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Announcement
Theater
Regensburg
Opera buffa in vier Akten
Dichtung von Lorenzo Da Ponte
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Kooperation mit den Städtischen Bühnen Münster
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung: Raoul Grüneis
Inszenierung: Wolfgang Quetes
Bühne: Manfred Kaderk
Kostüme: Ute Frühling
Figaro
will heiraten. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg – gepflastert mit
Intrigen und Finten, Verkleidungen und Entdeckungen. Als Kammerdiener
des Grafen Almaviva muss Figaro nämlich dessen Erlaubnis einholen, um
seine Susanna ehelichen zu dürfen. Doch hat der Graf selbst ein Auge auf
das hübsche Mädchen geworfen. Seiner eigenen Ehefrau schenkt er schon
lange keine Aufmerksamkeit mehr. Kurzerhand weist er dem zukünftigen
Paar ein Zimmer im Herrschaftstrakt des Schlosses zu – ganz in seiner
Nähe … Susanna entpuppt sich jedoch mindestens so gewitzt wie ihr
Figaro. Sie kennt sich aus im Leben und in der Liebe: Mit Raffinesse
verbündet sie sich mit der Gräfin und nutzt geschickt das Liebesungestüm
des stets verliebten Pagen Cherubino aus. Vorgetäuschte Abreisen,
fingierte Briefe, aufgebrochene Türen, Fenstersprünge und wechselnde
Verkleidungen: Fast immer sind Figaro und Susanna dem Grafen einen
Schritt voraus. Als die Gräfin und Susanna ihre Kleider tauschen, droht
der tolle Tag und die trickreiche Inszenierung allen zu entgleiten: Der
Graf spricht seit langer Zeit die ersten zärtlichen Worte zu seiner
Frau, weil er sie für Susanna hält. Kurz darauf muss er vor seinen
Untergebenen seinen Irrtum bekennen. Doch die Gräfin verzeiht und es
darf endlich Hochzeit gefeiert werden.
Mozart und Lorenzo da Ponte
sprengten mit ihrer ersten gemeinsamen Arbeit 1786 die Konventionen der
zeitgenössischen Opera buffa. Äußerlich betrachtet bietet „Die Hochzeit
des Figaro“ alle Figuren, Requisiten und Wirrungen der Gattung auf. Nur
gelang es dem Komponisten und dem Dichter, etwas völlig Neues zu
schaffen: In einer kongenialen Verschmelzung von Musik und Dichtung
entstehen im „Figaro“ vielschichtige Charaktere und mehrdeutige Szenen,
die von tiefster emotionaler Wahrhaftigkeit sind.
Aktuelle Version:
Wenn
einer eine Hochzeit plant, dann geht es ihm hoffentlich nicht so wie
Figaro, dem Kammerdiener des Grafen Almaviva. Sein neues Schlafzimmer,
das er mit seiner Susanna teilen wird, liegt verdächtig nah den
Gemächern des lüsternen Grafen Almaviva, der Susanna unverfroren Avancen
macht und gar die von ihm selbst erlassene Aufhebung des „ius primae
noctis“ rückgängig machen will. Daneben versuchen der frustrierte
Doktor Bartolo und die eifersüchtige Marcellina die Heirat zu verhindern
und ein liebestoller Bursche namens Cherubino trägt seinen Teil zu
allerlei Verwirrungen bei. Figaro, ansonsten mit allen Wassern der
Intrigenkunst gewaschen, scheint diesmal in eigener Sache zu scheitern.
Zum Glück aber hat er in Susanna eine Braut, die sich auskennt im Leben
und in der Liebe: Mit Raffinesse verbündet sie sich mit der Gräfin,
nutzt geschickt das Liebesungestüm Cherubinos aus, und so geht – nach
allerlei vorgetäuschten Abreisen, gefälschten Briefen, aufgebrochenen
Türen, Fenstersprüngen und wechselnden Verkleidungen – doch noch alles
gut aus. Nur um die Autorität des Grafen – und somit der herrschenden
Obrigkeit – ist es am Ende gar nicht mehr gut bestellt.
