Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften 
zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 

 




Kommentar zum Tage:

09. Oktober 2011


'In der Soiree werden Werk und Inszenierung

mit musikalischen Kostproben vorgestellt'

- aus einer E-Mail des Staatstheaters Braunschweig.
 


Sonntag

09

Okt


   Ankündigung
  
   Staatstheater Braunschweig

 
   18.00 

  Soiree zu »Tristan und Isolde«


Beteiligte:

Silvana Dussmann, Isolde
John Uhlenhopp, Tristan
Selcuk Hakan Tirasoglu, Marke
Oleksandr Pushniak, Kurwenal

Christopher Hein, musikalische Erläuterungen und Begleitung bei den musikalischen Kostproben

Operndirektor Jens von Enzberg, Moderation

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Die Fahrt durch Deutschland aus dem fast äußersten Süd-Osten des Landes in den Nord-Nord-Westen der Republik dauert ca. 5 Stunden, man fährt mit der Straßenbahn zum Theater, steht dann vor dem Haus und findet an der Front zwar Schaukästen mit Szenenfotos, aber keinen Spielplan, man weiß nicht, was aktuell am Abend gegeben wird. Nur an Seitentüren hängen Leporellos.

Das Haus ist um 17.00 Uhr geschlossen, man fragt beim Pförtner am Bühneneingang, der meint, es würde erst eine halbe Stunde vor Beginn geöffnet. Dann ruft er irgendwo an und erhält den Hinweis, 'Wir haben schon offen'.
Rechtzeitig vor der Veranstaltung also wartet man dann mit anderen im Foyer auf den Einlass in den Zuschauerraum, der dann um 17.50 erfolgt, da bleibt bis 18.00 Uhr genügend Zeit, sich einen Platz zu suchen, der Ansturm der Interessierten hält sich stark in Grenzen.

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Im Gespräch über Oper sei immer wieder die Frage zu beantworten, wie könne man Oper inszenieren. In diesem Zusammenhang stehe der 'Tristan', der als schwer aufführbar gelte, an besonderer Stelle. Nie sei eine Produktion als gelungen bezeichnet worden.
Daher müsse alles im Zusammenhang mit der Frage gesehen werden, was wolle das Musiktheater, was könne es beim Publikum erreichen, wie weit könne man gehen, was dem Publikum zumuten?

Die einzigartige Koexistenz von Musik und Sprache als höchster Ausdrucksform fordere bei diesem Werk besonders heraus, zumal Wagner selber die höchsten Ansprüche an sein Theater gestellt habe. Die Impulse, die man dem Werk entnehme, seien eben auch nur schwer vermittelbar. Es müsse versucht werden, die Liebe als existentielle Grenzerfahrung, darzustellen - man sei damit nie am Ende und man müsse die Fragen, die sich aus dem Stück ergeben - wer bin ich, wo stehe ich, wohin will ich - weiterverfolgen. Als Wagner-Anfänger hoffe man, in ein paar Jahren die 'Handlung' noch einmal, dann mit mehr Lebenserfahrung inszenieren zu dürfen.

Die Arbeit an den Rollen des Stückes sei sehr schwierig, da diese hohe Ansprüche stellten, textlich, sängerisch und dann hinzukommend die szenischen Notwendigkeiten. Die Umsetzung des Gelernten auf die Bühne würde alle Beteiligten lange beschäftigen, auch über die jetzige Produktion hinaus, da ein Erfassen der Intentionen des Komponisten und Textdichters beim ersten oder gar einzigen Mal des Darstellens und Singens der Partien dieses Werkes nicht erreichbar, da der Fragenkomplex unerschöpflich, sei.

Hinzu kämen die Anforderungen an die Sänger, die langsam zu derartigen Partien hin-wachsen müssten, erst die sängerische Erfahrung brächte auch ein Erfühlen, dessen, was darzustellen und zu singen sei.
Etwa bei der vierten Produktion eines Stückes bekäme man langsam das Ganze des Werkes zu sehen. Bei dem ersten Kennenlernen, einem Gegenübertreten des/r Sänger/in mit der Rolle sei es nahezu unmöglich, einen allumfassenden Eindruck für sich selbst zu erarbeiten und den dann an das Publikum weiterzugeben.
Eine gute Textwiedergabe spiele hier eine große Rolle, ohne das, bleibe alles unverständlich.
Im Übrigen habe Wagner ja immer das Belcantistische der musikalischen Interpretation hervorgehoben, so dass diese für Sänger wie auch Publikum ein Genuss sein und bleiben solle.
Bewegungsabläufe unterlägen in ihren Möglichkeiten der Problematik der Anforderungen, die das Werk in Fülle an die Sänger/innen stelle, daher sei allein aus physischen Gründen nicht alles möglich.

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Das Packende an der Geschichte von 'Tristan und Isolde', deren Quellen bis ins Mittelalter zurückreichen, sei der Anreiz, sie immer wieder neu zu erzählen. Das ergebe sich nicht aus der äußeren Handlung, sondern der Zugang sei über die Musik zu finden. Sehr schwierig, Inhalte der Musik für das Publikum sichtbar zu machen und dabei die Geschichte zu erzählen.

Isolde liebt Tristan, meint sich aber die Liebe nicht eingestehen zu dürfen, sie lebe mit einem politischen Auftrag, sei Rächerin ihres Verlobten. Ihrer Liebe sei sie geradezu ausgeliefert.
Tristan sei der Verlorene, der nach Geborgenheit strebe, ein zerrissener Mensch, der seine Sehnsüchte nicht erfüllen könne.

Gerade der 'Tristan' behandle nicht nur eine - zwar in sich problematische - Liebesgeschichte, aber eben nicht nur die Frage eines Verhältnissen von zwei Menschen zueinander, sondern noch mehr darüber hinaus.
Das Werk beschäftige sich mit den Fragen des Menschseins.
Wer kennt sich schon selber oder den anderen.

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Man habe sich im Rahmen der Inszenierungsarbeit über sieben Wochen mit einer 'Utopie der Liebe' auseinandergesetzt, mit einer Liebe, die in dieser Welt nicht möglich sei. Tristan sei der erste, der diese Liebe in Abrede stelle und sterben wolle. Diese Welt vertrage diese Liebe nicht, für diese Liebe brauche man eine andere Welt.
Äußerlichkeiten wie Ruhm und Glanz wolle er vernichten, damit er die wahre Liebe mit Isolde leben könne, in einer neuen Welt, in die Gegenwart dringt dann König Marke ein mit der vorgegebenen äußeren Ordnung.
Immer wieder seien die Theater auf der Suche nach einer Lösung für den 'Tristan'.
 

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Fazit:

Analyse und Hermeneutik sind Sache der Wissenschaftler.
Die Umsetzung eines theatralen Werkes in Bild und Aktion sind Sache von Bühnenbildnern, Regisseuren und Choreographen.

Diese Disziplinen zusammenfügen zu wollen, hat sich Frau Dr. Yona Kim als Wagner-Anfänger-Regisseurin vorgenommen.

Warten wir ab, ob es ihr gelingt, analytisches und kreatives Denken zu einem Ereignis vereinen zu können.
Glücklicherweise sind ja letztlich Sängerdarsteller mit der Hauptaufgabe betraut, Richard Wagners Willen auszuführen, hinter dem jeder andere zurückzustehen hat.

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

 

 

Ich verstehe diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung -
Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

 

 


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