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Announcement Schaubühne
Kabale und Liebe
von Friedrich Schiller |
Regie: Falk Richter
Als Billy Wilder eines
Nachts mit der besten
Drehbuchidee aller
Zeiten aufwachte,
schrieb er sie schnell
auf einen Zettel. Am
nächsten Morgen, voller
Vorfreude las er den
nächtlichen Geniestreich
und fand folgende drei
Worte: Boy meets girl.
So läßt sich seit
Schillers Neuerfindung
der Schaubühne als
moralische Anstalt jedes
Drama zusammenfassen.
Die Sprengkraft der
Liebe und ihre Folgen
werden zum ewigen Anlass
von Geschichte und
Geschichten. Dass
Gefühle stärker sind als
böse Väter, intrigante
Gesellschaften und
vielleicht sogar dem Tod
trotzen können, ist der
Glaube jeder jungen
Generation. Dass diese
Gefühle aber auch Väter
zu bösen alten Männern
machen und die
Mechanismen der Macht zu
Höchstleistungen
provozieren, ist ihre
Kehrseite. Der Furor des
neuen Lebens will die
Ketten sprengen und
reißt dabei meistens
sich selbst, die
Geliebte und die alte
Ordnung in den
Untergang.
Ferdinand, ein Sohn aus
gutem Hause, liebt
Luise, ein armes
Bürgermädchen: damit ist
die Provokation in der
Welt. Luises Eltern
sorgen sich um die
Kräfte, die nun über ihr
kleines Heim
hereinbrechen werden.
Und Ferdinands Vater,
ein mächtiger Mann,
greift zu allen
unerlaubten Mitteln, um
diese Gefühlsgefahr
auszurotten. Die Kabale
entfaltet sich und
einzig die Kurtisane des
Herzogs, die ebenfalls
für Ferdinand entflammt
ist, geht aus ihr
geläutert und erhobenen
Hauptes hervor. Die
praktische Vernunft
dieser Engländerin steht
alleine in dem Drama, in
dem alle anderen ihren
teutonischen Furor
ungehemmt verspannt
ausleben. Am Beginn des
deutschen Theaters als
»stehende Schaubühne«,
das bis heute
einzigartig in der Welt
ist, steht dieses Stück.
Seine Figuren und seine
Handlung sind Vorbild
für unendliche
Variationen geworden,
sein Thema ist solange
von Interesse, wie junge
Menschen Unrecht und
Liebe fühlen und die
Älteren ihre Einrichtung
der Welt dagegen
verteidigen.
https://www.youtube.com/watch?v=puJxlZTRJ34
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Die vier der Literaturepoche des 'Sturm und Drang' zugehörigen Werke - 'Räuber', 'Fiesco', 'Kabale und Liebe' wie auch 'Don Karlos' waren aus Schillers Erfahrungen - sei aus Übernahmen von Hinweisen aus der Literatur oder Geschichte als auch durch eigene Anschauungen - entstanden. Dabei wählte er immer Stoffe, die der meisten und wirksamsten Verwicklungen fähig waren. (Streicher 1836)
Musste die Familientragödie 'Die Räuber' - bedingt durch die Vorgabe durch den Mannheimer Intendanten - aus Rücksicht auf lebende Personen - in das späte Mittelalter verlegt werden - so ist bei 'Kabale und Liebe' der Zeitbezug eindeutig gegeben.
Unmittelbaren Einfluss auf dieses Werk hatte Schillers Erleben er Umwelt in seiner Württembergischen Heimat. Er konnte in diesem bürgerlichen Trauerspiel das gesellschaftliche Gefälle zwischen Adel und Bürgern, die Mätressenwirtschaft am absolutistisch regierten Hof mit all ihren Machtkämpfen, das Vater-Sohn Verhältnis von Präsident von Walter zu seinem Sohn Ferdinand wie auch das der Tochter Luise zu ihrem Vater Miller, die Soldatenaushebung und den Verkauf der Truppen als Mittel der Geldbeschaffung darstellen.