Mit „Le nozze di Figaro“ aus
dem Jahr 1786 sprengten Mozart und sein Librettist Lorenzo da Ponte
erstmals die Konventionen der zeitgenössischen „Opera buffa“ und
stellten in einer einzigartigen Vollkommenheit von Dichtung und Musik
die emotionale Wahrhaftigkeit ins Zentrum.
Besetzung |
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Graf Almaviva |
Martin-Jan Nijhof |
Gräfin Almaviva |
Katharina E. Leitgeb |
Susanna |
Julia Amos |
Figaro |
Seymur Karimov |
Cherubino |
Anna Peshes |
Marcellina |
Ruth Müller |
Basilio |
Michael Berner |
Don Curzio |
Cameron Becker |
Bartolo |
Sung-Heon Ha |
Antonio |
Matthias Degen |
Barbarina |
Sophie Mitterhuber |
Zwei Mädchen |
Olga Berchstein, Hyuna Cho-Schroeder /
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Der Absolutismus, die Zeit nach dem 30-jährigen Krieg bis zur französischen Revolution, prägte hauptsächlich Frankreich.
Die Zentralregierung lenkte durch Legislative,
Exekutive und Jurisdiktion die Belange des Gesamtstaates, dessen
Einwohner die Untertanen des jeweiligen Herrschers waren. Früher im
Naturzustand völliger Freiheit, jederzeit über sich selber entscheiden
zu können und Kriege gegeneinander zu führen, begab sich das Individuum
in eine Gemeinschaft, die von einem Souverän geformt und geleitet wird.
Der Einzelne verliert zwar seine absolute Eigenständigkeit, ist aber
damit im Inneren wie nach außen hin geschützt.
Der Souverän hatte die Aufgabe, die gemeinsamen
Belange durch entsprechende Haushaltsführung zu gestalten.
Kardinal Richelieu betrieb die Herauslösung des Adels aus der Verwaltung
Frankreichs nach dem Tod von Heinrich IV. und seiner Witwe Maria von
Medici, ersetzte diese durch so genannte 'Intendanten' - Kommissionäre,
die in strenger Bindung an die Zentralregierung in den Provinzen die
Arbeit z.B. die Steuereintreibung ausführten.
Trotz der Opposition des Adels gegen die
Entmachtung wurden die Reorganisation des Staates und damit
antiaristokratischen Bestrebungen fortgeführt und unter Ludwig XIV. zur
Perfektion gebracht.
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Der aus der
Verwaltung des
Staates
ausgeklammerte
Adel wurde durch
die finanzielle
Freigiebigkeit
Ludwig XIV.
stärker an den
Hof gebunden und
geriet durch
Kredite, sich
einen
außergewöhnlichen
Lebensstandard
erlauben zu
können, in
Abhängigkeit.
Zwar wurde der
Adel bevorzugt,
er hatte keine
Steuern zu
zahlen und war
bei der Vergabe
von Posten in
Armee und Kirche
wie auch vor
Gericht
privilegiert,
jedoch die
eigentliche
Regierung des
Landes blieb so - eben
ohne Einfluss
des Adels - dem
König
vorbehalten.
Die Kirche
erhielt
Zuwendungen und
war im
Ständestaat an
der ersten
Stelle
positioniert,
hinter ihr stand
der Adel, danach
die Bürger und
am Ende die
Reihe die
Tagelöhner und
Behinderten.
Diesem höfischen
Absolutismus,
fester
Bestandteil und
Stütze des
Staate vor
dem Wirken von Voltaire
und Rousseau,
stand später der
aufgeklärte
Absolutismus
gegenüber.
Friedrich II.
von Preußen
prägte ihn durch
seine durch ihm
propagierte
eigene Stellung
als erster
Diener des
Staates. Es ging
ihm um
Effizienz, die
Hofhaltung wurde
spartanischer,
das Volk durfte
nach eigenem
Gusto selig
werden,
Leibeigenschaft
waren
abgeschafft und
Frondienst
eingeschränkt.
