
NN |
|
|
Sepherl / Samiel,
der Schwarze
Jäger |
Dominique
Jandausch |
|
|
|
|
|
|
Übernommen von der
Internetseite
Theater Regensburg
am 16.7.2008
|
|
Napoleon zieht von Moskau ab, durch
Preußen zurück nach Frankreich, die
Menschen atmen auf, die Völkerschlacht
von 1813 bei Leipzig hat ihn zwar
vertrieben, nun aber beginnt hier die
Restauration – die Wiederherstellung des
Alten, vornapoleonischen Systems.
Die Karlsbader Beschlüsse von 1819 -
nach der Ermordung des Dichters und
russischen Staatsrats August von
Kotzebue - sollen Ordnung gewährleisten.
Durch Zensur sind liberale Überlegungen
als Volksverhetzung, zu bekämpfen.
Publikationen bedürfen der Genehmigung.
Stein/Hardenberg’sche Reformen von 1806
sind zu stoppen, zurückzuführen, das
monarchische Prinzip wird
festgeschrieben.
Der Sieg der Reaktion über die
Revolution, hieraus resultiert ein
Spießbürgertum durch eine unterbrochene,
zurückgedrängte Entwicklung und hat
seinen eigentümlichen, abnorm
ausgebildeten Charakter der Feigheit,
Borniertheit, Hilflosigkeit und
Unfähigkeit zu jeder Initiative.
(Engels)
Es beginnt zur Zeit der Entstehung des
'Freischütz' eine Periode der
politischen Unberechenbarkeit,
Zersplitterung des Ganzen in kleine
Systeme, die Kleinstaaterei bewirkt
Komplexe des Einen dem Anderen
gegenüber.
Es wird gegen liberale Bestrebungen
vorgegangen, Burschenschaften verboten,
eine zentrale Untersuchungskommission
gegen revolutionäre Untriebe und
demagogische Verbindungen. Bundesstaaten
dürfen gegeneinander vorgehen, falls in
dem einen revolutionäre Entwicklungen
dort nicht verhindert werden können.
|
|
Die
Menschen suchen nach Identität, suchen
sich in der neuen Realität
zurechtzufinden, Die Erinnerung an
Brauchtum, das sich Einbinden in Familie
und Freundschaften durch gemeinsame
Interessen, mit ihrer Verwurzelung in
der Natur, Kraft und Stärke werden
beschworen, ‘Was gleicht wohl auf
Erden’- die Individualtät tritt zurück
in den Gruppengedanken: ”Wir winden dir
den Jungfernkranz”.
Die Sorge des Einzelnen, rufenden
dunklen Mächten zu folgen, das Abenteuer
zu wagen - zumal in der damaligen
Literatur Schauergeschichten überhand
nahmen und z.B. in Marschner’s Opern
‘Der Vampir’ oder ’Hans Heiling’ die
Opernbühne beherrschten, aufgehoben
wird, durch das Bewusstsein, in die
Solidarität zurückkehren zu können..
Deutschland ist wieder in zwei Systeme
aufgegliedert, der restaurierte
Feudalstaat und das Bürgertum – zu einem
der beiden gehören sie.
Der Freischütz zeigt “die totale
Subordination vom Bauer Kilian zum
Jägerburschen, zum Förster, zum Fürsten,
zum Eremiten, zu Gott.” (Mayer)
Kind und Weber treffen genau die
Menschen in ihrer Masse, sie bieten der
gemeinen Bevölkerung das Singspiel mit
Obrigkeitsdenken, mit Gehorsam, mit
überkommenen Riten, mit Wald und Natur,
mit unausgelebten Freiheitsbestrebungen,
mit christlichem Hinweisen wie ‘Wer
glaubt, ist nie allein’, die heute noch
propagiert werden auf der einen Seite
und Wissen um die Naturgesetze auf der
anderen.
Richard Wagner greift gerade letzteres
Thema dreißig Jahre später in seinem
Lohengrin wieder auf, Elsa und
Lohengrin, das helle, Ortrud und
Telramund, das dunkle Paar gemäß dem
hell-dunkel Schema. Ähnlich dem
Vorläufer dieses, Eglantine und Lysiart,
gegen Euryanthe und Adolar.
