Am Nachmittag
des 23. Mai 1819 begehrte in Mannheim ein junger Mann Einlass in
das Haus des Staatsmannes und Dichters August von Kotzebue.
Es werden ein paar freundliche Worte zwischen dem Hausherrn und
dem Theologie-Studenten, der sich als ein Herr Heinrichs aus
Mitau in Kurland vorstellt, in Wirklichkeit der Theologiestudent
Karl Ludwig Sand - geboren in Wunsiedel, in Hof und -
bezeichnenderweise in Regensburg - zur Schule gegangen -
gewechselt.
|
|
Karl Ludwig Sand
geboren am 5. 10.1795
in Wunsiedel;
hingerichtet am 20. 5. 1820
in Mannheim |
Plötzlich
zieht der Besucher einen Dolch aus seinem Ärmel und sticht mit
dem Ausruf: "Du Verräter des Vaterlandes" dreimal zu.
Die Verletzungen Kotzebues sind tödlich.
Karl Ludwig Sand hatte einen der erfolgreichsten Dichter der
Trivialliteratur des 19. Jahrhunderts ermordet.
Da es ihm
nicht gelingt, das Haus Kotzebues zu verlassen, versucht der
Mörder durch Stichverletzungen sich das Leben zu nehmen.
Bei sich führte er seine Schrift: 'Todesstoß dem August von
Kotzebue'.
Er wird verhaftet und auf einer Krankenstation die Wunden bis
zur Heilung versorgt. Am 3. April 1819 beginnt der Prozess, der
am 5. Mai 1820 mit dem Todesurteil endet. Am 20. Mai 1820 wird
Karl Ludwig Sand durch das Schwert hingerichtet. Sein Grab
befindet sich in der Nähe seines Opfers auf einem Mannheimer
Friedhof.
|
Der Prozess
und die Vollstreckung des Urteils lösen eine unerwartete
Anteilnahme aus. Augenzeugen aus dem Publikum erklimmen die
Richtstätte, tauchen Tücher in das Blut des Delinquenten,
schneiden seine Haare ab und nehmen sie als Reliquie mit.
Bereits im Jahr der Hinrichtung erschien eine Biographie,
weitere Veröffentlichungen folgten. In Bibliotheken wie in der
Uni Erlangen-Nürnberg wird ein Teil des Nachlasses verwahrt. Im
Reiss-Museum in Mannheim liegen einige Morabilien.
Eine Reihe von Publikationen bis in die Neuzeit von Puschkin,
Dumas bis Strobl sind gewidmet und eine Persönlichkeit
verschrieb sich dem Gedanken der Abschaffung des Feudalismus hin
zur bürgerlichen Demokartie: Aurore Dupin Baronin Dudevant
wählte ihr Pseudonym mit: 'George Sand' nach Karl Ludwig
Sand, dem 'Mörder aus Vaterlandsliebe'.
Hintergrund für dieses Verhalten liegt im seit der Französischen
Revolution aufgeflammten Selbstbewusstsein der Deutschen
begründet. Nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon I. traten
die Bürger für Freiheit und Einheit Deutschlands in Überwindung
der feudalen Zersplitterung der im 'Deutschen Bund' locker
zusammengefassten 37 Länder und vier kreisfreien Städten ein.
Emotionale Unterstützung fand der Gedanke in den neu
entstandenen Burschenschaften und deren Wartburgfest.
Aufzufangen suchten diese Bestrebungen die Herrschenden unter
Metternich nach dem Wiener Kongress durch Restaurationspolitik.
Die von Gottes Gnaden eingesetzten deutschen Herrscher nahmen
das Attentat auf August von Kotzebue - als glühendem Verfechter
des Feudalstaates - zum Anlass, die Freiheiten der Bürger weiter
zu beschränken. Die Karlsbader Beschlüsse vom August 1819
leiteten die Demagogenverfolgung ein, unter denen die gerade
gegründeten Burschenschaften, aber auch Einzelpersonen wie
'Turnvater Jahn' zu leiden hatten.