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Als Ludwig XIV.
starb, folgten in rascher Folge nach dem Tod des Großvaters und
dem des Vaters, der Urenkel 1715 als Ludwig XV. auf dem Thron
Frankreichs. Bis 1774 regierte er, gefolgt von Ludwig XVI, der 1793 auf
dem Schafott während der französischen Revolution endete.
In diese Zeit, 1732, hineingeboren, Pierre
Augustin Caron, als Sohn eines Uhrmachermeisters in Paris. Der einzige
Sohn erlernte das Spielen von Instrumenten und das Handwerks des Vater.
Während dieser Zeit der Tätigkeit im Geschäft des Vaters verbesserte er
durch seine Erfindung die Ankerhemmung von Taschenuhren, wodurch
Baugröße verringert und Ganggenauigkeit erhöht werden konnte.
Des Patentes bemächtigte sich Lepaute, ein
Hofuhrmacher, dem er die Neuerung gezeigt hatte, aber Beaumarchais
wehrte sich, reichte Schriften an die Akademie für Geisteswissenschaften
ein und gewann den Prozess. Hierdurch wurde der Hof auf ihn aufmerksam,
er fertigte Uhren für die Hofgesellschaft, so angeblich auch für Madame
Pompadour, der Geliebten des Königs, gab den Töchtern von Ludwig XV.
Harfenunterricht, da er selber das Instrument vortrefflich beherrschte,
für das er auch ein Pedalsystem entwickelte. Durch diesen Umgang lernte
er die Frau des Hofbeamten Franquet kennen, die ihren alten Ehemann
überredete, sein Amt an Caron zu übertragen. Wenige Zeit später starb
der Beamte und bald darauf auch die Witwe, die Caron geheiratet hatte
und deren Namen Beaumarchais er übernahm.
Nun Pierre Augustin Caron de Beaumarchais war ein
talentierter eleganter Schöngeist, dem es gelang in die höchsten Kreise
aufzusteigen und durch solche Verbindungen finanzielle Möglichkeiten
auszuschöpfen. Er war Agent des Königs, betätigte sich später auch im
Waffenhandel - die neuen Vereinigten Staaten von Nordamerika waren sein
Kunde.
Eine Reise nach Spanien, während derer er die
Eheangelegenheit seiner Schwester zu erledigen gedachte - ein José
Clavijo y Fayardo hatte zwei mal versprochen, die Schwester
Beaumarchais' zu heiraten, dies letztendlich aber immer wieder
abgelehnt. Diese 'Clavijo-Affäre' übernahm Goethe in sein Trauerspiel
'Clavigo', das 1774 in nur acht Tage verfasst und bereits im August des
Jahres in Hamburg uraufgeführt wurde.
Beaumarchais begann schon früh mit
schriftstellerischer Tätigkeit. Er schrieb anfänglich 'parades', eine
Form der heute bekannten Sketche, bei denen zotige Kurzbeiträge mit
Wortwitz in Verbindung mit Vorgängen vor, in und neben der Ehe wie auch
sonstige Zeitkritik vorgetragen wurden.
Als erstes größeres Bühnenwerk erschien 1767
'Eugénie', das in sentimentaler Weise die Begebenheiten und seine
Erlebnisse in Spanien beinhaltete, danach, zwei Jahre später 'Les Deux
Amis' - beide nicht sehr erfolgreich.
Seine frühe Beschäftigung mit Schwänken findet
auch bei der Erarbeitung der Trilogie um Figaro - wohl abgeleitet aus
seinem Namen als 'Fils Caron', gespr. FiCaro = Caron’s Sohn - ihren
Niederschlag und begann er schon um die Wende der 70-er Jahre. 'Der
Barbier von Sevilla', uraufgeführt 1775 war dem Publikum anfänglich zu
lang und mit Privatem aus Beaumarchais' Leben überfrachtet, dann ein
Erfolg, wenn auch zwei Jahre vergehen mussten, ehe die Zensur dem Stück
zustimmte.
Paisiello vertonte das Werk 1782 - Text von
Giuseppe Petrosellini - das aber ab 1816 von Rossinis Komposition
und dem Libretto von Cesare Sterbini fast völlig verdrängt wurde.