Elitäre, höfische Lustbarkeit mit
französischer und italienischer Oper in
höchster szenischer und musikalischer
Vollendung und ihr gegenüber mit zum
Teil volksverbindender Tümelei -z.B. in
Parodien - macht gerade vor den Theatern
nicht halt.
Die Hoftheater, mit ihren opulenten
Produktionen und Virtuosen auf der Bühne
und ihr gegenüber die Opera comique, die
sich das Bürgertum mit dessen
Vergnügungen zum Thema macht und auch
der Protest gegen die höfische, pompöse
Große Oper, gegen das hohle, heroische
Pathos, gegen das Erstarrte, das
Veraltete. In den Stücken an der Opera
comique sah sich das Volk auf der Bühne
wiedergegeben.
Als Weber seinen Freischütz an die
Königliche Oper nach Berlin gibt, wird
dem Werk dort ‘der Zutritt’ verwehrt, da
an diesem Haus Spontini, von Friedrich
Wilhelm III. als Generalmusikdirektor
eingesetzt, seine Vormachtstellung
behaupten kann und zur gleichen Zeit –
am 15. Mai 1821, mit 42 Proben im Stil
der französischen Grand Opera seine
’Olympia’ herausbringt.
Bei der Premiere an der Berliner Hofoper
- Schinkel war der Ausstatter und
Spontini dirigierte selber - wurde der
Komponist mit Lob überschüttet, die
Presse musste auf Weisung des Hofes
positiv berichten, kritische Bemerkungen
wurden von der Zensur gestrichen, doch
das Publikumsinteresse ließ trotz des
Pomp sehr schnell nach.
Hoffmann hatte den Text der ‘Olympia’
nach der Pariser Uraufführung
bearbeitet, war also an die Produktion
gebunden und lässt sich dann wohl
notgedrungen in der Vossischen Zeitung
eher abfällig über den Weber’schen
Freischütz aus, der vier Wochen später
für den 18. Juni 1821 - auf den Tag
genau sechs Jahre nach Watterloo - im
Schauspielhaus am auf Anhieb die
Bevölkerung gewinnt, von unglaublichstem
Enthusiasmus ist die Rede.
Das Werk zeigt eine Schauergeschichte,
die Gegenüberstellung von Tat und
Strafe, von Gnade und Großzügigkeit. Das
Gute siegt über das Böse, selbst wenn
die Anlagen, den Lockungen des Bösen zu
erliegen und selbst zum Akteur zu
werden, die in jedem stecken, hier
deutlich gemacht werden. Nicht die
Naturkräfte sind das Böse, sondern der
Mensch, der sie für sich missbraucht –
Samiel durch Kaspar.
Eremit, der Verkünder humanistischer
Menschheitsbotschaft gegen Samiel und
dazwischen das Publikum in Jubel sich
auflösend, da es sich da oben auf der
Bühne wieder erkennt.
Das tragische Ende der Apel’schen
Urfassung im 'Gespensterbuch' - Käthchen
wird erschossen, die Mutter der Braut
stirbt unmittelbar nach dem Todesschuss,
der Vater bald darauf, Wilhelm endet im
Irrenhaus - und nehmen Kind und Weber
heraus, sie wollten dem Publikum kein
solches Ende zumuten und ändern in die
bekannte Fassung.
“Das Ganze schließt freudig.“
Kind versuchte nach dem großen Erfolg
des Freischütz, seinen Anteil besonders
herauszuheben, was auf die Dauer zu
einer Verstimmung mit Weber führte. 1843
veröffentlichte der Librettist ein
‘Freischützbuch’, das seine Wertigkeit
herausstellen sollte, ihm aber nur
schadete.
So wandte sich Weber der Helmine von
Chezy zu, die ihm den Text für die
Euryanthe für Wien verfasste, ”diese
romantische Sykomore” konnte ”ganz
flüssige Verse, nicht ohne Wohlklang”
schreiben - und doch reichte das nicht,
den Freischütz zu toppen. (Bulthaupt)
|
|
Die
Möglichkeit, an einem Einführungsvortrag
zu einer Neuproduktion an einem Theater
teilnehmen zu können, ist in jedem Falle
zu nutzen. Ob sich das Regieteam nun
drum herum drückt, Auskünfte zum
Inszenierungskonzept zu erteilen, mit
dem Hinweis, dass man nichts verraten
wolle, es führt zu Erkenntnissen oder
wie im Falle von Raik Kornscheidt, der
ausführlich zu seinen Überlegungen den
'Freischütz' in Regensburg auf die Bühne
zu bringen, Stellung nahm, zeigt, wie
mit dem Publikum umgegangen wird.