Dem - anfänglich mit dem Titel 'Luise Millerin' ausgewiesenen Schauspiel - liegen andere Werke zu Grunde, die Schiller gekannt hat bzw. gekannt haben müsste.
So können Querverbindungen zu Heinrich Leopold Wagners 'Die Reue nach der Tat' von 1775 oder dessen 'Die Kindermörderin' aus dem Jahr 1776 hergestellt werden. Letztere erhielt Schiller von Dalberg im Mai 1782 selber als Vorlage. Am 15. Juli 1782 geht Schiller in einem Brief an das Mannheimer Theater darauf, als er schreibt:
'Wagners Kindsmörderin, hat rührende Situationen, und
intereßante Züge.
Doch erhebt sie sich über den Grad der Mittelmäßigkeit
nicht.
Sie würkt nicht sehr auf meine Empfindung und hat zu
viel Waßer.'
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Aus Leiwitz's Trauerspiel 'Julius von Tarent' von 1776 kehrt die Figur Ferdinand von Walter wieder und über Friedrich Maximilian Klinger schreibt er 1803 wie sehr den Autor des Stückes 'Das leidende Weib' geschätzt hat.
Otto von Gemmingen's 'Der deutsche Hausvater' fand er 'ungemein gut' und äußerte dies wieder Intendant Dalberg gegenüber in einem Brief vom 12. Dezember 1781.
'Sigwart, eine Klostergeschichte' von Johann Martin Miller von 1776 bietet Schiller Anregungen wie auch Lessing's 'Emila Galotti' und 'Miss Sarah Sampson' - bei der einen die Gräfin Orsina, bei der anderen die Lady Marwood eine Entsprechung in seiner Lady Milford finden.
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1781 lässt Schiller 'Die Räuber' - bereits seit 1777 beschäftigt er sich mit dem Thema - im Eigenverlag somit auf eigene Kosten drucken, sendet Druckbögen an den Verleger Schwan nach Mannheim, der das Werk nicht übernimmt, aber an Intendant Dalberg vom Nationaltheater weiterleitet.
Am 13. Januar 1782 werden 'Die Räuber' mit großem Erfolg am Mannheimer Nationaltheater in Anwesenheit des Dichters uraufgeführt. Eine weitere Reise von Stuttgart in die Kurpfalz im Mai 1782 in Begleitung der Schauspielerin Vischer und Henriette von Wolzogen, wird dem Herzog entdeckt - Schiller erhält 14 Tage Arrest, die er dazu nutzt, 'Kabale und Liebe' - damals noch mit dem Titel 'Luise Millerin' zu konzipieren.
1784 erscheint wieder in Mannheim das republikanische Trauerspiel 'Die Verschwörung des Fiesco zu Genua' wird aber nach der zweiten Vorstellung abgesetzt.
Die am 15. April 1784 folgende Mannheimer Aufführung von 'Kabale und Liebe' -
zwei Tage nach der Frankfurter Uraufführung - wird wieder zu einem Erfolg für Schiller.
Zur
Ostermesse, im März 1784, erschien der Erstdruck bei
Schwan in Mannheim.
Die eigentliche Uraufführung fand durch die Großmannsche
Truppe am 13. April in Frankfurt am Main statt,
allerdings bei gestrichener Kammerdienerszene.
Am 15. April erlebte Schiller die umjubelte Mannheimer
Erstaufführung an der Seite seines Freundes Andreas
Streicher.
Auch hier fehlte die Rolle des Kammerdieners, um jeden
Bezug auf den Soldatenverkauf nach Amerika zu vermeiden.
Zwei Wochen später spielte Iffland den Kammerdiener in
einer Frankfurter Aufführung, wobei die Szene durch
Weglassung aller Hinweise auf Amerika von Schiller
entschärft worden war.
Peter Pfützner:
'Kabale und Liebe' - Gegenstände für Rezeption und
Unterricht
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Auf 'Kabale und Liebe' wirkte stark Schiller's privates Umfeld und die unmittelbare Historie des Herzogtums Württemberg.
Der im Stück nicht auftretende Fürst ist Herzog Carl Eugen von Württemberg nachempfunden.