Beaumarchais Fortsetzung - 'Figaros Hochzeit' -
musste ebenfalls die staatlichen Kontrollen durchlaufen und konnte erst
nach Intervention durch Königin Marie Antoinette dem König von
Frankreich, Ludwig XVI., zur Aufführung und zwar zunächst in einer
Privatvorstellung am 26. September 1783 abgerungen werden, das
zahlreich erschienene Publikum - die Königin, die Prinzen und etwa
dreihundert weitere Zuschauer applaudierten 'furieusement'.
Aber der König erlaubte immer noch nicht das
Stück, von dem Paris sprach, freizugeben. Die Zensur beschäftigte sich
lange mit dem 'Figaro'. Dann durfte er ihn im Salon de Breteuil
zumindest vorlesen. Der Erfolg brachte die erwartete Freigabe durch den
König, der hoffte die Ablehnung werde durch die große Menge des
Publikums erfolgen. Sophie Arnould meinte bezeichnenderweise:
"Möglich, fünfzigmal hintereinander."
Und Graf d'Artois, der spätere König XYIII.: "Sie
werden das Stück zu den Sternen emporheben, in dem Wahn, damit einen
Sieg über die Regierung davongetragen zu haben."
Die erste dann öffentliche Aufführung ging am 27.
April 1784 in der Comédie Française mit großer Spannung, die noch durch
die immer wiederkehrenden königlichen Absagen der Produktion über die
Bühne und wurde tatsächlich zu einem großen Erfolg. Achtundsechzig Mal
wurde 'Figaros Hochzeit' en suite gespielt. Seit Molières Tagen
war kein Komödiendichter in Frankreich aufgestanden, der solche Macht
über das Publikum gewann.
Bereits Anfang 1785 wurde das Stück von Johann
Rautenstrauch ins Deutsche übersetzt, am 3. Februar 1785 sollte der
'Figaro' in Wiens Kärntnertortheater aufgeführt werden, aber
Kaiser Joseph II. ließ die Zensur eingreifen. Ausschnitte wurden im
Wiener Blättchen Anfang März 1785 veröffentlicht. Kurz darauf erschien
der erste vollständige Druck, der auch im Nachlass Mozarts gefunden
wurde.
Da Ponte kürzte Beaumarchais's Schauspiel und
verfasste ein Libretto, das Mozart, vertont, dem Kaiser auszugsweise
vorspielte. Die Widerstände von Fürst Rosenberg-Orsini und seinem
Protegée Casti eingefädelt, wurden überwunden und der Kaiser gab den
Befehl zur Aufführung.
Am 1. Mai 1786 fand an der Wiener Hofoper die
Uraufführung von Wolfgang Amadeus Mozart's 'Le nozze di Figaro' mit dem
Text von Lorenzo La Ponte statt.
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Beaumarchais
nahm bewusst auch Künstlichkeit, Sonderbares, Bizarres oder
Phantastisches in der Dramaturgie der Stücke in Kauf, selbst wenn auch
damals für das Publikum Natürlichkeit und Wahrscheinlichkeit angezeigt
waren. Er zeigt auf, dass es sich um Komödie in der Komödie handelt und
dass man nicht ist, sondern spielt.
"Zeigt, dass ihr spielt" - sprach 200 Jahre später ein anderer.
Es ist ein Spiel mit Trug, Verstellung und
Intrige vor dem Hintergrund des Zufälligen, das um zwei Personen -
Cherubim und Suzanne - erweitert wird und Veränderungen in der
Persönlichkeitsstruktur der Protagonisten aus dem 'Barbier' zeigt.
Der Graf - aus dem schwärmerischen Liebhaber ist
ein machtbesessener Zyniker geworden, die Muntere wurde zur
sentimentalen Gereiften.
Lebt der 'Barbier' ganz in der damaligen
Gegenwart, so ist im 'Figaro' der Rückblick auf vergangene Zeiten
vorgegeben - beispielhaft die Erkennungsszene Marcellina, Bartolo,
Figaro.