Die Pressezensur - eigentlich in der Schlussakte des Wiener
Kongresses von 1815 festgelegt - wurde verstärkt durchgeführt,
Universitäten kontrolliert und missliebige Lehrkräfte ihrer
Aufgaben enthoben. So z.B. die Entlassung des liberalen Berliner
Theologieprofessors Wilhelm de Wette, weil dieser einen
Trostbrief an Sand's Mutter schrieb.
Während Ältere sich in die Gegebenheiten fanden und das Attentat
auf Kotzebue ablehnten, empfanden die Jüngeren es als notwendig,
wie auch Sand selber den politischen Mord als Mittel zur
Veränderung akzeptierte und selber anwandte. So wurde er zum
Märtyrer als Blutzeuge und Symbolfigur ihres Strebens nach
Freiheit und nationaler Einheit.
In seinem Prozess gibt Sand keinerlei Informationen zu
Karl
Follen, dem Schwager des Darmstädter Pharmazeuten Christian
Merck.
Follen, Jurastudent, will 1814 gegen Napoleon in den Kampf
ziehen, wozu es aber nicht mehr kommt, wird der geistigen
Urheberschaft des Anschlags auf Kotzebue bezichtigt, Sand jedoch
nimmt den Gedanken des Anschlags für sich allein in Anspruch.
Follen war aktiv in Studentenschaften, lebte die freudige
Opferbereitschaft, die zum "Tyrannenmord" aufrief und geriet
verständlicherweise dadurch stark in die Kritik der Obrigkeit.
Die Berufung zum Professor in Gießen wurde ihm verweigert, er
geht nach Weimar und lehrt dort Komparatistik.
Die Lehrberechtigung wird ihm entzogen, er flieht zuerst nach
Frankreich - die Ermordung des Fürsten Berry führt zur
Ausweisung von Ausländern - in die Schweiz und weiter nach
Amerika, dort lehrt er in Harvard deutsche Sprache und deutsche
Literatur, kämpft für die Befreiung von Sklaven, gründet eine
unitarisch-theologische Fakultät in Boston. Auf dem Weg zur
Einweihung einer Kirche kommt er 1840 bei einem Schiffsunglück
auf dem Erie-See ums Leben.
1830 - etwa 10 Jahre nach dem Attentat auf Kotzebue - beteiligt
sich Richard Wagner an Studentenaufständen in Leipzig.
"Wie groß war daher meine Überraschung, als ich eines Tages
durch die politischen Vorgänge der Gegenwart, gleichsam
unmittelbar zum Miterleben des soeben wie aus weiter Ferne aus
meinen Korrekturbogen an mich herangetretenen Staaten-Schicksals
gebracht werden sollte. Die Extra-Blätter der Leipziger Zeitung
brachten die Nachricht der Pariser Juli-Revolution. Der König
von Frankreich war vom Throne gestoßen; Lafayette, der soeben
wie ein geschichtliches Märchen durch meine Imagination gezogen
war, ritt unter dem Jubel des Volkes wieder durch die Straßen
von Paris; die Schweizergarden waren in den Tuilerien nochmals
niedergemacht worden; ein neuer König wußte sich nicht anders
dem Volke zu empfehlen, als daß er sich selbst für die Republik
ausgeben ließ. Mit Bewußtsein plötzlich in einer Zeit zu leben,
in welcher solche Dinge vorfielen, mußte natürlich auf den
siebzehnjährigen Jüngling von außerordentlichem Eindruck sein.