Die Figur des Präsidenten von Walter ist aus dem real existierenden Minister Samuel Friedrich Graf Montmartin abgeleitet, der seinen Vorgänger, Oberst Philipp Friedrich von Rieger, durch gefälschte Dokumente aus dem Dienst bei Hofe drängte und einkerkern ließ.
Er übertrug bei der Figur der Milford sein Erleben mit der Gräfin Franziska von Hohenheim - sie war nach dem Tod der Herzogin Friederike von Württemberg - ehemals Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen, Lieblingsschwester von König Friedrich II. von Preußen, und Markgraf Friedrich von Brandenburg-Bayreuth in Bayreuth im April 1780 - die offizielle Gefährtin des Herzogs, da eine Verheiratung der geschiedenen Protestantin Franziska von Leutrum mit dem Herzog von Württemberg zunächst nicht möglich war.
Franziska von Hohenheim hatte einen mäßigenden Einfluss auf den Herzog. Es gelang ihr den despotischen und launenhaften Carl Eugen in einen wohlmeinenden Landesvater zu wandeln. Die 1785 heimlich geschlossene Ehe wurde erst 1791 vom Vatikan anerkannt.
Die Luise findet ihre Parallelität in Charlotte von Wolzogen, der Tochter von Henriette von Wolzogen, bei der Schiller in Bauerbach nach seiner Flucht aus Stuttgart wohnt. Hier muss er erkennen, dass er ohne adlige Herkunft nicht auf eine Ehe hoffen kann, Charlotte wird mit dem späteren Geheimen Legationsrat von Beulwitz vermählt. Es entsteht also dem Stück gegenüber in der Realität ein umgekehrtes Verhältnis - Ferdinand von Walther, der Adlige, verliebt sich in die Bürgerin Luise Miller.
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Nachdem Dalberg
eine Aufführung
der 'Luise
Millerin' in
Aussicht stellte,
beendete Schiller
die Arbeit an
dem Stück und
reiste im Sommer
1783 von
Bauerbach nach
Mannheim. Es
kam zu einem
Vertrag mit dem
Mannheimer
Nationaltheater
als
Theaterdichter
für ein Jahr,
innerhalb dessen
Schiller drei
Werke zu liefern
hatte.
Das Publikum war
gewohnt, sehr
häufig neue
Stücke zu sehen
- Iffland, der
herausragende
Schauspieler an
dieser Bühne
lieferte eben
diese
Unterhaltungswerke
und Kotzebue war
einer der
meistgespielten
Autoren.
Da Schiller bis
November 1783 an
Malaria
erkrankte, konnte
er seinen
Verpflichtungen
nicht in der
geforderten Form
nachkommen.
Hinzu kam die
kühle Aufnahme
des Fiesco -
am 11. Januar
1884 in Mannheim
erstaufgeführt
- das
Publikum, nachdem es sich
für 'Die Räuber'
begeisterte,
enttäuscht über
die Handlung,
die keinen Bezug
zu Deutschland
vor allem in
Bezug auf dessen
republikanischen
Tendenzen, hat.
Schiller
bereitete selber
die Aufführung
der 'Luise Millerin' vor,
die er auf Ifflands
Vorschlag in
'Kabale und
Liebe'
umtitelte.
August Wilhelm
Iffland -
geboren am 19.
April 1759 in
Hannover, also
nur wenige
Monate älter als
Schiller - ging
als begnadeter
Darsteller ans
Hoftheater nach
Gotha und dann
als 20-Jähriger
an das
Nationaltheater
in Mannheim.
In der
Uraufführung der
'Räuber' spielte
er 1782 den
Franz Moor und
trug mit seinem
naturalistischen
Stil sehr zum
Erfolg bei.
Gerade dieser
Stil aber - der
dem 'normalen'
Publikum sehr
gefällt -
kollidiert mit
der Auffassung
von Schiller,
der mehr für das
Ideale,
Klassische,
Kunstvolle
eintritt. Wie
auch später
Goethe in
Weimar.
Iffland aber
traf wie
Kotzebue den
Geschmack des
damaligen Publikums.