Die Hauptfigur wandelte sich vom heiteren
Spaßmacher zum neuen Menschen der mit seiner Begabung, seinem Witz
auch schwierige Situationen zu meistern versteht und durch Intrige und
Dreistigkeit in der Lage ist, die richtige karte auszuspielen.
Grundlagen für sein Stück fand Beaumarchais bei
Rochon de Chabannes in dessen Stück 'Heureusement' wie auch zu
Lustspielen von Sedaine und Cadé und zum 'George Dandin' von Molière.
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Am 26. Juni 1792 wurde dann der dritte Teil der Figaro-Story mit 'Ein zweiter Tartuffe' oder 'Die Schuld der Mutter' uraufgeführt.
Alle Figuren sind entsprechend gealtert, der Graf
hat einen dreijährigen Aufenthalt in diplomatischem Dienst in Mexico
hinter sich, die Gräfin lebte in dieser Zeit im Schloss Astorga, das den
Eltern des Cherubin gehörte und das der Graf vor längerer Zeit kaufte.
Dort wurde die Gräfin von einem Knaben, sein Name Léon, entbunden - der Vater - der damalige Cherubin.
Und der Graf hat inzwischen eine Tochter
Florestine - die Mutter - Barberina, die Tochter des Gärtners
Antonio.
Sein Unwesen im Hause Almaviva treibt ein Major Bégearss, der an das Geld und die Güter des Grafen will.
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Aus 'Die Schuld
der Mutter' bzw. 'Ein zweiter Tartuffe' ergeben sich Vorgaben für die
Inszenierung des Figaro, also den zweiten Teil.
Sehr deutlich ist das beginnende Verhältnis der
Gräfin mit Cherubin und das des Grafen mit Barberina aufzuzeigen.
Barberina trägt sehr früh den Ansatz für das
illegitime Verhältnis zum Grafen und kann schon vom ersten Alt an im
Spiel sein. Also müssen choreographisch Konstellationen gefunden werden,
den Grafen in die Nähe der, in Kontakt zur Barberina zu bringen.
Cherubin kommt hinzu und es entwickelt sich die ansonsten bekannte Konstellation
zu den Damen des Hauses - Susanna und Gräfin.
Eine zweite Linie ergibt sich für Marcellina und
Figaro. Sie sieht sich bald am Ziel "und Figaro wird sicher so mein
Mann."
Steckt man die Sängerin aber in ein schwarzen
Schößchen-Kostüm und setzt ihr eine schwere grau-weiße Perücke auf, dann
ist kaum anzunehmen, dass die Ehe mit dem drahtigen, jungen Figaro
möglich sein könnte. Legt man sich als Regisseur so fest, nimmt man sich
einen attraktiven Handlungs-Strang und der Überraschungseffekt im 3.
Akt, fünfter Auftritt geht verloren, dass eben eine 'jung' angelegte
Marcelline nach dem Figaro giert und dann feststellt, seine Mutter zu
sein.
Nimmt man ihr auch noch die Arie Nr. 24, fehlt ein markanter Teil der Partie, die Resignation
"uns lohnet mit Grausamkeit
das ungetreue Männervolk
All unsre Treu und Zärtlichkeit
Und täuschet unser Herz."
Dass die Grundlage des Werkes, das Recht 'prima
noctis' ist, muss in der Führung des Grafen berücksichtigt werden.
Er ist nicht der Schönling, der vor lauter
Attraktivität sich nicht traut, brutal seine Rechte einzufordern. Zwar
hatte er darauf verzichtet, kann aber nicht davon lassen, die Ehe von
Susanna und Figaro durch Vergabe des Brautschleiers zu verhindern und
nach eigenen Vorstellungen zeitlich festzulegen.
Dass die Gruppe um Figaro sich für das
Familienalbum ablichten lässt, ist ein Gag, der hier im Donautal gut
ankommt, aber dadurch nicht richtiger wird. Es dürfte hinlänglich
bekannt sein, dass sich die Fotografie aus der camera obscura
entwickelte, die zwar schon Aristoteles bekannt war, dass am
Metropoltheater Regensburg in der Quetes-Inszenierung des Figaro - die
vor 1789 angelegt ist und dem historischen Zeitpunkt entspricht - eine
Lochkasten-Kamera mit Objektiv mit Sicherheit noch nicht verfügbar war.