Die geschichtliche Welt begann für mich von diesem Tage an; und
natürlich nahm ich volle Partei für die Revolution, die sich mir
nun unter der Form eines mutigen und siegreichen Volkskampfes,
frei von allen den Flecken der schrecklichen Auswüchse der
ersten französischen Revolution, darstellte. Da revolutionäre
Erschütterungen bald ganz Europa in mehr oder minder starken
Schauern heimsuchten, und auch hier und da deutsche Länder von
ihnen berührt wurden, blieb ich längere Zeit in fieberhafter
Spannung und wurde zum ersten Male auf die Gründe jener
Bewegungen aufmerksam, die mir als Kämpfe zwischen dem Alten,
Überlebten und dem Neuen, Hoffnungsvollen der Menschheit
erschienen. Auch Sachsen blieb nicht unberührt; in Dresden kam
es ja zu einem wirklichen Straßenkampfe, der zu einer
unmittelbaren politischen Veränderung durch die Einsetzung der
Mitregentschaft des nachherigen Königs Friedrich und zur
Gewährung einer konstitutionellen Verfassung führte. [...]
Dieses Staatsleben hatte nun in Leipzig keine andre Bedeutung
als die eines Antagonismus der Studenten mit der Polizei; die
Polizei war das Urverhaßte, an welchem sich der Freiheitssinn
der Jugend übte. Bei irgendeinem Straßenexzeß war es zu
Verhaftungen einiger Studenten gekommen: diese sollten befreit
werden. Die akademische Jugend, unter welcher es bereits seit
einigen Tagen unruhig herging, versammelte sich eines Abends auf
dem Markte; die Landsmannschaften traten zusammen und schlossen
einen Kreis um ihre Senioren, wobei eine gewisse kommentmäßige
Feierlichkeit herrschte, die mir außerordentlich imponierte: man
sang das »Gaudeamus igitur«, bildete sich in Kolonnen und zog
nun, verstärkt durch alles Junge, was es mit den Studenten
hielt, ernst und entschlossen vom Markte aus nach dem
Universitätsgebäude, um dort die Karzer zu sprengen und die
verhafteten Studenten zu befreien. Mir klopfte das Herz in
unglaublicher Erregtheit, als ich zu dieser Bastilleerstürmung
mitmarschierte.
(Richard Wagner - Mein Leben - Seite 46-47)
Sein Einsatz
im Vormärz, auf den Semper'schen Barrikaden in Dresden, der dann
zur Flucht nach Zürich führte, ist hinlänglich bekannt.
Letztlich kam das Deutsche Herrschertum erst 1918 zu Fall und
erst nach dem 2. Weltkrieg begann sich die Demokratie in
Deutschland zu etablieren.
|
|
August von Kotzebue
geboren am 3.5.1761 in Weimar;
ermordet am 23.3.1819 in Mannheim. |
August von Kotzebue
Nach seinem Jura-Studium in Weimar
ging er als 20-Jähriger auf Vermittlung des preußischen
Botschafters am russischen Hof nach St. Petersburg als Sekretär
des Generalgouverneurs. 1785 wurde er bereits Präsident des
Magistrats der Provinz Estland.
Seine literarische Tätigkeit begann mit der Fertigstellung des
Romans 'Die Leiden der Ortenbergischen Familie' und 'Die
Geschichte meines Vaters' sowie die Dramen 'Adelheid von
Wulfingen', 'Menschenhass und Reue', 'Die Indianer in England'.
Sehr bald widmete er sich satirischen Ausführungen z.B. durch
die zynische Satire 'Doktor
Bahrdt mit der eisernen Stirn'. Bis 1796 veröffentlichte er mehr
als 20 Dramen, 1798 wurde er Direktor am Hoftheater in Wien,
legte das Amt aber bald schon nieder, da er sich mit den
Schauspielern überwarf. Auch als er darauf nach Weimar
zurückkehrte blieb ihm die Anerkennung verwehrt, zumal er sich
mit Goethe überwarf und die romantische Schule angriff. 1817
wurde er russischer Generalgouverneur in Deutschland. In seinem
Weimarer Literarischen Wochenblatt griff er die deutschen
Universitäten, die Burschenschaften und Turnerbünde als
Brutstätten der Revolution an. Auf dem Wartburgfest wurden als
Reaktion der Studenten seine Geschichte des Deutschen Reichs
verbrannt.
