Es geschehen noch
Zeichen und Wunder:
Das Theater Regensburg rückt von der für dieses Haus von uns immer
als unnötig bezeichneten Übertitelungsanlage ab und gibt die Opera
buffa, den 'L'élisier d’amore', in deutscher Sprache als komische
Oper 'Der Liebestrank'.
Wie unsinnig der Einsatz dieser Fehlinvestition sich darstellt,
zeigte sich gerade jetzt wieder und besonders bei der Produktion von
'Cavalleria', wo wieder im Übertitel etwas anderes ausgewiesen
wurde, als was sich gerade auf der Bühne abspielte.
Es ist sicher so, dass der zahlenmäßig mangelhafte Besuch der Cavalleria/Bajazzo-Vorstellungen
mit dem für das Publikum erschwerten Zugang zu diesen Werken,
bedingt durch das fragwürdige Ergebnis der Regie-, Bühnenbild und
Kostümarbeit in Verbindung steht.
Nun die Kehrtwendung des Regensburger Theaterdirektors Weil und
Anschluss an die Praxis der Komischen Oper in Berlin und des
Staatstheaters am Gärtnerplatz in München.
Beide Häuser spielen alle Opern in Deutsch.
Und jetzt endlich entschließt sich das Theater Regensburg zu einem "hoffnungsvollen Experiment", so wörtlich heute am 5.6.06 die
Dramaturgin für das Musiktheater und Ballett: Christina Schmidt.
Vor allem bei komischen Opern sei es so, dass die Situationskomik
inszeniert werden könne, die dann noch ergänzt werde vom Wortwitz.
Es sei eben schade, wenn das Publikum erst drei Minuten später, weil
es erst dann und wenn überhaupt, die Übertitel – wenn sie denn auch
noch mit der Szene übereinstimmen – gelesen habe und reagieren
könne.
Die deutsche Fassung gebe auch den Darstellern auf der Bühne die
Möglichkeit, direkter in Verbindung mit dem Wort zu spielen und
somit direktere Reaktionen beim Publikum auszulösen.
"Halleluja" -
bemerkt der besorgte Abonnent und Steuerzahler dieser Stadt, greift
sich besorgt irgendwo hin und fragt:
'Hatte ich es hier und bisher mit den ersten Menschen zu tun?'
Man kann doch nicht jahrelang Theater gegen das Publikum machen.
Da steht dem Regensburger Theater ein Direktor vor, der jetzt
endlich erkennt: das Publikum bleibt mir weg, ich muss Oper in
deutscher Sprache bringen. Dabei ist es die älteste Theaterweisheit,
dass gerade Komödien in der Landessprache gegeben werden.
Also dann, z.B. 'Cosi' wie im letzten Jahr in Trier in Deutsch,
damit die Übersetzung aus dem Italienischen von Eduard Devrient voll
zur Geltung komme:
"Für Geld tu' ich gar manches."
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Dem Liebestrank-Regisseur Wolfgang Quetes geht es nach eigener
Aussage bei seiner Arbeit
für Regensburg darum, nicht in die Einheitslustigkeit einer Komödie
zu verfallen, die irgendwann spielen könne, im 16. oder 20. Jahrhundert,
sondern man möchte doch die historische Situation der
Entstehungszeit auf der einen Seite geistig berücksichtigen und
zeigen, was dahinter steckt.
Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts sei es noch nicht üblich
gewesen,
Stücke zu schreiben, die unter dem gemeinen Volk spielen. Bis dahin
hätten die Opern historisches oder bukolisches Milieu gezeigt oder
seien im Milieu eines Sagenkreises angesiedelt gewesen.
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Die Situation im 'Liebestrank' zeige das Ende der Napoleonischen
Kriege - Italien war in der Zeit besonders in Mitleidenschaft
gezogen – mit einer Fast-Persiflage eines Soldaten, eines
Sergeanten, der sich um eine junge Frau bemüht, bekommt sie nicht,
sondern ein junger Bauer – bisher kaum beachtet, des Lesens und
Schreibens unkundig. Er freie um die junge Gutsbesitzerin und
bekomme die Adlige auch zur Frau.
'Der Liebestrank' veranschauliche also das Aufatmen der Bevölkerung nach den
Kriegen, der Beginn einer neuen Zeit, in der das Militär eben nicht
mehr die Hauptrolle spiele.
Wolfgang Quetes meint, den Gedanken aus der eigenen
Nachkriegsituation aufnehmen zu sollen, das Lebensgefühl der Hoffnung, der
Zukunftshoffnung – die Bevölkerung wolle kein Militär mehr, wolle die
schlimme Vergangenheit vergessen, selbst bestimmen, wie das Leben in
Freiheit, ohne bestimmenden Adel oder Bonzentum weitergehen solle.
Er als
Regisseur und der Bühnen-/Kostümbildner nähmen diese Gedanken mit in das
eigene Inszenierungskonzept und verbänden dieses mit dem
Wiederaufleben der Filmindustrie in Italien. Der Neoverismo von
Fellini oder de Sica, die Situation in kleinen italienischen
Dörfern, wobei der Film 'La Strada' hier besonders eingewirkt habe.
Es ergebe sich für die Bühne im 'Liebestrank' eine
Nachkriegssituation in einem italienischen Dorf, in dem man sich
über das Militär in Form des Sergeanten Belcore lustig mache.
Die Dekoration liege zwischen abstrakt und konkret, sei vor allem
variabel, um, dem Film nachempfunden, kleine, intime Szenen in einem
kleinen Ausschnitt quasi mit einer engen Optik und große
Volks-Szenen in einer Art von Totale darstellen zu können.
Hierzu habe der Bühnenbildner Manfred Kaderk eine variable Szenerie
geschaffen, mittels derer beweglichen schwenkbaren Wänden, eben die
Räume in ihrer Größe und Zugehörigkeit zur jeweiligen Szene,
verändert werden können.
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