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Wolfgang Quetes hat ein Bühnenbild von Manfred Kaderk zur Verfügung, das die leider üblich Problematik im 4. Akt aufzeigt - das Verwirrspiel unter Beteiligung aller Kräfte.
Die aus den ersten drei Akten bekannten
Stellwände, die sängerfreundliche Räume abgeben - Seitenwände konisch
nach hinten zulaufend, Querwand hinten, jeweils mit verschiedenen
Türöffnungen, lassen sich im 4. Akt nur schwer in eine 'Gartenszene'
umsetzen. Wandsegmente, wie Quetes sie im 'Titus' verwendete, ließen
mehr Möglichkeiten offen. Jetzt nun ist die mit sehr viel Heimlichkeit
durchsetzte Szene auf der in einem bläulichen Dämmerschein relativ hell
ausgeleuchteten Bühne nur ungenügend darzustellen -
Ach, Barberina! - Wer ist da?
Wir sind es, die sie selbst herbestellt
oder
Ich höre kommen. Sie ist es! - Nein, 's war nichts, die Nacht ist dunkel.
Die Verkleidungen sind nur mangelhaft, so dass
ein unbedarftes Publikum die Zusammenhänge und Personenkonstellationen
nicht oder nur sehr schwer nachvollziehen kann.
Die Cherubin-Graf-Versteckszene von stellt sich
nicht in Verbindung mit dem auf der Bühne auch vorhandenen Sessel,
sondern im bzw. unter dem Bett für Figaro und Susanna vorgesehenen Bett
dar. Dadurch wird das ganze realistischer, als wenn die Sänger mühsam
suchten, sich hinter der Rückenlehne des Sessels zu verbergen. Susanna
und Marcellina lassen die Fetzen fliegen, indem sie eine Kissenschlacht
veranstalten.
Dass die Gräfin sich in 2. Akt vor lauter Kummer
am Alkohol festhält und sie aus dem Bett, unter der Bettdecke verborgen,
mit einer Hand nach der Weinflasche hangelt, zeigt wie weit diese Ehe
mit dem Grafen Almaviva aufgrund der Gesamtsituation im Absolutismus
schon gediehen ist.
Frustration, die dazu führt, jede Gelegenheit zu
nutzen, die Fürsten zur Verfügung steht. Die Gräfin greift nach
Cherubin, dieser auch nach Susanna. Die Umkleidung von Junge auf Mädchen
in der üblichen Weise und nach dem Motto: wir spielen das Stück hinter
einem kleinen Wandschirm.
Der große Saal im 3. Akt lässt viel Raum, den
Grafen mit seinem Hofstaat zu zeigen, Immer wieder wimmelt eine/r über
die Bühne, so dass es fast als störend empfunden werden muss.
Den Einstieg in die Inszenierung des Stückes
gestaltet Regisseur Quetes während der Ouvertüre mit einem Rückblick auf
den 'Barbier'. In kurzen, scherenschnittartigen Pantomimen zeigt er
noch einmal den Werdegang und die Figurenkonstellation auf.
Bühne und Kostüme vermitteln dem Publikum den
Eindruck, 'ich erkenne das Stück, ich verstehe was sich auf der Bühne
abspielt' - es wird also nicht das Publikum in die Situation gebracht,
zu fragen: 'Haben die da oben keine Ahnung oder bin ich blöd?
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Ein reines
Ärgernis die von Anfang als Fehlinvestition kritisierte
Übertitelungsanlage - von Text ist nichts zu erkennen - alles viel zu
dunkel. Das Publikum stiert hinauf und müht sich, die Worte abzulesen,
schaut natürlich in der Zeit nicht auf die Bühne, dort ist also jeder
Einsatz vergeblich.
Der Vorteil dieser schwachen Ausleuchtung:
man erkennt nicht mehr, dass Übertitel mit dem Geschehen auf der Bühne nichts zu tun hat.