Sein Eintreten für die überkommene Staatsordnung machte ihn den
Studenten suspekt. So erwog Karl Ludwig Sand schon 1818 den
Diplomaten in russischem Dienst, Literaten und Dramatiker August
von Kotzebue als 'Landesverräter' und 'Volksverführer', der
inzwischen nach Mannheim umgezogen war, zu ermorden.
Auf dem Wege zu Kotzebue trug sich Sand auf der Wartburg ins
Gästebuch mit dem Körner-Zitat: "Drück dir den Speer ins treue
Herz hinein! Der Freiheit eine Gasse!"
87 von Kotzebues 220 Schauspielen wurden allein von Goethe
inszeniert und in 600 Aufführungen dem Publikum präsentiert. Er
gilt als Begründer der dramatischen Trivialliteratur - sämtliche
dramatischen Werke erschienen nach seinem Tode in 44 Bänden. Im
gesamten europäischen Raum wurden seine Werke gespielt, da er es
verstand, Stoffe zu wählen und auszuformulieren, die dem
damaligen Publikumsgeschmack entsprachen und damit in Konkurrenz
zu seinem Zeitgenossen Iffland standen.
Kotzebue benutzte für seine 'deutschen Kleinstädter' die Komödie
‘La petite ville’
des
französischen Theaterdichters Louis Benoît Picard (1769 - 1828),
die er 1802 in Weimar aufzuführen
gedachte. Da sein Verhältnis zu Goethe nicht das beste war und
das Stück die Titelsüchtigkeit von Kleinstädtern z.B. in Weimar
kritisierte, geriet das Werk erst einmal in die Kritik. Kotzebue
hielt mit einem Zeitungsartikel ‘Über den Zwist welcher durch
das Lustspiel Die deutschen Kleinstädter zwischen Herrn
von Goethe und Herrn von Kotzebue entstanden ist’ dagegen -
trotz allem wurden ‘Die deutschen Kleinstädter’ dann doch noch
1802, aber in Wien und nicht in Deutschland, uraufgeführt. 1803
folgte dann Weimar.
Nur Kotzebue's 'Die deutschen Kleinstädter' erfreuen sich
heute noch einer gewissen Beliebtheit, da sie humorig die Zeit
des Biedermeier mit der typischen kleinstädtischen Titel-Effekthascherei
dokumentieren. Abgesehen von Österreich, wo noch heute Titel
wichtig im täglichen Umgang sind, pflegt man auch anderenorts
noch gewisse Herrschaften mit: Herr Bürgermeister oder - gibt es
einen solchen - natürlich 'Herr O b e r -
bürgermeister' sagt oder einen Theaterdirektor auch mit 'Herr
Intendant' tituliert. Dies hat seinen Vorteil, wenn die
Besetzung der Posten sich ändert und der Familienname des
Titelträgers nicht immer gleich präsent ist. Man immerhin den
Titel Desjenigen zur Hand hat.
Dass Kleinstädter nicht unbedingt auf diese Gewohnheiten
hingewiesen werden möchten, zeigt
Wolfgang Götz in seinem Buch über Werner Krauß:
"[...] Im nächsten Jahre, 1917, geht es wieder über die
Grenzen: Stockholm und Göteborg sind die ersten Ziele. Zu den
Kleinstädtern gesellt sich Stridbergs Gespenstersonate. Zum
ersten Male messen sich Wegener und Krauß in diesem Nachtstück.
Sowohl im Winter wie im Sommer wird in Zürich gespielt. Aber es
geht auch nach Bern, Basel, Luzern und Schaffhausen, wo sich das
Publikum durch Kotzebues Philisterkomödie beleidigt fühlt.