'Viel eher als in
Schillers Geschichtsdramen und Goethes Bühnenkunst kann
man
bei Iffland erleben, wie es wirklich zuging in den
deutschen Kleinstaaten und Fürstentümern. Friedrich
Hebbel meinte dazu spöttisch, nach Iffland-Aufführungen
könne man glauben, draußen auf der Gasse oder im
Wirtshaus gehe das Spektakel einfach weiter. '
(Alexander Kosenina:
'Der Star des Volkstheaters', Hannover 2009)
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Die Arbeit von Schiller mit
den Darstellern
scheint nicht in
größerem
Einvernehmen
abgelaufen zu
sein, da das
Ensemble sich
beim Intendanten
beschwerte, über
die strenge
Führung durch
den Autor.
War auch von
Anfang an bei
diesem neuen
Stück klar, wie
sich der Schluss
des Werkes
darstellen
würde, so hatte
das Ensemble
noch sehr gut in
Erinnerung, dass
Schiller sich
bei der
Gestaltung des
'Fiesco-Finales'
schwer tat, was Probenarbeiten behinderte.
Schiller
wiederum klagte
bei 'Kabale und Liebe' über die
Freizügigkeit,
wie die
Darsteller mit
dem Test
umgingen. Das
Verhältnis von
Autor zum
Theater
entwickelte sich
trotz des
Erfolges von
'Kabale und
Liebe' nicht in
positiver
Hinsicht,
sondern Intendant Dalberg
verlängerte den
auf den 31.
August 1784
terminierten
Vertrag mit Schiller nicht.
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Inwieweit auch äußere, in diesem Fall politische Gründe, für die Nichtverlängerung des Vertrages als Mannheimer Theaterdichters eine Rolle gespielt haben, kann nur spekuliert werden.
Karl Theodor war seit 1742 als Karl IV. Kurfürst von der Pfalz und nach dem Aussterben der bayerischen Linie der Wittelsbacher seit dem 30. Dezember 1777 als Karl II. auch von Bayern. Der Wohnsitz musste nach München verlegt werden, die Ausgestaltung von Kunst und Kultur in Mannheim konnte nicht mehr in der bekannten Form, die sich unter der Führung von Karl Theodor besonders gut entwickelt hatte, fortgeführt werden.
Die katholische Kirche nahm von München aus Einfluss auf die Kurpfalz mit Mannheim, die Spielpläne des Nationaltheaters mussten dem kirchengenehmen Stil angepasst, Stücke mit aufklärerischen Tendenzen durften nicht mehr gegeben werden. So konnten gerade noch 'Die Räuber' in Mannheim uraufgeführt, der 'Fiesco' und 'Kabale und Liebe' allerdings nur in Erstaufführungen gezeigt werden. Der 'Fiesco' kam schon am 20. Juli 1783 in Bonn, in Mannheim erst am 11. Januar 1784 heraus und 'Kabale und Liebe' wurde am 15. April 1784 in Mannheim zum ersten Mal gespielt. Die Grossmann'sche Truppe hatte das Stück zwei Tage vorher, am 13. April 1784, uraufgeführt.
Obwohl das neue Werk Schiller's nur wenige Male in Mannheim gezeigt werden konnte, verbreitete es sich sehr schnell über die deutschen Bühnen. Die im März 1784 von Schwan herausgebrachte Buchausgabe erregte Interesse, Übersetzungen in französische und englische Sprache kamen sehr bald in die Buchläden und machten das deutsche bürgerliche Trauerspiel auch einem breiten Publikum, dem nicht überall Theaterbesuche möglich war, bekannt.
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Die Produktion von 'Kabale und Liebe' an der Schaubühne Berlin wird in ihrem Umfang durch erhebliche Striche eingedampft.
Textneufassungen - Verbindungen zu heute sollen hergestellt, allzu Deutliches aus dem Original verwischt werden, wenn denn die ausnahmslos schlecht sprechenden Darsteller auf einer 'aller-Stück-Bühne' Schiller's Werk den ungebildeten Zuschauern darzubieten gedenken. Wer kennt schon das Stück, wer weiß, wo er sich im Moment befindet, wer ist des Textes mächtig?