Die Theaterfreunde - auch für die Anschaffung der
Übertitelungsanlage verantwortlich - tragen das 'Triumpfgemüse' nicht
mehr in Form von dicken Sträußen auf die Bühne, sondern werfen einzelne
Pflanzenstile planlos aus der Proszeniumloge, so dass sie meist
unangespitzt im Orchestergraben landen.
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Beispielhaft aufgeführt:
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Der Figaro, aufsässig und auch
resignativ aufgrund seines niederen sozialen Standes, - so bereitet sich
die Revolution vor - kann im Spiel wahrlich überzeugen, hierzu passt
seine zupackende Tongebung.
Bass-Baritone dunkeln oft ihren Stimmklang ab, so dass sie älter klingen als sie sind.
Lehrer: "Du musst klingen wie ein Bass!" Man hört die Schule.
Damit aber wird die Individualität einer Stimme
beeinträchtigt. Es gibt eben Lehrer, die nehmen immer noch Schaljapin
als Vorbild.
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Außergewöhnlicher Bartolo-Bass-Klang mit exzellentem Vokalausgleich - angenehm in jeder Lage, Lob angebracht.
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Grundsätzlich und bei der Nr. 7 auffallend:
Wird das Tempo anders genommen als abgesprochen,
dann sind Ungenauigkeiten unvermeidbar. Bedenklich, wenn gemeint wird,
durch Hetzen mehr Brillanz erzeugen zu können.
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Oft wächst ein Mezzo über den Cherubin hinaus, zumal wenn Giulietta und Adalgisa schon hinter ihm liegen.
Ist die Pause wie vor der Nr. 6 zu lang und
wartet jeder auf den anderen, kommt der Einsatz dann überraschend, muss
es zwangsläufig ungenau werden.
Diesem Cherubin hier glaubt man den mannbar
gewordenen Jüngling - ein herber Klang, alle Facetten der erotischen
Schwärmerei ausspielend.
'Der' hier realiter schwer zu disziplinieren!!!
Man kann sich damit das Leben erschweren - die Theaterwelt ist klein.
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Geradezu unverschämt, Graf,
wenn auch ohne Zynismus und Machtbesessenheit zu spielen, schöntimbriert
zu singen und in dem Mantel auch noch auszusehen.
Kommt man vom Sarastro, dann aber wird ein Fis am
Ende der anstrengende Arie ein Problem, wie das hohe C für den
Aida-Sopran am Ende der Nilarie.
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Daneben ein skuriler Basilio, mit dem Tenor und dem Spiel kann man Freude bereiten und alt werden.
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Eine Susanna, die wie hier
diese vom Oscar kommt, ist unermüdlich und strapazierfähig wie es diese
unendlich lange Partie erfordert. Stimmliche und musikalische Qualitäten
wurden in der fein differenzierten Rosenarie bewiesen.
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Ein Kaltstart ist für die
Gräfin besonders problematisch, wenn mittags noch mit 'Kind und Kegel'
in der Stadt herumgehetzt, statt dass gemütlich zu Hause eine 'Bibellesung'
gemacht und sich konzentriert wird.
Schönes Klarinettensolo, beseelt mit dichtem
Legato, was der Gräfin abgeht, auch die unruhige Stimmführung
unterbricht die Linie.
Wird auch noch aus einem Larghetto (der Blick in
die Partitur empfiehlt sich, da steht 2/4 und nicht 4/4) ein Largo, wird
die Sache noch schwerer.
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Beginn der Ouvertüre, schon zu
laut, es muss ein Raunen sein - Mozart fordert pianissimo, beim Einsatz
von Oboen und Hörner piano, fortissimo erst beim Einsatz des vollen
Orchesters.
Schön wäre auch, es spielten alle zusammen und
nicht alles so grob und undifferenziert laut. Beschneidung der
Möglichkeiten bei der Dynamik die Folge.
Das gilt für den ganzen Abend.
Es spielte das Philharmonische Orchester Regensburg - den Takt dazu schlug GMD Raoul Grüneis.
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten
Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich
diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik
um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung -
Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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