[...]"
|
|
Theodor Veidl
geboren
am
28. Februar 1885
zu Tode gekommen 1946
in Theresienstadt. |
|
|
|
Theodor
Veidl studierte Germanistik und Musikwissenschaft,
promovierte über das Thema Liszt’s Einfluss auf Wagner, war
Korrepetitor an der Volksoper Wien und ging dann nach Prag
als Lehrer an der Akademie für Musik und darstellende Kunst.
Dort verfasste er mehrfach musikwissenschaftliche Aufsätze
für die Zeitschrift 'Der Auftakt'. 1929 erhielt er den
tschechischen Staatspreis für seine Oper ‘Kranwitt’ und 1935
wurden 'Die Kleinstädter' in Prag unter der musikalischen
Leitung von George Szell uraufgeführt. 1936 führte Dortmund
die Oper auf, 1938 brachte Breslau die Oper heraus.
1936 schon wurde Theodor Veidl Professor an der Universität
in Prag. Im gleichen Jahr führte Dortmund diese Oper auf.
Der Librettist durfte nicht genannt werden, da er
tschechischer Jude war. Das Textbuch wurde so der Frau
Veidl's zugeschrieben. Erst die Entdeckung des Briefwechsels
Veidl's mit Paul Eisner während der Vorbereitung für das
Prager-Programmheft brachte die Wahrheit an den Tag, dass
letzterer der Verfasser der Kleinstädter-Texte nach Kotzebue
war.
Das Attentat auf Heydrich veränderte die politische
Situation im Protektorat Böhmen und die Karriere Veidl
reduzierte sich, zumal er auch Mitglied einer Freimaurerloge
war, durch Entzug der Lehraufträge.
Veidl wurde am Ende des Krieges im Rahmen der Revanche von
den Tschechen interniert und starb im Konzentrationslager
Theresienstadt. In diesem Lager lebte auch Viktor Ullmann
bevor dieser nach Auschwitz verlegt und dort umgebracht
wurde.
Die Regensburger Kleinstädter
Schon im Jahr 2003 begannen die Überlegungen seitens des Komponisten
Widmar Hader vom Sudetendeutschen Institut der Regierung der Oberpfalz
- er nahm damals Kontakte zum Theater Regensburg auf, die Oper
'Die Kleinstädter' - vertreten durch den Verlag Bärenreiter in
Prag - wieder einer Aufführungen zuzuführen. Da nur ein
Klavierauszug zur Verfügung stand, musste das Werk für ein
Orchester rekonstruiert und somit neu instrumentiert werden. Der
Verlag Bärenreiter in Prag verhielt sich zunächst sehr
abwartend, einer Produktion zuzustimmen.
Das Nationaltheater Prag war 2004 nach einem Besuch in
Regensburg signalisierte Interesse an einer Co-Produktion, wobei
das hiesige Theater die Inszenesetzung übernehmen sollte, in
einem Rahmen, bei dem das Nationaltheater Prag ein Tryptychon
erarbeiten und Komponisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert
vorstellt, die im Rahmen oder in Folge des 2. Weltkrieges
umgekommen sind. Hierzu gehören eine Produktion 'Ilses Herz' von
Rudolf Karel, die bereits in der Spielzeit 2003/2004 als
konzertante Aufführung herauskam, als zweites kommen jetzt die
‘Kleinstädter’ hinzu. In einer der nächsten Spielzeiten wird von
Viktor Ullmann - dem in Auschwitz umgekommenen Komponisten - die Oper 'Der Sturz des Antichrist' in Prag
aufgeführt.
Regensburg studierte Chor, Orchester und Solisten ein. Die Reise
nach Prag werden dann nur die Solisten für eine Vorstellung
antreten, da aus rein Logistik- und aus Kostengründen das übrige
Personal innerhalb dieser Produktion nicht auf Reisen geschickt
werden kann.