Im ersteren Falle führt sich das Haus
als Bildungsstätte selbst ad absurdum.
Reclam's Operführer runter zu lesen, ist
nicht das, was ein Theaterbesucher sich
unter einem Einführungsvortrag vorstellt
und von ihm erwartet.
So wird der Interessierte eher 'das
Knorscheidt-Angebot' in Anspruch nehmen
wollen, zumal dann, wenn wie bei ihm, es
wirklich etwas zu vermitteln gilt, das
zum Verständnis der Produktion beiträgt
und zusätzlich es dem Regisseur
ermöglicht, zu zeigen, dass
schlussendlich das Stück dann auch so
auf der Bühne zu sehen ist wie er es
vortrug.
In Regensburg hat es in der
Vergangenheit immer wieder
Geheimniskrämereien um die Konzepte der
Regisseure gegeben, die zwangsläufig zu
Irritationen führen mussten, da der
Zuschauer in der Vorstellung etwas
anderes sah und sieht, als ihm im
Einführungsvortrag irreführend oder noch
während der Laufzeit der Produktion über
das Internet vermittelt wurde und wird.
Raik
Knorscheidt
schilderte während der Einführung in das
Werk am 21.9.2008 die Abläufe in großer
Breite, so dass der Zuhörer sich ein
Bild als Vorbereitung auf die
Vorstellung machen konnte.
Darüber hinaus ermöglicht er nun über
das Programmheft weitere Einblicke in
seine Überlegungen.
RK hat eine Bühne nach den Entwürfen von
Ruth Schäfer zur Verfügung, die ihm
Spielmöglichkeiten bis weit in die Tiefe
des Raumes bieten, die seitlichen
Begrenzungen laufen sich nach hinten
verengend zu, es entsteht ein
Schalltrichter, der den Sängern hilft,
bei Positionen in der Bühnentiefe, mit
unforcierter Tongebung, den
Zuschauerraum über den Orchestergraben
hinweg zu ereichen.
Für die Wolfschluchtszene senkt sich die
Rückwand nach hinten, die vorher durch
Hochfahren die Abgrenzung von Agathes
Zimmer nach hinten bildete, ein Deckel
begrenzt den Bühnenraum oben. Klappen im
Boden und in dem Bühnendeckel
ermöglichen Auftritte oder Schächte für
Beleuchtungskegel. Ein Baumsegment ragt
drohend in die Szene.
Wenn's
um's 'gemeinschaftliches Singen' geht,
positioniert Regisseur Knorscheidt die
Sänger an die Rampe und stört nicht
durch hier unnötiges Regietheater.
RK führt seine Sänger unter dem Aspekt,
es handle sich hier um eine
Wohngemeinschaft in einer abgelegenen
Gegend, ein Tal vielleicht wie das eines
gewissen Flusses, Bergzüge wie die
örtlichen im Norden wie Süden und auch
im Westen, so dass nur nach Osten eine
Öffnung in die freie Landschaft besteht.
Hier in diesem Tal leben die Menschen
mehr oder weniger nur mit sich
beschäftigt, der Blick über die Berge
wird tunlichst vermieden.
Fröhlich in ihrer Einfalt feiern sie
Feste jeder Art, lieben Sang und Tanz
und necken sich meist aus neidigen
Empfindungen, haben ihre Jagd- oder
Gesangsvereine oder Angelvereine, sitzen
und häkeln, stricken oder spinnen, und
dass da mal die eine dem anderen in die
Hose greift oder der andere der einen
unter den Rock langt, ist doch nichts
ungewöhnliches.
Alles soll möglichst normal sein und so
normal auch weitergehen, nur nichts
ändern.
Der Chor übernimmt hier in seinen Jäger-
und Bauerntrachten - Entwurf Ruth
Schaefer - wie selbstverständlich die
Vorgaben, spielfreudig und kraftvoll
singend - Leitung Christoph Heil - setzt
er 'die Bevölkerung' in Szene und die
Intentionen der Regie freiwillig um.