Heutzutage geht bei Theaterproduktionen irgendwas, irgendwie und so inszeniere man ein Stück in x-beliebiger Umgebung und Ausstattung.
Am DT bedecken Kisten für landwirtschaftliche Produkte die Bühnenfläche, mit der Öffnung nach oben, dass die Hamlet-Darsteller den Abend über auf den Graten der Obst-/Kartoffelkistenseiten balancieren müssen.
Der Spielleiter von 'Kabale und Liebe' versucht einen Bogen zu spannen von heute mit der Projektion von Hubschrauberflügen, dargestellt auf einem Leinwandstreifen, zurück in das ausgehende 18. Jahrhundert mit all seinen Problemen, gezeigt durch Soldaten zu Pferde, schwankenden Lüster in Ballsälen im Film.
Das Stück beginnt heute und entwickelt sich zurück, deutlich gemacht über die Kostüme.
Für die 'K+L-Produktion' an der Schaubühne nimmt man Paletten, man legt den Rost nach unten und befestigt auf der 'Rückseite' Plexiglasplatten, zwischen Rost und Plexiglas installiert man Lichtelemente, die dem Spielleiter die Möglichkeit geben, diese leuchtende Spielfläche einer Diskoplattform 'in Farbe' anzunähern.
Umlaufend rechts und hinten ein Steg, links ein Graben.
Diesen füllt der Spielleiter mit einigen cellostreichenden Damen, die mit ihrem Leiter Paul Lemp am Bass, mittels dessen Eigenkompositionen im Stil von Philipp Glas oder Steve Reich, Atmosphäre verbreiten sollen, im Grunde aber allein von der Lautstärke her nur stören. Offensichtlich traut man dem Autor und dem Ensemble nicht zu, aus eigener Kraft eine dem Stück adäquate Stimmung entwickeln zu können.
Dass dies in einem Raum schwer fällt, der einer Fabrik- oder Turnhalle ähnelt, ist nachvollziehbar. Akustisch ergeben sich so Schaubühneneigene Probleme, die bei allen dortigen Produktionen erfahrbar zu machen sind.
Kein Schalldeckel oben, allenfalls reflektierende Rückwand, die aber zugunsten der Bühnentiefe so weit hinten positioniert ist, dass sie sich kaum auswirken kann und bei der von den Darstellern praktizierten unartikulierten Sprechtechnik schon in der 10. Reihe nicht mehr als ein Raunen zu hören ist - was mag da in der 15. Reihe ankommen?
Natürlich ist es seitens der Theaterleitung legitim, für eine Platzauslastung der vorderen, teureren Sitze zu sorgen, nach dem Motto: "wenn Sie was verstehen wollen, müssen sie sich eben weiter vorn hinsetzen."
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Glücklicherweise hatte an dem Abend die Luise ein 'Krätzelchen im Hälselchen', so dass sie - mit Ansage - Mikroport beim Spiel benutzen durfte.
Zur Freude des Auditoriums war sie allseits vernehmbar, konnte bei der Textwiedergabe differenzieren wie es ihr im 'Normalfall' nicht möglich gewesen wäre, denn ein Reduzieren in der Tongebung hat zwangsläufig ein Nichtverstehen durch das Publikum zur Folge, was sich bei den übrigen Kollegen deutlich zeigte.
Der Zwiespalt, die Bindung an das gottesfürchtige Kleinbürgerumfeld, die erwachende Liebe als 16-Jährige zu einem des anderen Standes - es wird alles heruntergeschnurrt, keine Zeit, keine Pause im Ablauf, die im fünften Akt sich ergebende Sprachlosigkeit 'findet nicht statt', ein Besinnen ist nicht drin, mehr als eine Sunde, vierzig Minuten sind für das ganze Spiel nicht angesetzt.
Konsequenz: sehr zügiger Ablauf der Vorstellung, aber es bleiben keine Möglichkeiten, die Figuren charakterisierend 'mit Leben' zu erfüllen.