Bühnenbild und Kostüme erstellte das Nationaltheater Prag -
Daniel Dvorak selber übernahm die Aufgabe der Ausstattung, wie
auch die Anfertigung, da Regensburg hier völlig überfordert
wäre, neben den laufenden und vorzubereitenden Produktionen,
auch noch ein solches Werk übernehmen zu können.
Maß- und passgenau kamen die Bühnenbilder und Kostüme nach Regensburg, nur
wenige Abnäher waren bei den Kostümen für 24 Damen/Herren des
Chores, 6 Statisten, rund 10 Solisten noch durchzuführen.
Nach den drei Regensburger Vorstellungen geht die
Bühnenausstattung einschließlich des Notenmaterials nach Prag.
Das Orchester wird vorstudiert, der Chor erhält bereits einen
Satz des doppelt vorhandenen Notenmaterials, wird vom
Regensburger Theaterdirektor Ernö Weil szenisch eingewiesen, so
dass Raoul Grüneis in Prag die Endproben am 17./18.1. vor der
Aufführung am 19.1. übernehmen kann.
Die Finanzierung wurde ermöglicht vom Deutsch-Tschechischen
Zukunftsfond, Kulturfond Bayern und durch Umschichtungen im
Budget des Theaters Regensburg.
Die Forschungen des Sudetendeutschen Instituts in Regensburg
erstreckten sich in Bezug auf Theodor Veidl auf die
verschiedensten Archive.
Andreas Willscher, der nun den dritten Akt der ‘Kleinstädter’
instrumentierte, fand heraus und meldete, dass in der Wiener
Universitätsbibliothek ein Klavierauszug von Veidl’s Oper
stünde, in welchem als Verlag UE angegeben sei. Die Universal
Edition wollte seinerzeit das Werk veröffentlichen, widmete sich
aber nur dem Klavierauszug, gab das übrige Material nach
Leipzig, wo es im Krieg verloren ging.
Willscher bearbeitete zwei Szenen und die Ouvertüre, die dann in
Marienbad aufgeführt wurden. Dabei wurde klar, dass es sich um
ein reizvolles Werk handelt.
'Variationen über das Pfingstlied' von Veidl wurde aufgenommen,
diese CD geriet in die Hände einer tschechischen
Filmgesellschaft, die beschloss, einen Dokumentarfilm über
Theodor Veidl zu produzieren, der auch in Nationaltheater in
Prag gezeigt wurde, was wiederum die Dortigen bewog, für Theodor
Veidl schon aus humanitären Gründen etwas zu tun. Dessen Oper 'Kranwitt'
wurde als erstes Werk herausgestellt, nun folgen die
Kleinstädter zunächst in Regensburg, dann in Prag.
Veidl’s Komposition lebt von einer Kollage, er benutzt Themen
anderer Komponisten und baut sie in seine Arbeit ein. es gibt
immer wieder Überraschungen, wenn ganze Zitate bei Veidl
auftauchen.
Der Komponist William Walton arbeitete in seiner Oper ‘Der Bär’
noch deutlicher als Veidl, als dieser ganze Motivkomplexe
übernimmt, die für das Publikum deutlich erkennbar aus seiner
eignen Arbeit herausragten.
Nach Meinung des Regensburger Theaterdirektors Ernö Weil macht
das Stück ‘Die Kleinstädter’ so viel Spaß, weil Veidl so viel
gute musikalische Zitate verwendet und diejenigen im Publikum
besonders erfreut sein werden, die etwas vom Musiktheater kennen
und es lieben. Er - der Regensburger Theaterdirektor Ernö Weil -
gehöre zwar nicht zu den Optimisten, aber er meine, 'Die
Kleinstädter' sollten ins Theater-Repertoire aufgenommen werden.
Anfänglich seien alle, Theaterleitung, Orchester und Ensemble
sehr skeptisch dem Stück gegenüber gewesen, aber die Lust breite
sich nun immer mehr aus, so dass auch das Orchester - zumindest
in Teilen - bedauert, dass dieses Werk nur dreimal gegeben werde
- also, wozu die viele Arbeit wenn das Ganze nur viermal gegeben
werde.