Es handelt sich also nicht um befohlene
Jubelhandlungen, wie man anfänglich
hätte vermuten können. Eine Gruppe von
Menschen, die ohne Arg und Ressentiments
mit einander lebt. Man kann nicht sagen,
jeder schaue sich um, in Sorge, etwas
permanent verbergen zu müssen. Dies wäre
auch durch die musikalischen Vorgaben
kaum umsetzbar, es sei denn es wären
solche Auftritte wie seinerzeit in der
'Zone' üblich oder wie weiland bei
Orff's 'Bernauerin' im Schlosshof der
Prinzessin von Thurn und Taxis mit
Winken mit roten Fähnchen durch den
Regensburger Theaterdirektor inszeniert,
dargeboten worden.
|
|
Regisseur
Raik
Knorscheidt
gestaltet die Rolle des 'Sepherl' und
des Samiel mit gleicher Darstellerin.
Das sehr unbedarft anmutende Wesen
geistert, hampelt behindert durch das
Stück, baut aber durch sein
Unbeholfensein, seinen auffällig
anormalen Bewegungsabläufen eine
besondere Spannung inmitten der übrigen
'Normalen' auf.
Ob er sich nun zwischen die Chorleute
stellt, den Solisten 'zur Hand' geht
oder ihnen im Wege ist - Aktionen werden
auf diese Weise durch eine solche
besondere Klammer zusammengefasst.
'Sepherl' kommt mit der Brautkrone, er
hat die Schachteln verwechselt, die
Todeskrone setzt er Caspar auf - allein
dieser Figur durch die Vorstellung zu
folgen, bietet genügend Möglichkeiten
der Anschauung, die zeigen, wie der
Regisseur konsequent formt, ohne das
Stück zu verlassen.
Der Zuschauer findet sich nicht
plötzlich in einer Bar, statt in der
amerikanischen Wüste - wie in der
Inhaltsangabe 'Manon' im Internet noch
heute ausgeführt - wieder oder die
Druidenpriesterin Norma wird nicht zur
verkümmerten, spannungslosen Hausfrau,
die gerade für den heimkehrenden
Liebhaber den Tisch deckt.
Dominique
Jandausch gelingt es als 'Sepherl',
unaufgesetzt, den Zuschauern die
Handlung auf besondere Weise zu
verdeutlichen, den Teufel über 'Sepherl'
im Samiel durch naives Spiel zu
personifizieren und damit die permanent
vorhandene Heimtücke 'des Bösen' zu
verdeutlichen.
|
Der Max von
Markus
Ahme ist ein junger, groß
gewachsener 'Wildling', ein
Jung-Siegfried, der das Fürchten
nicht gelernt, der auch noch
nicht so recht weiß, wo es für
ihn als Max lang geht,
überfordert ist er mit altem
'Jägerlatein',
Probeschussforderung und wohl
auch als Liebhaber Agathens.
Dass sich diese innere Bangheit
auf sein Singen überträgt, ist
fast zwangsläufig.
'Bewundernswert' wie er das
Herunterdrücken der Zungenwurzel
beherrscht und er hierdurch den
hellen Vokalen und Umlauten
einen 'besonderen Sound' zu
verleihen in der Lage ist, der
sehr stark an Herbert Ernst Groh
erinnert.
Sein kraftvoll und wohl fast
nicht zu ermüdender, hell
timbrierter Tenor gäbe ihm die
Möglichkeit, allerdings unter
spezieller Beratung und
Kontrolle, sich 'in der
richtigen Weis'
weiterzuentwickeln und die
Technik um- und auszubauen.
Bis zur Selbstaufgabe folgt
Markus Ahme den Vorgaben der
Regie, den Max zu einer in sich
unsicheren Ausnahmefigur zu
führen. Er ist nicht der
typische, meist zu elegisch
angelegte, Rollenvertreter.
Schon im 'Hutmacher' wurde
deutlich erkennbar, dass hier
Potential, stimmlich wie auch
darstellerisch, noch
ungeschliffen zur Verfügung
steht.