Die Millers müssen zwangsläufig im Schnelldurchlauf ihres Klein-Klein oberflächlich wirken, wie auch dem Wurm mit den paar Textzeilen keine Entfaltung ermöglicht wird. Immerhin nutzt er das Bisschen doch noch. Mehr als ein Tropf kommt aber nicht dabei heraus.
Viel zeigen kann auch der Präsident nicht, der darf wenigstens mal 'lauthals' sein Wort an die Mitspieler und das Publikum richten. Die spätere Umkehr bei der Beurteilung der Situation des Sohnes, die Einsicht wirkt völlig unmotiviert.
Überzeugend der nicht gestrichene Kammerdiener, der sein Leid in der kurzen Szene unmittelbar übertragen kann - alle anderen sind nur ein Hauch.
Selbst die Milford - die Rolle bietet doch Farben von der Koketten bis zur einsichtigen Demutsvollen - kann sich kaum rollengemäß präsentieren, hätte die Darstellerin nicht so ein üppig-strammes Gelock, sie wüsste nicht, wohin mit ihren Händen, so kann sie die ins Gesicht fallenden Strähnen in Permanenz zurückstreichen - eine abendfüllende Aktion, zumindest solange wie sie in dem weißen Kittel über schwarzer Korsage als Mätresse auftreten darf. Später, im Kostüm der Zeit sind die Haare hochgesteckt - und was nun tun mit den Händen?
Ferdinand - ein 'Buberl' - nie ein Major, nichts von Haltung, eher ein Rekrut in der Grundausbildung, ob nun im T-Shirt oder später im Verlauf des Stückes in der angedeuteten Uniform - nimmt man den Liebenden nicht ab. Kaum einleuchtend, dass er sich so schnell der Milford auf Hautfühlung nähert, dann im Zorn das Cello zerschlägt, die Bühne aus dem Boden hebt, weil es möglich sein könnte, die Luise hat einen anderen. Von Beginn an, Ausdruck eines nicht gefestigten bzw. von Grund auf mangelnden Selbstbewusstseins.
Der Ablauf der Story wird tempomäßig zusätzlich beeinflusst, da die Rolle des Hofmarschalls gestrichen ist.
Besetzungszettel Schaubühne
Rolle Hofmarschall von Kalb:
fehlt
Der vermeintliche Rivale von Kalb bekommt so den von Luise unter Wurm's Zwang geschriebenen Brief nicht, kann also von Ferdinand nicht bedroht werden, kann den Brief nicht herausgeben, kann auch nicht sagen:
"Sie rasen. Sie hören nicht.
Ich sah sie nie. Ich kenne sie nicht. Ich weiß gar nichts von ihr."
Damit fehlt ein entscheidender Beweggrund des Intrigengewebes. Luises Brief ist ein beschriebener Zettel - keine Zeugen - nichts.
Ferdinand sieht von der Seite Luise schreibend, muss Wurm's Diktat hören, kommt nach dem Abgang Luise/Wurm nach vorne, sieht den Brief liegen und bevor er nach ihm greift, denkt er analog der Striese'schen, hier nun Falk Richter'schen, Formel:
"Kabalen Gift quält fürchterlich -
Herrjeh, da liegt ein Brief für mich!"
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Wie das Ganze, auch die Auflösung: unbefriedigend.
Die Limonade wirkt aus dem Stand, läppisch im Ausdruck der Vater, da hilft auch kein forderndes Aufbegehren:
Ist hier Niemand, der um einen trostlosen Vater weint? -
Keine Vergebung für ihn.
Wurm's Replik schwach, unglaubwürdig.
Und auch das Verkleckern des Abends noch gestört von 'Lemp'schem Cello-Geschabe'.
Der Zuschauer jubelt - weil er keine Ahnung hat und alles in seiner Unbedarftheit akzeptiert, was von irgendwem mit Hilfe von Steuergeldern aufgetischt wird.
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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:
Ich verstehe diese Besprechungen und Kommentare nicht als
Kritik um der Kritik willen,
sondern als Hinweis auf - nach
meiner Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes.
Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und
Satire.
Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5,
Grundgesetz, in Anspruch.
Dieter Hansing
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