Die Figuren der Handlung seien nach Regensburgs Theaterdirektor
Ernö Weil überzeichnete Typen, die sich so unendlich ernst
nehmen und dieser Ernst müsse von den Darstellern bedient
werden. Hinzu komme, dass Kleinstädter nichts hinzulernen oder
sich weiterentwickeln, sie sind und bleiben die Typen, die sie
waren.
Musikalisch fallen - nach den Ausführungen des Regensburger
GMD's Raoul Grüneins - Theodor Veidl's 'Die Kleinstädter' aus
üblichem Schema, sind
in einer besonderen Welt angesiedelt. Tschechische Komponisten
am Anfang des 20. Jahrhunderts wie Josef Suk - der Schwiegersohn
von Anton Dvorak und bekannter Violinist - oder Zdenek Fiebich,
dessen drei Symphonien außerhalb Tschechiens kaum gespielt
werden oder Pavel Haas - Schüler von Janácek - Komponisten eine
musikalische Richtung vertretend, die nach Dvorak einsetzt und
überall im slawischen Raum dann mit dem tschechischen
Nationalismus und musikalischen Selbstwertgefühls erstarkte.
Dvorak selber noch im Zwiespalt, seine Musik richtig
einzuordnen. Nach ihm die Kompositionen z.B. die von Mahler,
beeinflusst durch Wagner, Liszt, voll von spätromantischem Wust.
Somit die Gegenüberstellung von Kunstmusik und Volklore. Janácek
- als Zeitgenosse von Theodor Veidl - ging z.B. wieder von der
Überinstrumentierung und komplizierten Harmonien, 'auf
das Land', siedelte seine 'Jenufa' mit 'einfachen Mitteln' dort
an, wo sie spielt, eben auch im Wirtshaus. Nachdem er lange
verschwiegen wurde, erinnert sich die musikalische Welt seiner
auf allen Bühnen, auch derer der Festspiele.
Ob 'Die Kleinstädter' von Theodor Veidl reanimiert werden
können, wird die Premiere und die nachfolgenden Reprisen
zeigen.
Problematisch erscheint die Dispo, denn ein zeitlicher Abstand
zwischen den Vorstellungen von jeweils einer Woche sowie sechs
Wochen bis zur vierten Vorstellung in Prag - diese unter anderen
Bedingungen - belastet das Ensemble außerordentlich, zumal die
musikalische Einstudierung wie auch die Choreographie der
szenischen Abläufe ja wohl nur im Kurzzeitgedächtnis gespeichert
ist, abgeliefert und gelöscht wird.
Theater Regensburg - 11.11.05 -
Premiere 'Die Kleinstädter
Die Schwarzen |
|
|
Musikalische Leitung |
Raoul Grüneis |
Inszenierung |
Ernö Weil |
Bühne / Kostüme |
Daniel Dvorak |
Chöre |
Karl Andreas Mehling |
Kinderchor |
Mathias Schlier |
Licht |
Klaus Herbert Welz |
|
|
Die Personen und
ihre Darsteller |
|
|
Bürgermeister Staar
|
Jóhann Smári
Saevarsson |
Frau Staar |
Silvia Fichtl |
Sabine Staar |
Ilonka Vöckel |
Frau Brendel - 1.
Muhme |
Katharina E. Leitgeb |
Frau Morgenrot - 2.
Muhme |
Astrid M. Hofer |
Vetter Hinkel |
Adam Kruzel |
Sperling |
Brent L. Damkier
|
Olmers |
Jin-Ho Yoo |
Klaus, Polizist und
Ratsdiener |
Martin-Jan Nijhof |
Magd |
Melanie Schneider |
Nachtwächter |
Martin-Jan Nijhof
|
|
|
|
|
DH |