Katharina
Leitgeb verkörpert auf
nahezu vollendete Weise 'die
Lyrische', hier nun als Agathe.
Sie vermag dadurch der Rolle im
Spiel die Intensität zu
verleihen, die dem Zuschauer
verdeutlicht, in welchem
Zwiespalt sie sich hier
befindet. Die Traumerzählung -
in der Ausdeutung durch den
Regisseur - ermöglicht dem
Zuschauer, ihr Innerstes zu
erfassen - Caspar war ihr
zugesprochen, er fasziniert sie
bis in die Träume, sie kann kaum
von ihm lassen.
Interessant, den stimmlichen
Reifungsprozess aus den Anfängen
der Sängerin bis hierher
nachzuvollziehen. Routiniert und
aufgrund ausgefeilter Technik,
ohne sich groß Gedanken um das
Gelingen von Einzeltönen machen
zu müssen, setzt sie sich mit
der Gestaltung der Gesangspartie
auseinander.
Es gelingt ihr, mit sorgsam
geführter Stimme, besonders
Diminuendi und Piani wie beim As
in der Kavatine 'nimmt aller
Wesen liebend wahr', die
kraftvollen Passagen meist
'wohlbehütet', zu Gehör zu
bringen. Gelegentlich erkennbare
'Restatemsituationen' hängen mit
ungünstigen szenischen meist
Sitz-Positionen zusammen.
Der an die Zeit der Michaela
erinnernde Überdruck am Ende von
Phrasen ist sicher nur einer
momentanen Anspannung
zuzurechnen. Die Antonia war
frei hiervon, die Manon wird
zeigen, ob Korrekturen notwendig
sind.
Neben ihr, nicht weniger
präsent, das Ännchen von
Julia Amos.
Zur Betreuung der Braut am
Polterabend herbeigerufen,
trifft sie auf Max, der sehr
deutlich abgewiesen wird. Ein
Beispiel, wie der eigentliche
Handlungsstrang durch derartige
Ergänzungen auf einfache Weise
verdichtet werden kann.
Als Vertraute der Agathe ist sie
ihr besonders seit langem sehr
nahe, sie verstehen sich
unausgesprochen, wissen um die
Macht des Bildes, das zu Boden
fiel und nicht wieder richtig
hängen will, Zeitveränderungen
dokumentierend.
Frau Amos zeigt, wie sie sich
ernsthaft des Ännchens annimmt
und sie sich so dem Publikum
überzeugend präsentieren kann.
Seymur
Karimov, nach Masetto,
Silvano, Malatesta, Athlet - nun
in einer ihn weiter führenden,
tragenden Rolle, die ihm hier
die verschiedensten
Möglichkeiten durch die
Intentionen des Regisseurs
bietet.
Er ist nicht nur der
'Finsterling', der seine Partie
als Gegenpol zur Lichtgestalt
des Tenors herunter singt,
sondern er ist als der heimliche
Liebhaber der Agathe besonders
gefordert, kann dies während der
von ihr geträumten
Wolfschluchtszene auch intensiv
ausspielen.
Er verzaubert Agathe geradezu -
wie er den Schleier um sie legt,
die Augen zu der entsprechenden
Textstelle küsst - und er spielt
sehr eindrucksvoll aus, wie der
Regisseur die uns heute
befremdenden Kind'schen
Textstellen hinter der
Ausformung durch das Spiel
verschwinden lässt.
Die noch junge Stimme zeigt
Möglichkeiten der Entwicklung
auf, die aus den bisherigen
Rollen nicht so ohne Weiteres
abgeleitet werden konnten. Ein
bassiges, kerniges Timbre, eine
ausgefeilte Technik, guter Sitz
der Stimme erlauben Ausblicke
auf größere Aufgaben, zumal die
Fähigkeit, Figuren zu gestalten,
bei ihm besonders ausgeprägt
ist.
Martin-Jan
Nijhof ist ein edler
Erbförster Cuno, kein tateliger
Alt-Bass, elegant in Auftreten
und gesanglicher Gestaltung der
Rolle.
Für ihn naht der Figaro-Graf und
der Wozzeck. Beide Partien
müssen mit einer gewissen Sorge
erwartet werden, liegt doch
gerade der Wozzeck für einen
Bass sehr hoch und das nicht nur
mit einmaligen Spitzentönen,
sondern durchgängig über den
Abend.
Sung-Heon
Ha als Eremit nicht
weniger eindrucksvoll - beide
Bässe sind Ausnahmestützen des
Ensembles.
Adam
Kruzel vermag dem Ottokar
schrullige Züge zu verleihen,
stimmlich ist diese Rolle - auch
wenn höhenbelegt - kein Problem.
Michael
Berner, der neue
Tenorbuffo, hat mit dem Kilian
stimmlich wie darstellerisch
keine Probleme, im Übrigen: kein
Genäsel und Geknödel.
Chor und Orchester wurden mit
zarter, einfühlsamer Hand durch
das Stück geleitet, besonders
getragen konnten sich die
Solisten fühlen, Dirigent der
scheidende Generalmusikdirektor
Raoul
Grüneis. Selten war er so
überzeugend wie heute.
|
Besonders erfreut war
der Zuschauer, der sich
vorher im Internet auf
der Homepage
orientierte, dass es der
Theaterleitung
Regensburg doch noch
gelungen war, zu
Vorstellungsbeginn am
27.9.2008, 19.30 Uhr die
Damen für die Rollen der
Brautjungfern
festzulegen.
Ist doch noch heute am
Tag nach der Premiere
immer noch ein
geheimnisvolles NN
ausgewiesen, zeigt der
Einleger im
Programmheft, dass
Myriam Chaves de Kühner,
Elena Lemke, Anna Ryndyk
und Verena Ulrich die
Einkleidung der Braut
Agathe bei der Premiere
übernehmen durften.
|
Screenshot
28.9.2008
http://www.theaterregensburg.de/
|
Es stellt sich also die
Frage, wie ernst die
Regensburger
Theaterleitung ihre
Aufgabe nimmt.
Dass die Zweitbesetzung
der Agathe zur Premiere
noch nicht unbedingt
feststehen muss, ist
eine Frage der Dispo.
Dass aber die
Brautjungfern für den
aktuellen Abend nicht
ausgewiesen sind, lässt
ganz eindeutig, ganz
bestimmte
Schlussfolgerungen zu.
|
|
In
vielen Details zeigt
Raik Knorscheidt
wie er sich mit der Führung der
Personen auseinander gesetzt hat
und es ihm auch letztlich
gelingt, die eigenen Ideen
umzusetzen.
Das Bett der Agathe zieht sich
beispielsweise durch das Stück,
eine Schlafstatt für den einen,
eine Spielwiese für eine
Kissenschlacht, wenn 'Hörner
erschallen', eine Rückzugsfläche
zum Ausleben eines momentanen
Bedürfnissen von Geborgensein
oder für die Verführung Agathes
und Caspar in der Wolfsschlucht
.
Der Regisseur gestaltet um und
vermeidet so - besonders in
dieser Szene - die sonst so
üblichen Peinlichkeiten, die
sich schon aus dem Text ergeben.
Hier kommt ein junger Regisseur
auf, der nachdenkt und dann
Sinnvolles auf die Bühne bringt.
Es ist zu wünschen, dass ihm
Aufgaben zugeteilt werden, die
ihn fordern. Förderung ist hier
angesagt - mehr jedenfalls als
bei manchem, der sich sonst so
herumtreibt und meint, er könne
dem Publikum seine
Dümmlichkeiten vorsetzen.
Das Regensburger Publikum zeigte
sich am Premierenabend
überrascht und äußerte sich
gegenüber der Inszenierung
zögerlich, während die
Leistungen der SängerInnen
ausnahmslos anerkannt wurden.
|
|
|
Als
Premieren-Abonnent Theater Regensburg und Abnehmer von Karten
aus dem freien Verkauf
dieses und anderer Theater veröffentliche ich auf dieser
privaten Homepage meine Meinung.
Ich verstehe
die Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik
willen,
sondern als Hinweis auf nach meiner Auffassung zu Geglücktem
oder Misslungenem.
Neben Sachaussagen enthalten die Texte auch Überspitztes und
Satire.
Für diese nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5
Grundgesetz in Anspruch.
In die Texte baue ich gelegentlich Fehler ein, um Kommentare
herauszufordern.
Dieter Hansing
|